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Stammham 1805 ein Uniform-Knopf mit der «8» erzählt vom «8 e Régiment d'infanterie de ligne» (8. französisches Linieninfanterie-Regiment) 1558 – 1998 Das 8. Linieninfanterie-Regiment ist Teil der französischen Armee, die von 1805 bis 1815 Grande Armée“ („Die Große Armee“) genannt wird. Beinahe ein Vierteljahrhundert befindet sich Frankreich im Zeitraum von 1792 bis 1815 fast ununterbrochen im Krieg mit seinen europäischen Nachbarn. Nach der Französischen Revolution im Jahr 1789 sieht England in Frankreich eine Gefahr für seine politische und wirtschaftliche Vormachtstellung in der Welt. Alle Nachbarstaaten Frankreichs – allesamt absolutistische Monarchien – und auch England, eine konstitutionelle Monarchie, haben Angst vor einer Verbreitung der Werte der Französischen Revolution und führen ab 1792 gegen Frankreich Krieg (1.-7. Koalitionskrieg). Seine Hauptgegner sind zunächst Österreich, Russland und Preußen. Aber auch England, das bis 01.08.1808 (Landung in Portugal) nicht militärisch auf dem Kontinent eingegriffen hatte, ist stets Teil der 7 Koalitionen gegen Frankreich und verwendet 14 % seiner Steuereinnahmen für die Finanzierung dieser Koalitionen. Frankreich war nach 1789 in Terror, Chaos und Bankrott versunken. In diesem Moment putscht sich Napoleon I. am 09.11.1799 an die Macht, reformiert Staat und Haushalt und macht aus Frankreich einen modernen Staat mit moderner Verwaltung und fortschrittlicher Rechtsprechung (z. B. Code civil und Code pénal). Von 1792 bis 1815 wird Europa von verheerenden Kriegen heimgesucht, die als Koalitionskriege, Napoleonische Kriege, Napoleonische Kriege auf der Iberischen Halbinsel (= Guerra de la Independencia Española = Peninsular Wars) und Befreiungskriege traurige Berühmtheit erlangt haben und in blutigen Schlachten, wie z. B. in der Schlacht von Austerlitz, in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, in der Völkerschlacht bei Leipzig oder in der Schlacht von Waterloo einen sehr hohen Blutzoll gefordert haben. - 23 Jahre Krieg. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 ist das Grundgesetz 70 Jahre alt; seit 74 Jahren herrscht in Deutschland Frieden . Das 8. Linieninfanterie-Regiment nahm an allen napoleonischen Kriegen teil - mit Ausnahme des Russland-Feldzuges (1812): von Danzig/Ostpreußen bis Cádiz/Spanien, von Paris bis Austerlitz/Mähren. Im Jahr 1800 kommt das Regiment über die deutsch-französische Grenze bei Kehl am Rhein zum ersten Mal nach Bayern, um am 03.12. an der Schlacht bei Hohenlinden (bei München) teilzunehmen. Der Anmarsch erfolgt über Dittenheim/Altmühl (bei Weißenburg). Am 18.09.1805 marschierte das Regiment von Hannover über Würzburg, Ansbach, Eichstätt, Ingolstadt und München nach Austerlitz/Mähren, wo es am 01.12. ankam. Für die 650 km von Hannover nach München brauchten die Soldaten nur 22 Tage. Zwischen Eichstätt und Ingolstadt könnte ein Soldat, vielleicht der Oberleutnant (lieutenant) Jacques Philippe Baillet, in Stammham einen Uniformknopf verloren haben, den Kurt Richter im 21. Jahrhundert bei Stammham wieder gefunden hat. Oberleutnant Baillet hat von 1792 bis 1815 an 14 Feldzügen teilgenommen und über 20'000 km zu Fuß zurückgelegt.

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Stammham 1805 – ein Uniform-Knopf mit der «8» erzählt vom

«8e Régiment d'infanterie de ligne»(8. französisches Linieninfanterie-Regiment)

1558 – 1998

Das 8. Linieninfanterie-Regiment ist Teil der französischen Armee, die von 1805 bis 1815„Grande Armée“ („Die Große Armee“) genannt wird. Beinahe ein Vierteljahrhundertbefindet sich Frankreich im Zeitraum von 1792 bis 1815 fast ununterbrochen im Krieg mitseinen europäischen Nachbarn.

