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02/10 SIKORSKI MUSIKVERLAGE • WWW.SIKORSKI.DE • [email protected] magazin Sprechen über Noten Neues vom Melodram Sinn und Klang: Vokalmusik der Gegenwart

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Sprechen über NotenNeues vom Melodram

Sinn und Klang:Vokalmusik der Gegenwart

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NTEN

TS

03 Sprechen über Noten

– Neues vom Melodram

06 Sinn und Klang

Vokalmusik der Gegenwart

08 Klassiker sterben nie

Neue Musik mit Bezug zur Vergangenheit

10 Zu viert in die Gegenwart

Neue Streichquartette

11 Ulrich Leyendecker

Violakonzert

12 Neue CD’s

13 Neuerscheinungen

13 Premiere n

IMPRESSUMQuartalsmagazin der SIKORSKI MUSIKVERLAGE erscheint mind. 4x im Jahr - kostenfrei

VERLAGInternationale Musikverlage Hans SikorskiBriefanschrift: 20139 Hamburg,Paketanschrift: Johnsallee 23, 20148 Hamburg,Tel: 040 / 41 41 00-0,Telefax: 040 / 41 41 00-60,www.sikorski.de, [email protected]

Fotonachweis: Titel: Müller-Wieland, Willemsen: Michael Hayden / Cruixent: GabrielTeschner / Gu baidulina: Viktor Suslin / Kantscheli: Priska Ketterer / Mahnkopf: GabrielBrand / Smutny: Amèlie Losier / Rose aus Jericho, Illustration: Henriette Sauvant / Mo zart: Painting for Padre Martini Bologna / Wagner: Franz Hanfstaengel / Auerbach:Christian Steiner / Viola: Silverjohn/istick / Pettersson: Archiv Sikorski

Hinweis: Wo möglich haben wir die Inhaber aller Urheberrechte der Illustrationenausfindig gemacht. Sollte dies im Einzelfall nicht ausreichend gelungen oder es zuFehlern gekommen sein, bitten wir die Urheber, sich bei uns zu melden, damit wirberechtigten Forderungen umgehend nachkommen können.

REDAKTIONHelmut Peters

ARTWORKzajaczek.com

editorial

Liebe Leser,

die von Musik begleitete erzählte

Geschichte ist spätestens seit

Prokofjews „Peter und der Wolf“ die

beliebteste Form, Kinder an das

Repertoire der Konzertbühne

heranzuführen. Melodrame gab es

aber schon vor mehr als zweihundert

Jahren, und sie waren damals

keineswegs nur für kleine Hörer

bestimmt. Im 20. Jahrhundert und

besonders in der zeitgenössischen

Musik hat man das Melodram nun

wiederentdeckt. Und wenn Autoren

wie Roger Willemsen dabei zur Feder

greifen, sind besonderer Sprachwitz

und exklusivste Unterhaltung

garantiert. In diesem Heft zeigen wir

die ganze Vielfalt der Melodramform

am Beispiel großer Klassiker des

Genres und neuester Beiträge.

Keine gesprochenen, sondern

gesungene Texte erfahren in der

Vokalmusik der Gegenwart oft

eigenwillige Behandlungen.

Die Textauswahl, Deklamation und

die musikalische Umsetzung sind

auch in den jüngsten Beiträgen

unserer Autoren zu dieser Gattung

sehr verschieden.

Nicht minder vielfältig ist der

Umgang junger Komponisten mit

alten Gattungen wie dem

Streichquartett oder dem

Solokonzert. Andere Komponisten

wiederum beziehen sich gleich direkt

auf „Kollegen“ der Vergangenheit

und widmen Klassikern wie Mozart

oder Wagner eigene Werke.

Entdecken Sie mit uns die „neueste“

Neue Musik und die besten Stücke

aus unseren Katalogen, die sich auf

den Konzertbühnen dieser Welt

längst durchgesetzt haben,

Dagmar Sikorski

Dr. Axel Sikorski

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ls ein Ergebnis des sogenanntenPariser Buffonistenstreits von 1752

bis 1754 gelangte das Melodram in derfranzösischen Aufklärung zu großerBedeutung. Die Kombination von gespro-chener Sprache, Instrumentalmusik undszenischer Darbietung kam zum erstenMal mit Jean-Jacques Rousseaus„Pygmalion“ 1770 auf die Bühne. Späterwurden auch in der deutschen romanti-schen Oper melodramatische Passagenals neues Stilmittel verwendet, zumBeispiel in der Wolfsschluchtszene ausCarl Maria von Webers „Freischütz“. DasMelodram blieb auch in nachfolgenderZeit für die deutsche Oper wichtig,wobei der Topos des Unheimlichen undÜbersinnlichen immer dominierte. Das Konzertmelodram, dessen Besetzungvon Klavier solo über Ensemble bis hinzu voller Orchestergröße (plus Sprecher)reichen konnte, bot im 19. Jahrhundertvielen Komponisten wie Franz Liszt oderRobert Schumann eine Plattform fürexperimentelles Komponieren. ArnoldSchönbergs Melodram „Pierrot lunaire“(1912) oder Igor Strawinskys „Geschichte

DA KLAGEN DOCH VIELE MENSCHEN, DASS SIE GESUNGENE TEXTE IN OPERN

NICHT VERSTEHEN. AUCH WENN ES ALS BEGRÜNDUNG VIELLEICHT NAHE

LIEGEN KÖNNTE, WAR DIES NATÜRLICH NICHT DER AUSLÖSER FÜR DIE

SCHAFFUNG DES MELODRAMS, DAS FORMAL ZWISCHEN SPRECHTHEATER,

MUSIKALISCHEM BÜHNENWERK UND KONZERTSTÜCK MIT EINEM ODER

MEHREREN SPRECHERN ANGESIEDELT IST.

TITEL

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vom Soldaten“ (1918) sind herausragen-de Beispiele, wie sich die Melodramformin der aufkommenden Moderne zu Beginndes 20. Jahrhunderts entwickelte. Seitden 1950er Jahren ist die Verwendungder Sprechstimme in etlichen Werken,zunehmend auch für Kinder, zu finden. Der heute in München als Kompositions-professor lehrende Jan Müller-Wielandschrieb sein ‚Epiphanie’ genanntesMelodram „König der Nacht“ für dreiSängerinnen, 32 Instrumentalisten undZuspielelektronik nach einer eigenenTextcollage im Jahr 2003. Sprache ist fürden Komponisten ohnehin eine wichtigeInspirationsquelle. In „König der Nacht“verbindet er das Buch Hiob unter ande-rem mit Gedichten von Pia Tafdrup,Nelly Sachs und Texten von GeorgBüchner, Jakob Böhme sowie mitBibelauszügen. Musik sei für ihn „leben-dige Materie“, sagt der Komponist.Satire, Ironie und Parodie seien schonimmer essentielle Bestandteile seinerMusik gewesen. Der Titel „König der Nacht“ verweistauch auf die berühmte Koloraturarie der

Königin der Nacht aus Mozarts„Zauberflöte“. Grundlage ist aber nichtdas Mozartsche, auf dem Glauben derFreimaurer fußende Opernsujet, son-dern der Plot dieser Geschichte in über-tragener Form. Kernaussage seinesStückes sei, dass man den Glauben anGott nicht verlieren dürfe, wennSchicksalsschläge einen daran zweifelnließen. Müller-Wieland war vor allem dieEinsicht wichtig, „dass Gott und Menschgar nicht voneinander unterscheidbarsind. Im Grunde kann jeder seinen Gotterkennen, was das Göttliche ist, bleibtjedoch offen.“Beim Beethovenfest Bonn und an ande-ren Orten in diesem Sommer wird dasEnsemble Resonanz ein neues Melodramvon Jan Müller-Wieland und demSchriftsteller und FernsehmoderatorRoger Willemsen mit dem Titel „DerKnacks“ zur Uraufführung bringen. Willemsens neues Buch „Der Knacks“ istessayistisch, literarisch, kulturwissen-schaftlich und politisch zugleich. Bei derLektüre hätten ihn der ehrliche undauthentische Stil des Autors fasziniert,

