Stadtplanung und Stadtentwicklung 1. Einleitung Aufgrund der unterschiedlichen administrativen...
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Universität Hannover
Geographisches InstitutAbteilung WirtschaftsgeographieLeitung: Dipl.-Geogr. M. KieseWintersemester 02/03
Stadtplanung und Stadtentwicklung
Singapur und Kuala Lumpur im Vergleich
Vorbereitungsseminar zur Großen Exkursion 2003Singapur/Malaysia
Renate Fuchs Matr. Nr. 2051808
Markus Pütz Matr. Nr. 2050414
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Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Einleitung 3
2. Singapur 3
2.1 Stadtentwicklung in der Gründungs- und Konsolidierungsphase 3
2.2 Die Jahre bis zur Unabhängigkeit 1965 5
2.3 Die demographische Situation 6
2.4 Die Stadtentwicklung in der nachkolonialen Phase 7
2.4.1 Die Notwendigkeit detaillierter Pläne 7
2.4.2 Der öffentliche Wohnungsbau 9
2.4.3 Vergabe der HDB-Wohnungen 10
2.4.4 Aufbau der New Towns und ideologische Intentionen 10
2.4.5 Verkehrsplanung und Umsetzung 12
2.4.6 Planung und Bau von Industrie- und Gewerbeparks 14
2.4.7 Neulandgewinnung 14
2.4.8 Condominiums in Singapur 15
2.5 Ausblick und Perspektiven 15
3. Kuala Lumpur 16
3.1 Stadtentwicklung 16
3.1.1 Demographische Situation in Kuala Lumpur 18
3.1.2 Siedlungsstruktur und Siedlungsformen 19
3.1.3 Wohnungsmarkt, Wohnsituation und Squatter-Problem 20
3.1.4 Condominiums in Kuala Lumpur 21
3.1.5 Umwelt- und Verkehrsprobleme 21
3.2 Stadtplanung in Kuala Lumpur 22
3.2.1 Kuala Lumpur „Structure Plan“ 1984 22
3.2.2 Umsetzung der Planung 23
3.3 Beispiel für erfolgreiche Planung im öffentlichen Nahverkehr 24
4. Vergleich 25
Literaturverzeichnis und Internetquellen 26
3
1. Einleitung
Aufgrund der unterschiedlichen administrativen Größe von Kuala Lumpur als Hauptstadt des
Flächenstaates Malaysia und dem Stadtstaat Singapur erscheint ein Vergleich der Stadtent-
wicklung nur schwer möglich. Das Nichtvorhandensein von Hinterland um eine Großagglo-
meration, wie dies bei Singapur der Fall ist, beeinflusst alle anderen ökonomischen und de-
mographischen Faktoren in dieser Stadt. Zudem muss bei einem Stadtstaat berücksichtigt
werden, dass alle Funktionen, die ein Staat zu erfüllen hat, (z.B. militärische Verteidigung)
auf geringstem Raum ihren Platz haben müssen.
2. Singapur
Singapur ist ein Stadtstaat vor der Südspitze der Malaiischen Halbinsel mit einer Fläche von
683 km². Singapur besteht aus einer Hauptinsel (587 km2) und 54 kleineren Inseln (zum Ver-
gleich Hamburg: 753 km²). Das eigentliche Stadtzentrum (City of Singapore, 97 km2) liegt
im Süden der Hauptinsel. Die Bevölkerungszahl lag im Jahr 2000 bei etwa 4,0 Millionen
(inkl. ca. 300.000 in Singapur Lebender, die keinen singapurischen Pass besitzen), welches
einer Einwohnerdichte von etwa 5850 pro km² entspricht. 1994 hatte die Bevölkerungszahl
noch bei unter 3,0 Millionen Einwohnern gelegen (Westerholt, 1995, S.314).
2.1 Stadtentwicklung in der Gründungs- und Konsolidierungsphase
Anfang des 19. Jahrhunderts begannen die Briten nach den Holländern und Portugiesen da-
mit, ihren Commonwealth nach Südostasien auszudehnen. Als Sir Thomas Stamfort Raffles
im Jahr 1819 Singapur in Besitz nahm und von der britischen Regierung das Recht erwarb,
dort einen Handelsstützpunkt zu errichten, gab es an der Mündung des Singapore-Rivers be-
reits ca. 100 kleine Häuser und Hütten (Westerholt, 1995, S. 303). Schon im Jahr 1822 gab es
den ersten Stadtbauplan für Singapur: In der Uferzone wurden die Regierungsfunktionen an-
gesiedelt, südlich des Singapore-Rivers die Geschäftsviertel und nördlich davon die Wohn-
viertel, die streng nach ethnischen Gruppen getrennt waren. Die einzelnen Funktionsbereiche
wurden ebenfalls durch öffentliche Grünanlagen voneinander getrennt. Die strenge Segregati-
on der Wohnviertel sollte soziale Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen (Europäer,
Chinesen, Malaien, Araber, Inder) verhindern. Dabei wurde auch eine Ghettobildung in Kauf
genommen. Da die ethnische Separierung auch eine räumliche Konzentration gleicher Gebäu-
deformen mit sich brachte, kann man z.T. heute noch die einzelnen Viertel unterscheiden: die
Europäer wohnten in großen Einzelhäusern, während die Chinesen und Inder in sogenannten
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Shophouses wohnten. 1823 umfasste das Gebiet Singapurs gerade mal 1,28 km² entlang der
Küste, der Rest der Insel gehörte den malaysischen Herrschern. Einhundert Jahre später war
das Gebiet bereits zwischen 72 und 96 km² groß. Bis 1950 vergrößerte sich die Fläche um
mehr als das 60-fache gegenüber 1819 (Westerholt, 1995, S. 307). Seit 1923 ist Singapur
durch einen Damm mit dem malaysischen Festland verbunden, der sehr wichtig für die Ent-
wicklung der Stadt war. Über diesen Damm läuft heute nicht nur wie zur Zeit der Inbetrieb-
nahme der Eisenbahn- und Autoverkehr sondern auch die Strom- und Trinkwasserversorgung
sowie die Abwasserentsorgung.
Abb. 1: Ausdehnung der Stadtgrenzen von Singapur
Aus: Westerholt, 1995, S.307
Die Bevölkerungszahlen stiegen im weiteren Zeitverlauf noch rasanter an, vor allem hervor-
gerufen durch Immigranten aus den südchinesischen Provinzen. Dadurch kam es bereits im
19. Jh. zu einer Überbevölkerung insbesondere des chinesischen Viertels und zu einer Bil-
dung von Squattersiedlungen am Stadtrand und sogar Slumgebieten in den innerstädtischen
Gebieten. Erst zu Beginn des 20. Jh. begann man mit einer Förderung des privaten und öf-
fentlichen Wohnungsbaus, um diese Situation zu beheben nachdem eine landesweite Untersu-
chung ergeben hatte, dass es „überfüllte Wohnungen, zu wenig freie Grünflächen, zu wenig
Licht, Luft und [...] unzureichende Sanitäreinrichtungen“ (Westerholt, 1995, S. 308) in der
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Stadt gab. Die Erfolge waren bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der japanischen
Okkupation 1942 jedoch mit Wohnraum für nur 6000 Menschen eher bescheiden.
Durch die Luftangriffe der Japaner wurden weite Teile Singapurs zerstört, insbesondere Pro-
duktionsstätten und das Eisenbahnnetz. Die Wirtschaft lag am Boden, bis zur Kapitulation
1945 herrschten Arbeitslosigkeit, Inflation und Schwarzmarkt.
2.2 Die Jahre bis zur Unabhängigkeit 1965
Nach der Kapitulation der Japaner 1945 erhielt Singapur den Status einer Kronkolonie.
