Staatskirchenrecht

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Staatskirchenrecht Die wunderbare Welt von Isotopp Sonntag, 4. April 2010 Staatskirchenrecht Warum zahlen wir in Deutschland Kirchensteuer und keinen Zehnt an die jeweilige Kirche direkt? Wieso ist an einigen Tagen Tanzverbot? Wieso verbietet das Bundesverfassungsgericht dem Land Berlin die Öffnung von Einkaufszentren an Sonntagen, hat aber mit Busfahrern, die Sonntags arbeiten müssen keine Probleme? Wieso meinen deutsche Bischöfe selbst entscheiden zu können, welche Fälle von Kindsmißbrauch den Staat angehen und welche die Kirche intern klärt? Im preisgekrönten USA erklärt stellt Scot heute die amerikanische Sicht auf die Dinge dar. Will man an die Quellen, schaut man sich Artikel 140 unseres Grundgesetzes an. Der ist recht kompliziert, denn er lautet im Volltext: Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes. Man hat also im Grundgesetz Teile der Weimarer Verfassung übernommen, zusammen mit dem Deutungskontext der damaligen Zeit eine Verlegenheitslösung, die deswegen existiert, weil man sich in der vorhandenen Zeit nicht auf einen Kompromiß einigen konnte und es wichtiger war, überhaupt erst einmal eine Verfassung zu haben. Daher mutet das alles ein wenig wunderlich an. Mehr Kontext bekommt man in Staatskirchenrecht, der erläutert: Das deutsche Staatskirchenrecht beruht, anders als etwa das bürgerliche Recht, nicht auf einem wissenschaftlich erarbeiteten, umfassenden Regelungskonzept. Es hat sich vielmehr in jahrhundertelanger Entwicklung gebildet und ist wie kaum eine andere Rechtsmaterie durch historische Ereignisse beeinflusst. und geht dann ungefähr bis Canossa, den Westfälischen Frieden, das Landesherrliche Kirchenregiment und den Kulturkampf zurück. Die Trennung von Kirche und Staat ist in Deutschland jedenfalls unvollkommen ('hinkend' Stutz, 1926) und wird von vielen Menschen als nicht mehr ihrer Lebenswirklichkeit entsprechend wahrgenommen. Insbesondere liegt dem Ganzen eine Idee zugrunde, die angesichts der aktuellen katholischen Kinderschändungskrise lächerlich erscheinen muß: »Wenn es [ ... ] nicht der Staat selber ist, der die Aufgabe der Sinnstiftung betreibt, er aber gleichwohl ein grundlegendes Interesse daran hat und haben muß, seinen Bürgern ein Wertgefüge, eine

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StaatskirchenrechtDie wunderbare Welt von Isotopp

Sonntag, 4. April 2010StaatskirchenrechtWarum zahlen wir in Deutschland Kirchensteuer und keinen Zehnt an die jeweilige

Kirche direkt? Wieso ist an einigen Tagen Tanzverbot? Wieso verbietet das

Bundesverfassungsgericht dem Land Berlin die Öffnung von Einkaufszentren an

Sonntagen, hat aber mit Busfahrern, die Sonntags arbeiten müssen keine Probleme?

Wieso meinen deutsche Bischöfe selbst entscheiden zu können, welche Fälle von

Kindsmißbrauch den Staat angehen und welche die Kirche intern klärt?

Im preisgekrönten USA erklärt stellt Scot heute die amerikanische Sicht auf dieDinge dar. Will man an die Quellen, schaut man sich Artikel 140 unseresGrundgesetzes an. Der ist recht kompliziert, denn er lautet im Volltext:

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der

deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses

Grundgesetzes.

Man hat also im Grundgesetz Teile der Weimarer Verfassung übernommen,

zusammen mit dem Deutungskontext der damaligen Zeit ­ eine Verlegenheitslösung,

die deswegen existiert, weil man sich in der vorhandenen Zeit nicht auf einen

Kompromiß einigen konnte und es wichtiger war, überhaupt erst einmal eine

Verfassung zu haben. Daher mutet das alles ein wenig wunderlich an.

