Stadt und Netz - Partizipation und Kooperation - Dr. Reimann - 16.11.2011

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D e u t s c h e s I n s t i t u t f ü r U r b a n i s t i k Partizipation und Kooperation vor Ort und im Netz neue Herausforderungen für Kommunen und Bürgerschaft Dr. Bettina Reimann 16. November 2011

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Partizipation und Kooperation im Netz und vor Ort – ein ÜberblickVortrag von Dr. Bettina Reimann - Deutsches Institut für Urbanistik auf der Veranstaltung "Stadt und Netz"

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Partizipation und Kooperation vor Ort

und im Netz – neue Herausforderungen

für Kommunen und Bürgerschaft

Dr. Bettina Reimann

16. November 2011

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Aktuelle Schlagzeilen

„Die Straße gegen die Räte.“

„Der Wutbürger denkt an sich, nicht an die Zukunft seiner Stadt.“

„Wut im Anflug. Protest gegen BBI-Fluglärm.“

„Gegen Politik hinter verschlossenen Türen!“

„Aus einer Ablehnungsbeteiligung muss eine Gestaltungsbeteiligung werden!“

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Renaissance des Themas Beteiligung

aus aktuellem Anlass (z.B. Stuttgart 21, BBI)

angesichts neuer Herausforderungen

Komplexität und Sensibilität für Großprojekte der Stadtentwicklung

=> Projekte mit überörtlichen Zielen und lokalen Wirkungen

Betroffenenbeteiligung reicht nicht mehr aus

Spektrum der Aktiven wird (sozial) breiter, z.T. aber auch sozial selektiver

(Neue) Medien verändern Kommunikation, Beteiligungsmöglichkeiten und öffentliche Wahrnehmung

Verringerung der Handlungsspielräume der Kommunen

Wandel von Politik- und Planungsverständnis

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Renaissance des Themas Beteiligung

Aktuelle Diskussion um bessere und frühzeitigere Beteiligung und Stärkung plebiszitärer Elemente

Ursachen bzw. Empfinden der Bürgerinnen und Bürger

unzureichende und zu späte Information

mangelnde Transparenz von Vorhaben

mangelnde Nachvollziehbarkeit der Verfahren und Abläufe

Umfang und Komplexität der Verfahren

Diskrepanz zwischen Beteiligungsergebnissen und Umsetzung

vorausgegangene Entscheidungen und Fehlen von Lösungsvarianten

mangelnde „informelle“ Aushandlungsmöglichkeiten

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Renaissance des Themas Beteiligung

Lokale Demokratie in der Krise?

Verwaltung, Politik und Entscheider befinden sich in Vertrauens- und Legitimationskrise

Unzufriedenheit der Bürger wächst

Bereitschaft und Entschlossenheit der Bürger, sich zu positionieren und ihre Positionen durchzusetzen, hat sich verstärkt

Bürger suchen neue Wege jenseits von Parteien und organisierter Kommunalpolitik

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Partizipation – Was heißt das?

Vielfalt an Begrifflichkeiten

Bürgerbeteiligung, Bürgermitwirkung, bürgerschaftliches Engagement, Aktivierung…..

=> selten klare Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen

=> hinter den Bezeichnungen verstecken sich häufig verschiedene Stufen von Beteiligung

Information,

Mitwirkung (Konsultation),

Mitbestimmung (Kooperation),

Entscheidung (bis hin zur Selbstverwaltung).

Diese Stufen bezeichnen jeweils ein unterschiedliches Maß an Einflussmöglichkeiten in einem Partizipationsprozess.

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Partizipation – Was heißt das?

Partizipation – in und an der Stadt(teil)entwicklung – kann sich auf (Groß-)Projekte, strategische Planungen/Konzepte, Strukturen, Verfahren/Prozesse und den Sozialraum beziehen.

Rechtlicher Formalisierungsgrad von Partizipationsverfahren variiert.

Partizipative Maßnahme- und Projektentwicklung umfasst verschiedene Phasen: Bedarfsbestimmung, Planung, Durchführung, Evaluation/Bewertung.

