Stadt der Hunde

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1 Severine Martens Stadt der Hunde Heiteres und Besinnliches aus der Fabelschmiede Mit den Zeichnungen „Flitzewiese“ und „Podenca Zoe“ von Denise Knoblich

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Heiteres und Besinnliches aus der Fabelschmiede von Severine Martens

Transcript of Stadt der Hunde

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Severine Martens

Stadt der Hunde Heiteres und Besinnliches aus der

Fabelschmiede

Mit den Zeichnungen „Flitzewiese“ und „Podenca Zoe“ von

Denise Knoblich

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Texte und Fotos aus dem Blog Fabelschmiede und Wortsalat

von Severine Martens, Celle-Vorwerk, alle Rechte vorbehalten.

blog: http://fabelschmiede-und-wortsalat.blog.de

mail: [email protected]

Zeichnungen „Flitzewiese“ und „Podenca Zoe“ von

Denise Knoblich, Petershagen, alle Rechte vorbehalten.

web: http://www.furry-tales.de

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand,

Norderstedt

ISBN 9-783848-225408

Books on Demand GmbH

In den Tarpen 42

22848 Norderstedt

tel.: 040-534335-96

fax: 040-534335-84

mail: [email protected]

web: http://www.bod.de

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Inhalt

Die Fabelschmiede und die Stadt der Hunde 05

Erzählerin 07

Luna Blue Tausendschön und Milow H. Lunke 09

Ich möchte eine Stadt für Hunde bauen 13

Zwei Hunde 19

Unser Dorf 27

Zwei Hunde namens Leckerli 31

Luna und das Wetter 35

Insel 41

Luna rennt und Milow lügt 45

Talking dogs 49

Die Namen der Hunde 61

Hundeerziehung mit Meckern 65

Luna und der Weihnachtsmann 69

Heute hier, morgen dort 75

Anaconda 79

Ich spreche von Leika 83

Ratatöskr das Eichhörnchen 91

Krieger des Regenbogens 95

Seelengrundbaum 99

Milow und der Müll 103

Milow und seine neue Welt 109

Milow und die Straße 117

Milow und sein Zu Hause 125

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Die Fabelschmiede und die Stadt der Hunde

Die „Stadt der Hunde“ war mein erster längerer Text in zwei

Teilen, den ich alleine verfasst und in meinem Blog

„Fabelschmiede und Wortsalat“ der Öffentlichkeit zugänglich

gemacht habe. Eigentlich war der Blog ausschließlich zu diesem

Zweck entstanden. Einmal angefangen, ließen mir meine Ideen

aber keine Ruhe mehr. Ich hatte regelrecht Feuer gefangen

und eine neue Leidenschaft für mich entdeckt. Heute stehen

der Öffentlichkeit dort über 50 kleine Geschichten, Essays

und einfach nur kleine Texte zum Lesen zur Verfügung. In

diesem kleinen Buch findet sich eine Auswahl davon. Der

ursprüngliche Text, der diesem Buch seinen Titel gegeben hat,

ist allerdings dort geblieben, wo er sich am wohlsten fühlt –

frei zugänglich im Internet, lesbar für alle!

Ich schreibe sehr gerne über meine Hunde und mein Leben mit

ihnen. Oft entstehen meine Geschichten einfach nur durch

Beobachtung meiner geliebten Vierbeiner, durchwachsen von

einer gehörigen Portion Fantasie. Menschen kommen in den

Texten der Fabelschmiede auch vor, in der Regel als Begleiter

ihrer Hunde. In einigen Texten spielt mein verstorbener Mann

eine große Rolle – diese Texte stellen die eher besinnliche

Seite meines Schreibens dar und dürfen in diesem Buch nicht

fehlen.

Ich schreibe gerne genau so, wie die Worte und Sätze in

meinem Kopf entstehen. Der Eindruck, dass ich oft

Grundregeln der deutschen Grammatik und Rechtschreibung

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nicht berücksichtige, ist berechtigt. Viele Texte haben einen

experimentellen Charakter und der Titel „Wortsalat“ ist

durchaus mit Bedacht gewählt. Weiterhin habe ich versucht,

den doch eher spontanen Charakter des BlogSchreibens zu

erhalten.

An das Ende dieses Buches stelle ich vier Texte, die von mir im

Blog unter dem Titel „do you speak podengo?“ veröffentlicht

wurden und die vor einer kleinen Weile als Booklet mit dem

Titel „Lets speak Podengo!“ in gleichen Verlag herausgegeben

wurden.

Die Fotos im Text sind zum Teil schon sehr alt und wurden

bereits etliche Male hin- und herkopiert. Obwohl sie dadurch

erheblich an Qualität verloren haben, möchte ich auf eine

wenigstens teilweise Veröffentlichung dieser Bilder nicht

verzichten. Ich bitte dieses zu entschuldigen!

Nunmehr wünsche ich Ihnen und Euch eine gute Unterhaltung

in der Welt der Fabelschmiede und viel Freude beim Lesen

unserer kleinen Erzählungen.

Herzlich willkommen im Leben von Luna Blue Tausendschön,

Milow dem Halunken und ihrem zweibeinigen Menschen.

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Erzählerin

Wie lange habe ich jetzt schon drüber nachgedacht, was ich

hier eigentlich mache, und, wie ich dieses nennen möchte, was

ich hier mache.

Und dann auf einmal ist es da, ganz einfach und banal:

Ich möchte eine Erzählerin sein, weil ich gerne erzähle. So ist

das! Ich habe immer schon gerne erzählt, nur meistens fehlte

es an den Zuhörern – deshalb schreibe ich jetzt auf, was ich zu

erzählen habe. Also ist mein Blog mit all den Texten in ihm drin

eine Art gesammeltes Erzähltes, aufgeschriebenes

Erzählbares oder einfach nur noch zu Erzählendes – auf gar

keinen Fall eine Sammlung von Erzählungen, dass wäre mir

tatsächlich zu groß.

Klar bin ich auch Autorin – aber das bin ich schon, wenn ich nur

einen Strich mit dem Bleistift an die Wand mache. Autorin

eines Bleistiftstriches. Und Schriftstellerin bin ich auch –

aber das bin ich ebenfalls mit jedem Brief den ich schreibe

oder mit jeder Notiz in meinem Heftchen. Schriftstellerin bin

ich mit jedem selbstgefertigten Einkaufszettel – glaube ich

jedenfalls!

Ich möchte gerne erzählen: Von mir erzählen und von denen,

die in meinem Leben vorkommen! Erzählen von der Art, wie ich

die Welt sehe und die Dinge in ihr! Von dem erzählen, was mich

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bewegt und von dem, was so um mich herum den ganzen Tag

passiert.

Ich möchte gerne so erzählen, wie ich es machen würde, wenn

ihr alle mir gegenüber sitzen würdet. Und ich möchte mir dabei

einbilden, dass euch das alles auch ganz schrecklich

interessiert, was ich so zu erzählen habe.

Ich möchte gerne lernen, so zu schreiben, wie ich erzählen

würde. Ich möchte gerne hören, was ich in anderen Menschen

mit meinem Erzählen auslöse und bewegen kann.

Ich erzähle über mich und meine beiden Hunde. Ich erzähle,

wie wir drei zusammen leben, die Welt betrachten und

gemeinsam erobern. Und ich erzähle auch über mein Leben in

schönen und in schlechten Zeiten. Lachen und Weinen sollen

sich die Waage halten – aber auch beide nicht zu kurz kommen.

Ich erzähle viel über vergangene Zeiten, weil in der

Vergangenheit die Wurzeln für unser aktuelles Erleben und

unser Sein liegen.

Ich schreibe für Sie und für Euch, weil ich einfach gerne

aufschreibe was ich zu erzählen habe!

Ich erzähle und deshalb bin ich eine Erzählerin!

So einfach ist das

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Luna Blue Tausendschön und Milow der Halunke

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen und Euch meine

beiden Partner in diesem Blog vorzustellen. Beide werden ab

und an auch mal etwas zum Besten geben und hier

veröffentlichen – wahrscheinlich und vielleicht immer dann,

wenn mir die Worte fehlen oder es mir einfach sinnig

erscheint, die beiden zu Wort kommen zu lassen! Beide haben

eine bewegende Lebensgeschichte, die hier ganz sicher bald

erzählt wird – vielleicht ja auch von ihnen selber!!

Luna Blue Tausendschön:

Luna ist ein Harzer-Jack-Whippet-Pinscher. Luna wurde in

Goslar/Harz geboren und ihre Mama war ein Jack Russel – ihr

Papa war ein Whippet, der des Nachts gerne mal auf Tour ging,

um die Damen der Hundewelt zu erfreuen – ja, und ein Pinscher

ist irgendwie auch mit drin – glaube ich jedenfalls. Luna hatte

keine schöne Kindheit, denn sie wuchs als Weihnachtsgeschenk

in einer Familie mit vier Kindern auf. Als sie älter wurde und in

die Pubertät kam, wurde sie zur Last und einfach weggesperrt.

Ihr Lebensraum Bestand aus einem Keller und einem kleinen

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Garten, in den sie ab und an mal durfte. Bis sie zu mir kam

hatte sie niemals Kontakt zu anderen Hunden – nur manchmal

am Gartenzaun mit viel Gekläffe. Dann wurde sie gleich

bestraft und wieder weggesperrt. Luna wurde für fast alles

bestraft was sie machte. Sogar fürs Essen und Trinken, wenn

sie dann mal etwas kleckerte. Luna ist ein sehr ängstlicher und

liebebedürftiger Hund. Im November wird Luna 6 Jahre alt

und sie hat sich in den letzten Jahren ganz toll und super

entwickelt. Sie ist hier auf dem Dorf wo wir wohnen fast schon

ein Star und hat auf der Hundewiese und überall richtige

Kumpels und Freunde gefunden. Luna ist der tollste Hund der

Welt!

Milow der Halunke:

Milow ist Podengo. Ein Portugiesischer Podengo mit

irgendetwas anderem drin – wahrscheinlich einem Labrabor.

Also ist Milow ein Portugiesischer Labradengo. Man könnte

auch Popodor sagen, aber das klingt doof. Milow war zwei

Jahre ein Straßenhund irgendwo in Portugal und wahrscheinlich

wurde er auch auf der Straße geboren. Die Straße hat Milows

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Wesen geprägt – und mit der Straße der ewige Kohldampf, den

man hat als Straßenhund. Die ständige Notwendigkeit,

Fressbares besorgen zu müssen und die ständige Angst, dabei

von Menschen erwischt und verletzt zu werden sind die

Geister, die Milow auf Schritt und Tritt begleiten. In einem

anderen Artikel schrieb ich: Milow geht Containern und nicht

Gassi - und so ist das auch. Und dabei ist er ein richtig feiner

Kerl, der unglaublich anständig und korrekt im Umgang mit

anderen Hunden ist. Milow ist so ungefähr zwei Jahre alt – so

ungefähr, weil man das bei Straßenhunden nie so genau weiß.

Milow wurde aus der Tötung gerettet und ich bin genau wie

Luna glücklich, dass er nun ein Teil unserer zehnbeinigen

Familie ist. Milow ist der tollste Hund der Welt!

Bis hierher und nicht weiter! Ihr wisst jetzt, mit wem ihr es

hier zu tun habt und den Rest vom Fest dürfen die beiden dann

bei Gelegenheit selber zum Besten geben. Es ist spät geworden

heute Abend und wir verschwinden jetzt alle im Bettchen.

Morgen ist ja auch noch ein Tag!

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Ich möchte eine Stadt für Hunde bauen

Ich möchte die Welt verbessern und das ist dumm! Sagen viele!

Zu viele!!

Das sei dumm, weil diese Welt nun mal so sei wie sie ist und

nicht anders.

und das sei auch gut so,

sagen die!

Ich habe als kleines Kind schon nicht verstanden, warum das

Wort Weltverbesserer

ein Schimpfwort ist.

Warum darf ich nicht verbessern?

Ich darf!

Warum darf ich nicht träumen?

Ich darf!

Warum darf ich nicht davon schreiben?

Ich darf!

Ich möchte träumen, hoffen und vielleicht auch etwas spinnen

und

ich möchte davon schreiben.

weil

ich das möchte.

Das reicht!

Ich möchte eine Stadt für Hunde bauen.

Eine Stadt ohne Autos und Straßen, höchstens unterirdisch in

tiefen Tunneln.

Eine Stadt ohne Lärm.

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Eine Stadt , die unendlich grün ist.

Wo Hunde kein Besitz von Menschen mehr sind.

Wo Hunde frei entscheiden, bei wem sie wohnen, weil sie frei

sind.

Wo Menschen, die mit Hunden leben

finanziell entschädigt werden und nicht auch noch

Luxussteuern zahlen müssen.

Wo Menschen, die mit Hunden leben die Guten sind.

Und Menschen, die Hunde nicht mögen woanders wohnen sollen

– aber nicht in unserer Hundestadt.

Gebt mir ein altes verlassenes Dorf und jede Menge

Landschaft drumherum

Gebt mir jede Menge hohen Zaun um dieses Fleckchen Erde

herum, um die Welt fernzuhalten und auszusperren.

Gebt mir viele Menschen, die mitmachen und möglichst viele

Hunde, die dabei sind

Hunde, die wieder Aufgaben haben:

Jagdhunde, die jagen dürfen,

Hütehunde, die was zum behüten haben,

Schutzhunde, die uns beschützen dürfen, etc.

Aber auch andere Tiere sind allzeit willkommen bei uns.

Gebt mir tausend Fahrräder und schmeißt eure Autos weg.

Bis auf die, die ihr wirklich und nötig braucht.

Schafft Arbeitsplätze und Läden in dieser kleinen Stadt.

Und reichlich Äcker, Weiden und Wiesen zum leben und für

den täglichen Bedarf.

Wir bauen uns unsere eigene Welt.

Und dann machen wir den Laden dicht.

Für alle, die uns nicht mögen, die unsere Tiere nicht mögen.

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Und wir zaubern uns unsere eigene kleine Welt.

Und

dann möchte ich ein Hund sein in dieser Welt!

Kein Mensch,

weil ich dann das Gefühl haben werde, daß sich alles richtig

anfühlt.

Ich möchte eine Burg bauen für alle, die ich mag und die mich

mögen

Das sind nicht viele!

Und die Burg kann eine kleine Burg sein. Aber eine Burg mit

hohen und festen Mauern.

Hier sind wir alle dann In Sicherheit .

Und passen auf unsere Träume auf und schmieden Pläne für

eine bessere Welt.

Ich möchte wenigstens einen Turm bauen von wo ich gut gucken

kann,

von wo ich beobachten kann,

und möglichst viel sehe.

Und wo ich mich verschanzen kann, wenn’s mir mal wieder zu

viel und zu blöd wird.

Ich möchte einen Baum pflanzen, für alles was nicht mehr

geht.

Für alles, wofür es schon zu spät ist und auch träumen nicht

mehr hilft.

Für alles Vergangene und Hoffnungslose.

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Für Menschen, die nicht mehr sind in dieser Welt und für die

Dinge die nicht mehr gehen.

In dieser Welt.

Einen Baum, der immer weiter wächst in alle Richtungen.

So groß bis er nicht mehr in diese Welt passt und alle

Horizonte sprengt mit Wurzeln, die ihren Anfang in allen

Seelen der Welt haben.

In 7.000.000.000 Lebenswelten

auf diesem Planeten.

Und in genauso so vielen Träumen, Hoffnungen und

Sehnsüchten.

Und ich möchte ein Baumhaus bauen.

ein Baumhaus für die Zeiten in denen es hier und in dieser

Welt keine Lösungen mehr gibt.

Als Zuflucht in Zeiten der Trauer, Verzweiflung und

Hoffnungslosigkeit.

Weil man da dann gut sein kann hoch über den Dingen oben auf

dem Baum.

Mitten in der Hundestadt.

Mit Blick auf die kleine Burg mit großem Turm

In Sicherheit!

Trotz allem!!

Ich möchte schreiben über das, was ich sehe, was ich denke,

was ich fühle.

Kurze Texte schreiben, weil lange Texte aus der Mode

gekommen sind.

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Ich möchte schreiben über das, was ich träume, was mir so

durch den Kopf geht, wenn ich alleine bin:

Lauter Kram!

Ich möchte Schreiben und Sortieren.

Und ich möchte mich mitteilen für uns und alle Tiermenschen

Ich schreibe weil ich soviel sehe was ich nicht verstehe.

Soviel Dummheit, Egoismus und Geldgier.

Die ganze Welt scheint ein riesiger Geldspeicher zu sein und

die Menschen die Panzerknacker?

Sogar auf dem Hundeplatz reden sie über Geld und geben an

wie zwanzig Tüten Mücken.

Mist ist das!

Und nicht mein Planet!!

Ich schreibe, weil Träume zu wichtig sind, um sie einfach

wegzuwerfen.

Realität ist nichts weiter als keine Träume zu haben, keine

Wünsche, keine Hoffnungen.

Nicht mein Leben!

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Zwei Hunde

Du hast zwei Ohren, zwei Augen, zwei Arme mit zwei Händen

dran. Jeweils auf jeden Seite eines. Deshalb kannst du auch

zwei Hunde haben. Deshalb sollst Du zwei Hunde haben.

Jedenfalls sagte das früher oft eine sehr gute Freundin von

mir. Und ich finde sie hat recht. Mit den Armen und Händen ist

das ja schon klar, jedenfalls zum Kraulen und Verwöhnen ist es

praktisch, doppelt ausgestattet zu sein. Wegen der Augen und

der Ohren musste ich erst eine Weile nachdenken., aber ist

doch klar: immer ein Auge und ein Ohr für die Hunde – die

anderen beiden für mich. Oder?

Zwei Hunde zu haben ist klasse! Finde ich und finden meine

Hunde. Wenn Du nur einen Hund hast, möchtest du immer

dahin, wo andere Hunde sind. Wenn Du zwei Hunde hast,

möchtest Du das auch. Es ist aber nicht mehr so schade, wenn

keiner da ist, weil du hast ja selber zwei. Das ist toll!

Wir sind also zu dritt. Jetzt wieder. Luna war so ein Jahr

jetzt Einzelhund. Luna Blue Tausendschön ist ein sogenannter

Harzer Jack Whippet Pinscher. Im Harz geboren, Mama Jack

Russel, Papa Whippet und ein Pinscher ist da auch drin, da bin

ich sicher. Auf jeden Fall klingt es gut. Luna ist eine Kläfferin,

eine liebe Kläfferin. Aber wenn man seine Kindheit und Jugend

ohne jeden Kontakt zu Artgenossen verbringen durfte, dann

muss das so, dann ist das ok. Und der Milow ist jetzt da. Milow

ist ein richtiger Portugiesischer Podengo. Das behaupte ich

jetzt mal so. Vielleicht ist aber doch noch ein bisschen

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Labrador mit drin. Dann ist wohl doch eher ein Portugieischer

Labradengo, weil Popodor klingt doof. Milow ist ein wenig

besorgungskriminell, wenn andere Hunde Gassi gehen, dann

geht er containern. Nichts fressbares ist vor ihm sicher, er

findet alles und frisst alles. Straßenhunde müssen so!?

Milow H. Lunke ist aus dem Himmel gefallen, Luna damals auch

und alle meinen Hunde davor sowieso. Ich wollte wieder einen

zweiten. Schon länger. Ich hatte nicht gesucht, eher immer so

zum Himmel geguckt und gewartet. Und: er war auf einmal da.

Einfach da. Wie alle anderen zuvor auch. Ich wollte keinen

mittelgroßen gelben Rüden, ich wollte eine kleine schwarze

Hündin. Jedenfalls dachte ich das, bis Milow kam. Der war

einfach da und schlagartig wollte ich einen mittelgroßen gelben

Rüden. No way out! Ich liebe Milow über alles wie alle anderen

Hunde auch. Kennt ihr das?

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Hunde fallen bei mir irgendwie und sowieso immer aus dem

Himmel. Bei euch allen bestimmt auch. Aber ich möchte mir

trotzdem gerne weiter einbilden, das es bei mir etwas

besonderes ist. Die sind immer einfach da. Plötzlich. Und

schwupps, ich habe wieder zwei.

Als Luna zu mir kam war meine alte geliebte Tiffany Elfriede

Ponzelmeier noch da. Sie war ein Deutscher Schäferdor und

mit ihren über 10 Jahren noch topfit. Tiffi wog so ca. 30 Kilo

und Luna so ca. 5. Irgendwie hatte ich gar nicht das Gefühl,

einen zweiten Hund zu haben, erst nicht. Eher so eineinhalb

oder noch weniger Hunde. Gemein von mir? Nein! Mitnichten

nein, denn ich wurde schnell eines besseren belehrt. In Luna

steckt mehr Hund als ich mir bis dahin vorstellen konnte. In

jeder Hinsicht. Von Größenwahn über Geschwindigkeitsrekord

bis hin zum Kampfschmusen. Alles bis dahin ungeahnten

Dimensionen. Nur Unterordnung ist bis heute für Sie ein

Fremdwort. Stur wie ein Sack Zement. Wie ein ganzer LKW

Zement. Ich liebe sie über alles. Merkt man das? Sie ist der

beste Hund der Welt, wie alle anderen auch und heute zarte 7

Kilo schwer.

