SS Leitheft - 10. Jahrgang - Heft 2 - 1944

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    SS Leitheft

    10. Jahrgang - Heft 2/1944

    Herausgeber: Der Reichsfhrer SS, SS-Hauptaint Berlin-Grunewald. Douglasstr. 7-11. Einzelpreis des Heftes 40 Rpf. Bestellungen. Zahlungen und

    Auslieferung: SS-Druckschriftenversand, Berlin SW 68, Wilhelmstr. 122. Postscheckkonto: Berlin 6783. Bankkonto: Berliner Stadtbank. Berlin SW 68.

    Friedrichstr. 46. Girokasse 9. Girokohto: 1157.

    Die Ewige deutsche Aufgabe

    Man schrieb den Monat Februar 1808. Der Schnee lag noch in den Straen Berlins, und ein kalter Windpfiff die Linden entlang.

    Die kurze gedrungene Gestalt Fichtes strebte dem Gebude der Akademie der wissenschaften zu, Wer ihmbegegnete, der sah fr einen Augenblick auf. Der Stmmige, krftig aussehreitende Mann mit den scharfen,

    gebietenden Zgen und den alles durchdringenden Feueraugen zog unwillkrlich aller Augen auf sich.

    An der Ecke der Wilhelmstrafle stand ein jngerer Mann, der beim Nahen Fichtes einen Schritt zurcktratund ehrfurchtsvoll grte. Fichte verhielt den Schritt. "Nun, Friegen", sprach er den jngeren an, "habenwir den gleichen. Weg?" Friesen bejahte, und Fichte forderte ihn auf, das letzte Sck Weges mit ihm zugehen. "Ich habe mich gefreut, Sie bei allen meinen Reden in diesen Wochen vor mir gesehen zu haben." ,

    "Um so glcklicher bin ich, Herr Professor, Sie wohlauf zu sehen. Es ging das Gercht, die Franzosenhtten Sie verhaftet und fortgeschleppt."

    "Sie mlfen es, wohl!" Fichte lachte. ingrimmig. "Aber sie trauen sich nicht. Der Friede des vergangenenJahres ist fr einen deutschen Mann zu schmachvoll, als da er ewige Gltigkeit haben knnte und drfte.Glauben Sie mir, dieser Krieg ist inWahrheit noch nicht zu Ende, auch nach diesem Frieden kmpfen wir

    weiter, sitzt nicht der Franzose dreister wie zuvor in Berlin? Der Krieg, den wir jefzt fhren, ist vonweltgeschichtlicher Bedeutung. Haben Sie von den Werbungen des Majors von Schill in Kolberg gehrt?"

    "Nicht nur gehrt, Herr Professor. Um Soldat und Freiheitskmpfer zu werden, bedarf es nicht nur desGeistes, sondern auch des krperlichen Vermgens. So stehe ich im Begriff, Fechtgesellschaften zugrnden und in ihnen Mut, Ausdauer, Entschlukraft und Kampfwillen zu erziehen und zu frdern."

    "Brav, Friesen!" Fichte blieb stehen und streckte dem jngeren impulsiv die Hand hin. "Kmpfen mssenwir, Friesen, damit nicht alles, was Dichter gesungen, Weise gedacht und Helden vollendet haben, versinkein den bodenlosen Schlund der Willkr. - Kommen Sie!" (und er packte den Arm des Jngeren imWeiterschreiten) "dies war es, was wir noch fehlte, um den rechten Ton zu treffen; denn meine heutigeletzte Rede mu euch allen ins Herz fallen. bernimmt nicht der Deutsche durch Wissenschaft dieRegierung der Welt, so werden zum Beschlusse von allerhand Plackereien die Tartaren, die Neger, dienordamerikanischen Stmme sie bernehmen und mit dem dermaligen Wesen ein Ende machen."

    Die beiden Mnner waren am Gebude der Akademie angelangt und stiegen nun die Treppe zum RundenSaal empor, wo Fichte seine Reden vor einem greren Zuhreikreis in den letzten Wochen gehalten hatte.In gedrngter Flle saen und standen die Hrer in dem groen Raum. Die national denkende Jugend sahier zu Fichtes Fen und folgte mit heiem Herzen seinen Worten, der reife Mann holte sich Kraftund.neuen Mut aus der Gedankenwelt dieses Rufers zum Streit, Mnner jeden Alters und aller Stndefanden sich hier im gemeineine n Glauben an die deutsche Zukunft zusammen.

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    Als Fichte den Saal betrat, verstummte das erwartungsschwere Geraune. Aller Augen folgten ihm, als er -Hut und Mantel rasch ber einen Stuhl legend - hinter den Tisch trat und die Handschrift aus derRocktasche zog. Die blauen, strahlenden Augen Fichtes glitten ber die versammelten Mnner undJnglinge hin.

    Und dann begann Fichte zu sprechen:

    "Die Reden, welche ich heute beschliee, haben ihre laute Stimme zunchst an Sie gerichtet, aber sie habenim Auge gehabt die ganze deutsche Nation, und sie haben in ihrer Absicht alles, was, soweit die deutscheZunge reicht, fhig wre, dieselbe zu verstehen, um sich herum versammelt, in den Raum, in dem Siesichtbarlich atmen. Es sind Jahrhunderte herabgesnken, seitdem Ihr nicht also zusammenberufen wordenseid, wie heute: in solcher Anzahl, in einer so groen, so dringenden, so gemeinschaftlichen Angelegenheit,so durchaus als Nation und Deutsche.

    Es hngt von Euch ab, ob Ihr das Ende sein wollt. und die Letzten eines nicht achtungswrdigen und beider Nachwelt sogar ber die Gebhr verachteten Geschlechtes, bei dessen Geschichte die Nachkommen,falls es nmlich in der Barbarei, die da beginnen wird, berhaupt zu einer Geschichte kommen kann, sichfreuen werden, wenn es mit ihnen zu Ende ist, und das Schicksal preisen werden, da es gerecht sei; oderob Ihr der Anfang sein wollt und der Entwieklungspunkt einer neuen, ber alle Eure Vorstellungenherrlichen Zeit. Bedenket, da Ihr die Letzten seid, in deren Gewalt diese groe Vernderung steht."

    Mit beiden Fusten sttzte Fichte sich auf den Tisch, hinter dein er stand. "Ihr habt doch noch dieDeutschen als Eins nennen hren, Ihr habt ein sichtbares Zeichen ihrer Einheit: ein Reichl Lasset, o lassetEuch ja nicht lssig machen durch das Verlassen auf andere oderauf irgend etwas, das auerhalb Eurerselbst liegt, noch durch die unverstndige Weisheit, da die Zeitalter sich selbst machen, ohne allesmenschliche Zutun, vermittels ,irgendeiner unbekannten Kraft. Diese Reden sind nicht mde geworden,Euch einzuschrfen, da Euch durchaus nichts helfen kann, denn Ihr Euch Selber,- und sie finden ntig, esbis auf den letzten Augenblick zu wiederholen. Ob es jemals uns wieder wohlgehen wird, das hngt ganzallein von uns selber ab, und es wird sichertich nie, wieder irgendein Wohlsein an uns kommen, wenn wirnicht selbst es uns verschaffen: und insbesondere, wenn nicht jeder Einzelne unter uns in seiner Weise tutund wirket, als ob er allein sei und als ob lediglich- auf ihm das Heil der knftigen Geschlechter beruhe."

    Immer machtvoller und drngender wird Fichtes Ringen um die Herzen und die Sinne seiner Hrer, immer

    breiter und beschwrender brandet der Strom seiner Rede durch den Raum. Pltzlich vereinigt sich vor ihmdie Flle der Gesichter zu einem einzigen Gesidii, das voll heiliger Begeisterung an seinem Munde hngt:das Gesicht des jungen Friedrich Friesen. In ihm sieht er die junge deutsche Mannschaft vor sich, diegermanische, an sie wendet er sich:

    "Ich beschwre Euch, Jnglinge. Fasset die sich aus sich selber ernhrende Flamme Eurer Einbildungskraftund verdichtet sie durch klares Denken, macht Euch zu eigen die,Kunst diesep Denkens, und ibs werdet dieschnste Ausstattung des Menschen, den Charakter, noch zur Zugabe bekommen. An jenern.klaren Denkenerhaltet Ihr die Quelle der ewigen Jugendblte; wie auch Euer Krper altere und Eure Knie wanken, EuerGeist wird in stets erneuerter Frisehheit sich wiedergebren. und Euer Charakter feststehen und ohneWandel."

    Und Fichte beschwrt die Alten und Erfahrenen, beschwrt die Denker, Gelehrten und Schriftsteller,

    beschwrt die Kaufleute und die Frsten: jeder tue dasi was ihm an seinem Platze am nchsten liegt! Undindes von der Strae herauf der Lrm vorbeiziehender franzsischer Abteilungen sallt, spannt, Fichte denBogen ber die Zeit:

    "Es vereinigeh sich mit diesen Reden und beschwren Euch Eure Vorfahren. Denket, da in meine Stimmesich mischen die Stimmen Eurer Ahnen aus der grauen Vorwelt, die mit ihren Leibern sichentgegengestemmt haben der heranstrmenden rmischen Weltherrschaft, die mit ihrem Blte erkmpfthaben die Unabhngigkeit der Berge, Ebenen und Strme, welche unter Euch den Fremden zur Beutegeworden sind. Sie rufen Euch zu: vertretet uns, berliefert unser Andenken ebenso ehrenvoll undunbescholten der Nachwelt, wie es auf Euch gekommen ist, und wie Ihr Euch dessen und der Abstammung

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    von uns gerhmt habt. Bis jetzt galt unser Widerstand fr edel, und gro, und weise, wir schienen dieEingeweiliten,zu sein, und die Begeisterten des gttlichen Weltplans. Gehet mit Euch unser Geschlecht aus,so verwandelt sich unsre Ehre in Schimpf und unsere Weisheit in Torheit.

    Es beschwren Euch Eure noch ungeborne Nachkommen. Ihr rhmt Euch Eurer Vorfahren, rufen sieEuch.zu, und schliet mit Stolz Euch an an eine edle Reihe. Sorget, da bei Euch die Kette nicht abreie:machet, da auch wir uns Eurer rhmen knnen und durch Euch, als untadeliges Mittelglied hindurch, unsanschlieen an dieselbe glorreiche Reihe. Veranlasset nicht, da wir uns der Abkunft von Euch schmenmssen, als einer niedern, barbarischen, sklavischen, da wir unsre Abstammung verbergen oder einenfremden Namen und eine fremde Abkunft erlgen mssen, um nicht sogleich, ohne weitere Prfung,weggeworfen und zertreten zu werden. Wie das nchste Geschlecht, das von Euch ausgehen wird, seinwird, also wird Euer Andenken ausfallen in der Geschichte: ehrenvoll, wenn dieses ehrenvoll fr Euchzeugt, aber schmachvoll, wenn Ihr keine laute Nachkommenschaft habt, und der Sieger Eure Geschichtemacht."

    Und unter dem atemlosen Schweigen seiner Hrer schliet Fichte:

    "Ist in dem, was in diesen Reden dargelegt worden, Wahrheit, so seid unter allen -neueren Vlkern Ihr es,in denen der Keim der menschlichen Vervollkommnung am entschiedensten liegt und denen der Vorschrittin der Entwicklung derselben aufgetragen ist. Gehet Ihr in dieser Eurer Wesenheit zugrunde, so gehet mit

    Euch zugleich alle Hoffnung des gesamten Menschengeschlechts auf Rettung aus der Tiefe seiner belzugrunde. der aus der Luft gegriffenen, auf bloe Wiederholung der schon eingetretenen Flle rechnendenMeinung, da ein zweites Mal, nach Untergang der alten Bildung, eine neue auf den Trmmern der erstenaus einer halb, barbarischen Nation hervorgehen werde. Es ist daher kein Ausweg: wenn Ihr versinkt, soversinkt die ganze Menschheit mit, ohne . Hoffnung einer einstigen Wiederherstellung. Dies war es, wasich Ihnen, als meinen Stellvertretern der Nation, und durch Sie der ganzen Nation am Schlusse dieserReden noch einmal einschrfen wollte."

    In dem tiefen Schweigen, das diesen Worten folgt, sprt man fast krperlich den lebendigen Strom, der imRaum scwingt, und dann, mit einem pltzlichen Sturm der Begeisterung, strecken sich Fichte hundertHnde zu gleicher Zeit entgegen.