Sprechen über Noten – Neues vom Melodram

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erklärt Müller-Wieland. „Zugleich begannin mir eine Art kompositorischesAusschluss- bzw. Einkreisungsverfahren“,sagt der Komponist. Willemsen berichtetüber seine Kindheit, über seinen frühenVaterverlust, über Nächte in fremdenStädten und Gegenden, überAfghanistan, über die Wachen vonGuantánamo. Willemsen Musikliebe undumfangreiche Musikkenntnis haben denTextdichter und den Komponisten ganzunmittelbar zueinander geführt. Roger Willemsen wird bei derUraufführung des Stücks selbst rezitie-ren. Das Ensemble Resonanz ist mit 18Streichern und einem Klavier besetzt.Die Melodram-Gattung bildet dabei, wieMüller-Wieland es formuliert, „diearchaische Schüssel für das deklamatori-sche und fabulierende Hinübertreten inNeuland durch ein Panorama ausAlterserscheinungen, Vergänglichkeits-wahrnehmungen, Verletzungen undTodesarten."Gott ändere sich ständig, der Teufel unddie Dummheit nie, kommentierte IgorStrawinsky einmal eines seiner beliebte-sten Werke: das Melodram „Die Ge-schichte vom Soldaten“ aus dem Jahr1918. Da die Ballets Russes in jenemJahr vorübergehend nicht auftretenkonnten und viele Theater nicht spielten,ersannen der Schweizer Dichter Charles

Ferdinand Ramuz und Strawinsky einTheaterstück en miniature für dreiPersonen und kleines Instrumental-ensemble, das wie ein Wander- oderJahrmarktensemble variabel einsetzbar ist.Hintergrund der Geschichte ist einSoldat, der während seines Fronturlaubsnach Hause wandert und auf dem Wegdem als alten Mann getarnten Teufelbegegnet. Dieser schlägt dem Soldatenvor, dessen Geige gegen einZauberbuch einzutauschen, das uner-messlichen Reichtum verspricht. Klar,dass der Soldat hiermit seine Seele ver-kauft, um die er dann im weiterenVerlauf des Stückes kämpfen muss. Sowird die Geige zum Symbol der wieder-zuerlangenden Freiheit. Eine krankePrinzessin und eine ganze Reihe vonFallen, die der Teufel dem Soldatenstellt, kommen ins Spiel. Fast geht derSoldat als Sieger des ungleichen Duellshervor, doch dann treibt ihn dieSehnsucht in die Heimat und damit übereine Grenze, die er den Bedingungendes Teufels nach nicht hätte überschrei-ten dürfen. Triumphierend führt derTeufel sein Opfer in die Hölle.Strawinskys polyrhythmisch-bizarreMusik in der ungewöhnlichen Instrumen-tierung Klarinette, Fagott, Kornett,Posaune, Violine, Kontrabass undSchlagzeug unterbricht jede Szene mitironischen Kommentaren. Die Kombination von verfremdeterUnterhaltungsmusik wie Tango, Walzeroder Ragtime mit klassischen Formen,Pastorale oder Choral, hat „DieGeschichte vom Soldaten“ zu einemSchlüsselwerk der Neuen Musik werdenlassen. Auch die Besetzung an sich inspirierte nachfolgendeKomponistengenerationen. Jan Müller-Wieland zum Beispiel bearbeiteteBeethovens Egmont-Ouvertüre für diegleiche Septett-Besetzung, die Strawinskyin seinem Melodram benutzt hatte. Nicht an der Bibel, dafür aber an welt-geschichtlichen Ereignissen orientiertsich Arnold Schönbergs berühmtesMelodram „Ode an Napoleon“ op. 41.Ein diesen Titel tragendes Gedicht LordByrons, das der Komposition zugrundeliegt, nutzte Schönberg, um die politi-schen Geschehnisse, die ihn selbst insExil getrieben hatten, zu verarbeiten.Das Stück ist somit eine klare Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg und die schwere Verantwortung, dieDeutschland damals auf seine Schulterngeladen hat. Byrons Gedicht lässt sichals allgemeine Polemik gegen einenDiktator im Stile Hitlers lesen und ist

eine vernichtende Anklage an denHerrschaftsanspruch selbsterklärterFührer und Politiker. Für die Sprechstimme wählte Schönbergeine Mischung aus Rezitation undSprechgesang. Dabei orientierte er sich,wie er einmal bemerkte, in der Diktionan Winston Churchill, dessen Stimme erdamals öfter im Radio hörte. DieInstrumentalbesetzung beschränkt sichauf ein Klavierquintett. Neben Bezügenzur „Marseillaise“ sind vor allemmotivische Anspielungen auf WerkeBeethovens, insbesondere aus der 3.und 5. Symphonie sowie „WellingtonsSieg“, zu finden. Kein Melodram im üblichen Sinne, son-dern ein sogenanntes „BeweglichesMelodram“ für Sängerin und Ensemblenach der Erzählung „The Outsider“ vonHoward Philips Lovecraft schuf MoritzEggert mit seinem Stück „Der Andere“.Howard Philips Lovecraft (1890-1937)gilt als der wichtigste Nachfolger dergroßen fantastischen Erzähltradition vonEdgar Allan Poe. Vordergründig handeltes sich bei seinen Erzählungen um echteHorror-Stories, doch wie bei Poe gibt esmeist eine zweite Aussageschicht, die oft eine zutiefst pessimistischeGrundhaltung dem Menschen gegen-über zeigt. In Lovecrafts Geschichtendes sogenannten „Cthulhu-Mythos“ seidie gesamte Menschheit nichts anderesals ein Spielball überdimensionaler undallmächtiger außerirdischer Wesen, sagtEggert. Die kurze Erzählung „TheOutsider“ ist darüber hinaus ein ver-schlüsseltes Selbstporträt des AutorsLovecraft. Der Ich-Erzähler ist allein ineinem riesigen Schloss, das „unendlichalt und schrecklich dunkel“ ist. „Wesen müssen für mich gesorgt haben,doch kann ich mich an niemanden außermir selber erinnern ... ich entsinne michnicht, jemals eine menschliche Stimme inall diesen Jahren gehört zu haben, nichteinmal meine eigene ... .Oft lag ich draußen vor dem fauligen Burggrabenund stellte mir sehnsüchtig vor, einerjener glücklichen Leute zu sein, die in densonnigen Weiten hinter den endlosenWäldern leben mussten.“ (aus „DerAndere“)In einer so verwirrenden Situation wie derGegenwart, erklärt Moritz Eggert (wobeier die Verwirrung an sich als etwasPositives ansehe, berge sie doch enormeskreatives Potential) sei es ihm reizvollerschienen, eine tote Gattung wie dasMelodram, nicht ganz ohne – beabsichtig-te – Ironie, wieder heraufzubeschwören.Denn auch der „Andere“ aus der

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Ainsi louée, serez-vous ceinte, ô Mer,d’une louange sans offense,Ainsi conviée serez-vous l’hôte dont ilconvient de taire le mérite.Et de salutation telle serez-voussaluée, ô Mer, qu’on s’en souviennepour longtemps comme une récréationdu cœur …(«Amers» von Saint-John Perse aus «La Mer»)

Melodrame - CAREY BLYTON:

„Dracula”. Melodram für Sprecher, Singstimme und Kammerorchester op. 87Text: Carey Blyton

- GUALTIERO DAZZI:„L’Enclos”. Melodram für Sprecher,Tenor, Chor und KammerensembleText: Armand Gatti

- MORITZ EGGERT:„Der Andere“. Bewegliches Melodram für Sängerin und EnsembleText: Howard Philips Lovecraft

- LEONID HRABOVSKY: „La Mer”. Melodram für Sprecher, gem. Chor und Orchester nach Versen von Saint-John PerseText: Saint John Perse (aus „Amers“)

- FRIEDER MESCHWITZ:„Das Rotkehlchen“. Melodram für Sprecher und KammerorchesterText: Selma Lagerlöf

- JAN MÜLLER-WIELAND:„Der Knacks“. Melodram für Sprecher, 18 Streicher und Klaviernach dem gleichnamigen Buch von Roger WillemsenText: Roger Willemsen

