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Spritzgießen für Praktiker von Christoph Jaroschek 1. Auflage Hanser München 2003 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 446 21400 2 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG

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Spritzgießen für Praktiker

vonChristoph Jaroschek

1. Auflage

Hanser München 2003

Verlag C.H. Beck im Internet:www.beck.de

ISBN 978 3 446 21400 2

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG

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CARL HANSER VERLAG

Christoph Jaroschek

Spritzgießen für Praktiker

3-446-21400-3

www.hanser.de

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2 Einstellung

der Verarbeitungsgrößen

Die Einstellung einer Spritzgießmaschine (Prozessparameter) erfordert meist

nur wenige Eingaben, die sich selbst bei Steuerungen moderner Spritzgießma-

schinen mit komplexer Bedienoberfläche leicht auf einer Bildschirmseite un-

terbringen lassen (Bild 2.1). Einige Maschinenhersteller haben sich bereits auf

eine vom eigenen Maschinenfabrikat unabhängige Bedienseite verständigt.

DIM SOLL IST DIM SOLL IST

Einspritzen 1 ccm/s xxx Massepolster ccm xxxStart Einspr. 2 ccm xxx Kühlzeit s xxxEinspritzen 2 ccm/s xxx Plastifizierzeit s xxxStart Einspr. 3 ccm xxx Schneckenpos. ccm xxxEinspritzen 3 ccm/s xxx Plastifizierweg ccm xxxEinspritzdr. max bar xxx xxx Dekompr.nach Plast. ccm xxxUmschaltposition ccm xxx xxx Schneckenumfangsg. mm/s xxx xxxUmschaltzeit s xxx xxx Staudruck bar xxx Umschaltdruck bar xxx xxxUmsch.Innendruck bar xxx xxx Schliesskraft kN xxx xxxNachdruck 1 bar xxx Werkzeugöffnung mm xxx xxxNachdruckzeit 1 s xxx Temperatur Düse °C xxx xxxNachdruck 2 bar xxx Nachdruckzeit 2 s xxx

Bild 2.1: Mögliche Bedienseite zur Prozesseinstellung mit wichtigen Prozesswerten

Im Folgenden wird ein Vorgehen beschrieben, das für die meisten Spritzguss-

teile zu guten Prozesseinstellungen führt, wobei für die Anzahl der Einstellpa-

rameter die erwähnte, stark vereinfachte Bedienseite zu Grunde gelegt wird.

Viele Spritzgießmaschinen verfügen über erheblich mehr Eingabemöglichkei-

ten, z.B. über zehn Einspritzgeschwindigkeiten. Es gibt vereinzelt Fälle, für die

eine derart große Zahl von Parametern notwendig ist. An dieser Stelle soll aber

bewusst eine vereinfachte Einstellung mit begrenzter Zahl an Einstellparame-

tern dargestellt werden. Dies ist insbesondere für Einrichter mit wenig Erfah-

rung hilfreich.

Das hier beschriebene Vorgehen beschränkt sich auf die Prozessabschnitte

Plastifizieren, Einspritzen, Nachdrücken und Kühlen. Die Einstellung der

Werkzeugbewegung wird nicht behandelt, hier sind Maschinen und Werkzeuge

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6 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

zu unterschiedlich. Die Werkzeugbewegung beeinflusst zwar die Zykluszeit,

hat aber nur geringe Auswirkungen auf die Qualität der Formteile.

Die Einstellung einer Spritzgießmaschine erfordert die Kenntnis von Daten

über das zu fertigende Produkt. Man berücksichtige hierzu, welche Informatio-

nen einem Maschinenbediener üblicherweise vor dem Produktionsstart gege-

ben werden (Materialart, Teilegewicht/Volumen, Werkzeug-/Formteilabmes-

sungen) und was er an der Maschine einstellen kann (Temperaturen, Wege/Vo-

lumina, Geschwindigkeiten, Drücke). Die Einstellung erfolgt in zwei Schritten:

• Festlegung der Grundeinstellung,

• Test und Optimierung der Grundeinstellung.

Die Grundeinstellung beruht auf den Basisinformationen der jeweiligen Pro-

duktion, sie lässt sich aus wenigen charakteristischen Daten über das Produkt

(Wanddicke, Materialart, Fließweglänge) schematisiert herleiten. Mit dieser

Maschineneinstellung werden erste Zyklen gefahren, wobei der Einrichter si-

cher stellen muss, dass die Spritzgussteile sicher entformt werden können und

ein kontinuierlicher Betrieb gewährleistet ist. Zu diesem Zeitpunkt wird die

Qualität der Formteile noch nicht bewertet. Es kommt nur darauf an, die Ma-

schine in einem konstanten Zyklus zu halten, damit sich die Temperaturen der

Schmelze und des Werkzeugs auf einem gleichbleibenden Niveau einpendeln.

Die Korrektur der Grundeinstellung bei Neuaufnahme der Produktion umfasst

die Überprüfung des Schussvolumens und des Spritzdrucks. Alle weiteren Ver-

änderungen von Prozessparametern dienen der Optimierung.

Die Optimierung kann nach den immer gleichen Strategien erfolgen. In der gän-

gigen Praxis werden die Prozessparameter der Maschine so lange verändert, bis

das Formteil die geforderte Qualität aufweist. Theoretisch gibt es zwar nur eine

optimale Einstellung, aber da „Qualität“ sich aus vielen Einzelmerkmalen (Ab-

messungen, Glanz, Einfallstellen) zusammensetzt, ist eine „gute Einstellung“ ein

Kompromiss, bei dem nicht jeder Einzelparameter optimal eingestellt werden

muss. In der gängigen Praxis werden die Prozessgrößen an der Maschine so lan-

ge verändert, bis das Formteil die vom Abnehmer geforderte Qualität aufweist.

Das Prozessfenster hierzu ist normalerweise groß. Die Einstellwerte können in

relativ breiten Grenzen verändert werden, ohne dass sich dies direkt am Pro-

dukt erkennen lässt. Das Ergebnis einer Prozessoptimierung führt im Regelfall

nicht zu maximal erreichbarer Teilequalität, sondern orientiert sich maßgeblich

an den Qualitätsansprüchen des Abnehmers.

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2.1 Basisdaten für die Grundeinstellung 7

Das Prozessfenster charakterisiert die Einstellgrenzen, innerhalb derer gute

Teile erzeugt werden. Bildlich kann man die Qualität als Berg darstellen

(Bild 2.2), dessen Gipfel das Optimum darstellt. Wie breit das Prozessfenster

ist, hängt davon ab, wie „gut“ die Qualität des Spritzgussteils sein soll.

Qu

alit

ät [

%]

Parameter 1

Parameter 2

Optimale Qualität100%

80%

Prozessfenster

Bild 2.2: Mögliche Einstellgrößen zum Erreichen unterschiedlicher Qualität

Viele Einstellwerte beeinflussen sich gegenseitig. Eine geringere Einspritzge-

schwindigkeit führt z.B. wegen der Wärmeverluste im kälteren Werkzeug zu

einer geringeren Fließfronttemperatur. Eine optimale Kombination aller Ein-

stellwerte lässt sich nur bedingt über eine längere Produktionsphase reprodu-

zierbar einhalten. Für einen sicheren Dauerbetrieb ist es daher wichtiger, dass

auch abweichend vom Optimum gute Kunststoffteile produziert werden.