Gleichzeitig hatten die Briten eine enorme Wiederaufbauarbeit zu leisten, da durch die Bom-
bardements der Alliierten insbesondere der Hafen und die Infrastruktur völlig zerstört waren.
Die weiterhin kontinuierliche Zuwanderung verstärkten in der gerade im Wiederaufbau be-
findlichen Stadt eine weitere Zunahme der Wohnungsproblematik. Zu dieser Zeit lebte etwa
ein Drittel der Bevölkerung (ca. 300.000 EW) „auf 4 km² im Stadtzentrum mit einer mittleren
Bevölkerungsdichte von 75.000 EW/km² in Häuserzeilen ohne rückseitige Zwischenräume
und mit extremen Dichten bis zu 250.000 EW/km²“ (Heineberg, H., 1986, S. 60).
1955 wurde der erste Entwicklungsplan, der sogenannte Masterplan vorgestellt, der eine Gül-
tigkeit für 20 Jahre hatte und alle 5 Jahre neu überprüft werden sollte. Danach sollten außer-
halb der City Squattersiedlungen abgerissen werden, um neue Freiflächen für Satellitenstädte
mit Hochhäusern, die New Towns, zu schaffen. Gleichzeitig sollte die Bevölkerungsdichte in
der Innenstadt durch Umsiedlungsmaßnahmen reduziert und gleichzeitig ein Grüngürtel zur
Begrenzung der Innenstadt angelegt werden. Diese Dezentralisierungsmaßnahmen haben bis
heute Bestand in Singapur, in den ersten Jahren gab es jedoch erhebliche Probleme bei der
Umsetzung des Masterplans, der erst im Jahr 1958 ratifiziert wurde: 1959 konnten nur ca.
3800 Wohneinheiten fertiggestellt werden, was etwa einem Viertel des jährlich neu benötig-
ten Wohnraumes entsprach (Heineberg, 1986, S. 60). Gründe hierfür waren der Mangel an
ausgebildeten Fachkräften sowie der Prioritätensetzung der Briten auf die wirtschaftliche
Entwicklung der Kolonie (Westerholt, 1995, S. 310).
Da Großbritannien beabsichtigte, Singapur als Kolonie auf absehbare Zeit aufzugeben, fanden
1959 die Wahlen zur gesetzgebenden Versammlung statt, die die 1954 gegründete Peoples
Action Party mit 53,4% der Stimmen für sich entschied. Damit war praktisch die britische
Vorherrschaft auf der Insel beendet.
In den 60er Jahren wurde von dem neugegründeten Housing Development Board (HDB), das
dem Nationalen Entwicklungsministerium untersteht, mit mehreren 5-Jahres-Plänen versucht,
das Problem der Wohnungsnot durch sogenannte Urban Renewal Programmes zu beenden.
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Dies bedeutete eine Flächensanierung in den Innenstadtbereichen, die keine Rücksicht auf
historische Bauten nahm, sondern ohne Gesamtkonzept für Singapur die Altstadt Stück um
Stück abriss und durch neue Hochhaussiedlungen, Hotels und Bürogebäude ersetzte. In den
Randgebieten wurde ebenfalls, meist durch die öffentliche Hand, neuer Wohnraum geschaf-
fen, der jedoch nicht streng ethnisch getrennt vergeben wurde (wie die bisherige Wohnsituati-
on es hätte erwarten lassen), sondern zu multiethnischen Wohngebieten umfunktioniert, um
soziale Spannungen zu vermeiden und um Gemeinschaftsgefühl und Verständigung zwischen
den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu fördern. Ziel der Regierung war es, eine politi-
sche und soziale Stabilität zu schaffen, nicht zuletzt um ausländische Investoren anzulocken
(Giok-Ling, 2000, S. 163).
2.3 Die demographische Situation
Die Bevölkerungsstruktur Singapurs war seit jeher von einer großen ethnischen Vielfalt ge-
prägt: Heute besteht die Bevölkerung aus knapp 77% Chinesen, 14% Malaien, 8% Indern.
Etwa 12% der Bevölkerung gehören der christlichen Glaubensgemeinschaft an. In Abbildung
2 kann man sehen, dass sich die ethnische Zusammensetzung der Gesellschaft in den letzten
60 Jahren nur unwesentlich verändert hat.
Abb. 2: Bevölkerungsentwicklung und –struktur 1931 – 1994
Aus: Westerholt, 1995, S. 314
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Dabei ist jedoch anzumerken, dass es innerhalb der einzelnen Gruppen Unterschiede in Reli-
gionszugehörigkeit, Herkunft und Sprache gibt, was die einzelnen Gruppen weitaus heteroge-
ner macht als das auf den Blick erscheinen mag. Um keine der Gruppen zu benachteiligen,
gibt es in Singapur vier Amtssprachen: Mandarin, Malaiisch, Tamil und Englisch. Auch die
horizontale und sozioökonomische Schichtung ist in Singapur sehr ausgeprägt. Daher ist die
Regierung bis heute stets darauf bedacht, die nationale Einheit der Singapurianer zu stärken
und ethnische Konflikte bereits durch ihre Wohnungsbau- und Wohnungsvergabepolitik zu
verhindern (s. Kap. 2.4.3).
Ebenso prägend war und ist das stetige Bevölkerungswachstum: Die Bevölkerung stieg von
etwa 100.000 im Jahre 1871 auf 1 Million 1950 und ca. 3 Millionen 1992. Die hohe Gebur-
tenrate in den 60ern (1963: 3,47%), weitere Zuwanderungen und eine sinkende Sterberate
führten zu einem Bevölkerungswachstum von 2,5% (1965). Dadurch sah sich die Regierung
dazu veranlasst, ein Familienplanungsprogramm aufzulegen. Abtreibungen und Sterilisation
wurden erlaubt, kleinere Familien bekamen bevorzugt Wohnungen zugewiesen. Da besonders
die elitäre chinesische Schicht bald sehr geringe Zuwachsraten aufwies, schuf man Anreize
für diese Gruppe, mehr Kinder zu haben während man gering gebildete Familien (v.a. Malai-
en) benachteiligte.
Heute wird das Bevölkerungswachstum vor allem durch Zuwanderung hervorgerufen: Die
durchschnittliche Wachstumsrate betrug von 1980 – 2000 immer noch 2,5%, während die
Geburtenrate nur etwa die Hälfte ausmachte.
2.4 Die Stadtentwicklung in der nachkolonialen Phase
Nachdem Singapur am 9.8.1965 seine Unabhängigkeit erklärte und damit zu einer Republik
im Commonwealth wurde, unternahm die PAP-Regierung verstärkte Anstrengungen den öf-
fentlichen Wohnungsbau und die Stadterneuerung voran zu treiben.
2.4.1 Die Notwendigkeit detaillierter Pläne
Die begrenzte Landfläche machten eine optimale räumliche Gliederung notwendig, um der
Bevölkerung Wohnraum bieten und ein wirtschaftliches Wachstum erreichen zu können. Die
Regierung berief einen Berater der UNO, der eine Erneuerung der Innenstadt unter Erhalt
vieler historisch wertvoller Gebäude vorschlug. Da das HDB sich weiterhin mit dem Bau von
Wohnungen befassen sollte, gründete man die Urban Redevelopment Authority (URA), die
für die Sanierung des hochverdichteten zentralen Stadtgebietes beiderseits des Singapore
River zuständig war (Heineberg, 1986, S. 63f.). Ein neues Enteignungsgesetz gestatte es der
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Regierung, Land bereits eine Woche nach Bekanntgabe eines neuen Planes zu enteignen und
dafür nur eine unzureichende Entschädigung zu zahlen.