- JAN MÜLLER-WIELAND:„König der Nacht“. Epiphanie für drei Sängerinnen, Zuspielelektronikund 32 Instrumentalisten

- ARNOLD SCHÖNBERG:„Ode to Napoleon Bonaparte“. Melodram für Sprecher, Klavier undStreichquartett (Streichorchester) op. 41 Text: Byron / Schönberg /Stadelmann

- IGOR STRAWINSKY: „Die Geschichte vom Soldaten“. Musikalisches Bühnenwerk für Sprecher und KammerensembleText: Charles Ferdinand Ramuz / Hans Reinhart (dt)

Erzählung von Lovecraft entdeckt amEnde seiner Reise, dass er sich im Grundenicht bewegt hat. Seine Reise ins Lichtendet mit der Entdeckung der eigenenDunkelheit. Angeregt zu diesem Stück wurde Eggertdurch ein Konzert in der BayerischenAkademie der Schönen Künste, für daseine erste Version dieses Stückes fürKlavier und Sängerin entstand, die speziellfür Salome Kammer geschrieben wurde.Auf eine französische Textvorlage vonSaint-John Perse griff der russischeKomponist Leonid Hrabovsky in seinemMelodram „La Mer“ für Sprecher, gem.Chor und Orchester zurück. Uraufgeführtwurde das Melodram 1971 in denNiederlanden bei der Gaudeamus-Musikwoche. „La Mer“ besteht aus vierTeilen mit einem Schlussteil, in dem derChor besonders exponiert hervortritt. WieVirko Baley einmal in der NeuenZeitschrift für Musik 1976 überHrabovskys Melodram schrieb, erinnere„das Werk mit seinen montageartigenAus- und Überblendungen an Verfahrender Filmtechnik und habe zudem einedem Film vergleichbare Faszination, dievon seinen Oberflächentexturen undHörbild-Assoziationen ausgeht. DieAnfangsstimmung ist ausgesprochen ‚zau-berisch’, wenn sie sich ganz langsam vom32’-Subbass der Orgel im äußerstenPianissimo aufbaut.“Die ungeheure Macht des Meeres, seinemit dem Universum vergleichbareUrgewalt beherrscht die Texte von Saint-John Perse.

… Et c’est un chant de mer comme iln’en fut jamais chanté, et c’est la Meren nous qui le chantera; La Mer, en nous portée, jusqu'à lasatiété du souffle et la péroraison dusouffle, La Mer, en nous portant son bruit soy-eux du large et toute sa grande fraî-cheur d’aubaine par le monde.

Et c’est un songe en mer comme il nefut jamais songé, et c’est la Mer ennous qui le songera:La Mer en nous tissée, jusqu’à ses ron-ceraies d’abîme, La Mer en nous tissantses grandes heures de lumière et sesgrandes pistes de ténèbres …

C’est un histoire que je dirai, c’est une histoire qu’on entendra; C’est une histoire que je dirai comme ilconvient qu’elle soit dite;Et de telle grâce sera-t-elle dite qu’ilfaudra bien qu’on s’en réjouisse …

NEWS

Auftrag von derStaatskapelle Weimar an

Ferran Cruixent

Die Staatskapelle Weimar hat an den jungen spanischen Komponisten

Ferran Cruixent einen Auftrag für einOrchesterwerk erteilt, das am

2. Mai 2010 in Weimar unter der Leitung von Christoph Poppen zur

Uraufführung gelangen wird.

Claus-Steffen Mahnkopf:Erinnerung

an den LehrerDas Ensemble SurPlus brachte am 28.

Februar 2010 in Freiburg das neue Stück„... in memoriam ...“ für Bassflöte,

Klavier, Violoncello und Kontrabass vonClaus-Steffen Mahnkopf zur

Uraufführung. Es ist ein Erinnerungswerkfür James Avery, den amerikanischen

Pianisten, Dirigenten, Pionier der NeuenMusik sowie Gründer und Leiter des

Ensembles SurPlus, der 2009 verstarb.Die Besetzung verweist auf die Traditionvon „In-memoriam“-Werken. Gleichwohl

sei jedem Instrument eine bestimmte„personalità“ zugewiesen, sagt der

Komponist: Bassflöte als Lamento-Bass;Klavier als Totenglocke; Kontrabass als

Klopfzeichen aus dem vergangenenLeben; das Violoncello in extrem hoher

Lage als Ahnung von Transzendenz.

Neues Werk von SofiaGubaidulina

Mit Spannung kann auf die Uraufführungdes neuen, bislang noch unbetitelten

Werkes für Viola, Kontrabass und zweiGitarren von Sofia Gubaidulina werden,

das am 30. Juni 2010 in Passau zurUraufführung gelangen soll.

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n der Musik der Gegenwart führte daszu einem grenzenlosen Experimentier-

feld zwischen Klang und Wortsinn, dersowohl die Literaten als auch dieKomponisten gleichermaßen ergriff undherausforderte. In der Lautpoesie vonKurt Schwitters in der ersten Hälfte des20. Jahrhunderts etwa nimmt dieSprache musikalische Ausdrucksformenan, greift auf scheinbar inhaltslosePhoneme und Fragmente zurück, die inrhythmisch organisierten Wiederholungs-mustern einen musikalischen Verlauf mitMitteln der Sprache markieren.Umgekehrt löst sich die Vertonungbestimmter Texte in der Moderne vonder bildhaften Wiedergabe ihrer Inhalte.Oft führt der Weg zu klangzentriertenVokalkompositionen, in denen dieSprache und die nüchterne Laut-äußerung gleichrangig behandelt werden. Bei allen Formen zeitgenössischerVokalmusik ist die Vielfalt schier gren-zenlos. Da gibt es Komponisten, dieTextfragmente wie in einem Notizbuchsammeln und verarbeiten, sie colla-gieren und elektronisch verfremden.Andere transportieren Texteinheiten in Zwischenformen wie dem Sprech-gesang oder finden im Bereich derStimmakrobatik zu ganz neuen Aus-drucksformen, die der menschlichen

„WENN SPRACHE MUSIKALISCHEN KLANG UND MUSIKALISCHEN SINN ERHALTEN SOLL, MUSS SIE AUS DER ABHÄNGIGKEIT IHRER VER-TONUNG ENTLASSEN WERDEN, MUSS SICH DER SINN VOM WORTKLANG LÖSEN, GILT ES,IHRE ‚MATERIALE STRUKTUR’ ZU BEACHTEN“, HAT DER KOMPONIST DIETER SCHNEBEL EINMAL GESAGT.

Sinn und Klang: Vokalmusik der Gegenwart

Sinn und Klang: Vokalmusik der Gegenwart

Stimme völlig neue Farben abgewinnen.Die jüngsten Vokalkompositionen unse-rer Komponisten, die Ende 2009/Anfang2010 zur Uraufführung kamen, beziehensich auf „echte“ Textvorlagen, die ganzunterschiedlich vertont oder von Musikbegleitet werden. Gija Kantschelis Werk „Dixi“ fürgemischten Chor und Sinfonieorchesterzum Beispiel gehört zu den Werken, dieim weitesten Sinn dem Bereich derMystik zuzuordnen sind. Die lateinischenTextzitate, die in loser Folge und ohnescheinbaren Zusammenhang aneinan-dergereiht sind, erinnern daran, wieaktuell die Probleme bleiben, die seitalters her existieren. Denn trotz dergrößten zivilisatorischen Fortschritte hatsich die Welt nicht zum Besseren verän-dert, und die Kluft zwischen Gut undBöse wächst immer weiter. Religiöseoder weltliche Phrasen wie „Mortuosplango“ („Ich beweine die Toten“), „Adse ipsum“ („Zu sich selbst“), „Ora etlabora“ („Bete und arbeite“) oder „Ede,bibe, lude“ („Iss, trinke und erfreuedich“) berühren auch heute noch wichti-ge Aspekte unserer Existenz underscheinen in Kantschelis Werk wieSinnphrasen, die einem musikalisch defi-nierten Ganzen untergeordnet sind.Nach der Uraufführung beimBayerischen Rundfunk am 29. Oktober

