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Staats- und Europarecht I - 2 Verfassungsstaat und Staatsorganisationsrecht Dr. Peter Becker

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Staats- und Europarecht I - 2

Verfassungsstaat und Staatsorganisationsrecht

Dr. Peter Becker

Gliederung Fortsetzung von Staatsrecht I-1

VI. Teil: Verfassungsbegriff, Verfassungsgeschichte und Entstehung des Grundgesetz

VII. Teil: Die Grundprinzipien des Grundgesetzes -Staatsstrukturprinzipien und Staatszielbestimmungen-

VIII. Teil: Die Staatsorgane

IX. Teil: Die Staatsfunktionen

X. Teil: Auswärtige Gewalt

XI. Teil: Politische Parteien

VI. Teil Verfassungsbegriff

Verfassungsgeschichte

Entstehung des Grundgesetz

Verfassungsbegriff – historische Bedeutung

Verfassungen im modernen Sinne entstanden im 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Entwicklung der Vorstellung vom Staat als korporativem Gemeinweisen. Zunächst Vertragstheorie: Verfassung als Vertrag zwischen Volk und Herrscher Rationale Legitimation der Herrschaft:

- der Herrscher schuldet dem Einzelnen Schutz, - der Einzelne unterwirft sich zu diesem Zwecke (unwiderruflich) seiner Herrschaft (vgl. insbesondere: Hobbes in Leviatan)

Später: Mittel zur Begrenzung der Herrschaft des Fürsten durch das Parlament (konstitutionelle Monarchie), deutscher Konsitutionalismus Heute: • Rein formales Verfassungsverständnis • Gesetz mit besonderem Rang und erschwerter Abänderbarkeit

Rule of law oder rule by law?

Rule by law Es wird nach Gesetzen geherrscht. Der Herrscher steht aber über den

Gesetze (also außerhalb der Rechtsordnung).

Der Herrscher kann die Rechtsordnung wieder aufheben.

Recht beruht auf der Toleranz des Herrschers.

Rule of law Es wird nach Gesetzen geherrscht. Auch die Regierenden sind den

Gesetzen unterworfen. Die Rechtsordnung beruht auf einer

Verfassung, die nur das Volk als Souverän (ggf. durch das Parlament) ändern oder aufheben kann.

Recht beruht auf der Verfassung.

Beispiele: Deutscher Konstitutionalismus des 19.

Jahrhunderts: Monarch „gewährt“ die Verfassung. Er bleibt trotz Verfassung der Souverän und wird nur in der Ausübung seiner Souveränität beschränkt.

Defekte Demokratien, vgl. aktuell Thailand

Erkenntnis: Nur das verfassungsmäßig verbriefte und

erzwingbare Recht gewährleistet bürgerliche Freiheit und Gleichheit

Ohne verfassungsrechtlich geschützte Freiheit und Gleichheit ist Demokratie nicht möglich

Der Verfassungsbegriff - Funktion

Begrenzungsfunktion

Der Staatsgewalt werden durch die Verfassung bei ihren Handeln Grenzen gezogen (insb. durch Grundrechte)

Funktionen der Verfassung

Staatsorganisationfunktion Der Staat bzw. die Staatsgewalt werden durch die Verfassung handlungsfähig gemacht.

Verfassungsstaat liberaler Verfassungsstaat

Der Verfassungsbegriff - Staatsorganisationsfunktion

Notwendige Regelungen

• Existenz der Staatsorgane einschließlich ihrer Zusammensetzung

• Aufgaben ("Zuständigkeiten") der Staatsorgane

Soweit erforderlich

• Form und Verfahren für Entscheidungen der Staatsorganen

• Gegenstand der Tätigkeit der Staatsorgane im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben

Allgemeine Prinzipien: • Verfassungsregeln müssen für einen sachgerechten Ausgleich zwischen

den verschiedenen Staatsstrukturprinzipien sorgen. • Die Verfassung bildet nur einen Rahmen für die Politik, denn im

demokratischen Staat beschränkt sich Politik nicht den Verfassungsvollzug.

Deutsche Verfassungsgeschichte • Zwischen 842-911: Herausbildung des Alten Reichs aus dem ostfränkischen Reich (Personenverbandsstaat zwischen Stammesfürsten bzw. Vasallen des Königs),

König ist als Kaiser zugleich Beschützer des Abendlandes und der christlichen Kirche

• 1122 Wormser Konkordat: Ende des Investiturenstreits

• 1158 Reichstag auf den roncaglischen Feldern unter Friedrich I. Barbarossa: Die Möglichkeit, dass Recht in Form von Gesetzen durch den Kaiser erlassen bzw. geändert werden kann, wird erstmals anerkannt. Recht erhält damit eine zeitliche Dimension.

• 1231 Wormser Reichstag: Friedrich II. überträgt den Landesfürsten zahlreiche Regalien

• 1356 Goldene Bulle: Königswahl durch zunächst 7 später 9 Kurfürsten

• 1496 Reichsreform: Reichskreis, Reichskammergericht, Fehdeverbot für den Adel

• 1521: Aufstellung eines gemeinsamen Reichsheers (Beteiligung und Finanzierung durch die Reichsstände)

• 1555 Reichsexecutionsordnung: Reichskreise und lokale Reichsstände zuständig für Handhabung des Landfriedens und der Vollstreckung der Urteile des Reichskammergerichts

• seit 1648 (Ende des 30jährigen Kriegs): Mit dem westfälischen Frieden wird die Idee souveräner Einzelstaaten (moderner Staaten) anerkannt

• Ab Mitte des 18. Jhdts.: Gegensatz von Preußen und Österreichs und französische Erbfogekriege schwäche das Reich

• 1803 Reichsdeputationshauptschluss: Säkularisation und Mediation durch Aufhebung der Kirchengüter

• 1806 Franz II. legt Kaiserkrone nieder: Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation

• 1815 Deutscher Bund: kleindeutsche oder großdeutsch Lösung? Erste Verfassungsbewegung führt zum Erlass von Verfassungen in zahlreichen Ländern.

• 1848 März-Revolution: Versuch der Schaffung einer demokratischen Reichsgewalt

• 1867 Norddeutscher Bund: Vorstufe des Deutschen Reichs unter Bismark

• 1871 Deutsches Reich: Bismarcksche Reichsverfassung, Deutsches Reich als Fürstenbund

• 1918/19 Weimarer Republik: WRV als erste Verfassung mit demokratisch bestimmter Regierung

• 1933 Ermächtigungsgesetz: Machtübernahme durch die Nazis

• 1945 Kapitulation (nicht: Auflösung) des Deutschen Reiches

• 1949 Grundgesetz für westliche Besatzungszonen, Verfassung der DDR im Osten

• 1990 Wiedervereinigung, Anschlusslösung, Grundgesetz gilt in allen Teilen Deutschlands

Organisationsstruktur des Heiligen Römisches Reiches seit dem Ewigen Reichsfrieden vom 7. August 1495

Quelle: Wikipedia

gewählter Kaiser und Reichsstände, geteilte Souveränität;

Verfassung: Bündel von traditionellen Rechten und Dokumenten,

1122 Wormer Konkordat: Investiturenstreit;

1231 Reichstag Worms: Stammesfürsten werden zu Reichsfürsten; Gesetz-gebung, Münzwesen, Städtebau

1356 Goldene Bulle: Königswahl

7.8.1495 Ewiger Reichsfriede, Reichskammergericht, Fehdeverbot des Adels, Gewaltmonopol des Staates

1521 Worms, Reichsheeresverfassung

25.9.1555 Augsburger Religionsfriede

Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 Organisation • Reich = Stiftung der

Bundesfürsten • Bundesrat und nicht

der Kaiser oder das Volk war als eigentlicher Souverän gedacht

• Dt. Kaiser und nicht Kaiser von Deutschland

Grundrechte • Kein Grundrechts-

katalog, nur Diskriminierungs-verbot wg. Landeszugehörigkeit

• Verwaltungsvollzug bei den Ländern -> preußische LV hat GR-Katalog

Exkurs: Deutscher Konstitutionalismus

Fürst = Souverän

Quelle der Souveränität Ausübung der Souveränität Verfassung

Selbstbeschränkung durch „Gewährung“ einer Verfassung (iSv. Toleranz)

Volk

Begründung der Souveränität wird rational: Idee von Tradition, Gottesgnadentum wird aufgegeben. Stattdessen: Fürst steht über den Parteien, ist neutrale Instanz, wird zum „Staat“

Verwal-tungs-

apparat

Parla-ment

Wahl

Begrenzte Befugnisse, Zustimmung zu Gesetzen und zum Budget

Oberhaus (Adel) Der Verwaltungsapparat

entwickelt zunehmend ein Eigenleben (esprit du corps) und handelt aufgrund vorhersehbarer Prozeduren und Verfahrensabläufe. Dies verdrängt die Willkürent-scheidungen des Souveränes. = Rechtswegestaat

„Rule by law“

Weimarer Reichsverfassung Aufbau: Zuständigkeiten des Reichs • Gesetzgebung • Regierung und Verwaltung • Rechtsprechende Gewalt Staatsorgane • Reichstag • Reichspräsident • Reichsregierung • Reichsrat • Staatsgerichtshof Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen • Erster Abschnitt: Die Einzelperson • Zweiter Abschnitt: Das Gemeinschaftsleben • Dritter Abschnitt: Religion • Vierter Abschnitt: Bildung und Schule • Fünfter Abschnitt: Das Wirtschaftsleben Übergangs- und Schlussbestimmungen Schwachpunkte (aus heutiger Sicht): Fehlende Sperrklausel, keine Regelung zu Parteien „verfassungsdurchbrechende“ Gesetze zu starke Rolle des Reichspräsidenten (Art. 48)

Entstehung des Grundgesetzes 1.7.1948: "Frankfurter Dokumente" Auftrag der Westalliierten an die

Ministerpräsidenten für einen Verfassungsentwurf

8. – 10.6.1948: Koblenzer Beschlüsse und 20.06.1948 erneute Konferenz der Ministerpräsidenten in Niederwald

10. - 23. 8 1948; Verfassungskonvent Herrenchiemsee: Entwurf u.a. Carlo Schmidt

1.9.1948 - 8.5.1949: Parlamentarischer Rat (65 Vertreter der westdeutschen Landtage)

Der Verfassungsentwurf wird von der Überlegungen geprägt, die Konstruktionsfehler der Weimarer Reichsverfassung zu vermeiden.

• Stabilität der Staatsorgane • wenig plebiszitäre Elemente • wehrhafte Demokratie (u.a. Parteiverbot) • „ehrliche“ Verfassung (einklagbare Rechte, effektiver Rechtsschutz)

Durch Intervention der Militärgouverneure werden die Länderkompetenzen gestärkt.