Ziel einer Optimierung ist es, verkaufbare Teile herzustellen. Man sollte also

die Optimierung beenden, wenn man brauchbare Qualität erreicht hat. In der

bildlichen Darstellung liegt die verkaufbare Qualität dann bereits unterhalb der

Bergspitze (Bild 2.2). Der Gipfel selbst wird sich wahrscheinlich nur mit zu-

sätzlicher künstlicher Intelligenz an der Maschine erreichen lassen.

2.1 Basisdaten für die Grundeinstellung

Für ein schematisiertes Vorgehen beim Einstellen der Maschinendaten sind

zunächst nur wenige Informationen erforderlich. Die geforderten Daten hierzu

sind:

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8 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

• Schussgewicht,

• Fließweglänge,

• mittlere Wanddicke,

• verarbeiteter Kunststoff,

• Formteilklasse,

• projizierte Formteilfläche.

2.1.1 Schussgewicht

Das Schussgewicht setzt sich zusammen aus dem Formteilgewicht aller Nester

und dem Angussgewicht. Für den Dosiervorgang muss das Schussvolumen

bekannt sein. Volumen (V [cm3

]) und Gewicht (m [g]) sind über die Dichte des

Kunststoffs (ρ [g/cm3

]) miteinander verknüpft:

V = m/ρ

Fehlerhafte Angaben zum Schussgewicht sind solange unkritisch, wie bei nicht

exakt bekannten Werten das Gewicht eher zu klein geschätzt wird. Ein nicht

berücksichtigtes Angussgewicht beispielsweise wird für die Grundeinstellung

lediglich eine etwas längere Korrekturphase nach sich ziehen, weil das Schuss-

volumen zu gering eingestellt wird.

Selbst bei Unkenntnis des Schuss-/Formteilgewichts ist eine Einstellung der

Maschine möglich. Man tastet sich langsam an das notwendige Schussgewicht

heran, indem man es von Schuss zu Schuss erhöht. Es kommt also nicht auf

eine genaue Berechnung an.

2.1.2 Fließweglänge

Der maximale Fließweg im Formteil ist die Entfernung zwischen Anschnitt und

dem zuletzt gefüllten Bereich. Am vorhandenen Teil (Spritzgussteil oder Proto-

typ) misst man mit einem Maßband die Strecke vom Anschnitt bis zum vermut-

lichen Fließwegende. Häufig teilt sich der Schmelzestrom in mehrere Fließwe-

ge auf z.B. an Durchbrüchen. In diesem Fall gilt für die Bemessung jeweils der

längste mögliche Fließweg (Bild 2.3).

Die Fließweglänge wird für die Ermittlung der Einspritzgeschwindigkeit benö-

tigt (s. Bild 2.8 vergrößert dargestellt, ablesbare Diagramme im Anhang). Es

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2.1 Basisdaten für die Grundeinstellung 9

Bindenaht Fließweglänge

Bild 2.3: Fließweglängen bei unterschiedlichen Formteilgeometrien

kommt bei der Fließweglänge nicht auf eine millimetergenaue Angabe an, zu-

mal sich der genaue Füllverlauf beispielsweise bei komplizierter Geometrie

ohne Computerprogramme nicht exakt vorhersagen lässt.

Grundsätzlich gilt, dass ein zu kurz abgeschätzter Fließweg weniger Schaden

anrichtet als ein zu langer Weg. Denn je weiter die Schmelze fließen muss,

desto höher sind die erforderlichen Einspritzdrücke. Bei einer falschen Angabe

mit einem zu kleinen Fließweg wird allenfalls der Druck zu klein vorgegeben

mit der Folge, dass das Formteil nicht vollständig gefüllt wird. Dies muss dann

in der nachfolgenden Korrektur- und Optimierphase geändert werden.

2.1.3 Mittlere Wanddicke

Die mittlere Wanddicke ist die vorherrschende Formteildicke. Oft haben

Spritzgussteile eine einheitliche Wanddicke, kleinere Wanddickensprünge

bleiben unberücksichtigt. Diese Wanddicke sollte möglichst genau angegeben

werden (zehntel Millimeter), da hiervon die Vorgabe von Nachdruck- und

Kühlzeit abhängen (s.u.). Zu groß angenommene Wanddicken führen zu unnö-

tig langen Kühlzeiten und höheren Nachdrücken. Im Zweifel sollte die Wand-

dicke jedoch eher zu dick angenommen werden. Die Fehler (zu lange Kühl-

und Nachdruckzeiten) sind für den Anfahrvorgang einer Maschine weniger

problematisch als eine zu kurze Kühlzeit. Ist nämlich das Formteil bei der Ent-

nahme noch zu heiß, d.h. noch nicht ausreichend erstarrt, können Entfor-

mungsprobleme (Wanddicke hält den Auswerfern nicht stand) auftreten.

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10 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

2.1.4 Verarbeiteter Kunststoff

Vom Material hängt entscheidend ab, welche Temperaturen eingestellt werden.

Damit ergeben sich übliche Vorgabewerte sowohl für die Schneckenzylinder-

heizung als auch für das Werkzeug. Mit der Kenntnis des zu verarbeitenden

Kunststoffs lassen sich ferner die notwendigen Prozessdrücke und die Ein-

spritzgeschwindigkeit abschätzen.

Bei der Kunststoffangabe kommt es zunächst nur auf die Familienzugehörig-

keit an. Die Kunststoffhersteller geben für jeden Kunststoff entsprechende Da-

tenblätter heraus. Für die Grundeinstellung der Maschine ist es nicht wichtig,

den Kunststofftyp noch weiter zu beschreiben, z.B. ob er gefüllt ist oder wel-

cher spezielle Produkttyp vorliegt. In der Praxis reicht es für eine Grundeinstel-

lung einer Maschine zu wissen, ob z.B. Polypropylen oder Polyamid verarbei-

tet werden soll.

2.1.5 Formteilklasse

Die Formteilklasse ist eine Angabe über die „Komplexität“ des herzustellenden

Spritzgussteils. Insbesondere für die Vorgabe der Einspritzgeschwindigkeit ist

es wichtig zu wissen, um was für ein Produkt es sich handelt (s. Abschnitt

3.2.3). Wegen der grundsätzlichen Schwierigkeit bzw. der Gefahr, das vorlie-

gende Teil eventuell in eine falsche Gruppe einzuordnen, wird im Folgenden

nur in drei Gruppen unterteilt:

• Technische Teile, z.B. Zahnräder, Hebel, Gehäuse mit höheren Präzisions-

vorgaben.

• Allgemeine Funktionsteile, im weitesten Sinne alle Teile, die „Standard“

sind, z.B. Gehäuse, Abdeckhauben, Schalen etc.

• Verpackungsteile, Artikel mit einfacher Geometrie und oft großen Fließ-

weg/Wanddicken-Verhältnissen (l/s > 250), wie Einweggeschirr, Flaschen-

verschlüsse etc.