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Und Tiffany? Mein Gott ist das lange her. Das war in

Altwarmbüchen am Altwarmbüchener See. Morgens um 6 Uhr

fuhr ich immer mit meiner Leika Fahrrad. Zum See, um den See

rum und dann nach Hause. 8 Kilometer. Jeden Morgen und

jeden Abend. Leika war ein weißer Malinios. Ein Energiehund,

der mit 2 Jahren die Sch1 packte und danach auf

Rettungshund umschulte. Leika war klasse. Wie alle anderen

Hunde! Und auf einmal war Tiffi da. Morgens. Auf der

Seerunde. Kam da einfach an und ich dachte Ups. Sie verstand

sich sofort spitzenklasse mit Leika, die eigentlich andere

Hunde gar nicht mochte. Die beiden tobten und spielten, es

war der reinste Sonnenschein. Und Tiffi wollte sich nicht von

uns trennen, fand Leika einfach klasse und folgte uns bis nach

Hause in den Garten. Und sie ging nie wieder weg. 14 lange tolle

Jahre ging sie nicht wieder weg, blieb einfach da! Klasse Hund!

Danke, das ich Dich kennen durfte!! Danke für alles.

Die Suche nach Ihren Besitzern blieb leider nicht ergebnislos.

Das waren Leute aus meinen schlimmsten Träumen, undenkbar,

denen einen Hunde zurückzugeben. Ein kleiner Krieg um den

Hund entbrannte. Und als sich herausstellte, dass Tiffi ein

altes Welpenhalsband komplett in die Haut eingewachsen war

(musste herausoperiert werden) wars bei uns endgültig vorbei.

Nach zwei Jahren hatten wir einen unerträglichen

Rechtsstreit hinter uns und auf Anraten des Veterinäramtes

sprach das Amtsgericht uns den Hund endgültig zu. Scheiße

gelaufen mit gutem Ausgang! Danke für 14 tolle Jahre, danke

Tiffi. Einfach aus dem Himmel gefallen.

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Und Leika, die ja eigentlich Frollein Suleika vom See hiess? Na

klar fiel auch sie vom Himmel, aber anders. Bei uns in

Altwarmbüchen war nachts während wir schliefen

eingebrochen worden. Wir schoben noch Jahren danach Panik,

aber eines war von Anfang klar: es muss wieder ein Hund ins

Haus. Nachbars Malinoismädel hatte ein Vierteljahr davor

Puppies von einem ACWS Jungen (heute hieße es SWS Jungen)

und Leika wurde zwei Tage nach unserem Entschluss von ihren

Käufern wieder zurückgegeben. Zu weich, zu wesensschwach.

So hieß es. So kam sie zu uns, ein klasse Hund, nix

wesensschwach und nix zu weich. Ein toller Hund. Sie wuchs

rasant heran, lernte wie ein Irrwisch und wenn sie irgendwann

sprechen gelernt hätte, hätte mich das auch nicht gewundert

Und eingebrochen wurde bei uns auch nie wieder!

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Leika wurde nur gut 6 Jahre alt. Sie starb nach mehreren

Schlaganfällen im Oktober 2001. Und ich habe sie nie

vergessen. Und ich muss bei diesen Zeilen schon wieder heulen.

Sie fehlt mir, wie alle klasse Hunde, die mir fehlen und die ihr

Leben mit mir teilten. Alles klasse Hunde! Und ich habe das

damals auch eigentlich nur einigermaßen gepackt, weil Tiffi

noch da war.

Tja, und dann war da noch der Rocky. Rocky „Rakete“

Huckenmacher fiel auch aus dem Himmel, jedenfalls für mich.

Mein Mann kam damals mit ihm an. Überraschung! Zwei Hunde

sind doch viermal geiler als einer oder? So kam er an. Aus dem

Himmel gefallen! War OK, Leika war nicht mehr da und Luna

noch nicht, passte schon, Zweithund halleluja. Rocky war ein

Altdeutscher Schäferwart, mit zwei Jahren mal eben 45 Kilo

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schwer, ein Klotzkopf und Raufer hoch drei und unglaublich

lieb! Ich musste Rocky mit fast 7 Jahren weggeben. Der erste

und der einzig Hund, den ich je weggegeben habe, ich habe bis

heute Probleme damit, obwohl ich es mir ein Jahr lang nicht

leicht gemacht habe und er eine wundervolle neue Familie fand.

Rocky hatte den Tod seines Herrchens nicht verwinden können,

lag monatelang nur vor der Tür und wartete, fraß und trank

nicht mehr, wollte nicht mehr raus. Es ging nicht mehr anders.

Heute geht’s ihm besser: anders Zuhause, andere Leute, neue

Gerüche, neues Leben und Abstand von den ganzen

Erinnerungen an Christian. Er fehlt mir! Klasse Hund!

Zwei Hunde zu haben ist Klasse. Zwei Arme. Zwei Hände. Zwei

Hunde!! Das ist doch einfach nur logisch, oder nicht? Ich bin

damit immer gut gefahren, ich kann es mir nicht anders

vorstellen. Die Zeiten mit nur einem Hund haben sich später

immer als Vorbereitungszeiten auf den nächsten zweiten

herausgestellt. Zeiten mit dem Blick zum Himmel, vielen

Phantasien von dem neuen und dann irgendwann wieder völlig

überraschend ein ganz anderes Wesen. Eine neue Nummer

Zwei, die irgendwann später Nummer Eins wird und dann

wieder eine neue Nummer Zwei in unsere kleine Welt einführt.

So war das immer und so wird das hoffentlich auch noch lange

Zeit sein, bis auch ich aus dieser Wirklichkeit verschwinde.

Hoffentlich noch lange hin, denn das Leben ist schön. Mit

Hunden. Mit zwei Hunden natürlich!

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Unser Dorf

Irgendwo im südlichen Niedersachsen, schräg gegenüber in

nordöstlicher Richtung von der großen Stadt, findet man ein

kleines Fleckchen Erde in dessen Mitte der Ort „Unser Dorf“

liegt. Hier wohnen wir und hier gehen wir nie wieder weg. Hier

haben wir alles, was wir lange Zeit vergeblich gesucht und

jetzt endlich gefunden haben:

1 Supermarkt mit Bäcker drin

1 Apotheke

1 Büdchen mit Postshop

1 Blumenladen

1 Kirche

1 Versicherungsvertreterbüro

2 Kneipen

2 Frisöre

und

4 Fingernagelstudios

ansonsten keine Arbeitsplätze

1 Hundewiese

1 Bach

3 Enten- und Fischteiche (Baden verboten!)

1 verarmter Landwirt mit Resthof, riesigen Maisfeldern und

Biogasanlage

1 Computergeschäft, das nie geöffnet ist

und

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1 alte Knäckebrotfabrik, in der jetzt Nudelsoße gekocht wird

ca. 300 Häuser, viele davon leer und verlassen

mit

ca. 1300 kleinen und großen Menschen drin

und

gefühlten 5000 Autos davor

alle hier haben einen Briefkasten

so ungefähr 1 Million Hunde

und

etliche andere Tiere

1 Hauptstraße

8 andere asphaltierte Straßen

jede Menge Wege und Trampelpfade

und

reichlich Gelegenheiten, sich einzusauen

haufenweise Bäume, teilweise uralte Eichen und Linden,

meist in Form von Wäldern

mit

vielen Rehen drin

und

viele Felder mit Mäusen drin

sogar

einen eigenen Bussard haben wir hier

über den Feldern

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wegen der Mäuse

unglaublich viel Grün

und

tolle Luft zum Atmen

Fernsehempfang,

Telefonanschluss

und

ein eigenes Hochhaus mit eigenen Handyantennen

1 Sportverein

1 Schützenverein

1 Siedlerbund (für die Pioniere, die zuerst hier waren)

1 Seniorentanzgruppe in der Kirchengemeinde

und

2 Bushaltestellen

die meisten wollen hier weg

wir

sind glücklich, dass wir hier sind!

Unser Dorf ist eigentlich gar kein Dorf

sondern

ein am Stadtrand gelegener Stadtteil von einer Stadt, die ein

Dorf ist

aber

das macht nix, denn dadurch wird’s nur

noch gemütlicher hier!

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Nicht mehr lange, und ich kenne hier jeden

jeden Menschen

jeden Hund

jedes Pferd

und

die Kassiererin im Supermarkt weiß schon, daß ich morgen ein

Paket bekomme

weil

die Dame vom Büdchen dort auch einkauft

und

beide Hundefreundinnen von der Hundewiese ist

Nach 52 Jahren angekommen zu sein,

dass ist ein gutes Gefühl

wir wollen

nie wieder weg von hier!!

Nutze dein Leben und finde den Platz, an dem du sterben wirst

und

du bist wirst ein glücklicher Mensch sein!

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Zwei Hunde namens Leckerli

Wir haben bei uns einen eigenen Hundeplatz – das ist toll! Der

gehört uns nicht – der gehört einem anderen, der auch Hunde

hat und, der ein total netter Kerl ist. Seine Frau ist eine total

nette Frau. Wir dürfen hier mit unseren Hunden immer und

jederzeit kommen und unsere Hunde dürfen hier alles machen -

außer Löcher buddeln und Müll zurücklassen!!

Unser Hundeplatz liegt fast mitten im Dorf, denn unser Dorf

besteht eigentlich aus zwei Dörfern – einem großen und einem

kleinen Dorf. Dazwischen liegen zwei Felder und ein Bach, der

zwischen diesen zwei Feldern durchfließt, wenn Wasser drin

ist. Wasser ist selten im Bach, weil der Bauer, dem die Felder

gehören, einen Tiefbrunnen hat.

So ziemlich in der Mitte am Bach zwischen den Feldern liegt

unser Hundeplatz – mit einem Zaum einmal um so 4000

Quadratmeter herum und zwei Toren drin – vorne eins für die

vom großen Dorf und hinten eins für die vom kleinen Dorf. Wir

haben eine kleine Sitzbank und viele Eichen, die im Sommer

schön viel Schatten machen – und viele kleine Raupen. Der

ganze Platz ist komplett voll mit Rasen und so richtig schön

schief und dreieckig.

Viele Hunde kommen hierher und bringen meistens auch ihre

Frauchen und Herrchen mit. Viele sind gute Kumpels von Luna

und Milow. Den Milow habe wir hier sogar das erste mal in

unserem Leben getroffen. Nur einige Hunde sind doofe Hunde,

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sagen meine beiden – und dann bleiben wir auch mal weg vom

Hundeplatz, wenn die da sind.

Die Menschen sind meistens nette Menschen – meistens!

Manche sind etwas seltsam finden wir und zwei von denen sind

ganz besonders seltsam. Die beiden rufen ihre Hunde

„Leckerli“, wenn die weg sind und wiederkommen sollen.

Überhaupt rufen die immer Leckerli, wenn sie ihre Hunde

rufen. Nur zum Schimpfen werden die bürgerlichen Namen

bemüht, die ich hier nicht verrate, weil ich niemanden

verunglimpfen möchte.

Beide haben ihre Namen schon von klein auf gelernt – wie die

meisten Hunde. Die beiden Damen haben sich bis an die Zähne

mit Hundefutter bewaffnet aufgeteilt – an jeden Ende von

Platz eine. Dann haben sie immer abwechselnd „Leckerli“

gebrüllt und beide Leckerlis stürmten los, um sich mal eben

schnell fürs Rennen mit Leckerlis belohnen zu lassen. Erst zur

einen hin, dann zur anderen – immer wieder hin und her – immer

wieder Leckerli – immer wieder „Leckerli“ rufen. Das ist ein

tolles Spiel, die Hunde sind beschäftigt und werden müde – und

vielleicht sind die beiden ja auch sehr glücklich darüber, so zu

heißen.

Toll ist, dass die beiden Hunde auch auf ihren Namen hören –

egal, wer sie ruft! Du brauchst Dich nur irgendwo hinzustellen,

„Leckerli“ zu rufen und Du hast zwei Hunde mehr.

Neulich war ich mit meinen beiden Hunden und einer Freundin,

die auch ihre beiden Hunde mit sich hatte, auf unserem

Hundeplatz. Wir waren also sechs Leute und alle mit einem

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ganz eigenen Namen. Dann standen auf einmal außen vor dem

Tor zwei weitere Hunde und aus weiter Ferne riefen zwei

verzweifelte Damen im Duett ihre Leckerlis zu sich zurück –

jedenfalls versuchten sie es. Meine Freundin schaute mich

fragend an und ich habe sie ehrlich gesagt noch sie so blöd

gucken sehen. In unserer Fantasie sahen wir die beiden mit

Futtertüten wedelnd und knisternd den Weg runterkommen –

aber nichts sollte helfen. Leckerli und Leckerli waren wohl

einfach schon zu satt und unsere vier Leute auf dem Platz

wesentlich interessanter als jedes Häppchen – wer will schon

fressen, wenn man Kumpels treffen und mit ihnen rumtoben

kann. Beide Leckerlis waren schon längst auf dem Platz und

spielten mit unseren Hunden, als ihre Frauchen abhetzt und

verzweifelt hinterherkamen.

Meine Freundin kannte dieses Schauspiel noch nicht und konnte

sich danach eine ganze Weile ein smartes Grinsen nicht

verkneifen. Wir blieben auch nicht mehr lange und zogen bald

mit unseren vier Lieben wieder los. Leckerli und Leckerli

bekamen auf dem Hundeplatz noch eine extra Trainingseinheit

– wir hörten die beiden Damen noch eine ganze Weile nach

unserm Gehen rufen: Leckerli, Leckerli und nochmals Leckerli!

Jetzt, wo die dunkle Jahreszeit näher kommt, wird dann wohl

zuhause trainiert – bestimmt praktisch, wenn man seine

Futtertüten nicht mehr mit nach draußen schleppen muß.

Luna und Milow beiden kriegen zur Feier des Abends dann auch

noch zu naschen und beide heißen heute ausnahmsweise mal

„Los ab ins Bett“ – aber nur heute Abend! – versprochen!

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Luna und das Wetter

(Nur die harten Zwerge werden Gartenzwerge)

Warum auch nicht?!

Warum nicht einfach mal über das Wetter schreiben und

darüber, wie die kleine Prinzessin Luna das so sieht mit dem

Wetter. Wir wissen ja nun, dass wir damit nicht so ganz alleine

sind auf der Welt und, dass es auch in anderen Dörfern und

Städten ab und an mal regnen tut.

Große und starke Schäferhunde zum Beispiel müssen bei jedem

Wetter raus wollen – auch, wenn es draußen kalt ist und

andauernd regnet. Natürlich haben meine Großen früher auch

dumm geguckt, wenn’s im Regen raus ging – aber, wenn sie erst

mal nass waren, dann war es ihnen auch wurscht. Eigentlich war

ich nie auf den Gedanken gekommen, dass die frieren könnten –

sich warm laufen war die Devise!

Meine Hunde von heute hingegen gründen jedes mal kurz vor

der dunklen Jahreszeit eine gemeinsame Protestbewegung und

fordern „Katzenklos in der Wohnung und beheizbare

Regenmäntel für Kleinhunde“.

Wenn wir bei Regen rausgehen, nimmt Luna mir das persönlich

übel. Sie schaut mich vorwurfsvoll an, als wenn sie sagen

möchte: Du hast wieder extra lange gewartet, bis es richtig

doll regnet! Was habe ich dir nur getan? Anfangs, wenn sie

merkt, dass es losgeht, springt sie wie ein kleiner Irrwisch

Page 36: Stadt der Hunde

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freudig durch die Wohnung und kann es kaum erwarten, bis ich

endlich angezogen bin. Wenn die Haustür aufgeht, ist sie als

erste draußen und bleibt schlagartig stehen, wie vor eine

Mauer gelaufen. Alles nass, von unten und von oben – schon

wieder – und alles , nur um sie zu ärgern – das habe ich extra

gemacht, warum nur! Mit gequältem Blick, angelegten Ohren

und im Schleichgang auf Zehenspitzen geht es dann, die

nötigsten Geschäfte zu verrichten – alles nur, um möglichst

schnell wieder reinzukommen.

Pinkeln auf nassem Rasen und davon einem nassen Popo zu

kriegen ist eine Zumutung. Als wenn nicht die nassen Pfoten

und der nasse Bauch schon ausreichen würden. Alles extra und

aus Gemeinheit, nur um kleine Hunde zu ärgern.

Der kleine Hund ist mit seinem Bauch dem kalten Boden aber

auch viel näher als ein Großer – ich denke, das spielt schon eine

Rolle. Und, wenn das nasse Grass etwas höher steht, dann

gibt’s nicht nur kalte Unterschenkel, sondern dann ist gleich

der halbe Hund nass. Große Hunde und deren Leute kennen da

nichts von und stehen oft etwas herablassend lächelnd

daneben.

Hunde wie Luna haben auch wesentlich weniger Unterwolle, als

die meisten großen Hunde. Sogar der Milow, der ja aus dem

warmen Portugal kommt, ist von der Natur noch wesentlich

besser eingepackt, als meine kleine Prinzessin. Ihr Bauch, der

im Sommer komplett barfuss ist, wird im Winter mal gerade

von einer dünnen Fellschicht bedeckt – ohne jede Unterwolle.

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Gerade so, dass man ihren Bauch etwas kraueln kann – kein

bisschen mehr!

Bei Regenwetter dann auch noch Fahrrad zu fahren ist schlicht

die Höhe! Überall Pfützen, um die man herumrennen muss -

oder die man mit einem riesigen Satz überspringen muss, nur

um in der nächsten dann zu landen. Ein nasser Bauch bei Kälte

ist ekelhaft. So toll wie Fahrradfahren und Rennen für Luna ist

– nicht bei solch einem Wetter wie heute! Der einzige Vorteil

ist, dass man sich warmlaufen kann – der einzige! Sind wir am

Ziel angekommen, steht sie oft da, wie der sprichwörtliche

begossene Jack Whippet – und das schlimmste ist, wir müssen

ja auch wieder zurück. In solchen Momenten spiegelt sich in

Lunas Augen das ganze Elend dieser Welt.

Und, wenn es dazu dann auch noch richtig kalt ist, dann stehen

wir kurz vor dem Weltuntergang. Dann wird gezittert wie

Espenlaub und manche Passanten sprechen mich an, wie ich dem

armen kleinen Hund so etwas nur zumuten könne. Luna schaut

die Leute dann besonders rührig an und möchte am liebsten

sagen: Guckt nicht so blöd, bringt mir lieber eine Heizdecke!

Die Kleine weiß natürlich ganz genau, was sie tun muss, um

möglichst schnell wieder ins warme Bettchen zu kommen –

kennt mich ja auch schon etwas länger!

Luna hat eine richtige Sammlung an Winterkleidung - gegen

Kälte ohne Regen! Gegen Kälte mit Regen ist einfach kein Kraut

gewachsen, alle Klamotten sind irgendwann feucht und dann

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wird’s nur noch kälter! Und gegen die Nässe von unten schützt

erst recht nichts! Bei Kälte mit Regen hilft nur eines: drinnen

bleiben und bei Bedarf aufs geforderte Katzenklo gehen – sagt

Luna! Manchmal fragt sie mich, warum Hunde eigentlich keinen

Winterschlaf halten dürfen – so von Oktober bis Anfang April?

Vorher ordentlich mampfen und dann für ein halbes Jahr ab in

die Pupsmuhle. Warum eigentlich nicht? Wäre vielleicht auch

eine Option für mich!

Am besten gleich den Winter abschaffen und strafbewehrt

verbieten – den Herbst auch. Frühling und Sommer könnte man

dann ja entsprechend verlängern – zum Beispiel durch

Einführung des 48-Stunden-Tages im Austausch mit der

leidigen Sommerzeitregelung!

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Früher war ja noch der Rocky da, der war groß und stark – vor

allem groß war er und Luna konnte sich bei Regen ganz toll

unterstellen. Auf dem Hundeplatz sitzt sie bei Regen in der

Regel unter der Bank, falls da noch Platz ist und nicht schon

andere die gleiche Idee hatten. Deshalb brauchen wir bei

Regen gar nicht erst da hin gehen. Milow ist auch nicht groß

genug, um sich drunterstellen zu können – außerdem mag der

Regen auch nicht, weil er ihn bisher kaum kennt, und sitzt auf

dem Hundeplatz dann auch lieber unter der Bank herum.

Manchmal laufen bei nasskaltem Wetter etliche Leute auf dem

Platz herum, alle in perfekter Kleidung für eine Polarexpedition

– und die Hunde hocken unter der Bank oder unter den Bäumen.