Nach der Französischen Revolution im Jahr 1789 sieht England in Frankreich eineGefahr für seine politische und wirtschaftliche Vormachtstellung in der Welt.

Alle Nachbarstaaten Frankreichs – allesamt absolutistische Monarchien – und auchEngland, eine konstitutionelle Monarchie, haben Angst vor einer Verbreitung der Werte derFranzösischen Revolution und führen ab 1792 gegen Frankreich Krieg (1.-7.Koalitionskrieg). Seine Hauptgegner sind zunächst Österreich, Russland und Preußen.Aber auch England, das bis 01.08.1808 (Landung in Portugal) nicht militärisch auf demKontinent eingegriffen hatte, ist stets Teil der 7 Koalitionen gegen Frankreich undverwendet 14 % seiner Steuereinnahmen für die Finanzierung dieser Koalitionen.

Frankreich war nach 1789 in Terror, Chaos und Bankrott versunken. In diesem Momentputscht sich Napoleon I. am 09.11.1799 an die Macht, reformiert Staat und Haushalt undmacht aus Frankreich einen modernen Staat mit moderner Verwaltung und fortschrittlicherRechtsprechung (z. B. Code civil und Code pénal).

Von 1792 bis 1815 wird Europa von verheerenden Kriegen heimgesucht, die alsKoalitionskriege, Napoleonische Kriege, Napoleonische Kriege auf der IberischenHalbinsel (= Guerra de la Independencia Española = Peninsular Wars) undBefreiungskriege traurige Berühmtheit erlangt haben und in blutigen Schlachten, wie z. B.in der Schlacht von Austerlitz, in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, in derVölkerschlacht bei Leipzig oder in der Schlacht von Waterloo einen sehr hohen Blutzollgefordert haben. - 23 Jahre Krieg.

Zum Vergleich: Im Jahr 2019 ist das Grundgesetz 70 Jahre alt; seit 74 Jahrenherrscht in Deutschland Frieden.

Das 8. Linieninfanterie-Regiment nahm an allen napoleonischen Kriegen teil - mitAusnahme des Russland-Feldzuges (1812): von Danzig/Ostpreußen bis Cádiz/Spanien, vonParis bis Austerlitz/Mähren.

Im Jahr 1800 kommt das Regiment über die deutsch-französische Grenze bei Kehl am Rheinzum ersten Mal nach Bayern, um am 03.12. an der Schlacht bei Hohenlinden (beiMünchen) teilzunehmen. Der Anmarsch erfolgt über Dittenheim/Altmühl (beiWeißenburg).

Am 18.09.1805 marschierte das Regiment von Hannover über Würzburg, Ansbach,Eichstätt, Ingolstadt und München nach Austerlitz/Mähren, wo es am 01.12. ankam. Fürdie 650 km von Hannover nach München brauchten die Soldaten nur 22 Tage.

Zwischen Eichstätt und Ingolstadt könnte ein Soldat, vielleicht der Oberleutnant (lieutenant)Jacques Philippe Baillet, in Stammham einen Uniformknopf verloren haben, den KurtRichter im 21. Jahrhundert bei Stammham wieder gefunden hat.

Oberleutnant Baillet hat von 1792 bis 1815 an 14 Feldzügen teilgenommen und über20'000 km zu Fuß zurückgelegt.

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Oberleutnant Jacques Philippe Baillet

Soldat im 8. französischenLinieninfanterie-Regiment

20'000 km zu Fuß auf 14 Feldzügen

7 Koalitionskriege & Napoleonische Feldzüge auf derIberischen Halbinsel & Befreiungskriege

Oberleutnant Baillet nahm 1815 in der 2. Füsilierkompanie des 1.Bataillons an der Schlacht bei Waterloo (Belgien) teil. Er war einer derwenigen Offiziere, die im 8. Linieninfanterie-Regiment anfingen und auchblieben.

Als Sohn von Pierre Baillet und Cécile Deleau wurde er am 01. März 1775 inFerrières im nordfranzösischen Départment Oise geboren.

Mit 17 Jahren trat er am 25. September 1792 ins 8. Regiment ein.