    Ernst Metelmann

    Die Sage vom sieghaften Tyr

    Kennt ihr, die Sage vom Tyr, Wotans lichtem, sieghaftem Sohn? Man erzhlt, da er hoch und schlankgewachsen war wie der Eichbaum, daraus einst der erste Mann geworden ist. Golden leuchtete sein Haarwie die Strahlen der Morgensonne, blau und scharf blitzten seine Augen wie die Schneide seinesunbesiegbaren Schwertes, Aller Vglein Singen jauchzte im Lachen einer strahlenden Lebensfreude.Keiner war ihm gleich an Khnheit keiner an Kraft und Gewandtheit. Als der Unverwundbare galt er beiFreunden und Feinden. Wer in seinem Schutze ging, war ruhig, und sicher.- Keiner liebte das Dasein mehrals er, keinem lachte das Glck holder als ihm. - Dennoch?, so fragt ihr, ja, dennoch. - Weh, des Wotantreuloser Bruder hatte mit der Angstbringerin den schrecklichen Fenriswolf gezeugt. Hemmungslos suchte

    der nach Fra, und seine Raubgier bedrohte Gtter und Mensch. Denn das Bse kennt keine Ehrfurcht, weiles aus innerstem Mssen heraus bse ist und nichts anderes wei und sein Blut ihm gebietet. Wer alleinkann dem Bsen wehren, da es nicht alles umher vernichtet? Einzig der Reine ist's, einzig der Gute, einzigder, der sich selber bezwingt, dessen Seele 'strker ist als des Leibes herrische Kraft.

    Keiner vermochte, weder Gtter noch,Menschen, den grausigen Fenriswolf zu besiegen. Selbst dieKhnsten versagten.ihm gegenber, die Tapfersten erbleichten, hrten sie seines Heulens shreckliche Tne,wie sie geisterhaft drhnten durch Schluchten und Tler, ber Lnder und Meere. Wotans, des MchtigenSippe versagte, weil einer ihres Blutes, in Untreue sich vergessend, das Bse in die Welt hatte kommen

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    lassen, das sie nun alle bedrohte, ihnen allen den Untergang zulringen bereit stand. Riesenhaft war erheraingewachsen und nahm tglich zu an Gre. und Kraft. Vermochte es keiner?

    Doch, einen Weift ich.

    "Eine Fessel sollt ihr schmieden, stark und unzerreibar, den Wolf zu binden und zu bndigen seine Wut."So sprach Wotan, der Alte.

    So geschah es. Wotans Sippen, die die Tchtigsten waren in aller Welt, schmiedeten mit emsiger Eile eine,Fessel. und fuhren, damit zu der Insel, auf die Tyr, mit lebendem und totem Getier beladen, den willigfolgenden Fenris lockte. Beim Fressen lie der die Fessel ruhig anlegen, seiner Strke wohl bewut. Ihmwar das,ein heiteres Spiel, und als alle dachten, nun sei er bezwungen, da reckte und strecke er sichbehaglich, und die Fessel zerri wie ein sdiwacher Faden. Auch die zweite, noch strkere Ketie zersprang,heiser heulte der Wolf und seine Krfte vermehrten sich noch, whrend er die eilig ihm zugeworfenenBissen hinunterschlang. - Da sandte man zu den Alben, die drunten in, den Hhlen der Berge hausen undgeheimste Zauber kennen. Die schufen ein Band, zart und hauchdnn Wie Seidenfden, und schworen, eswerde den Gebundenen immer fester zusammenschnren, je mehr er sieh zu befreien trachte.

    Fenris aber witterte den Betrug, den man mit ihm treiben wollte. Er bedrohte jeden mit weitgeffnetemRachen, der die Fesselung mit dem Zauberbande versuchte. Welch beschmendes Bild boten doch da die

    Khnen, Sieggewohnten, die zur List greifen muten, weil ihre Kraft versagte, dem Bsen zu wehren, unddenen nun selbst die List nicht mehr dienen mochte.

    Da trat Tyr zu dem Bsen. Hoch und rank stand er da, herrlich leuchtete sein goldenes Haar, lachten dieAugen wie flammende Schwester. Ihn ekelte das Treiben listiger Schwde. Kann doch das Bse nurbesiegen, wer Hchtes wagt.

    "Was brllst du, Alter", lachte der Tapfere. "Was gilt's? Ich leg dir die Hand in den Rachen. Nun gnn' undden Scherz und la uns dich binden." - Dem Wolf schien's ein Pfand, da nichts Arges sie planten. Er liesich friedlich von Tyr liebkosen, derweil dessen Rechte in rachen ihm steckte. Was wute der Arg'e vonopfernder Treue?

    So lie er sich leicht die Schlingen um Hals und Tatzen legen. Doch als er sich streckte und dehnte, wurden

    die Bande fester und fester. Tief schnitten sie in sein Fell, je mehr er sich zu befreien trachtete.,

    Da ward denn das Bse gebndigt und in Fesseln gelegt, und wenn es auch heute, und immer wieder zubefreien sich sucht, so hlt es doch ein Gesetz in Schranken. Wer hatte solches vermocht?

    Tyrs, des Herrlichen rechter Arm war im Rachen des Wolfes geblieben, und ihn selbst htte auch derSchreckliche noch verschlungen, htten.die andern nicht schnell ihm ein Schwert in den Rachen gestoen.

    Er, der das Leben geliebt, dem das- Glck gelacht hat wie keinem, er, der ein Sieger in jegfichem Streite,er, der schner gewesen als alte umher - Tyr, der Strahlende, hatte die Sippe entghnt und klaglos den Armgeopfert, um das Bse zu bannen, da a keiner bezwingt, dessen Seele nicht strker ist als des Leibesherrische kraft.

    Heute noch hallt der Ruhm seiner Tat. Tapferkeit bis in den Tod deutet Sieg-Tyrs Rune, der zweite Tagjeder Woche kndet uns seinen Namen.

    M. A. Reu zur Lippe

    EUROPISCHE FRONT

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    Je schwerer und je hrter dieser Krii die europischen Vlker trifft, desto gewaltiger sind die Energien, dieer in diesen Vlkern wachruft und in Bewegung setzt. Veraltete Staatsauffassungen verschwinden unter derWucht dieses Krieges, als ob sie nie gewesen, wren. Das knstliche Staaiengebilde des VersaillerVertrages ist zertrmmert, und unter Leid und Trnen wird eine neue Zeit geboren. Wir selbst sind nur eineWelle in der Flut, die die Vlker Europas irf Bewegung setzt. Die Gedanken der Rasse und des Sozialismuserschttern die Vlker Europas und drngen sie zu neuen Formen ihres staatlichen Lebens. Unter derWuebt des bolschewistischen Ausdehnungsdranges und der Niedertracht der feindlichen Bombenangriffercken die Vlker Europas zwangsmig nher zusammen, und ein Gemeinschaftsgefhl entsteht, wie esnie in den vergangenen Zeiten des freilich nur scheinbaren Wohllebens in Europa zustande kam. Es wrefalsch, den Zustand Europas mit dem zu vergleichen in dem es sich befand, als einstmals die FranzsischeRevolution und Napoleon die Staaten und Vlker erschtterten. Damals brachen die Wellen einerrevolutionren Strmung gegen ein veraltetes, einer Idee bares Europa unter derFhrung des reaktionrenStaatskanzlers Metternich an und zerbrachen das unhaltbare und hohle System des europischenStaafengewirrs unter sterreichischer Fhrung. Das heutige Europa befindet sich nicht im Zustand derbloen Bewahrung und Verteidigung des Vergangenen. Indem es sich auf seine germanische Traditionbesinnt, zerbricht es berholte Staatsgrenzen und bringt Vlker zueinander, die auf Grund geschichtlicherTatsachen lngst zusammengehren. Die alte Welt wird voll dem Gegner im Westen und im Ostenvertreten. Kapitalismus uud Marxismus sind nur die kranaften Spitzen einer berholten Auffassung,VomSinn des Lebens und vom Wert des Menschen. Das neue Europa wird getragen vom Schwung derrevolutionren Idee des Sozialismus und der Rasse. Es befindet sich also zugleich im Zustand der

    Verteidigung und des Angriffs; des Angriffs, weil es eine bessere Welt einer krankhaften und.veraltetenentgegenstellt. Der Sozialismus ist nicht nur ein innerpolitisdies Programm des Reiches, das eineMenschenordnung auf der Grundlage der Leistung will, sondern enthlt, berstaatlich gesehen, dasProgramm einer Neuordnung der europischen Vlker auf der Grundlage der freiheitlichen Entfaltung ihrervlkischen Werte und auf Grund ihrer geschichtlichen Leistung.

    Die Macht der Reichsidee

    In den Reiben der Waffen-SS kmpfen heute Niederlnder, Flamen und Wallonen, Skandinavier, Esten undLetten, und bald werden andere Vlker ihre erwachte Jugend in denselben Waffenrock einkleiden unddamit die europische Front im Zeichen der SS schaffen, die aus der Not, dieser Stunde geboren ist und dieGrundlage einer kommenden OrdnuIng in Europa bildet. Wer jemals Zweifel an der Macht einer Idee

    besa, der wird eines Besseren belehrt, wenn er heute Niederlnder oder Esten in der Waffen-SS antrifft,die fanatischere und entschlossenere Verfechter des Reichsgedankens sind als mancher Binnendeutsche.Dabei stoen wir auf die Erfahrung, da der Einsatz aller dieser Mnner im Osten das Stahlbad desReichsgedankens ist. Die Mnner, die drben mit der reichsdeutschen SS die Bolschewisten bekmpfen,haben alles hinter sich geworfen, was an Vorurteilen noch ihre Altersgenossen hemmt, die das einzigartigeschwere Fronterlebnis des Ostens nicht besitzen. Im Kampfe mit unserem schwersten Gegner wird dieReichsidee mit ihrem ganzen strahlenden Glanz wiedergeboren. Ein europisches Gemeinschaftsgefhlentsteht, das die Bedenklichkeiten der in den alten Staatstheorien befangenen Politiker nicht mehr kennt.Diese europischen freiwilligen SS-Fhrer und SS-Mnner sind der Vortrupp der europischen Front. Sielieben ihre Heimat, und weil sie diese Heimat lieben und ihr im Innersten treu sind, wollen sie alsKampfpreis eine neue Welt, geordnet durch ein starkes Reich, das allein imstande ist, ihre Heimat zu reitenund den lebendigen Gehalt ihres Volkstums zu bewahren. Freilich handelt es sich auch bei diesen Mnnernum Minderheiten in ihren Vlkern. Weltgeschichte wird aber immer von wenigen Mnnern gemacht, die

    den Mut haben, das Neue zu wagen. Die Bedenklichen folgen erst spter nach. Man mu einmal in derFamiliengeschichte eines solchen Freiwilligen blttern, um zu spren, wie mchtig die Idee des Reiches aufdiese Jugend wirkt. Da ist z. B. ein, Flaine. Er kmpft in den Reihen der Waffen-SS. Sein Vater ist hoherbelgischer Kolonialbeamtdr und steht jetzt in englischen Diensten, sein Grovater war Abgeordneter imbelgischen Parlament, ein fanatischer Vertreter der franzsischen Kultur gegen die flmische Oppositionseiner eigenen Heimat. Der Enkel bekennt sich zum Reich und zu Adolf Hifler. Welcher Bruch der Zeitenkndigt sich da an! Welche Anziehungskraft besitzt die Persnlichkeit des Fhrers! Wie mchtig sprichtdas Blut und der Reichsgedanke da die jungen Mnner dieser Vlker sich bereit erklren, fr dieses Reichzu sterben, von dem ihre Vorfahren Jahrzehnte, ja Jahrhunderte abgetrennt gelebt haben!

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    Die europische Aufgabe der SS

    Die Schutzstaffel wchst damit immer mehr in ihre europische Aufgabe hinein. Sie san-emelt die erwachteeuropische Jugend im Kampf gegen den Bolschewismus und die jdischen Plutokratien. Wer glaubt, dafldie damit ihren ursprnglichen Charakter einbe oder von den strengen Grundstzen der Rasse abgehe,hat kein Verstndnis fr die revolutionre, die nafionalstaatlichen Grenzen berspringende Idee desNationalsozialismus. Kein Mensch in Europa glaubt heute, wie der Krieg auch immer ausgehen mge, andie Wiederkehr des knstlichen Staatensystems von Versailles, das seine Existenz allein der englischenEinmischung in europische Verhltnisse verdankt. Es ist verstndlich, da durch die Wucht dieses Kriegesdie Tnche einer geschichtlichen Entwicklung, die oft nur einige Jahrzehnte gedauert hat, weggewischtwird und nunmehr die gemeinsamen Wurzeln der europischen Vlkerfamilie wieder zutage treten. DieTatsache der germanischen Wanderung und der einstmaligen germanischen Siedlung zwischen Ostsee undSchwarzem Meer bis zum Atlantischen Ozean und Nordafrika hat die blutsmige Einheit Europasbegrndet und das geschaffen, was wir europische Kultur nennen. Die Neuordnung dieser Vlker entstehtauf derselben Grundlage. Amerika und England haben kein echtes Programm fr eine staatlicheNeuordnung des europischen Kontinents. Sie betrachten Europa heute schon nur als eine Kolonie, die siewirtschaftlich auszubeuten beabsichtigen. Der Blschewismus hat ebensowenig ideenmig Europa zubieten. Der Marxisms kennt kein echtes Volkstum, ebensowenig wie er den Begriff des Blutes in seinWrterbuch aufnehmen kann. Der Nationalsozialismus allein bejaht die Wurzeln jedes echten Volkstums.