Ich möchte dann gerne mal zuhören, wenn die sich über ihre

Leute unterhalten – oder lieber nicht, denn ich bin ja ein

Mitglied der Polarexpedition!

Wir gehen bei Regen und Kälte raus, um wieder rein zu können!

Das ist eine tolle Sache – und, wenn man sich erst mal dran

gewöhnt hat, dann will man es auch gar nicht mehr anders

haben. Und trotzdem sind wir absolute Outdoorfreaks, die

jede Gelegenheit nutzen, die Welt da draußen zu erobern – es

regnet ja nicht jeden Tag! Eigentlich ist es auch viel schlauer,

bei Schietwetter drinnen zu bleiben, die nächsten

Abenteuerreisen vorzubereiten und das zu verarbeiten, was

man im letzten Sommer alles so erlebt und angestellt hat.

Jetzt sitzen wir eben ein paar Monate hauptsächlich vor der

warmen Heizung, halten unsere Pupsmuhlen (so heißen bei uns

die Betten) warm und freuen uns auf den nächsten Frühling.

Auch eine Art Winterschlaf – und voll in Ordnung!

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Insel

„Gebrauchte aber gut erhaltene Insel für einen Menschen,

zwei Hunden und viele Träume gesucht! Kleines Häuschen mit

regendichtem Dach und Ofen drin wäre schön - kleines

wasserdichtes Ruderboot und Bootssteg auch. Möglichst billig,

am besten geschenkt!“

Warum will ich das?

Inseln bestehen aus allem möglichen, nur nicht aus Wasser.

Inseln und Wasser haben ein sehr seltsames Verhältnis

zueinander. Ohne Wasser gibt es keine Inseln, aber keine Insel

besteht aus Wasser. Wasser muss um die Inseln herum sein

und deshalb ist die Insel vom Wasser abhängig. Ohne Wasser

keine Insel, obwohl sie gar nicht aus Wasser besteht. Die Insel

besteht aus Erde – oder Sand, oder Lehm oder irgendetwas

anderem festen, wie zum Beispiel Steinen oder Felsen. Aber

niemals aus Wasser. Das Wasser muss immer außen sein,

niemals innen. Wäre es umgekehrt, also das Wasser innen und

des Rest außen, dann wäre es ja keine Insel – eher ein See, ein

Teich oder auch nur ein Wasserloch. Auf der Insel kann dann

ja auch ruhig wieder Wasser sein, das spielt keine Rolle für die

Insel. Ist das nicht seltsam: eine Insel braucht Wasser, um

überhaupt eine Insel sein zu können – und das, ohne selber aus

Wasser zu sein. Eine Insel definiert sich über etwas, was sie

selber gar nicht ist. Nichts außer Wasser ist wirklich wichtig

für die Insel. Wasser muss unbedingt da sein. Und zwar von

allen Seiten und einmal ganz herum, sonst wird das nichts mit

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der Insel. Wenn es nicht ganz herum geht, dann sind sie nur

Halbinseln oder noch weniger – aber niemals Inseln. Für eine

Insel ist es völlig unwichtig, wie groß sie ist, wo sie sich

befindet oder aus welchem Material sie ist. Auch, was sie auf

ihr befindet oder welche Farbe sie hat spielt keine Rolle. Alles

total gleichgültig, solange nur das Wasser da ist und einmal

ganz um sie rumgeht. Viele Inseln waren einmal Berge – ganz

früher, als das Wasser noch nicht da war. Oder, als das

Wasser noch nicht so hoch stand. Dann kam das Wasser, floss

einmal um den Berg herum, blieb dort und machte aus dem Berg

eine Insel. Nur Wasser kann so was! Wasser ist mächtig und

alles auf diesem Planeten hängt vom Wasser ab – wurde vom

Wasser im Wasser gemacht. Nicht nur alle Inseln dieser Welt,

sondern alles auf diesem Planeten hängt vom Wasser ab –

insbesondere das Leben überhaupt. Und vielleicht ist ja auch

das Leben eine Insel. Oder wenigstens fast so wie eine Insel.

Auf jeden Fall ist das Leben genauso vom Wasser abhängig wie

eine Insel! Ohne Wasser kein Leben. Geht das Wasser, geht

auch das Leben. So gesehen leben wir auf einer Insel – nicht

nur, weil alle Kontinente der Erdkugel eigentlich auch nur

Inseln sind. Das Leben ist vielleicht wie eine Insel in der Zeit

und die Zeit gehört zum Wasser des Lebens. Irgendwann in

ferner Zeit ist das Leben entstanden und wird in wohl nicht

allzu ferner Zeit wieder verschwinden. Zurück bleiben dann die

Zeit, das Wasser und die Inseln – ohne uns. Inseln brauchen

keine Menschen – die brauchen nur Wasser und sich selber.

Und das Wasser braucht uns Menschen schon gar nicht! Auch

die Zeit vergeht vollautomatisch, ohne unsere Mithilfe. Im

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großen Zeitstrom vom Beginn bis zum Ende des Universums ist

das Leben tatsächlich nur eine kleine Insel.

Inseln sind toll – weil man toll drauf leben kann und seine Ruhe

vor all dem hat, was nicht auf der Insel ist. Vor allem die

kleinen Inseln sind klasse! Schon als ganz kleines Menschlein

habe ich von meiner eigenen kleinen Insel geträumt. Eine Insel

irgendwo mitten in einem großen See. Eine Insel mit einem

kleinen Häuschen drauf und einem kleinen Bootssteg dran.

Dazu ein kleines Boot und ganz viele Tiere mit mir auf der

Insel. Besucher müssen erst vom Ufer aus rufen und hoffen,

dass ich sie höre. Wenn sie dann viel Glück haben, rudere ich

mit meinem kleinen Boot los, um sie rüberzuholen – aber nur,

wenn sie Glück haben – viel Glück! Das ist das gute an Inseln

und das gute am Leben – das man auf Inseln leben kann –

richtig leben! - dem Wasser sei Dank!!

Darum will ich das!!

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Luna rennt und Milow lügt

Luna fährt nicht Rad, denn ich fahre Rad und Luna rennt mit.

Nein, so ist das auch falsch: Luna rennt und ich versuche mit

dem Fahrrad mitzuhalten! So ist es richtig oder kommt der

Wahrheit ziemlich Nahe. Luna ist ein halber kleiner Whippet

und der Rest vom Russel ist auch nicht ohne. Irgendwie haben

bei Lunas Geburt die pure Energie der Windhunde und die

Unkaputtbarkeit der Russel-Terrier geheiratet. Wenn Luna

rennt, dann rennt sie ohne Ende und ich komme meistens kaum

hinterher. Luna rennt!

Wenn ich mit Luna losgehe und sie merkt, dass wir das Fahrrad

nehmen, dann merke ich richtig, wie sie im Kopf schon

losgerannt ist. Manchmal habe ich richtig Sorge, dass ihr aus

Vorfreude irgendwann eine Feder aus dem Kopf springt. Luna

ist direkt und unverbogen. Luna lügt nicht!

Milow ist auf der Straße aufgewachsen und weiß deshalb, was

man tun muss, um zu seinem Recht zu kommen. Milow weiß ganz

genau, wie Menschen funktionieren und , wann es unglaublich

schlau ist, sich schrecklich müde oder auch dumm zu stellen.

Milow ist raffiniert und verschlagen!. Milow ist ein Halunke.

Milow lügt!

Wenn ich völlig fertig nach Hause komme, weil Luna mich mit

meinem Fahrrad wieder durch die Gegend gescheucht hat,

steht Milow schon in der Tür und tut so, als wenn er die ganze

Zeit unglaublich einsam war und fürchterlich gelitten hat. Aber

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seine Augenschnuddel verraten ihn!! Er hat gepennt, einfach

die ganze Zeit gepennt und den lieben Gott einen guten Mann

sein lassen. Vielleicht war er sogar richtig froh, endlich mal

seine Ruhe zu haben. Vielleicht freute er sich nur, zu Hause

bleiben zu dürfen und nicht von Luna durch die Budnik gehetzt

zu werden. Das ist ja auch alles vollkommen in Ordnung, aber:

Milow hat in Wirklichkeit gepennt. Milow ist ein Halunke! Er

weiss ganz genau, was er tun muss, damit sein Frauchen sich

ganz doll freut! Milow ist ein feiner Kerl, weil er so ist. Milow

darf ruhig lügen!

Luna lügt nicht. Luna ist ein ehrliche Haut. Das klingt besser,

als zu sagen: Luna ist einfach nur viel zu impulsiv und direkt,

um lügen zu können. Luna hat gar keine Zeit für so was. Luna ist

ehrlich! Sie will raus und rennen. Luna darf ruhig rennen!

Milow rennt nicht, denn auf der Straße hat man Kohldampf und

alle Zeit der Welt. Höchstens mal ein Sprint, wenn’s ums

Fressen geht oder es irgendwo verdammt gut danach riecht.

Höchstens mal ein Sprint, um sich wieder in Sicherheit zu

bringen. Milow lügt und will was zu fressen. Milow darf ruhig

lügen!

Luna würde Reisberichte lesen, wenn sie könnte. Milow

Kriminalromane. Milow weiß am Anfang des Krimis schon, wer

der Mörder ist und Luna sucht währenddessen nach Eckchen

auf der Welt, in denen sie noch nicht war.

.

Milow ist schlau! Luna auch!

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Beide sind genau das, was sie durch ihre Menschen geworden

sind. Auf dunklen und kalten Straßen wird man im täglichen

Überlebenskampf raffiniert und man lernt, das Verhalten von

Menschen abzuschätzen – zum eigenen Vorteil! Eingesperrt in

dunklen und kalten Kellern, freut man sich über jeglichen

Kontakt mit anderen Lebewesen und weiß es zu schätzen, mal

etwas weiter laufen zu können, als bis zur nächsten Wand!

Deshalb wird Milow sich immer irgendwie durchschlagen, oder

wenigstens so tun als ob. Und Luna wird niemals eine

Gelegenheit verschenken, sich frei zu bewegen. Auf der Straße

hatte Milow Freiheit ohne Ende, Luna in ihrem Keller nicht.

Luna hatte in ihrem Keller immer genug zu fressen, Milow auf

der Straße nicht.

Beide sind auf ihre ganz eigene Art unglaublich schlau, denn

Luna rennt und Milow lügt! Und das ist auch gut so, denn beide

sind die tollsten Hunde der Welt und beide dürfen so sein, wie

sie nun mal eben sind:

Schlau!

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Talking dogs

Es war irgendein langweiliger Samstag im August und der Milow

war noch nicht lange Mitglied in unserem Team. Manchmal,

wenn ich eine Weile nicht zu Hause war, hatte unsere Wohnung

unter dem Dach sich ein klein wenig verändert. Verschiedene

Dinge lagen nicht mehr an ihrem Stammplatz oder hatten eine

andere Form angenommen, Luna erschien mir bei meiner

Rückkehr oft etwas besorgt und der Milow lag zumeist dösend

auf dem Sofa!

Normalerweise spioniere ich meinen Freunden nicht nach, aber

an diesem Tag wollte ich es wissen. Ich musste vormittags noch

schnell zum Einkaufen für das Wochenende und aus einer Laune

heraus stellte ich voller Hinterlist unsere kleine Kamera ganz

oben auf das Regal. Damit war das ganze Wohnzimmer und

sogar der Flur bis zum Schlafzimmer überwacht. Das war eine

klasse Idee und ich versprach mir davon sensationelle Einblicke

in das geheime Leben meiner Lieben – schlechtes Gewissen

inklusive! Der folgende Einkauf im Laden gegenüber war voller

Vorfreude auf neue Erkenntnisse und ich konnte es kaum

abwarten, wieder nach Hause zu kommen.

Der Einkauf war noch nicht ausgepackt und ich hatte die

Kamera schon in der Hand. Der 30 Minuten dauernde Anblick

meiner Wohnung mit zwei dösenden Hunden drin war einfach

überwältigend. Gar nichts war passiert und mein detektivischer

Spürsinn verwandelte sich schlagartig in die quälende Frage, ob

die beiden mich mal wieder durchschaut hatten. Sind die immer

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so brav und ich werde langsam tüdelig? Bewegen sich

verschiedene Dinge im Wohnzimmer tatsächlich von selber?

Magisch und ohne jedes Zutun meiner Mitbewohner? Aber der

Milow kann sich noch so schlafend stellen und die Luna noch so

dumm, ich habe sie durchschaut. Wollen wir doch mal sehen,

wer hier schlauer ist! Die Kamera wurde jedenfalls irgendwie

ausgetrickst – soviel ist schon mal sicher!

Ich konnte das Geschehen anhand von Indizien auf der

Grundlage von einschlägigem Fachwissen hinsichtlich Hinterlist

und Heimtücke nahezu vollständig rekonstruieren. Mich

erstaunt zwar, dass die beiden immer nur sprechen, wenn ich

nicht zugegen bin – aber soll ich mir darüber nun auch noch

Gedanken machen? Ich stelle meine Fähigkeiten als

Hundezuhörerin sehr gerne als Gesprächsstoff zur Verfügung

und freue mich auf eure Meinungen dazu. Wir wünschen euch

beim Lesen den Spaß, den wir beim Schreiben reichlich hatten!

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Now we proudly present the ‚talking dogs’ – here we go:

Isse weg?

Hm?

Ob sie endlich weg ist?

Ja!

Mein Gott war die wieder hibbelig

Ist doch immer so, die hat ihren Zettel gesucht

Endlich Ruhe!

Leg dich einfach wieder hin!

Nö!

Wie nö?

Ich geh mal gucken

Wo?

Küche, wo sonst

Gibt Mecker

Egal, ist doch nicht da

Ohje, das gibt Mecker

Tür ist zu

Sowas

Mist, ich leg mich wieder hin

Mach das!

Jetzt ist aber ungemütlich

Wie?

Decke ist kalt geworden, hab Hunger

Hast immer Hunger!

Aber jetzt ist Decke kalt

Häh?

Page 52: Stadt der Hunde

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Ob da im Schrank was ist, oder im Blumentopf?

Du nervst!

Das sagst du immer

Du nervst ja auch immer

Wieso?

Leg dich lieber wieder hin!

Gute Idee

Nicht reden, auch machen!

Was machst du da eigentlich die ganze Zeit in deiner Ecke?

Wieso?

Du schmatzt!

Tu ich nicht

Ich komme mal gucken

Bleib bloß weg, los hau ab!

Blöde Kuh!

Doofmann!

Ich leg mich wieder hin

Schön!

Hast du auch so Langeweile?

Ob die jemals wiederkommt?

Na klar, die hat eine gute Bindung aufgebaut

Was ist denn das?

Die ist sehr anhänglich und kann nicht so lange alleine sein

Aha!

Jetzt aber mal Ruhe hier!

Ich glaube da ist gestern was unters Sofa gekullert

Nicht schon wieder

Ich geh mal kurz gucken

Page 53: Stadt der Hunde

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Ohje!

Wie ohje?

Randalier bloß nicht wieder!

Ich doch nicht

Die merkt das

Niemals!

Ohje, das gibt Mecker

Da ist was!

Echt?

Ne, unecht!

Ich komme mal kurz!

Bleib bloss weg, das ist meins

Du bist gemein

Ja!

Wie ja?

Ich komm da nicht ran, bin zu groß

Ne, zu blöd!

Die hat das Sofa festgeschraubt, glaub ich

Ach was!

Ich komm da einfach nicht ran

Gebs auf, leg dich wieder hin und halt die Klappe

Wie?

Ach nix!

Ich leg mich wieder hin!

Besser ist das

Ist dir auch so kalt?

Nö.

Was ist eigentlich Diät?

Ohje!

Page 54: Stadt der Hunde

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Wie?

Das sage ich dir jetzt lieber nicht

Ok!

Wie kommst du drauf?

Ich soll so etwas machen

Dann zieh ich aus!

Wirklich?

Ja!

Dann mach ich Diät!

Blödmann!

War nur Spaß

Danke!

Dafür nicht

Was ist denn jetzt Diät?

Willst du gar nicht wissen!

Doch!

Lass es einfach auf dich zukommen, da müssen wir durch!

Wir?

Leider ja!

Hast du denn keinen Hunger, die lässt auch gar nichts hier!

Warum auch?

Die nimmt alles mit, glaub ich

Meinst du?

Nachher ist wieder alles da!

Stimmt!

Wo die wohl immer hingeht?

Ich weiß das

Wohin denn?

Essen besorgen, das hat die mal gesagt

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Echt?

Ja!

Und wie macht die das?

Mit rumsitzen

Wie, nur mit rumsitzen?

Ja genau

Toll!

Finde ich auch

Wieso weißt du das denn alles?

War mal mit

Echt?

Ja!

Toll!

Wie nö?

Stundenlang still sein und rumliegen ist doch nicht toll

Könnt ich gar nicht!

Glaub ich dir

Mir ist langweilig

Mir nicht

Guck mal, da liegt was rum!

Ist die Fernsehzeitung

Bestimmt eine alte

Nö, das ist die neue

Bestimmt die alte!

Bleib da weg!

Guck mal, was ich kann!

Ohje

Wie ohje?

Page 56: Stadt der Hunde

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Naja, nun ist sie alt

Sieht gut aus, findest nicht auch?

Das sieht nach Mecker aus

Findest Du?

Ja!

Ich geh mal ins Schlafzimmer

Tu das!

Mach ich auch

Aber dann bleib auch mal da!

Wieso?

Weil du nervst

Tu ich nicht

Tust du wohl!

Im Schlafzimmer steht auch nichts rum

Was?

Mein Bauch kribbelt so!

Bitte?

Kribbelt dein Bauch auch?

Nein, mir tun nur so langsam die Ohren weh!

Ich muss mal

Bitte nicht

Doch!

In echt oder nur aus Langeweile?

Hm?

Was machst du da?

Ich denke!

Und ich lache gleich

Sag mal, wer ist eigentliche dieser Internet?

Wie?

Page 57: Stadt der Hunde

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Wenn ich den erwische, die meckert immer mit dem rum

Kenn ich nicht

War die eigentlich schon immer so?

Wie?

Das die soviel meckert

Erst, seit du da bist

Das war gemein

Stimmt

Und wieso?

Tat gut!

Aha!

Bleib bloß da liegen!

Ich dreh noch mal ne Runde

Och nö

Guck mal, da fehlt was

Wo?

Na hier, da hat die was weggenommen!

Bleib da weg!

Wieso?

Regel Eins in dieser Wohnung

Wie?

Bleib von den Büchern weg!

Die hier?

Ja!

Die riechen falsch! Wollen doch mal sehen, wem die gehören!

Nein, bitte tu das nicht

Wieso nicht?

Wegen Regel Zwei!

Und?

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Denke immer an Regel Eins!

Willst du mich veräppeln?

Echt nicht?

Echt nicht!

Danke

Wofür?

Das du mich ernst nimmst!

Habe ich nie gesagt!

Ich komme mal rüber zu dir

Bleib bloß weg!

Will nur mal gucken

Hau bloß ab!

Nur mal eben kuscheln, ganz kurz

Um Gottes Willen

Bitte, nur einmal!

Nein!

Nur mal kurz

Hau ab, lass das!

Zicke!

Blödmann!

Hör mal!

Was?

Da war ein Geräusch

Meinst du?

Die kommt! Siehst du was von deiner Fensterbank?

Nö, noch nicht

Steh mal auf

Oh menno

Page 59: Stadt der Hunde

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Siehste jetzt was?

Ja!

Und was?

Die kommt!

Echt?

Ja

Mit Tüten?

Mit Tüten!

Toll!

Jetzt geht sie wieder

Och nö!

War ein Spass!

So, ich leg mich wieder hin

Häh?

Ich tu so, als wenn ich schlafe

Tolle Idee, merkt die ganz bestimmt nicht

Findest du?

Das war die Tür

Juchu!

Die kommt!

Die kommt!

Jippiiii

Juchuuuu

Die ist wiedergekommen, die ist wiedergekommen!

Übertreib mal nicht

Ich bin erster Begrüßer!

Nein ich!

Zappel nicht so, wolltest du nicht liegen bleiben?

Page 60: Stadt der Hunde

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Geht nicht

Du stehst auf meinen Füßen!

Schupps nicht so!

Pech, wenn man so klein ist

Juuuchuu

Jipppiii

Und die Zeitung?

Das war ich nicht!

Blödmann!

Ziege!

Juchuuuuu

Jippiiii

.

.

.

(hergestellt unter Verzicht auf Grundregeln der deutschen

Grammatik und der allgemein üblichen Rechtschreibung)

Page 61: Stadt der Hunde

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Die Namen der Hunde

Wie heißen Deine Hunde eigentlich wirklich? – so wurde ich vor

einigen Tagen gefragt.