Mehr Kontext bekommt man in Staatskirchenrecht, der erläutert:

Das deutsche Staatskirchenrecht beruht, anders als etwa das

bürgerliche Recht, nicht auf einem wissenschaftlich erarbeiteten,

umfassenden Regelungskonzept. Es hat sich vielmehr in

jahrhundertelanger Entwicklung gebildet und ist wie kaum eine andere

Rechtsmaterie durch historische Ereignisse beeinflusst.

und geht dann ungefähr bis Canossa, den Westfälischen Frieden, das

Landesherrliche Kirchenregiment und den Kulturkampf zurück.

Die Trennung von Kirche und Staat ist in Deutschland jedenfalls unvollkommen('hinkend' ­­ Stutz, 1926) und wird von vielen Menschen als nicht mehr ihrer

Lebenswirklichkeit entsprechend wahrgenommen.

Insbesondere liegt dem Ganzen eine Idee zugrunde, die angesichts der aktuellenkatholischen Kinderschändungskrise lächerlich erscheinen muß:

»Wenn es [ ... ] nicht der Staat selber ist, der die Aufgabe der

Sinnstiftung betreibt, er aber gleichwohl ein grundlegendes Interesse

daran hat und haben muß, seinen Bürgern ein Wertgefüge, eine

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Lebensorientierung zu vemitteln, so versteht es sich fast von selbst,daß er, der Staat, kirchlicher und damit ja gewissermaßenstaatsausgelagerter Sinnstiftung freundlich gesonnen ist und diese, woer kann, fördert.«

Dieselbe Kirche, die hier als Wertgefüge und Lebensorientierung vermittelndnotwendig für den Staat gesehen wird, also als ultimate moralische Instanz gedachtwird, erscheint im Umgang mit ihren eigenen Folteropfern hilflos und vertuschend.Telepolis spießt diesen moralischen Bankrott in Ausstieg aus der gesamtenmoralischen Geschichte sauber auf.

Die Gefährlichkeit dieses Institutionsversagen geht einem erst dann auf, wenn manKirchenrecht verstanden hat:

Kirchenrecht ist das von Religionsgemeinschaften selbst gesetzteinterne Recht. Entgegen dem Wortlaut betrifft das Kirchenrechtkeineswegs nur Kirchen, sondern alle Religions­ undWeltanschauungsgemeinschaften. Als Konsequenz vonReligionsfreiheit und der Trennung von Staat und Kirche ist inDeutschland das Recht der Religionsgemeinschaften, innereAngelegenheiten selbst zu regeln, in der Verfassung, demGrundgesetz, verankert (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 IIIWRV – kirchliches Selbstbestimmungsrecht). Hat die jeweiligeReligionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des ÖffentlichenRechts (sog. Körperschaftsstatus), so ist ihr internes KirchenrechtÖffentliches Recht. Dabei geht das deutscheBundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus,die Rechtsetzungsbefugnis der Religionsgemeinschaften sei nicht vomStaat abgeleitet oder verliehen, sondern originär.

Damit landen wir dann bei der Körperschaft Öffentlichen Rechts, einem Konstrukt,das es bestimmten Kirchen (jenen mit Körperschaftsstatus) erlaubt, eigenes Rechtzu sprechen, geltendes Sozialrecht nicht anzuwenden, eigene Beamte einzusetzenund einige andere seltsame Dinge mehr zu tun, da auf eine seltsame Weise dasInnere einer solchen Körperschaftskirche außerhalb der grundgesetzlichen undstaatlichen Ordnung existiert.

Grad bei der katholischen Kirche hat man da einige kognitive Dissonanzen: "Wirhaben eine kirchliche Rechtsordnung" sagt der Hamburger Weihbischof Hans­Jochen Jaschke und "Die Kirche sei ein eigener Raum und man müsse zusammenmit den Opfern und Tätern entscheiden, wie die Staatsanwaltschaft ins Spielkommt.". Damit bezieht er sich auf genau diese staatliche Vakuum, das dieKörperschaft Öffentlichen Rechts mit ihren eigenen Regularien füllen kann und soll,und das im Fall der katholischen Kirche in den letzten 70 Jahren so massiv undanhaltend versagt hat.