    Er wei, dafl nur der dem Reich treu sein kann, der seiner Heimat treu ist. Der revolutionre SozialismusAdolf Hitlers bedeutet fr Europa nicht nur eine Regelung der Verhltnisse zwischen Kapital und Arbeit,sondern auch eine Regelung des Verhltnisses der europischen Vlker zueinander auf der Grundlage ihrergeschichtlichen Leistung und ihres Einsatzes im gegenwrtigen Ringen. Aus der Weltanschauung dieserBewegung entspringt allein die schpferischeKraft und die reiche Flle von Bindemglichkeiten derVlker und Nationen Europas an die Fhrung eines starken Reiches. Man mufl, klar sehen, dafi eine innereund uere Ordnung Europas nur aus der Tiefe der nationalsozialistischen Geschichtsauffassungentspringen kann. Die Schutzstaffel.bildet heute schon den eisernen Ring jener Mnner, die dieNeuordnung Europas unter der Fhrung einer starken germanischen Mitte mit. heiem Herzen ersehnen.Ohne den Einsatz dieser Mnner kann das Neue nicht werden. Unser Kontinent ist wie von einem heftigenFieber geschttelt; es sind die Geburtswehen einer neuen Zeit, die entstehen will auf der Grundlage derBlutsgemeinschaft der europischen Vlkerfamilie und einer sozialistischen Ordnung ihresZusammenlebens.

    Welchen Weg uns das Schicksal auch bis zu diesem Ziel fhrt und welche Rckschlge uns auch nochzugedacht sein werden, das Ziel selbst bleibt unverrckbar. Es ist das einzige Ziel, um dessentwillen es sichberhaupt lohnt zu leben und zu kmpfen. Die Seliutzstaffel wei, da nun alles eingesetzt werden mu,damit die Kameraden aus dein europischen Osten mit ihr genau so zu einer Kampfgemeinschaftzusammenwachsen wie die aus dem Westen. Kluge Menschenbehandlung, eine groe Summe von Knnenmu eingesetzt werden, um dieses Ziel zu erreichen. Die SS bleibt in ihren Grundstzen kompromilos, inder Bewltigung der praktischen Aufgaben schpferisch und grozgig. Sie mu beweglich genug sein, umjedes Volkstum seiner Wesensart und seiner Geschichte gem zu behandeln. Unsere Aufgabe mu es sein,die europische Jugend zu einer harten und entschlossenen Front zsammenzuschlieen. Der westlicheGegner ist nicht bereit, fr eine hhere Welt zu sterben, weil er sie nicht kennt. Der Gegner im Osten hatden Vlkern bisher nur Unterdrckung und Entehrung gebracht. Wenn es unantastbare Menschenwertegibt, dann werden sie von der Front des deutschen, Heeres verteidigt. Auf unserer Seite steht die neue Idee.

    Auf unserer Seite mu sich auch einmal die Waagschale des Schicksals neigen, wenn wir hart und derganzen geschichtlichen Verantwortung dieses Ringens bewut bleiben.

    Die Geburt des germanischen Europa um 500 n. d. Zr.

    Als im fnften Jahrhundert n. d. Zr. die germanischen Vlkerschaften mit wuchtigen Schlgen dasRmische Reich in Europa - in Italien, Gallien und Spanien - zur Auflsung brachten, legten sie zugleich

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    die Grundlagen fr das heutige Europa. Eine neue Zeit brach mit ihnen an. Das Imperium Romanumbefand sieh bereits in einem Zustand des inneren Verfalls, als an jenem denkwrdigen Januartag des Jahres406 germanische Heere endgltig die Grenzen des Imperiums am Rhein und in Frankreich zerschlugen,und nicht nur in steter Siedlungsttigkeit den germanischen Volksboden ausweiteten, sondern auch inkhnen Eroberungszgen ihre Staaten begrndeten. Einige Jahrzehnte spter berichtet ein Rmer:

    "Die Beamten nicht nur der Stdte, sondern auch der Landgemeinden und Drfer sind lauter Tyrannen. DenArmen wird das Letzte weggenommen, die Witwen seufzen, die Waisen werden mit Fen getreten.Furchtbar lasten auf allen der Steuerdruck und die Erpressungen. Darum fliehen viele von ihnen, auchsolche eon vornehmer Herkunft und freie Leute, zu dein Germanen, um nicht den Verfolgungen derffentlichen Gewalt zum Opfer zu fallen und durch sie hingemordet zu werden. So suchen diese bei denBarbaren rmische Menschlichkeit, weil sie bei den Rmern die barbarische Unmenschlichkeit nichtertragen knnen. Sie wollen lieber unter dem Scheine der Knechtschaft frei sein, als unter dem Scheine derFreiheit ein Sklavenleben fhren. - Und selbst die Rmer, die unter der Herrmhaft der Goten, Wandalenund Franken leben, haben nur den einen Wunsch, nicht mehr unter das rmische Recht zurckkehren zumssen. Einmtig fleht dort das rmische Volk zum Himmel, sein Leben bei den Germanen weiter fristenzu drfen."

    Dort, wo die Germanen ihre Herrschaft errichteten, trat so Recht und Ordnung an die Stelle derGewaltherrschaft der rmischen Grogrundbesitzer und Finanzgren.

    Diese germanischen Staatsgrndungen auf dem Boden des Imperiums hatten ein wechseivolles Schicksal.Vorwiegend waren es ostgermanische Vlkerschaften, die hier im Sden ihre Taten vollbrachten. Sie warenerst um die Zeitwende aus Schweden und Dnemark herbergekommen und hatten sieh zwischen Oder undWeichsel niedergelassen - die Goten, Wandalen und Burgunder und neben ihnen manche andere, wie dieRugier, Heruler oder Gepiden. Sie nahmen hier die Wohnsitze der Bastarnen und Skiren ein, die tausendJahre frher an der pommerschen Kste gelandet waren. Von diesem ostdeutschen Raum gingen, seit demzweiten Jahrhundert die Eroberu.ngszge der Ostgermanen aus. Whrend Teile der Wandalen. Ungarnbesetzten, grndeten die Goten in Sdruland und Rumnien ein mchtiges Reich. Zugleich unternahinensie seit dem dritten Jahrhundert stndig Kriegszge gegen das rmische Imperium. Nur mhsam konntensich die einst so stolzen Rmer der anstrmenden Scharen erwehren, und dann auch nur dank dergermanischen Hilfstruppen im rmischen Heer. Als dann aber um 370 die Hunnen aus Asien hereinbrachenund das gotische Reich in Ruland unterwarfen, brachen die Westgoten aus ihren Wohnsitzen auf. Sie

    verheerten den Balkan, rckten 410 unter ihrem Knig Alarich in Italien ein, eroberten Rom undbegrndeten nach dem Tode ihres ruhmreichen Knigs in Sdfrankreich ihre Herrschaft, von wo aus sie um460 auch Spanien gewannen.

    In hnlicher Weise hatten die Wandalen und Stieben, der Donau entlang vorstoflend, 406 den Rheinerreicht, hatten Gallien durchzogen und Spanien erobert. Whrend die Stieben im Nordwesten derHalbinsel wohnen blieben, setzten die Wandalen wenig spter nach Nordafrika ber und unterwarfen diesereiche Provinz. Aber ihre kriegerische Kraft erschlaffte bald unter dem verweichlichenden Klima desMittelmeeres. Und ihre zahlenmige Strke'reichte nicht aus, eine dauerhafte Herrschaft ber dieandersvlkischen Bewohner des Landes zu errichten - bestand doch das ganze wandalische Volk nur aus 85000 Menschen. So blieb keine Spur von ihm zurck, als es hundert Jahre spter von den Heeren des Kaisersvon Byzanz vernichtet wurde.

    Scheinbar hnlich war das Schicksal, das die Ostgoten in Italien erfuhren. Unter ihrem groen KnigTheoderich waren sie um 470 aus Ungarn - wo sie seit dem Zusammenbruch ihres sdrussischen Reicheswohnten - aufgebrochen und hatten in kurzer Zeit die italienische Halbinsel durch ihr Schwert gewonnen.An Macht, Ruhm und Einflu berstrahlte Theoderich alle germanischen Knige seiner Zeit. Und doch warauch sein Volk nicht,grofi und stark genug, um. die Herrschaft erhalten zu knnen. In zwanzigjhrigenKmpfen muten sie schlielich 553 der bermacht des ostrmischen Reiches erliegen. Die Reste desVolkes, die in Oberifalien wohnen blieben, gingen 15 Jahre spter in dem Volke der Langobarden auf, dasihr Erbe bernahm und in Nord- und Mittelitalien eine feste, Jahrhunderte berdauernde Herrschafterrichtete.

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    So war im Sden Europas eine Zone entstanden, in der germanische Vlkerschaften ber romanischeBevlkerung herrschten - in Spanien die Westgoten und Sueben, in Sdfrankreich die Westgoten undBurgunder, dann auch die Franken, in Italien Ostgoten und spter Langobarden.

    In all diesen Lndern hatten sich die mit Frauen, Kindern, Knechten und Mgden wandernden Germanenals Kriegeradel niedergelassen, der in dem von ihm eroberten Gebiet die Herrschaft ber die Einheimischenausbte. Diese muten einen Teil ihrer Landgter und Sklaven den neuen Herren berlassen, damit jedegermanische Familie ihren Hof erhalten konnte. So waren die germanischen Mnner zugleich Bauern undKrieger. In friedlichen Zeiten lebten die meisten als Bauern ber das ganze Land verteilt, whrend viele derjngeren den Knig an seinem Hof als seine Gefolgschaft unigaben oder in geschlossenen Verbnden alsBesatzungen in den- Grenzburgen und den Stdten lagen, um mit Schwert und Schild den Frieden zusichern. In! Falle der Gefahr aber traten alle wieder zum alten Heeresverband zusammen und ergriffenfreudigen Sinnes das Schwert.

    Das Wesen der germanischen Eroberer komiht in der Schilderung zum Ausdruck, die ein Zeitgenosse vonden Westgoten gibt, die in Spanien herrschten: "Die Goten sind von behendem und starkem Krper,lebhaften Geistes und voll Selbstvertrauen, schlank und gro von Wuchs, wrdevoll in Haltung undGebrden, rasch zur Tat und gegen Wunden unempfindlich, Ja, sie rhmen sich ihrer Wunden undverachten den Tod!"

    Auf die Dauer konnten sich diese zahlenmig nur schwachen Volksstmme aber von den beherrschtenVlkern nicht abgeschlossen halten. Im Laufe der Jahrhunderte muten sie sich zwangslufig enger mitihnen verbinden. Zunchst wurden die fhrenden Kpfe der Ansssigen mit zur Herrschaft herangezogen,und bald lernten die germanischen Herren auch die Sprache ihrer Untertanen und trugen sdlndischeTracht. Mehr und mehr gaben sie ihren germanischen Volkseharakter auf und gingen so allmhlich in denalteinheimischen Vlkern auf. Man mag bedauern, da hier so viel germanisches Blut verlorenging. Aberes schuf zu seinem Teil die Voraussetzung fr die Entstehung eines einheitlichen Europas. Denn 'nochJahrhunderte hindurch, ja bis in die Neuzeit hinein, lebte das germanische Blutserbe in den fhrendenSchichten dieser romanischen Vlker des Sdens weiter - ja es beherrschte sie noch lange bis ih dasMittelalter hinein. War doch die fhrende Gestalt des Mittelalters, der Ritter, in seiner Haltung ganz vongermanischem Geist beseelt. Und so war es auch germanisch'es Blutserbe, das in den groen, Taten dieserVlker in den folgenden Jahrhunderten zur Wirkung kam. Germanisches Erbe lebte in den spanischenAdligen, die seit dem zwlften Jahrhundert die Araber wieder aus Spanien vertrieben und als Eroberer nach

    Amerika zogen. Germanisches Erbe lebte in den provenzalischen Rittern, die im stlichen MittelmeerEuropa vor dem Ansturm des Islam zu schtzen halfen, und ebenso lebte es in einem Leonardo da Vineiund anderen Groen der Renaissance um 1500, die Kulturleistungen schulen, ohne die unser heuti gesLebenmicht denkbar wre.

    Die Angliederung des europischen Sdens an die Gemeinschaft der germanischen Vlker, diese Schaffungeines germanisch durchdrungenen Vorfeldes im Sden des eigentlichen germanischen Lebensraumes,wurde von grter Bedeutung fr das gesamte Werden Europas. Nur durch die germanisch bestimmteFhrerschicht konnten diese sdlichen Vlker teilnehmen an der germanisch-ritterlichen Kultur desMittelalters - in der erstmalig Europa in Erscheinung trat, Wie wir es heute kennen.