Am 3. Dezember 1800 wurde er zum Gefreiten (caporal) befördert. Am 26.Mai 1802 erhielt er die Ernennung zum Unteroffizier (sergent) und am 23.November 1808 wurde Baillet zum Hauptfeldwebel (sergent-major)befördert. Am 6. September 1813 wurde er zum Leutnant (sous-lieutenant)ernannt und bereits am 19. November 1813 war er Oberleutnant(lieutenant).

Baillet nahm an insgesamt 14 Feldzügen (campagnes) teil, wie etwa gegenÖsterreich und Preußen in den Jahren 1805-1807.

Von 1808-1813 war er in Spanien eingesetzt. In der Schlacht von LaBarrosa am 5. März 1811 hatte Baillet am linken Oberschenkel eineVerwundung durch eine Musketenkugel erhalten. Im Gefecht von Sigüenzawurde er an der linken Schulter ebenfalls durch eine Musketenkugelverwundet.

Am 12. März 1814 wird Jacques Baillet zum Ritter der Ehrenlegion*(Chevalier de la légion d'honneur) ernannt.

In der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 wurde er erneutverwundet.

Am 22. September 1815 hat er seinen Dienst quittiert und ist vermutlich inseine Heimatstadt Ferrières zurückgekehrt, wo er im Alter von 77 Jahren am16. Juli 1852 starb.

* Die französische Ehrenlegion (Légion d'honneur) wurde 1802 von Napoleon I. als Anerkennung für zivile und militärische Verdienste eingeführt. Es gibt drei Rangklassen:

– unterste Klasse: Ritter (Chevalier de la légion d'honneur)

– Offizier (Officier de la légion d'honneur)

– höchste Klasse: Kommandeur (Commandeur de la légion d'honneur)

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Aufnahme von Oberleutnant J. P. Bailletin die französische Ehrenlegion

Quelle:www2.culture.gouv.fr/public/mistral/leonore_fr?ACTION=RETROUVER&FIELD_1=Cnoms&VALUE_1=Baillet&FIELD_2=PRENOMS&VALUE_2=&FIELD_3=DATE%2dNSS&VALUE_3=&FIELD_4=LIEU%2dNSS&VALUE_4=&FIELD_5=Nom%20de%20jeune%20fille&VALUE_5=&FIELD_6=SEXE&VALUE_6=%20&FIELD_7=COTE&VALUE_7=&NUMBER=21&GRP=0&REQ=%28%28Baillet%29%20%3aNOM%2cNOM2%2cNOM%2dJF%2cNOM%2dMARI%2cSURNOM%2cNOTES%20%29&USRNAME=nobody&USRPWD=4%24%2534P&SPEC=9&SYN=1&IMLY=&MAX1=1&MAX2=1&MAX3=100&DOM=All (28.04.2019)

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Wie sieht ein Oberleutnant (lieutenant) der Grande Armée aus?

Quelle & Fotos: Re-enactment-Veranstaltung „Les Adieux de Napoléon“, Schloss Fontainebleau/Frankreich, 28.04.2018, N. Ströhla

Karabinier-Oberleutnant Fülisier-Oberleutant Jacques P. Baillet(ganz links vorne)

Quelle & Fotos: Re-enactment-Veranstaltung „Les Adieux de Napoléon“, Schloss Fontainebleau/Frankreich, 28.04.2018, N. Ströhla

Füsilier-Oberleutnant J. P. Baillet 2 Voltigeur-Oberleutnants (ganz links u. rechts)

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20'000 km zu Fuß quer durch Europa

Quelle:www.8eme.de/wp-content/uploads/2016/06/stepmap-karte-die-maersche-der-8-me-durch-europa-1634321.jpg (28.04.2019)

Oberleutnant Baillet im 8. Linieninfanterie-Regiment:

von Danzig/Ostpreußen bis Cádiz/Spanien – von Paris bis Austerlitz/Mähren

Teilnahme an 14 Feldzügen auf den in der Karte dargestellten Schlachtfeldern

Die rot gekennzeichnete Linie markiert den längsten Marsch (mit Unterbrechungen):Die Route führt von Tilsit/Ostpreußen (1807) bis Cádiz/Spanien (1810) - 3'400 km.