2009 in München erlebte „Dixi“ nun am6. Februar 2010 in Tallinn seine estnischeund am 12. Februar 2010 in Katowice seinepolnische Erstaufführung.Auf eine historische Vokalmusikgattunggreift der junge Mannheimer KomponistDaniel Smutny in seinem Madrigalbuchfür 24 Sänger „Velouria“ zurück. DasStück kam am 14. Februar 2010 beimFestival „ECLAT“ in Stuttgart durch dasSWR Vokalensemble Stuttgart zurUraufführung. Der Begriff „Velouria“könnte mit einem so betitelten Song derGruppe „Pixies“ in Verbindung gebrachtwerden, aber das lag eigentlich nur mit-telbar in Smutnys Absicht. In seinemneuen Stück hat er Gedichte vonFriedrich Hölderlin und Georg Trakl aufNeuvertonungen einzelner Lyrics vonUphill Racer treffen lassen. SmutnysMusik erklingt „vellutato“, was so vielwie „hinter einem Vorhang“ bedeutet.Durch die Mehrchörigkeit der 24 Sänger,die ihm nicht nur als doppeltenTheaterboden, sondern auch alsAusdrucksmöglichkeit von Widersprüchendient, erreicht das Material hierbei abereine unvermeidliche Steigerung, eineArt „Bewegung nach vorne“, wieSmutny sagt, etwa wie im Anblick derdunklen Räume von David Lynchs „BlueVelvet“ – einem Vorhang ohne einDahinter, der hineinzieht, verschluckt.“

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Gija Kantscheli Daniel Smutny Claus-Steffen Mahnkopf

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„In the car you don´t speakall the way you don´t move

because you knowthe sun is coming out“

„Blind and awareit is not you who is moving

it´s the world“(lyrics von uphill racer)

Velouria ist für Smutny auch eineErinnerung an die Zeit, in der er selbstals Kammerchorsänger auftrat.Insbesondere schwebte ihm dasVillanellen-Madrigalbuch von GiovanniCroce „Triaca Musicale“ von 1596 vor.„Velouria“ setze bei dessen spezifi-schem deklamatorischen Ausdruck an,der sich durch eine an den Text gebun-dene homophone Rhythmik auszeichnet.„Alle anderen musikalischenEigenschaften“, so Smutny weiter, „sinddem untergeordnet, so dass dieStimmen in ihrer direkten Anspracheunterstützt werden, so wie ich es in derMadrigalbuchkunst einst vorfand.“Ein neues Stück für Chor a cappella mitdem Titel „void. un delitto italiano. unepitaffio“ stammt von Claus-SteffenMahnkopf. Die Neuen Vokalsolistenbrachten das Werk beim StuttgarterFestival „ECLAT“ am 13. Februar zurUraufführung.Der Titel bezieht sich auf Mahnkopfs„void-Zyklus”, der zehn Werke umfasst,die in das Musiktheater „void –Archäologie eines Verlustes” einfließenwerden. Der Untertitel „un delitto italia-no” soll darauf hinweisen an, dass der1975 bestialisch ermordeteFilmregisseur Pier Paolo Pasolini wiekaum ein anderer für die Kultur Italiensin der Nachkriegszeit steht. „Der Tod Pasolinis – genauer: seine bisheute nicht aufgeklärte Ermordung – imJahre 1975 markiert für mich das jäheAbbrechen einer linken Utopie, die sichnach dem Zweiten Weltkrieg im kultur-ellen Westen ausgebreitet hat und vondem Glauben ausging, dass die moder-ne kapitalistische Welt grundlegendgeändert werden könnte, sowie dass dieKünstler dabei eine eminent politischeRolle spielen müssten. 1975 zeichnetensich das Scheitern der linken Utopienund – besonders schlimm für Pasolini –

der Siegeszug des modernenKonsumismus ab. Besonders Sensiblespürten das früher und zogen darausihre Konsequenzen, nicht zuletzt LuigiNono. Der Konsumismus, vor demPasolini so eindringlich warnte, hat unslängst eingeholt. Künstlerisch kam dar-auf jene Postmoderne, die das genaueGegenteil von Pasolinis absolutemWahrheitsanspruch war. Ist heute einPasolini noch möglich? Wie wäre erbeschaffen? Welcher Kunstmedienbediente er sich? Aus welchemKulturkreis käme er?“Ich nehme in meinem Stück Bezug aufden Film ‚Pasolini. Un delitto italiano’von Marco Tullio Giordana aus demJahre 1995 sowie auf dessen gleichnami-ges Buch. Das Werk ist Antonio Negrigewidmet, einem der wenigen, dabeigroßartigen Nachfolger Pasolinis.“

Neue Vokalmusik

06.02.2010TALLINNEE GIJA KANTSCHELI: „Dixi“ für Chor und Orchester(Estnisches NationalesSinfonieorchester; Ltg.: Anders Mustonen)

12.02.2010KATOWICEPE KANTSCHELI: „Dixi“(Nationales PolnischesSinfonieorchester; Ltg.: Tonu Kaljuske)

13.02.2010 STUTTGARTUA CLAUS-STEFFEN MAHNKOPF:„void. un delitto italiano“für Chor a cappella (ECLAT, Neue Vokalsolisten)

14.02.2010 STUTTGART UA DANIEL SMUTNY: „Velouria. Madrigalbuch für 24 Sänger“(ECLAT, SWR VokalensembleStuttgart)

NEWS

Auf den Flügeln des Gesangs

mit einer KlarinetteIm Rahmen der 5. „Musica-viva“ -

Veranstaltung in München brachteChristopher Corbett am 22. Februar das

Stück „Auf den Flügeln des Gesangs“für Klarinette solo von Daniel Smutny zur

Uraufführung. Der Titel ist sozusagenProgramm, geht es Smutny doch darum,

spezielle Klangformen und Spieltechnikenauf einen entfernt wirkenden kantablen

Ton treffen zu lassen. Smutny möchteaber noch einen ganz anderen Kontrast.

Dem fernen, nur erahnbaren Gesangstellt er imaginär die Figur des Arlecchino

aus der Commedia dell’arte entgegen.So treffen in seiner Vorstellung die

schwirrende Bewegung der Flügel, deraus der Entfernung ruhig und erhabenwirkende Vogelflug, das musikalische

Verzieren eines gedehnten Gesang-bogens, die ungreifbare Entrücktheiteines tradierten Tones, aber auch die

Aberwitzigkeit auf die virtuosenVerrenkungen des Arlecchino.

Keine Trompeten, sondern

eine Rose aus Jericho

Das Tonhalle-Orchester Zürich brachteam 29. November vergangenen Jahres

im Rahmen seiner Familienkonzerte dasStück „D’Rose vo Jericho“ vomSchweizer Geschichtenerzähler,

Liedermacher und Autor Linard Bardillzur Uraufführung. Zusammen mit dem

Tonhalle-Orchester Zürich hatte Bardilleinen Konzertzyklus unter dem Motto

„Die 4 Elemente“ konzipiert. Die Konzerte handelten von den vier

Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luftund von der Suche nach der „Quinta

Essentia“, dem fünften Element. ImAbschlusskonzert „D’Rose vo Jericho“

lüftet Bardill schließlich auf seine Art dasGeheimnis des fünften Elements.

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Klassiker sterben nie

WELCHE ROLLE SPIELT DAS ERBE DER MUSIKGESCHICHTE FÜR KOMPONISTEN DER GEGENWART? DAS NEUE STÜCK „ETERNITY FOR WOLFGANG“VON LERA AUERBACH UND DAS ETWAS ÄLTERE „MEIN WAGNER“ VONJENS-PETER OSTENDORF AUS UNSEREN KATALOGEN SIND ABER NUR DIE SPITZE EINES GEWALTIGEN EISBERGS. EINE GANZE REIHE VON AUTORENNIMMT IN EIGENEN WERKEN BEZUG AUF BESTIMMTE KOMPONISTEN DERVERGANGENHEIT UND IHR SCHAFFEN.

eist verläuft diese Auseinanderset-zung mit der Tradition auch kritisch.