2.1.6 Projizierte Formteilfläche

Die projizierte Formteilfläche entspricht der gesamten Formteilfläche, die in

die Trennebene projiziert wird, bzw. dem Schattenwurf des Produkts auf eine

Werkzeughälfte (Bild 2.4). Diese Größe ist für die Einstellung der Schließkraft

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2.2 Grundeinstellung 11

wichtig. Eine zu hoch eingestellte Schließkraft kann zwei negative Auswirkun-

gen haben:

• Entlüftungsschwierigkeiten im Werkzeug führen zu Verbrennungen auf der

Formteiloberfläche,

• kleine Werkzeuge werden mechanisch zu stark belastet.

Formaufsp

annfläche

Formteil

projizierte Fläche

Bild 2.4: Projizierte Fläche eines Spritzgussteils

Grundsätzlich gilt, dass eine zu hohe Schließkraft weniger Schaden verursacht

als eine zu geringe Schließkraft. Im letzteren Fall kann das Werkzeug durch

erhöhten Werkzeuginnendruck öffnen und Schmelze in die Werkzeugtrennebe-

ne eindringen.

2.2 Grundeinstellung

Für die Grundeinstellung der Maschinenparameter ist es zunächst wichtig, Ein-

stellwerte zu finden, die möglichst realistisch sind. Die folgende Systematik

betrifft, wie oben bereits erwähnt, nur die Prozessseite. Die Bewegung der

Schließeinheit bleibt unberücksichtigt.

Die Grundeinstellung der Prozessparameter kann mit Hilfe der oben genannten

Basisdaten sowie den die wesentlichen Parameter beschreibenden Tabellen und

Diagrammen (s. Kapitel 7) systematisch nach Schema erfolgen. Die entspre-

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12 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

chenden Angaben und Empfehlungen haben sich für viele mögliche Produkti-

onsfälle bewährt. Natürlich wird es vom Standard abweichende Einstellzwänge

geben. In der Regel wird aber bereits nach wenigen Versuchen klar, in welche

Richtung Änderungen erfolgen sollen.

2.2.1 Temperaturen

Das Festlegen der Verarbeitungstemperatur richtet sich nach den Empfehlun-

gen der Rohstoffhersteller für den zu verarbeitenden Kunststoff. Häufig werden

besonders für die Schmelzetemperatur zunächst die unteren Grenzwerte einge-

stellt, um die Kühlzeiten und somit die Zykluszeiten kurz zu halten. Dieses

Vorgehen führt nicht unbedingt zu guter Qualität (s.u.).

Hinsichtlich der Genauigkeit der Einstellung von Temperaturen gilt, dass die

Zylindertemperaturen oft nur in 5 °C-Schritten verstellt werden, lediglich bei

den Düsentemperaturen und speziell bei Heißkanälen werden die Temperaturen

auf ein Grad genau eingestellt.

2.2.1.1 Schmelzetemperatur

Die Schmelzetemperatur ist die Verarbeitungstemperatur des jeweiligen Kunst-

stoffs, gelegentlich wird auch von Massetemperatur gesprochen. Sie wird mit-

tels des Temperaturprofils am Plastifizierzylinder eingestellt. Je nach Maschi-

nengröße sind weniger oder mehr Heizzonen vorhanden, als in Tabelle 2.1

angegeben. In diesen Fällen muss das Temperaturprofil entsprechend einge-

stellt werden. Die Schmelzetemperatur wird meistens nur indirekt über die

Temperatur des Zylinders gemessen. Eine kontinuierliche Schmelzetempera-

turmessung ist nicht unbedingt nötig, weil bei konstanter Zykluszeit und kon-

stanten Zylindertemperaturen davon ausgegangen werden kann, dass die

Schmelzetemperatur ebenfalls konstant ist.

Grundsätzlich entspricht die für den Zylinder gewählte Temperatur nicht der

Schmelzetemperatur. Im Einzugsbereich der Schnecke beispielsweise besteht

eine sehr große Differenz zwischen der Zylinder- und der Massetemperatur.

Erst im vorderen Bereich, dort, wo das Material vollständig plastifiziert ist und

Schmelze vorliegt, erzielt man eine bessere aber selten eine vollständige Über-

einstimmung. Die Temperatur der Schmelze wird erheblich von den Verarbei-

tungsparametern Staudruck, Drehzahl und Prozesszeiten beeinflusst. Die Ursa-

che hierfür ist im Falle der ersten beiden Parameter, dass die Massetemperatur

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2.2 Grundeinstellung 13

Tabelle 2.1: Empfohlene Massetemperaturen sowie Temperaturen für Zylinder und

Werkzeug

Werkstoff Masse-Temperatur [ ˚ C] Temperatur des Plastifizierzylinders [ ˚ C]

min empfohlen max

Werkzeug-Temperatur

[ ˚ C]Düse Zone1 Zone2 Zone3 Zone4 Einzug

ABS 210 240 270 50 240 240 235 230 220 50 ASA 230 250 280 60 250 250 245 240 230 50 PA6 245 260 290 60 260 260 260 260 250 70

PA 66 255 285 310 70 285 285 285 285 280 70 PBT 240 260 280 60 260 260 255 250 240 60 PC 260 290 320 80 290 290 285 280 275 70

PMMA 210 250 280 65 250 250 250 240 230 60 POM 180 200 220 70 200 200 190 180 180 60

PP 200 230 260 12 230 230 225 220 210 50 PE 200 220 240 12 220 220 210 205 200 50 PS 210 240 270 15 240 240 235 230 220 50

SAN 200 240 270 60 240 240 235 230 220 50

nicht nur durch die Zylinderheizung, sondern auch in ggf. erheblichem Maß

durch die Friktion (Reibungswärme) während des Plastifizierens bestimmt

wird. Die Prozesszeit hingegen wirkt sich über Wärmeausgleich auf die

Schmelzetemperatur aus.

Aufgrund der indirekten Einstellung der Schmelzetemperatur sind zwei Beson-

derheiten zu berücksichtigen:

• das axiale Temperaturprofil und

• der Temperaturausgleich bei Prozessstörungen.

Im Schneckenvorraum liegt ein axiales Temperaturprofil vor, weil die effektive

Schneckenlänge während des Dosiervorgangs kontinuierlich abnimmt. Das

aufgeschmolzene Material im Schneckenvorraum verdrängt die Schnecke und

der Weg des zu plastifizierenden Materials vom Einfüllloch bis zur Schnecken-

spitze verkürzt sich. Das zuletzt plastifizierte Material ist daher meist schlech-

ter homogenisiert und hat oft eine geringere Temperatur als das Material vom

Beginn des Plastifiziervorgangs, das heißt, die Schmelze ist im Düsenbereich

oft bis zu 50 °C wärmer als im Bereich der Schneckenspitze (Bild 2.5).