Konstruktion als Übergangsverfassung

Verabschiedung am 23.5.1949 durch den Parlamentarischen Rat

In Kraft getreten am 24.5.1949

Inhalt und Gliederung des Grundgesetzes

Präambel (Vorwort)

Grundrechte (Artikel 1 –19 GG)

Organisationsnormen des Staates (Artikel 20 ff. GG) Verfassungsgrundsätze

Staatszielbestimmungen (Art. 20, 28 und 79 Abs. 3)

Staatsstrukturbestimmungen (bestimmen die Struktur des Staates)

institutionell (Staatsorgane)

funktionell (zum Beispiel Gesetzgebungsverfahren)

Diverse weitere Regelungen (zum Beispiel Regelungen für den Verteidigungsfall)

Übergangsregelung, Weitergeltung des bisherigen Rechts

Wiederholungsfragen zu Teil VI

1. Hatte das Alte Reich bereits eine Verfassung?

2. Welche Funktion hat die Verfassung beim Übergang von der traditioneller und rationaler Herrschaft?

3. Was wurde unter dem Begriff „Verfassungsvertrag“ verstanden?

4. Was meinen die Begriff deutscher Konstitutionalismus und Rechtswegestaat?

5. Worin bestehen die Funktionen moderner Verfassungen?

6. Worin bestehen die Hauptunterscheide zwischen der WRV und dem Grundgesetz?

7. Welche beiden Elemente hat das Grundgesetz aus der Verfassungstradition des Alten Reichs ererbt?

VII. Die Grundprinzipien des Grundgesetzes

Grundprinzipien des Grundgesetzes

Staatsstrukturprinzipien • Staatlichkeit

• Demokratie

• Sozialstaat

• Bundesstaat

• Republik

• Rechtsstaat

Staatszielbestimmungen (programmatische Direktiven i.S.v. Leitprinzipien):

• Schutz der natürlichen Umwelt

• Tierschutz

• Sozialstaatsprinzip

Art. 20 Abs. 1 Art. 20a

Schutz durch Art 79 Abs. 3 GG (Ewigkeitsgarantie)

Bundesrepublik Deutschland als Staat Staat i.S. einer Gebietskörperschaft, die sich durch über ihr Territorium definiert und nicht als Personenverband versteht

Innere Organisation:

Handelt durch vom Volk bestimmte

Organe (Legitimationsstrang) Bundestag Bundesrat Bundesregierung Bundespräsident Bundesver-

fassungsgericht

Von der Verfassung zugewiesene Funktionen: Rechtssetzung Regieren/Verwalten Rechtsprechung

Zur Erfüllung der zugewiesenen Funktionen übertragene Kompetenzen

Besondere Rechte zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des

Systems, z.B. Organstreitverfahren Immunität und

Indemnität Schutz vor

Verunglimpfungen

Gewalten-teilungsprinzip

müssen korrespondieren

Staatlichkeit

Das GG hat Bundesrepublik Deutschland als souveränen Staat (nach außen: Völkerrechtssubjekt; kein Staatenbund; nach innen juristische Person des öR, Gebietskörperschaft) kreiert.

• Heute nicht mehr problematisch

• Bis zum Zwei-plus-Vier-Vertrag (In Kraft getreten am 15.03.1991): sogenannte ″Dachtheorie“, Fortbestand des Deutschen Reichs, das jedoch mangels eigener Organe handlungsunfähig war

• Grenze für die Übertragung elementarer Staatsfunktionen nach Art. 24 Abs. 1, 23 GG z.B. an die EU?

Demokratie - Begriff • Demokratie bedeutet Herrschaft (i.S.v. Staatsgewalt) des Volkes.

• Staatsgewalt bedeutet Herrschaftsmacht des Staates über die seinem Recht Unterworfenen. Das BVerfG versteht Staatsgewalt in einem weiten Sinne als „jedenfalls alle amtlichen Handlungen mit Entscheidungscharakter“ (BVerfGE 83, 60 [73]; 93, 37 [68]).

• Prinzip der Volkssouveränität Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“

d.h. keine Herrschaft der Regierenden aus eigenem Recht, Herrschaft muss sich auf das Volk zurückführen lassen.

-> Gegensatz zum deutschen Konstitutionalismus bzw. rule by law (s.o.)

Aber Vorsicht: Demokratie i.S.d. GG meint keine vollständige Identität von Herrschaft und Beherrschten i.S.v. „Das Volk sind wir!“

-> vielmehr Herrschaft des Volks mittels demokratisch legitimierter Organe in aufwändig ausgestalten Verfahren.

Demokratie - Volk

Herrschaft des Volkes – aber, wer ist das „Volk“?

BVerfG und die h.L.: alle Deutsche (vgl. Art. 116 GG),

Wer ist Deutscher?

• Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht stellt das Abstammungs- und das Geburtsortprinzip (ius sanguin bzw. ius soli) ab.

• Die Einzelheiten sind im Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22.07.1913, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. November 2014 (BGBl. I S. 1714)) geregelt.

• EU-Ausländer besitzen nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG ein Kommunalwahlrecht

Demokratie und Volkswille Rousseau: „volonté generale vs. volonté de tous“ Gemeinwille vs. Summe der Einzelinteressen Unfehlbar bei vollständiger Informiertheit, höchster Vernunft und uneingeschränkter, also dogmatisch oder emotional ungetrübter Urteilskraft

Problem: Feststellung des Volkswillens • Mehrheitsprinzip als Hilfsmittel? Erstmals in der Goldenen Bulle von 1356 bei der Königswahl durch die Kurfürsten akzeptiert.

• Maßstab für Mehrheit? Mehrheit bzgl. Eigentum, Vermögen, bezahlter Steuer oder dgl.? „one man, one vote“ (formal Gleichheit aller)? Wahlen oder Abstimmungen?

Problem: Notwendigkeit zum Kompromiss Mehrheitsprinzip lässt nur Ja/Nein Entscheidungen zu. Oftmals sind reine Ja/Nein Entscheidungen aber unmöglich oder unzweckmäßig

Demokratie - Rahmenbedingungen

Bürgerliche Freiheit

Politische Gleichheit

Demokratie Kontrolle des

Staatsapparates Teilhaberechte, Wahlen,

Zugang zu öffentlichen Ämter

Rechenschaft

Positive Freiheit: „Tun und lassen was man will“ Negative Freiheit: Abwesenheit von äußerem Zwang (Herr/Knecht) Bürgerliche Freiheit: Freiheit vor willkürlicher Verhaftung Meinungs-, Vereinigungs-, Pressefreiheit, udgl.

Kernelemente des Demokratieprinzips nach dem GG

1. Positive Strukturelemente Volkssouveränität (aber keine „Identitätsdemokratie“)

Repräsentative Demokratie

Mehrheitsprinzip

2. Beschränkende Strukturelement Minderheitenschutz

verfassungsgerichtliche Kontrolle

streitbare Demokratie

3. Weitere wichtige Voraussetzungen Existenz politischer Parteien

funktionierende Zivilgesellschaft

Repräsentative Demokratie

Das GG beschränkt jedoch die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk deutlich:

Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG: „Sie (die Staatsgewalt) wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

GG folgt dem westlichen Modell einer „repräsentativen Demokratie“. Daraus

folgt:

Die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk beschränkt sich auf „Wahlen und Abstimmungen“.

Die eigentliche Ausübung der Staatsgewalt erfolgt durch demokratisch legitimierte Repräsentanten des Volkes, also die Staatsorgane bzw. die von ihnen bestimmten Amtsträger.

Repräsentative Demokratie und Legitimationsstränge

1. Grundsatz der institutionellen Legitimation

• Ausübung der Staatsgewalt nur durch die zuständige Organe

2. Grundsatz der sachlichen Legitimation

• Bindung an die vom Gesetz erlassen Gesetze

• Kontrolle der Regierung durch das Parlament, -> Verantwortung und damit Weisungsrecht des Minister für seinen Verwaltungsbereich aber Durchbrechungen (bei Entscheidungen der Vergabekammern etc.)

3. Grundsatz der personellen Legitimation

Die Verleihung öffentlicher Ämter muss auf die Volkswahl zurückführbar sein.

BT-> BR -> Minister -> Staatssekretäre -> Beamte Problem: Mitbestimmung bei Personalentscheidungen durch PR und Beauftragte

Besprechungsfall 2 Die Bürgerinitiative ″RADE″ (Raus aus dem EURO) ist gegen neue Hilfsprogramme für Griechenland. In einer Petition an den Bundestag fordert RADE den Erlass eines Gesetzes, wonach über weitere finanzielle Hilfen und den Verbleib Deutschlands in der EURO-Zone durch Volksentscheid entschieden werden soll. Schließlich hätten die Griechen ebenfalls im Rahmen einer Volksabstimmung über das Hilfsangebot der EURO-Gruppe entschieden und auf Länderebene seien Volksbegehren, Volksbefragungen und Volksentscheide Gang und Gäbe. RADE erwägt außerdem, über die Hilfsprogramme eine „Europäische Bürgerinitiative“ gegen Hilfsprogramme innerhalb der EURO-Gruppe zu initiieren. 1. Was unterscheidet Volksbegehren, Volksbefragungen, Volksentscheide

und Volksabstimmungen? 2. Kann der Bundestag das von RADE geforderte Gesetz ohne Weiteres

beschließen? 3. Wodurch lassen sich die unterschiedlichen Regelungen in Bezug auf

Volksabstimmungen zwischen Bund und Ländern erklären? 4. Was ist eine „Europäische Bürgerinitiative“?

Exkurs: Volksabstimmung (Volksbegehren/Volksbefragung/Volksentscheid)

Volksabstimmungen ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Formen direkter Beteiligung des Volkes an politischen Entscheidungen (direkte Demokratie). Unterschieden wird zwischen

1. Volksbegehren (auch Volksinitiative), bei denen eine verfassungsgemäß festgelegte Mindestanzahl von Stimmberechtigten das Parlament oder die Regierung dazu zwingt, sich mit bestimmten Fragen neu auseinanderzusetzen (z. B. gesetzgeberisch tätig zu werden oder einen von den Initiatoren ausgearbeiteten Gesetzentwurf zur Kenntnis zu nehmen) und

2. Volksbefragung, bei der die Stimmberechtigten zu einer bestimmten (politisch wichtigen) Frage um Rat bzw. Meinungsäußerung gebeten werden, ohne dass das Ergebnis der Befragung für den Gesetzgeber verbindlich ist, sowie

3. Volksentscheid, bei dem den Stimmberechtigten zwei oder mehrere (Gesetzes-)Alternativen zur Abstimmung und verbindlichen Entscheidung vorgelegt werden.

In Deutschland sind Volksabstimmungen auf Bundesebene ausschließlich bei der Neugliederung des Bundesgebietes vorgesehen (Art. 29 GG). Die Verfassungen verschiedener Bundesländer sehen direktdemokratische Verfahren vor. Formen unmittelbarer Bürgerbeteiligung (Bürgerbegehren und Bürgerentscheide) sind auf kommunaler Ebene am weitesten entwickelt. Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 5., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2011.