Es wurde jedoch weiterhin bis zu Beginn der 80er Jahre die alte Bausubstanz der Innenstadt
abgerissen und durch neue ersetzt, da die Gewinnspanne höher als bei Restaurierung lag. Die-
se radikale Flächensanierung hatte in den meisten Fällen auch die Umsiedlung der Bevölke-
rung zur Folge.
1971 wurde der Master Plan durch den Concept Plan ersetzt. Dieser umfasste erstmals weite
Bereiche der Stadtplanung, wie die Entwicklung leistungsstarke Verkehrskonzepte, den Aus-
bau der New Towns zu urbanen Subzentren und damit Bereitstellung von günstigem Wohn-
raum, außerdem die Ausweisung von Freiflächen für die Naherholung und Trinkwasserge-
winnung. Der Concept Plan ging von einer kontinuierlichen Erweiterung des Stadtgebietes
aus, eine Begrenzung war nicht mehr vorgesehen. Darüber hinaus sollten die Wohndichten
noch weiter erhöht werden, um mit dem knappen vorhandenen Raum wirtschaftlich umzuge-
hen und um eine gezielte Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur zur Verfügung stellen zu
können. Wie man in Abbildung 3 sehen kann, wurde ein Ring von New Towns um mehrere
Wasserschutzgebiete geplant. Die Wohngebiete sollten durch Schnellstraßen und ab Mitte der
80er durch die Mass Rapid Transit (MRT), Singapurs Schnellbahn (s. Kap. 2.4.5) untereinan-
der und mit dem Zentrum verbunden werden.
Abb. 3: Der Concept Plan von 1971
Westerholt, 1995, S. 338
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Obwohl der Concept Plan sehr flexibel ausgelegt war und sich damit an neue Veränderungen
sehr schnell anpassen konnte, wurde er 1987 durch einen der neuen Wirtschafts- und Gesell-
schaftsstruktur angepassten Concept Plan ersetzt.
Für die Entwicklung und Verwaltung von staatlichen Gewerbe- und Industrieparks wurde die
Jurong Town Corporation (JTC) gegründet, die für die komplette Erschließung der Gebiete
inklusive aller Infrastruktur und z.T. auch standardisierter Werksgebäude zuständig ist, um
ausländische Investitionen nach Singapur zu locken (s. Kap. 2.4.6).
Aufgrund der geringen Größe des Stadtstaates und seiner zentralistischen Struktur, des feh-
lenden Mitspracherechtes der Bevölkerung und der direkten Kontrolle aller Stadtent-
wicklungsämter durch das Ministerium für Nationale Entwicklung gibt es keine langen Ent-
scheidungsprozesse bei der Planung.
2.4.2 Der öffentliche Wohnungsbau
Singapur setzte von Anfang an darauf, allen Menschen Wohnraum zu geben, besonders für
die unteren Einkommensschichten. Zu Beginn des großangelegten Wohnungsbauprogramms
ging es hauptsächlich darum, möglichst schnell viele standardisierte, kostenminimale Woh-
nungen zu bauen, um die Elendsviertel in der Innenstadt beseitigen zu können. Mit zuneh-
mendem Wohlstand der Einwohner wurden auch Modernisierungen durchgeführt und größere
Apartments gebaut. Das strengen Regeln folgende Planungskonzept der New Towns nach
englischem Vorbild ist bis heute eines der erfolgreichsten Aushängeschilder der Regierung:
Zwischen 1960 und 1965 konnten bereits knapp 55.000, meist 1-3-Zimmer Wohnungen ge-
baut werden, 25% der Bevölkerung Singapurs lebte 1965 in vom HDB gebauten Wohnungen,
bis 1970 kamen zwei neue New Towns (Queenstown und Tao Payoh) mit über 66.000 Woh-
nungen hinzu. Zudem wurde das erste Einkaufszentrum in einer New Town eröffnet, „der
Bevölkerungsanteil in HDB-Wohnungen stieg auf 35%“ (Westerholt,, 1995, S.344).
Im dritten 5-Jahres-Plan wurden größere und komfortablere Wohnungen gebaut, da die An-
sprüche der Bevölkerung mit gestiegenem Lebensstandard zugenommen hatten. Die Wohn-
dichte wurde also verringert. Da die Entfernung der neuen New Towns zum Zentrum immer
mehr zunahm, begann man damit, Teilgebiete für Handwerksbetriebe und Leichtindustrie
freizuhalten, um lokal Arbeitsplätze zu schaffen. Da weitere 110.000 neue Wohnungen gebaut
wurden, erhöhte sich der Anteil der Bevölkerung in öffentlich geförderten Wohnungen auf
45%.
Bis 1980 entstanden 130.000 weitere 2-4-Zimmer Wohnungen, bei deren Bau immer mehr
darauf geachtet wurde, Freiflächen zu schaffen und jeder New Town eine eigene Identität zu
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geben, mit der sich ihre Bewohner identifizieren konnten. Da die meisten Wohnungen nur als
Eigentumswohnungen abgegeben wurden, stieg deren Anteil von 0% 1960 auf 62% 1981. In
den 80er Jahren wurden die Wohnqualität und die Infrastruktur in den New Towns weiter
verbessert sowie die Einkommensgrenzen, ab der man ein Anrecht auf eine HDB-Wohnung
hat, heraufgesetzt, so dass nun 96% der Bevölkerung eine HDB-Wohnung erwerben konnten.
1993 gab es insgesamt knapp 700.000 HDB-Wohnungen, in denen 87% der Bevölkerung
lebte.
Abb. 4: Wohnungsbau des Housing Development Board 1960 – 1992
Zeitraum Wohnungen Geschäfte Bevölkerung inHDB Wohnun-
gen %
Anteil Eigen-tumswohnungen
(%)1960 – 1965 53.377 653 25 4,91966 – 1970 63.448 2.791 35 24,21971 – 1975 110.362 3.457 45 42,01976 – 1980 130.981 6.689 67 62,3
1981 – 1985* 189.299 11.078 78 80,01986 – 1990 119.708 1.692 85 84,5
1991 – 1992** 28.934 251 87 88,9
* einschließlich der vom HUDC gebauten Wohnungen** im gesamten 5-Jahresplan bis 1995 sind 90.000 Wohnungen geplantAus: Westerholt, 1995, S. 346
2.4.3 Vergabe der HDB-Wohnungen
Der Kauf war nur singapurischen Staatsbürgern erlaubt, die noch kein Wohneigentum besa-
ßen und deren Familiengröße mindestens zwei Personen umfasste. Damit sollte der Familien-
zusammenhalt gefördert werden. Außerdem musste das Familieneinkommen unter einer be-
stimmten Grenze liegen, sonst war man gezwungen eine um vielfach teurere privat gebaute
Wohnung zu kaufen (Westerholt, 1995, S.349).
2.4.4 Aufbau der New Towns und ideologische Intentionen
Mit der intensiven Förderung von Wohnungseigentum und der gesetzlichen Benachteiligung
von Mietwohnungen durch die Regierung wurden auch ideologische Ziele verfolgt. Die mul-
tiethnische Bevölkerung sollte dadurch materiell und langfristig auch ideologisch in den jun-
gen Staat Singapur integriert werden, um sich mit diesem identifizieren zu können (Giok-
Ling, 2000, S. 158).