Bei Prozessunterbrechungen kommt es zu einem Temperaturausgleich, d.h. die

Schmelze vor der Schneckenspitze wird sich erwärmen. Im Allgemeinen ver-

ändern geschwindigkeitsgeregelte Maschinen den Einspritzdruck automatisch,

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14 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

∆T

bis

50

°C

Bild 2.5: Mögliche Temperaturverteilung der Schmelze im Schneckenvorraum

um eine vorgegebene Einspritzgeschwindigkeit zu halten. Ist die Schmelze

durch Prozessunterbrechungen stärker erwärmt und somit fließfähiger, senkt

die Maschine den Einspritzdruck und komprimiert das Schmelzevolumen we-

niger. Das führt dazu, dass die Werkzeugkavität bereits gefüllt ist, bevor der

Umschaltpunkt für die Nachdruckphase erreicht ist. Die Schnecke wird dann

den Einspritzdruck steigern, um den eingestellten Umschaltpunkt zu erreichen.

Die Folge ist ein großer Druckanstieg im Werkzeug und die Gefahr zu über-

spritzen. Aus diesem Grund und wegen des möglichen Materialabbaus bei län-

gerer Verweilzeit empfiehlt sich vor dem erneuten Produktionsstart ein mehr-

maliges Abspritzen und Plastifizieren.

2.2.1.2 Werkzeugtemperatur

Die Richtwerte und Empfehlungen der Rohstoffhersteller für die Werkzeug-

temperierung finden sich in Tabelle 2.1. Die Temperierung erfolgt sowohl mit

Kaltwasser als auch mit Flüssigkeitstemperiergeräten (Temperiermedium:

Wasser oder Öl), wobei die Temperatur am Temperiergerät eingestellt wird. In

allen Fällen wird die Werkzeugtemperatur nur indirekt eingestellt und ändert

sich bei Zyklusunterbrechungen. Ohne eine Messung der Istwerte ist eine exak-

te Temperaturführung nicht möglich, denn die Temperatur des Temperiermedi-

ums entspricht nicht unbedingt der Temperatur des Werkzeugs.

Zu beachten ist, dass bei Zyklusunterbrechungen das Werkzeug „auskühlt“,

denn in der Regel erwärmt der eingespritzte Kunststoff das Werkzeug zusätz-

lich. Beim Wiederanfahren sind temperaturbedingte Qualitätsprobleme nicht

ausgeschlossen. In der Praxis kann man aber davon ausgehen, dass nach 5 bis

20 Zyklen die Produktion wieder gleichmäßig läuft.

2.2.1.3 Düsentemperatur/Heißkanaltemperatur

Die Düsentemperatur kann als Richtwert Tabelle 2.1 entnommen werden.

Auch hier kommt es zu Temperaturausgleichsvorgängen, denn die Düse ist die

Schnittstelle zwischen dem heißen und dem kalten Teil der Maschine. Längere

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2.2 Grundeinstellung 15

Düsenanlagezeiten am Werkzeug kühlen die Düse ab, was sich auf die Tempe-

ratur des zuerst gespritzten Materials auswirkt und zu angussnahen Oberflä-

chenfehlern führen kann.

Man kann das Abkühlen der Düse verringern, indem man diese nach dem Do-

sieren vom Werkzeug wegfährt (Düsenabhub). Dies wiederum kann zu Materi-

alleckagen führen. Falls beim Düsenabhub die Schmelze zwischen Anguss und

Düse nicht abreißt und sich ein Faden bildet, empfiehlt es sich, die Düsentem-

peratur zu verändern. Eine heißere Düse lässt den Faden schneller abreißen,

wenn es sich um eine niedrigviskose Schmelze handelt. Es kann auch notwen-

dig sein, die Temperatur zu senken, wodurch der Faden schneller bricht.

Viele Werkzeuge sind mit Heißkanälen mit mehreren Regelstellen ausgerüstet.

Bezogen auf Tabelle 2.1 entsprechen die Heißkanaldüsen der Maschinendüse

und der Heißkanalverteilerbalken der Zylinder-Heizzone 4. Die Heißkanaldü-

sen werden fein auf den Prozess und das Füllverhalten abgestimmt. Sie haben

meist nur eine geringe Masse und heizen sich daher sehr schnell auf. Obwohl

Heißkanäle mit Temperatursensoren zur Regelung ausgerüstet sind, kommt es

oft zu Temperaturschwingungen. Ein Hinweis darauf sind regelmäßige Quali-

tätsschwankungen der Formteile. Meistens kann das Problem kurzfristig beho-

ben werden, indem man die Regelung ausschaltet und in den gesteuerten Be-

trieb mit konstanter Leistung wechselt.

2.2.2 Dosieren

Der Dosiervorgang wird an der Maschine eingestellt mit der Festlegung von:

• Dosierung (Dosierweg bzw. Dosiervolumen),

• Drehzahl,

• Staudruck,

• Schneckenrückzug.

Dosierweg/Dosiervolumen

Die Dosierung erfolgt üblicherweise mit der Angabe des Dosierwegs in mm,

zunehmend wird aber auch das Dosiervolumen in cm3

angegeben. Hilfreich ist

Bild 2.6, aus dem sich das Dosiervolumen auf Basis des Schussgewichts ablei-

ten lässt.

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16 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

PP, PEPS, PPOSAN, ABS, ASA, PVC-weichABS/PC, PAPMMA, PC, CAPBTPVC-hart, PETPOM, PA-GF

140

120

100

80

60

40

20

00 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Sch

uss

volu

men

oh

ne

Pols

ter

[cm

]3

Schussgewicht [g]

Bild 2.6: Diagramm für das Ablesen des Schussvolumens aus dem Schussgewicht

Aus Bild 2.6 (s.a. vergrößerte Darstellung im Anhang) lässt sich zunächst das

Schussvolumen ablesen. Hierbei werden die Dichte des verwendeten Kunst-

stoffs und die Volumenveränderung bei Erwärmen auf Schmelzetemperatur

berücksichtigt. Damit die Schnecke nicht während der Nachdruckphase auf das

vordere Zylinderende fährt, wünscht man grundsätzlich nach dem Einspritzen

eine verbleibende Restmenge Kunststoff als Polster, das zusammen mit dem

Schussvolumen das Dosiervolumen ergibt. Übliche Werte für das Polster sind

10 mm bzw. je nach Schneckendruchmesser die Volumenmengen entsprechend

Tabelle 2.2.

Bei Schmelzetemperatur nimmt ein teilkristallines Material ca. 15 % mehr Vo-

lumen ein als bei Raumtemperatur, entsprechend muss man 15 % mehr

Tabelle 2.2: Volumen des Polsters bei 10 mm Abstand Schneckenspitze zu Zylinderen-

de abhängig von Schneckendurchmesser

Volumen des Polsters

Schnecken-∅[mm]

10 mm Polster [cm3 ]

Schnecken-∅[mm]

10 mm Polster [cm3]

Schnecken-∅[mm]

10 mm Polster [cm3]

18 3 45 16 90 64

25 5 50 20 100 79

30 7 60 28 110 95

35 10 70 38 120 112

40 13 80 50 130 183

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2.2 Grundeinstellung 17

Schmelze dosieren. Bei amorphen Materialien sind dies ca. 10 %. Das Dia-

gramm lässt sich auch bei Schussgewichten größer 100 g anwenden, dann kann

man die Werte beider Achsen jeweils mit 10 bzw. 100 multiplizieren, d.h. aus

40 g PS werden 47 cm3

bzw. aus 400 g PS werden 470 cm3

Schmelze (Bild 2.6,

Diagramme im Anhang).