Volksabstimmung in M-V - Art. 59 und 60 LV

Volksinitiative §§ 7-10

Gegenstand politischer WB

Begr. Gesetzentwurf

=/= Haushalt, Abgaben, Besoldung

15.000 Unterstützer

Volksbegehren § 11-17 Volksentscheid § 18 -25

Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Landesgesetzes (begr. Gesetzentwurf)

=/= Haushalt, Abgaben, Besoldung

120.000 Unterstützer

Befassung des LT innerhalb von 3 Monaten

Anhörungsrecht der Initiatoren im LT-Ausschuss

Erledigung nach § 15 LT kommt Volksbegehren durch entsprechendes Gesetz zuvor

Erledigung nach § 16 III LT nimmt Gesetzentwurf unverändert an Frist: 6 Monate

Volk entscheidet über den Gesetzentwurf (3-6 Monate)

Landtag versäumt 6 Monatsfrist lehnt Gesetzentwurf ab legt eigenen Entwurf vor

Einfaches Gesetz Mehrheits-

entscheidung Minimum 1/3

der WB

Verfassungs- änderndes Gesetz 2/3 Mehrheits Minimum 1/2

der WB

Demokratieprinzip

Wiederholungsfragen:

1. Warum ist der Begriff der „Volkssouveränität“ mit Vorsicht zu genießen?

2. In welchem Umfang ist in Deutschland eine direkte Beteiligung des Volkes bei politischen Entscheidungen möglich?

3. Warum gibt es diesbezüglich Unterschiede zwischen Bund, Ländern und Kommunen?

4. In welchem Verhältnis stehen Demokratie, Freiheit und Gleichheit zueinander?

5. Erklären Sie den Zusammenhang zwischen Rechtsstaat und Demokratie.

6. Was ist eine defekte Demokratie?

7. Was bedeutet der Begriff „Legitimationsstrang“?

Bundesstaatsprinzip Historischer Hintergrund Deutschland ist traditionell ein Föderalstaat (1648 souveräne Staaten) Alliierte haben nach II. WK auf eine starke Rolle der Länder gedrängt Vorteile Stärkung der Demokratie durch Landtagswahlen Landesregierungen sind an vielen Problemen „näher dran“, „Kompetitiver Föderalismus“ lässt Entwicklung verschiedener Lösungen zu Vertikale Gewaltenteilung Nachteile Höherer Steuerungsaufwand, Zwang zum Kompromiss, Blockaden Divergierende Regelungen kompliziert und oft hinderlich (z.B.

Schulbereich) Merke: Bund und Länder sind an den Gleichheitssatz nur soweit gebunden, wie ihre Regelungskompetenz reicht.

Bundesstaatsprinzip Bundesstaat = Staat der sich aus mehreren Gliedstaaten zusammensetzt (vs. Einheitsstaat mit „Gouverneuren“ und „Provinzen“), aber über eine Zentralgewalt verfügt (vs. Staatenbund).

Der Bundesstaaten bestehen also aus zwei Ebenen: Zentralstaates (Bund) und der Gliedstaaten (Länder)

Gliedstaaten (Länder) haben Staatsqualität, sind jedoch nicht souverän

Es fehlt insbesondere die Fähigkeit, sich selbst eine unabgeleitete und letztverbindliche Ordnung zu geben, Rechtssubjektivität geht auf das GG zurück.

Ansatz zur Verteilung der Staatsaufgabe ist in den jeweiligen Ländern unterschiedlich, insbesondere Dichotomie von Subsidiaritätsprinzip (~Deutschland) und Delegationsprinzip (ehemalige Einheitsstaaten)

Bundesstaatsprinzip Gesetzgebung Ausschließliche (Art. 73) und konkurrierende (Art. 74) Gesetzgebung Bund

(Schwerpunkt) Im übrigen Ländersache (Art. 70), Rahmengesetzgebung des Bundes (Art.

74) bis zur Föderalismusreform Verwaltung Grundsätzlich Ländersache (Art. 83), eigene Personal- und

Organisationshoheit Auftragsverwaltung der Länder (Art. 85) bundeseigene Verwaltung nur in den im GG genannten Fällen (Art. 86 ff.) Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit Art. 91a ff Rechtsprechung Ländersache, aber oberste Bundesgericht und BVerfG (Art. 93 – 96) Finanzverfassung, Budgetrecht Steuerverteilung nach der Finanzverfassung Art. 105 ff. Haushaltsautonomie Art. 109 ff.

Bundesstaatsprinzip

Homogenitätsprinzip Art. 28 Abs. 1 GG

Konfliktregelungsmechanismen:

• Gesetzeskonkurrenzen Bundesrecht bricht Landesrecht (Art. 31 GG, aber nur in den Fällen der konkurrierende Gesetzgebung!) • Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten Merke: Beim Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens handelt es sich nicht um eine eigenständige, sondern um eine akzessorische Rechtspflicht! • Bundeszwang (Art. 37 GG)

Kein Austritt möglich (Abgrenzung zum Staatenbund)

Bundesstaatsprinzip

Quelle: Wikipedia

Besprechungsfall 3

A ist Steuerinspektor und als Sachbearbeiter für die Veranlagung zur Körperschaftssteuer beim Finanzamt Schwerin tätig. Er verdient deutlich weniger als B, der den gleichen Dienstposten beim Finanzamt Passau (Freistaat Bayern) inne hat.

A ist über die Besoldungsunterschiede empört. Gerade bei Finanzbeamten seien die Tätigkeitsmerkmale und Arbeitsbelastung völlig identisch. Die Ungleichbezahlung verstößt nach seinem Verständnis gegen den Gleichheitsgrundsatz. Er fordert deshalb das Landesbesoldungsamt auf, ihm Besoldung nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften zu bezahlen und erwägt nötigenfalls gegen seine Unterbezahlung zu klagen.

Hat sein Ansinnen Aussicht auf Erfolg?

Sozialstaat

Sozialstaatsprinzip: dynamische Staatszielbestimmung

Staatszielbestimmung: Ausgestaltung durch den parlamentarischen Gesetzgeber notwendig

Gesetzgeberische Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum (Einschätzungsprärogative)

Grenze: Gleichheitsgebot (i.S. eines Willkürverbots)

Folge: I.d.R. keine subjektiven Rechte ableitbar Ausnahme: Sicherung des Existenzminimums, z.B. durch Transferleistungen oder Steuerfreibeträge

Republik

Eher geschichtliche Bedeutung

Absage an das Staatsmodell der Monarchie und damit letztlich auch eine generelle Absage an jegliche Form der Alleinherrschaft

Bekenntnis zu einer freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung

Prinzip der Ämtervergabe auf Zeit.

Rechtsstaat - Einführung

• Rule of Law vs. Rechtsstaat: „bottom up“ vs. „top down“ Ansatz bei der Schaffung von Recht (vgl. deutscher Konsitutionalismus)

• Grundlagen im Grundgesetz Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG „Die Staatsgewalt wird durch [...] besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Art. 20 Abs. 3 Art. 28 Abs. 1 Art. 1 Abs. 1

Rechtsstaatsprinzip

Formeller Rechtsstaat Hauptmotive:

Bindung der Staatsgewalt

Materieller Rechtsstaat Hauptmotiv:

Mäßigung der Staatsgewalt

Rechtsstaat - Formelles und materielles RSP

• Idee spiegelt bürgerlich-liberale Vorstellungen des 19. Jahrhunderts wieder

• Kontext: • Konstitutionelle Monarchie • Rechtswegestaat

• Idee ist Ausdruck des im 20. Jahrhundert entwickelte Rechtsstaatsverständnisses

• Ziel: • Verwirklichung materieller Gerechtigkeit und • die Mäßigung der Staatsgewalt

Formeller Rechtsstaat

Gewaltenteilung, Bindung der Exekutive an die Gesetze

Publizitätsgebot für Rechtssätze

Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes

Materieller Rechtsstaat

Bindung der Staatsgewalt an die Grundrechte

Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, insbesondere Bestimmtheitsgebot und Rückwirkungsverbot

Verhältnismäßigkeitsprinzip

Gebot eines effektiven Rechtsschutzes

Rechtsstaat - Formelles und materielles RSP

Rechtsstaat – Begriff von Recht und Gesetz

Recht Naturrecht

Gewohnheitsrecht Richterliche Rechtsfortbildung

Gesetze im materiellen

Sinne (insbesondere

Rechtsverordnungen und

Satzungen)

Gesetze im formellen Sinne

(Parlamentsgesetze)

Rechtsstaat - Gewaltenteilung

I. Horizontale Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG)

Die Ausübung der Staatsgewalt ist auf Organe

der Gesetzgebung

der vollziehenden Gewalt und

der Rechtsprechung

übertragen.

II. Vertikale Gewaltenteilung

Folgt aus der Verteilung der Staatsgewalt zwischen Bund, Länder und Kommunen (Bundesstaatsprinzips, Art. 28 Abs. 2 GG).

III. Weitere Unterscheidung

- organisatorische Gewaltenteilung (vgl. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) und

- personelle Gewaltenteilung (vgl. Art. 137 Abs. 1 GG)

Rechtsstaatsprinzip - Gewaltenteilung

Rechtsstaatliche Funktion

Die Staatsgewalt wird auf verschiedene Organe verteilt, die sich gegenseitig hemmen und kontrollieren

-> „Checks and Balances“

Demokratische Funktion

Repräsentation von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen im staatlichen System (Parlamentarier, Kommunalpolitiker, Beamtenschaft, Richterschaft). Rekrutierung von Personen mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund -> Durchlässigkeit des Elitensystems (s.o.)

Problem: (Entwicklungs)Diktatur vs. Rechtsstaat/Demokratie = Starker vs. schwacher Staat?

Aspekte: Anpassungsleistung, Arbeitsteilung und Effizienzsteigerung

Rechtsstaatsprinzip - Gewaltenteilung

I. Legislative (Gesetzgebung) Rechtsetzung durch Normen, also abstrakt-genereller Sollensanordnungen durch den parlamentarischen Gesetzgebers als Ergebnis politischer Entscheidungen

Abgrenzungsprobleme:

Rechtssetzung der Exekutive (Rechtsverordnungen, Satzungen)

Allgemeinverfügungen der Verwaltung (z.B. Verkehrszeichen)

Einzelfallgesetze, Planungsgesetze

Richterliche Rechtsfortbildung

Rechtsstaatsprinzip - Gewaltenteilung

II. Exekutive (vollziehende Gewalt)

Vollziehende Gewalt

Regierungshandeln (Gubernative i.S.v. Staatsleitung)

Verwaltung (i.S.v. Gesetzesvollzug)

-> Schnittstelle: Ministerien

Das Aufgabenspektrum lässt sich kaum positiv fassen.