Das ist eine einfache Frage auf die es eine kurze Antwort gibt:

Meine tollsten Hunde der Welt haben viele Namen, denn alle

tollsten Hunde der Welt haben viele Namen. Jeder hat einen

richtigen Namen und dazu noch viele andere Namen, die

genauso richtig sind – oder?

Bei uns ist das so: Luna heißt einfach nur Luna und Milow heißt

in Wirklichkeit Milow. Alle anderen Namen habe ich mir

ausgedacht. Aus Luna wird bei uns auch mal schnell Bluna, Lu

oder Blueluna und der Milow wird zum Milowtoff, Meilupo oder

auch zum Meilowitsch. Luna Blue Tausendschön und Milow H.

Lunke sollen einfach nur toll klingen und etwas angeberisch

wirken – rufen kann man das sowieso nicht! Auch Herr von

Podengo ist ein Kunstname – obwohl ich den Halunken auch

schon mal Podengo oder Herrn Vonundzu genannt habe. Viele

dieser Namen benutze ich auch nur beim Schreiben. Prinzessin

Hasenherz und Lupus Containis wären solche Beispiele. Auch

Mister Mampf und Pütterine Pütterpü finde ich ganz toll!

Niemals würde ich solche Namen in der Öffentlichkeit

benutzen – die beiden würden sich ja sonst fürchterlich

schämen – und ich mich auch. Niemals würde ich das tun - außer

manchmal!

Page 62: Stadt der Hunde

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Die Namen zum Rufen sind immer besonders kurz. Die Kleine

kommt in den meisten Fällen bei einem kurzen und schneidigen

Lu angerannt – im zweiten Anlauf wird daraus allerdings ein

gedehntes Luuuuuuh. Der Dicke hört nicht wirklich gut – am

besten klappt es mit einem kurzen Mei oder einem liebevoll

betonten Miiiiloff. Wie soll der Arme sich seine ganzen Namen

auch merken können, wenn man bis vor kurzen nicht einen

einzigen hatte.

Stehe ich irgendwo in der Landschaft rum und rufe Kerl,

Kollege oder einfach nur Hallo, dann bin ich mit größter

Wahrscheinlichkeit sauer und meckere wieder mit Milow rum.

Luna hat seltsamerweise gar keine Schimpfnamen – außer

Frollein, Frollein und nochmal Frollein. Im allerschlimmsten Fall

heißen beide einfach nur Ey, Jetztaberzackzack oder Jetza.

Darauf hören sie wirklich sehr gut - fast am allerbesten!

Wenn Luna sich aufregt, erinnert sie mich immer an eine

Klobürste – ich würde sie aber niemals so nennen. Tust du wohl,

brummt da jemand im Hintergrund, und mich nennst du dann

immer DinoEi. Ja genau, stimmt Luna ein, und versucht

verzweifelt, sich nicht aufzuregen! Alles Gemeinheiten und,

wenn die Leute auf der Hundewiese manchmal den Kopf etwas

schief legen, dann genau deshalb! Beleidigt drehen beide sich

zur Seite und tun so, als wenn sie schlafen – das können sie

sowieso am besten. Vor allem morgens, wenn ich aufstehe,

bleiben sie bis zum letzten im Bett. Besonders Milow muss ich

mit der Bettdecke regelrecht rausschütteln. Aber ich würde

Page 63: Stadt der Hunde

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deshalb niemals Penntüte oder ähnlich gemeines zu ihm sagen –

nie!

Dann sind da noch die Schmusenamen. Mullemaus mag Luna

besonders gern und Milow steht eher auf Bollebär. Aber

Lönnepönne, Luni oder Lühpüh kommen bei meinem Mädchen

auch gut an. Der Klapskalli geht im täglicher Knuddelkampf als

Miluppo, Moppel oder Kulle durch.

Unter Hundekumpels soll Milow angeblich Kloppe heißen, aber

da kann ich nicht mitreden und es ist wohl auch nur ein

Gerücht. Die Lütsche nennen sie auf dem Hundeplatz wohl

Zicke, Zimtziege oder ähnliches – Luna schweigt sich

hartnäckig darüber aus. Auch, dass ich sie immer wieder als

Harzer Jack Whippet Pinscher bezeichne, findet sie

ausgesprochen doof. Der Milow mag kein Popodor sein – eher

schon ein Portugiesischer Labradengo. Aber das sind ja auch

keine Namen, sondern sachliche Rassebezeichnungen – finde

ich! Bei Luna wären dann noch Püddel, Pullermaus oder einfach

nur Pü im Rennen. Diese Namen stammen aus einer grauen

Vorzeit, wo sie noch nicht ganz dicht war, und wir nennen sie

auch nicht wirklich so – nicht mehr so oft.

Ich würde heute Abend noch Haue kriegen, wenn ich jetzt

nicht sofort aufhöre! Milow brummt vor sich her und Luna

findet es mehr als peinlich, was ich hier alles so aufschreibe.

Es wäre sehr viel einfacher und schlauer, bei der Wahrheit zu

bleiben und nicht jede Gelegenheit ausnutzen, um mir

Geschichten auszudenken. Ich hätte in Hundekreisen auch so

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einige Namen, aber man wolle ja nicht gemein sein und unnötig

darauf rumreiten – so wie ich.

Die Wahrheit ist also: meine Hunde heißen Luna und Milow –

und das ist auch gut so. Ich würde sie nie anders nennen.

Niemals! Außer manchmal!

Das war eine kurze Antwort auf eine einfache Frage. Mehr

fällt mir nicht ein! Außerdem müssen Püddeline und

Strubbelpups noch mal schnell Pipi machen – eben raus in den

Garten und dann geht’s ab in die Heia.

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Hundeerziehung mit Meckern

Ich soll ein Buch schreiben! Jedenfalls sagt mein Hund das und

er meint es dabei nicht nett mit mir. Milow sagt: schreibe ein

Buch über Deine ganz persönliche Art, mit Hunden umzugehen

und nenne es „Hundeerziehung mit Meckern“! Klein Luna stimmt

ihm zu, denn klein Luna stimmt Milow immer zu – jedenfalls

wenn es um mich und meine Launen geht. Klein Luna findet

diese Idee auch richtig gut! Ich würde ja sowieso immer nur

rumquaken und nie könnte man mir es recht machen. Endlich

würde mir einer mal richtig die Meinung sagen, höre ich sie

noch denken. Manchmal wäre ich sogar richtig unausstehlich –

sagen beide. Ziemlich oft sogar. Das macht mich nachdenklich!

Andere Menschen hätten wenigstens für Ihre Hunde immer

ordentlich zu Essen mit dabei – da würde sich ein Besuch auf

der Hundewiese richtig lohnen! Diese beneidenswerten Hunde

wüssten wenigstens, warum man sich in den seltsamsten

Situationen hinsetzen soll oder total langsam an der Leine

neben unsereins herschleichen muss. Da würde sich Gehorsam

noch lohnen, höre ich immer wieder von beiden. Es könne doch

nicht sein, dass Hunde sich nur benehmen müssen, damit ihre

zweibeinigen Begleiter nicht andauernd emotional entgleisen.

Gehorsam sein, nur um seine Ruhe zu haben und sonst nix. So

könne es nicht weitergehen! Auf gar keinen Fall!

Ich soll jetzt dieses Buch schreiben oder wenigstens einen

kleinen Text dazu. Und dann soll ich mal sehen, wie andere

Hundemenschen mir die Ohren lang ziehen und den Kopf

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66

waschen. Dann würde ich schon sehen, wie ungerecht und

gemein meine Einstellung zur Hundeerziehung sei.

Milows Einstellung zum Essen ist sowieso sehr speziell. Wenn

es nach Milow ginge, würde er den ganzen Tag essen und nur

noch rausgehen, um das alte Essen von gestern wegzubringen

und Platz für neues zu schaffen. Für etwas Fressbares würde

er alles tun, sagt er, und ich glaube es ihm ohne jeden Zweifel.

Allerdings geht auch nichts anderes mehr in seinen Kopf rein,

wenn er Fressbares in oder vor der Nase hat. Er reißt sich den

Hintern auf, um möglichst schnell an möglichst viel

heranzukommen und, wenn alles auf ist, dann gibt’s nur noch ein

langes Gesicht – sonst nix! Aus dem braven Hund von vorher

wird ruckzuck ein bettelndes Hundchen – aus dem soeben noch

brav befolgten „Sitz“ wird ein dauerhafter Sitzstreik mit

hungrigem Blick auf meine Hände!

Ich bin doch kein Futterautomat, sage ich – und Milow

antwortet: doch das bist Du! Wir würden doch nicht zum

Fressen auf den Hundeplatz gehen, wende ich ein und Milow

kontert stets mit der Frage: warum denn sonst? Aber

Diskussionen mit mir hätten ja keinen Zweck, und bevor ich

mich wieder aufrege und mit dem Meckern anfange liegt dann

meistens auch noch ein paar Mal „Platz“ machen oder das

Befolgen artverwandter Kommandos drin. Ich hätte sowie

keine Ahnung von Hunden und die Hoffnung auf ein paar

Leckerchen zwischendurch gäbe er sowieso bald auf.

Hauptsache, ich würde mich nicht wieder aufregen und

unausstehlich werden. Wenigsten würde zu Hause dann ja ein

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67

voller Napf auf ihn warten – Essen ohne irgendwelche

seltsamen Kunststücke, die man erst vorführen muss. Das

hätte ja auch was, lenkt Milow meistens ein und macht dabei

auf mich meistens einen recht zufriedenen Eindruck.

Ich werde dieses Buch nicht schreiben, denn das haben genug

andere schon getan. Gestern las ich in genau solch einem Buch,

dass die Menschen in Deutschland jährlich mehr Geld für

Hundeleckerchen ausgeben als für Babynahrung – das sollte

jeden nachdenklich machen! Im gleichen Buch stand – und ich

erinnere mich selber noch an diese Zeiten -, dass vor gut

zwanzig Jahren ein einziges Hundefutterprodukt auf dem

Markt war, welches sich als schnelles Leckerli eignete. Und

heute? – na das wisst ihr ja selber!

Es gäbe aber auch andere Bücher, die das ständige Füttern von

Hunden mit kleinen Häppchen rund um die Uhr fordern,

behauptet Milow. Das stimmt sogar, sage ich – aber die

stammen doch fast alle von ein und demselben Menschen der in

jedem Buch immer wieder ein und dasselbe schreibt. Diesen

Menschen, der auch im Fernsehen ganz viele Hunde ganz doll

versteht und darüber richtig lustig erzählen kann, mag Milow

sehr gerne. Er sei ein großer Fan von ihm und möchte in

Zukunft keine Folge von ihm mehr verpassen. Wenigstens in

der Glotze sei die Welt noch eine heile Welt – wenigstens da!

Aber vorher gehen wir noch schnell raus – Pipi machen und

rummeckern! Luna muss ich wohl erst wecken gehen – die

konnte mein Geschwätz nicht mehr ertragen und hatte sich

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schon hingelegt. Milow steht schon kopfschüttelnd an der Tür.

Ich solle mich beeilen und die Leckerchen nicht vergessen,

höre ich ihn noch mit einem allerletzten Funken Hoffnung

sagen bevor es mal wieder mit leeren Händen los geht.

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Klein Luna und der Weihnachtsmann

Luna ist ein kleiner Hund, deshalb nennen wir sie oft Klein Luna.

Luna wiegt heute so ungefähr 7 Kilo – mal mehr und mal

weniger! Luna ist heute sechs Jahre alt und als sie vor drei

Jahren zu uns kam wog sie keine 4 Kilo. Luna ist nicht doppelt

so groß geworden – das tun Hunde in dem Alter nicht mehr, wie

wir alle wissen. Luna ist auch kein dicker Hund geworden – das

wissen alle, die Luna kennen und mal bei uns waren. Trotzdem

hat Luna zugenommen! Und warum das so ist, ist eine lange

Geschichte, in der eine kleine Seele drei lange Jahre leiden

musste. Junge Menschen, eigentlich noch Kinder, mussten

straffällig werden, damit diese Geschichte überhaupt

aufgeschrieben werden konnte. Es ist eine kurze Geschichte,

weil sie schnell erzählt ist – und es ist eine lange Geschichte,

die sehr schmerzt, weil sie sich durch die Dummheit vieler

Menschen jedes Jahr neu erfindet.

Und heute ist ein guter Tag diese Geschichte vom ungeliebten

Weihnachtsgeschenk zu erzählen – denn bald ist Weihnachten!

Die Geschichte von Luna geht so:

Luna war ein Geschenk vom Weihnachtsmann! Luna war ein

Geschenk für vier Kinder im Alter zwischen 2 und 10 Jahren,

weil diese Kinder sich so sehr einen Hund wünschten und

Weihnachten vor der Tür stand. Eine Anzeige in der Zeitung

brachte den Eltern die Erlösung und eine Wochenendfahrt in

den Harz beendete das Begehren der Kinder. Luna war erst

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sechs Wochen alt und der Züchter machte gerne einen

Sonderpreis, um den kleinen Unfall loszuwerden, den Nachbars

Rüde im Zuchtbetrieb verursacht hatte. Eine glückliche Familie

fuhr nach Hause zurück – für einen kleinen Hund begann das

Grauen!

Der anfängliche Spaß am kleinen Tier ließ wohl sehr schnell

nach. Auch solch ein junger Hund lässt sich nicht alles gefallen,

lässt sich nicht in irgendwelche Tüten oder Taschen stopfen,

wie eine Spielpuppe an- und ausziehen oder bei Bedarf überall

mit hin schleppen. Hunde lassen sich nicht einfach abschalten

und Hunde machen auch Arbeit und bringen Verpflichtungen.

Irgendwann fing Luna an sich zu wehren und diese Familie kam

zu dem Schluss, das ein Hund kein gutes Spielzeug für Kinder

sei.

Anfänglich noch durchwachsen von sporadischen Freigängen im

kleinen Garten, wurde Luna für den Rest des Tages ein Platz im

Keller zugewiesen. Während ihrer Freiläufe stand sie gern am

Zaun und machte lautstark auf ihr Alleinsein und ihren Wunsch

nach Gesellschaft aufmerksam. Vor allem, wenn andere Hunde

vorbeikamen, legte sie sich so richtig ins Zeug. Nachbarn

beschwerten sich, die Kinder mochten sie auch nicht mehr und

der kleine Hund wurde immer seltener in den Garten gelassen.

Luna wurde immer häufiger in den Keller verbannt und

irgendwann wurde auch die Türe dorthin geschlossen gehalten.

Für die Notdurft musste ein selten gereinigtes Katzenklo

reichen. Manchmal, wenn Besuch von anderen Kindern da war,

wurde Luna aus ihrem Verließ geholt. Guck mal, wir haben einen

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Hund, hieß es dann, und sie wurde zum Spielen mal kurz wieder

rausgekramt. Genau das war irgendwann Lunas Rettung, genau

deshalb erfuhren wir von ihrer Existenz.

Zwei junge Menschen waren zu Besuch und schützen vor, mit

Klein Luna eine Runde um den Block gehen zu wollen. Sie kamen

nie wieder zurück – diese Gassirunde dauert bis heute an. Luna

wurde gerettet, zwei junge Menschen wurden vom Gericht

dafür hart bestraft und wir bekamen nach langen und endlosen

Streitigkeiten die Gelegenheit, Luna ihrer alten Familie

abzukaufen – was natürlich auch so geschah!

Als das kleine Mädchen zu uns kam, war sie krank – keiner

hatte es bemerkt! Sie hatte hochgradig Fieber, war völlig

abgemagert und der Bauch tat ihr fürchterlich weh. Ihre

Gebärmutter war entzündet und so aufgedehnt, dass sie kurz

vor dem Durchbruch stand. In einer Notoperation wurde Luna

ein zweites mal gerettet – von einem Tierarzt, der heute ein

guter Freund unserer Familie ist. Er alleine konnte Lunas alte

Besitzer davon überzeugen, den Hund an uns zu verkaufen.

Erst sein Hinweis darauf, dass noch weitere tierärztliche

Behandlungskosten anfallen könnten, brachte uns diesen

Erfolg.

Drei Jahre sind im Leben eines Hundes eine unendlich lange

Zeit – vor allem die ersten Drei! Luna ist ein toller Hund

geworden, der in der Welt und im Umgang mit anderen Hunden

seinen Weg gefunden hat. Aber in ihrem kleinen Kopf, der ganz

leicht zweimal in meine linke Hand passt, sitzt sie immer noch

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im Keller und kann nicht raus. Da ist immer noch der

Gartenzaum: sie kann alles sehen aber nicht hingehen! Luna

steht oft auf dem Hundeplatz inmitten spielender Hunde und

bellt. Sie möchte mitspielen, steht aber auf dem Rasen wie

festgenagelt und ruft die anderen zu sich her. Luna kann nicht

hinlaufen und mitmachen – sie ist eingesperrt und einsam, weil

die anderen nicht kommen und sie nicht verstehen. Wie oft

muss sie so in ihrem Keller gesessen und verzweifelt gerufen

haben! Mein kleines Mädchen hat so viel gelernt und ist

dennoch so oft verzweifelt und unsicher. Wenn Luna auf

meinem Schoß liegt und mit mir schmust kommt es mir oft so

vor, als wenn sie nicht auf mir liegt, sondern in mir. Was muss

dieses kleine Wesen für Ängste in sich tragen, die im Moment

erfahrene Liebe wieder verlieren zu können – für immer! Luna

mag Dunkelheit nicht – seit drei Jahren brennt bei mir auch in

der Nacht eine kleine Leuchte. Dunkelheit macht ihr Angst,

denn sie muss immer sehen können, wo ich gerade bin!

Unser Leben ist durch unser Mädchen reicher geworden! Sie

hat bis hierher so unendlich viel gelernt und nachgeholt – sie

ist jetzt mit sechs Jahren ein richtig großes Mädchen

geworden. Und seitdem der Milow bei uns ist, der wie ein

großer Bruder für Luna ist, denken wir oft an die Zeit vor drei

Jahren zurück. Damals ging es auch auf Weihnachten zu und in

Erinnerung an diese Zeit schließe ich diesen Text mit der

Bitte:

Betrachtet Tiere niemals als Spielzeug für Eure Kinder! Wenn

ihr selber Tiere mögt, dann gebt Euren Kindern die

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Gelegenheit, daran teilzuhaben und zu wachsen – dann lebt

Euer Leben gemeinsam mit Tieren und bringt Euren Kindern

bei, wie es geht!

Schenkt Euren Kindern bitte niemals Tiere zum Spielen – und

schon gar nicht zu Weihnachten!!

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Heute hier, morgen dort ...

Einmal Fettnäpfchen und zurück – typisch Sevi!

Natürlich stammt das Liedchen „Heute hier, morgen dort ...“

von Hannes Wader und nicht wie von mir behauptet von

Hermann van Veen. Sorry Hannes! Und Sorry Hermann, du hast

andere schöne Lieder gemacht, dieses nicht! Shit happens! -

und ich hoffe, mit dieser Entschuldigung noch mal alles

raushauen und geradebiegen zu können. So was kommt von so

was und meine Muddi würde jetzt sagen: kann ja mal

passieren?!

War bei mir schon immer so! Schneller geredet als gedacht,

dem Kopf einfach davongelaufen und schneller Schiet gemacht

als man sich vorstellen konnte.

Mein Vater beantragte kurz vor meinem dreizigsten

Geburtstag bei irgendeiner europäischen Kommission für

Normen die Einführung einer neuen Norm. Dabei ging es um den

durchschnittlichen Abstand zweier Fettnäpfchen – dieser

sollte nach mir benannt werden: Um von einem Fettnapf zum

anderen zu gelangen müsste man dann einen „Sevi“ zurücklegen.

So war es geplant und wurde natürlich sehr humorvoll

abgelehnt. Die Geschicke europäischer Nationen dürfen sich

nicht an den Defiziten einzelner Personen orientieren, war die

Begründung. Das entsprechende Schreiben erhielt ich als

Geschenk zu meinem Dreizigsten – ich fand es damals gar nicht

witzig!

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Vattern kannte mich doch besser als ich damals wahrhaben

wollte. Heute ist es nur noch Geschichte – tatsächlich einfach

nur eine kleine Geschichte

Und dann ausgerechnet mit dem Hannes Wader muss mir das

passieren, dessen ganze Musik mich an meine doch recht

chaotische Jugend erinnert. Ausgerechnet mit dem muss mir

so eine Panne pasieren! Damals auf dem Schulhof in der

Raucherecke, alle in Nato-Parkern, beuligen Jeans und mit

Anti-AKW-Stickern. Die mit den Legalize-it-Stickern waren

die ganz harten und meine Kumpels von der Schülerzeitung.

Lange Haare waren Pflicht, genauso wie die dicke Haarbürste

vorne in einer der Parker-Brusttaschen. Und dann war da Conni

– lange lockige Haare – schlacksige Gestalt, riesige Augen und

einfach ein toller Typ!