    Dieses "unser" Europa wurde aber eigentlich erst durch jenen Teil des germanischen Volkes geschaffen,der die Mitte Europas, den deutschen, Herzraum - einschlielich der Niederlande, Belgien und

    Nordfrankreich - zu germanischem Volksboden machte. Und vor allem wurde es geschaffen durch dieTaten der Franken, die im achten Jahrhundert mit Berechtigungund in der klaren Erkenntnis ihrer geschichtlichen Bedeutung sagen konnten, Europa sei das Land.desFrnkisdien Reiches. Wenig vor der Zeitwende waren germanische Vlkersehaften, aus ihrem altenSiedlungsraum in Norddeutschland nach Sden und Westen vorgedrungen und hatten ganz Deutschland biszur Donau, zu den Vogesen und zur Maas besiedelt. Der deutsche Raum war ein "Germanien" geworden.Jahrhundertelang hatte dann das rmische Imperium diese Volksstmme, vor allem die Franken amNiederrhein, die Alemannen am Oberrhein und der Donau, die Bayern in Bhmen, aufgehalten, wenn esauch nicht hindern konnte, d sich immer mehr germanische Siedler westlich des Rheins niederlieen.Nach dem Zusammenbruch des Imperiums bald, nach 400 drangen aber auch diese Vlkerschaften vor,

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    doch unterwarfen sie stets nur das Land ihrer Herrschaft, das sie zugleich besiedeln konnten. So wurdeDeutschland bis zum Alpenkamm einschlielich der Schweiz und des, Elsa germanisch, whrend dieFranken den Rhein von der Mogel bis zu seiner Mndung berschritten und im Laufe eines Jahrhundertsdas ganze Land bis in die Gegend der Seine (etwas nrdlich von Paris) mit dichten germanischenSiedlungen berzogen. Zugleich hatten Friesen und Sachsen die Niederlande nrdlich der Rheinmndungbesetzt. Weiter im Norden begannen Angeln und Sachsen von der Elbmndung aus England zu besiedeln.

    So war der germanische Lebensraum in der Mitte Europas zu einem mchtigen Block geworden, der sichwestlich und stlich des Rheins bis zum Kanal und bis zur Oder erstreckte. Hier lebte nun der weitausgrte Teil der Germanen, der in den folgenden Jahrhunderten zu dem Volk der Deutschenzusammenwachsen sollte. Und hier entwickelt sich in jeder Hinsicht der Mittelpunkt des germanischenEuropa.

    Aus den vorerst noch selbstndig fr sich lebenden verschiedenen germanischen Stmmen, den Bayern undAlemannen, den Sachsen und Thringern, eine politische einheitliche Macht geschaffen zu haben, ist diegrofle Leistung der Franken, die jahrhundertelang das. einzige wirklich herrschende Volk Europas waren.Diese ihre Machtstellung hat um 500 ihr Knig Chlodwech begrndet. Er hat die verschiedenenfrnkischen Gaue erst zu einem fegten frnkischen Staat zusammengeschweit. Durch diese Einigungwaren die Franken so stark geworden, da es Chlodwech und seinen Shnen gelingen konnte, die anderenStmme, die Alemannen, Thringer und Bayern, dem frnkischen Staate einzufgen und so einen groen

    germanischen, Block in der Mitte Europas zu schaffen. Er sollte spter durch Karl den Groen vollendetwerden, der auch noch die Sachsen und die Bayern fr das Reich gewann. Auch in einer anderen Hinsichtfhrte Karl das Werk Chlodwechs zu Ende, der bereits die Angliederung Sdfrankreichs nach derBesiegung der Westgoten und Burgunder begonnen hatte-. Dadurch, dafl er auch noch das langobardischeItalien unterwarf, waren - mit Ausnahme der Spanier - auch die germanisch gefhrten romanischen Vlkermit dem mchtigen germanischlen Reich der Mitte politisch eng verbunden.

    Wie Knig Chlodwech mit harter und rcksichtsloser Hand nach auen seine Macht ausgedehnt hatte, soschuf er auch in der inneren Ordnung des Frankenreiches neue Grundlagen fr die folgenden Zeiten. Erbrach jeden Widerstand, der ihn zu hindern versuchte, seine knigliche Macht zu festigen undauszudehnen. Bald setzte er auch die Fhrer der Gaue und Stmme und die Richter ein sie wurden von ihmabhngig und hatten seineAnordnng zur Ausfhrung zu bringen, nicht mehr die Entschlsse derVersammlungen des Volkes. So gewann der Knig die Macht, nach seinem Willen das Volk zu fhren,und

    den Staat zu lenken.

    Auf Grund der von ihm geschaffenen Ordnungen konnte allmhlich unter seinen Nachfolgern eineFhrerschicht im Frnkischen Reich entstehen, die durch das germanische Gebot der Gefolgschaftstreuemit dem Knig verbunden war und fr die die Werte der Ehre und Treue die heldischen Mastbe ihresHandelns waren. Die Sorge fr die ihrer Fhrung und ihrem Schutz Anvertrauten, und die gerechteRechtsprechung war ihnen hchstes Gesetz. Im Namen des Knigs hteten sie Ordnung und Recht.

    Im Frnkischen Reich waren die Voraussetzungen geschaffen fr eine innere Ordnung des Volkes, wie siedann in der deutschen Kaiserzeit in Erscheinung trat, in der die Werte der germanischen Seele das Lebendes ganzen Volkes und jedes einzelnen bestimmten.

    Weil hier im Frnkischen Reich diese germanischen Grundzge des Volkslebens zur Geltung gelangen

    konnten und weil dieses Reich den grten Teil des zermanischen Volkes in sich vereinte und zurpolitischen Wirksamkeit in Europa brachte - schuf es die Grundlage fr das germanische Europa.,

    In ihm war das germanische Kernvolk zwischen Kanal und Oder zusammengeschlossen. Mit ihm waren diegermanischen Fhrerschichten in den romanischen Vlkern Italiens, Frankreichs und auch Spakiehsverbunden. Hier konnte sich die germanische Kultur der mittelalterlichen Kaiserzeit entfalten, die uch diegermanischen Vlker im Norden und in England bernahmen. So wurde die germanische Blutseinheit dereuropischen Vlker, die in den Jahrhunderten um 500 von den germanischen Vlkerschaften geschaffenworden war, zur Grundlage fr die Entwicklung des heutigen Europa und seiner Kultur.

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    Hans Jrg Boecker

    UNSERE HELDENSAGEDie Tat von Gembloux

    Es ist ein Wissen von alters her bei uns Deutschen, da vor dem unerbittlich nahenden Verhngnis blindeFlucht niemals rettet, denn das Schicksal hat schnellere und gesthltere Beine als der schnellsteKurzstreckenlufer. Wer flieht, kommt um; und nur, wer statt zu fliehen oder gar um Erbarmen zu flehen,der Gefahr mitten.in das Herz springt, wird sie, dort angelangt, erwrgen und damit sich und die Seinenretten.

    Wenn die Tat, die zum Beweis fr das eben Gesagte nun erzhlt werden soll, auch so verwegen funkelt,wie nur eine Leutnantstat es kann, so wollen wir doch ber der Freude an ihrer begeisternd khnenDurchfhrung nicht die bittere Bedrngnis vergessen, der sie entsprang, denn nur dann werden wirerkennen, dafl von einem Helden berichtet wird.

    Wenige Tage nach Beginn des Westfeldzuges von 1940 griff ein deutsches Schtzenregiment die im

    Festungsbereich von Namur liegende kleine belgische Stadt Gembloux an. Der durch Franzosen verstrkteFeind verteidigte sich geschickt und zh. Da die Belgier auf ihrem Rckzuge in dem an Wasserlufenberreichen Lande alle Brcken zerstrt hatten, konnten trotz rastloser Arbeit unserer Pioniere dieschweren deutschen Waffen erst nach und nach im Verlaufe der Kmpfe allmhlich eintreffen, so da derGegner in den ersten Tagen bei Namur eine starke Feuerberlegenheit besa. Seine Stellung vor Gemblouxwar mit Betonbunkern und feldmigen Befestigungen aller.Art reichlich versehen, und berdies setzte- erimmer wieder Panzer ein, die auf deutscher Seite zunchst gnzlich fehlten. Trotz schwerer Verluste abergriffen die jungen deutschen Soldaten immer wieder an und drckten den Feind Abschnitt um Abschnittzurck. Schlielich drangen sie- um zweiten Tage dieser Kmpfe, in die Stadt ein und stieen auch rechtsdes Stadtrandes vor. Als sie hier jedodi eine quer zu ihrer Angriffsrielitng verlaufende Strae erreichthatten, legten mehrere Maschinengewehre des Feindes den tdlich sirrenden Schleier ihrer Geschosse berden Straendamm, so dafl es in dem flachen Lande unmglich war, weiter vorwrtszukommen, solange dieneuen Widerstandsnester nicht erkannt und niedergekmpft waren.

    Bei diesem Stande des Gefechtes wurden in zunchst noch grerer Entfernung drei schwere feindlichePanzer erkannt, die sich langsam gegen die soeben erst erkmpfte deutsche Stellung vorschoben.

    Damals hatten unsere Infanteristen und Pioniere noch keine Erfahrung darin, Panzer im Nahkampf mitaufgelegten Minen zu bekmpfen, und Haftladungen waren noch unbekannt. Wo Panzerabwehrkanonenfehlten, entstand beim Nahen feindlicher Panzer nicht selten ein Gefhl der Wehr-losigkeit, und so kamauch in den Kompanien, von denen hier ezhlt wird, immer strker werdende Unruhe aigf, denn diedeutsche Panzerabwehr lie sich nicht hren. Sie hatte sich im Kampfe gegen . Bunker undMaschinengewehre verschossen; keine einzige Granate mehr befand sich bei den Kanonen. Die feindlichenKampfwagen kamen nher und nher. Noch vermuteten sie offenbar in dem Schweigen der deutschenPanzerabwehr eine Falle. Wurde dem Feinde aber zur Gewiheif, was er bis jetzt hchstens ahnen konnte,so stand er in wenigen Minuten in der deutschen Stellung. Die Kompaniefhrer befahlen, Deckungslcherzu graben und die Gewehre mit panzerbrechende; Munition zu laden. Ihrer Ruhe gelang es, die bei ihrenSoldaten aufgekommene Unsicherheit zu unterdrcken, obwohl nun die Panzerjger sogar ihre Kanonenzurckzogen, um sie, die ohne Munition wehrlos waren"nicht sinnlos zu opfern.

    In diesem Augenblick hchster Gefahr, in der es keinen Ausweg mehr zu geben schien, ereignete sich dasUnerhrte.

    Ein junger deutscher Leutnant, dem vor die Seele getreten sein mochte, da ihm als dem Offizier dieVerantwortung fr die Mnner seines Zuges auferlegt sei, fegte aus der Stellung hoch, ber die Straehinweg nach vorn und auf die feindliche Linie zu. Drben die Franzosen hatten Panzerabwehrkanonen, und

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    diese Kanonen hatten auch Granaten, denn soeben wieder hatte eine von ihnen gegen ein weiter rechtsstehendes deutsches MG. geschossen! Dieser Schu mochte dem jungen Offizier, so wie ein Blitz in derDunkelheit sekundenlang einen Blick in die verhngte Landschaft freigibt, urpltzlich einen tollkhnenAusweg gezeigt haben, und ohne Zgern wagte er den Versuch. Dort lief er nun, stumm, verbissen, einsam,niemand konnte ihm jetzt helfen; er lief ber das freie Feld alleindem Feinde entgegen, ein Einzelner,bereit, sich fr alle zu opfern. Da stand er schon wie vom Himmel herabgefallen vor der entsetztenBedienung der franzsischen Pak, er brllte sie an, nun war er nicht mehr stumm, links und rechts lagen inLchern und Mulden, hinter Gebsch und Feldrainen feindlidie Infanteristen, die hatten ihn nichtherankommen sehen, denn natrlich hatte er mit dem Instinkt des Soldaten jede Deckung benutzt, sie hattenauf den heranfliegenden Schatten nicht geachtet, hatten vielfach.auch die Nase tief im Dreck und im Grasgehabt, lagen sie doch selbst unter schwerem deutschem Besdinfl; sie sahen ihn auch jetzt nicht und hrtenihn nicht (im Gefecht kann man lange brllen, bevor man den Lrm der Gewehre und Maschinengewehre,der Abschsse und der Einschlge berschreit) - es war gelungen: Der deutsche Leutnant stand vor denfnf Franzosen, die hinter ihrem Schutzschild kauernd in ganz andere Richtung gefeuert und gesehenhatten, er stand verzerrten Gesichts, ein furchtbar entschlossener Halbgott des Krieges, vor ihnen.Angstschlotternd wollte sich der Geschtzfhrer zusammenreien, er fingerte an seiner Pistole herum, aberder deutsche Offizier ri ihm die Waffe aus der Hand, warf sie'weit fort in das windbewegte Gras, er schriedie Poilus noch einmal an, aber deutlicher als seine Worte sprach die runde Mndung seiner Pistole vorihren Nasen, spradien seine Augen, und die Franzosen gehorchten! Sie rissen bebend ihre Kanone herum,und da war auch der erste Panzer keine hundert Meter mehr von ihr entfernt, denn sie hatten in dem

    Kampfwagen nun erkannt, da die Deutschen wirklich keine. Pak hatten, und so stieen sie nun vor.