Daher i.d.R. negative Abgrenzung nach Jellinek: „Vollziehende Gewalt ist alles, was nicht Gesetzgebung und Rechtsprechung ist.“

Rechtsstaatsprinzip - Gewaltenteilung

III. Judikative (Rechtsprechung) Rechtsprechung ist

autoritative und damit verbindliche Entscheidung in Fällen bestrittenen oder verletzten Rechts in eigens dafür geschaffenen Verfahren

aufgrund von Parlamentsgesetzen

Abgrenzungsproblem:

ggü. der Gesetzgebung: Richter ist nicht nur der „Mund des Gesetzgebers “, sondern richterliche Rechtsfortbildung durch Analogie, Lückenfüllung, teleologischen Reduktion (-> zu den Details sogleich unten).

ggü. Verwaltung:

Justiz erfordert ebenfalls Verwaltungstätigkeit: Justizverwaltungsakte, innere Verwaltung

Rechtsstaatsprinzip - Gewaltenteilung

IV. Zuweisung der Staatsfunktionen an „besondere Organe“ (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG):

1. Gesetzgebung

Bundestag und Bundesrat (vgl. Art. 50 u. 77 Abs. 1 GG)

2. Vollziehende Gewalt

Bundesregierung und Verwaltung (vgl. Art. 62 u. 83 ff. GG)

3. Rechtsprechung

Gerichte (vgl. Art. 92 GG)

Aber: Grenzziehung ist nicht immer eindeutig

Gewaltenteilung und Rechtsfindung: Rechtssetzung und Rechtsprechung

Justitia, altrömische Göttin der Gerechtigkeit und Symbol der Justiz mit ihren drei Attributen: • Augenbinde: ohne Ansehen der Person, Neutralität • Waage: gerechtes Abwägen der Entscheidungsgründe, Gleichheit im Recht • Richtschwert: Durchsetzungsvermögen

§

Quellen des Rechts: Bindung an Präjudize vs. Rechtspositivismus

Recht = Gleich für alle unabhängig von der inhaltlicher

Richtigkeit (Waage)

1. Herausbildung von Präjudizen 2. Die Abweichung vom Präjudiz

ist rechtfertigungsbedürftig

Neutraler Richter (blinde Justitia)

Rechtsfindung und Rechtsprechung sind ein und derselbe Akt

und Aufgabe des Richters

Ursprünge der Rechtsfindung

(vgl. heute noch common law)

Rechtspositivismus

Rechtsetzung (Gesetzgebung) durch den Souverän (Fürst, später Parlament)

Rechtsprechung durch den Richter

Entwicklung zum modernen Staat

-> Gesetzes Recht ist Willkürentscheidung des Souveräns (keine Präjudizen) -> Mittel der Bindung des Richters an das gesetzte Recht ist allein das Gesetz -> Bindungskraft von Präjudizen ist damit unerwünscht

Problem: Gesetz => abstrakt und generell => bedürfen der Auslegung Die Möglichkeit der Auslegung des gesetzen Rechts durch den Richter stellt aber das Entscheidungsmonopol des Souveräns in Frage.

Lösungsansätze: Ursprünglich: Kasuistik (z.B. APLR) mit Kommentierungs- und Auslegungsverbot; Gesetzgebungskommissionen entscheiden über Zweifelsfälle – untauglich – Später: diverse „Verwissenschaftlichungsansätze“

Ursprünge: Codex Justinianus Thomas v. Aquin

Rechtspositivismus: Wille des Gesetzgebers oder des Gesetzes? Wissen-schafts-richtung

Haupt-vertreter

Hauptaussage Verhältnis zw. Gesetz-gebung/ Rechtsprechung bzw. Rechtswissenschaft

Historische Rechts-schule

Carl Friedrich v. Savigney

Recht ist nicht ein willkürlich vom Gesetzgeber geschaffener Bestand an Vorschriften, sondern als im Bewusstsein des Volkes lebendige Überzeugungen anzusehen, ähnlich wie Sprache, Sitten und Gebräuche eines Volkes (Volksgeist).

Erkennung und Entwicklung des Rechtssystems ist Sache der Juristen (i.S. einer Arbeitsteilung im Volk), vier Auslegungsmethoden

Begriffs- juris-prudenz

Georg Friedrich Puchta

Recht besteht aus einem lückenlosen und widerspruchsfreien System von Obersätzen und Begriffen, mithilfe derer durch Subsumtionen juristische Entscheidungen gefällt werden. Das geschriebene Recht bildet dieses System nur unvollständig ab.

Kein rechtsschöpferisches Tätigwerden des Richters, aber Lückenfüllung

Interessen-juris-prudenz

Heck, Jhering

Gesetze sind Entscheidung des Gesetzgebers zur Lösung von Interessenkonflikte („Der Kampf ums Recht“). Der Richter muss anhand der Interessen im zu entscheiden Fall prüfen, wie der Gesetzgeber diesen Interessenkonflikt entschieden hat.

Lückenfüllung, fehlt eine einschlägige Norm, rechts-schöpferisches Tätigwerden des Richters, Analogie

objektiven Auslegung (bis heute vorherr-schend)

Binding, Larenz

Nicht der Wille des Gesetzgebers, sondern der Wille des Gesetzes ist zu erforschen (Gustav Radbruch: Das Gesetz ist klüger als der Gesetzgeber [i.S. der Gesetzesverfasser]; Larenz – objektiv-teleologischen Auslegung ) Aber: Woher kommt der objektive Zweck des Gesetzes? [GG; zurück zum Präjudiz? <-]

Gefahr: Richter kann zunächst in das Gesetz hineininterpretieren, was er später herausinterpretiert (vgl. Rspr. im Dritten Reich)

Besprechungsfall 4

Als Reaktion auf die Aufstellung russischer SS 20 Mittelstrecken-Raketen in Osteuropa beschloss die NATO am 12.12.1979 als Gegenmaßnahme die Stationierung US-amerikanischer Marschflugkörper (Pershing II). Im Rahmen dieses sogenannten „NATO-Doppelbeschlusses“, der mit einem Abrüstungsangebot an den Warschauer Pakt verbunden war, hatte die Bundesregierung der Stationierung der Pershing II auf deutschem Staatsgebiet zugestimmt. Die Raketen waren mit Nuklearsprengköpfen bestückt. Die Entscheidung über ihren Einsatz lag beim US-Präsidenten.

Die Übertragung von Hoheitsrechten an den US-Präsidenten zum Einsatz dieser Waffen war im Bundestag inhaltlich und formal höchst umstritten.

Konnte die Bundesregierung alleine über diese Fragen entscheiden oder war zum Vollzug des NATO Doppelbeschlusses eine Gesetz oder zumindest die Zustimmung des Bundestages erforderlich?

(vgl. BVerfGE 68, 1 ff.)

Besprechungsfall 5

Das EStG sieht vor, dass zur Absicherung des Existenzminimums pro Kind eine Betrag von 3.500 EUR steuerfrei bleibt. Aufgrund einer Verfassungsbeschwerde eines Steuerpflichtigen mit fünf Kindern, kommt das BVerfG - gestützt auf Art. 6 Abs. 1 GG - zu dem Ergebnis, dass das geltende EStG Familien mit Kindern zu stark belaste, weil der Kinderfreibetrag gemessen am Lebensbedarf zu gering sei.

Das BVerfG gibt dem Bundesgesetzgeber auf, das EStG zu ändern und zukünftig einen Freibetrag von mindesten 5.000 EUR pro Kind zu gewähren.

Überschreitet das BVerfG damit seine Kompetenz zu Lasten des Gesetzgeber?

Rechtsstaat – Vorrang des Gesetzes

EU-Recht (Anwendungsvorrang)

GG

Einfaches Bundesrecht

(einfache formelle Bundesgesetze)

RVO/Satzungen

n

Landes-verfassungen

Einfaches

Landesrecht (einfache formelle

Landesgesetze)

RVO/Satzungen

Art. 31 GG - Anwendungsvorrang

Allgemeines Völkerrecht

Völkerrechtl. Verträge

Prüfungsschema zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Legitimer Zweck Wird mit der staatlichen Maßnahme ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck verfolgt?

Geeignetheit Kann dieser Zweck mit der Maßnahme überhaupt gefördert werden?

Erforderlichkeit Gibt es kein milderes Mittel, mit dem das Ziel genauso wirksam erreicht werden kann?

Verhältnismäßigkeit im engen Sinne bzw. Angemessenheit Steht die Maßnahme außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck?

(„Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“)

Rechtsstaatsprinzip - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Legitimer Zweck

1. Welches Ziel verfolgt der Gesetzgeber?

Zielsetzung ergibt sich meist aus der Gesetzesbegründ-ung oder aus der offensichtlichen Tendenz des Gesetzes.

2. Ist dieses Ziel von der Verfassung gedeckt

oder

widerspricht es den Verfassungsgrund-sätzen?

Rechtsstaatsprinzip - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Geeignetheit

Ausgangssituation

Angestrebte Situation

Gesetzliches Mittel

Verwirklichung des gesetzgeberischen Ziel muss zumindest gefördert, wenn

auch nicht unbedingt erreicht werden

(Vorher/Nachher-Prognose)

Rechtsstaatsprinzip - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Erforderlichkeit

Von mehreren geeigneten und möglichen Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen am wenigsten beeinträchtigt.

Fragestellung:

(a) Welche Nachteile bringt die Maßnahme mit sich?

(b) Gibt es andere Mitteln, die zur Erreichung gleich geeignet sind?

(d. h. nach Handlungsalternativen suchen)

(c) Maßnahmen miteinander vergleichen.

( d. h. Vergleich: Sind die Nachteile der Handlungsalternative geringer als die der gewählten Maßnahme? )

Rechtsstaatsprinzip - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Angemessenheit/Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

1. Schritt:

Abstrakte Wertigkeit der Positionen

• verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Positionen

• Grundrechte mit und ohne Gesetzesvorbehalt

• Positionen die der Selbstverwirklichung dienen und solchen mit Bedeutung für politische Willensbildung

2. Schritt:

Konkrete Wertigkeit der Positionen

Eingriffsintensität: Was ist betroffen?

• Der Kernbereich oder nur

• die periphere Modalitäten des Grundrechts?

Besprechungsfall 6 Nachdem es auf Waldspazierwegen mehrfach zu Unfällen gekommen ist, an denen Freizeitreiter beteiligt waren, wird ein Gesetz verabschiedet, nach dem das Reiten im Wald grundsätzlich verboten und nur auf den von der zuständigen Behörde speziell gekennzeichneten Wegen erlaubt ist. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass es erforderlich sei, die Interessen der Spaziergänger zu schützen, da durch die Begegnung mit Reitern – insbesondere auf engen Wegen – Gefahren für die Spaziergänger entstehen könnten. Auch im Übrigen sei mit Beeinträchtigungen zu rechnen, da die vorbeilaufenden Pferde häufig ein Gefühl der Bedrohung schafften und das Reiten die Waldwege zerstöre.

A, der mehrere Reitpferde besitzt und regelmäßig ausreitet, hält diese Regelung für übertrieben und deshalb für verfassungswidrig. Der verantwortungsbewusste Reiter verhalte sich so, dass Gefahren nicht entstehen können. Die übrigen angesprochenen Beeinträchtigungen seien tatsächlich nicht völlig zu verhindern; der Schutz vor ihnen könne aber keinesfalls größeres Gewicht besitzen als sein Interesse, seinem Reithobby in der freien Natur nachzugehen. Zudem weist er darauf hin, dass auch für andere Waldwegebenutzer – wie z. B. Skiläufer oder Wanderer – keine entsprechenden Beschränkungen vorgesehen seien. Zu Recht?