Conni war damals unsere Stimme, denn er hatte eine Gitarre

und er konnte singen. Ich war schon immer gerade so in der

Lage, einen Schallplattenspieler anzuschmeißen und wieder

auszumachen. Conni auch, aber er konnte eben auch ganz toll

singen und seine eigene Musik dazu machen. „Heute hier,

morgen dort...“ war einer seiner Lieblingstitel – wie viele

andere von Hannes Wader und im Moment sitze ich irgendwo in

der Vergangenheit in Connis Bude auf seiner Kuschelmatraze

und höre ihm wie so oft damals einfach nur zu. Wie konnte ich

das vergessen?

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Ich weiß gar nicht mehr, ob er auch Lieder von Herrmann van

Veen konnte – ich glaube, da musste ich damals doch eher

meinen Plattenspieler bemühen.

Die nächsten Tage werde ich in den Keller krabbeln und nach

den Kartons mit den alten Schallplatten suchen. Mal schauen,

was nach meinen vielen Umzügen und Wanderschaften davon

noch übrig geblieben ist! Am liebsten würde ich sofort

loslegen, aber es ist schon wieder spät geworden bei uns. Luna

und Milow wollen noch auf ein spätes Pipi-Gassi raus und

morgen ist ja auch noch ein Tag!

Lassen wir den Conni in der Vergangenheit und den Hannes

einen guten Mann sein, der mir ganz sicher nicht böse sein wird

für den Tritt ins Näpfchen!

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Anaconda

für Frau Ponzelmeier

Als Tiffany mal gerade ein gutes Jahr alt war, da hatte sie

knapp einen Kampf mit einer riesigen Schlange überlebt. Die

Anaconda griff sie völlig überraschend und hinterhältig aus

dem hohen Gras am Rande eines tiefen Sees an. Wir waren

gemeinsam mit unserer Freundin Leika im dunklen Moorwald

unterwegs, fern jeglicher menschenbewohnter Siedlungen. Nur

ihrem unglaublichen Mut und ihrer legendären Tapferkeit war

es zu verdanken, dass sie den Kampf trotz schwerer

Verletzungen gewann und überlebte. Tiffany kehrte stolz an

der Seite ihrer Freundin Leika und ihres Frauchens nach Hause

zurück. Ihr Ruf als mutige Kämpferin und Schlangenbesiegerin

ging in die Geschichte unseres Hauses ein. Noch viele Jahre

und ein ganzes Hundeleben, durften wir uns damit schmücken,

an der Seite solch eines Hundes leben zu dürfen. Tiffany erlag

im Alter von 14 Jahren den späteren Folgen ihrer

Verletzungen. Die Geschichte wurde zur Legende und die

Legende lebt weiter in unseren Herzen. Auf ihr Grab haben wir

einem Baum gepflanzt. Einen großen Baum, wie ihn nur Helden

verdienen!!

Und alle, die Tiffany kannten, werden darauf bestehen, dass es

auch ganz genau so war! Erzählt euren Hunden jeden Abend die

Geschichte von dem todesmutigen Kampf eines jungem

Hundemädchens mit einer Riesenschlange. Erzählt, dass Mut

und Tapferkeit Werte sind, für die es sich zu kämpfen lohnt.

Den Mut, so zu sein, wie man ist und auch so zu handeln. Die

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Tapferkeit, dann auch zu dem zu stehen, was man gesagt oder

getan hat. Tiffany hat es uns allen vorgemacht, unerschrocken

und unverbogen! Erzählt es nicht nur euren Hunden, erzählt es

auch euren Kindern. Erzählt es einfach!

Neuere Forschungen gehen davon aus, dass die Anaconda in

Wirklichkeit nur eine kleine Kreuzotter war, die Tiffany im

hohen Gras überraschend biss. Böse Stimmen unterstellen

sogar, Tiffany habe vor Schmerzen gequiekt und sei völlig

verängstigt gewesen. Das ist natürlich alles falsch!

Aber es gibt noch eine andere Geschichte aus Tiffanys Leben,

die oft mit der Legende von großem Kampf verwechselt wird.

Nur der Vollständigkeit halber und um weiteren Irritationen

vorzubeugen, soll auch diese Geschichte erzählt werden, die

auf ein völlig belangloses Ereignis in ihrem langen Leben

zurückgeht.

Es passierte eines Tages am Altwarmbüchener See. Wir waren

zu dritt mit dem Fahrrad wie jeden Morgen unterwegs. Tiffany

und Leika rannten irgendwo in der Nähe am Rande einer großen

ungemähten Wiese herum. Es war morgens um 6.00 Uhr und

der See gehörte uns völlig alleine! Die beiden stöberten Seite

an Seite einfach so rum, pressten ihre dicken Nasen

gemeinsam auf jeden Mäusefußabdruck und hatten einfach nur

Spaß daran, Hunde zu sein. Tiffany schreckte plötzlich auf und

kam völlig verstört angerannt. Irgendetwas hatte ihr weh

getan. Aber da ich keine Verletzungen finden konnte und das

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Mädchen sich schnell wieder beruhigte, setzten wir unsere

Abenteuerreise nach einer kleinen Weile wieder fort.

Wieder Zuhause angekommen – es war ein Wochenende –

machten wir es uns nach dem Frühstück wie so oft auf dem

Sofa gemütlich und dösten einfach so in den Tag hinein.

Tiffany schlief ein! Seltsam war das und plötzlich bemerkte ich

an ihrer rechte Kopfseite eine golfballgroße Beule – wie ein

Insektenstich, halt nur größer. Der sofort alarmierte

Hundedoktor wohnte nur ein paar Häuser weiter und kam

sofort. Ganz eindeutig wurde Tiffany von einer Kreuzotter

gebissen. Das sei gar nicht so schlimm meinte der Doktor und

mit Hilfe verschiedener Arzneien sah mein Mädchen nach zwei

Tagen auch wieder so aus, wie ich sie kannte – beulenfrei! Alles

war wieder gut.

Alles war wieder gut, bis auf Tiffanys Kondition. Sie hatte auf

einmal einfach keine Puste mehr, wie wir hier so sagen. Beim

Radfahren blieb sie oft zurück, konnte mit ihrer Freundin

Leika nicht mehr mithalten und war am Ziel angekommen völlig

fix und fertig. Weitere Arztbesuche ergaben, dass ihre Lunge

randvoll mit Wasser sei und, dass dieses auf ein Problem mit

dem Herzen zurückzuführen sei. Durch den Schlangenbiss

wurden wahrscheinlich Keime eingeschleust, die bei ihr zu einer

Entzündung des Herzmuskels führten. Spezialärzte für

Hundeherzen und unzählige Besuche dort folgten und nach

langer Zeit hatte Tiffany auch diesen Teufel besiegt. Sie

wurde wieder fit und gesund – nur eine klitzekleine Sache blieb

zurück: Eine Herzklappe schloss nicht mehr richtig und deshalb

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musste sie den Rest ihres Lebens Arzneien zur Stärkung ihres

Herzens nehmen. Gott sei Dank gab es in dieser Welt diese

Arzneien und Tiffany konnte damit dann ja auch 14 Jahre alt

werden und unser Leben unendlich bereichern. Sie starb

letztendlich dann doch an ihrer Herzschwäche, denn sie

vertrug im Alter ihre Medizin nicht mehr! Tiffany starb eines

natürlichen Todes in unseren Bett, mitten in der Nacht, in

unseren Armen und zwischen unseren Pfoten, Seite an Seite

mit mir und Luna!

Wir erzählen die Legende von Tiffanys Kampf mit der

Anaconda gerne – sehr gerne sogar! Viel lieber als die andere

Geschichte. Ganz einfach, weil sie viel wahrer ist als die

andere. Und vor allem, weil solch ein toller Hund auch eine tolle

Geschichte verdient hat.

Jeder tolle Hund hat eine tolle Geschichte verdient – und

jeder Hund ist ein toller Hund. Jedenfalls die Hunde, die ich

bisher kennen durfte waren alle tolle Hunde. Manche waren die

besten Hunde der Welt. Tiffany war eine davon!

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Ich spreche von Leika

Ich spreche von Leika, dem tollsten Hund der ganzen Welt, und

ich erzähle ihre Geschichte. Leika war keine Heldin und sie

hatte auch nie große Kämpfe mit Riesenschlangen im finsteren

Moorwald ausgetragen. Aber in ihrem kurzen Leben verbrachte

sie fast unmögliches: Sie hat mich zu dem gemacht, was ich

heute bin! Sie hat den Grundstein gelegt und die Startbahn für

mich frei gemacht. Ohne Leika würde ich heute noch wie

bescheuert arbeiten, um Berge von runden Metallstücken und

rechteckigen Papierschnippseln ohne Sinn und Verstand

anzuhäufen. Auf Leikas Grab steht kein Baum – auf Leikas Grab

steht ein mitlerweile großgewachsener Holunderstrauch, der in

diesem Sommer das elfte mal geblüht hat. Leika ist schon zehn

Jahre im Himmel, denn wenn der Holunder auf deinem Grab das

erste mal blüht, dann ist deine Seele im Himmel angekommen,

sagt eine alte Geschichte. Leika ist seitdem meine himmlische

Begleiterin und wird es auch immer bleiben. Mitlerweile ist sie

da oben auch nicht mehr alleine und, wenn ich den Regenbogen

hinaufschaue, dann sehe ich sie alle da oben sitzen oder stehen

– und ich winke ihnen zu.

Heute spreche ich von Leika!

Leika war mein erster Hund und ich war Leikas zweites

Frauchen. Sie wuchs nur ein paar Häuser von uns entfernt auf

und wurde von ihren ersten Leuten zu ihrer Mama

zurückgebracht, weil sie angeblich nicht mutig und forsch

genug war. Leikas Mama mochte ihre kleine Tochter nun aber

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nicht mehr leiden, sah sieh eher als Konkurentin an und verbiss

sie. Meine Freundin und ich waren zu der Zeit auf der Suche

nach einem Hund, weil bei uns zu Hause einige Wochen vorher

eingebrochen wurde. Mit einem Hund im Haus wäre so was nie

passiert, hieß es und so kam das kleine Mädchen im Alter von 4

Monaten zu uns. Gottseidank, denn das war die beste

Entscheidung meines Lebens.

Ich kann gar nicht mehr so richtig beschreiben, wie die ersten

Wochen und Monate mit Leika waren. Es war einfach alles

anders geworden. Leika war immer da und um mich herum. Sie

war mit zur Arbeit, sie war mit zum Einkaufen, sie war einfach

überall mit hin. Ein Leben ohne mein kleines Mädchen gab es

für mich nicht mehr. Mein Leben begann, sich nur noch um den

Hund zu drehen. Leika brachte eine Welle in Bewegung, die bis

zum heutigen Tag ihre Größe und Kraft nicht verloren hat.

Auch, wenn Leika schon lange nicht mehr so bei mir ist, die

Achse meines Lebens ist immer da, wo meine Hunde sich

gerade aufhalten. Leika zeigte mir vollkommen neue Welten.

Einem menschen, der bis dahin noch nicht einmal wusste, was

Hundewiesen sind - geschweige denn, daß es so was überhaupt

gibt. Aber auf einmal gab es kaum etwas anderes mehr für

mich. Der ganze Tag streckte sich nur bis zu dem Zeitpunkt,

wo wir gemeinsam wieder loszischen konnten – endlich wieder

mit Leika los und ab zur Alten Bult in Hannover. Die alte Bult

ist eine alte Pferderennbahn mitten in der Großstadt, eine

riesengroße Hundewiese und ein El Dorado für Hunde und

Menschen wie mich – so wie ich jetzt einer geworden war! Ich

lernte auf einmal ganz andere Menschen kennen. Und im

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Mittelpunkt unzähliger Gespräche standen nicht mehr Arbeit,

Geld, Haus und Auto – nein, es ging einfach nur um unsere

liebsten Vierbeiner, um ihre Eigenarten, ihre Vorlieben und

Macken, ihre Schlaf- und Fressgewohnheiten und um alles, was

irgendwie nur mit den Hunden zu tun hat. Ich war auf einmal

ein glücklicher Mensch, ein Mensch auf sechs Beinen.

Leika wurde älter, und kam wie jeder Hund in die Pubertät. Auf

der Alten Bult wurde mir immer häufiger geraten, mich mit

Leika einem Hundesportverein anzuschließen. Das waren damals

noch andere Zeiten in Sachen Hundesport. Es gab damals nur

die sogenannten Polizeihundesportvereine. Und die machten

auch genau das, was im Namen dieser Verein steht:

Polizeihundesport! Fast alles drehte sich in diesen Vereinen

traditionell nur um eines: aus dem Hund einen guten

Schutzhund zu machen. Es war das Jahr 1995 und es gab nix

anders. Auch Agility und andere Hundespaßsportarten hatten

sich noch nicht so recht durchgesetzt. Aber wir fanden einen

tollen und recht fortschrittlichen Verein, der eine offene

Junghundegruppe eingeführt hatte. Immer Samstags um 10.00

Uhr und alle konnten kommen, so wie sie konnten oder wollten.

Das war gut und wir machten mit! Jeden Samstag!

Und alles war wieder wunderbar. Leika machte sich als

Neueinsteigerin in dieser Gruppe so wunderbar, lernte wie ein

Irrwisch und hatte bald alle anderen Hunde meilenweit

abgehängt. Ich war unglaublich stolz – auch auf mich und ich

glaubte noch lange Jahre danach, höhere Befähigungen in

Sachen Hundeerziehung zu besitzen. Das war natürlich

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Quatsch und andere Hunde nach Leika sollten mir Jahre später

meine Grenzen aufzeigen und mich wie eine Niete fühlen

lassen. Ihre Fortschritte in der Hundegruppe waren

ausschließlich Leikas eigene Leistung und ihr Licht fiel dabei

auch ein wenig auf mich, weil ich nun mal meistens neben ihr

herlief. Es dauerte nicht lange und mein Mädchen schaffte die

Begleithundeprüfung mit Applaus vom Rande des Hundeplatzes.

Ein Jahr später hatte sie in einem Gang mit der SchHA die

SchH1 geschafft – die erste von drei Stufen der

Schutzhundeausbildung. Ich war stolz wie eine Tüte Mücken.

Zwischenzeitig hatten wir auch das gemeinsame Fahrradfahren

entdeckt. Wir wohnten in Altwarmbüchen und da gibt es einen

wunderschönen großen See. Von zu Hause zum See, um den See

herum und wieder nach Hause – das waren so acht Kilometer

Strecke. Wir fuhren jeden Morgen vor und jeden Abend nach

der Arbeit unsere Seerunde. Oft mit Zwischenstops und

langen Wanderungen durch die alten Moorwälder, die es um

den See herum gibt. Sogar intakte Hochmoorflächen gibt es

dort wieder – bei Nieselregen oder Nebel zuweilen recht

gruselig aber immer unglaublich schön. Am See gab es auch

einen langgezogenen Sandstrand, an dem Leika gerne im

flachen Wasser spielte und die kleinen Wellen im Wind jagte.

Einmal fuhr ich mit vollem Karacho auf dem Fahrrad den Weg

längs, der an diesem Strand vorbeiführt – und Leika rannte so

fünfzehn Meter neben mir im gestreckten Galopp durch das

flache Wasser. Das war ein solch wunderschöner Anblick – ich

werde ihn nie vergessen. Dieses Bild ist in meinem Kopf wie ein

Videoclip fest eingemeißelt. Eines Tages lernten wir am See

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dann auch unsere spätere Freundin Tiffany kennen, die sich

uns einfach angeschlossen hatte. Sie war von ihren alten

Leuten abgehauen und verstand sich sofort total gut mit Leika

– sie wich ihr niemals wieder von der Seite. Eine Freundschaft

von vierzehn Jahren Dauer begann – aber, das ist eine ganz

andere Geschichte.

Leika war nicht mehr der einzige Hund in meinem Leben.

Tiffany und Leika wurden die besten Freundinnen und beide

wurden mein ganzer Stolz.

Tiffany fand keinen Spass an der Arbeit im Hundsportverein –

Bekannte auf der Alten Bult holten uns in eine neu gegründete

Rettungshundestaffel und Tiffi fand dort die Arbeit, für die

sie geboren wurde. Leika fand das alles doof und hatte einfach

keine Lust meilenweit durch die Budnik zu schnüffeln, nur um

andere zu finden und dann auch noch bei denen zu bleiben zu

müssen und rumzubellen bis Hilfe kommt. Keine Opferbindung

hieß das und es stimmte wohl auch.Aber es war ein großes Lob

für mich, dass sie so sehr an mir hing. In unserem alten

Hundesportverein wurde inzwischen eine neue Agility-Gruppe

aufgebaut und das war genau das, wo Leika und ich nur drauf

gewartet hatten. Tiffi wurde Rettungshund und Leika holte

sich auf Turnieren einen Pokal nach dem anderen. Das war eine

tolle Zeit: von einem Verein zum anderen, jeden Tag wieder

was anderes und immer mit den beiden Mädels auf Achse.

Lange Jahre machten wir das so!

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Leika wurde sechs Jahre alt. Ich erinnere mich noch an ihren

Geburtstag – Wursttorte mit sechs Würstchen statt sechs

Kerzen. Mit sechs Jahren ist ein Hund noch nicht alt, aber

Leika wurde krank. Sie war zeitlebens die Lebensfreude in

reinster Form, immer hochaktiv und bei dem, was sie machte,

kaum zu bremsen. Und dann bekommt solch ein Hund einen

Schlaganfall. Leika war nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Unser Hundedoktor konnte ihr mit vielen und noch mehr

Spritzen helfen und sie wurde wieder gesund. Aber, sie durfte

sich nicht mehr anstrengen, durfte keinen Stress mehr haben

und sie durfte auch nicht mehr rennen. Wie bringt solch einem

Hund sowas bei? Gar nicht, denn es geht nicht! All das nicht

mehr machen zu dürfen, was ihr immer soviel Spaß und Freude

bereitet hat, war der allergrößte Stress für sie. Nach zwei

Wochen folgte der zweite Schlaganfall – schlimmer als der

erste. Aber der Doktor konnte noch einmal helfen und Leika

kam wieder auf die Beine. Besser und schneller, als beim ersten

mal. Nach wochenlanger Abstinenz durfte sie irgendwann auch

mal wieder rennen, toben, springen und spielen. Für eine

klitzekleine Weile durfte sie wieder leben – und sie zahlte

dafür einen hohen Preis. Der dritte Schlaganfall folgte und

erwischte sie mit aller Wucht des Schicksals. Leika konnte gar

nichts mehr – nicht einmal mehr stehen. Zum Pinkeln habe ich

sie rausgetragen und mit Armen und Beinen festgehalten,

damit sie nicht umfällt. Nun konnte auch der Doktor nicht

mehr heilen – nur noch lindern! Am 12.Oktober 2001 fiel die

Entscheidung, Leika auf die Regenbrücke und darüber zu

führen! In meinem Leben ist mir eine Entscheidung nie wieder

so schwer gefallen wie diese – aber es war die einzige

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Möglichkeit und das beste für mein großes Mädchen. Heute

weiß ich, daß sie mir für diese Entscheidung immer dankbar

sein wird – so wie ich ihr ewig danken werde, dass sie ihr

kurzes Leben an meiner Seite gelebt hat.

Tiffany überlebte Leika noch neun Jahre und drei Tage. Sie

trug am Halsband immer Leikas alte Hundemarke, neben ihrer

eigenen. Heute sind beide schon lange wieder zusammen und,

wenn es im Hundehimmel einen großen See gibt, eine

Hundewiese und Menschen, die mit ihnen gemeinsam Fahrrad

fahren und den ganzen Tag zusammen sind – dann weiß ich,

beide sind glückliche Hunde.

Ich habe Leikas Halsband nie weggegeben. Wie ein

Einrichtungsgegenstand hing es immer an der Hundegarderobe

mit all den anderen Halsbändern, Leinen und sonstigem

Hundegedöns. Ein tolles Lederhalsband in rot und schwarz mit

neun silbernen Sternen von denen einer mal abgefallen ist. Oft

hatte ich es in der Hand und dachte an andere Hunde, die sich

über solch ein tolles Halsband freuen würden. Aber ich fand

immer Gründe, es zu behalten und aufzubewahren. Heute trägt

Milow, der tollste Hund der Welt, Leikas altes Halsband und

damit auch ein riesig großes Stück an Erinnerungen und Glück.

Milow steht Leikas altes Halsband ausgesprochen gut und

manchmal bilde ich mir ein, dass er es mit Stolz und Würde

durch seine Welt trägt. Leika wäre einverstanden! Ihre alte

Tasso-Marke habe ich noch heute am Schlüsselbund –

mitlerweile neben der von Tiffany. Seit elf Jahren ist das so

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und mir geht es gut dabei! Früher stand noch „Ich werde

vermisst“ drauf!