Die hinter diesem letzten Artikel stehende Geisteshaltung und Rechtsauffassung istüberhaupt nur aus der Historie von Kirche und Staat in Deutschland in den letzten1000 Jahren verständlich. Die meisten Deutschen haben weder diese Perspektivenoch den Willen, diese Position einzinehmen ­ sie sind zu Recht empört, denn sieerwarten natürlich von einer Organisation, die sich teilweise außerhalb dergarantierten Rechte des Grundgesetzes stellen kann und die auch im 2.Vatikanischen Konzil noch behauptet, die einzig seligmachende Heilslehre imWortsinn zu vertreten, daß diese Organisation selbst in ihren eigenen Reihen für die

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Aufrechterhaltung der Mindeststandards sorgt, die in dem Staat gelten, in dem sie

tätig ist, wenn sie nicht sogar darüber hinaus geht. Das tut die katholische Kirche in

ihrer Reaktion auf die Aufdeckung der Massenmißbräuche in vielen Nationen der

Erde nicht ­ sie reagiert stattdessen abwehrend, überheblich, verzögernd und

kritikunfähig. Daß dies der Weg zu Seelenheil und einer besseren Welt ist glauben

hoffentlich nicht einmal die Mitglieder dieses Vereins.

Oder man zieht die Konzequenzen und beschneidet die Körperschaften Öffentlichen

Rechts so, daß sie zwar weiter Organisationsfreiheit haben können, aber nicht hinter

den Stand des Grundgesetzes zurück fallen dürfen. Die katholische Kirche hat das ja

anders herum auch gemacht, in GS 5:

Autoritäre Staatsmodelle stützt die Kirche nicht mehr, insbesondere

dann nicht, wenn diese totalitäre Ideologien verbreiten.

Dadurch wollte man die Fehler der katholischen Kirche im Umgang mit dem

Naziregime für die Zukunft verhindern.

(Dieser Artikel ist eine Art Destillat von ca. 55 Firefox­Tabs, die im Laufe des letzten

Monats angefallen sind, und ohne ein Lesen der Texte hinter jedem einzelnen Link

wahrscheinlich nicht verständlich, da eine komplizierte Rechtsmaterie und etwa 1000

Jahre europäische Geschichte berührt werden. Außerdem bin ich kein

Verfassungsrechtler, sondern nur ein interessierter Laie mit einem gesunden

Rechtsempfinden und dem Wunsch zu verstehen wieso solcher Irrsinn in 2010 noch

legal ist)

Geschrieben von Kristian Köhntopp in Politik um 18:38 | Kommentare (18) | Trackbacks (2)

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Die Frage ist, wo setzt man an, um diesen unzeitgemäßen Unsinn ein Ende zu

bereiten?

#1 Konni Scheller (Link) am 04.04.2010 20:23

Wie immer eigentlich: durch nachhaltiges hacken. Vielleicht treten nach den

jüngsten Ereignissen so viele Menschen aus der Kirche aus, daß in Zukunft nur

eine Minderheit der Bevölkerung einer Kirche angehören wird (was dann der

Realität entspräche, gibt ja genug Karteileichen auch dort).

Und nein, Deutschland wird nicht sofort muslimisch dadurch. Wir dürfen nicht

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vergessen, daß im Osten unseres Landes auch einige Generationen von

Nichtchristen leben und so aufgewachsen sind.

Der Untergang des christlichen Abendlandes steht also nicht unmittelbar bevor.

#1.1 Princess (Link) am 06.04.2010 07:10

Staatskirche, indeed: Die Renten der Pfarrer werden vom Staat (aus Steuergeldern!)

bezahlt (zumindest in NRW).

#2 Martin (Link) am 04.04.2010 21:37

"Wo kein Kläger, da kein Richter" ist ein altes Sprichwort. Die aktuelle Situation könnte

vielleicht die Möglichkeit sein, viel mehr Leute "wacher" werden zu lassen...

#3 Heiko Harthun (Link) am 04.04.2010 21:41

You're no anarchist.

You're not extreme.

But you threaten them, with your dream.

http://www.youtube.com/watch?v=N1Ptaf7wQno

#4 Azundris (Link) am 05.04.2010 00:08

Man beachte den letzten Artikel des Grundgesetzes:

Artikel 146

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für

das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine

Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung

beschlossen worden ist.

Es wird vielleicht mal Zeit?

#5 earl am 05.04.2010 07:13

Du hast recht, es wäre eigentlich an der Zeit.

Und nun stellen wir uns alle zusammen mal vor, wie eine solche Verfassung

aussieht, die von den Merkels, von der Leyens, Schilys, Schäubles, Westerwelles,

etc etc etc. dieser Welt mehrheitlich geschrieben wird, aussehen würde ­ und

wieviel Verteidigung uns Bürgern z.B. gegen Überwachung durch den Staat noch

zur Verfügung stehen würde.