(vgl. BVerfGE 80, 137 - Reiten im Walde)

Rechtsstaatsprinzip - Rückwirkungsverbot

Strafrecht

• Absolutes Rückwirkungsverbot nach Art. 103 Abs. 2 GG entsprechend des Grundsatzes nulla poena sine lege – (keine Strafe ohne Gesetz)

• Kein Rückwirkungsverbot bzgl. Verjährungsfristen

Sonstige Rechtsordnung

• Vertrauensschutz-Prinzip

Unterscheidung zwischen

Echte Rückwirkung

Unechte Rückwirkung

Rechtsstaatsprinzip - Rückwirkungsverbot

Echte Rückwirkung Typische Fallkonstellation:

Der Gesetzgeber greift nachträglich in Sachverhalte ein, der in der Vergangenheit liegt und bereits vollständig abgeschlossen ist.

Rechtsfolge:

Grundsätzlich unzulässig, es sei denn:

• Rechtslage war unklar und verworren

• Aus zwingenden Gründe des Gemeinwohls

Unechte Rückwirkung Typische Fallkonstellation:

Der Gesetzgeber greift nachträglich in einen Tatbestand ein, und regelt Sachverhalt neu, die zwar in der Vergangenheit begonnen wurden, aber noch fortdauert.

Rechtsfolge:

Zulässig, sofern das Gemeinwohl das persönliche Interesse des Einzelnen überwiegt

Besprechungsfall 7

1. Ausgangsfall:

Nach bisher geltender Rechtslage wird nach den Vorschriften des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 (SolzG) zusätzlich zur Einkommensteuer ein Solidaritätszuschlag von 5,5 % der Einkommensteuer erhoben.

Im Jahr 03 bringt die K-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in den Bundestag ein, wonach zur Finanzierung von dringenden Infrastrukturvorhaben rückwirkend ab dem Jahr 01 ein Solidaritätszuschlag von 20 % von allen erhoben werden soll, deren zu versteuerndes Einkommen EUR 100.000 im Jahr übersteigt.

2. Fall wie oben, aber mit folgender Abwandlung:

Das Gesetz zur Erhöhung des Solidaritätszuschlages wird im Dezember 03 verabschiedet und soll auch für das Jahr 03 gelten.

Wie ist die Rechtslage?

Rechtsstaatsprinzip – Gebot des effektiven Rechtsschutzes

1. Tatbestandsvoraussetzungen (Art. 19 Abs. 4 GG) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt

in seinen Rechten verletzt wird, so steht ihm

der Rechtsweg offen.

2. Art. 19 Abs. 4 GG = grundrechtsgleiches Recht

3. Zugleich Verpflichtung ggü. dem Staat, die Gerichte personelle und technisch so auszustatten, dass sie die anhängigen Verfahren in angemessener Zeit abgewickelt werden können.

4. System des vorläufiger Rechtsschutzes

Rechtsstaatsprinzip – Gebot des effektiven Rechtsschutzes

1. Öffentliche Gewalt:

- Rechtsschutz gegen Gerichtsentscheidungen ist nicht zwingend vorgeschrieben

- Rechtsschutz gegen Parlamentsgesetze nur beim BVerfG (Verfassungsbeschwerde, Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG)

- Aber: Überprüfung untergesetzlicher Normen durch die Verwaltungsgerichte

2. Rechtsverletzung

- Nur bei subjektiven Rechten, keine Popularklage

3. Rechtsweg

- Sofern keine besonderen Vorschriften bestehen, Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten

Rechtsstaatsprinzip - Staatshaftung

1. Grundsatz

Zum Rechtsstaatsprinzip gehört auch der Grundsatz, dass der Staat für

erlittenes (Verwaltungs-)Unrecht einsteht.

2. Rechtsgrundlagen

Verfassungsrecht: Art. 34 GG

Einfachgesetzlich: z.B. § 839 BGB, StrEG, aber nicht abschließend

3. Denkbare Ausgleichsansprüche

Anspruch auf Schadensersatz

Entschädigungsanspruch

Folgenbeseitigungsansprüchen

Unterlassungs- und Erstattungsansprüchen

Was haben Sie zum Rechtsstaatsprinzip gelernt bzgl.

1. Quellen des Rechts

2. Gewaltenteilungsgrundsatz

3. Rechtssetzung und Rechtsprechung

4. Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes

5. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

6. Vertrauensschutz und Rückwirkungsverbot

7. Gebot des effektiven Rechtsschutzes

8. Staatshaftung

Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes?

Liberalismus

politischer Liberalismus

ökonomischer Liberalismus

Zentral-verwaltungs-

wirtschaft

Sozialistisches System

illiberale Systeme

Marktwirtschaft

Staatliche Wirtschaftsplanung Freie Marktwirtschaft

„Neoliberalismus“

Verfassungs-staat

Besitzindividualismus: „What is good for General Motors is good for the USA“ Gefahr der Uminterpretation von Freiheitsrechten in wirtschaftliche Rechte (s. Dred, Scott v. Sandford, Howard, 1857, Sklaverei)

Verfassungsstaat: Wirtschaft im Rahmen der Verfassung und nicht umgekehrt

Besitzindividualismus und Verfassungsstaat werden als Einheit betrachtet (Kapitalismus). Die bürgerliche Demokratie wird als politischen Überbau der Unterdrückung durch Kapitalisten abgelehnt. (historischen Hintergrund beachten!)

VIII. Teil Die Staatsorgane

Staatsorgane des Bundes

Die Staatsorgane des Bundes sind nach dem Grundgesetz:

• der Bundestag (Art. 38 - 49)

• der Bundesrat (Art. 50 – 53)

• der Bundespräsident (Art. 54 – 61)

• die Bundesregierung (Art. 62 – 69)

• das Bundesverfassungsgericht (Art. 92, 93)

Staatsorgane in Deutschland

Quelle: Wikipedia

Der Bundestag Die wichtigsten Punkte:

A. Allgemeines 1. Repräsentationsfunktion 2. Weitere Funktionen

B. Rechtsstellung der Abgeordneten 1. Allgemeines 2. Sicherung der Unabhängigkeit 3. Mitwirkung der Abgeordneten

C. Wahl des Bundestags 1. Wahlberechtigung 2. Wahlperiode 3. Wahlvorschläge 4. Wahlgrundsätze 5. Wahlsystem

D. Geschäftsordnung E. Organe und Institutionen des Bundestags

1. Bundestagspräsident 2. Bundestagsverwaltung 3. Fraktionen 4. Ältestenrat 5. Ausschüsse 6. Untersuchungsausschüsse

F. Verfahren: Gang der Beratungen 1. Verfahren 2. Beschluss

G. Geltendmachung von Rechten

Der Bundestag

Fraktionen Sind parteipolitisch begründete Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die mindestens fünf Prozent der tatsächlichen Zahl der Mitglieder des Bundestages in sich vereinen. Zusammenschließen dürfen sich nur die Mandatsträger derselben Partei oder solcher Parteien, "die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander in Wettbewerb stehen".

Fraktionszwang Fraktionsdisziplin

z.B. durch undatierte Erklärung über Mandats-verzicht an Parteiführung

unzulässig

Ggf. Partei- oder Fraktions-ausschluss, künftig kein Listenplatz etc.

zulässig

Gruppen Wenn Fraktionsstärke nicht erreicht

wird

Technische Arbeitsgemeinschaften

Gemeinsame Erledigung administrativer Aufgaben usw.

Gruppierungen Im Bundestag

Partei-fremder

Gast

Der Bundesrat Die wichtigsten Punkte:

A. Aufgaben

B. Zusammensetzung

C. Stimmverhalten

D. Funktionsweise

Die Bundesregierung Die wichtigsten Punkte:

A. Aufgaben B. Verhältnis der Bundesregierung zum Bundestag C. Zusammensetzung und Arbeitsweise Kanzler-, Kollegial- und Ressortprinzip D. Mitglieder der Bundesregierung

1. Der Bundeskanzler 2. Die Bundesminister

E. Inkompatibilitäten F. Amtsdauer G. Kontrolle der Bundesregierung

Der Bundespräsident Die wichtigsten Punkte:

A. Aufgaben und Befugnisse 1. Übersicht

2. Prüfungsumfang bei Gesetzen

3. Anordnungen und Verfügungen

4. Bundespräsidialamt

B. Wahl und Amtsübernahme

Besprechungsfälle: Staatsorgane

1. Der Bundeskanzler (X-Partei) hält in Anbetracht des Zustroms von Flüchtlingen ein Integrationsförderungsgesetz erforderlich, das vorsieht, dass Unternehmen mindestens 5 % Arbeitnehmer mit Flüchtlingshintergrund beschäftigen müssen. Der Bundesarbeits-minister (Y-Partei) verweigert die Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfs mit Hinweis auf Absprachen im Koalitionsvertrag zwischen der X-Partei und der X-Partei.

2. Der Gesetzentwurf wird schließlich vorgelegt und vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Der Bundespräsident verweigert jedoch mit Hinweis auf Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG die Ausfertigung des Gesetzes.

Wie ist die Rechtslage und was kann der Bundeskanzler bzw. die Bundesregierung jeweils tun, um sich durchzusetzen?

Die besondere Rolle des BVerfG

Common-law- System Rechtsetzung ursprünglich nur durch Gerichte

System mit striker Gewaltentrennung Rechtsprechung kann Parlament grds. nicht kontrollieren

Justiz als Hüter der Verfassung Umfassende Kontrollbefugnisse auch bzgl. von Parlamentsgesetzen

Supreme court als oberstes Gericht „Superrevisionsinstanz“

Verfassungsrat meist „politisches“ Gremium Parlamentsgesetze werden nur vor ihrer Verabschiedung überprüft Keine Individualbeschwerden

Bundesverfassungsgericht Individualbeschwerden möglich aber keine Superrevisionsinstanz Problem: Rechtliche und politische Entscheidungen lassen sich aufgrund der Offenheit des GG in der Praxis kaum trennen

Beispiele: GB, USA

Beispiele: Frankreich, Griechenland

Ähnliche Modelle in vielen Staaten der EU

Rechtgrundlagen und Zusammensetzung Rechtsgrundlagen: Art. 92 – 94 GG; BVerfGG

Stellung des BVerfG (§ 1 BVerfGG) Gegenüber allen übrigen Verfassungsorganen selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes mit Sitz in Karlsruhe

Zusammensetzung und Wahl (§ 2 BVerfGG) Zwei Senate mit jeweils acht gewählten Richtern. Wahl je zur Hälfte vom

Bundestag (Wahlausschuss, § 6 BVerfGG) und vom Bundesrat (§ 7 BVerfGG).

Amtszeit 12 Jahre. Keine zweite Amtszeit möglich.

Die Richter (Art. 2 Abs. 2, 3 BVerfGG) Drei Richter jedes Senats müssen von einem der obersten Gerichtshöfen des

Bundes kommen und dort i.d.R. wenigstens drei Jahre tätig gewesen sein.

Richter müssen das 40. Lebensjahr vollendet haben.