Ich sprach von Leika, dem tollsten Hund der Welt und dem

ersten Hund in meinem Leben!

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Ratatöskr das Eichhörnchen

Das Eichhörnchen Ratatöskr gehört nach Geschichten der

nordischen Mythologie zu den Tieren des Weltenbaumes

Yggdrasil, der im Zentrum der Welt steht und alle Welten

miteinander verbindet. Dieser Baum ist die Welt und

gleichzeitig ihre Achse, die den Himmel, die Menschenwelt und

die Unterwelt miteinander verbindet. Genau so weit, wie die

Äste und Wurzel des Yggdrasil reichen – genau so groß ist die

Welt. So geht die Geschichte des Yggdrasil!

Das Eichhörnchen galt schon immer als Vermittler zwischen

Menschen und Tieren. Ganz besonders dann, wenn ein Mensch

sich bei einem Tier für ein begangenes Unrecht entschuldigen

möchte, welches er ihm angetan hat. Man sagt, das

Eichhörnchen würde für die Vergebung der Tiere gegenüber

den Menschen plädieren. Und vielleicht genau deshalb hat das

Eichhörnchen es immer so besonders eilig: Weil es von

Menschenseite so unendlich viel zu entschuldigen und zu tun

gibt bei den Tieren. Und. weil es schnell sein muss, das alles

noch irgendwie zu schaffen!

Auf dem Yggdrasil wohnen der Legende nach verschiedene

Tiere. Oben in der riesigen Krone des Baumes wohnt ein Adler,

der keinen Namen hat. Und zwischen den Augen dieses Adlers

sitzt ein Habicht namens Vedrfölnir. Und dann ist da noch eine

drachenartige Schlange, die ganz tief unter einer der drei

riesigen Wurzeln des Weltenbaumens wohnt und andauernd an

dessen Wurzeln herumnagt. Dieser Drache heißt Nidhöggr. Der

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Legende nach, die übrigens Edda heißt, gibt auf dem oder auch

am Baum noch weitere Tier, wie zum Beispiel Hirsche oder auch

noch weitere Schlangen oder Drachen. Aber die sind hier jetzt

nicht so wichtig

Ratatöskr das Eichhörnchen lebt ebenfalls auf dem

Weltenbaum, hat aber keinen festen Platz. Ganz im Gegenteil

hat Ratatöskr in dieser Geschichte einen ziemlich blöden Job.

Der Adler ohne Namen und der Drache Nidhöggr sind nämlich

andauern dabei, sich zu zanken und nutzen das Eichhörnchen

nach meiner Ansicht so ziemlich aus. Sie schicken es ewig hin

und her. Oben in der Krone des Baumes angekommen darf es

gleich wieder losrennen und dem Drachen eine unfreundliche

Nachricht des Adlers übermitteln. Dazu muß Ratatökr

ziemliche Strecken zurücklegen. Quer durch Asgard, der Welt

der Götter und gleich ohne Stop weiter durch Midgard, der

Welt der Menschen, an noch vielen anderen kleineren Welten

vorbei bis hinunter in die Wurzeln Yggdrasils. Und das ganze

nur, um dann umgehend die Antwort Nidhöggrs wieder quer

durch das ganze Universum der nordischen Legenden bis zum

Adler zu bringen. So geht das dann in einer Tour hin und her

und wohl bis in alle Ewigkeiten weiter. Immer von Tier zu Tier

und dabei immer wieder quer durch die Welt der Menschen,

die so ziemlich in der Mitte des Baumes liegt. Wo soll diese

Welt auch anders liegen in einer Geschichte, die Menschen für

Menschen aufgeschrieben haben.

Wen wundert es jetzt noch, das Eichhörnchen es immer so eilig

haben, auf den Baum rauf oder von ihm runter zu kommen. Es

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ist doch immer wieder eine Freude, dieses zu beobachten und

einfach nur zuzuschauen. Und ich nutzte jedes Mal die

Gelegenheit, dem armen Tier noch eine weitere Botschaft mit

auf den Weg zu geben. Sehr oft sind es Nachrichten an meine

verstorbenen Hunde oder andere Tiere, die länger mit mir

zusammenwohnten. Nachrichten die aus dem Herzen kommen

und Dinge sagen, die ich ihnen persönlich nicht mehr sagen

kann. In den Jahren gemeinsamen Lebens mit den Tieren

kommt immer so sehr viel Erinnerung zusammen, die man erst

so richtig spürt, wenn sie in dieser Wirklichkeit keinen Platz

mehr findet. So oft bleiben zwischen den tausenden guten

Erinnerungsstücken doch noch immer kleine Stückchen zurück,

die alle mit den Worten „hätte ich“ oder „hätte ich doch nicht“

beginnen. Es sind eben die Dinge, die man dann nicht mehr

machen kann, nicht mehr gemeinsam unternehmen kann. Die

Abenteuer, die immer geplant aber nie gelebt wurden. All die

Dinge, die jetzt nicht mehr gehen oder einfach anders hätten

sein können.

Es ist schön, die Gewissheit zu haben, daß es das Eichhörnchen

gibt und zu wissen, daß es Ratatöskr heißt. Es ist schön,

jemanden mit Namen ansprechen zu können. Und es ist schön

zu wissen, daß das Eichhörnchen mich versteht und es ihm auch

nichts ausmacht, meinen ganzen Salat quer durch das

Universum zu schleppen. Es ist sowieso unterwegs und kommt

auf seinem Weg sowieso jedesmal durch die Welten der

Menschen und der Göttern. Einfach quer durch. Es ist sowieso

immer auf Achse und ist gerne und immer hilfsbereit. Die

Vermittlung zwischen Mensch und Tier ist seine Aufgabe!

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Denkt daran, wenn ihr das nächste mal Ratatöskr seht. Legt

euch jetzt schon zurecht, was ihr dann sagen wollt und vor

allem wem das Eichhörnchen es weitersagen soll. Wenn es

soweit ist, müsst ihr auf Zack sein und schnell reden. Das

Eichhörnchen hat es immer eilig. Ihr werdet nie den Eindruck

haben, dass es euch zuhört! Aber das täuscht! Glaubt mir! Das

Eichhörnchen hört euch immer zu und ihr werdet euch auf sein

Dienste immer verlassen können.

Das ist ganz einfach so, weil das ganz einfach so ist! Und das

ist gut so!!

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Krieger des Regenbogens

Es geht um alte Überlieferungen nordamerikanischer Indianer,

die den Stämmen der Hopi und der Cree zugesprochen werden.

Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet,

der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man

Geld nicht essen kann. So heißt es und es geht um

Weissagungen, Legenden und um den Untergang der uns

bekannten Welt, der schon längst begonnen hat. Es geht um die

Krieger des Regenbogens, die eines Tages von oben den

Regenbogen herabkommen werden, um diesen Planeten zu

retten. Wohlgemerkt: diesen Planeten und nicht die Menschen!.

Und es geht dann wohl auch um ein Buch und einen Film, der

daraus gemacht wurde. Es geht um Asgard und Midgard,

Welten in nordeuropäischen Mythologien und Erzählungen. Und

es geht um den Regenbogen als Verbindung und Brücke

zwischen diesen Welten der Götter und der Menschen. Es geht

um eine aus dem Nordamerikanischen stammende Erzählung:

der kleinen und doch so schönen Geschichte über die

Regenbogenbrücke. Es geht um diese Brücke, über die wir alle

irgendwann einmal in eine andere Wirklichkeit gehen werden.

Vieleicht dahin, wo auch die Götter wohnen - einfach nur in

eine heilere und schönere Welt. Es geht um all die Farben, die

unsere Augen sehen können und die im Regenbogen enthalten

sind. Und deshalb geht es auch um die Grenzen unserer

Wahrnehmung und darum, dass es hinter dem Regenbogen

weitergeht. Viel weiter, als unser menschlicher Verstand zu

begreifen in der Lage ist. Es geht deshalb auch um unsere

Phantasie und unsere Fähigkeit, sich eine bessere Welt

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vorzustellen. Es geht um Utopien und um Wörter, die von

anderen und besseren Welten sprechen. Und dann geht es um

ein großes Symbol, das in vielen Kulturen als Symbol für

Toleranz und den vielen Möglichkeiten, die das Leben bietet,

steht. Es geht um die Regenbogenfahne, die für unsere

Hoffnung und unsere Sehnsucht nach dieser besseren Welt

steht. Es geht um ein Symbol der Friedensbewegung, der

Schwulen- und Lesbenbewegung und vieler religiöser Gruppen -

weltweit. Es geht um drei Schiffe, die alle den Namen Rainbow

Warrior trugen und auch heute noch tragen. Und es geht auch

und ganz besonders um den Regenbogen - ein wunderschönes

Naturschauspiel, welches wir alle ab und an, meistens vor oder

nach Gewitterschauern, zwischen Himmel und Erde sehen

können. Ganz weit oben, da wo der er endet oder seinen

höchsten Punkt hat – genau da werden wir alle eines Tages

stehen und auf diese Welt herabblicken. An dieser Stelle, wo

die Wirklichkeit, die wir wahrnehmen können, aufhört und eine

andere Wirklichkeit beginnt. Und wir werden über das, was wir

den Tieren und Pflanzen hier unter angetan haben, ungläubig

den Kopf schütteln. Vielleicht werden wir über diese Welt

verzweifeln, die wir unseren Kindern so kaputt zurückgelassen

haben. Und vielleicht schließen wir uns dann den Kriegern des

Regenbogens an und rüsten uns für die Zeiten, die nach dem

Menschen auf dieser Welt anbrechen werden - und für die

Aufgabe, diesen Planeten wieder grün zu machen. Aber besser,

wir werden noch zu Lebzeiten zu Kriegern des Regenbogens -

im Dienste einer gesunden und lebensfreundlichen Welt!

Besser wir fangen jetzt an!! Alle Menschen gemeinsam im

Kampf für einen gesunden Planeten. Für ein gesundes Leben auf

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einem gesunden Planeten. Für ein gemeinsames Leben mit

gesunden Tieren und Pflanzen in einer grünen und lebendigen

Welt. Werden wir zu Kriegern des Regenbogens auf Erden –

hier und jetzt!! Jedes mal, wenn ihr einen Regenbogen seht,

freut euch über diesen wunderbaren Anblick und nehmt ihn als

Hinweis und Ermahnung von denen, die euch immer noch lieben.

Hört die Stimmen der unzähligen Menschen und Tiere, die vor

euch über diese Brücke gegangen sind. Stellt euch vor, wie sie

da oben stehen mit all dem Wissen vom dem, was sie selber

hier unter vermasselt haben und jetzt nicht mehr ändern

können. Hört, wie ihre Stimmen die Regenbogenbrücke

herunterschallen und uns auffordern, es besser zumachen und

das Ruder im allerletzten Augenblick noch herumzureißen. Seht

die vielen schönen Farben im Regenbogen, die nicht von

ungefähr auf der ganzen Welt und durch alle Kulturen und

Zeiten ein Symbol für Liebe und Hoffnung sind. Hört die

Geschichten von den Taten der wenigen, die heute schon als

Krieger des Regenbogens im Dienste dieses Planeten unterwegs

sind. Schließt euch ihnen an und fahrt in euren Gedanken und in

eurer Phantasie auf ihren Schiffen mit. Es sind große und

starke Schiffe! Auch ein Weg von tausend Meilen beginnt mit

dem ersten Schritt, sagt ein altes Sprichwort. Und jeder

Schritt der getan wurde ist ein Schritt, der nicht mehr getan

werden braucht, sagt ein anderes. Mühsam nährt sich das

Eichhörnchen auf seinen unermüdlichen Wegen den Baum rauf

und den Baum runter. Macht euch die Regenbogenfahne als

Symbol zu eigen und tragt sie vor euch her - jeden Tag, den ihr

noch hier unten zu leben habt. Macht euch klar, das wir

Lebenden uns diesen Planeten nur geliehen haben von denen,

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die noch nach uns kommen. Hinterlassen wir unseren

Nachkommen eine intakte Welt oder wenigstens eine Chance

darauf. Wir haben keine zweite Erde im Keller, die wir holen

können, wenn die erste aufgebraucht und hin ist. Und trotzdem

sind wir mit der Ausbeutung der Ressourcen dieses Planeten da

angekommen, dass wir schon längst die zweite Erde

kaputtmachen, die wir gar nicht haben. Hört auf, das Wort

„Weltverbesserer“ für ein Schimpfwort zu halten! Arbeitet

für das Leben und nicht umgekehrt! Lernt von euren Tieren,

denn man scheißt nicht da, wo man isst! Kein Tier macht seine

eigene Welt kaputt und schon gar nicht wider besserem

Wissen. Lernt von denen, die uns in so vieler Hinsicht

überlegen sind. Manchmal glaube ich, die Armee der Krieger

des Regenbogens kann nur von Tieren angeführt werden. Aber

das ist natürlich nur ein Traum und ganz und gar nicht wahr.

Genau, wie das alles hier selbstverständlich ganz und gar nicht

wahr ist! Alles nur schöne Geschichten, Legenden, Symbole,

Fahnen und Schiffe. Aber Hoffnungen, Träume und

Sehnsüchte sind das Benzin im Motor der Revolution und des

Fortschrittes. Fangt einfach an und nehmt euch selber ernst!

Und vor allem, zeigt es anderen – zeigt es der ganzen Welt.

Tragt die Regenbogenfahne stolz vor euch her, damit andere

sehen, dass ihr verstanden habt. Tut was!! Tut was für die

Welt eurer Kindern und all den anderen Lebewesen dieser

Welt, die von euch abhängig sind. Und hört endlich auf mit dem

Kaputtmachen, Ausbeuten und Morden! Seit Krieger – Krieger

des Regenbogens! Fangt an, für das Leben zu leben!!

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Seelengrundbaum

(für Christian, einem Mann wie ein Baum)

Auf dem Grund meiner Seele steht ein Baum. Den kann ich nur

sehen, wenn ich bis auf den Grund meiner Seele falle. Dort

ganz tief unten wo ich schon so oft war, wo es dunkel und kalt

und leer war bisher, wo ich Angst hatte und ich mich vor dem

Leben und der Welt gefürchtet hatte, wo ich einsam und

alleine war. Hier unten steht auf einmal ein Baum. Ein großer

und starker Baum mit weiten Ästen und einer riesigen Krone.

Der war vorher nicht da. Niemals, denn früher war hier unten

in meiner Seele nichts. Gar nichts. Jetzt steht hier dieser

Baum und ich kann mich anlehnen. Ich kann mich an ihm

aufrichten, wenn meine Beine schwach werden. Ich kann unter

ihm Schutz suchen, wenn es regnet oder die Welt mir mal

wieder auf den Kopf zu fallen scheint. Ich kann Wörter in

seine Rinde ritzen, die ich wiederfinden kann, wenn ich das

nächste mal komme. Und ich kann mich dann erinnern, wie es

das letzte mal war, als ich hier war. Und wie ich war als ich hier

war. Ein toller Baum! Jedes mal wenn ich wieder genauer

hinschaue, ist er ein ganzes Stück gewachsen. Jedes mal etwas

höher. Etwas breiter. Ein toller großer Baum mitlerweile. Und

eines Tages wird er ganz oben in meiner Seele das Licht

erreichen. Und dann bin ich voll mit diesem Baum. Diesen Baum,

den Du in mir gepflanzt hast lange bevor ich mitbekommen

habe, dass er überhaupt da ist. Dieser Baum bist Du, sind die

Zeiten in diesem Leben, die wir gemeinsam verbracht haben,

unsere gemeinsamen Erlebnisse. Das Schöne aber auch das

Schlechte. Dieser Baum ist alles das, was ich von Dir gelernt

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habe und noch viel mehr das, was Du mir einfach vorgelebt

hast. Die Wurzeln dieses Baumes reichen bis in die Welten in

die Du mich immer wieder entführt hast. Die Welten in die Du

mich einfach mitgenommen hast. In Deine Welt, in unsere

kleine gemeinsame Welt, die wir uns zusammen aufgebaut

hatten und die genau deshalb auch jetzt noch Bestand hat. Du

warst immer der Motor in unserem Leben, der Macher, der

Ideenhaber. Derjenige, der einfach vorangegangen ist wenn er

vorangehen wollte. Und mich hast du immer mitgenommen. Mein

Job war, das Lenkrad zu halten und manchmal auch ein wenig

gegenzusteuern, wenn’s dann doch zu schnell oder nicht so ganz

in die richtige Richtung ging. Alles das ist jetzt in diesem

Baum, meinem Baum, unserem Baum. Ich kann an ihm

emporklettern, und ich kann dann ganz weit sehen, weiter als

jemals zuvor in meinem Leben. Und manchmal glaube ich, kann

ich bis zu Dir gucken, bis in die Welt in der Du jetzt bist. Denn

Du bist noch. Das weiß ich, das spüre ich, ganz deutlich, ganz

oft. Ganz besonders, wenn ich hier unten bin und unter dem

Baum liege und ihm beim wachsen zuschaue. Diese Momente

kurz vor dem Einschlafen, wenn die schöne Musik spielt, die wir

oft gehört haben zum ins Bett gehen. Dann bist Du da, ganz

nah, ganz nah bei mir. Hier unter dem Baum geht das. Er

wächst aus den Erinnerungen. Unsere gemeinsame Geschichte

ist seine Erde, die ihn hält. Und meine Sehnsucht nach Dir ist

das Licht, zu dem er wächst. Nach dem er sich streckt. Du

hast einen guten Baum gepflanzt. Einen sehr guten Baum.

Mitten in mir drin. Hier unten, wo sonst kein Licht hinkommt.

Hier unten, wo ich sonst immer nur Angst hatte. Angst vor

meiner Unfähigkeit, meinem Leben aus mir heraus einen Sinn

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und einen Antrieb zu geben. Als Du auf einmal weg warst, so

schlagartig und völlig unerwartet. Ohne jede Möglichkeit

Abschied zu nehmen, letzte Worte zu wechseln. Ohne Tränen,

einfach so, einfach weg, weg. Da hatte ich Angst. Angst,

wieder alles zu verlieren, wieder alleine und hilflos in diesem

Leben zu stehen. Ohne Deinen Motor, ohne Dich. Aber jetzt ist

da der Baum und mit ihm nicht nur unsere gemeinsame

Vergangenheit, sondern auch und noch viel mehr eine

unbeschreibliche Kraft, weiterzumachen, nicht aufzugeben,

sich nicht fallen zu lassen. Auf einmal kann ich selber Motor

sein für mein eigenes Leben, kann mein Leben selber in die

Hand nehmen. Kann aus eigener Kraft sein. Weil der Baum da

ist. Weil Du da bist. Weil Du der Baum bist, hier unten auf dem

Grund meiner Seele. Weil etwas beblieben ist nach Deinem

Tod. Weil Du mir immer noch Schutz gibst unter Deinen

Starken Armen und weil ich mich immer noch an Dir aufrichten

kann, wenn ich falle. Weil Deine Stärke in mir geblieben ist.

Diese Kraft, das ist der Baum. Der Baum in mir. Das bist Du!!

Seelen vergehen nicht! Seelen bleiben miteinander verbunden

und der Tod ist nur ein Horizont, der sie auch nicht trennen

kann! Und irgendwann eines Tages werden wir uns wiedersehen,

werden wir wieder zusammen sein. Irgendwann, wenn der Baum

riesig groß geworden ist. Irgendwann! Aber bis dahin habe ich

hier noch eine Menge zu leben, habe jede Menge vor und

sprühe vor Ideen. Und bin dennoch voller Sehnsucht: bis bald!

Ich freue mich auf Dich! Ich liebe Dich!! Lasse es Dir gut

gehen da wo du jetzt bist. Mache Dir keine Sorgen mehr um

mich! Mir geht es gut, denn Du hast gut gesorgt für mich. Das

Leben ist schön!!

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Milow und der Müll

(eine Art Liebeslied)

Milow ist der beste Hund der Welt, wie alle Hunde, die bei mir

leben und gelebt haben!

Milow geht nicht Gassi wie andere Hunde. Milow geht raus, um

sich auf die Suche nach Fressbarem zu begeben. Ständig in

Fluchtbereitschaft und ständig in Angst davor, dass ihm weh

getan wird.

Milow ist ein Straßenhund – Milow geht containern!

Hunde haben eben nicht die Angewohnheit, hinterher zu fegen,

nachdem sie Mülltonnen umgeworfen und leergefressen haben.