    Aber da war jetzt der deutsche Leutnant mitten in der franzsischen Linie und die zitternde Bedienungeiner franzsischen Pak. Einer wollte nicht, und der Leutnant scho; sie sahen den Getroffenenzurcksinken, und das war genug fr die anderen; die zeigten dem Deutschen jetzt, wie es gemacht werdenmute, er kniete nieder, richtete das Rohr, in dem noch eine Granate steckte, und erzog ab und lud neu. DerPanzer erwartete aus der eigenen Stellung keine Granaten, er bot der franzsischen Pak die verwundbareBreitseite, und gleich der erste Schu durchschlug die Wandung, der zweite schlug in den Motor, und daseiserne Ungetm stand, es begann zu qualmen und zu rauchen, die Besatzung sprang schreiend aus derEinsteigluke und wlzte sich auf der Erde. Noch ein Schu, und nun schlugen Flammen aus dem Panzer.

    Der Leutnant aber richtete sein Rohr auf den nchsten Feind. Doch der hatte schon abgedreht und fuhr inhchster Fahrt inrck. Auch der dritte Panzer floh. Der Leutnant setzte jedem noch eine Granate

    hintendrauf, sie konnten die Wandung der Fliehenden nicht durchschlagen, sie waren nur alsPeitschenschlag auf einen ohnehin schon durchgehenden Gaul gedacht, und so wirkten sie auch.

    Dies ist geschehen am 15. Juni 1940 bei Gembloux in Belgien. Augenzeugen haben es berichtet; dieNummern der Kompanie und des Regimenis, denen der junge Offizier angehrte, sind bekannt.

    Er kam unverletzt zu seinem Zuge zurck, nachdem er die Franzosen an der Pak vorher noch einmalangebrllt hatte, so da sie zitternd die Hnde erhoben. Zwef Tage spter ist er gefallen. Ein Holzkreuz inFlandern trgt seinen Namen.

    Erhard Wittek

    OHEIMAT niewarst du so schn als in den Tagen der Not! Wenn der Abend kam und die Sonne hinter

    den Schneegruben niedersank, bergo sie zugleich Berg und Tal mit heiligem Blute. Es war nicht nur das

    nachgelassene Licht der Sonne, es war das Blut deiner Shne, o Heimat, das wieder zurckflo und Wald,

    Feld, Haus und Hof bergo. Die rmlichste Htte wurde zum Schlo, der Baum im Walde zum Pfeiler

    eines Domes, und die Enge des Tales wuchs sich aus zur ganzen Welt. Die Heimat wurde zum

    Himmelreich. Du, Mensch meiner Heimat, vergi es nie, wenn du wieder im Frieden wandern wirst: Es

    singen nicht nur die Vgel in den Wipfeln der Bume, es geigt nicht nur der Wind in den Grsern, und es

    braugt nicht nur der Sturm ber die Wlder, nein, so lange du noch almest und wanderst, mut du fortan

    das Singen deiner Shne hren, die in deinen Wldern auferstanden sind, deren Blut wieder

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    zurckgeflossen ist und dir deine Heimat verklrte. Wohin du auch gehen magst, und wo du auch siehst -

    ob du den Arm um die Geliebte legst, dein Kind fhrst und deine Mutter geleitest - einer geht immer mit dir

    und gibt dir das Geleit: der Sohn der Heimat, der fr dich die Berge und Wlder deiner Heimat, seine

    Jugend hingab. Und wenn du nun stehen bleibst und in den Frieden deines Heimatlandes hinabschaust und

    wahrhaft erkennst, die Heimat ist schner geworden, so vergi nicht zu dankenf Denn die Heimat ist nur

    durch das Opfer der Jugend heiliger und verklrter geworden.

    Hans Christoph Kaergel

    Wer darf jung heiraten?

    Wenn die jungen SS-Mnner sonst auf der Stube von den Mdchen sprachen, ging es nicht immer fein her.Heute war es anders. Es war ein ernstes Gesprch und blieb eines; das kam davon, da ein ltererStubenkamerad zu Weihnachten ein Buch geschenkt erhalten hatte, indem allerlei ernste Lebenswahrheitenstanden, von denen er einige den jngeren zum Nachdenken aufgab. Es, war ein Buch von dem 80jhrigenniederschsischeu Erzhler Gustav Frenssen und hie "Vorland". Der Dichter meint damit das nochungewonnene Land vor den Deichen, das Neuland, und meint im bertragenen Sinne die rassische und

    sittliche Zukunft unseres Volkes.

    Hans, so hie der ltere Kamerad, fafite die jungen, die so oft sinn- und, haltlos ber Frauen und Liebe"pflaumten", in einer gnstigen Stunde an. Es war Sonntag und nach dem Mittagessen, die Zeit der "Ruhevor dem Sturm", vor dem Ausgang ins Stdtchen. Hans las ihnen zuerst dies vor:

    "Der junge T. wollte heiraten; da sagte sein Freund: 'Ich habe eine Base, die hat dreitausend Mark'; da ginger hin und heiratete diese. Der junge B. und sein Freund sahen auf dem Weg zum Tanz zwei Mdchen vorsich gehen; sie machten ab: der andere sollte die Kleinere zum Tanz und Wein laden, er die Grere; esgeschah so, und er heiratete diese. Der junge S., der ein Weib begehrte, sah eines Tages ein Fenster offenund heiratete die, weiche es offen hatte stehen lassen. Der junge R. begehrte erst die junge Nachbarin zurLinken; als die ihm davonlief, nahm er die zr Rechten. Was auf diese Weise zusammenkommt, nennt diekatholische Kirche ein Sakrament, das heit zu deutsch ein Geheimnis gttlichen Willens; dieprotestantische sagt: 'Was Gott zusammenfgt...' Ich denke, es sind lauter Zuflle - und zur HlfteUnglcksflle -, wie sie jungen Menschen geschehen, die weder von Eltern und Lehrern, noch vom Staatredlich belehrt sind, noch selber, obgleich sie nun erwachsen sind, die Augen aufgemacht haben."

    "Ihr lauft alle Sonntage spornstreichs ins Dorf", wandte sich nun Hans an sie, "und wenn der Spiefi nichtdavor wre, wrdet ihr alle Tage zu den Weibern laufen, die ihr doch in nichts achtet, die Ausnahmen derAusnahmen abgerechnet. Erinnert euch einmal, was bei euch die Umstnde des Kennenlernens waren, undob ihr bei dem, wie ihr's treibt, den Leuten im Ort das Urteil abgewinnen knnt: Die SS-Mnner wissen,was sie bei den Mdels wollen. Die wollen nicht nur..., sondern sie sind auch whlerisch und habenGeschmack und Reinlichkeitsgefhl, was schon der halbe Charakter ist. - Diese oder, diese Qualitt, oderaber 'Danke'!" - -

    Damit hatte Hans die Kameraden ganz klein. Aber er hatte sie damit auch innerlich grogezogen im selbenAugenblick. Sie bten nmlich nun Kritik an dem, was sie voneinander wuten; die einen, heilfroh, da sie

    der Pauke Hansens einigermaen standhalten konnten, machten nun die anderen mit ihren"Aufgeschnappten" auf mancherlei scherzhafte Weise fertig; die Belmmerten lieen sich halb willenlosden schnen Sonntagnachmittagsscheitel von ihnen verwsten oder kriegten im kameradschaftlichenSchwitzkasten noch rtere Ohren, als sie ihnen die Verlegenheit schon aufgesteckt hatte. Hans freute sichber den guten Kern der Jungen, der mit einem energischen Wort doch so leicht anzuschlagen war.

    "Hrt nun noch diese Stelle", rief er und las einen anderen Abschnitt vor:

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    "Der junge Mann, auch der tiefere und ernstere, ist zwischen vierundzwanzig und achtundzwanzig, wo ersich frs ganze weitere Leben die Gefhrtin whlt, in seinem Wesen durchaus noch ungefestigt, seineseigenen Wesens noch unkundig, kennt auch Leben und Welt noch nicht. Jeder, der das ganzeMenschenleben kennt, wei, wie ein Mann von siebenunddreiflig ein ganz anderer ist als der vonsiebenundzwanzig.

    Da es so ist", meint Frenssen, "so erkennt also der, welcher mit siebenundzwanzig jene wichtigsteLebensentscheidung trifft", - wichtigste Lebensentscheidung? Wit ihr, was das ist? - "meist nicht diewirklich wert. vollen jungen Weiber, die in schlichten Farben stehenden schnen, starken stillen und tiefen,die von Natur und Rasse eigens bestellten Mtter un Hhezchter des Volkes; sondern sie neigenvielmehr, ihrem noch unreifen Wesen entsprechend, zu jenen, die ihnen, in kleinen Gaben und Knstenvielfarbig schillernd, mit kleinen oberflchlichen Reizen entgegenkommen.

    Indem diese Mnner wertvoller Art, verheiratet, im Lauf der Jahre reifen, erkennen sie, von Jahr zu Jahrdeutlicher, diejenigen Weibnaturen, die wertvoll sind, sehnen sich nach ihnen und begehren sie, oder habenbald heimliche Liebschaften. Und diese wertvollen Mdchen wiederum, da sie erleben, da sie von denjungen Mnnern nicht gewhlt werden, und ohne Liebe nicht leben knnen und Wollen, nach ihren eigenenwertvollen Naturen diesen wertvollen reifen Mnnern zugetan, gehen auf die Liebeswnsche dieser ein.Und so, auf diese Weise, leben einerseits diese wertvollen Mnner in zerrtteten Ehen, was ihrerArbeitskraft unendlich .gdiadet, andererseits- leben diese wertvollen Frauen entweder ohne Liebe und in

    steter Friedlosigkeit, oder bleiben (die meisten) whrend der ganzen Blte- und Fruchtzeit ihres Lebenkinderlose Liebste. Dieser Zustand ist menschlich voll von Nten, vlkisch von schwerem Schaden."

    "Menschlich voll von Nten, vlkisch von schwerem Schaden", wiederholte Hans eindringlich.

    Da blieb es erst eine Weile still, als er geendet hatte. Dann aber meinte einer: "So lange knnen wir aberdoch nicht warten? Wie alt bist du denn, Hans? Ende der Dreifliger. Das ist ja schon Mittelalter! DerReichsfhrer SS wnscht doch, da wir ung heiraten

    "Diesen Einwand habe ich erwartet", entgegnete Hans. "Der Dichter Frenssen meint das aber nicht so, ihrsollt erst mit 37 Jahren heiraten, sondern er will, der junge Mann solle sich alle Mhe geben, so frh alsmglich fr die wirklichen Werte des Menschen sehend zu werden, was natrlich Hand in Hand damitgeht, da ihr an euch innerlich und uerlich arbeitet und euch streng beobachtet. "Mensch, werde

    wesentlich!" hat einmal ein bedeutender Mann ausgerufen.

    Glaubt ihr vielleicht, der Reichsfhrer wnsche, ihr sollt deswegen jung beiraten,.damit ihr ja dummheiratet? Und damit euch dann hinterher die Augen aufgehen? Meint ihr, der Reichsfhrer gbe euch einenFreibrief fr den Leichtsinn? Da wrdet ihr euch tuschen. Ein Vertrauensbrief ist das!

    Der Reichsfhrer denkt, ihr seid als SS-Mnner wrdig und reif genug, fr Deutschland zu kmpfen undwenn not zu sterben. Wenn aber das von euch verlangt werden kann, so kann euch auch zugetraut werden,da ihr Deutschland schon neues Leben schenken knnt. Der Reichsfhrer denkt nicht daran, jedesprimitive Liebesverhltnis gutzuheien. Er denkt, wenn er die Frhehe wnscht, an Deutschland, anKinder, aber er denkt auch und vor allem an den Wert dieser Kindert Wenn wir heute HunderteEichenlaubtrger, Tausende Ritierkreuztrger und Hunderttausende sonst fr ihre Tapferkeitausgezeichnete Soldaten haben - neben Grobzeug, das wir auch haben -, denkt mal nach, wo das

    herkommt! Ihr seid heute so, wie eur Eltern euch schufen, und das heit auch, wie eure Eltern waren. Dieknftigen jungen und Mdels, Mnner undFrauen, werden so sein, wie ihr sie erzeugt, das heit, was ihrselbst seid und eure Mdels dazu.

    Und da die Zeit des Soldaten im Kriege keine Verschwendung ertrgt, so drft ihr auch hier eure Zeit nichtverspielen. - Knnt ihr mit euren Mdels allen Ernstes solche Dinge reden, wie ich jetzt mit euch rede?Wenn nicht, wenn sie zu dumm oder zu leicht dazu sind, dann lat sie ruhig laufen. - Werden sie aber ernstdabei und still, wenn ihr ihnen so erzhlt, und sehen sie euch gro in die Augen, so ist da schon mehrdahinter. Hrt aber nicht auf, sie und ebenso euch immer neu zu prfen." ,

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    "Ich finde", sagte einer der jungen, "es ist schon sehr schwer, diese wichtigste Lebensaufgabe der rechtenGaffenwahl richtig zu lsen." Und so finde ich den Gedanken Frenssens, erst spter zu heiraten, wirklichrichtig." Eben wurden die Ausgangsseheine auf die Stube gebracht.