Sie müssen die Befähigung zum Richteramt haben (bis 3.10.90 Diplomjurist)

Zahl der Verfahren vor dem BVerfG seit 1951

davon 1.735 Parallel-Verfahren (Stab. Zuschlag) Quelle: BVerfG

Was haben Sie zum Thema Staatsorganen gelernt? 1. Was ist der Unterschied von Fraktionen und Gruppen im Bundestag? 2. Worin besteht der Unterschied zwischen Fraktionszwang und

Fraktionsdisziplin? 3. Wie lange gilt die GO des Bundestages? 4. Wer kann einen Untersuchungsausschuss beantragen? 5. Können die Vertreter eines Landes im Bundesrat unterschiedlich

abstimmen? 6. In welchen Fällen kann der Bundespräsident die Unterzeichnung und

Ausfertigung eines Gesetzes verweigern? 7. Erläutern Sie die Begriffe Kanzler-, Kollegial- und Ressortprinzip. 8. Worin besteht der grundlegende Unterschied des Modells der

Regierungsbildung nach dem GG im Vergleich zur WRV? 9. Worin bestehen die grundlegenden Unterschied zwischen dem Modell

des Supreme Court der USA, dem Staatsrat in Frankreich und dem BVerfG?

IX. Teil Die Funktionen der Staatsorgane

Legislative - Gesetzgebung

Judikative - Rechtsprechung

Exekutive - Regierung und Verwaltung

Gesetzgebungsfunktion 1. Genuine Gesetzgebungshoheit:

Gesetzgebung ist grundsätzlich Sache des Parlament im Zusammenwirken mit anderen Staatsorganen (Bundesrat, Bundespräsident)

2. Abgeleitete Gesetzgebungshoheit der Exekutive:

Rechtsverordnung der Regierung bzw. staatlicher Behörden (Art. 80 GG)

Satzungsrecht der Selbstverwaltungskörperschaften

Grenze: Art. 80 Abs. 1. S. 2 GG, Vorbehalt des Gesetzes, das Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt; Wesentlichkeitstheorie

Übersicht Gesetzgebungskompetenz

Gesetzgebungs-kompetenz der

Länder

Gesetzgebungs-kompetenz des

Bundes

Teilung der Gesetzgebungskompetenz ist eine Konsequenz aus der Teilung des Staatsgewalt aufgrund des Bundesstaatsprinzip. Grundidee: Bund ist nur für übergreifende Aufgaben zuständig, die eine Länder nur schlecht regeln können.

Art. 70 Abs. 1 GG Gesetzlicher Normalfall Konkurrierende

Gesetzgebung des

Bundes

Ausschließliche Gesetzgebung des

Bundes

Art. 73 GG „Kernkompetenzen“ des Bundes, wie Verteidigung, Staatsangehörigkeit, Währung, Luftverkehr etc.

Art. 74 GG Gesetzgebungsbefugnis des Bundes, soweit bundesgesetzliche Regelung „zweckmäßiger“ erscheint

Art. 72 GG Einzelvoraus-

setzungen

Art. 31 GG Sperrwirkung des

Bundesrechts

Erarbeitung eines Gesetzentwurf durch die Regierung (vereinfacht)

Idee aus dem politischen Raum

z.B. Koalitionsvertrag

Referenten-entwurf des zuständigen Ministerium

Gesetzentwurf der

Regierung

Ressortab-stimmung

Hausab-stimmung im Ministerium

Verbandsanhörung (betroffene

Interessengruppen) Staatssekretärs-runde

Kabinett

Parlament

Das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag Zustimmungsgesetze Für Gesetzentwürfe ist insbesondere in folgenden Fällen die Zustimmung des Bundesrats erforderlich: • Grundgesetzänderungen (Art. 79 Abs. 2 GG). • Umsetzung des Gesetzes obliegt den Länder bzw. regelt die

Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren ohne landesrechtliche Abweichungsmöglichkeit (Art. 84 Abs. 1 GG).

• Leistungsgesetze (Leistungspflichten der Länder ggü. Dritten, Art. 104a Abs. 4 GG).

• Gesetze die die Ertragshoheit der Länder oder der Gemeinden an Steuern tangiert (Art. 105 Abs. 3 GG).

-> ggf. Vermittlungsverfahren Ohne Zustimmung des BR kommt Gesetz nicht zustande

Einspruchsgesetze Alle Gesetze, die keine Zustimmungsgesetze sind. -> Anrufung des Vermittlungsausschuss durch BR -> Einspruch des BR (Art. 77 Abs. 4 GG) aber ggf. Zurückweisung durch BT und zwar mit • absoluter Mehrheit bzw. • Zwei-Drittel-Mehrheit, falls Einspruch des BR mit Zwei-Drittel-

Mehrheit Bei Zurückweisung kommt das Gesetz zustande.

Besprechungsfall 8: Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Verkaufsstelle der Möbelbranche. Sie wendet sich gegen § 12 Abs. 3 des Landesladenöffnungsgesetzes (LadÖffG) mit der Begründung, das

Land habe in dieser Frage keine Gesetzgebungsbefugnis in Fragen des Arbeitsrechts. Die Vorschrift lautet wie folgt:

§ 12 Besonderer Arbeitnehmerschutz

3) Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Das für das Ladenöffnungsrecht zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. Bei der Häufigkeit der Arbeitseinsätze an Werktagen ab 20.00 Uhr sowie der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen hat der Arbeitgeber die sozialen Belange der Beschäftigten, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu berücksichtigen.

Die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen sowie diese flankierende Arbeitnehmerschutz-vorschriften waren seit 1956 bundesrechtlich im Ladenschlussgesetz (LadSchlG) geregelt. In der Föderalismusreform 2006 wurde die Kompetenz für das „Recht des Ladenschlusses“ aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (a. F.) herausgenommen und auf die Länder übertragen. Das Landesladenöffnungsgesetz hat der Landesgesetzgeber im Jahr 2006 erlassen und 2011 den vorliegend angegriffenen § 12 Abs. 3 LadÖffG eingefügt.

War das Land zum Erlass der angefochtenen Regelung berechtigt?

Besprechungsfall 9: Gesetzgebungsbefugnis

Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg (Antragsteller) wendet sich im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gegen die mit dem (Bundes)Betreuungsgeldgesetz vom 15. Februar 2013 eingefügten §§ 4a bis 4d des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes.

Diese Regelungen sehen im Wesentlichen vor, dass Eltern in der Zeit vom 15. Lebensmonat bis zum 36. Lebensmonat ihres Kindes einkommensunabhängig Betreuungsgeld in Höhe von zunächst 100 € bzw. 150 € pro Monat beziehen können, sofern für das Kind weder eine öffentlich geförderte Tageseinrichtung noch Kindertagespflege in Anspruch genommen werden.

Der Antragsteller ist u.a. der Auffassung, dass das Gesetz wegen fehlender Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nichtig ist.

Zurecht?

Rechtsprechung

… wird definiert als staatliche Tätigkeit zur

verbindlichen Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten (Abgrenzung zu Schiedsgerichtsverfahren, Mediation etc.)

in einem rechtlich geregelten Verfahren (Prozess) (ZPO, StPO, VwGO, SGO etc.)

in Anwendung des geltenden Rechts (Problem der Abgrenzung zwischen Rechtssetzung und Rechtsprechung vgl. oben Rechtsstaatsprinzip)

durch unbeteiligte und unabhängige Rechtspflegeorgane (Gerichte) (Abgrenzung zu Entscheidungen im Verwaltungsverfahren, wie z.B. Widerspruchsbehörden oder das Nachprüfungsverfahren bei den Vergabekammern)

Rechtsprechungsfunktion Art 92 GG: Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt. Oberste Gerichtshöfe des Bundes sind mach Art. 95 Abs. 1 GG: der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, 5. Strafsenat in Leipzig (ordentliche

Gerichtsbarkeit, d.h. Zivil- und Strafsachen) das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Verwaltungsgerichtsbarkeit) der Bundesfinanzhof in München (Finanzgerichtsbarkeit, d.h. Steuer und Zölle), das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (Arbeitsgerichtsbarkeit, Individual- und

Kollektivarbeitsrecht) das Bundessozialgericht in Kassel (Sozialgerichtsbarkeit, insbesondere SGB-

Angelegenheiten)

Verfahren vor dem BVerfG Zuständigkeit

Keine Superrevisionsinstanz

Welche Verfahren vor dem BVerfG zulässig sind, ergibt sich aus Art. 93, 100 GG i.V.m. § 13 BVerfGG

Die bedeutsamsten Verfahren sind (http://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/wichtige-verfahrensarten_node.html)

Verfassungsbeschwerde

Organstreitverfahren

Bund-Länder-Streit

Abstrakte Normenkontrolle

Konkrete Normenkontrolle

Parteienverbotsverfahren

Wahlprüfungsbeschwerde

Einstweiliger Rechtsschutz

Übersicht Verfassungsbeschwerde

Verfassungsbeschwerde

Individualverfassungs-beschwerde (Art. 93 IVa GG)

Regelfall

- Gegen Verwaltungs-handeln (einschließlich RVO und Satzungen) und Justizakte. - Rechtsweg ist zu durchlaufen. - Gerichte prüfen Gesetze im form. Sinne inzident, ggf. Vorlage an BVerfG nach Art. 100 GG

Rechtsatzverfassungs-beschwerde

- Bf. muss selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein, insbesondere bei „self-executing“ Norm. - Durchschreitung des Rechtswegs ist nicht zumutbar, z.B. bei Straf- und Ordnungswidrigkeits-Normen

Kommunalverfassungs-beschwerde(Art. 93 IVb GG)

- Kommunen können sich als „Staat“ nicht auf Grundrechte berufen und deshalb keine Individualverfassungsbeschwerde erheben. - Allerdings: Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG ist GR ähnlich. - Verfassungsbeschwerde zulässig, soweit Kommunen in diesem Recht betroffen sind. - Aber: ggf. Parallelzuständigkeit von Landesverfassungsgerichten beachten

Individualverfassungsbeschwerde Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 90 BVerfGG

Die Verfassungsbeschwerde kann erhoben werden von • jeder natürlichen oder juristischen Person mit der Behauptung,

• durch die deutschen öffentliche Gewalt (alle drei staatlichen Gewalten, d.h. Rechtsprechung, Verwaltung und Gesetzgebung)

• in ihren Grundrechten (vgl. Art. 1 bis Art. 19 GG) oder bestimmten grundrechtsgleichen Rechten (Art. 20 Abs. 4, Art. 33, Art. 38, Art. 101, Art. 103, Art. 104 GG) verletzt zu sein.

Geprüft wird, • ob der angegriffene Hoheitsakte aufgrund verfassungsmäßiger Gesetze ergangen ist

und

• ob die Grundrechte bei Anwendung dieser Gesetze beachtet worden sind. Einfache Fehler bei der Rechtsanwendung sind unbeachtlich (keine Superrevisionsinstanz).

Die beschwerdeführende Person muss selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Rechten betroffen sein.

Der Rechtsweg muss erschöpft sein.

Sonderfall Rechtssatzverfassungsbeschwerde 1. Funktion: Ausnahme zur Individualverfassungsbeschwerde

richtet sich unmittelbar gegen Gesetze, Rechtsverordnungen oder Satzungen

2. Voraussetzung Der Beschwerdeführer muss durch die Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein.

a) eigene und gegenwärtige Betroffenheit: Beschwerdeführer wird durch die angegriffene Rechtsnorm mit einiger Wahrscheinlichkeit in seinen Grundrechten berührt wird.

b) unmittelbare Betroffenheit: Kein weiterer Vollzugsakt (zur Grundrechtsverletzung) notwendig (Stichwort: „self-executing “).

c) Ausnahmen von der unmittelbaren Betroffenheit:

Wenn angegriffene Rechtsnorm noch vollzogen werden muss, aber • kein Rechtsweg existiert oder • wenn das Durchschreiten des Rechtsweges unzumutbar wäre.