Hungrige Straßenhunde schon gar nicht! Mülltonnen

umzuschmeißen macht Krach und viel Gescheppere. Menschen

wissen diesen Krach nicht zu schätzen und den eingesauten

Hof schon gar nicht. Und Menschen wissen sich zu wehren

gegen diese Gewohnheiten der Straßenhunde. Sie wissen es

sehr gut, Steine zu schmeißen auf die Hunde oder andere hart

Dinge, die weh tun, wenn sie einen treffen. Menschen haben

Gewehre und Pistolen, die noch mehr weh tun und auch tot

machen können. Menschen stellen Fallen auf und fangen die

Hunde ein – um sie dann einzusperren, zu prügeln oder auch zu

töten. All dieses weiß der Straßenhund. Irgendwann hat es

über viele Schmerzen hinweg einfach gelernt: Menschen tun

mir weh, wenn ich fressen will, weil ich einfach nur

unerträglichen Hunger habe.

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Fressen auf der Straße oder auf fremden Höfen ist für den

Straßenhund immer mit Gefahren verbunden. Gefahren für

Leib und Leben. Hunger und Fressen werden immer mit Obacht,

allerhöchster Vorsicht und auch Angst verknüpft sein. Wer

zwei Jahre auf der Straße gelebt hat und vielleicht auch dort

aufgewachsen ist, der ist für sein Leben hiervon geprägt.

Hunger ist verbunden mit Losgehen und Fressbares suchen, mit

Laufen und immer vorsichtig sein. Also wird bei der

Aufforderung zum Gassi oder Ähnlichem immer der Impuls

mittackern: wir gehen jetzt was zu Fressen suchen. Und auf

der Straße wird man auch nie satt, in der Regel jedenfalls

nicht. Man muss immer und jede Gelegenheit nutzen, etwas in

den Magen zu bekommen. Der winzigste Krümel auf dem Weg

wird im Moment zum Wichtigsten im Leben, quasi zur

Überlebensstrategie. Man weiß nie, wann die nächste

Gelegenheit kommt, wieder zu fressen und etwas in den Magen

zu bekommen. Morgen könnte man verhungern. Und zum

Überleben muss man sich immer wieder den Gefahren auf den

Höfen der Menschen aussetzten. Man lernt vorsichtig zu sein

und plötzlichen Geräuschen zu misstrauen.

Wie lange wird ein Hund nach so langer Zeit ewigen

Kohldampfes brauchen, bis im Kopf ankommt, dass es jeden

Abend zuhause satt und anständig zu Fressen gibt. Wie lange

wird es dauern, bis der Hunger am Tage erträglich wird und

das tägliche Ausgehen oder Ausfahren nicht nur mit der Suche

nach Fressbarem verbunden wird. Wann wird ein ehemaliger

Straßenhund mal entspannt durch die Gegend ziehen und den

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Gerüchen von Artgenossen nachgehen – ohne die andauernde

Ablenkung durch den Geruch von irgendetwas Fressbarem in

der Nähe. Und ohne die den Hunger ständig begleitende Angst

vor Schmerzen. Ohne den ewigen Gedanken an Flucht, weil

Hunger mit Fressen verbunden ist, und Fressen mit Angst und

Gefahr.

Ich wünsche es meinem Milow sehr!

Gut, die ein paar Monate, die er jetzt in unserer

Wohlstandgesellschaft lebt, können noch nicht viel bewegen.

Und die Straße mit den ganzen Erinnerungen und Prägungen

wird ihn wohl ein ganzes hoffentlich sehr langes Leben

begleiten. Ich möchte ihm mit der Zeit diese Angst nehmen

können, in den nächsten Tagen zu verhungern, wenn nicht

jedem Moment nach Fressen Ausschau gehalten wird. Ich

freue mich auf den ersten Tag auf der Hundewiese, wo er

nicht nach einer Weile spielen mit anderen Hunden wieder

umschaltet auf Futtersuche. Den Tag an dem er – wenn auch

hungrig und mit Kohldampf – einfach weiß, dass es abends wie

immer etwas zu fressen gibt. Und das völlig selbstverständlich,

reichlich und ausgewogen! Den Tag, an dem Draußen-Sein für

ihn nicht gleichzeitig ständige Gefahr und andauernde

Ausschau nach Fluchtmöglichkeiten bedeutet. Den Tag, an dem

wir gemeinsam unsere Nase in Mauselöcher stecken und es gar

nicht schlimm ist, wenn wir sie nicht erwischen - weil es

einfach Gaudi macht, so was zusammen zu tun - und weil es

einfach nur saugut riecht, dieses Mauseloch, das wir

gemeinsam etwas größer gebuddelt haben. Zuhause gibt’s eh zu

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essen.! Wir haben uns doch nur etwas Appetit geholt – ganz

entspannt mit viel Spass. Auf diesen Tag freuen ich mich –

ganz doll! – für mich und erst recht für Milow den ollen

Portugiesischen Podengo.

Vieles ist besser geworden in den letzten 6 Wochen. Jetzt wo

ich dieses schreibe, erinnere ich mich an das erste Ausgehen

mit Milow. Es war seltsam und irgendwie anders als mit allen

anderen Hunden, die bisher ihr Leben oder einen Teil davon mit

mir verbrachten. Gut, alle Hunde sind verschieden, jeder ist

anders. Aber mit Milow auszugehen, das war auf eine andere

Art anders, die ich schwer beschreiben kann. Da war nicht nur

das Fehlen jeglicher Erziehung und Menschenbindung – da war

einerseits ein unglaublicher Freiheitsdrang – andererseits

diese ständige Obacht und Fluchtbereitschaft, die ich nicht

verstehen konnte – und an der ich heute noch zu knacken habe.

Ich wüsste so gerne mehr über ihn - über seine

Lebensgeschichte und seine Erlebnisse. Aber wer merkt sich

schon die Erlebnisse eines Straßenhundes und schreibt das

dann noch auf? Einiges hat er mir dann ja doch erzählt, wie ihr

lesen konntet – und damit können wir beide dann auch leben.

Wir sind auf dem Weg und ich bin eben auch kein Hund – ich

stamme nur von Affen ab und brauche deshalb des öfteren

etwas länger, um zu verstehen. Zeit ist heute unser bester

Freund – unser allerbester Freund. Gut Ding will Weile haben

sagt ein altes Sprichwort. Und in einem noch langen

Hundeleben haben wir drei Dinge reichlich: Fressen, Zeit und

die Weile, jederzeit zu fressen!

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Ich bin ein Glückpilz, weil Milow den Weg zu mir gefunden hat.

Und die kleine Luna ist auch ein Glückspilz, weil sich beide

mögen und sich gerade in diesem Moment im Schlafzimmer

wieder eine Kissenburg bauen. Und Milow? ... weil ich es mir so

sehr wünsche ... Milow ist der größte Glückspilz von uns allen,

denn er hat jetzt ein zuhause!! Und er hat uns!

Danke Milow, dass es dich gibt und, daß du jetzt in diesem

Moment hier bist!

Danke!

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Milow und seine neue Welt

(Das neue Leben eines Straßenhundes)

Jeder Montag ist für Milow ein toller Tag, denn Montags

kommt bei uns die Müllabfuhr. Eigentlich beginnt für ihn der

Montag schon am Sonntag Abend. Wo für andere die nächste

Arbeitswoche schon wieder bedrohlich nahe ist, da beginnt für

Milow der beste Teil der Woche.

Neulich wollte ich abends nach der abendlichen Abenteuertour

noch schnell die Mülltonnen rausstellen. Die Hunde waren vor

demHaus angeleint und ich holte die Tonnen aus der Garage, um

sie schnell durch den Garten und durch das Gartentor auf die

Straße zu stellen. Klein Luna hatte eigentlich nur Sorgen, von

der Tonne überrollt zu werden. Milow hingegen schaute einfach

nur völlig verstört hinter mir her. Ich sah die Fragezeichen

über seinem Kopf und die vielen Fragen da drinnen: warum haut

die jetzt mit meinem ganzen Essen ab, wo geht die damit hin

und warum versteckt sie sich jetzt hinter dem Zaun. Als ich

mit leeren Händen und ohne Müll zurückkam, war sein Blick

eindeutig: na, satt geworden?? Ich konnte es fast hören - laut

und deutlich, so wie Hunde eben reden oder auch nicht.

Beleidigt und betont langsam folgte er uns dann in unsere

Wohnung, verschwand auf seiner Sofaecke, schmollte sich ein

und gönnte mir nicht einen einzigen Blick aus seinen

wunderschönen gelben Augen. Erst zur Raubtierfütterung

taute er wieder auf und machte sich hungrig über einen

riesigen Berg banalen Hundefutters her. Kohldampf macht

bescheiden, hörte ich ihn noch brummeln und, als er satt

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wieder in seiner Ecke verschwand, war unsere kleine Welt

wieder in Ordnung. Die Diskussion um die Mülltonnen war

vergessen und Frauchen wieder das beste Frauchen der Welt.

Später in der Nacht musste ich ihm dann aber doch noch ganz

doll versprechen, nie wieder eine Mülltonne alleine und ohne ihn

leerzuessen. Das tat ich dann auch von Herzen gerne und wir

alle drei schliefen völlig entspannt Seite an Seite ein.

Heute Abend, wo ich diese Zeilen schreibe, bin ich dann doch

recht froh, dass Milow nicht lesen kann. Warum schreibst du

solch ein dummes Zeug über den tollsten Hund der Welt? – so

würde er mich fragen und ich müsste mich dann wohl das

gleiche fragen und fürchterlich schämen! Aber manchmal ist

das so mit mir und ich meine es ja auch nicht böse, oder?

Natürlich habe ich mal wieder maßlos übertrieben und sein

ständiges Bedürfnis, draußen containern zu gehen, ist

tatsächlich ein wenig besser geworden – außer Montags!

Jeder Abend nach unserer kleinen Weltreise folgt dem

gleichen Ablauf – fast wie ein Ritual: Nachdem wir uns alle von

unserer Outdoor-Kleidung befreit haben, gibt es was zu essen.

Das ist fast immer so gegen acht Uhr abends und inzwischen

auch bei Milow angekommen. Erst Gassi, dann Mampfen!. Er ist

so schlau, dass er manchmal richtig versucht, mich zu

beschleunigen, damit wir uns endlich anziehen und losgehen.

Das macht er nicht, weil er so dringend mal Pipi muss – er

macht es, damit er schneller an seinen Napf rankommt, den ich

vor dem Ausgehen schon immer fertig mache. Milow ist nämlich

nicht nur der tollste Hund der Welt, er ist auch ganz bestimmt

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der schlauste Hunde der Welt – nach mir natürlich! Oft

drängelt er auch schon, wenn er mit seinen Geschäften fertig

ist, damit wir bloß schnell nach Hause kommen – könnte ja

jemand bei uns einbrechen und seinen Napf klauen! Wenn wir

abends noch auf die Hundewiese gehen, steht er in der Regel

nach einer Weile vor dem Tor und ist auch von anderen Hunden

nicht mehr zu irgendwelchen Aktionen zu überreden. Anfangs

dachte ich, er würde dort Schmiere stehen und nur darauf

lauern, dass jemand mit einem ganzen Sack Leckerlis

vorbeikommt. Aber denkste Puppe – der Halunke will einfach

nur nach Hause und sich auf seine Lieblingsstelle im

Wohnzimmer setzten – da, wo ab acht Uhr sein gefüllter Napf

steht und er in aller Ruhe speisen kann. Andere Hunde ziehen

an der Leine, wenn es zum Hundeplatz geht – Milow zieht an

der Leine, wenn wir von Hundeplatz weggehen. Und das macht

er nur, weil er der schlauste und der tollste Hund der Welt ist

und, weil er etwas ganz wichtiges in seinem Leben verstanden

hat.

Herr von Podengo ist wieder ein kleines Stück weiter in

unserer kleinen Welt angekommen. Die ständige Sorge, am

nächsten Tag vielleicht zu verhungern, ist für ihn nicht mehr

ganz so nahe. Unsere Wohlstandsgesellschaft kommt in seinem

Kopf immer mehr an – und damit auch das Vertrauen, dass es

jeden Abend nach der Heimkehr eine ordentliche Mahlzeit

gibt.

Milow hat sich jetzt auch innerlich auf den Weg nach

Deutschland gemacht!!

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Milow wurde auch in der Schule versetzt! Er hat sogar ein paar

Klassen überspringen dürfen und darf jetzt schon bei den

Großen mitmachen. Ich meine nicht die Hundeschule, sondern

die Schule des Lebens in einer Welt, die von Menschen für

Menschen gemacht wurde. Hunde und andere Tiere können hier

nur leben, indem sie menschengemachte Regeln lernen und

befolgen. Anständig an der Leine zu gehen, andere nicht zu

belästigen, an der Bordsteinkante Sitz zu machen und auch mal

eine Weile alleine in der Wohnung bleiben - das alles und noch

viel mehr kann Milow schon richtig gut und er macht sein

Frauchen jeden Tag etwas stolzer!

Ja richtig, wir diskutieren noch häufig über den Leinenruck als

adäquates Erziehungsmittel für Hundehalter. Oft bin ich es

echt leid, andauernd von ihm gemaßregelt zu werden, weil ich

zu langsam bin oder die toll riechende Stelle vor uns nicht

wahrnehmen kann. Mitlerweile gibt er sich etwas mehr Mühe,

mir nicht immer gleich die Hand von Arm zu reißen, nur weil ich

solch eine lahme Ente bin. So langsam finden wir beide einen

gemeinsamen Weg, damit umzugehen, dass wir außerhalb

unserer Wohnung durch eine Leine verbunden sind. Wir haben

einen Deal gemacht: Ist die Leine an seinem Halsband fest,

habe ich das Bestimmungsrecht und Milow muss sich nach mir

richten. Ich richte mich nach ihm, wenn die Leine am Geschirr

fest ist; d.h. er kann sich im Radius der Leine frei bewegen –

meistens nehmen wir dann auch die ganz lange Schleppleine.

Und wenn es dann an der Leine ruckt, habe ich halt nicht genug

auf ihn geachtet – und Pech gehabt! Das klappt mitlerweile

Page 113: Stadt der Hunde

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sehr gut und das Umstöpseln von Halsband auf Geschirr und

wieder zurück ist ein kleines aber sehr wichtiges Ritual

geworden.

Dass er einen Namen hat, ist auch bei Milow inzwischen

angekommen. Eine großartige Leistung meine ich, wenn man bis

vor kurzen so etwas wie einen Namen gar nicht hatte! Und es

ist richtig praktisch, einen Hund zu haben, der seinen Namen

kennt. Wenigstens guckt er jetzt regelmäßig, wenn ich ihn rufe

– wenigstens das.

Und anderen Hunden gegenüber ist er wesentlich ruhiger

geworden. Das war am Anfang so richtig ein Problem. Vor allem

dann, wenn er an der kurzen Leine war und die anderen

gepöbelt haben. Ich bin richtig stolz auf meinen Halunken.

Mitlerweile kennen wir uns aber auch recht gut und wissen uns

einzuschätzen. Manchmal weiß er den Bruchteil einer Sekunde

bevor ich meckere schon, dass ich meckern werde – manchmal

lässt er es drauf ankommen, manchmal nicht. Milow ist ein

toller Hund, der tollste der Welt. Er hat eine gute Erziehung

verdient.

Auch mit dem Fahrradfahren klappt es mitlerweile schon sehr

viel besser. Er bleibt nicht mehr alle paar Meter abrupt

stehen, weil auf dem Weg irgendetwas lecker gerochen hat.

Irgendwie hat er verstanden, das dieses nicht besonders

gesund für mich ist, wenn ich nur zwei Räder unter dem

Hintern habe und nicht vier Beine - und, dass mich das böse

macht, wenn ich andauernd vom Fahrrad falle. Mitlerweile

Page 114: Stadt der Hunde

114

warnt Milow mich vor und wird erst mal langsamer und gibt mir

die Chance, anzuhalten. Ich finde das nett von ihm, denn so was

machen nur echte Kumpels. Mühsam nährt sich das

Eichhörnchen, heißt es, und wir sind auf dem richtigen Weg –

glaube ich!

Und ein neues Handy wollte ich mir sowieso schon länger

zulegen. Meine alte Möhre war schon ein paar Jahre alt und

hatte sich angewöhnt, in unpassenden Momenten einfach mal so

auszugehen. So etwas nervt und Milow mag mich nicht, wenn ich

genervt bin. Ehrlich, das war eine große Entscheidungshilfe für

mich, als ich abends ins Schlafzimmer kam und der tollste Hund

der Welt auf dem Bett inmitten der Reste meines Telefons lag.

So etwas machen nur echte Freunde und Milow sei Dank kann

ich jetzt wieder sorglos telefonieren!

Page 115: Stadt der Hunde

115

Und zum Schluss noch schnell die Krönung: Hattet ihr schon mal

einen Hund, der sich gerne im Spiegel betrachtet? Ich bisher

nicht! Klein Luna reagiert zwar ab und an mal auf Bilder im

Fernsehen – aber nicht wirklich oft. Keiner meiner Hunde hatte

bisher auch nur eine Spur Interesse für sein eigenes

Spiegelbild – und ich ging bisher immer davon aus, dass sie

dieses einfach nur als zweidimensionales Bild wahrnehmen.

Milow ist da völlig anders! In meinem Schlafzimmer steht seit

über einem Jahr ein großer Spiegel auf dem Fußboden, weil ich

bisher zu faul war, zwei Löcher in die Wand zu bohren und ihn

aufzuhängen. Milow steht oft davor und betrachtet sich von

allen Seiten, schaut sich selber in die Augen und scheint immer

wieder erstaunt zu sein, dass es ihn zweimal gibt. Ich bin mir

mitlerweile sehr sicher, das er sich im Spiegel selber erkennt

und dass er nicht davon ausgeht, einem anderen Hund gegenüber

zu stehen – da würde er sich völlig anders verhalten. Ich staune

jedes mal Bauklötze!. Ich hatte bisher leider nie rechtzeitig

eine Kamera zu Hand, aber ich hoffe doch, dass ich es mir bald

mal gelingt, davon eine kleines Video zu machen.

„Do you speak podengo? ist erstaunlicherweise fast einmal

rund um den Globus geschickt worden. Von Texas/USA und

Venezuela über Portugal und Spanien bis in die skandinavischen

Länder wurde dieser Text gelesen und aus allen

Himmelsrichtungen erreichten uns unzählige Ratschläge, Tipps

und Erfahrungsberichte. Fast überall auf der Welt gelten

Portugiesische Podengos als ausgesprochen liebe und sensible,

aber ebenso als ungewöhnliche, ängstliche,

Page 116: Stadt der Hunde

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erziehungsresistente und verfressene Hunde. Diese Hunde

sind einfach anders – auch ohne die Erfahrung des

Straßenhund-Daseins. Milow, der Halunke, hat nun Kumpels auf

der ganzen Welt. Ihm ist das so ziemlich egal, aber ich freue

mich sehr darüber. Es ist schön zu wissen, dass da noch andere

sind – außer uns! Danke für Eure großartige Freundschaft und

macht mit diesem Bericht das gleiche wie mit dem ersten –

schickt ihn raus in die Welt!

Einige von Euch baten mich, ab und an mal wieder von Milow und

seiner Entwicklung zu berichten. So entstand die Idee, „do you

speak podengo?“ immer mal wieder neu aufzulegen und hier zu

veröffentlichen. So werde ich es tun, weil ich es gerne tue!

Danke Euch allen! Danke für Eure Geduld mit einer, zu deren

Vorzügen die Geduld nicht gehört!

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117

Milow und die Straße

(Das immer bessere Leben eines Straßenhundes)

Wenn Du einmal eine Weile auf der Straße gelebt hast, dann

wirst Du sie nie wieder los. Sie wird immer in Deinem Kopf

bleiben und eine große Rolle in deinem Fühlen und Denken

spielen. Ich weiß sehr genau, wovon ich rede! Du wirst immer

anders sein, denn du hast Dinge erlebt und gesehen, von denen

andere noch nicht einmal träumen:

Die Freiheit, die du auf der Straße hast ist die größtmögliche

Ungezwungenheit, mit der du leben kannst. Die Freiheit, dahin

gehen zu können, wohin du gehen willst – und die Möglichkeit,

alles so zu machen, wie es dir gerade in den Kopf kommt – weil

es sowieso keinen interessiert. Du kannst kommen und gehen

wie und wann du willst – keiner fragt nach dir und keiner

vermisst Dich. Keine Konventionen, keine Bindungen und keine

Fragen. Du bist niemandem verpflichtet außer Dir selber –

wenn überhaupt! Deine Probleme sind Kohldampf und

schlechtes Wetter – sonst nichts!

Hannes Wader sang einmal: heute hier morgen dort, bin kaum

da muss ich fort, ... ! Das war für mich immer mehr als ein Lied

– fast eine Hymne!

Auf der Straße bist du frei. Keiner will Dich wirklich haben.

Fast jeder andere ist froh darüber, dass du frei bist. Jeder

schickt Dich wieder weg. Keiner fühlt sich dir verpflichtet.