„Mein Wagner“ von Jens-PeterOstendorf versteht sich beispielsweisekaum nur als bewundernde Hommage anden im Titel genannten Widmungsträger.Das Stück sei, so sagte Ostendorf einmal,in Hass und Bewunderung Wagner gewid-met, der wohl wie kein anderer so ich-besessen und kraftvoll die Widersprüchedes 19. Jahrhunderts in sich verkörpertund gelebt habe. In seinem 1983 anläss-lich des hundertsten Todestages vonRichard Wagner entstandenem Stück fürgroßes Orchester sind manche Passagenzwar durch wagnerische Motive geprägt,im Zentrum steht aber eine völlig eigen-ständige Neukonstruktion auf derGrundlage dieses „Erbes“. Ostendorfergänzte noch: „Die subtile Klangfarben-melodie um das Parzival-Zitat im Zentrumvon ‚Mein Wagner’ hätte ohne die kon-zeptionelle Instrumentationskunst des sooberflächlich als Rattenfänger vonBayreuth abqualifizierten genialenDilettanten der Villa Wahnfried nichtgeschrieben werden können. AuchWeberns Bach-Instrumentation nicht.“ Die Idee, die „Mein Wagner“ zugrundeliegt, führt zu einer mitreißenden, zitatrei-

chen und letztendlich sehr bildhaftenMusik, ohne dass Ostendorf diese Effektebewusst erzwingen wollte.Lera Auerbach nun hat sich in ihremneuen Orchesterwerk „Eternity forWolfgang“, das am 25. April in Koblenzdurch das Staatsorchester RheinischePhilharmonie unter Daniel RaiskinsLeitung zur Uraufführung gelangt, aufganz besondere Art mit dem SalzburgerMeister auseinandergesetzt. Das 18.Jahrhundert und die Spätklassik habenAuerbach schon oft beschäftigt. In„Ludwigs Alptraum“ für Klavier geht esbeispielsweise um Ludwig van Beethoven,und der „Dialog mit Stabat Mater“für Violine, Viola, Vibraphon undStreichorchester bezieht sich auf GiovanniBattista Pergolesi.Auch der aus Heidelberg stammendeKomponist Moritz Eggert wagte in seinenStücken „Amadé, Amadé“ für Quintettund „Vom zarten Pol“ für vier Sänger,Sprecher(in) und Orchester eineAuseinandersetzung mit Mozart. Eineandere große Moazrt-Werkreihe schufAlfred Schnittke mit dem genialen „Moz-Art“-Zyklus für verschiedeneBesetzungen. Von Wolfgang vonSchweinitz hingegen stammen die

Variationen über ein Thema vonMozart für Orchester op. 12 und vonNikolai Korndorf die Mozart-Variationen für Streichsextett. UndMozart-Variationen für Orchesterschrieb auch der in England lebendeKomponist Dmitri Smirnow.In der klassisch-romantischen Epocheund auch zu Beginn des 20.Jahrhunderts war die beliebteste Form,sich den alten Klassikern zu nähern, dieVariation schlechthin. Beethoven undBrahms haben reichlich Gebrauch davongemacht, aber auch viele russischeKomponisten des ausgehenden 20.Jahrhunderts. Hochspannend sind dieVariationen über ein Thema von JosephHaydn „Tod ist ein langer Schlaf“ fürVioloncello und Orchester, dieVariationen über ein Thema von FranzSchubert für Violoncello und Klavier unddie Variationen über ein Thema vonGeorg Friedrich Händel für Klavier vonEdison Denissow. Rodion Shchedrinschuf 1957 Variationen über ein Themavon Glinka für Klavier.Zu entdecken gibt es viel, wenn es umKlassiker in der Moderne geht. FindenSie hier einen Auszug aus unseremKatalog:

Klassiker sterben nie

M

Mozart Wagner

8|SIKORSKI magazin

Page 9: Sprechen über Noten - Sikorski · - CAREY BLYTON: „Dracula”. Melodram für Sprecher, Singstimme und Kammerorchester op. 87 Text: Carey Blyton - GUALTIERO DAZZI: „L’Enclos”.

SIKORSKI magazin|9

Katalog von Neuer Musik mit Bezug zu Klassikern(Auswahl)

LERA AUERBACH: - Orchesterwerk „Eternity for Wolfgang“

UA 25.04.2010 Koblenz(Staatsorchester RheinischePhilharmonie; Ltg.: Daniel Raiskin)

- „Ludwigs Alptraum“ für Klavier (2007) SIK 8559 (Druckausgabe)

- Dialog mit Stabat Mater für Violine, Viola, Vibraphon und Streichorchester (nach Pergolesi) (2005)

EDISON DENISSOW: - „Tod ist ein langer Schlaf“. Variationen

über ein Thema von Joseph Haydn für Violoncello und Orchester (1982)

- „Kyrie“ für Chor und Orchester nach dem Fragment KV 323 von W.A. Mozart (1991)

- Variationen über ein Thema von Franz Schubert für Violoncello und Klavier (1986)

- Variationen über ein Thema von Georg Friedrich Händel für Klavier (1986)

MORITZ EGGERT: - „Amadé, Amadé“ für Quintett (Oboe,

Klarinette, Horn, Fagott, Klavier) (2006)- „Goldberg spielt“ für Klavier und

Kammerorchester (2000)- „Vom zarten Pol“ für vier Sänger,

Sprecher(in) und Orchester (Wolfgang Amadeus Mozart) (2006)

JOHANNES HARNEIT: - „Beethoven-Skizzen“ (Keßlersches

Skizzenbuch) für Orchester (2006) - „Beethoven-Skizzen“ (Landsberg 5)

für Ensemble (2006)- 12 Sätze für Streicher nach

„Petits Chorals“ von Eric Satie für Streicher (1995)

- Drei Intermezzi zu Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ für Kammerensemble (2002)

- Intermezzo (per Claudio Monteverdi)für sechs Stimmen und Kammerensemble (2000)

VIKTOR JEKIMOWSKI: - Brandenburgisches Konzert für Flöte,

Oboe, Violine, Streicher und Cembalo (Johann Sebastian Bach) (1979)

- Mondscheinsonate für Klavier (1993)

EFIM JOURIST: - Hommage à Astor Piazzolla für

Akkordeon (Bajan), Violine, Gitarre und Kontrabass (1995)

NIKOLAI KORNDORF: - Hymnus III zu Ehren von Gustav Mahler

für Sopran und Orchester (1991)- Zu Ehren von Alfred Schnittke für

Streichtrio (1986)- Mozart-Variationen für Streichsextett

ULRICH LEYENDECKER: - Pensées sur un prélude. Debussy-

Variationen für Orchester (2001)

CLAUS-STEFFEN MAHNKOPF: - Beethoven-Kommentar für Klavier

(2004)- Hommage à György Kurtág für

Gitarre und Kammerensemble (2000-01)

TIGRAN MANSSURJAN: - „Da ich nicht hoffe“ für 14

Instrumentalisten (in memoriamIgor Strawinsky) (1983)

KRZYSZTOF MEYER: - Hommage à Johannes Brahms für

Orchester (1982)- Caro Luigi op 73 für 4 Violoncelli

und Streicher (Luigi Boccherini gewidmet) (1989)

JENS-PETER OSTENDORF: - „Mein Wagner“ für Orchester (1983)

PETER RUZICKA:- Metamorphosen über ein

Klangfeld von Joseph Haydnfür Orchester (1990)

- „Annährung und Stille“. 4 Fragmente über Schumann für Klavier und 42 Streicher (1981)

- „Tallis“. Einstrahlungen für großes Orchester (1993)

ALFRED SCHNITTKE: - A Paganini für Violine (1982)- Moz-Art à la Haydn für 2 Vl,

2 kl. Streichorchester, Kontrabass und Dirigent (1977)

- Moz-Art à la Mozart für 8 Flöten und Harfe (1990)

- Moz-Art für zwei Violinen (nach demFragment KV416d) (1975)

- Moz-Art für sechs Instrumente (1980)- Hommage à Grieg für Orchester

(1993) - Hommage à Strawinsky,

Prokofjew und Schostakowitsch für Klavier 6-händig (1979)