Im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht ist dies regelmäßig der Fall, denn es kann von niemandem verlangt werden, zunächst eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu begehen, um die Verfassungswidrigkeit der Norm im fachgerichtlichen Verfahren geltend machen zu können.

Sonderfall Kommunalverfassungsbeschwerde § 93 BVerfGG 1. Anlass der Regelung:

Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunen) sind selbst Träger öffentlicher Gewalt

Sie sind daher grundsätzlich an die Grundrechte gebunden, nicht aber grundrechtsberechtigt sind.

Allerdings: Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) ist grundrechtsähnliches Recht der Kommunen.

2. Besonderheiten:

Kommunen können nicht die Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleicher Rechten rügen, sondern allein eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) durch eine Rechtsnorm.

Die Kommunalverfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen, soweit eine ähnliche Beschwerde beim Verfassungsgericht des jeweiligen Landes erhoben werden kann („Reservezuständigkeit“ des BVerfG). M-V: Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 53 Nr. 8 LV in Bezug auf Landesrecht (beachte: BVerfGE 107, 1; Subsidiarität bzgl. Bundesrecht)

Prüfungsschema Individualverfassungsbeschwerde I. Zuständigkeit des BVerfG Art. 93 I Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a, 90 ff BVerfGG: Verfassungsbeschwerde II. Beschwerdefähigkeit § 90 BVerfGG: „JEDERMANN“ aber:

1. Grundrechtsfähigkeit Fähigkeit, Träger von Grundrechten zu sein, bei jur. Personen beachte Art. 19 III GG) 2. Grundrechtsmündigkeit Problem: Minderjährige; nichtrechtsfähige Zusammenschlüsse)

III. Beschwerdegegenstand Beschwerdeführer muss geltend machen, durch den Akt der öffentlichen Gewalt in einem Grundrecht verletzt zu sein.

IV. Beschwerdebefugnis § 90 I BVerfGG: Beschwerdeführer muss selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein.

selbst (-) sofern kein eigenes Recht oder Popularklage gegenwärtig (-) bei zukünftigen Eingriffen unmittelbar (-) wenn weitere Zwischenakte erforderlich sind (VA, Realakt, Urteil, etc.)

aber: sog. self-executing-Normen (zB. Verbote in StGB, StVO: Gurtpflicht, Verkehrschilder) V. Beschwerdegegenstand § 90 Abs. 1: "Akt öffentlicher Gewalt“. Öffentliche Gewalt: Akte der Exekutive, Legislative oder Judikative VI. Rechtswegerschöpfung

§ 90 II BVerfGG: Subsidiarität, d.h. Ausschöpfung aller zumutbaren prozessualen Möglichkeiten VII. Form und Frist

schriftlich, § 23 einen Monat, § 93 Abs. 1 (Normalfall) ein Jahr, § 93 Abs. 2 (Gesetze und sonstige Hoheitsakte)

Konkrete Normenkontrolle Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 80 ff. BVerfGG

Problem:

Gerichte haben die Verfassung bei der Rechtsanwendung zu beachten (Art. 20 Abs. 2 GG).

Nur das Bundesverfassungsgericht ist jedoch befugt, über die Verfassungs-mäßigkeit von Gesetzen im formellen Sinne (Parlamentsgesetze) zu entscheiden (Verwerfungsmonopol).

Lösung:

• Hält ein Fachgericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so setzt es das Verfahren nach aus und holt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein („Richtervorlage“).

• Ist die Vorlage begründet, so erklärt das BVerfG die betreffende Norm für nichtig oder mit dem Grundgesetz für unvereinbar. Umgekehrt wird die Vereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz positiv festgestellt.

• Das Fachgericht entscheidet auf dieser Grundlage den Rechtsstreit.

Über die Rechtmäßigkeit untergesetzlicher Normen (RV, Satzungen) entscheiden die Fachgerichte selbst.

Organstreitverfahren 1. Kontradiktorisches Verfahren Antragsteller und Antragsgegner stehen sich gegenüberstehen.

2. Antragsberechtigt

• § 63 BVerfGG oberste Bundesorganen: Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung

• Daneben: Bundesversammlung, Bundeskanzler, Bundesminister, einzelne Bundestagsabgeordnete.

• Politische Parteien soweit sie bei der politischen Willensbildung mitwirken: Insbesondere bei Rechten aus Art. 21 GG.

• Fraktionen im Deutschen Bundestag. Sie können sowohl eigene innerparlamentarische Rechte wie auch die Rechte des Bundestages – selbst gegen den Willen der parlamentarischen Mehrheit – geltend machen. Opposition kann also die Beachtung der Kompetenzen des BT vor dem BVerfG einfordern.

• Andere Antragsberechtigte können dem Verfahren beitreten und Anträge stellen, wenn die Entscheidung des BVerfG auch für die Abgrenzung ihrer Zuständigkeiten von Bedeutung ist.

3. Gegenstand des Organstreitverfahrens

• Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners sein, meist Fragen aus dem Parteien-, Wahl- oder Parlamentsrecht

• Der Antragsteller muss sich darauf berufen, dass er selbst oder das Verfassungsorgan, dem er angehört, in eigenen verfassungsmäßigen Rechten und Pflichten verletzt oder gefährdet ist, die ihm gerade gegenüber dem Antragsgegner zustehen.

• Verfahren dient nicht der allgemeinen Verfassungsaufsicht, sondern dem Schutz der Rechte der Verfassungsorgane im Verhältnis zueinander. Ob der Antragsgegner sonstiges Verfassungsrecht beachtet hat, wird im Organstreitverfahren nicht geprüft.

4. Frist Sechs Monaten nachdem der Antragsteller von dem beanstandeten Verhalten des Antragsgegners erfahren hat. Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Kooperationsverhältnis EUGH - BVerfG 1. Problem: • Deutsche Hoheitsakte -> Bindung an GG -> Kontrolle durch BVerfG

• EU-Hoheitsakte -> EU-Grundrechtecharta Auslegung und Anwendung EuGH

Grundsätzlich: "Anwendungsvorrang" des EU-Rechts EUGH

2. Kontrolldichte des BVerfG ggü EU-Recht:

„Solange I“ (BVerfG v. 29.5.1974 – BvL 52/71, BVerfGE 37, 271) Solange es auf EU (EG)-Ebene noch keinen vergleichbaren Grundrechtsschutz wie nach dem deutschen Grundgesetz gibt, prüfe das BVerfG auch Rechtsakte mit EU/EG-Bezug am Maßstab des Grundgesetzes.

„Solange II“ (BVerfG v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339) Umkehrung von „Solange I“ nachdem EG-Grundrechtschutz sich durch zahlreiche Urteile EUGH weiterentwickelt hatte. Solange es auf EU-Ebene einen wirksamen und dem deutschen Maßstab generell vergleichbaren Grundrechtsstandard gibt, keine Kontrolle durch BVerfG.

Vertrag von Lissabon (BVerfG v. 30.6.2009 – 2 BvE 2, 5/08 u.a., BVerfGE 123, 267): Grundsatz der "Verfassungsidentität". Für grundlegende Prinzipien des GG („harter Kern“ z.B. Menschenwürde) behält sich das BVerfG die Kontrolle am GG vor.

Exekutive Allgemeine Definition ist schwierig; zumeist negative Abgrenzung:

Exekutive ist die Staatstätigkeit, die weder der Gesetzgebung noch Rechtsprechung zuzurechnen ist.

Exekutive

Regierung (politische Leitung)

Verwaltung

Ministerien Minister, politische

Staatssekretäre

Verwaltungs-behörden

hoheitlich fiskalisch

Politische Beamte z.B.: beamtete Staatssekretäre,

Regierungspräsidenten

Legislative

Wiederholungsfragen zu den Staatsfunktionen

1. Wer kann Gesetzentwürfe in den Bundestag einbringen und wer bringt die Entwürfe in der Praxis ein? Warum?

2. Welche Arten von Gesetzgebungskompetenz unterscheidet das GG?

3. Worin besteht der Unterschied zwischen Zustimmungs- und Einspruchsgesetzen?

4. Welche Aufgabe hat der Vermittlungsausschuss und wie arbeitet er?

5. Was sind die in der Praxis wichtigsten Verfahren vor dem BVerfG?

6. Wer kann diese Verfahren beantragen und was wird geprüft?

7. Der Minister möchten seine beamteten Staatssekretär entlassen. Kann er das (rechtlich) ohne Weiteres?

Teil X: Auswärtige Gewalt

Gegenstand der Auswärtigen Gewalt

Merke: Auswärtige Gewalt =/= Vierte Gewalt, sondern Zusammenfassung der Kompetenzen bzgl. völkerrechtlicher Beziehungen

Staat als Völkerrechts-

subjekt

Staat als Völkerrechts-

subjekt

§§

Völkerrechtliche Verträge und

sonstige Handlungen

Innerstaatliche Rechtsordnung

Anwendungsbefehl

Umsetzung in nationales Recht durch Gesetz etc.

Bürger

Fragstellungen im Zusammenhang mit Auswärtiger Gewalt

Welche innerstaatlichen Grenzen gibt es für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge und Handlungen?

Wer entscheidet über den Abschluss völkerrechtlicher Verträge? Von welchem Staatsorgan werden völkerrechtliche Verträge geschlossen bzw.

Handlungen vorgenommen?

Verbandsmäßige Zuständigkeit: Ist der Bund oder sind die Länder zuständig?

Organzuständigkeit: Exekutive oder Legislative

Wer erteilt den Anwendungsbefehl?

Innerstaatliche Umsetzung: Bund und Länder?