Partizipations- und Beteiligungsmöglichkeiten sowie –rechte variieren je nach Aufgabenstellung/Thema, Bezugsebene und Verfahren.

Quelle: L.I.S.T.

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Partizipation – Was heißt das?

Formelle Beteiligungsverfahren

Verfahren, deren Rechtsgrundlage verbindliche Verpflichtungen zur Verfahrensdurchführung beinhaltet sowie ggf. weitere Regelungen zu Fristen und Verfahrensabläufen, Art und Umfang der Beteiligung, Beteiligungsrechten, Verbindlichkeitsgrad

z.B. Planfeststellungsverfahren, Bauleitplanverfahren

Informelle Beteiligungsverfahren

Verfahren, die nicht auf einer spezifischen Gesetzesgrundlage basieren oder die wenige Merkmale rechtlicher Formalisierung aufweisen. Das heißt nicht, dass diese Verfahren inoffiziell oder unverbindlich sind, sie bieten aber die Chance der fall-, zielgruppen- und ortsspezifischen Ausgestaltung

z.B. Bürger- und Zukunftswerkstätten

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Partizipation – Was heißt das?

Breite der Aufgabenstellung

einfache Bauleitplanverfahren

komplexe und weitreichende Bauleitplanverfahren

Verfahren nach Fachrecht (z.B. Straßen-, Eisenbahnrecht) für strukturbestimmende Vorhaben (z.B. große Bahnhöfe, Verkehrstrassen)

kleinteilige, auf hohe Aktivierung zielende Verfahren der Programmfamilie „Städtebauförderung“

Erarbeitung von integrierten Quartiersentwicklungskonzepten

Erarbeitung von integrierten Stadtentwicklungskonzepten

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Partizipation – Warum?

Partizipation gehört zu den zentralen Grundlagen von Demokratie

Beteiligung von Akteuren ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil von Stadtplanung und Stadtentwicklung geworden

Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe

Kompetenzen und Ressourcen der Bürgerinnen und Bürger nutzen

Nutzen

verbesserte Qualität der Leistungen und Projekte

ausgewogene Lösungen

höhere Transparenz von Prozessen

größere Akzeptanz von Entscheidungen

mehr Identifikation der Bevölkerung mit ihrem Lebensumfeld

Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements

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Partizipation – Warum?

„Die Chancen der Partizipation liegen in der Nutzung lokalen Wissens, im frühzeitigen Erkennen von Konfliktpotenzialen, in der Stärkung der Legitimation und Akzeptanz von Planungen…“

(Handbuch zur Partizipation der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin 2011)

Aber:

Partizipationsprozesse können für die Beteiligten von großem Nutzen sein, sind aber keine Allheilmittel, die immer und überall zur Problemlösung eingesetzt werden können.

Partizipationsverfahren können von Interessengruppen instrumentalisiert werden, Partikularinteressen können sich durchsetzen oder die üblichen Verdächtigen engagieren sich, andere Gruppen nicht.

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Partizipation und Kooperation haben viele Gesichter

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Partizipation und Kooperation haben viele Gesichter

Differenzierte Partizipationskonzepte

berücksichtigen die je nach Lebenslage unterschiedlichen Bedürfnisse von z.B. Frauen und Männern, von Migrantinnen und Migranten, von jungen und alten Menschen,

erhöhen durch eine ganzheitliche Sicht die Alltagstauglichkeit und den Gebrauchswert von Stadträumen, Siedlungen, Quartieren,

ermöglichen durch differenzierte bürgerschaftliche Beteiligung und Kooperationsmöglichkeiten und -angebote passgenaue Ergebnisse bei Planungsprozessen,

versuchen mögliche Zielkonflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Alle beteiligten Gruppen verfügen über unterschiedliche Informationen, Ressourcen, Kompetenzen, Haltungen, Interessen und Ziele.

Sie unterliegen zudem unterschiedlichen zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen.