Freiheit bedeutet auch, kein zu Hause zu haben. Die Freiheit

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118

ist da, wo die Straße ist – und die Straße ist endlos lang – fängt

weit hinter Dir im Irgendwo an und hört vor Dir im Nirgendwo

auf – ganz weit hinter dem Horizont – da, wo Du sowieso

niemals hinkommst! Die Straße ist immer in Bewegung, voller

Gefahren und bietet niemals Sicherheit und Unterschlupf.

Keine Wärme, keine Geborgenheit – keinen Platz zum Ankern.

Immer auf dem Sprung, jederzeit wieder weg zu müssen!

Freiheit bedeutet, keinen Platz im Leben zu haben. Nicht zu

wissen, wo man hingehört. Keinen Platz auf der Welt zu haben,

wo jemand wartet, wenn man mal etwas länger als nur kurz weg

ist. Freiheit wird schnell zur sprichwörtlichen Vogelfreiheit –

man ist zum Abschuss freigegeben – keiner will einen mehr

haben in dieser Welt.

Wenn Du Glück hast, dann wirst du irgendwann eingefangen.

Dann wirst Du von irgendetwas in deinem Leben, was Du vorher

gar nicht so bemerkt hast, aufgehalten. Vielleicht sind es

Menschen, die du triffst. Oder es ist ein Ort, an den Du

gelangst – ein Ort, wo du gerne bist und für den es sich zu

kämpfen lohnt. Kann auch sein, dass Dir Dein Anker, den Du

schon seit Jahren mit Dir rumschleppst zu schwer wird und er

runterfällt. Vielleicht bist Du auch einfach nur müde geworden

und hast keine Lust mehr, immer wieder davon zu laufen! Das

fühlt sich gut an, wirst Du merken, und Du wirst bleiben

Ein sehr schlauer Mann, den ich früher schon immer bewundert

habe, schrieb einmal in einem fürchterlichen dicken Buch einen

Satz, den ich nie vergessen habe: Die Freiheit an sich gibt es

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119

nicht! – es gibt nur die Freiheit von oder für etwas. Zum

Beispiel die Freiheit, sich dort aufhalten zu können, wo man

möchte. Oder die Freiheit, über seinen Beruf und seine Arbeit

selber entscheiden zu können. Freiheit ist immer relativ und

bezogen auf andere Dinge. Freiheit kann an sich nicht definiert

werden und ist somit abhängig von dem, wovon man frei ist! Der

Begriff Freiheit ist paradox, weil er unfrei ist! Kompliziert? –

finde ich nicht.

Das Buch hieß „Das Sein und die Zeit“, der schlaue Mann hieß

Martin Heidegger und bis auf dieses und den einen Satz konnte

ich mir auch nichts weiter aus dem dicken Buch merken.

Milow der Straßenhund, der in einem früheren Leben auf der

Straße so unendlich frei war – dieser Straßenhund, der gegen

seinen Willen eingefangen, eingesperrt und dann irgendwann

ebenso gegen seinen Willen in ein anderes und vollkommen

fremdes Land verfrachtet wurde – dieser Straßenhund ist

heute immer noch frei! Frei von ganz anderen Dingen, als

früher. Er ist frei, von dem täglichen Zwang, irgendwo

Fressbares klauen zu müssen und frei von der Angst, dass dies

mal wieder nicht klappt. Vor allem ist er nun frei davon, die

Menschen um ihn herum als Wesen zu erleben, die ihm

jederzeit Schmerzen zufügen können. Die ihm jederzeit weh

tun können, nur weil Essensreste und Müll klauen eben auch ein

klein wenig Lärm und Dreck macht. Milow mag Menschen

außerordentlich gern und deshalb müssen so viele Erlebnisse

aus seinem alten Leben fürchterliche und schreckliche

Erinnerungen sein.

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120

Neulich auf dem Hundeplatz spielte ich mit meinen beiden

vierbeinigen Lebensgefährten Ballwerfen und normalerweise

stehen beide in dem Moment wo ich werfe so ziemlich neben

oder etwas hinter mir. In diesem einen unsäglichen Moment wo

ich zum Werfen aushole steht Milow einige Meter vor mir und

nur aufgrund meiner ausholenden Bewegung, die scheinbar auf

ihn zielt, fährt er in schrecklichster Panik zusammen, fängt

fürchterlich an zu schreien und will nur noch weglaufen. Da er

von unserem Hundeplatz nicht weglaufen kann, wirft er sich

nach einer Weile gekrümmt auf den Boden und ist in seiner

Panik absolut nicht ansprechbar. Als klein Luna sich ihn

vorsichtig nähert, beisst er blind um sich – er erkennt für eine

Weile weder mich noch seine Freundin – totales Blackout! Ich

glaube, ich muss niemandem beschreiben, wie es mir neben ihm

ging – mir kommen jetzt hier beim Schreiben noch die Tränen.

Ich musste in meinem Leben selber schon sehr viel Angst

aushalten – wie viele Menschen, aber in diesem Ausmaß habe

ich so etwas noch nicht erlebt. Und ich betone nochmals: es

war ausschließlich die ausholende Bewegung in Milows Richtung

und einfach nur die Möglichkeit, dass ich irgendetwas nach ihm

Werfen könnte. Es kam überhaupt nicht mehr zum Wurf!

Was muss dieser Hund erlebt und gelitten haben – erlitten

haben von Menschen, die er doch so sehr liebt. Als ich ihn vor

einiger Zeit unserer Hundedoktorin vorstellte, bemerkte diese

auf seinen Röntgenaufnahmen, das Milow zwei schlecht

verheilte Wirbelbrüche hat, die ihm im Alter wohl noch einiges

an Schmerzen bereiten werden. Wie stark muss man

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zuschlagen, um einen Knochen von drei bis vier Zentimeter

Breite zu zertrümmern? Milow hat panische Angst vor

Kettengeräuschen und metallischem Geklapper! Was wurde

dieser Seele nur angetan? Noch heute reagiert er sehr

skeptisch und ängstlich auf meinen Schlüsselbund, wenn ich es

in die Hand nehme. Milow liebt in seiner Verfressenheit

Leckerli aller Art. In der Regel braucht man ihn gar nicht zu

rufen, wenn es welche gibt, weil er längst schon da ist. Aber

wehe er merkt, das man ihn mit Leckerli anlocken will oder zu

etwas bewegen will, worauf er gar keinen Bock hat. Sofortige

Panik und Flucht sind die Folge.

Wenn ich doch nur mit ihm drüber reden könnte. Wenn er doch

nur so über Freiheit philosophieren und dummschwatzen

könnte wie ich. Wie muss er sich in seiner neuen und freien

Welt fühlen, wenn er noch nicht einmal mehr weglaufen kann? –

weil er die ganzen Ängste und Erinnerungen in seinem Kopf

mitgenommen hat? – wären diese doch bloß in Portugal

geblieben! Auf der Straße konnte er abhauen und sich in

Sicherheit bringen – oder sich wenigstens das Gefühl

verschaffen, erst mal in Sicherheit zu sein. Der Preis seiner

neuen Freiheit ist, die Freiheit der Straße hinter sich lassen

zu müssen!

Oft frage ich mich, wie würde Milow sich heute entscheiden,

wenn er sich entscheiden könnte. In Portugal haben Angst und

Hunger sein Leben bestimmt – dafür konnte er sich

unbeschränkt und frei bewegen. Hier in Deutschland muss er

lernen, lernen und nochmals lernen. Er muss vollkommen neue

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Verhaltensregeln kennenlernen – zum Beispiel in der

Hundeschule. Er muss lernen, dass er nun einen Namen hat und

wer ist – eine Persönlichkeit, die anerkannt wird. Er muss

lernen, dass er keine Angst mehr zu haben braucht und, dass

Hunger von nun an ein Fremdwort für ihn ist Er muss lernen,

dass seine Menschen seine Freunde sind und ihm niemals

absichtlich weh tun würden. Freiheit gegen Freiheit – eine

schwere Entscheidung.

Ich habe mich einmal in meinem Leben ganz bewusst für die

Unfreiheit entschieden – für das Ankern an einem Ort und für

das Binden an andere Menschen. Ich bereue es jeden Tag und

träume oft davon, einfach wieder loszumarschieren - immer

den warmen Sonnenstrahlen nach. Aber nie so doll, dass ich

meine damalige Entscheidung rückgängig machen würde. Nie so

doll, dass ich meinen Anker wieder lichten und die Maschine

klar machen würde. Ich bleibe da wo ich bin – ich bin hier

mitlerweile festgewachsen und will nicht wieder weg. Meine

Welt ist eine Scheibe mit einem Radius von allerhöchstens 250

km – so ungefähr von hier bis zur Nordsee!

Und jeden Morgen wenn ich aufwache, bin ich ein kleines Stück

sicherer, dass es unserem Milow, dem Herrn von und zu

Podengo aus dem sonnigen Portugal, nicht viel anders geht!

Milow ist hier bei uns angekommen und ich spüre seinen Anker

sehr tief in meinem Herzen. Ich glaube, er will gar nicht mehr

zurück in sein doofes Portugal – möchte ich allzu gerne glauben!

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Eines Tages werde ich ihm die Chance geben und ihn vor die

Wahl stellen – dann heißt es Leinen ab und Anker los – dann

kann er frei entscheiden, ob er wieder abhaut oder bei uns

bleibt! Das habe ich ihm versprochen und so werde ich es auch

tun. Kann nur passieren, dass ich dann mit ihm gehe, wenn er

gehen will. Damit muss der Halunke dann rechnen – denn mich

wird man so schnell nicht wieder los. Liebe ist manchmal wie ein

Kaugummi – klebt fest und geht nicht wieder ab. Klebt so fest,

dass man damit sogar Anker lichten kann – sagt man!

Ist mal wieder spät geworden in unserer kleine Höhle, die

Heizung ist schon aus und in Deutschland wird es jetzt abends

kalt – auch bei uns! Milow und Luna haben sich im Bett schon

längst ihre Schlafhöhlen gebaut und ich muss zu sehen, endlich

auch in die Horizontale zu kommen. Vielleicht gibt’s für mich ja

auch noch einen warmen Platz unter der Decke – so ein kleines

Eckchen links von Milows Burg, etwas seitlich von Lunas Höhle.

Sicher ist das so, denn wir halten zusammen hier. Und wir

haben es nicht schlecht getroffen, denn das Leben ist schön!

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Milow und sein zu Hause

Mein Hund ist schlauer als ich! Milow trickst mich aus und ich

könnte vor Stolz darüber platzen. Herr von Podengo hat

kapiert, dass es mir nicht gefällt, wenn er auf der Straße

andauernd mit gesenkter Nase containert und nichts anderes

als Futtersuche im Kopf hat. Immer, wenn er etwas Fressbares

sieht oder in die Nase bekommt, gehen wir ganz schnell weiter

oder einfach in eine andere Richtung. Keine Chance für ihn,

irgendetwas Fressbares auf der Straße zu ergattern. Ich habe

ihn immer im Auge und kriege alles mit, was er macht. Das weiß

der Halunke ganz genau und lässt es deshalb sein! Dachte ich!

Jetzt neulich ist er dahinter gekommen, dass er nur das Bein

anheben muss, damit ich stehen bleibe. Das mache ich sowieso

immer, wäre ja auch fies, wenn nicht, denn der Kerl kann ja

nicht im Laufen Pullern. Nur, dass er jetzt auch stehen bleibt

und das Bein hebt, wenn vor seiner Nase etwas Leckeres auf

dem Boden liegt. Er tut so, als wenn er Pipi macht und frisst

ganz schnell und mal eben den alten Schokoriegelrest oder

ähnliches weg. Ich stehe daneben und frage mich ganz ehrlich,

wie lange er mich schon so vorführt. So ein schlauer Hund ist

dieser Blödmann! Ich bin echt stolz auf ihn!

Dabei sind unsere täglichen Abenteuerreisen und Gassigänge so

unendlich viel entspannter geworden. Wir beide haben uns in

den letzten Monaten sehr gut kennen gelernt und wissen ganz

genau, was wir aneinander haben – glaube ich jedenfalls! Was

zählt schon das bisschen Verfressenheit. Jeder sollte ein

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Hobby haben! Man müsse auch Eigenarten haben, würde Milow

jetzt sagen - das sei so, wenn man eine Persönlichkeit ist. Und

recht hat er, finde ich!

Wenn wir abends spät nach Hause kommen, freue ich mich

immer wieder darüber, wie toll Milow gelernt hat: nach dem

Ableinen saust er die Treppe rauf, guckt schnell in der Küche

nach, ob mir vor dem Losgehen was Fressbares runtergefallen

war, flitzt anschließend ins Wohnzimmer, um sich direkt vor

seinen heiligen Fressplatz zu setzen und geduldig auf den

gefüllten Napf zu warten. Jedes mal das gleiche und immer

wieder toll. Die Zeit heilt alle Wunden, sagt mal wieder ein

altes Sprichwort. Ich habe viel gelernt in den letzten drei

Monaten – und der Milow noch sehr viel mehr.

Nach dem Fressen geht’s aber noch weiter, denn da ist ja noch

Lunas Näpfchen. Mein kleines Frollein frisst sehr nöselig und

lässt sich ausgesprochen viel Zeit – sie ist im Gegensatz zum

Halunken eher eine Genießerin! Milow weiß das und setzt sich

im angemessenen Abstand daneben und wartet, bis auch Luna

satt ist – und was hierbei ein angemessener Abstand ist und

wann sie satt ist, hängt sehr von Lunas Launen ab. Ist der Weg

erst mal frei, dann ist es Milows Aufgabe, alle

danebengefallenen Krümel aufzusammeln und den leeren Napf

abzuputzen. Das kann er richtig gut und ich weiß inzwischen,

dass Luna ihm diesen Job vermittelt hat, damit ihr Fressplatz

immer schön sauber ist. Hauptsache, der Kerl ist beschäftigt

und nervt nicht, flüstert das Mädel mir gerade zu!

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Luna liegt dann längst neben mir auf dem Sofa, wo ich zumeist

noch mit den Resten meines Abendbrotes beschäftigt bin. Hier

ist dann Milows nächste Station. Links ein Hund, rechts ein

Hund und in der Mitte ein Menschlein, welches die Reste seiner

Stullen häppchenweise nach hier und nach da verteilt. Tolle

Aufgabe, die ich da habe! Aber genauso geht unser abendliches

Essritual, auf das ich größten Wert lege – und ich staune immer

wieder, dass es mit dem Milow inzwischen so toll klappt. Beide

haben ihre Hälse teleskopartig herausgeschraubt, sehen aus

wie kleine Giraffen und besonders Milow starrt wie

hypnotisiert auf meine Hände während ihn kleine Tröpfchen

aus der Schnute kleckern. Vor zwei Monaten wäre er mir noch

ruckzuck quer über den Schoß gesprungen und mit meiner

Stulle im Schlafzimmer unterm Bett verschwunden. Woher ich

das weiß? Na ratet doch mal – das Leben besteht aus

Erfahrungen und Hoffnungen – in diesem Fall mehr aus

Erfahrungen! Ich bin stolz auf meinen Milow. Ich auch, sagt

Luna, und wenn er in diesen Momenten nicht immer so unter

der Zunge schwitzen würde, wäre es perfekt. Wir beide sind

superstolz auf unseren Jungen.

Ich glaube, kein Mensch kann sich wirklich vorstellen, welche

Hirnleistung dieser Hund vollbracht hat, um das zu werden, was

er heute ist: Ein menschen- und hundefreundlicher

superangenehmer Zeitgenosse mit ein paar Schrullen, die ihn

für uns Mädels nur noch sympathischer machen. Ein klasse

Kumpel, der so ganz nebenbei noch ein toller Beschützer ist –

bei späten Gassigängen im Dunklen genauso wie auf dem

Hundeplatz, wenn Luna mal wieder von größeren Rüden

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bedrängt wird. Heute kein Problem mehr, denn Milow klärt das

jedes mal souverän - für seine kleine Schwester.

Luna und Milow sind überhaupt ein klasse Team geworden. Nur

bei Mauselöchern gibt es ab und an mal Streit, denn die sind zu

schmal für zwei Hundenasen gleichzeitig. Ansonsten bringen

die beiden sich gegenseitig so dermaßen viel bei – mehr als ich

es je gekonnt hätte. Milow guckt sich sehr viel Verhalten bei

Luna ab. Sitzen an der Bordsteinkante zum Beispiel ist viel

leichter einzusehen, wenn die Kleine das vormacht. Und für

Luna ist der Milow ein laufender Sprachkurs mit Spaßfaktor.

Wer die ersten drei Jahre seines Lebens im Keller verbrachte

und nie Kontakt zu anderen Hunden hatte, weiß auch nicht, wie

Hunde miteinander umgehen. Klar hat Luna in den letzten

Jahren schon viel gelernt und erfahren, aber erst durch Milow

und seine tolle unverfälschte Art, die Sprache der Hunde zu

sprechen, ist sie so richtig aus sich rausgekommen. Neulich auf

der Hundewiese hat sie ihn sogar zum Spielen aufgefordert –

im Alter von sechs Jahren das erste mal. Das war so

unglaublich – mir standen vor Freude die Tränen in den Augen.

Danke Milow – auch von Luna! Ich bin stolz auf euch beide.

Superstolz!

Der ehemalige Straßenhund ohne Namen ist in unserer Welt

voller Regeln und Bestimmungen tatsächlich angekommen. Eine

warme Bude und ein gefüllter Fressnapf gehören genauso wie

sein Name mitlerweile ganz selbstverständlich zu seinem

Leben. Er hat viele Freunde gefunden, vor allem in

Hundekreisen. Insbesondere seine Kloppekumpel Eddi und Joey

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soll ich erwähnen – das musste ich ihm versprechen! Ein Tag

auf der Hundewiese ohne diese beiden ist kein guter Tag.

Sogar Aufgaben hat Milow übernommen: vor allem die

Sicherheit von Haus und Hof liegen ihm am Herzen. Luna kann

sich bei Streitigkeiten jederzeit auf die Unterstützung ihres

großen Bruders verlassen. Das alles ging so viel schneller, als

ich vor zwei Monaten auch nur annähernd geahnt habe. Klar

sind da noch ein paar Eigenheiten geblieben – aber ein Hund

ohne Macken ist wie eine Tasse ohne Henkel!

Mit diesem vierten Teil schließe ich die Reihe „do you speak

podengo?“ mit einer kleinen Träne im Auge ab. Das Quartet ist

voll und auf meiner Liste stehen nur noch Dinge, die ich schon

mehr als einmal erzählt habe. Natürlich werde ich noch weiter

berichten vom tollsten und besten Hund der Welt: von unseren

Abenteuerreisen und von unseren Erlebnissen – von Milow, von

Luna und von allen anderen tollsten Hunden der Welt, die mir

die Zeit ihres Lebens geschenkt hatten. Hier werden noch sehr

viele Berichte und Erzählungen über uns und unsere kleine

Welt erscheinen. Der Milow ist jetzt ein Teil davon,

untrennbar verwachsen mit mir und Luna! Der Straßenhund ist

kein Straßenhund mehr. Wir werden ihn niemals wieder so

nennen, denn diese Zeiten sind ein für alle mal vorbei!

Mein Essen in der Mikrowelle ist inzwischen wieder kalt

geworden. Der Besitzer der beiden großen gelben Augen, die im

Moment vor meiner Nase auftauchen, wirkt etwas gelangweilt

und das Mädel mit den hübschen braunen Augen daneben muss

mal schnell Pipi. Was ist ein voller Magen gegen einen tollen

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Spaziergang bei Sonnenschein, sagt Luna. Kannst das Essen ja

einpacken und mitnehmen, stimmt Milow überraschend zu. Ich

halte das für eine gute Idee und in spätestens zehn Minuten

werden wir loszischen. Vielleicht sind Eddi und Joey ja auch da,

blitzt es in Milows Augen kurz auf. Sicher, sage ich, bei diesem

schönen Wetter bestimmt!

Jetzt muss ich mich beeilen, bevor die Sonne wieder weg ist –

versprochen ist versprochen, sonst gibt’s Mecker!

Euch allen ein riesengroßes Dankeschön für Eure Geduld mit

meiner Art zu Schreiben und für Euer Interesse an Milows

großer Reise! Seid eingeladen, hier bei uns weiterzulesen! Wer

es bis hierher geschafft hat, muss ein netter Mensch sein, und

für nette Menschen haben wir in unserer kleinen Welt immer

ein Plätzchen frei. Wenn ihr mögt, dann begleitet uns noch ein

kleines Stück auf unserem Weg – wir haben noch viel vor und

es gibt noch viel zu erleben. Wir alle drei würden uns sehr

drüber freuen – seid uns jederzeit herzlich willkommen!

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Für Christian, meinem geliebten Freund, Lebensgefährten und

Ehemann. Ohne Dich wäre ich nichts!

Für meine Hunde Leika, Tiffany, Rocky, Luna und Milow!

Für alle notleidenden und heimatlosen Hunde auf den Straßen

und in den Tierheimen der Welt!

Für meine Freunde!