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Um diesen Integrationseffekt zu verstärken wurden die Wohnungen so vergeben, dass die
ethnische Zusammensetzung der Bewohner in jedem Häuserblock dem ethnischen Quer-
schnitt Singapurs entsprach. Die historisch gewachsenen ethnischen Gemeinschaften, die in
den alten Vierteln vor Beginn des öffentlichen Wohnungsbauprogramms bestanden hatten,
wurden von der Regierung einfach auseinander gerissen, was z.T. auch den Unmut der Be-
völkerung hervorrief. Daher versuchte man neue Gemeinschaften, sogenannte Neighbour-
hoods in den New Towns aufzubauen. Das Ziel war, den Menschen eine neue Nachbar-
schaftsgruppe und städtische Identität zu geben, indem man Größe und infrastrukturelle Aus-
stattung einer New Town so gestaltete, dass die Einwohner für die meisten alltäglichen Be-
dürfnisse den Neighbourhood nicht mehr verlassen mussten. Die Maximalgröße eines
Neighbourhood war genau berechnet, damit man innerhalb eines 400m Radius alle Infra-
struktur-Einrichtungen zu Fuß erreichen kann (Westerholt, 1995, S. 352).
Abb. 5: Flächenverteilung in einer New Town
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������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 41
1020
4
3
7
15
Wohnungen ����
Schulen
Industrie�������� Stadtzentrum
Verwaltung��������
Sport/Freiflächen�������� Straßen/Wege
Quelle: Eng 1986, 260
Aus: Westerholt, 1995, S. 351
Ab den späten 70ern wurden die New Towns zusätzlich mit unterschiedliche0n architektoni-
schen Merkmalen versehen, damit sich ihre Bewohner mit ihrer New Town identifizieren
konnten. Für jede New Town wurde eine Schnellstraßen- und später eine MRT-Anbindung
gebaut, damit die Menschen schnell in die City kommen konnten. Dadurch wurde auch die
beabsichtigte Trennung der New Towns untereinander erreicht.
Als Erfolg des New Town Konzeptes kann gewertet werden, dass die sozialen Spannungen,
die zur Zeit der Unabhängigkeit bestanden, stark zurückgegangen sind. Die starke Durch-
mischung der einzelnen Gruppen hat jedoch eine Sprachbarriere aufgebaut, da meist nur die
12
gebildeten Schichten englisch oder chinesisch sprechen (Westerholt, 1995, S. 356). Soziale
Netze innerhalb der einzelnen Gruppen bestehen nicht mehr trotz der vom Staat initiierten
Selbsthilfegruppen und Grassroot-Organisationen. Die Solidarität der Menschen untereinan-
der ist weniger vertraut und intensiv als zur Zeit der Segregation. Zudem wurden Großfamili-
en durch die 2-4-Zimmer-Standardbauweise der Wohnungen auseinandergerissen. Das HDB
hat außerdem das Recht, ohne die Mitsprache der Bewohner Verbote und Regeln für die New
Towns aufzustellen, die auch ohne weiteres geändert werden können.
Dafür sind die Wohnungen preisgünstig, z.B. kostete 1992 eine 4-Zimmer Wohnung S$
83.100 (Westerholt, 1995, S. 347).
Die Finanzierung des öffentlichen Wohnraums, der ja zu sehr günstigen Konditionen an die
Interessenten abgegeben wird, läuft über eine Art Rentenfonds, der von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern zu gleichen Teilen getragen und zur Finanzierung von Wohneigentum genutzt
wird. Mit dem Geld von allen Einzahlern wird die Bautätigkeit des HDB finanziert, das dank
des Enteignungsgesetzes keine Marktpreise für das Bauland bezahlen muss.
2.4.5 Verkehrsplanung und Umsetzung
Vor 1960 gab es praktisch kein Verkehrskonzept für Singapur, da man fast ausschließlich
Industrie- und Wohngebiete bebaute. Die zunehmende Prosperität der Bevölkerung (Ver-
dopplung des BIP von 1960-1968) ließ die Zahl der Autos von 1960-1968 um 246% anstei-
gen. Die Gesamtlänge aller Straßen stieg im selben Zeitraum nur um 34% (Westerholt, 1995,
S. 360). Im Zeitraum bis 1990 fand jedoch fast eine Vervierfachung des Straßennetzes auf
knapp 3000 km statt (zum Vergleich Hamburg: ca. 4400 km). Besonders wichtig dabei war
der konsequente Ausbau des kreuzungs- und ampelfreien Schnellstaßensystems.
Um die Zahl der Autos auf Singapurs Straßen nicht ins Unendliche steigen zu lassen und ei-
nen totalen Verkehrskollaps zu riskieren, führte man bereits 1968 eine Steuer von 10% des
Marktwertes auf alle neu zugelassenen Autos ein. Dieser Betrag stieg im Laufe der Jahre auf
45%. Zusätzlich werden Registrierungsgebühren von bis zu 175% und eine zeitlich gestaffelte
Straßenmaut für die Innenstadt erhoben. Ein einzigartiges Quotensystem garantiert, dass eine
bestimmte Zahl von Autos nie überschritten werden wird. Daher kommt nur auf je zehn Ein-
wohner ein Auto, in Hamburg dagegen auf je 2,7 Einwohner, der jährliche Zuwachs ist auf
3% begrenzt (Delius, 2000, S. 192).
Parallel dazu wurde der ÖPNV ausgebaut: Ab 1973 wurde das Busnetz ausgebaut und der
gesamte Busverkehr zentral koordiniert. Separate Busspuren wurden eingerichtet sowie Kom-
fort und Sicherheit erhöht. 1990 wurde der MRT auf zwei Linien mit 67 km Länge und 42
13
Stationen (15 Untergrund) in Betrieb genommen und die Buslinien darauf abgestimmt. 30%
der Bevölkerung wohnt im Einzugsgebiet des MRT; darüber hinaus liegen etwa 40 % der
Industriegebiete darin (Chor, 2001, S. 97). Da es in fast allen New Towns Haltestellen gibt
und der Fahrpreis sehr gering ist, sind die Beförderungszahlen hoch: Bereits im ersten Be-
triebsjahr benutzen täglich 325.000 Fahrgäste den MRT, heute sind es mehr als doppelt so
viele (Delius, 2000, S. 197). Der Flächenverbrauch der Trasse ist viel geringer als der einer
Schnellstraße mit gleicher Kapazität. Der MRT war eine Staatsinvestition, die allerdings von
einer halbstaatlichen Gesellschaft betrieben wird und sogar Gewinne einfährt. Zusätzlich
wurde in den 90ern der Light Rapid Transit (LRT) gebaut, der weniger dicht besiedelte Ge-
biete anbindet sowie das Schnellstraßensystem weiter ausgebaut. Zudem wurde eine zweite
Brücke nach Malaysia in Betrieb genommen. Weitere Linien des LRT und MRT sind in Pla-
nung bzw. schon im Bau.
Abb. 6: Schnellbahnsystem Singapur
www.brucelinn.com/Resources/singapore.mrt.jpg, 24.01.2003
Da ÖPNV und Individualverkehr gut aufeinander abgestimmt sind und die Zahl der Autos
sowie deren Benutzungszeit strengen Restriktionen unterliegen, gibt es in Singapur weitaus
weniger Verkehrsprobleme als in anderen Großstädten.
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Auf die Entwicklung von Singapurs Hafen, dem heute größten Containerhafen der Welt, und
von Singapore International Airport soll im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden.