Die Volumenangabe für die Dosierung hat den Vorteil der einfacheren Über-

tragbarkeit auf Maschinen mit anderen Schneckendurchmessern. Oft wird aber

auch nur der Dosierweg (Plastifizierweg) angegeben. Das ist der Weg, den die

Schnecke für die Dosierung eines bestimmten Volumens zurücklegen muss.

Der günstige Bereich für den Dosierweg s sollte zwischen ein- bis dreimal der

Größe des Schneckendurchmessers (1D < s < 3D) liegen. Für eine Schnecke

mit einem Durchmesser von 50 mm bedeutet dies einen Dosierweg zwischen

50 und 150 mm.

Bei Dosierwegen kleiner 1D gibt es zwei mögliche Probleme. Einerseits kann

die Schmelze thermisch geschädigt werden. Normalerweise befindet sich in

den Schneckengängen Material für ca. 3 bis 4 Schuss. Bei kleinen Dosiervolu-

men sind es zwangsläufig mehr, weshalb die Zeit bis zum Austritt aus der Düse

sich verlängert. Andererseits wird die Reproduzierbarkeit des Einspritzvor-

gangs schlechter, weil während jedes Spritzvorgangs eine geringe, von Schuss

zu Schuss abweichende Schmelzemenge in die Schneckengänge zurückfließt.

Außerdem reicht die Auflösung des Wegmesssystems bei kurzen Hüben nicht

für ausreichende Genauigkeit.

Bei Hüben von mehr als 3D kann die Homogenität der Schmelze nicht gewähr-

leistet sein, weil sich die Schnecke während des Dosierens rückwärts bewegt

und die effektive Schneckenlänge zum Dosierende nicht mehr für eine gute

Homogenität reicht.

Je nach Maschinentyp wird die Dosierung über Weg oder Volumen angegeben.

Zur Verdeutlichung des günstigen Dosierbereiches (1D < s < 3D) ist in der

Umrechnungstabelle für Dosiervolumen und Schneckenwege (Bild 2.7, Dia-

gramme im Anhang) der Bereich für Hübe kleiner 1D und größer 3D gekenn-

zeichnet.

Eine praktische Verfahrensweise, ein gewünschtes Dosiervolumen sicherzu-

stellen, ist es, nach dem Dosieren die Schmelze ins Freie auszuspritzen und

abzuwiegen. Hierbei muss man beachten, dass auch das Schmelzepolster mit-

gewogen wird. Dieses Vorgehen empfiehlt sich besonders bei Formteilgeomet-

rien, die bei Unterfüllung nur schwer entformbar sind.

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18 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

Hub [mm],

Geschw.

Hubvolumen [cm³] bzw. Volumenstrom[cm³/ sec]

bei Schneckendurchmesser [mm][mm/ sec] 18 25 30 35 40 45 50 60 70 80 90 100 110 120 130

2 0,5 1 1,4 1,9 2,5 3,2 3,9 5,7 7,7 10,1 12,7 15,7 19 22,6 26,5

4 1 2 2,8 3,8 5 6,4 7,9 11,3 15,4 20,1 25,4 31,4 38 45,2 53,1

6 1,5 2,9 4,2 5,8 7,5 9,5 11,8 17 23,1 30,2 38,2 47,1 57 67,9 79,6

8 2 3,9 5,7 7,7 10,1 12,7 15,7 22,6 30,8 40,2 50,9 62,8 76 90,5 106,2

10 2,5 4,9 7,1 9,6 12,6 15,9 19,6 28,3 38,5 50,3 63,6 78,5 95 113,1 132,7

15 3,8 7,4 10,6 14,4 18,8 23,9 29,5 42,4 57,7 75,4 95,4 117,8 142,5 169,6 199,1

20 5,1 9,8 14,1 19,2 25,1 31,8 39,3 56,5 77 100,5 127,2 157,1 190,1 226,2 265,5

25 6,4 12,3 17,7 24,1 31,4 39,8 49,1 70,7 96,2 125,7 159 196,3 237,6 282,7 331,8

30 7,6 14,7 21,2 28,9 37,7 47,7 58,9 84,8 115,5 150,8 190,9 235,6 285,1 339,3 398,2

35 8,9 17,2 24,7 33,7 44 55,7 68,7 99 134,7 175,9 222,7 274,9 332,6 395,8 464,6

40 10,2 19,6 28,3 38,5 50,3 63,6 78,5 113,1 153,9 201,1 254,5 314,2 380,1 452,4 530,9

45 11,5 22,1 31,8 43,3 56,5 71,6 88,4 127,2 173,2 226,2 286,3 353,4 427,6 508,9 597,3

50 12,7 24,5 35,3 48,1 62,8 79,5 98,2 141,4 192,4 251,3 318,1 392,7 475,2 565,5 663,7

55 14 27 38,9 52,9 69,1 87,5 108 155,5 211,7 276,5 349,9 432 522,7 622 730

60 15,3 29,5 42,4 57,7 75,4 95,4 117,8 169,6 230,9 301,6 381,7 471,2 570,2 678,6 796,4

65 16,5 31,9 45,9 62,5 81,7 103,4 127,6 183,8 250,1 326,7 413,5 510,5 617,7 735,1 862,8

70 17,8 34,4 49,5 67,3 88 111,3 137,4 197,9 269,4 351,9 445,3 549,8 665,2 791,7 929,1

75 19,1 36,8 53 72,2 94,2 119,3 147,3 212,1 288,6 377 477,1 589 712,7 848,2 995,5

80 20,4 39,3 56,5 77 100,5 127,2 157,1 226,2 307,9 402,1 508,9 628,3 760,3 904,8 1061,9

85 21,6 41,7 60,1 81,8 106,8 135,2 166,9 240,3 327,1 427,3 540,7 667,6 807,8 961,3 1128,2

90 22,9 44,2 63,6 86,6 113,1 143,1 176,7 254,5 346,4 452,4 572,6 706,9 855,3 1017,9 1194,6

95 46,6 67,2 91,4 119,4 151,1 186,5 268,6 365,6 477,5 604,4 746,1 902,8 1074,4 1261

100 49,1 70,7 96,2 125,7 159 196,3 282,7 384,8 502,7 636,2 785,4 950,3 1131 1327,3

110 54 77,8 105,8 138,2 174,9 216 311 423,3 552,9 699,8 863,9 1045,4 1244,1 1460,1

120 58,9 84,8 115,5 150,8 190,9 235,6 339,3 461,8 603,2 763,4 942,5 1140,4 1357,2 1592,8

130 91,9 125,1 163,4 206,8 255,3 367,6 500,3 653,5 827 1021 1235,4 1470,3 1725,5

140 99 134,7 175,9 222,7 274,9 395,8 538,8 703,7 890,6 1099,6 1330,5 1583,4 1858,3

