Spritzgießen für Praktiker - · PDF fileCARL HANSER VERLAG Christoph Jaroschek...
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Spritzgieen fr Praktiker
vonChristoph Jaroschek
1. Auflage
Hanser Mnchen 2003
Verlag C.H. Beck im Internet:www.beck.de
ISBN 978 3 446 21400 2
Zu Inhaltsverzeichnis
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CARL HANSER VERLAG
Christoph Jaroschek
Spritzgieen fr Praktiker
3-446-21400-3
www.hanser.de
2 Einstellung
der Verarbeitungsgren
Die Einstellung einer Spritzgiemaschine (Prozessparameter) erfordert meist
nur wenige Eingaben, die sich selbst bei Steuerungen moderner Spritzgiema-
schinen mit komplexer Bedienoberflche leicht auf einer Bildschirmseite un-
terbringen lassen (Bild 2.1). Einige Maschinenhersteller haben sich bereits auf
eine vom eigenen Maschinenfabrikat unabhngige Bedienseite verstndigt.
DIM SOLL IST DIM SOLL IST
Einspritzen 1 ccm/s xxx Massepolster ccm xxxStart Einspr. 2 ccm xxx Khlzeit s xxxEinspritzen 2 ccm/s xxx Plastifizierzeit s xxxStart Einspr. 3 ccm xxx Schneckenpos. ccm xxxEinspritzen 3 ccm/s xxx Plastifizierweg ccm xxxEinspritzdr. max bar xxx xxx Dekompr.nach Plast. ccm xxxUmschaltposition ccm xxx xxx Schneckenumfangsg. mm/s xxx xxxUmschaltzeit s xxx xxx Staudruck bar xxx Umschaltdruck bar xxx xxxUmsch.Innendruck bar xxx xxx Schliesskraft kN xxx xxxNachdruck 1 bar xxx Werkzeugffnung mm xxx xxxNachdruckzeit 1 s xxx Temperatur Dse C xxx xxxNachdruck 2 bar xxx Nachdruckzeit 2 s xxx
Bild 2.1: Mgliche Bedienseite zur Prozesseinstellung mit wichtigen Prozesswerten
Im Folgenden wird ein Vorgehen beschrieben, das fr die meisten Spritzguss-
teile zu guten Prozesseinstellungen fhrt, wobei fr die Anzahl der Einstellpa-
rameter die erwhnte, stark vereinfachte Bedienseite zu Grunde gelegt wird.
Viele Spritzgiemaschinen verfgen ber erheblich mehr Eingabemglichkei-
ten, z.B. ber zehn Einspritzgeschwindigkeiten. Es gibt vereinzelt Flle, fr die
eine derart groe Zahl von Parametern notwendig ist. An dieser Stelle soll aber
bewusst eine vereinfachte Einstellung mit begrenzter Zahl an Einstellparame-
tern dargestellt werden. Dies ist insbesondere fr Einrichter mit wenig Erfah-
rung hilfreich.
Das hier beschriebene Vorgehen beschrnkt sich auf die Prozessabschnitte
Plastifizieren, Einspritzen, Nachdrcken und Khlen. Die Einstellung der
Werkzeugbewegung wird nicht behandelt, hier sind Maschinen und Werkzeuge
6 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgren
zu unterschiedlich. Die Werkzeugbewegung beeinflusst zwar die Zykluszeit,
hat aber nur geringe Auswirkungen auf die Qualitt der Formteile.
Die Einstellung einer Spritzgiemaschine erfordert die Kenntnis von Daten
ber das zu fertigende Produkt. Man bercksichtige hierzu, welche Informatio-
nen einem Maschinenbediener blicherweise vor dem Produktionsstart gege-
ben werden (Materialart, Teilegewicht/Volumen, Werkzeug-/Formteilabmes-
sungen) und was er an der Maschine einstellen kann (Temperaturen, Wege/Vo-
lumina, Geschwindigkeiten, Drcke). Die Einstellung erfolgt in zwei Schritten:
Festlegung der Grundeinstellung,
Test und Optimierung der Grundeinstellung.
Die Grundeinstellung beruht auf den Basisinformationen der jeweiligen Pro-
duktion, sie lsst sich aus wenigen charakteristischen Daten ber das Produkt
(Wanddicke, Materialart, Flieweglnge) schematisiert herleiten. Mit dieser
Maschineneinstellung werden erste Zyklen gefahren, wobei der Einrichter si-
cher stellen muss, dass die Spritzgussteile sicher entformt werden knnen und
ein kontinuierlicher Betrieb gewhrleistet ist. Zu diesem Zeitpunkt wird die
Qualitt der Formteile noch nicht bewertet. Es kommt nur darauf an, die Ma-
schine in einem konstanten Zyklus zu halten, damit sich die Temperaturen der
Schmelze und des Werkzeugs auf einem gleichbleibenden Niveau einpendeln.
Die Korrektur der Grundeinstellung bei Neuaufnahme der Produktion umfasst
die berprfung des Schussvolumens und des Spritzdrucks. Alle weiteren Ver-
nderungen von Prozessparametern dienen der Optimierung.