2.4.6 Planung und Bau von Industrie- und Gewerbeparks
Es gibt mehrere Arten von Industriegebieten in Singapur, die je nach ihrer Art der Nutzung
unterschiedlich vom Staat, der Betreiber von 81% der Industriefläche ist, ausgewiesen sind. In
diesen Gebieten sind über 4000 Firmen des Verarbeitenden Gewerbes ansässig, mehr als die
Hälfte davon sind multinationale Unternehmen (MNU). Die JTC wurde 1968 gegründet und
ist seitdem für „die Entwicklung und das Management von staatlichen Gewerbeparks (Indu-
strial Estates) zuständig“ (Heineberg, 1986, S. 55). Das erste und mit Abstand größte staatli-
che Industriegebiet war das Jurong Industrial Estate im Südwesten Singapurs, welches nach
mehreren Erweiterungen, u.a. auf neu aufgeschüttetem Land heute 4010 Hektar groß ist. Dar-
über hinaus verwaltet die JTC 21 weitere kleinere Parks mit einer Gesamtgröße von etwa 500
Hektar und ist für das Management des Hafens zuständig.
Seit der Unabhängigkeit durchlief Singapur auch den klassischen Übergang von der arbeits-
intensiven über die kapitalintensive zur humankapitalintensiven Wirtschaft. Dadurch verän-
derten sich im Laufe der Zeit auch die Anforderungen an die Gewerbeparks und es entstanden
Technologie- und Wissensparks. Hervorzuheben ist der Singapore Science Park, der in den
80er Jahren direkt neben der National University of Singapore gebaut wurde, um eine Art
Netzwerk aufzubauen. Allgemein wurden homogene Industriezweige in räumlicher Nähe zu-
einander angesiedelt, um Cluster- und Synergieeffekte nutzen zu können.
Bei allen Planungen von Gewerbeparks wurde immer auf eine Koordination mit dem Woh-
nungsbauprogramm geachtet. So ist es kein Zufall, dass das HDB ebenfalls 13 Gewerbege-
biete (Stand 1990) in den New Towns verwaltet, zumeist kleine mit einer hohen Dichte an
Leichtindustrie.
2.4.7 Die Neulandgewinnung
Bereits in der Anfangszeit der britischen Kolonialisierung begann man damit, Mangroven-
sümpfe trockenzulegen und bestimmte Uferbereiche zu erhöhen, um sie vor Hochwasser zu
schützen. Ab den 1920er Jahren wurde verstärkt Neulandgewinnung betrieben, so „dass be-
reits 1960 der südliche Küstenverlauf ca. 500m meerwärts verschoben“ (Westerholt, 1995, S.
358) war. Seitdem wurde die Neulandgewinnung noch intensiviert: Damals betrug Singapurs
Fläche 581 km², heute sind es etwa 750 km². Die Wellenaktivität in der Straße von Malacca
ist sehr gering, welches die Neulandgewinnung vereinfacht. Da in der jüngeren Zeit aber Ma-
15
terial für die Aufschüttung aus Malaysia kommen muss und in Gebiete mit immer größerer
Wassertiefe vorgedrungen wird, haben sich die Kosten für einen Quadratmeter von S$ 15 im
Jahr 1968 auf S$ 125 1988 erhöht (Westerholt, 1995, S. 359). Dabei sind Kosten für die wis-
senschaftliche Vorarbeit noch nicht inbegriffen. Auf ökologisch negative Auswirkungen wie
die Zerstörung von Flora und Fauna im Küstenbereich oder veränderte Strömungsverhältnisse
wird dabei keine Rücksicht genommen. Oft hat sich die chemische und petrochemische Indu-
strie auf den neu aufgeschütteten bzw. vergrößerten Inseln angesiedelt. Die neu gewonnene
Fläche an der Hauptinsel wird unterschiedlich von HDB und JTC genutzt: Für Wohn- und
Gewerbefunktion, Hotels oder Ausweitung des Hafens.
2.4.8 Condominiums in Singapur
Seit den 90er Jahren gibt es in Singapur auch zunehmend die sogenannten „Condominium“
(amerikanisch: Eigentum) –Wohnungen. Das sind Wohnungen mit mehr Raum und höheren
Standards (z.B. Garage, Concierge). Diese Condominiums wurden zuerst von privaten Bau-
herren gebaut und verkauft – waren also dementsprechend teuer. Seit 1998 bietet nun auch
das HDB Wohnungen zum Verkauf an, die vergleichbar mit den privaten sind, nur weitaus
preisgünstiger (http://www.raywhite.com.sg/subpages/tier2/hdb.shtml, 25.01.2003). Die Qua-
lität des Wohnraums rückt also immer mehr in den Vordergrund und die Regierung möchte
gerade bei der Oberschicht nicht die Kontrolle über die Wohnungspolitik abgeben
(http://www.raywhite.com.sg/subpages/tier2/hdb.shtml, 25.01.2003).
2.5 Ausblick und Perspektiven
Die Stadtentwicklungsvorhaben für die Zukunft sind im Concept Plan 2001 zusammengefasst
und sehr ehrgeizig formuliert. Man geht von einer Bevölkerungszunahme auf 5,5 Millionen
Einwohner in den nächsten 40 – 50 Jahren aus, für die 800.000 neue Wohnungen benötigt
werden. Heute gibt es in Singapur etwa 1 Million Wohnungen.
Um dies und andere Projekte verwirklichen zu können, möchte man dem Meer weitere 9000
ha Land abringen, was etwa 15% der bisherigen Fläche Singapurs entspricht. Damit soll auch
Platz geschaffen werden für die geplante Verdopplung der Büroflächen, die Erweiterung der
CBD, weniger dicht besiedelte, komfortablere Wohngebiete (kleinere New Towns) und neue
Parks und Erholungsflächen, die auch der Trinkwassergewinnung dienen sollen. Um den
Autoverkehr in der Innenstadt zu verringern sollen Tunnels gebaut werden. Darüber hinaus
wird Platz für militärische Zwecke benötigt
(http://www.ura.gov.sg/conceptplan2001/index.html). Eine weitere Absicht all dieser Vorha-
16
ben ist es, dass die Einwohner sich mit Singapur identifizieren können und eine Art nationale
Identität aufgebaut wird.
Die Stadtentwicklung läuft in Singapur nur aufgrund des Ein-Parteien-Systems so gut, da nur
so die sehr gute Koordination zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen sowie der
Stadtentwicklung möglich ist. Trotz des unterentwickelten politischen Mitspracherechts gibt
es keine sozialen Konflikte in Singapur, da die gesamte Bevölkerung vom wirtschaftlichen
Aufstieg profitieren konnte. Dennoch wandern jährlich ca. 4000 Familien der höchsten Bil-
dungsschicht aus (Westerholt, 1995, S. 371), oft aus politischen Gründen. Die überschaubare
Größe Singapurs ohne eine starke Land-Stadt-Wanderung vereinfacht genaue Prognosen und
damit eine präzise Stadtplanung.
Die autoritäre Regierung ist zweifellos verantwortlich für den wirtschaftlichen Aufstieg Sin-
gapurs; was aber wenn eine Phase niedrigen Wachstums die Wohlstandsentwicklung bremst
und die Arbeitslosenquote steigt? Dann könnte die Regierung auch dafür verantwortlich ge-
macht werden. Das gesamte politische System Singapurs und die Zufriedenheit der Einwoh-
ner fußt sehr stark auf einer anhaltenden Zunahme der Prosperität. Die oben beschriebenen
Reglementierungen, v.a. in den New Towns könnten dann von der Bevölkerung nicht mehr
akzeptiert werden, so dass die Stimmung im südostasiatischen „Musterschüler“ Singapur bei
schlechten Wirtschaftsdaten umschlagen könnte.
3. Kuala Lumpur
Wörtlich übersetzt heißt Kuala Lumpur „schlammige Flussmündung“. Die Hauptstadt Malay-
sias liegt 40 km von der Südwestküste der Malaiischen Halbinsel entfernt und befindet sich an
den hügeligen Ausläufern der zentralen Gebirgskette Malaysias, den Banjaran Titiwangsa.