150 106 144,3 188,5 238,6 294,5 424,1 577,3 754 954,3 1178,1 1425,5 1696,5 1991

160 153,9 201,1 254,5 314,2 452,4 615,8 804,2 1017,9 1256,6 1520,5 1809,6 2123,7

170 163,6 213,6 270,4 333,8 480,7 654,2 854,5 1081,5 1335,2 1615,6 1922,7 2256,4

180 226,2 286,3 353,4 508,9 692,7 904,8 1145,1 1413,7 1710,6 2035,8 2389,2

190 238,8 302,2 373,1 537,2 731,2 955 1208,7 1492,3 1805,6 2148,8 2521,9

200 251,3 318,1 392,7 565,5 769,7 1005,3 1272,3 1570,8 1900,7 2261,9 2654,6

220 349,9 432 622 846,7 1105,8 1399,6 1727,9 2090,7 2488,1 2920,1

240 471,2 678,6 923,6 1206,4 1526,8 1885 2280,8 2714,3 3185,6

260 510,5 735,1 1000,6 1306,9 1654 2042 2470,9 2940,5 3451

280 791,7 1077,6 1407,4 1781,3 2199,1 2660,9 3166,7 3716,5

300 848,2 1154,5 1508 1908,5 2356,2 2851 3392,9 3982

320 1231,5 1608,5 2035,8 2513,3 3041,1 3619,1 4247,4

340 1308,5 1709 2163 2670,4 3231,1 3845,3 4512,9

360 1809,6 2290,2 2827,4 3421,2 4071,5 4778,4

380 1910,1 2417,5 2984,5 3611,3 4297,7 5043,8

400 2010,6 2544,7 3141,6 3801,3 4523,9 5309,3

Hub kleiner 1D

Hub größer 3 D

Schneckendurchmesser

Hu

b[m

m]

Gesc

hw

ind

igke

it[m

m/s

]

Bild 2.7: Umrechnungstabelle für den Dosiervorgang

Page 17: Spritzgießen für Praktiker - ReadingSample€¦ · CARL HANSER VERLAG Christoph Jaroschek Spritzgießen für Praktiker 3 -446 -21400 -3

2.2 Grundeinstellung 19

Die Dosierzeit sollte während der Produktion konstant sein (±0,5 %), Dosier-

wegschwankungen führen meist auch zu Schwankungen in der Qualität. Ver-

gleiche auch hierzu die Anmerkungen in Kapitel 3.

Die Schmelzehomogenität ist entscheidend für die Qualität des Endprodukts

und kann in der Regel durch wiederholtes Abspritzen geprüft werden. Es ge-

hört etwas Erfahrung dazu, den ausgespritzten Strang hinsichtlich Glanz und

Gleichmäßigkeit zu beurteilen, nicht zuletzt wegen der eventuellen Zusatzstof-

fe (z.B. Glasfasern). Eine bessere Gleichmäßigkeit, insbesondere im Falle von

nicht aufgeschmolzenen Granulatkörnern, erzielt man meistens mit einem hö-

heren Staudruck oder mit Mischdüsen und Siebdüsen. Sollte sich damit die

Homogenität nicht verbessern lassen, müssen vom Maschinenhersteller oder

Rohstoffhersteller empfohlene Spezialschnecken (Barriereschnecken, Misch-

teilschnecken) zum Einsatz kommen.

Drehzahl

Die Plastifiziergeschwindigkeit wird über die Drehzahl in [1/min] oder als

Schneckenumfangsgeschwindigkeit [m/s] angegeben und sollte so eingestellt

sein, dass der Zyklus nicht durch den Dosiervorgang verlängert wird. Dieser

Vorgang soll möglichst innerhalb der Kühlphase abgeschlossen sein. Bei Ma-

schinen, die zeitgleich Schnecke und Schließeinheit bewegen können (in der

Regel Maschinen mit hydraulischem Speicher oder Maschinen mit elektri-

schem Plastifizierantrieb), kann für den Plastifiziervorgang auch die Werk-

zeugbewegungsphase ausgenutzt werden.

In der Praxis beginnt man die Einstellung mit einer für den Kunststoff empfoh-

lenen maximalen Drehzahl und korrigiert während der ersten Abspritzungen

nach unten, wenn man feststellt, dass die tatsächlich benötigte Zeit kürzer als

die Kühlzeit ist. Dieses Vorgehen ist zweckmäßig, da fast nie bekannt ist, wie

lange der Dosiervorgang bei der in der Maschine befindlichen Schnecke mit

dem gewählten Kunststoff dauert. Ein Drehzahlprofil ist in der Regel nicht

notwendig, allenfalls wird bei zu großem Dosierüberlauf eine Drehzahlverrin-

gerung zum Dosierende diesen Überlauf verringern.

Staudruck

Der Staudruck ist der Druck, der dem Schneckenrücklauf während des Plastifi-

zierens entgegenwirkt. Der Staudruck bewirkt u.a., dass die Luft zwischen den

Granulatkörnern in Richtung Einzugszone ausgetrieben wird. Er kann meistens

mit 100 bar (spezifischer Druck) konstant eingestellt werden. Dies entspricht

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20 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

den Empfehlungen der Rohstoffhersteller für die meisten Kunststoffe (bis auf

PVC hart, hier maximaler Staudruck 300 bis 400 bar). An vielen Maschinen

kann man zwar ein Staudruckprofil einstellen, die Praxis zeigt aber, dass auch

bei einem konstanten Staudruck von 100 bar während des gesamten Plastifi-

ziervorgangs gute Ergebnisse erzielt werden. Bei langen Dosierhüben (>3D)

kann es vorteilhaft sein, für die letzten 20 % des Dosiervorgangs einen höheren

Staudruck (150 bar) zu verwenden, um so die Verkürzung der effektiv wirksa-

men Schneckenlänge zu kompensieren. Wegen der Verkürzung der effektiven

Schneckenlänge ist zu erwarten, dass die zuletzt plastifizierte Schmelze im

Bereich der Schneckenspritze die niedrigste Temperatur hat. Ein höherer Stau-

druck wirkt dem entgegen.

Schneckenrückzug

Schneckenrückzug bedeutet, dass die Schnecke ohne Drehbewegung eine kur-

zes Stück (ca. 10 mm) zurückgezogen wird. Ein Schneckenrückzug nach dem

Dosieren reduziert den Druck im Schneckenvorraum, was das Schließen der

Rückströmsperre erleichtert. Dies verhindert mechanisch ein Zurückfließen der

Schmelze in die Schneckengänge während des Einspritzens (s. Kapitel 1). Bei

Heißkanalwerkzeugen empfiehlt sich dies zusätzlich vor dem Dosiervorgang

und bei geöffneter Düse zur Druckentlastung des Heißkanals. Sollte dennoch

Material aus den Heißkanaldüsen austreten, muss der Schneckenrückzugsweg

vergrößert werden. Die Geschwindigkeit des Schneckenrückzugs erfolgt mit

10 mm/s. Langsamere Geschwindigkeiten sind grundsätzlich sinnvoll, führen

aber bei kurzen Kühlzeiten zur Verlängerung der Zykluszeit. Zu hohe Ge-

schwindigkeiten führen ggf. zu Lufteinzug und nachfolgend zu Fehlern auf der

Formteiloberflächen.