Verfassungsrechtliche Schranken der auswärtigen Gewalt

1. Art. 26 GG: Verbot eines Angriffskriegs, Verbot der völkerrechtswidrigen Anwendung von Gewalt gegen andere Staaten

Str. 1999 Jugoslawienkrieg: „Humane Intervention“ der Bundeswehr (Luftwaffe) mit etwa 500 Einsätze im Rahmen der von der NATO durchgeführten Operation Allied Force gegen das Milošević-Regime

2. Verbot von völkerrechtlichen Verträgen mit verfassungswidrigem Inhalt

- Vertrag ermöglicht Verstoß gegen innerstaatliches Recht (z.B. rechtswidrige Datenweitergabe an ausländischen Geheimdienst)

- Vertrag verstößt gegen Verfassungsgrundsätze oder Ewigkeitsgarantie. (Übertragung von Hoheitsrechten an supranationale Einrichtungen vs. Art. 79 Abs. 1 u 3 GG)

Lissabon-Urteil des BVerfG (BVerfGE 113, 273 ) „Die verfassungsgebende Gewalt der Deutschen, die sich das Grundgesetz gab, wollte jeder künftigen politischen Entwicklung eine unübersteigbare Grenze setzen. Eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die in Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig (Art. 79 Abs. 3 GG). Mit der sogenannten Ewigkeitsgarantie wird die Verfügung über die Identität der freiheitlichen Verfassungsordnung selbst dem verfassungsändernden Gesetzgeber aus der Hand genommen. Das Grundgesetz setzt damit die souveräne Staatlichkeit Deutschlands nicht nur voraus, sondern garantiert sie auch. […] Das mit dem Zustimmungsgesetz erfasste Vertragswerk macht das bestehende Verbundprinzip im System verantwortlicher Hoheitsrechtsübertragung unter Fortbestand der Souveränität der Mitgliedstaaten deutlich und genügt damit verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Vertrag von Lissabon macht erstmals das bestehende Recht jedes Mitgliedstaates zum Austritt aus der Europäischen Union im Primärrecht sichtbar (Art. 50 EUV-Lissabon). Dieses Austrittsrecht unterstreicht die Souveränität der Mitgliedstaaten und zeigt ebenfalls, dass mit dem derzeitigen Entwicklungsstand der Europäischen Union die Grenze zum Staat im Sinne des Völkerrechts nicht überschritten ist (vgl. Jouanjan, Monodisziplinäre Stellungnahmen, in: Kreis, Der Beitrag der Wissenschaften zur künftigen Verfassung der EU, 2003, S. 12). Kann ein Mitgliedstaat aufgrund einer selbstverantworteten Entscheidung austreten, ist der europäische Integrationsprozess nicht unumkehrbar. Die Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland hängt vielmehr von ihrem dauerhaften und fortbestehenden Willen ab, der Europäischen Union anzugehören. Die rechtlichen Grenzen dieses Willens richten sich nach dem Grundgesetz.“

Verbandskompetenz – Bund oder Länder Art. 32 GG vs. Art. 30 GG: • Für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung steht den Bund die

Gesetzgebungskompetenz (Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG) zu und damit auch die Befugnis zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen.

• In den Bereichen, in denen die Länder die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit innehaben und der Bund von einer Kompetenz Gebrauch gemacht hat, ist der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen ebenfalls Bundessache.

• In allen anderen Fällen können die Länder völkerrechtliche Verträge abschließen (Art. 32 Abs. 3 GG).

Problem: Auseinanderfallen von Abschluss- und Umsetzungskompetenz zwischen Bund und Ländern Lindauer Abkommen: 1. Bund tritt auch im Bereich des Art. 32 Abs. 3 GG mit umfassender

Vertragsschlusskompetenz für die Länder auf.

2. Betroffene Länder werden vorher beteiligt und müssen ggf. zustimmen.

Mastricht- bzw. Lissabon-Begleitgesetze bzgl. der Besonderheiten EU-Integration aus den EU-Verträge von 1992/2007

Organzuständigkeit 1. Bundespräsident

Art. 59 Abs. 1 GG: Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Aber: Staatspraxis ist die stillschweigende Delegation und Vertretung durch Mitglieder der Bundesregierung

2. Bundestag

Anwendungsbefehl durch Ratifizierung (=/= Transformationsgesetz!) nach Art. 52 Abs. 2 GG aber nur bei Verträgen die

„politische Beziehungen“ regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen.

3. Bundesregierung

Auswärtige Angelegenheiten sind traditionell Domäne der Regierung, weil sie im Gegensatz zum Parlament schnell und informiert reagieren kann.

Problem: Globalisierung -> Entparlamentarisierung BVerfG: Regierung und Gesetzgebung wirken im Bereich der auswärtigen Gewalt zusammen (Entscheidungsverbund der Organe)

Abgrenzungs- und Effektivitätsproblem

Anwendungsbefehl und innerstaatliche Umsetzung 1. Anwendungsbefehl

Anerkennung der völkerrechtlichen Verpflichtung im nationalen Recht:

-> Gesetzgebungsorgan der Körperschaft, die für den Abschluss des völkerrechtlichen Vertrags zuständig war: i.d.R. also Bundestag

2. Umsetzung in innerstaatliches Recht

Die sich aus der völkerrechtlichen Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen, müssen in ggf. in nationales Recht transformiert werden, um ggü. dem Einzelnen Geltung zu erlangen.

-> Innerstaatliche Gesetzgebungskompetenz, Art. 70 GG

Unterscheide davon: Regierungsabkommen

Vereinbarungen zwischen Regierungen mit anderen Staaten mit bloßem politischen oder administrativem Inhalt, z.B. über Maßnahmen der Enwicklungszusammenarbeit (Entwicklungshilfe)

Mehrstufiges Verfahren im EU-Recht Beispiel: Vergaberecht

Agreement on Government Procurement von 1994 zw. EU und 13 Staaten der WHO: Innerhalb der Vertragsstaaten eine diskriminierungsfreie, transparente und rechtsstaatliche Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu gewährleisten, sofern der Auftragswert einen bestimmten Schwellenwert („Special Drawing Rights“) übersteigt.

Erlass von EU-Vergaberechtlinien: insbesondere Lieferkoordinierungsrichtlinie (LKR) 93/36/EWG; Baukoordinierungsrichtlinie (BKR) 93/37/EWG; Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie (DKR) 92/50/EWG); Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG; Vergaberichtlinie 2014/24 EU

EU-Richtlinien verpflichten Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der GAP-Regeln in nationales Recht (Art. 278 ff. AEUV)

Anwendungsbefehl: EU-Recht (AEUV) gilt Kraft des vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats verabschiedeten Gesetz zur Umsetzung des AEUV

Umsetzung in deutsches Recht durch Änderung des GWB (zuletzt durch Vergabemodernisierungsgesetz)

Besprechungsfall 10: Wegen des Vorwurfs von Wahlmanipulationen brechen in einem afrikanischen Staat Unruhen aus, die in einen Bürgerkrieg zu münden drohen. Die Regierung bittet die Vereinten Nationen um Hilfe. Der UN-Sicherheitsrat beschließt daraufhin im Rahmen einer Friedensmission die Entsendung von Truppen mit der Befugnis, erforderlichenfalls mit Waffengewalt ein Ende der Auseinandersetzung herbeizuführen (sogenanntes robustes Mandat).

Die Bundesregierung wird von ihren westlichen Partner zu einer Truppenbeteiligung Deutschlands gedrängt. Wegen der Gefährlichkeit des Einsatzes fürchtet die Bundesregierung Widerstand in der Opposition und auch in den eigenen Reihen im Bundestag.

Fragen:

1. Darf sich Deutschland mit Bundeswehrsoldaten an dieser Friedensmission beteiligen?

2. Wer trifft die Entscheidung und in welchem Verfahren?

Teil XI: Politische Parteien

Begriff und Gegenstand politischer Parteien

1. Gesetzliche Grundlagen Art. 21 GG (Sonderbestimmung zur Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG)

PartG auf der Basis von Art. 21. Abs. 3 GG

2. Begriff Vereinigung mit der Zielsetzung an Bundestags- oder Landtagswahlen

teilzunehmen

gewisse organisatorische Verfestigung ist notwendig

3. Funktion Transformationsriemen zwischen Volk und Politikbetrieb. Sie „wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“ (Art. 21 Abs. 1 S. 1)

Bündelung der Willensbildung unter den Anhängern

Aufstellung von Kandidaten für die Wahl

Wesentliche Regelungen zu politischen Parteien 1. Gründungsfreiheit (Art. 21 Abs.1 S. 2 GG)

2. Parteiname, der sie von bereits bestehenden Parteien deutlich unterscheidet (§ 4 PartG)

3. Innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen (Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG), d.h.

Wahl zur Besetzung von Parteipositionen und Kandidaten Parteiausschluss nur begrenzt und aufgrund fairen Verfahrens möglich (§ 14 PartG),

Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte (§ 1015 ZPO) Ablehnung von Aufnahmeanträgen ist aber ohne Begründung möglich (§ 10)

4. Angemessene örtliche Untergliederung (Landesverbände etc.) zur Sicherstellung der Mitwirkung der Parteibasis

5. Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Art 3), insbesondere Sendezeiten für Wahlwerbespots bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, Plakatierens im öffentlichen Raum, die Zurverfügungstellung von öffentlichen Versammlungsräumen

Differenzierungen je nach der Bedeutung der Parteien zulässig (§ 5 PartG)

Parteienfinanzierung

Finanzbedarf: Aufstellung von Kandidaten für Wahlen -> öffentliche Aufgaben -> staatliche Finanzierung notwendig

Problem 1: Balance zwischen „Funktionsfähigkeit“ und „Staatsfreiheit“ Problem 2: „Selbstbewilligungsrecht“ in der Rolle als Gesetzgeber

-> BVerfG kommt besondere Kontrollfunktion zu

Traditionelle Einnahmequellen: Mitgliedsbeiträge Spenden natürlicher und juristischer Personen

• Verbot von Umwegfinanzierung parteinaher Institutionen (Stiftungen, Fraktionen) • Anonyme Spenden max. 500 EUR, > 10.000 EUR im Rechenschaftsbericht, > 50.000 Anzeige

an BTPräs und Veröffentlichung im BAZ, steuerl. Berücksichtigung max. 3.300 EUR

Abgaben, zu denen die Mandatsträger durch ihre Parteien verpflichtet werden, sonstigen Einnahmen, wie z.B. Vermögenserträge staatlichen Mittel

Öffentliche Parteienfinanzierung 1. Zuschüsse an Parteien

Seit 2002 erhalten Parteien, die mindestens 0,5 % bei BT/EU Wahlen bzw. 1 % bei LT- Wahlen erzielt haben:

• Prämie für Wahlerfolge: Für die ersten 4 Mio. Stimmen 1,00 EUR, danach 0,83 EUR pro Stimme

• Prämie für Beiträge und Spenden:

0,45 EUR pro 1 EUR eigene Einnahmen aus Beiträgen und Spenden (bei Spenden aus max. 3.300 EUR pro Spender/Jahr)

2. Relative Obergrenze: Der Zuschuss darf die Summe der selbsterwirtschaften Einnahmen einer Partei nicht übersteigen.

3. Absolute Obergrenze (Fortschreibung anhand der Preisentwicklung):

Maximaler Gesamtzuschuss zur Parteienfinanzierung 2015: 159,2 Mio. EUR

Parteienverbotsverfahren Art. 21 Abs. 2 GG 1. Ausdruck der wehrhaften Demokratie:

„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“

Zielsetzungen müssen sich nicht direkt aus dem Parteiprogramm ergeben.

Gesamtverhalten der Parteimitglieder und ihrer Anhänger ist maßgebend.

Problem im NPD-Verbotsverfahren: Einfluss von V-Leuten auf die Willensbildung

2. Aber zur Vorbeugung von Missbrauch: • „Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“

Einzelheiten zum Verfahren in § 13 Abs. 2 Nr. BVerfGG

• Antragsbefugt BT, BR und BR,

• Parteienprivileg: keine staatlichen Maßnahmen vor der Entscheidung durch das BVerfG

• Verbotsentscheidung mit 2/3 Mehrheit der Richter

3. Erfolgreiche Verbotsverfahren: Sozialistische Reichspartei (NSDAP „Nachfolge“) 1952, KPD 1956