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Beispiele

Zielgruppenspezifische Beteiligung

Um- und Neugestaltung des Pulheimer Stadtgartens:

Modellprojekt für Gender Mainstreaming im Städtebau

Wir im Brunnenviertel

Jugendliche aktivieren Jugendliche

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Partizipation kann vielfältige Formen annehmen

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Beispiel

Beteiligung und städtebaulicher Wettbewerb

Saarbrücken: Stadtmitte am Fluss

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Partizipation findet an vielen Orten statt

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Beispiele

Online-Beteiligungsverfahren

Dresdner Debatte: Stadtdialog zum Neumarkt (2010)

Ein Online-Dialog zur Nutzung des Dresdner Neumarktes.

www.dresdner-debatte.de

Vielfalt bewegt Frankfurt (2009/2010)

www.vielfalt-bewegt-frankfurt.de

Gestaltung "Park auf dem Gleisdreieck" entscheiden (2005)

www.gleisdreieck-dialog.de

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Das Spektrum der Methoden und Formate ist breit

Exkursionen

Planning for Real Runde Tische

World Café

Zukunftswerkstätten Imagekampagnen

Aktivierende

Befragung

Kiezspaziergänge

Mediation

Online-Beteiligung

Open Space Raumvisionen mit

Film und Foto

Wettbewerbe

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Das Spektrum der Methoden und Formate ist breit

…... aber die Wahl der Methode steht nicht am Anfang eines Partizipationsprozesses…

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Das Spektrum der Methoden und Formate ist breit

Ziel(e): Was ist Absicht und Reichweite der Beteiligung?

Zeitpunkt: Wann ist Beteiligung produktiv?

Rahmenbedingungen: Was ist rechtlich notwendig und möglich?

Akteure: Wer soll dabei sein können?

Rollen: Welche Aufgaben haben die Aktiven?

Ressourcen: Wie sieht das Zeitbudget der Beteiligten aus? Wie ist der finanzielle Rahmen?

Ergebnissicherung: Ist sichergestellt, dass die Ergebnisse auch wirksam werden können?

Dann erst…..

Methoden: Wie ist die Kommunikation zu gestalten? Welche Methode wird eingesetzt und passt?

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Partizipation – Wo stehen wir?

vielfältige kommunale Erfahrungen mit Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung (Quartiersentwicklung, Quartiersprojekte, formelle Bauleitplanverfahren)

Aber häufig:

keine Partizipationskultur, sondern Inseln guter Praxis

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E-Partizipation – Wo stehen wir in den Kommunen?

Onlinegestützte Partizipation in vieler Munde, aber…

vielerorts in den Kommunen Wissensdefizite bezogen auf konkrete Umsetzung und konkreten Nutzen

diffuse Ängste auf der Arbeitsebene

Bin ich den neuen technischen Anforderungen gewachsen? Bin ich ausreichend kompetent?

Wie passen eine schnelle Online-Reaktion und der langwierige Dienstweg zusammen?

Wer verbirgt sich hinter den Meinungsäußerungen? (Anonymität)

Aber auch:

großes Interesse an Informationen und Handwerkszeug

Konsens, dass es bei vielen Verfahren und Projekten „dazugehört“

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Partizipation und Kooperation – Wo soll(te) es hingehen?

Aufbau einer gesamtstädtischen Beteiligungskultur

bereits im Vorfeld konkreter Beteiligungsverfahren mit breitem und übergreifendem kommunalem Partizipationsprozess beginnen

verfahrensbegleitende Kommunikations- und Beteiligungsstrategie aufbauen

Kombination formeller und informeller Verfahren verstärken

Beteiligung nach innen und nach außen entwickeln und zur Chefsache der (Ober-)Bürgermeister machen

(neue) Medien nutzen und Kommunikationskonzept entwickeln

erforderliche Schulungen unterstützen (Kompetenzbildung)

Kooperation verschiedener Akteursgruppen befördern

Demografie als Chance: Kompetenzen der Bürger/innen nutzen

Verabredungen/Regeln für Beteiligungsprozesse

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