2.2.3 Einspritzen und Nachdrücken

Der Einspritzvorgang ist bei Spritzgießmaschinen heute normalerweise ge-

schwindigkeitsgeregelt. Dabei wird die Einspritzgeschwindigkeit auf den ein-

gestellten Werten gehalten, indem der Spritzdruck vollautomatisch verstellt

wird. In der Nachdruckphase wird im Gegensatz dazu der Druck geregelt, wo-

bei sich eine Restgeschwindigkeit ergibt.

2.2.3.1 Einspritzvorgang

Die Geschwindigkeit des Einspritzvorgangs wird durch die Vorlaufgeschwin-

digkeit der Schnecke bestimmt. Die Einstellung kann über die spezifische

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2.2 Grundeinstellung 21

Größe Volumenstrom (Volumen pro Zeit) oder direkt über die Geschwindig-

keit der Schnecke erfolgen. Der Einfluss der Geschwindigkeit auf die Qualität

lässt sich bisher mathematisch nicht beschreiben, so dass den Empfehlungen

für diesen Maschinenparameter ausschließlich Praxiseinstellungen zugrunde

liegen. Die Festlegung der Einspritzgeschwindigkeit kann mittels Diagrammen

(Bild 2.8) erfolgen. Dabei ergibt sich im rechten Bildteil aus dem Verhältnis

aus Fließweg und Wanddicke (1) und dem Schnittpunkt mit der Kurve für den

eingesetzten Kunststoff (2) die „Hilfsgröße Fließfrontgeschwindigkeit“. Der

Schnittpunkt dieser Hilfsgröße mit dem Verhältnis aus Formteilvolumen und

Fließweglänge (3) im linken Bildteil ergibt dann den notwendigen Volumen-

strom (4).

Für die oben genannten Formteilklassen liegt jeweils ein eigenes Diagramm

vor, mit dessen Hilfe aus den Verhältnissen von Fließweg und Wanddicke

(lfließ

/swand

) sowie Schussvolumen und Fließweglänge (VSchuss

/lfließ

) die zugehö-

rige Fließfrontgeschwindigkeit und damit der Volumenstrom abgelesen werden

können. Die Diagramme sind so aufgebaut, dass ein schnelles Abschätzen

möglich ist. Es kommt nicht auf einen exakten Wert an, sondern auf dessen

Größenordnung, denn das spart Zeit und wirkt sich unwesentlich auf die Teile-

qualität aus.

100 200 300 400

Volumen/Fließweglänge/[cm /mm]

Volumenstrom [cm /s] 3

2

1

3

4

50 150 250200100

Fließweg/Wanddicke [/]

Flie

ßfro

ntg

esch

win

dig

keit

[m

m/s

]

250

50

150

0

200

100

3

PA, POMASA, PBT, PMMA, SANABS, PC,PE, PP, PS

0,5 1,51

2

2,5

3

3,5

44,555

Bild 2.8: Diagramm zum Ermitteln des Einspritzvolumenstroms am Beispiel techni-

scher Funktionsteile aus PA

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22 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

Wichtig ist hier, dass man nicht nur das Verhältnis Gewicht/Volumen des ein-

zelnen Teiles zu Grunde legt, sondern das des gesamten Schusses. Bei einem

Zweifachwerkzeug muss die Vorlaufgeschwindigkeit der Schnecke z.B. dop-

pelt so groß sein, wie bei einem Einfachwerkzeug, damit sich die jeweiligen

Formnester mit der gleichen Geschwindigkeit füllen. Falls an der Maschine die

Einspritzgeschwindigkeit in mm/s eingestellt werden muss, kann man diesen

Wert mit den in Bild 2.7 gegebenen Daten (siehe auch vergrößerte Darstellun-

gen im Anhang) für den jeweiligen Schneckendurchmesser umrechnen.

In der Regel reicht für die Grundeinstellung eine einzige Geschwindigkeitsstu-

fe aus. In der anschließenden Optimierungsphase werden sowohl die Ge-

schwindigkeit selbst als auch die Anzahl der Einspritzstufen auf der Grundlage

des ersten Bemusterungsergebnisses an den jeweiligen Anwendungsfall ange-

passt. Je nach Maschine wird eine Geschwindigkeit oder ein Volumenstrom

eingestellt.

Der Einspritzdruck wird bei geschwindigkeitsgeregelten Maschinen automa-

tisch eingestellt. Eine Einstellung des Einspritzdrucks an der Maschine hat die

Wirkung einer Druckbegrenzung, um z.B. bei zu groß eingestelltem Dosiervo-

lumen die Gefahr des Überspritzens in die Werkzeugtrennebene zu verringern.

Für die Grundeinstellung sollte der Begrenzungsspritzdruck auf das Maximum

eingestellt werden, um zu gewährleisten, dass die Maschine die eingestellte

Geschwindigkeit halten kann.

Die Einspritzzeit ergibt sich aus den eingestellten Geschwindigkeiten und We-

gen. Sie wird meist nur als Überwachungszeit eingestellt, damit die Maschine

den Prozess unterbricht, wenn der Einspritzvorgang nach Überschreiten dieser

Zeit noch nicht beendet ist. Für die Grundeinstellung ist diese Überwachung

wichtig, damit ein zu groß gewähltes Dosiervolumen nicht zum Überspritzen

und somit zu Schäden am Werkzeug besonders an der Trennebene führt. Nach

Erreichen der Überwachungszeit schaltet die Maschine den Spritzvorgang ab.

Sollte die Einspritzzeit zu kurz gewählt worden sein, führt dies nicht zu Schä-

den am Werkzeug, der Spritzvorgang wird lediglich zu früh abgebrochen.

Grundsätzlich gilt, dass anfangs die Einspritzzeit aus Sicherheitsgründen eher

etwas zu kurz eingestellt werden sollte.

2.2.3.2 Umschalten auf Nachdruck

Für die Umschaltung von der Einspritzphase auf die Nachdruckphase stehen

maschinenseitig vier verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Diese sind

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2.2 Grundeinstellung 23

abhängig von Zeit, Weg, Hydraulikdruck und Werkzeuginnendruck. Für die

vom Werkzeuginnendruck abhängige Umschaltung sind Zusatzeinrichtungen

im Werkzeug erforderlich (Druckaufnehmer; diese sind nur in den wenigsten

Werkzeugen vorhanden).

Von den genannten Umschaltarten wird die wegabhängige in der Praxis am

häufigsten angewendet. Bei druck- oder zeitabhängiger Umschaltung machen

sich Schwankungen der Viskosität der Schmelze deutlicher bemerkbar.

Die Umschaltung von der Einspritz- auf die Nachdruckphase sollte beim Errei-

chen der volumetrischen Füllung der Kavität erfolgen, das ist der Wegpunkt,

bei dem das Teil voll aber noch nicht ausgeprägt ist. Eine einfache, in der Pra-

xis ständig genutzte Methode ist das Erstellen eines Füllbilds. Dabei wird nach

der Umschaltung auf die Nachdruckphase der Einspritzdruck auf Null redu-

ziert. An dem gefertigten Formteil lässt sich nun erkennen, ob in der Einspritz-

phase die volumetrische Füllung erreicht wurde.