    "Macht euch fertig, Jungs", rief Hans, "Wir haben wohl erst noch ein Stck gemeinsamen Weges undknnen unser Gesprch zu Ende fhren."

    Sie traten aus der Baracke ins Freie hinaus. Es war frischer Schnee gefallen, Und das Land atmete einegroe Reinheit. Sie schritten zusammen von der Hhe hinab, auf der die Unterknfte lagen, vor sich dasreichgegliederte Landschaftsbild, dessen unsterbliches Leben unter der kristallenen Schneedecke behtetlag.

    "Es besieht kein Zweifel darber, dafl gerade der nordische Mensch spter reif wird als der Mensch desOstens oder der des Sdens, besonders wenn man unter Reife auch die charakterliche und geistige Reifeund Festigung mitversteht. Leib und Seele sind ja nach unserer Auffassung im Wesen eins und gehrenalso zusammen. An und fr sich ist alo dem wertvollen nordischen Menschen eine sptere Eheschlieunggem. Aber ich brauche euch nicht besonders zu erzhlen, da wir heute in dem schwersten Ringen umunsere rassische Existenz seit Beginn der Geschichte unseres Volkstums stehen. Unsere Eltern undGroeltern hatten durchschnittlich schon zu wenig Kinder, feindliche Volkstmer dagegen vier bis fnfmalso viele! Und nun nimmt innerhalb eines halben Jahrhunderts bereits der zweite Krieg Opfer aus unserem

    Blutstrom. Da mssen wir die Zeitspanne zwischen den Generationen verkrzen. Es bleibt uns keine Wahlund keine noch so begreiflichen Grnde drfen uns jetzt dabei Einhalt gebieten. Wir mssen im Gegenteileben dahin trachten, da der junge Mann frh schon um seine Pflicht wei und sie ernst nimmt. Und wirerreichen es durch gegenseitige Hilfeleistung in dieser Aufgabe. Die Sinn- und Charakterverwandten unterden Alten und Jungen mren,einander mit Rat und Tat beistehen. Das erste ist natrlich das heiesteInteresse bei euch selbst, die Einsicht, da gerade die Aufgabe Gattenwahl das Eine ist, das not tut, damitalles andere daraus von selber sich richtig ergebe. Das Grundgesetz der rechten Gattenwahl aber istEbenbrtigkeit, das heit, Zugehrigkeit zur gleichen Art, und innerhalb der Art oder der Rasse auchwieder bereinstimmung in den wichtigsten Charakter- und Geistesanlagen. -

    "Die Jugend ist heute mit zwanzig Jahren, aber auch noch aus zeitbedingten Grnden,- so unklar undunentschieden in Liebes- und Ehefragen", fuhr Hans fort. "Sagt selbst, kann das anders sein, so lange dieffentlichkeit mit so viel leichtsinnigen Auffassungen ber diese Dinge berschwemmt wird, um die

    Neugier und Lsternheit der gedankenlosen Masse zu befriedigen? Kann es anders sein, wenn unsereMdels sich nach den Vorbild von Filmschauspielerinnen ebenfalls anmalen und uerlich aufplustern?Kann es anders sein, so lange der deutsche junge glaubt, sein Mdel msse ebenso aussehen wie diese oderjene Filmdiva, und umgekehrt, wenn das deutsche Mdel sich seinen 'Typ' ebenfalls unter den Filmleutenaussucht. Kann die Jugend wissen, was nordisches Empfinden zwischen junge und Mdel, zwischen Mannund Frau ist, wenn sie den ganzen Tag nur stupide Schlager lallt und pfeift, trllert und latscht, siaftdeutsche Liebes- und Volkslieder zu singen, deutsch zu tanzen und eine lebendige deutsche Geselligkeit zupflegen. Erst wenn wir wieder einmal eine geschlossene arigeme Volkskultur und ein vom Fremdtumgereinigtes arteigenes Gemeinschaftsleben in den Sippen, Drfern und Stdten haben werden, wenn einmalwirklich wieder alles zusammenhilft, das rechte Lieben der Jugend des Volkes zu frdern und zuberwachen, wenn Hochzeitsfeiern wieder sinnvolle Volksfeiern geworden sind, dann werdenwahrscheinlich auch die Jungens mit zwanzig Jahren schon ziemlich genau wissen, was sie zu lieben undwas sie zu meiden haben, sie werden dann auch wissen, was Ahnenverantwortung, Ebenbrtigkeit und

    Aufartung ist. Und sie werden bei all ihren Verwandten und Bekannten bereinstimmende AuffassungenVorfinden, so wie es vor Jahrtausenden bei unseren Vorfahren ahch gewesen ist. Lest in den Sagas, da habtihr 'die Bilder beflrer Zeit'. von der unser Treuelied singt! Ihr seid dazu berufen, diese versunkenen Bilderwieder, zu neuem Leben zu erwecken, indem ihr Kinder von solchem Wert erzeugt, mit denen dieAufrichtung einer solchen nordisch gearteten Kultur berhaupt erst erreicht werden kann. Und vergetnicht, da ihr dazu Mtter braucht, die es auch fertigbringen, die Kinder im Geiste einer solchen Kultur zuerziehen und das dazugehrige Brauchtum lebendig zu erhalten."

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    Hans war fertig mit seiner Sonntagspredigt; er blieb stehen und die Rotte mit ihm. Sie sahen in die Weite,und dann entdeckten sie in der Nhe den Schnee. Ihre warmen Hnde griffen hinein, und nun flogen dieBlle.

    Nach einem ausgiebigen Schneegefecht verabschiedeten sie sich voneinander, um ihre verschiedenen Wegeeinzuschlagen. Einer der jungen blieb weiter Hansens Weggefhrte, und die beiden werden wohl nochmanche Frage angeschnitten haben.

    J. Mayerhofer

    Babette wohnt mitten im Flecken

    Kamerad, du willst wissen, wie sich ein Bauer, der im Osten siedeln will, nach dem Siege seinen Hof undsein Haus einrichten und gestalten kann. Du willst dich jetzt schon im Felde, vielleicht solange du aufWache stehst, damit beschftigen; du willst deine knftige Heimstatt schon in dir wachsen und reifenlassen, du willst mit den Kameraden im Bunker darber klnen, und nicht zuletzt willst du mit deiner Brautdarber einig werden, was sie etwa schon vorbereiten kann.

    Es freut mich, da du diese Fragen so ernst nimmst, aber lasse dir zuerst eine kleine Geschichte dazuerzhlen, wie mir's neulich bei Babette ergangen ist:

    Babette ist meine jngste Tante, wii Kinder sprachen sie daher immer nur mit dem Vornamen an, das war-vertraulicher, und so ist's geblieben bis heute. Sie wohnt mitten in einem schwbischen Flecken. Auf ihreschaffensgewohnten Arme kann man noch immer nicht verzichten, sie umsorgt mit ihren 72 Jahren nochHaus, und Hof. Der Onkel ist schon lange tot.

    Natrlich hatten die beiden zusammen auch ein Herdle Kinder. Aber die Shne sind verheiratet oder stehendrauen als Soldat, und so bewirtschaftet die alte Frau den Hof allein mit ihren beiden in der Stadtverheirateten Tchtern, die es mit ihren Kindern ber die Kriegszeit auch wieder auf dem Lande"aushalten".

    Ach, wie lange hatte ich gie nicht besucht. Aber nun wollte ich meiner kleinen Tochter zeigen, wo dieUrgromutter aufgewachsen ist, und hatte berhaupt mal Sehnsucht, den Ort wiederzusehen, wo wir alsKinder immer sechs Wochen in den Ferien zubrachten.

    Und so gingen wir vor nicht langer Zeit durch mir vertraute winklige SeitengRchen des Dorfes, und zwarrichtete ich es so ein, da pltzlich wie im Mrchen der groe, etwas berhngende Kirchturm mit den buntglasierten Dachziegeln vor uns,stand und die Spitze in der Sonneglnzte. Da machte sie Augen. "Und einrichtiger Hahn dreht sich oben, ein richtiger Hahn." ja, den hat sicher der Dorfschmied einst geschmiedet."Mir kam es vor, als ob die Welt Jahre hindurch stillgestanden htte. Und liegen nicht immer noch dieWeiden im Brunnentrog. "Siehst du, die gehren dem Korbmacher. Da haben wir immer mit gespielt unduns verhauen, bis mal meine Schwester, die auf dem Trogrand herumhpfte, reingeplumpst ist undpatschna zur Tante laufen mute.

    Wir brauchten uns nur umzudrehen, um vor dem in Holzfachwerk ge,bauten groflintterlichen Haus zustehen. Es springt etws von der Strae zurck, und da die Scheuer bndig sieht, bildet sich wie,von selbstein Hof zum Wirtschaften. Unten sind die Stlle fr Pferd, Khe und Federvieh, im Obergescho dieWohnund Schlafrume.

    Ein wenig grer hatte ich es ja in Erinnerung, auch nicht so in sich zusammengesunken. Das Dach hngtdrauf, als ob einer die Kappe tief ins Gesicht zieht.

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    Hier hatte der Onkel, erzhlte ich der Kleinen, seine Ferkel verkauft. Die Muttersau fra aus einem langenTrog, und die Schweine grunzten drumrum und saugten an ihr. Da packte er eines an den Hinterfen undhob es hoch, da es quietschte. Wir wollten gerade auf die sternfrmig profilierte Haustre zugehen, alsBabette, ihre blaue Schrze glattstreichend, auf der Schwelle erschien. Was igt sie doch fr ein hutzeliges,runzliges, zusammengeschafftes Weible geworden! Aber desto munterer gehen die lustigen Augen und dasflinke Mundwerk. So fordert sie uns irach der blichen Begrung auf, ins Haus zu gehen.

    "Dich kenn ich doch, du roter Ziegelboden, bist du aber inzwischen ausgetreten, wirst bald einem anderenweichen mssen." So suche und finde ich gleich berall liebe Bekannte.

    Babette geht schon die Holzstiege hoch, die irgendwie aus dem dunklen Hintergrund herausragt. Sie hltdabei ihren schwarzen Tuchrock mit der Hand gerafft, so da man einen knallroten Unterrock hervorblitzensieht. Das wirkt auf mich wie der rote Punkt in einer grnen Wiese, den die Maler immer wiederverwenden, und ich denke mit Wehmut daran, da unsere guten alten Volks- und Arbeitstrachten immermehr auch auf dem Lande der modernen Kleidung, ja bereits dem "Overall", der Tankwartkleidung,weichen mssen. Aber Babette hat noch so manches gute alte Stck, das sie fr sich aufbraucht, sie willnichts wissen von dem neumodischen Zeug.

    Diese Stiege war mir immer etwas unheimlich, und ich begreife recht gut, da mich mein kleines Mdelepltzlich recht fest bei der Hand fat, als wir hochsteigen.

    Auch oben ist alles in ein dmmriges Licht gehllt. Auf dem hrn steht noch der alte Kleiderkasten, an demich einige weifle, hellblaue und rote Flecken, Spuren einstiger Bemalung, erkennen kann. Kaum reichtmir's noch zu einem kurzen Blick in die Kche. Babette macht aber schnell ihre Brettertre zu. Keineschwbische Hausfrau lfit sich gerne in die Tpfe gucken, und sie wird nicht glauben, da mich nur die"Architektur" interessierte.

    Aber wie nun die Tre zum Wohnzimmer aufgeht, sind wir fast geblendet. Es geht nicht nur,die Tr auf,das Herz geht einem auf. Die beiden Auenwnde haben fast nur Fenster, in der Ecke bleibt soviel Pfeilerstehen, als die Klapplden Platz bentigen. Unter dem Sims fhrt eine festgefgte Bank im Winkel,beinahe ber die ganze Lnge beider Wnde, mit einer Holzvertfelung im Rcken, und vom Fensterbrettleuchten auf der Sonnenseite rote Geranien herein.

    "Jetzt nehmt Platz", so drckt sie uns auf das Ledersofa, das zwischen Tr und Ofen steht. Da alles auf demFelde ist, verlt sie uns erst mal wieder, um etwas zum Vespern zu holen.