Als größtes urbanes Zentrum des Landes erstreckt sich Kuala Lumpur auf dem 1974 eigens
für die Hauptstadt eingerichteten Gebiet des „Federal Territory“ (243 km²), einem Bundester-
ritorium, dem verwaltungsmäßig eine Sonderstellung zukommt. Die Einwohnerzahl wuchs
seit der Gründung Mitte des 19. Jh. bis zum Jahr 2000 von ein paar wenigen Arbeitern auf ca.
1,8 Mio. Einwohner an (Haenlein, 1995, S. 122f).
3.1 Stadtentwicklung
Als man von der Küste her damit begann, das Landesinnere von Malaysia auf der Suche nach
neuen Zinnvorkommen zu erschließen, stieß man am Zusammenfluss von Kelang und Gom-
17
bak auf ergiebige Erzlager und errichtete einen Vorposten im Urwald (Haenlein, 1995, S.
122ff).
Gegründet wurde Kuala Lumpur 1857 von Raja Abdullah, der zur Erschließung von Zinnvor-
kommen ein primitives Camp für die chinesischen Minenarbeiter aufbaute.
In der frühen Phase der Stadtentwicklung kam es in Kuala Lumpur zu Epidemien, gewalttäti-
gen Auseinandersetzungen über Landbesitz und Schürfrechte, Überschwemmungen und
Brandkatastrophen (Polyglott, 2000, S. 133 ff). Nach dem von 1866 bis 1873 herrschenden
Bürgerkrieg zwischen den malaiischen Fürsten und den Wirtschaftsrivalitäten der chinesi-
schen Unternehmer waren Stadt und Zinnminen weitestgehend zerstört (Wolff, 1989, S. 161).
Durch den Bürgerkrieg konnte man der steigenden Nachfrage nach Zinn auf dem Weltmarkt
nicht mehr nachkommen, und die Zinnpreise stiegen beträchtlich (Polyglott, 2000, S. 133 ff).
Nach dem Bürgerkrieg wurde 1880 ein Engländer, Frank Swettenham, mit dem Wiederaufbau
beauftragt, denn ein Großbrand hatte nahezu alle Holzhäuser zerstört. Man begann nun nach
englischem Vorbild Ziegelhäuser zu errichten, zudem wurden großzügige Straßen angelegt.
Nach dem Bau des Palastes siedelte der Hofstaat von Kelang (an der Küste) um, und Kuala
Lumpur wurde die Hauptstadt des Sultanats Selangor. Mit der Fertigstellung der Eisenbahn-
strecke von Kuala Lumpur zum Hafen Kelang im Jahre 1886 war die Verbindung mit der Au-
ßenwelt hergestellt. Sie beschleunigte den Transport des Zinns von den Minen zur Küste und
trug so zur Belebung des Exports und zur wirtschaftlichen Erschließung der Region maßgeb-
lich bei. In den folgenden Jahren wurden strahlenförmig weitere Eisenbahnstrecken von
Kuala Lumpur aus angelegt (Polyglott, 2000, S. 135).
Durch die neue Anbindung, die Rolle als Hauptstadt und durch die gestiegenen Zinnpreise
entwickelte sich Kuala Lumpur schnell zu einem wichtigen Handelszentrum, und die Ein-
wohnerzahl stieg von geschätzten 2000 (1878) auf 25.000 (1895) (Wolff, 1989, S. 161).
1896 kam es zur Ernennung zur Hauptstadt der Federated Malay States. In den folgenden Jah-
ren wurden zunehmend politische und administrative Funktionen in der Stadt konzentriert,
und obwohl die Zinn- und Kautschukkonjunktur abnahm, stieg das Bevölkerungswachstum
weiter an (Wolff, 1989, S. 162).
Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt durch Bombenangriffe der Japaner erheblich zerstört.
Durch die japanische Besetzung (1941-1945), in der Militärcamps, provisorische Bauten und
Bauten ohne Genehmigung errichtet wurden, herrschte in Kuala Lumpur großer Bedarf an
Wohnraum. Zur Lösung dieses Problems begann man systematisch Vorstädte anzulegen. Pe-
taling Jaya (gegründet 1954) zählt hierbei zu den gelungensten Beispielen ihrer Art (Wolff,
1989, S. 163).
18
1948/49 wurde die Stadt zur Hauptstadt der Föderation Malaysia, und mit der Unabhängigkeit
im Jahr 1957 stieg die politische Bedeutung, und das administrative Stadtgebiet wurde, wie
bereits vorhergehend erwähnt, auf 243 km² erweitert (Polyglott, 2000, S. 134).
3.1.1 Demographische Situation in Kuala Lumpur
Durch Migration nahm die Einwohnerzahl seit der Gründung im Jahre 1857 kontinuierlich zu
und wuchs in den letzten Jahren von 450.000 (1970) auf knapp 1,8 Mio. Menschen (2000) an.
Abb. 7: Bevölkerungsentwicklung Kuala Lumpurs in absoluten Zahlen
Quelle: eigene Darstellung nach Wolff, 1989
Heute sind mehr als die Hälfte der Bewohner Kuala Lumpurs Zuwanderer, die meist aus
ländlichen Regionen der Halbinsel kommen. In Kuala Lumpur sind alle ethnischen Gruppen
(Malaien, Inder, Chinesen, Eurasier u.a.) vertreten. Noch bis Mitte der 70er Jahre dominierten
rein zahlenmäßig die Chinesen.
Abb. 8: Bevölkerung Kuala Lumpurs nach ethnischen Gruppen
0
10
20
30
40
50
60
70
80
1891 1901 1911 1921 1931 1947 1957 1970 1980 1990 2000
Jahr
%
Chinesen
Malayen
Inder
Andere
Quelle: Eigene Darstellung, nach Wolff, 1989, von 1980-2000 vom Autor geschätzte Werte
k. A.
0500
100015002000250030003500400045005000
1891 1901 1911 1921 1931 1947 1957 1970
Jahr
EW
in H
unde
rt Chinesen
Malaien
Inder
Andere
Insgesamt
19
Durch den überproportional hohen Anteil zugezogener Malaien hat sich dieses Verhältnis im
Laufe der Zeit dahingehend verändert, dass heute keine ethnische Gruppe mehr eine absolute
Mehrheit unter den Stadtbewohnern ausmacht.
Die Migration führte auch zu einer wachsenden Bevölkerungsdichte, dem Entstehen von wil-
den Squatter-Siedlungen am Stadtrand sowie Transportproblemen.
Das einst zwischen Kernstadt und Peripherie bestehende steile Gefälle der Siedlungsdichte
hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert, nachdem im Zentrum viele alte Wohn- und
Geschäftsviertel modernen Bürohäusern Platz machen mussten und in den Außenbezirken
immer mehr Miet- und Eigentumswohnungen entstanden sind (Haenlein, 1995, S. 124/125).
3.1.2 Siedlungsstruktur und Siedlungsformen
Das alte Kuala Lumpur dehnte sich hauptsächlich östlich der Flüsse Kelang und Gombak aus.
Nördlich der heutigen Jalan Tun Perak erstreckten sich ländlich geprägte malaiische Viertel,
während sich im südlichen Teil fast ausschließlich Chinesen wohnten. Sie ließen sich von
Beginn an in der City nieder und betrieben dort ihre Familienunternehmen. Die meisten Ge-
schäfte fand man deshalb entlang der Market Street (heute: Leboh Pasar Besar), der High
Street (heute Jalan Tun H. S. Lee), der Petaling und Pudu Street, also dort, wo bis heute ein
Teil der Chinatown ihren Platz behaupten konnte. Kleinere indische Wohngebiete entstanden
beispielsweise bei den Eisenbahnwerkstätten in den Vororten Sentul (norwestlich) und Brick-
fields (südwestlich der Innenstadt). Das westliche Ufer des Kelang River war in der Kolonial-
zeit den Europäern vorbehalten.