Zur schematischen Bestimmung des Umschaltpunkts für die Grundeinstellung

wird davon ausgegangen, dass die volumetrische Füllung der Kavität dann er-

reicht ist, wenn 95 % des Schussvolumens eingespritzt wurde, d.h. wenn noch

5 % des Schussvolumens im Zylinder sind. Dazu muss noch das Polster hinzu-

addiert werden. Damit errechnet sich der wegabhängige Umschaltpunkt aus

Umschalten Schuss Polsters 0,05 s s= ⋅ +

Die Werte ergeben sich aus der bereits genannten Tabelle (s. Bild 2.7). Dazu

liest man für das bereits ermittelte Schussvolumen den für die jeweilige Schne-

ckengröße entsprechenden Einspritzhub ab, addiert hierzu ein Polster von

10 mm und kann direkt daneben den Umschaltweg bzw. das Umschaltvolumen

ablesen.

Standardisierte Einstellungen sind in der Praxis üblich. Der Umschaltpunkt ist

bei den überwiegenden Praxiseinstellungen jedoch nicht optimal. Ein Grund

dafür ist, dass ein anfangs bestimmter Wegpunkt nach weiteren Optimierschrit-

ten nicht mehr überprüft wird. An dieser Stelle sei auf Abschnitt 3.2 verwiesen.

Hier wird auf die Bedeutung des Umschaltpunkts und auf die Schwierigkeiten

hingewiesen, diesen in der Produktion optimal zu halten.

2.2.3.3 Nachdruckvorgang

Die Einstellung des Nachdrucks braucht Angaben über Nachdruckhöhe und

Nachdruckzeit. Auch hier ist eine Einstellempfehlung nur für die Grundeinstel-

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24 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

lung der Maschine nützlich. In Kapitel 3 wird auf die Hintergründe von anzu-

strebenden, optimalen Nachdruckparametern eingegangen.

Der Nachdruck kann anhand von Diagrammen (Bild 2.9) für die verschiedenen

Formteilklassen ermittelt werden. Der so ermittelte Druck ist ein guter Start-

wert für die nachfolgende Optimierung. In der Praxis liegt der Nachdruck oft

bei ca. 50 % des tatsächlich wirkenden Spritzdrucks.

PCPP, PEPMMA, ABSSAN, POM, ASAPS, PBTPA

Nac

hd

ruck

[ba

r]

500

400

300

200

100

00 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

Wanddicke [mm]

Bild 2.9: Ermitteln der Nachdruckhöhe auf Basis der Formteilwanddicke und der

Kunststoffart am Beispiel allgemeiner Funktionsteile

In der Regel reicht eine Nachdruckstufe aus. Bei dünnwandigen Behältern wird

oft an eine kurze hohe Nachdruckstufe eine erheblich niedrigere zweite Druck-

stufe angeschlossen, um in Anschnittnähe nicht zu hohe Spannungen zu erzeu-

gen.

Viele Maschinen bieten bis zu zehn Nachdruckstufen. Diese lassen sich aber

meistens nicht sinnvoll nutzen, da es keine klare Empfehlung gibt, wie ein ent-

sprechendes Nachdruckprofil eingestellt werden kann. Für Bediener an der

Maschine ist die Anwendung eines vielstufigen Nachdruckprofils grundsätzlich

problematisch, weil ihm die Möglichkeit fehlt zu überprüfen, welchen Einfluss

geringfügige Veränderungen haben. Mit dem Nachdruckprofil wird ganz we-

sentlich das Ausmaß von Eigenspannungen beeinflusst, diese kann der Bedie-

ner nicht unmittelbar an der Maschine beurteilen. Die Praxis zeigt, dass fast

immer ein einziger Nachdruck ausreicht.

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2.2 Grundeinstellung 25

Der Einstellwert für die Nachdruckzeit kann Bild 2.10 entnommen werden. Für

den Gebrauch dieses Diagramms ist zu beachten, dass hier mit Wanddicke die

dünnste Stelle in Anschnittnähe gemeint ist. Ist die Schmelze z.B. bei einem

Punktanguss eingefroren, kann jede weitere Druckwirkung vom Spritzzylinder

aus keinen Einfluss auf die Formteilqualität ausüben.

POMPE, PMMAASA, PSPP, SAN, ABS, PA 66PBT, PC

Wanddicke [mm]1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

Nac

hd

ruck

zeit

/s

0

5

10

15

20

Bild 2.10: Ermitteln der Nachdruckzeit aus der Wanddicke und der Kunststoffart des

Formteils

Die Nachdruckzeit ist streng genommen bereits Teil der Kühlzeit. Eine zu lang

gewählte Nachdruckzeit verlängert folglich die Zykluszeit, wenn nicht stattdes-

sen die an der Maschine eingestellte Kühlzeit entsprechend verkürzt wird. Die

optimale Nachdruckzeit kann empirisch ermittelt werden, indem die Spritz-

gussteile fortwährend gewogen werden, während gleichzeitig die Nachdruck-

zeit verlängert wird. Die optimale Nachdruckzeit ist dann gefunden, wenn das

Formteilgewicht konstant bleibt.

2.2.4 Kühlzeit

Die Kühlzeit besteht aus Nachdruckzeit und Restkühlzeit. Für die Einstellung

der Maschine ist zu klären, ob die an der Maschine einzustellende Kühlzeit

auch die Nachdruckzeit einschließt. Aus Bild 2.11 kann die Kühlzeit für die

gängigen Materialien direkt abgelesen werden. Streng genommen handelt es

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26 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgrößen

sich hierbei um die Gesamtkühlzeit. Die Praxis zeigt aber, dass oft längere

Kühlzeiten als theoretisch berechnet notwendig sind, weil sich das Werkzeug

im zyklischen Prozess aufwärmt. Die Ursachen für diese höheren Temperatu-

ren sind die begrenzte Wärmeleitfähigkeit der Werkzeugstähle und die Ausle-

gung der Kühlkanäle selbst.

PMMA, PS, ABS, PEPOM, PBT, PPASA, SANPA 66, PC

Wanddicke [s]

0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

hlz

eit

[s]

40

30

20

10

0

Bild 2.11: Ermitteln der Kühlzeit aus der Wanddicke und der Kunststoffart des Formteils

Addiert man die Kühlzeit aus Bild 2.11 zu der schon gewählten Nachdruckzeit,

ist die gesamte wirksame Kühlzeit gegebenenfalls zu hoch. Dies wirkt sich aber

meist nur in zu langen Zykluszeiten aus. In seltenen Fällen kann dies auch zu

Entformungsschwierigkeiten durch auf den Kern zu stark aufgeschwundenes

Material führen.

2.3 Korrektur der Grundeinstellung

Die Grundeinstellung anhand von Diagrammen und Tabellen ist zwangsläufig

nur ein erster Versuch einer Maschineneinstellung, der in zwei weiteren Schrit-

ten korrigiert bzw. optimiert werden muss:

• Der erste Korrekturschritt umfasst die Überprüfung des Schussvolumens;

dazu wird mit der gewählten Einstellung einige Male ohne Nachdruck in

das Werkzeug eingespritzt.

• Der zweite Korrekturschritt erfolgt dann mit Nachdruck.