    Da kann das kleine und das groe Kind nicht stille sitzen. Zu sehr lockt zuerst die groe Kachelwand, dieden Hintergrund fr einen schnen schwarzen Ofen aus gegossenen Reliefplatten bildet. Sie ist wie eingroes Bilderbuch. Ein Schwarzwlder Tpfer hat Anno 1802 fr das junge Bauernpaar diese Wand gesetztund dies treulich in einem Spruch vermerkt. Aber damit fngt's erst an. Nun spiegelt sich seine ganze Weltauf an die hundert Platten. Es marschieren Soldaten und Bauern, die Postillone blasen ins Horn, und ob desJgers Trara springen die Hirsche ber Hecken, die Sauen und die Hunde hinterdrein. Postkutschenschaukeln, und ganze Planwagen fahren ber zwei Kacheln zum Markt in die Stadt. Zwischendurch wasBiblisches, "Josua und Kaleb tragen einen Trauben weg", wobei "der Trauben" offensichtlich dieHauptsache ist. Fast jede Tafel ist mit Begleitworten versehen, und so will das Tchterchen bald wissen,was darauf steht, und bringt mich, ich mu es offen gestehen, geschwind in Verlegenheit. Da entfaltet sich

    nun der kstliche, oft derb sinnliche, aber nie gemeine Humor dieser Tpferbauern.

    Wer kann meine Schmerzen lindern,die da nagen an meinem Herzen.

    Das war ein Spruch fr uns, mit dem wir andere aufs Glatteis fhrten, wenn wir schnell den Reim auflindern verlangten; oder wenn so ein Tpfer mit dem Malhrnehen seiner Holden zeigen wollte, da sieauch nichts Besseres sei - dann zeichnete er sie im Bett und schrieb:

    Stolze, schne Dorothee,

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    silzt im Bett und fangst die Flh'.

    berhaupt die Liebe und der Suff sind beliebte Anlsse:

    Wenn ich knnt' ein Vogel sein,nistet ich in dich hinein.

    Oder auch mal die Tragdie eines ungleichen Paares:

    Ich bin jung und du bist alt,Ich bin warm und du bist kalt.

    Einige ganz saftige habe ich unterschlagen. Und das alles in der Wohnstube, die zugleich Kinderstube war.Hier lernten die Vettern und Basen frei lesen und wurden auch nicht verdorben. Im Gegenteil, es sindprchtige Kerle geworden.

    Die ganze Wand ist ein Spiel in gelblichen, grnlichen und braunen Farbflecken und wirkt durchaus nichtunruhig. Ein Wandschmuck fr Generationen.

    Babette kommt, bringt Most, Brotund Wurst, und ich mu ihr erst mal aus der Familie erzhlen.

    Da sie aber wieder nach dem Essen sehen mu, bleibt mir Zeit, mich weiter umzuschauen. Ich sitze an demgroen Etisch im Fensterwinkel, hinter mir rankt ein kleinblttriger' Efeu in der Ecke, und zwischen demOfen, der von der Kche aus zu schren ist, steht der Grovatersessel, ein mit schwarzem rissigem Lederbezogener Ohrenbackenstuhl. Ich glaube, in ihm ist der Onkel fast gestorben, so dauerhaft sa und hstelteer zuletzt darauf. Er sprach nicht viel fr fnf Pfennig, konnte aber von seinem frwitzigen Pltzchen ausden ganzen Kirchplatz bersehen und hatte es gleichzeitig warm. Beides war wichtig. So ist in der Stubenichts mehr weiter zu bemerken. Die Sthle sind die guten alten Brettsthle mit dem ausgesgten Rcken.An den Wnden hngen ein paar Photographien, die den Onkel als Soldat (mit blau gemalter Uniform), dieEltern als Brautpaar und spter die Kinder zeigen. Die schmale Holzwand im Hintergrund ist eigentlich einzwischen der Stube und einer Schlafkammer gebauter Schrank. Von dieser Seite ist das "bessere" Geschirrfr Festtage drin untergebracht, auch wohl die Tischwsche. Nach der Kammer dient er alsSchlafzimmerschrank. ber der Tr ist noch Platz, um auf einem Brett einige Bcher aufzustellen. Alles ist

    eine wohltuende Einheit, die zuerst mal rein sachlich, durchaus fast nchtern ihren Zweck erfllt.

    Lediglich die neuen "Errungenschaften", elektrisches Licht mit Leitung und der Radioapparat, wuten sichnoch nicht einzufgen. Aber Babette ist nun soweit, um mich auch was zu fragen und reit mich nunfrmlich auf den rauhen Boden der Wirklichkeit.

    Sie klagt mir, da ihre zuknffige Shnerin, die sonst ein rechtes Mdle wre, mit dem jngsten Sohn, derden Hof bernehmen soll, in seinem letzten Urlaub den Wunsch uerte, sobald als mglich nach demKriege das Haus mal grndlich zu berholen. Das sei ja begreiflich. Aber nun wolle sie alles rausreien, dieschnen Kacheln weg, einen Linoleumboden anstatt. der schwieligen breiten Dielen. Ja, sogar derEinbauschrank msse raus. Sie htte schon ein anderes Bfett.

    Und der Sohn ist so verliebt und so uninteressiert an dem alten Glump, da er gar nicht sprt, wie sie mit

    den letzten Fasern ihres Herzens dran hngt. Ja, sie hat gleich gesagt, "Solange ich lebe, bleibt's wie es ist".Aber da hat der Sohn eingelenkt, "Das werden wir ja dann sehen, es ist ja noch nicht soweit, und la malerst den Krieg vorbeigehen". Und nun will sie mich, den drauf "Gstudierten", fragen, von dem sie sieht, daer mit ihr und den ihr lieb gewordenen Dingen fhlen kann, wie da zu helfen ist. Der ltere Sohn hat in einanderes Haus geheiratet, hat auch alles ganz neu bekommen, aber gar nicht nach Babeites Geschmack, allesist so vornehm wie in der Stadt. Geblmte Tapeten und Vorhnge bis auf den Boden, furnierte Mbel,einen Dauerbrandofen und sogar ein Bad, wo man bei Babette doch immer in der Waschkche in einemZuber auch recht sauber wurde.

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    "Ja, liebe Babette, du hast recht, wir mssen den Bauern heute oft erst sagen, da sie den Stdter nicht zumVorbild nehmen sollen. Erst kurz vor dem Kriege richtete ich einen Erbhof ein und setzte durch, da zurErleichterung der Hausfrauenarbeit smtliche Schrnke der Wohnung wieder ,wie frher eingebaut wurden.Ein Erbhof ist was Festes, da knnen, ja mssen diese Stcke auch festgebaut sein. Und was sagte der alteBauer: "Es ist eine verdrehte Welt, Sie bauen die Schrnke wieder fast so ein wie wir sie, als wir heirateten,rausreien lieen." "Um so besser", sagte ich, "dann zeige ich wenigstens, da ich mich an der altenBauweise angeschlossein und geschult habe." Und heute ist die junge Frau glcklich, da sie mir gefolgthat. Ganz konnte ich auch dort furnierte Mbel nicht verhindern, weil der Schreiner heute schon zu sehrdarauf eingearbeitet ist. Ich habe aber darauf gesehen, da die Teile, die dauernder Bentzung undBeanspruchung unterliegen, auch Stofi und Puff vertragen.

    Das ist es ja, was deine Kinder, trotzdem sie in einem so musterhaften Beispiel von Bauernhausaufgewachsen sind, nicht begriffen haben, weil es so selbstverstndlich ist. Eure Einrichtung ist zwar miteuch gealtert und hat die Spuren davon mitbekommen, ist aber fr den Wissenden dadurch um so schnergeworden. Und die jungen lassen sich blenden von dem' farbfrischen, glatten Material, von, denSchlagworten Hygiene und sachlichschne Form und verlieren, einmal auf eine ihnen vollkommen fremdeEbene geschoben, vollstndig den Halt. Sie entscheiden nicht mehr in einem sicheren Instinkt wie du,sondern machen das nach, was andere, von denen sie glauben, da sie es verstehen, ihnen ebenso schlechtvormachen. Zum Glck sind durch die Gliederungen der Partei heute gute Bestrebungen im Ganie, diejungen Menschen aufzuklren; der Krieg stellt wichtigere Aufgaben, und so knnen solche Fragen ganz am

    Rande behandelt werden. Im Augenblick wird ja auch nicht viel verdorben, was die Ausfhrung betrifft.Aber du brauchtest nicht so vor der Frage bangen, wenn sich deine beiden jungen Leute ernstlich mit dieserFrage befaten. Gewi, die junge Frau will baldmglichst einen glatten Boden - aber wie ich sehe, kann ersogar noch einmal abgezogen und ausgespnt werden. Sie mu eben begreifen, da gewisse neueWerkstoffe nicht zum Bauern passen, das ist nun mal so. Und so habe ich Babette versprechen mssen, dieBraut noch vor meiner Abreise zu besuchen, was ich am gleichen Tage getan habe. Sie hat sich durchausvernnftig gezeigt, und ich glaube, da ich sie mit der Zeit schon dahin bringe, wohin Babette und ichwnschen ...

    Das habe ich dir, lieber Kamerad, als praktisches Beispiel vorfhren wollen. Babette ist ein rechtesBauernweib, wohnt nicht nur mitten im Flecken, sondern mitten in meinem Herzen - sie hat's auf demrechten Fleck. Und trotzdem siehst du, ist es keine Gewhr dafr, da nicht schon die jungen in einer Weisevollstndig entgleisen, ohne es zu wissen. Fr uns unbegreiflich, da sie etwa kein Verhltnis mehr zu so

    einer Kachelwand haben, die ihnen in der Kindheit alles bedeutet haben mu, aber sicher glauben sie, weil'sein einfacher Mann in naiver Weise gemalt hat, es sei keine Kunst. Kunst ist aber, was zum Herzen spricht.Und da ziehen sie eine Mustertapete oder einen billigen Allerweltsdruck als Bild vor.

    Wrden wir aber die stdtische Art, die ganz andere Voraussetzungen zum Wohnen hat, im Bauerntumeinreien lassen, so wre es auch bald aus mit dem Kinderreichtum auf dem Lande. In einer Wohnung, inder die Mbel wichtiger sind als die Menschen, kann kein gutes Familienleben entstehen. Die Frau hat auchviel zuviel Arbeit mit dem Haushalt. Das fhrt dann so weit, da die gute Stube ganz abgeschlossen wirdund alles zusammen in der Kche haust.

    In alten Bauernhusern findest du immer eine zweckmige, ungeknstelte Aufteilung und Durchbildungder Einzelformen, den wahren Bedrfnissen entsprechend. Nichts ist auf "Effekt" berechnet. Die wenigenbeweglichen' Mbel machen der Buerin wenig Arbeit in der Reinigung. Die Gerte mssen so und so

    sauber gehalten werden - verschwinden aber auch mglichst in Schrnken oder Gelassen, von denen derBauer nicht genug haben kann. Aber diese Einzelstcke fgen sich vollkommen in das Ganze ein; wohlsind Bett, Sthle und Truhe oft reicher geziert, vielleicht sogar durch den Bauer selbst an einigen langenWintertagen, aber das schlichte Kleine und das reichere Grere sind beide aus einem Geist geschaffen undhalten und gehren zusammen.

    Das ist es ja, was ich als Kind nur in Babeites Wohnung ahnen konnte, was ich aber heute gewi wei, daeine Sache nicht nur zweckmig praktisch zu sein braucht, um auf Dauer zu befriedigen, sondern da siezuerst noch in dem ihrem Verwendungszweck und artgemen Werkstoff hergestellt und verarbeitet sein

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    mu (also mu dieser hier zum buerlichen Leben, passen) und darber hinaus ein "Mehr", eine Gesinnungzur Schau tragen mu, die, auf uns bezogen, unserer Art, unserem deutschen Wesen entspricht.

    Aber zu allererst mu das Leben in Ordnung sein, dann versteht sich das andere von selbst.

    Wie man im Osten zuerst anfangen wird, in den neuerstellten Hfen zu wohnen, das wird sich bald zeigen.Sicher ist, da wir, wenn wir schon das Richtige wollen, auch die rechte Art finden, auf dem Altenaufbauend weiterzumachen.

    ich werde dir, sooft ich Gelegenheit habe, Bilder von guten Einrichtungen und Mbeln zukommen lassenund wnsche dir ein rechtes deutsches Heim und eine ge,sunde Familie.

    Albert Haberer

    Falsch verstandene Kameradschaft

    Kameradschaft ist so vielgestaltig wie das Leben. Tausendfltig sind die Beispiele, die von ihr knden. Sie

    ist das Band, das ganze Kerle zusammenhlt. Ohne wahre Kameradschaft ist echtes Soldatentum nichtdenkbar. Aber immer dient sie dem hheren gemeinsamen Ziel, dem Ganzen, der Gemeinschaft. Ihresittliche Kraft kommt aus starkem Herzen, aus der Verantwortung, aus dem unbeirrbaren Gefhl, Volk undHeimat schicksalhaft verbunden zu sein. Wo sie von diesem sittlichen Begriff abweicht, erhlt sie einegoistisches Mntelchen, ist sie moralisch brchig und der Gemeinschaft schdlich.