Das GG ist ohnehin in den letzten Jahren (wieviele wage ich jetzt gar nicht zu

schreiben) zu einem Schatten seiner selbst verkommen.

Genauso, wie es die USA nicht schaffen, ihre antiquierte Verfassung ins Jahr 20xx

zu holen (die geht immer noch davon aus, daß der Präsident von Wahlleuten

gewählt wird, die vorher wochenlang mit dem Pferd durch die Prärie nach

Washington geritten sind ­ und dabei Waffen zu ihrer Selbstverteidigung führen

mußten), haben es auch wir nur unter dem direkten Eindruck der 1000­jährigen

Katastrophe und unter Druck und Anleitung der Siegermächte geschafft, eine

moderne und freiheitliche Verfassung (sorry, ein Grundgesetz) zu setzen, das

immer noch ganz weit vorne im Vergleich mit allen anderen ist.

Du darfst auch nicht vergessen, daß die ehemalige Präambel und Art. 146

gewissermaßen "Propaganda" gegen die "sowjetisch besetze Zone" (die DDR

wurde IIRC erst kurz danach formell gebildet) war und keinefalls

"Wiedervereinigung => neue Verfassung" erzwingt.

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#5.1 Niels am 05.04.2010 11:38

Zu Deiner USA­Kritik: In Sachen Kirchenrecht bzw. Religionsfreiheit sind diedurchaus weiter.Quelle der Erkenntnis: http://usaerklaert.wordpress.com/2010/04/03/zur­religionsfreiheit/

Und zu Herrn Jaschke kann man wirklich nur noch billig kolportieren, es dürfekeine rechtsfreien Räume geben... Da hätte Herr Uhl mal was zum Sperren!#5.1.1 MNB am 05.04.2010 20:47

Geschenkt.

Ich habe nicht den Versuch unternommen, die deutsche und die us­amerikanische Verfassung zu vergleichen.

Ich habe stattdessen versucht, meine These zu belegen, daß es derzeitenorm schwierig ist, eine Verfassung mit derselben Güte, die unserGrundgesetz mal hatte, zu fassen.

Und zu Herrn Jaschke habe ich mich gar nicht geäußert, insbesonderedeswegen, weil ich ihn persönlich gut kenne und mir daher selbst eineobjektive Mmeinung abspreche.#5.1.1.1 Niels am 06.04.2010 18:22

Man könnte sich ja mal die Vorschläge ansehen, die von Bürgern im Rahmender Verfassungsreform nach 1990 kamen ­ und ignoriert wurden. Oder aus derVolkskammer der DDR.#5.1.2 Martin (Link) am 06.04.2010 18:59

Ein "Staat im Staat" nach öffentlichem Recht sein zu dürfen, stellt einen nichtaußerhalb des Strafrechts. Und auch nicht ausserhalb des Zivilrechts (BGB, von1900).

"Wo kein Kläger, da kein Richter." gilt nur im Zivilrecht und vielleicht im öffentlichenRecht, nicht aber im Strafrecht. Wenn immer ein Beamter (! nicht Bürger) von einerStraftat (Kindesmißbrauch ist eine Straftat) erfährt, hat er dies zur Anzeige zu bringen.Die Staatsanwaltschaft hat dann zu ermitteln.

Allerdings ist die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden, d.h. der Dienstherr kanneinem Staatsanwalt reinreden (einem Richter nicht), was ja dazu geführt haben soll,dass Fälle im Holzschutzmittelskandal vor ein paar Jahrzehnten nicht weiter verfolgtwurden (siehe das sehr gute Buch Von Menschen und Ratten).

Also, Du hast schon Recht mit der Analyse wie das Volk das sieht, es sieht wirklich soaus, als wenn für die Kirche eigenes Recht gilt. Aber im Bezug auf Strafrecht gilt das inD meines Wissens nicht. Es haben einfach alle geschwiegen und wenn mal einer wasgesagt hat, dann sah es so aus wie ein Einzelfall und es gehörte zum Schweigendazu, dass man die Einzelfälle nie zusammenzählte.#6 Frank P. am 05.04.2010 09:03

QUOTE:Wenn immer ein Beamter (! nicht Bürger) von einer Straftat (Kindesmißbrauch isteine Straftat) erfährt, hat er dies zur Anzeige zu bringen.