Die Optimierung kann nach den immer gleichen Strategien erfolgen. In der gn-
gigen Praxis werden die Prozessparameter der Maschine so lange verndert, bis
das Formteil die geforderte Qualitt aufweist. Theoretisch gibt es zwar nur eine
optimale Einstellung, aber da Qualitt sich aus vielen Einzelmerkmalen (Ab-
messungen, Glanz, Einfallstellen) zusammensetzt, ist eine gute Einstellung ein
Kompromiss, bei dem nicht jeder Einzelparameter optimal eingestellt werden
muss. In der gngigen Praxis werden die Prozessgren an der Maschine so lan-
ge verndert, bis das Formteil die vom Abnehmer geforderte Qualitt aufweist.
Das Prozessfenster hierzu ist normalerweise gro. Die Einstellwerte knnen in
relativ breiten Grenzen verndert werden, ohne dass sich dies direkt am Pro-
dukt erkennen lsst. Das Ergebnis einer Prozessoptimierung fhrt im Regelfall
nicht zu maximal erreichbarer Teilequalitt, sondern orientiert sich mageblich
an den Qualittsansprchen des Abnehmers.
2.1 Basisdaten fr die Grundeinstellung 7
Das Prozessfenster charakterisiert die Einstellgrenzen, innerhalb derer gute
Teile erzeugt werden. Bildlich kann man die Qualitt als Berg darstellen
(Bild 2.2), dessen Gipfel das Optimum darstellt. Wie breit das Prozessfenster
ist, hngt davon ab, wie gut die Qualitt des Spritzgussteils sein soll.
Qu
alit
t [
%]
Parameter 1
Param
eter 2
Optimale Qualitt100%
80%
Prozessfenster
Bild 2.2: Mgliche Einstellgren zum Erreichen unterschiedlicher Qualitt
Viele Einstellwerte beeinflussen sich gegenseitig. Eine geringere Einspritzge-
schwindigkeit fhrt z.B. wegen der Wrmeverluste im klteren Werkzeug zu
einer geringeren Fliefronttemperatur. Eine optimale Kombination aller Ein-
stellwerte lsst sich nur bedingt ber eine lngere Produktionsphase reprodu-
zierbar einhalten. Fr einen sicheren Dauerbetrieb ist es daher wichtiger, dass
auch abweichend vom Optimum gute Kunststoffteile produziert werden.
Ziel einer Optimierung ist es, verkaufbare Teile herzustellen. Man sollte also
die Optimierung beenden, wenn man brauchbare Qualitt erreicht hat. In der
bildlichen Darstellung liegt die verkaufbare Qualitt dann bereits unterhalb der
Bergspitze (Bild 2.2). Der Gipfel selbst wird sich wahrscheinlich nur mit zu-
stzlicher knstlicher Intelligenz an der Maschine erreichen lassen.
2.1 Basisdaten fr die Grundeinstellung
Fr ein schematisiertes Vorgehen beim Einstellen der Maschinendaten sind
zunchst nur wenige Informationen erforderlich. Die geforderten Daten hierzu
sind:
8 2 Die Einstellung der Verarbeitungsgren
Schussgewicht,
Flieweglnge,
mittlere Wanddicke,
verarbeiteter Kunststoff,
Formteilklasse,
projizierte Formteilflche.
2.1.1 Schussgewicht
Das Schussgewicht setzt sich zusammen aus dem Formteilgewicht aller Nester
und dem Angussgewicht. Fr den Dosiervorgang muss das Schussvolumen
bekannt sein. Volumen (V [cm3
]) und Gewicht (m [g]) sind ber die Dichte des
Kunststoffs ( [g/cm3
]) miteinander verknpft:
V = m/
Fehlerhafte Angaben zum Schussgewicht sind solange unkritisch, wie bei nicht
exakt bekannten Werten das Gewicht eher zu klein geschtzt wird. Ein nicht
bercksichtigtes Angussgewicht beispielsweise wird fr die Grundeinstellung
lediglich eine etwas lngere Korrekturphase nach sich ziehen, weil das Schuss-
volumen zu gering eingestellt wird.
Selbst bei Unkenntnis des Schuss-/Formteilgewichts ist eine Einstellung der
Maschine mglich. Man tastet sich langsam an das notwendige Schussgewicht
heran, indem man es von Schuss zu Schuss erhht. Es kommt also nicht auf
eine genaue Berechnung an.
2.1.2 Flieweglnge
Der maximale Flieweg im Formteil ist die Entfernung zwischen Anschnitt und
dem zuletzt gefllten Bereich. Am vorhandenen Teil (Spritzgussteil oder Proto-
typ) misst man mit einem Maband die Strecke vom Anschnitt bis zum vermut-
lichen Fliewegende. Hufig teilt sich der Schmelzestrom in mehrere Fliewe-
ge auf z.B. an Durchbrchen. In diesem Fall gilt fr die Bemessung jeweils der
lngste mgliche Flieweg (Bild 2.3).
Die Flieweglnge wird fr die Ermittlung der Einspritzgeschwindigkeit ben-
tigt (s. Bild 2.8 vergrert dargestellt, ablesbare Diagramme im Anhang). Es
2.1 Basisdaten fr die Grundeinstellung 9
Bindenaht Flieweglnge
Bild 2.3: Flieweglngen bei unterschiedlichen Formteilgeometrien
kommt bei der Flieweglnge nicht auf eine millimetergenaue Angabe an, zu-
mal sich der genaue Fllverlauf beispielsweise bei komplizierter Geometrie
ohne Computerprogramme nicht exakt vorhersagen lsst.
Grundstzlich gilt, dass ein zu kurz abgeschtzter Flieweg we