- Kanon in memoriam Igor Strawinskyfür Streichquartett (1971)

- Präludium im memoriam Dmitri Schostakowitsch für Violine und Tonband (1975)

RODION SHCHEDRIN: - Musikalisches Opfer für Orgel,

3 Flöten, 3 Fagotte und 3 Posaunen.Zum 300. Geburtstag von J. S. Bach (1983)

- Variationen über ein Thema von Glinka für Klavier (1957)

DMITRI SMIRNOW:- Mozart-Variationen für Orchester

op. 47 (1987)

WOLFGANG VON SCHWEINITZ: - Variationen über ein Thema von

Mozart für Orchester op. 12 (1977)

ALEXANDER WUSTIN: - Hommage à Beethoven für

Schlagzeug und kleines Orchester (1984)

NEWS

Aulis Sallinen spricht auf NDR Kultur

Im Februar besuchte der Grandseigneur der finnischen Musik

Aulis Sallinen Hamburg wegen derHamburger Erstaufführung

seines Kammerkonzerts für Violine,Klavier und Kammerorchester

op. 87. In der Sendung „neue musik“

am 7. April wird Sallinen persönlich bei NDR Kultur zu Gast sein,

über seine neuen Werke und dieGesamteinspielung seiner Sinfonien

berichten. Vor allem durch seine Opern hat der 1935 geborene

Komponist Aulis Sallinen der finnischenModerne wichtige Impulse

gegeben. Nachfolgende KomponistenFinnlands wie Kimmo Hakola

und Esa-Pekka Salonen, aber auch Kaija Saariaho, deren Oper

„L’amour de loin“ bei den SalzburgerFestspielen des Jahres 2000 einen

großen Erfolg errang, sind von ihmbeeinflusst. Am 9. April 2010

wird Aulis Sallinen 75.

Beitrag über Mieczyslaw Weinberg in

der OPERNWELTDie Zeitschrift „Opernwelt“ wird in einer Frühjahrsausgabe Leben

und Werk Mieczyslaw Weinbergs imVorfeld der Bregenzer Festspiele aus-

führlich würdgen. Vorgesehen sind u.a.ein monographscher Essay von David Fanning, Statements von

Künstlern, die dem Komponisten nochpersönlich begegnet sind

(z.B. von Sofia Gubaidulina) und eine kommentierte Diskographie.

31.07.2010 Westliche, deutschsprachige und

österreichische Erstaufführung Mieczyslaw Weinberg:

Oper „Das Porträt“(Symphonieorchester Vorarlberg

Regie: John Fulljames, Ltg.: Rossen Gergov)

01.08.2010 Österreichische Erstaufführung

Mieczyslaw Weinberg: Sinfonie Nr. 6

für Knabenchor und Orchester(Wiener Sängerknaben,

Wiener Symphoniker, Ltg.: Dmitri Kitajenko)

02.08.2010 Mieczyslaw Weinberg:

Streichquartett Nr. 15(Quatuor Danel)

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DIE GATTUNG STREICHQUARTETT HAT SICH WIE AUCH ANDERE KLASSISCH-ROMANTISCHE GATTUNGEN IN DER GEGENWARTSMUSIK ZIEMLICHSTARK VERÄNDERT. MANCHE ZEITGENÖSSISCHE STREICHQUARTETTE SIND DURCH SPRECHERTEXTE, VOKALPARTIEN ODER GERÄUSCHPASSAGENERGÄNZT ODER ERFORDERN EINEN WECHSEL DER EINZELNEN SPIELER ZU WEITEREN INSTRUMENTEN.

Zu viert in die Gegenwart– Neue Streichquartette

Neue Streichquartette

Kunsthalle Brennabor in Brandenburgvoraufgeführt. Die offizielle Urauffüh-rung findet am 22. Mai 2010 im Rahmender „Langen Nacht der Kammermusik“am Brandenburger Theater statt. Mit dem Maler Gerhard Göschel verbin-det Arnecke eine persönliche, schonzehn Jahre währende Freundschaft.Tatsächlich hätten der Maler und derjunge Komponist bei ihren Arbeitengegenseitig voneinander profitiert.Gerhard Göschels Installation „Jäten imParadies“ etwa habe, wie Arneckeäußert, sein elektroakustisches Stück„Coup, coup, coupe“ in eine dunkel ein-drucksvolle Sphäre gerückt, die demStück eine tiefe Emotionalität verleiht.Auch der bildhafte Titel „Wasserkreisel“des neuen Streichquartetts bezieht sichauf eine Bildvorlage des Malers.Für sein Streichquartett „So zaghaftdiese Worte der Nacht“, das dasStadler Quartett am 14. Februar 2010 imRahmen des Festivals „ECLAT“ inStuttgart zur Uraufführung brachte, hatDaniel Smutny bereits zum zweiten Malden Stuttgarter Kompositionspreiserhalten.

Neue Streichquartette

14.02.2010STUTTGARTUA DANIEL SMUTNY: „So zaghaft diese Worte der Nacht“ (Streichquartett)(ECLAT, Stadler Quartett)

17.04. 2010BRANDENBURG UA JÖRN ARNECKE:Wasserkreisel (3. Streichquartett) (=Voraufführung)22.05.2010 (=offizielle UA)

ei den Wittener Tagen für neueKammermusik etwa kam sogar

einmal ein Streichquartett zur Urauf-führung, bei dem der Primgeiger parallelzu seinem Spiel einen knisterndenPlattenspieler zu bedienen hatte.Besonders die Streichquartette derZweiten Wiener Schule, Werke vonArnold Schönberg, Alban Berg oderAnton Webern, oder die Beiträge vonBéla Bartók hatten Anfang des 20. Jahrhunderts den Umgang mit derForm den Weg gewiesen. Schönbergfügte in zwei Sätzen seines 2. Streichquartetts den vier Instru-menten eine Sopranstimme hinzu. DenWeg in die von der strengenZwölftontechnik losgelöste freieAtonalität jedoch beschritt Webern inseinen drei Streichquartetten. Nachdemdie Gattung Mitte des 20. Jahrhundertsvor allem in westlichen Ländern eineKrise zu durchstehen hatte, nahm dasInteresse am Streichquartett mit wichti-gen Beiträgen von Witold Lutoslawskiund Luigi Nono nach dem Krieg wiederzu. Lutoslawskis Landsmann Pendereckiwagte den damals weitreichendstenVorstoß ins Geräuschhafte, und derPionier der elektronischen Musik,Karlheinz Stockhausen, verteilte die vierMitwirkenden des Streichquartetts inseinem Helikopter-Quartett aus demZyklus „Licht“ auf vier Hubschrauber.Anders verlief die Entwicklung „hinterdem Eisernen Vorhang“ in Russland. Mit15 Werken stand das Streichquartett imSchaffen Dmitri Schostakowitschs zah-lenmäßig gleichberechtigt neben den 15Sinfonien und ist auch in Wesen undGehalt der großen Form ebenbürtig.Bezeichnenderweise hat der bekannterussische Bratschist und Dirigent Rudolf Barschai einige StreichquartetteSchostakowitschs in exzellentenBearbeitungen und Orchestrierungendem sinfonischen Repertoire zugeführt.Er bearbeitete unter anderem das 10. Streichquartett op. 118 sowie das

legendäre 8. Streichquartett op. 110für Streichorchester und orchestriertedas 3. Streichquartett op. 73 fürStreicher und Holzbläser. Ein anderer großer Streichquartett-komponist ist Peter Ruzicka. SeineBeiträge, so schrieb der MusikologeThomas Schäfer einmal, zeigten „inmehreren Perspektiven einenKomponisten, dessen Musik zögert,offen lässt, sich zurückzieht, die Stillesucht, verharrt – und doch plötzlich wie-der ausbricht, wild herausfährt, sich wieverzweifelt auflehnt.“ Von 1970 bis 2008entstanden bislang sechs Quartette, diealle durch Untertitel bezeichnet sind, die auch auf außermusikalische oder philosophisch werkimmanenteZusammenhänge verweisen. In PeterRuzickas vorerst letztem Gattungsbei-trag, dem 6. Streichquartett mit demTitel „Erinnerung und Vergessen“, isteine Sopranistin besetzt. „Erinnerungund Vergessen“ blicke tief zurück insein musikalisches Denken, erklärteRuzicka einmal. „Vergangenes in derZone zwischen Vergessen undErinnerung wird durch Umkreisen,Durchdringung und Aneignung verge-genwärtigt. Gefundene und erfundenemusikalische Gestalten, darunter Spureneines vor über vierzig Jahren begonne-nen Streichquartetts, spiegeln dieEntwicklung meines ästhetischenBewusstseins.“ Die neuesten Beiträge zur Streichquar-tettgattung stammen von den jungen Autoren Jörn Arnecke undDaniel Smutny.Jörn Arnecke vollendete seinStreichquartett Nr. 3 mit dem Titel„Wasserkreisel“ während einesStipendiaten-Aufenthaltes amInternationalen Künstlerhaus VillaConcordia Bamberg. Das im Auftrag desBrandenburger Theaters entstandeneWerk wird am 17. April 2010 zurAusstellungseröffnung des bildendenKünstlers Gerhard Göschel in der