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Das ist schlicht unzutreffend; nicht nur für "Kirchenbeamte", sondern für alleBeamte.

Aus solchen Fehlannahmen resultiert dann auch leicht eine Falschbewertung derzu beurteilenden Vorgänge.#6.1 Anonym am 07.04.2010 15:57

Äh, also was ich damit ausserdem sagen wollte, ist: bei den "Beamten" der Kirche gibtes (was zu prüfen wäre) wohl den Unterschied, dass sie Straftaten nicht zur Anzeigebringen müssen. Das kann man ja einfach ändern.

Firmen wie Siemens, ABB dürfen auch eigene "Bestechungshotlines" betreiben, siemüssen die Dinge nur eben auch zur Anzeige bringen. Wenn sie es nicht tun undihnen z.B. die US SEC drauf kommt, gibt es bittere Strafen.

Für Vertuschung muss es auch bei der Kirche bittere Strafen geben. Wenn die Kirchedazu nicht in der Lage ist, muss es der Saat tun.

Sonst gründen wir die CC ­­ Church of Chaos und regeln unsereRechtsangelegenheiten einfach auch selbst...#7 Frank P am 05.04.2010 09:26

Die Kirchensteuer halte ich ja nun für relativ unkritisch. Der Staat macht Inkasso, undbekommt dafür Aufwandsentschädigung. Daher kommt ja auch der "Irrsinn", dass dasAustreten aus der Kirche Geld kostet: das Ändern der Religionszugehörigkeit in derDatenbank ist ein normaler Verwaltungsakt, den sich der Staat vergüten lässt, nurübernimmt den beim Eintritt die Kirche. Ganz normal. Machen die Telefonheinis auchnicht anders. Gebühren für die Portierung zum Provider X übernimmt X.

Tanzverbot? Das ist zumindest keine rein kirchliche Angelegenheit. Tanzverbot giltauch am Volkstrauertag, einem rein staatlichen Gedenktag. Und wenn das so sehrstört, wundert mich, dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, es derart zuumgehen, wie man die Rauchverbote umgangen hat: man gründet einen Klub mitMitgliedsausweisen, und dann ist es nicht mehr öffentlich. Alternativ natürlich so:http://groups.google.de/group/de.alt.sysadmin.recovery/msg/f885547a4ac2697f

Sonntagsruhe? Steht auch ganz unreligiös im Arbeitszeitgesetz:"Zweck des Gesetzes ist es, [...] den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertageals Tage der Arbeitsruhe [...] zu schützen." Und das Arbeitgeberschutz nicht ganzunwichtig ist, erleben wir ja doch gelegentlich wieder. Die Wahl "wenn du Sonntag freihaben willst, arbeit doch nicht in einem Beruf, wo Sonntags gearbeitet wird", hat maneben nicht so einfach. Würde der Sonntag fürs Einkaufen freigegeben, würde L*dlsicher sofort sonntags öffnen, aber ich glaube nicht, dass die Löhne sich dadurchirgendwie erhöhen.

Man hat halt den Sonntag als freien Tag gewählt. Warum auch nicht. Der Donnerstaghätte es sicher auch getan, aber der Sonntag als zu schützender Tag gefiel halt mehrLeuten.

Zum Strafrecht kann ich nix sagen, also halt ich's mit Nuhr.

Allerdings finde ich es in .de doch schon deutlich entspannter mit der Religion als imGelobten Land, wo man mit der Begründung "Gott hat es mir befohlen" in den Irakeinmarschiert.

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­­Stefan (warum funktioniert "resizable textarea" nicht mit FF 3.6?)

#8 Stefan Reuther am 05.04.2010 09:29

Danke für die alternative Betrachtungsweise.

Den EU­Moloch halte ich für gefährlicher als die kirchenrechtlichen Relikte.

Zentral diktierte Internetzensur (siehe z.B. http://www.west.de) greift fundamentaler

in elementare Grundrechte ein als überkommener Religionskitsch, der durch den

weitaus überwiegend vorherrschenden atheismus practicus zunehmend zu der

Bedeutungslosigkeit verkommt, die ihm gebührt.