Die Entstehung von Stadtvierteln verschiedener ethnischer Gruppen, wie sie für viele malaii-
sche Großstädte, aber auch z. B. für Singapur charakteristisch ist, hat ihre Ursache in der
Siedlungsgeschichte, aber auch in religiösen, kulturellen, institutionellen und beruflichen
Faktoren. So ließen sich z. B. Zuzügler nur dort nieder, wo man ihre Sprache verstand, wo
bereits Verwandte oder Bekannte aus der Heimat wohnten oder religiöse Gemeinsamkeiten
vorhanden waren. Zwar ist die ursprüngliche Trennung heute nicht mehr gegeben, aber es
existieren weiterhin Gebiete, die hauptsächlich von einer bestimmten ethnischen Gruppe be-
wohnt werden, z. B. die bereits oben erwähnte Chinatown, der chinesisch dominierte Vorort
Setapak oder das malaiische Kampung Baru im Norden der Stadt.
Kuala Lumpur ist heute politischer und wirtschaftlicher Mittelpunkt eines der ökonomisch am
weitesten entwickelten Länder Südostasiens. Der Fortschritt ist deutlich sichtbar: zahlreiche
Neubauten, die Errichtung von Banken, Hotels und Einkaufszentren prägen immer mehr das
20
Stadtbild. Geachtet wird hierbei aber auch auf Erholungsmöglichkeiten, denn Trotz der Mo-
dernisierung finden sich im Stadtbild viele Grünanlagen (Haenlein, 1995, S. 125/126).
3.1.3 Wohnungsmarkt, Wohnsituation und Squatter-Problem
Wie in vielen großen Städten in den weniger entwickelten Ländern ist der Wohnungsmarkt
auch in Kuala Lumpur angespannt. Zu Verbessern war vor allem die Wohnsituation der unte-
ren sozialen Schichten, um auch den damit verbundenen Nachteilen, wie Krankheiten und
Kriminalität, zu begegnen. Betrachtet man in Kuala Lumpur Angebot und Nachfrage nach
Wohnraum, kann man diese nicht von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren
trennen. Beeinflusst wird die Wohnsituation in Kuala Lumpur hauptsächlich von folgenden
Punkten:
- Hohe natürliche Zunahme der Bevölkerung
- Regionale Verschiebung der Siedlungsstruktur
- Verschiedene Wohnungsgewohnheiten der diversen Ethnien
- Die Preis- und Einkommensentwicklung
- Die Wirtschaftspolitik und –planung der Regierung
Die Auswirkungen der o. g. Faktoren sind Squatter-Siedlungen an vielen Stellen der Stadt und
fehlender Wohnraum. Zwischen 1970 und 2000 wurden ca. 1,7 mal so viele Wohnungen be-
nötigt, wie 1970 zur Verfügung standen. Zu einem Wohnungsdefizit dieser Größenordnung
konnte es nur deshalb kommen, weil die Planziele der verschiedenen Malaysia-Pläne nicht
erreicht wurden.
Zur Verbesserung der Wohnsituation gerade der unteren sozialen Schichten, wo das Defizit
besonders groß ist, waren im 4. Malaysia Plan 30.000 preiswerte Wohnungen vorgesehen,
deren Bau aber an dem Missverhältnis zwischen Preisen und wirksamer Kaufkraft scheiterte.
Denn die Schere zwischen verfügbarem Einkommen und Wohnungspreisen hat sich in den
letzten Jahren immer weiter geöffnet. Mit wachsender Stadtgröße wird hingegen das zur Ver-
fügung stehende Bauland immer knapper, die Preise der Baumaterialien sind überproportional
gestiegen und die Regierung hat die Auflagen für die Bautätigkeit verschärft. Aufgrund dieser
Punkte kommt es zu einer Verzerrung des Wohnungsmarktes und zugleich zu rasch steigen-
den Immobilienpreisen (Wolff, 1989, S. 179ff).
21
3.1.4 Condominiums in Kuala Lumpur
Normalerweise werden Eigentumswohnungen in Malaysia mit 24stündigem Sicherheitsdienst
am Haupteingang angeboten. Außerdem gehören zu dem Service der Betreiber meist eine
24stündige Patrouille und eine zentrale Überwachungsanlage sowie Swimmingpools, Fitness-
räume, Squash- und Tennisplätze, Spielplätze, Gärten, Waschsalons und Geschäfte.
Die Größe der Wohnungen variiert und reicht von 1-Zimmer Wohnungen bis zu Penthäusern,
die bis zu 4 Räume bieten. In den größeren Wohnungen ist dann meist noch ein Zimmer für
die so genannten „domestic staff“, die Haushaltshilfen, vorgesehen. Die Mieten erstrecken
sich je nach m² von 1.500 bis 18.000 RM pro Monat. Das ist noch relativ preisgünstig, denn
für ein Haus mit 4 Zimmern, Swimmingpool sowie einem Zimmer für die Haushaltshilfe,
muss man mit etwa 25.000 RM rechnen. (http://www.propertylookout.com/housing.htm,
24.01.03).
3.1.5 Umwelt- und Verkehrsprobleme
Umwelt. Luft- und Wasserverschmutzung sowie die Methoden der Müllentsorgung sind
in Kuala Lumpur bereits ein großes Problem, obwohl die Stadt im Vergleich mit anderen
Metropolen der weniger entwickelten Ländern noch eine beschränkte Größe aufweist.
Die Abgase aus der Industrie und aus Verbrennungsmotoren werden praktisch nicht über-
wacht. Ende der 80er Jahre war die Situation der in der Luft befindlichen Schadstoffe mit der
in Los Angeles zu vergleichen. Die meteorologischen Verhältnisse tragen wesentlich dazu
bei: Nachts weht ein Wind in Ost-West Richtung in ca. 300 m Höhe, der jedoch tagsüber
dreht und den Schmutz wieder zurück trägt. Der größte Teil der Luftverschmutzung geht auf
den Verkehr zurück (92%).
Bei der Wasserverschmutzung ist die Situation ebenfalls alarmierend: viele Haushaltsabwäs-
ser, aber auch solche der Gummifabriken, werden nicht oder nur in der ersten Stufe geklärt,
bevor sie in die Flüsse geleitet werden. Industrie oder Autowerkstätten entsorgen die Abwäs-
ser völlig ungeklärt. Die Flüsse werden zudem auch als Müllkippen für festen Müll gebraucht.
Mülltrennung gibt es nicht und auch keine Deponien. Genutzt als solche werden aber alte
aufgelassene Zinnminen, von denen etliche im Stadtgebiet zu finden sind.
Verkehr: In Kuala Lumpur ist die Kernzone der Stadt verkehrsmäßig besonders belastet.
Staus sind vor allem in der Hauptgeschäftszeit die Folge, da sich Einrichtungen, die mit be-
sonders viel Verkehr verbunden sind (Hotels, große Einkaufszentren, Bürohochhäuser), aus-
gerechnet in der ohnehin überlasteten Kernzone befinden. Eine Lösung wie in Singapur,
22
nämlich eine Gebühr für die Kernzone zu erheben, scheiterte am öffentlichen Widerstand,
denn die Stadt wich zurück. Die offizielle Begründung war der mangelhafte Ausbau des öf-
fentlichen Nahverkehrs (Wolff, 1989, S. 212ff).