B

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IM VERGLEICH ZU IHRER KLEINEN SCHWESTER, DER GEIGE, KLINGT DIE BRATSCHE SCHON ETWASVERSCHNUPFTER. UND WEIL SIE IM ORCHESTERMEIST ZU SCHLÄFRIG LANGWEILIGER BEGLEITUNGVERDAMMT IST, MUSSTE SIE STETS VIEL SPOTT ÜBERSICH ERGEHEN LASSEN.

Leyendecker: Violakonzert

Die ganz eigene Farbe der Bratsche unddie Nutzung ihrer Register, die sich inder Tiefe mit der Mittellage desVioloncellos und in der Höhe mit dermittleren Höhenlage der Violine über-schneidet, gibt – solistisch hervortretend– reichhaltige, delikate, von den identi-schen Lagen der Violine und des Cellos deutlich verschiedeneFarbtönung. „Diese habe ich genutzt“,ergänzt Leyendecker, „indem ich beson-ders von der charakteristischen Tiefe,aber auch von dem Hin- undHerspringen in die verschiedenstenRegister viel Gebrauch gemacht habe.Zum rein Solistischen kommen diversekammermusikalische Kombinationen derBratsche mit anderen Soloinstrumentendes Orchesters.“

19.03.2010KAISERSLAUTERNUA ULRICH LEYENDECKER:Konzert für Viola und OrchesterWolfram Christ, ViolaDeutsche Radio PhilharmonieSaarbrücken KaiserslauternLtg.: Christoph Poppen

Leyendecker:Violakonzert

NEWSLera Auerbachs

vier Streichquartette in einem Konzert

Das US-amerikanische Borromeo StringQuartet, das am 5. April 2008 in

Columbus (Ohio) Lera Auerbachs „Fragile Solitudes“ für Streichquartett

und Orchester uraufgeführt hatte, präsentiert am 29. April 2010 in der

‚New Gallery’-Konzertreihe in Boston erstmals alle vier Streichquartette

Auerbachs in einem Konzert.

Zuwachs in unserer„Bearbeitungsreihe“

Die Ausgabenreihe mit Bearbeitungengroßer Vorlagen aus der Musikgeschichteist durch viele neue Titel ergänzt worden.

Früher waren in dieser Reihe unteranderem Bearbeitungen von Sergej

Prokofjews Ballettmusik „Romeo und Julia“für Bläserquintett, das Doppelkonzert vonJohannes Brahms in einer Bearbeitung für

Violoncello und Orchester oder die orchestrale Fassung von Franz Liszts

Klavierstück „Lyon“ erschienen.Nun gibt es Neuausgaben mit Musik von

Johannes Brahms, Felix MendelssohnBartholdy, Georg Friedrich Händel

und Antonio Vivaldi inKammermusikbearbeitungen von Cord

Garben und David Geringas. Besuchen Sieunsere Website und informieren sich.

Uraufführung der ersten Sinfonie

von Allan Pettersson

Der schwedische Sinfoniker Allan Pettersson hat seine erste Sinfonie in nicht

aufführbarem Zustand hinterlassen. DemKomponisten und Posaunisten Christian

Lindberg ist es nun gelungen, das Werk zuvollenden. Er selbst dirigierte die Uraufführ-ung mit dem Sinfonieorchester Norrköping

am 14. Januar 2010.

eit Weltstars wie Yuri Bashmet, Kim Kashkashian oder Nobuko Imai

mit spektakulären Konzerten unter anderem von Alred Schnittke und Edison Denissow für dieses Instrumentum den Erdball touren, muss man sichum das angekratzte Image der Bratscheallerdings keine Sorgen mehr machen.Nun hat auch der Komponist einesKlarinetten-, Gitarren-, Violoncello- undKlavierkonzertes Ulrich Leyendecker ein Violakonzert geschrieben. Es entstand 2007/08 im Anschluss an das „Mannheimer Konzert“ für Doppel-orchester, das Wolfram Christ alsDirigent in Auftrag gegeben hatte.Durch die fruchtbare gemeinsame Arbeitan diesem Projekt ergab sich wie vonselbst die Idee, diese Arbeit fortzuset-zen. So entstand also das Wolfram Christals Bratscher gewidmete Violakonzert.Die Großmeister der Vergangenheitseien leider zurückhaltend gegenüberder Kombination Solobratsche und großes Orchester gewesen, befindetLeyendecker selbst. „Die Scheu, dieBratsche als ein Instrument der orchestralen Mittellage solistisch einzu-setzen, ist verständlich, da ihreDurchsetzungsfähigkeit geringer ist alsdie der Violine und des Cellos.“ Geradedas hat Leyendecker wie schon bei sei-nem Gitarrenkonzert besonders gereizt.

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Dmitri Schostakowitsch:

Die NaseDie Neueinspielung von DmitriSchostakowitschs genialer Operngro-teske „Die Nase“ nach der gleichnami-gen Erzählung von Nikolai Gogol durchMitglieder des Mariinski-Theatersunter Leitung von Valery Gergievwurde kürzlich für einen Grammy nomi-niert.Die Handlung dieses Opernfrühwerksist so grotesk wie unterhaltend. Erzähltwird vom Kollegienassessor Kowaljow,der eines Tages ohne seine Naseerwacht. Wo sich bis gestern noch dasOrgan erhob, spannt sich heute nurnoch glatte Haut. Zu KowaljowsEntsetzen macht sich die Nase selbst-ständig und entwickelt sich zu einemmachtvollen Gegner.Gogols Gesellschaftssatire von 1835,an der die zaristische Zensurbehördeprompt Anstoß nahm, war als grotes-kes Opernsujet wie geschaffen fürSchostakowitsch. Was dieser Kompo-nist an neuartigen Stilmitteln und ironi-schen Klanggesten erfand, um dieVerwirrung zu schildern, ist brillant. Es ist schon mehr als dreißig Jahre her,dass sich Gennadi Roschdestwenskijund die Moskauer Kammeroper ineiner Gesamteinspielung mit diesermittlerweile häufig inszenierten Operauseinandersetzten. Valery Gergievshinreißende Einspielung mit seinem„Stammensemble“ setzt stilistischneue Schwerpunkte. Mit dieserStudioaufnahme führt Gergiev jeneReihe russischer Opern fort, die er infrüheren Jahren für das Label Philipsmit Mitgliedern des Mariinski-Theatersaufgenommen hat.