    Solcher falsch verstandener Kameradschaft erlag ein SS-Obersturmfhrer als Lagerfhrer. Als es bekanntwurde, dafi in seinem Dienstbereich vom Kassenfhrejr mehrere Schweine ohne Genehmigunggeschlachtet und groe Fleisehmengen unrechtmig verteilt oder verschickt worden waren, prfte er dieVerfehlung nicht nach, sondern versuchte auf den untersuchenden Beamten einzuwirken, von weiterenErmittlungen Abstand zu nehmen. Ferner veranlate er die beteiligten SS-Mnner, ehrenwrtlicheErklrungen auszustellen, da sie kein Fleisch erhalten htten.

    Der Kassenfhrer wurde mit Zuchthaus, der Lagerfhrer wegen Nichtmeldung von Straftaten Untergebenerund Anstiftung zur Abgabe von Falschmeldungen zu einer Gefngnisstrafe verurteilt.

    Das Verhalten des Kassenfhrers stellt eine schwere Schdigung des deutschen Volkes dar. DerLagerfhrer hat aus miverstandener Kameradschaft, statt fr Ordnung zu sorgen, Mistnde zu deckengesucht. Wer vertuscht, schadet dem Vlksganzen und untergrbt seine eigene Autoritt.

    Aus den Mitteilungen des SS-Hauptamtes Gericht

    Ahnenwelten der Vorzeit

    Der Krieg hat den Soldaten mit zwei Dingen wieder vertraut gemacht, mit denen wir durchzunehmendeVerstdterung die Fhlung zu verlieren drohten. Das eine ist der Blick in das sternenbesteHimmelsgewlbe ber uns, und das andere ist der Erdboden zu unseren Fen. Der Blick zu den Sternenlt unsere Gedanken schweifen in die Weiten des Weltalls, in die Unendlichkeit von Zeit und Raum. Auchunsere Erde ist ein wenn auch kleiner Himmelskrper, der unsere Heimat trgt und auf dem sich in vielenHunderten von Jahrmillionen die Entwicklung der Lebewesen vom Niederen zum Hheren, vom Einzellerzum Menschen vollzogen hat, zwar nicht auf dieses Ziel gerichtet, sondern in unerschpflicher Formenflleweit ausholend und dem Leben erobernd, was an Lebensraum nur irgendwie erobert werden konnte. Blutund Boden sind durch eine lange Folge von Ahnenlebewelten untrennbar verbunden. Und eine Rckschau

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    auf diese Vergangenheit ist nicht minder geeignet, Ehrfurcht vor der Erhabenheit des Naturgeschehens zuerwecken wie der Blick in das Weltall.

    Unser Heimathoden ist nicht von Anfang an dagewesen. Auch er ist geworden, und jeder Spatenstich zeugtvon diesem seinem Werdegang, denn der Spaten enthllt nicht nur die Zeugnisse der historischenVergangenheit und der vor- und urgeschichtlichen Besiedlung durch den Menschen, sondern auch sehr vielltere erdgeschichtliche Urkunden von den wechselnden Schicksalen unserer Heimat, die weit vor derAnwesenheit des Menschen auf unserer Erde liegen. Der Heimatboden hat unsere Vorfahren ernhrt. Ergibt uns das Brot und die Rohstoffe zum Bauen und Wirtschaften, und in ihm schlummern noch dieTagewerke knftiger Generationen.

    Der Mensch verliert viel, wenn er die Bodenverbundenheit aufgibt. Es hat Gemtswert und tiefen Sinn,wenn wir das geschichtliche Gewordensein unserer Heimatscholle in Ehrfurcht auf uns wirken lassen undwenn wir in Gemeinschaftsarbeit von Bergung und Erforschung den Kampf gegen die Lcken derCberlieferung fhren. Erdgeschichtsarbeit ist Quellenforschung. Die Spuren der Vergangenheit lesbar zumachen, ist die Aufgabe des Erdgeschichtlers, und der Zweck einer Heimatsammlung ist es, dem deutschenMenschen an eindrucksvollen Beispielen das Wissen vom Werdegang seines Heimatbodens zu vermitteln.Hier liegt die heimatkandliche Sendung der Erdgeschichte. Wehe dem Volk, das die Verbindung mit demErdboden verliert. Er birgt gesundes Trinkwasser, ihm vertrauen wir Feldfrchte an, um sie durch denlangen Winter zu bringen. Aus dem Heimatboden holen wir die Baustoffe fr Straen und Bauten. Ihm

    entreit der Bergmann in zhem Kampf Brennstoff, Eisen und Metalle. Er liefert Glas und Salz, selteneErden und Schmuck, er liefert die Grundlagen der ebernischen Schwerindustrie. Der Pionier, derWehrgeologe, der Nachrichtensoldat, sie suchen alle Eigenschaften des Bodens auszunutzen.

    Das vierjahresplanmige Denken hat uns gelehrt, wieviel schicksalentscheidende Mglichkeiten im Bodenschlummern, die wir ausnutzen mssen, um uns zu behaupten. Mchtig sind die Kraftstrme, die derErdboden, die unser Heimatboden ausstrahlt, ob wir an unsere wirtschaftlichen und gesundheitlichenLebensmglichkeiten oder an die geistige Erbauung, die Weitung unseres Wissens, die unerschpflichreiche Belehrung und an die im Grunde wurzelnde zielbewut ausgerichtete Heimatforschung denken.Darber hinaus ist es doch von so eigenartigem Reiz, den Zusammenhngen grauer und grauester Vorzeitnachzuforschen. Der Hang dazu schlummert in jeder Brust, und in so vielen, Deutschen, die es gar nichtwissen, schtummert der Keim zum Naturforscher in der Seele.

    Heute, wo es Ehrenpflicht eines jeden jungen Deutschen geworden ist, mit Hacke und Spaten verbesserndin den deutschen Boden einzugreifen, wird es auch zur Ehrenpflicht, keine Bodenfunde verkommen zulassen. Denn sie sind es, die am schnellsten die Verbundenheit des deutschen Menschen mit dem uraltenund immer wieder lebensjungen Werdegang seiner Heimat inniger gestalten. Die Zeugnisse, die wir aus derErdrinde bergen, gehren darum auch nicht einem einzelnen, sondern sie gehren der Gesamtheit. Siegehren auch nicht einer Generation, sondern sie sollen noch Wissen verbreiten, wenn die Menschen lngstnicht mehr sind, die diese Funde bargen.

    Wo der Bergbau und die Gewinnung von Steinen und Erden seit Jahrhunderten im Schwang war, daschlagen die Herzen besonders warm fr jede Erbanungssttte der Erdgeschichte, und eine solche, dieGeiseltalsammlung im Geologischen Institut der alten Salzstadt Halle, wollen wir des Beispiels wegen hierbehandeln.

    Unsere Geschichte umfat nur Jahrhunderte, die Vorgeschichte Jahrzehntausende. Die Urgeschichte derMenschheit aber zhlt bereits nach Jahrhunderttausenden. Aber auch damit sind die Zeitrume desWerdeganges der Lagersttten und der Schichten unseres Heimatbodens nicht zu messen, denn hier geht esum Hunderte von Jahrmillionen. Gleichwohl ist es reizvoll, zwischen Menschen- und ErdgeschichteVergleiche zu ziehen.

    Auch das Geiseltal hat in der Geschichte eine Rolle gespielt. Die Geisel ist ein kleiner Wasserlauf. IhreQuelle liegt bei St. Mcheln; wenig unterhalb wird sie von der Zwlf-Apostel-Quelle gespeist. Sievereinigt sich mit der Leiha, die von Freiburg in einem alten Lauf der Unstrut nach Norden fliet. Vor derSchlacht bei Robach biwakierte die Reichsarmee in St. Mcheln. Friedrich der Groe benutzte die

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    sumpfige Senke der Geisel mit einigen Kanonen und einem leichten Kavallerieschleier alsFlankendeckung, und Seidlitz machte den fr die Reichsarmee so verhngnisvollen Reiterangrift. Da, wodas Hallesche Heyltum fr den groen Abla des Kardinals Albrecht von Brandenburg stand, erhebt sichheute als viel aufgesuchter heimatkundlicher "Wallfahrtsort" das Geiseltalmuseum. Die Reste von etwa7000 Wirbeltieren, die vor dreiig Millionen Jahren bei uns zu Hause waren, also zu einer Zeit, wo dieAlpen noch nicht aufgefaltet waren, wo es weder Menschen noch Menschenaffen, noch Affen gab, sondernnur erst Halbaffen, sind hier zu einer eindrucksvollen Schau vereinigt. Am Sdende der Residenz verluftmitten durch die alte Salzstadt Halle eine vllig eingeebnete Verwerfung von mindestens 600 MeterSprunghhe; gleichaltrig mit dem Nordrand des Harzes, nimmt sie wie dieser WNW-Richtung ein.Nordstlich dieser Strung, an der die Salzquellen von Halle zutage treten, liegt lteres Gebirge mitPorphyrfelsen, sdlich davon die Merseburger Buntsandsteinplatte, unterlagert von den mchtigenSalzschichten der Zechsteinformation, deren Auslaugung an vielen Stellen Sglzquellen austreten lfit, diezum Teil die Braunkohlenlager geschdigt. haben. In gleicher Richtung wie die Marktplatzverwerfungdurchzieht die Merseburger Buntsandsteinplatte der Teutschenthal-Drrenberger Sattel. Als die Ausluferder Muschelkalkbedeckung der Thringer Mulde, die uns vertraut ist von der Rudelsburg und aus derGegend von Jena, liegt im Sden ein kleineres Becken. Seine tonige Unterlage bedingt den Austritt desberschssigen Niederschlagswassers in berlaufquellen bei St. Mcheln. Der mittlere Btintsandstein desTeutschenthaler Sattels im Norden und der Muschelkalk des kleinen Beckens der Querfurter Mulde imSden erheben sich ber die Senke, die aus den Gipslager fhrenden weichen Leiten des oberenBuntsandsteins aufgebaut ist. Durch die Ablaugung der mehrere hundert Meter mchtigen Salzlager in der

    Tiefe ist das Erdreich zur Bildungszeit der mitteldeutschen Braunkohlen tief abgesunken, so da da einemit mchtiger Braunkohle erfllte Senkungswanne den Talboden bildet. Flchenmig gesehen ist dasGeiseltalrevier unbedeutend, und es erscheint nur als wesilich vorgelageries Randgebiet des Zeitz-Weienfelser Braunkohlenbeckens. Aber die durchschnittliche Mchtigkeit betrgt 30 bis 70 Meter undsteigt im Westen wie im Osten auf ber 100 Meter an. Dazu kommen unter, zwischen und ber der KohleTone und Kiese, die auch bis 80 Meter Mchtigkeit erreichen knnen. Der grte Tagebau im westlichenGeiseital reicht mit seiner Sohle heute bis 20 Meter ber den Meeresspiegel, und dabei stehen noch ber 20Meter Kohle darunter an. Eine vielgestalge Flzfolge tiefschwarzer, schwarzer, dunkler, brauner,hellbrauner und gelblicher Bnder baut die mchtigen Kohlenste auf, und diese Farbe erzhlt uns vonder, wechselnden Geschwindigkeit des Senkungsvorganges, der. barnionisch mit der Kohlenbildungerfolgte, so da jede sich bildende Kohlenwanne immer wieder mit sich in Braunkohle umwandelndenPflanzen und Humusmaterial gefllt wurde. Immer wieder setzte, der Auslaugungsund damit derSenkungsvorgang aufs neue ein, so da schlielich diese betrchtliche Mchtigkeit resultierte. Auch die im

    oberen Buntsandstein vorkommenden Gipslager unterliegen der Auflsung, wenn auch nicht'so stark wieSalz. So kam es zur Hhlenbildung und schlielich zum Einsturz solcher Hohlrume unter demBildungsraum der Kohle. Zylindrische Teile des Kohlenkrpers verloren den Halt und sanken nach' unten,so da uns die Bnder der Kohle zerrissen erscheinen. Hier bildeten sich WasserStellen, in denen sich inder Trockenzeit Krokodile und Schildkrten zurckzogen. Hier kamen die Tiere zur Trnke, hier wurdensie eine Beute der Ruber. Brach der Sturm Zweige von dein Bumen, so wurden Baumbewohner wieHalbaffen, Eidechsen und Vgel in diesen Trichtern und Erdfllen eingebettet. Aber eine solche Vertiefunghlt sieh nicht lange. Bltter und Pflanzen werden von allen Seiten zugetragen, und die Kohle bildet sichhier schneller als in der Umgebung. Nach einiger Zeit ist die Zerreibung der Kohlenbnder wiederausgeglichen, und die darberliegen-. den Schichten setzten sich ungestrt ber den alten'Erdfall hinweg.Solche Erdflle gingen nun A ganz verschiedenen Zeiten, mindestens auf 40 000 Jahre verteilt, nieder, undihr Fundinhalt zeigt uns, wie die Tierwelt sich rassen- und artmig umwandelt. Aus der Bnderumg unterWasser gebildeter Kohle, aus den jahresringen der Bume, von der Schichtung der Gehrsteinchen der

    Fische wissen wir, da es sich damals um ein Wechselklima gehandelt h