3.2 Stadtplanung in Kuala Lumpur
Der erste Flächennutzungsplan für Kuala Lumpur wurde 1931 erstellt, der 1939 durch den
ersten Stadtplan abgelöst wurde. Dieser musste 1950 an die Ausweitung der Stadtgrenzen
angepasst werden. Ab 1965 wurde an einem „Master Plan“ gearbeitet, der 1970 in Kraft trat.
Er bestand aus drei „Development Plans“: ein Plan für den zentralen Geschäftsbereich, dem
Dichteplan und dem Flächennutzungsplan. Die Pläne blieben bis zum Erlass den neuen
„Structure Plan“ 1984 in Kraft. Der „Structure Plan“ ist bis heute gültig und wird den Ent-
wicklungen und Veränderungen immer wieder angepasst (anmc21.com, Wolff, 1989, S.
248ff).
3.2.1 Kuala Lumpur „Structure Plan“ 1984
Im „Structure Plan“ von 1984 war das Hauptaugenmerk auf die Bevölkerungsverteilung und
die Siedlungsstruktur gelegt. Im wesentlichen waren folgende Inhalte aufgeführt:
1. Andauern der hohen Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung in den 1980er Jah-
ren
2. Zunahme der malaiischen städtischen Bevölkerung mit einer über dem Durchschnitt
liegenden Rate von 5,7%, welche den Anteil an Malaien an der städtischen Gesamtbe-
völkerung erhöhen wird.
3. Die Chinesen werden bis 1985 (prognostiziert) mit 51,7% immer noch die Mehrheit
an der städtischen Bevölkerung stellen.
4. Die Squatter Bewegung (und vor allem die regionale Bevölkerungsverschiebung) hat
dazu geführt, dass die global – statistisch ausreichende Zahl von Wohnungen in Ma-
laysia lokal eben nicht ausreicht. Mindestens 24% der Bewohner des Federal Territo-
ry, wo die Situation am schlimmsten ist, sind Squatter.
5. Von etwa einer dreiviertel Million neu gebauten Wohnungen 1970 – 1980 hat die öf-
fentliche Hand 28%, der Privatsektor 72% erstellt.
6. Der Schwerpunkt bei der Versorgung mit Wohnraum soll auf preiswerten Lösungen
liegen.
23
7. Das Ziel des Wohnungsbaus ist relativ hoch angesiedelt, wenn man bedenkt, dass das
Bauvolumen um das 2,5fache steigen müsste, um den Plan zu erfüllen (Wolff, 1989,
S. 250f)
3.2.2 Umsetzung der Planung
Mit Hinblick auf den „Structure Plan“ wurden verschiedene Optionen für die Stadtentwick-
lung diskutiert.
- Das Bevölkerungswachstum sollte beschränkt, jedoch nicht unterdrückt werden.
Erreicht werden sollte dies durch staatlich – administrative Maßnahmen.
- Reduktion des Wachstums von Kuala Lumpur durch Schaffung völlig neuer Städte
in größerer Entfernung.
- Der „Radial Corridor Plan“: die Neuansiedlung würde sich fingerförmig vom ge-
genwärtigen Zentrum aus erstrecken
Für die Kernzone der Stadt sahen die Vorschläge wie folgt aus:
- Erhöhung der Dichte der Bebauung
- Ausbau von Einrichtungen für Handel, Verwaltung, Kultur und Erholung
- Konzentration auf Handel und „publikumsintensive“ Einrichtungen, anstatt auf
Wohnbebauung in der Kernzone
- Schaffung von zusammenhängenden Grünzonen
Wichtigster Punkt war die Transportplanung, voran die des öffentlichen Massentransports, um
die negativen Folgen der Verwendung des privaten Automobils zu verringern. 50 – 70% aller
Menschen, die innerhalb der Stadt reisen, sollten ein neu aufzubauendes Schnellbahnsystem
nutzen.
Probleme bei der Umsetzung der Vorschläge zum „Structure Plan“ kamen vor allem deswe-
gen zustande, weil hieran 22 Behörden beteiligt waren und es kaum möglich war Termine zu
finden, an dem man alle Beteiligten zusammen bringen konnte. Außerdem funktionierte das
Projektmanagement nicht gut, es kam zu Terminüberschneidungen und die leitenden Perso-
nen wechselten ständig. Die eingesetzten Planer hatten zumeist keine wissenschaftliche Aus-
bildung, es müssen also immer Consulter aus dem Ausland beauftragt werden.
Die Umsetzung erweist sich folglich als schwierig und doch sind einige Erfolge zu verzeich-
nen (Wolff, 1989, S. 270 ff).
24
3.3 Beispiel für erfolgreiche Planung im öffentlichen Nahverkehr
Light-Rail Transit (LRT) System: Kuala Lumpurs neues Schnellbahnsystem (es läuft unter
dem Namen STAR – Sistem Transit Aliran Ringan) wurde 1997 in Betrieb genommen. In
Phase 1 wurde die erste Strecke eingeweiht; sie verläuft nach Osten und endet in Ampang.
Mit der Inbetriebnahme der 2. Strecke in Phase 2 (1998) wurde die erste Strecke ergänzt. Sie
verläuft durch die City von Kuala Lumpur bevor sie nach Süden abzweigt. Der Endpunkt be-
findet sich in Sri Petaling.
Projek Utama Transit Ringan (PUTRA) ist die andere Hauptlinie, die seit 1999 in Betrieb ist.
Sie beginnt am City Centre und verläuft nach Westen. Endpunkt ist in Petaling Jaya.
PUTRA und STAR arbeiten getrennt, folglich unterscheiden sich Stationen und die einge-
setzten Züge. Um ein einheitliches Preis- und Fahrplansystem zu schaffen, da dies weitaus
Kundenfreundlicher ist und sich Vorteile für beide ergeben, arbeiten die Anbieter zusammen.
Die Zusammenarbeit beschränkt sich hauptsächlich auf ein Bussystem, mit dem die Fahrgäste
zu den PUTRA und STAR Stationen gelangen können. Es gibt aber noch ein weiteres Bu-
sunternehmen, das mit den LRT Betreibern nicht in Verbindung steht und sich auf das
stadtweite Bussystem ausgerichtet hat.
Abb. 9: STAR und PUTRA Linien in Kuala Lumpur
Quelle: www.metropla.net/as/kual/ kuala-lumpur.htm, 02.01.03
25
4. Vergleich
Aufgrund der unterschiedlichen Datenlage wird ein Vergleich schwierig. Zum Beispiel sind
Daten zur Verkehrsplanung in Kuala Lumpur kaum zu bekommen. Allgemein kann man fol-
gende Unterschiede zwischen Singapur und Kuala Lumpur festhalten:
• Beide Städte haben ganz erhebliche differierende Ausgangbedingungen. Der Ent-
wicklungsstand in Singapur gleicht dem von westlichen Industrieländern, während
Malaysia als Schwellenland der 2. Generation noch Nachholbedarf aufweist. Durch
die sehr diktatorische Regierung in Singapur ist die Möglichkeit Planungen durchzu-
setzen viel größer als in Kuala Lumpur. Dort geht es im Vergleich eher langsam vor-
an.
• Der Nahverkehr in Singapur ist wesentlich besser ausgebaut. Das liegt zum Teil wohl
auch an den besseren finanziellen Möglichkeiten.
• In Singapur wird die Zuwanderung streng kontrolliert, dadurch gibt es in Singapur
keine Slums mehr, im Gegensatz zu Kuala Lumpur wo der Zuzug und die Bildung von
Squatter Siedlungen nicht überwacht werden kann.
26
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