SämtlicheStreichquartette von Peter Ruzicka

Als Peter Ruzicka 2008 die Ehrendok-torwürde der Hamburger Musikhoch-schule verliehen wurde, sagte er zu denAufgaben und Zielen seiner Rolle alsKomponist: Der Komponist könne dieWelt weder retten noch erlösen. Aberer könne Türen öffnen, vielleicht einenSpaltbreit nur, Erinnerungen wachru-fen, Gedanken aussprechen, dieandernfalls stumm bleiben müssten.Der Komponist wisse nicht alles, aberdoch allerhand und es sei ein unver-gleichliches Glück, Musik zu entdecken,zu schreiben und zu hören, die niezuvor erklungen sei. Einen bedeutenden Werkzyklus imSchaffen von Peter Ruzicka, der mittler-weile schon häufig live erklungen ist,stellen die sechs Streichquartette dar.Das Arditti Quartet, das auch teilweiseWidmungsträger einzelner Werke ist,hatte die ersten fünf Quartette schoneinmal geschlossen zu einer Einspielungbeim Label ECM gebracht. Nun folgtdas Minguet Quartett, das dem Kompo-nisten ebenfalls seit langem verbundenist, mit allen sechs Quartetten in einerexzellenten Neuaufnahme. Wie so oft inRuzickas Werken spielt das Moment desAbbruchs, des Neuansatzes und desscheinbar unbestimmten Suchens einewesentliche Rolle. Die Tendenz zurDesintegration, so hat es der Musikwis-senschaftler und neue Direktor desInternationalen Musikinstitutes DarmstadtThomas Schäfer einmal formuliert, seigekoppelt an Momente des Einhaltens,an Augenblicke des Schweigens, indenen das Werk seine Leerstellen nachaußen kehre.

Robert Schumann, GabrielFauré, Camille Saint-Saens,Alexander Glasunow (Bearb.: David Stromberg):Fünf romantische Stücke fürVioloncello undBläserquintett SIK 1737

Ein Grundanliegen dieserBearbeitungen ist es, kammermusikali-sche Interaktion zwischen den Spielernzu schaffen. Das motivische Materialwird dazu auf die verschiedenenInstrumente verteilt, was zu ganz neuenKlangeindrücken und Schwerpunktenführt. Die Bearbeitungen gehenbewusst eigene Wege und setzen sichvon den Originalen ab. Die dynami-schen Bezeichnungen, dieArtikulationen, Phrasierungen undVortragsangaben hat David Strombergstets neu gesetzt.Die Bearbeitung der Rokoko-Variationen von Peter Tschaikowsky unddie anderen Bearbeitungen romanti-scher Literatur knüpfen an die Traditionkammermusikalischer Konzertfassungenan. Für die Instrumentierungen wurdendas klassische Bläserquintett (Flöte,Oboe, Klarinette, Horn, Fagott) und dasdazu kontrastierende Cello gewählt.

NEUE CD’s

Peter Tschaikowsky (Bearb.: David Stromberg):Rokoko-Variationen fürVioloncello und BläserquintettSIK 1736

Dmitri Schostakowitsch:

„Die Nase“.Mariinsky Soloists,

Orchestra and Chorus;

Ltg.: Valery Gergiev

Mariinsky 25ACD MAR0501

Peter Ruzicka:

Sämtliche Werke für Streichquartett

Minguet Quartett

NEOS 10822/23

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Premieren 1. Jahreshälfte 2010

15.01.2010 THEATER MAGDEBURG27.01.2010 THEATER BRÜNN

Michael Nyman, Kammeroper „Der Mann, der seine Frau mit

einem Hut verwechselte“

22.01.2010 THEATER USTI NAD LABEMLudwig Minkus/John Lanchbery,

Ballett „Don Quichotte“

30.01.2010 THEATER OSTRAVASergej Prokofjew, Ballett „Romeo und Julia”

06.02.2010 NEW HOPE OPERA HAMBURGDouglas Moore, Seifenoper „Gallantry”

19.02.2010 NATIONALTHEATER BRÜNN Rodion Shchedrin, Ballett „Carmen-Suite“

19.02.2010 NATIONALTHEATER MANNHEIMCarlos Chávez/Silvestre Revueltas,

Ballett „Frida Kahlo”

27.02.2010 STAATSTHEATER NÜRNBERGCy Coleman,

Musical „Sweet Charity“

05.03.2010 NATIONALTHEATER WEIMAR UA Ballett „Grenztänzer“

(u.a. John Adams, Harmonielehre)

05.03.2010 THEATER MAGDEBURG Marc Neikrug, Kammeroper „Through Roses“

06.03.2010 STAATSTHEATER BRAUNSCHWEIG UA Ballett „Macbeth“

(u.a. mit Werken von Arvo Pärt)

12.03.2010 THEATER PLAUEN-ZWICKAU Sergej Prokofjew, Ballett „Cinderella“

14.03.2010 THEATER BONNJudith Weir,

Kinderoper „Das Geheimnis der schwarzen Spinne“

20.03.2010 SAN FRANCISCO BALLET USEA Lera Auerbach/John Neumeier,

Ballett „Die kleine Meerjungfrau“(Übernahme der Hamburger Produktion)

27.03.2010 STAATSTHEATER SAARBRÜCKEN Szen. UA Schubert/Rasmussen, Oper „Sakontala“

10.04.2010 THEATER HAGEN Henry Purcell, Oper „The Fairy Queen“

10.04.2010 LANDESTHEATER COBURG Sergej Prokofjew, Ballett „Cinderella“

08.05.2010 OPER LEIPZIG Igor Strawinsky, Ballett „Les Noces“

16.05.2010 LANDESTHEATER INNSBRUCKÖE Michael Nyman, Oper

„Noises, Sounds and Sweet Airs“

03.06.2010 THEATER BIELEFELD UA Ballett „Minimal – Maximal“

(darin: John Adams, The Chairman Dances)

07.06.2010 DE NEDERLANDSE OPERAAMSTERDAM

UA Alexander Raskatov, Oper „Hundeherz” (russ.)

Rolf Zuckowski /Roni Zucker:Rolfs GitarrenschuleSIK 1416

Volker Dunisch:LET’S GO LATIN!Tango, Salsa & morePiano StylesSIK 1628

Der dritte Band von VolkerDunischs Klavierreihe (erschienen sind bereits „PlayOn!“ und „Song-Playing“)heißt „Let’s Go Latin!“. Er gibteinen Überblick über grundle-gende Spieltechniken, die fürdas Klavier in der lateinameri-kanischen Musik gebräuchlichsind.Behandelt werden Spielrich-tungen, in denen das Klavierauch tatsächlich eine bedeut-same Rolle spielt. Daher liegtder Schwerpunkt mit jeweilseinem eigenen Kapitel aufSamba & Bossa Nova, Salsa &Son sowie dem Tango Argentino.Darüber hinaus kommenBolero, Beguine und Cha-Cha-Cha zur Sprache. Dabei werden 30 der populärstenLieder und Stücke aus demRepertoire lateinamerikanischerMusik vorgestellt, ergänztdurch ausführliche Anregungenzur Begleitung und musikali-schen Gestaltung. Für Latin-Jazz, wie den BossaNova, sind Kenntnisse inJazzharmonik unerlässlich. Eine kurze Einführung in diesenkomplexen Bereich derHarmonielehre wird im Anhanggeboten. Auch dieses Lehr- undSongbook des Autors bietet –wie die vorhergehendenBände – jede Menge kreativeAnregungen für das eigeneSpiel, wobei gleichzeitigGrundlagenkenntnisse vermitteltwerden. Für diese gelungeneMischung wurde bereits derzweite Band „Play On!“ mitdem Deutschen Musikeditions-preis ausgezeichnet.

NEUERSCHEINUNGEN

Rolfs Gitarrenschule ist einneues, bahnbrechendesLehrwerk für Erwachsene,für Erzieherinnen,Lehrerinnen und selbstver-ständlich auch für Eltern.Für alle, die gerne mitKindern singen und sichdazu auf der Gitarrebegleiten möchten.Der Liedermacher undKomponist Rolf Zuckowskigibt wertvolle Tipps zuseinen Liedern, wie mansie mit der Gitarre „griffig“ umsetzt undKinder erfolgreich zumLernen animiert.Auch für Benutzer ohneNotenkenntnisse vermit-telt die Schule Grundlagendes Gitarrenspiels. DemBuch ist eine CD beige-fügt, auf der wichtigeLernschritte von RolfZuckowski persönlicherklärt werden und seineLieder in verschiedenenSchwierigkeitsgraden zumMitspielen auf der Gitarrezu hören sind.

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