#8.1 Hans Bonfigt am 05.04.2010 10:06

Zum Strafrecht:

"Die Kirche sei ein eigener Raum und man müsse zusammen mit den Opfern und

Tätern entscheiden, wie die Staatsanwaltschaft ins Spiel kommt.". Damit bezieht er

sich auf genau diese staatliche Vakuum, das die Körperschaft Öffentlichen Rechts

mit ihren eigenen Regularien füllen kann und soll"

Die Kirche, respektive jeder einzelne Kirchenangehörige, ist den staatlichen

Strafgesetzen genauso verpflichtet. Nur: Es gibt halt keine allgemeine

Anzeigepflicht im dt. Strafrecht, also muß auch kein Bischof (nach staatlichem

Recht!) einen mißbrauchenden Priester der Staatsanwaltschaft übergeben ­

genauso wie kein anderer Bürger das muß. Da gibt es es spezifisch kirchliches

Vakuum oder so.

Selbst die Nichtanzeige geplanter Straftaten ist ja nur in ganz wenigen Fällen

strafbar!

Und noch zwei Kleinigkeiten:

"Renten der Pfarrer" und Bischofsgehälter und so: AFAIK ist diese staatliche

Übernahme der Finanzierung die Kompensation dafür, daß kirchliches

Grundeigentum vom Staat "übernommen" wurde. Grundeigentum, dessen

Bewirtschaftung bisher die Finanzierung sicherte.

Und: "normale" Beamte, so sie nicht gerade Beamte in der Strafverfolgung sind,

müssen auch nichts anzeigen ­ also auch hier kein Unterschied zu

"Kirchenbeamten".

Interessant dazu der Kommentar "Leider völlig Falsch...." in http://www.wer­weiss­

was.de/theme64/article1473943.html

#8.2 ­stm (Link) am 05.04.2010 13:08

Pope to give 'moral guidance' during UK visit im Guardian.

Jesus and Mo mit direktem Bezug dazu.

#9 Isotopp (Link) am 05.04.2010 16:15

Was dieser Beitrag ­ und auch die Presseberichterstattung ­ elegant übersieht: Es gibt

in Deutschland (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) keine

Anzeigepflicht. Niemand, der von einer begangenen Straftat erfährt, ist verpflichtet,

diese anzuzeigen; und auch bei noch bevorstehenden, geplanten Straftaten gilt das

nur in Ausnahmefällen schwerer und schwerster Kriminalität.

Demnach ist es nicht etwa eine kirchenrechtliche Besonderheit und auch keine

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Leugnung des staatlichen Strafanspruchs, sondern schlicht das Recht eines jedenStaatsbürgers, eine Straftat, von der er erfahren hat, für sich zu behalten und nicht beider Staatsanwaltschaft (oder der Polizei) zur Anzeige zu bringen, ganz gleich, ob ernun Pfarrer oder Bischof, Maurer oder Schreiner, Angestellter oder Beamter ist. Etwasanderes gilt nur bezüglich der Personen, zu deren beruflichen Aufgaben dieStrafverfolgung gehört ­ und auch da besteht eine Strafverfolgungspflicht im privatenRaum nur bei gravierenden Straftaten.

Dass begangene Missbrauchstaten oder Misshandlungen ­ auch insoweit wird jagerne sexueller Missbrauch mit (zur Tatzeit!) zulässigen oder auch unzulässigenkörperlichen Züchtigungen oder was auch immer munter zusammengement ­ nichtangezeigt werden, ist also jedenfalls aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dabeisollte nicht übersehen werden, daß eine Strafanzeige auch aus Sicht des Opfersmöglicherweise unerwünscht sein kann; insbesondere zu Zeiten und an Orten, wodurchaus auch Opfer von Sexualstraftaten abschätzig beurteilt wurden (und es solltenicht übersehen werden, daß die Taten, um die es hier geht, nicht selten vieleJahrzehnte zurückliegen). Es ist daher durchaus vernünftig, wenn eine Strafanzeigenur auf Wunsch oder jedenfalls nicht gegen den Willen von Opfern erstattet wird.Legitim ist es dabei durchaus auch, die negative Öffentlichkeitswirkung für diebetreffende Institution zu berücksichtigen. Entscheidend ist allein ­ und dort sehe ichden einzigen Anhaltspunkt für habhafte Vorwürfe ­, ob einer Wiederholung desGeschehens ausreichend vorgebeugt wird. Dort scheint es durchaus Versäumnissegegeben zu haben ­ die aber auch durchaus mangelndem Wissen und falscherEinschätzung geschuldet gewesen sein können.#10 ­thh am 07.04.2010 15:55

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