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Das 8. Linieninfanterie-Regiment und seine Namen im Lauf der Jahrhunderte

• 1558: Aufstellung der légion de Champagne • 1567: in der Champagne (Westfrankreich) Aufstellung des régiment de

Gohas • 1573: Umbenennung in régiment de Sainte-Colombe • 1579: Umbenennung in régiment d'Épernon • 1581: Umbenennung in régiment de Montcassin • 1585: Umbenennung in régiment de Champagne • 1776: in Calais (Nordfrankreich) Umbenennung in régiment de Ponthieu • 1776: Umbenennung in régiment d'Austrasie

• 1791: Umbenennung in 8e régiment d’infanterie de ligne(8. Linieninfanterie-Regiment)

• 1814: Umbenennung in régiment de Condé• 1815: während der Herrschaft der Hundert Tage Umbenennung in 8.

Linieninfanterie-Regiment• 16. Juli 1815: Auflösung nach Napaoleons Abdankung und Verbannung

auf die Insel St. Helena im Britischen Überseegebiet St. Helena, Ascension und Tristan da Cunha im Südatlantik

• 11. August 1815: Aufstellung der 8. Cantal- und Vendée-Legion • 1820: Umbenennung in 8. Linieninfanterie-Regiment

• 1914: Aufstellung des 208. Infanterie-Regiments • 22. Mai 1940: Auflösung• 01. Mai 1945: Aufstellung des 8. Infanterie-Regiments• 15. Oktober 1945: Auflösung.• 1946: Aufstellung des 8. Infanterie-Bataillons• 1955: Aufstellung des 8. motorisierten Infanterie-Regiments • 1968: Aufstellung des 8. Infanterieregiments • 1998: endgültige Auflösung

Quelle Bild: www.8eme.de/wp-content/uploads/2016/06/Bild-25-Aber-wir-k%C3%B6nnen-den-Feind-absch%C3%BCtteln-Gl%C3%BCck-gehabt.-Wir-werden-wiederkommen-Vive-L%C2%B4Empereur.jpg (28.04.2019)

Das 8. Linieninfanterie-Regiment von Re-enactors nachgestellt.

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Zusammensetzung des 8. Linieninfanterie-Regiments (1)

[Die deutschen Entsprechungen der französischen Funktionen und Dienstgrade sind nur ungefähre Begriffe, die nicht 1:1 auf deutsche Militärdienstgrade übertragen werden können.]

Dem Regiment steht ein Regimentskommandant im Range eines Oberst (colonel) vor.

Dessen Stab (ca. 50 Soldaten) setzte sich zusammen aus:

– 1 Major (major) als stellv. Regimentskommandant, Chef der Regimentsverwaltung, Chef des Regimentsstandorts (dépot)

– 4 Oberstleutante als Bataillonskommandeure (Dienstgrad „chefs de bataillon“)

– 5 Bataillonsstabschefs (adjudants-majors)

– 1 Quartiermeister (quartier-maître trésorier) in der Regel im Range eines Oberleutnants (sous-lieutenant) bis sogar Obersten (colonel)

– 1 Zahlmeister (officier-payeur) im Range eines Leutnants (sous-lieutenant)

– 1. Adlerträger (porte-aigle) im Range eines Oberleutnants (lieutenant)

– 1 Stabsarzt (chirurgien-major)

– 4 Arzthelfer (aides-chirurgiens) im Range von Leutnanten (sous-lieutenants)

– 5 Gehilfen (sous-aides)

– 10 Stabsfeldwebel (höchster Unteroffiziersgrad: adjudants sous-officiers)

– 2. und 3. Adlerträger (2e et 3e porte-aigles) im Range eines Hauptfeldwebels bzw. Unteroffiziers (sergents-major, sergent) als Bewacher des 1. Adlerträgers, die daher besonders bewaffnet sind: jeweils 2 Pistolen, 1 Säbel, 1 Hellebarde

– 1 Kapellmeister (tambour-major)

– 1 stellvertretender Kapellmeister (caporal-tambour)

– 8 Musiker (musiciens)

– 4 Handwerker (maîtres-ouvriers)

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Zusammensetzung des 8. Linieninfanterie-Regiments (2)

Das 8. Linieninfanterie-Regiment bestand ab 1808 aus 5 Bataillonen:

1.-4. Feldbataillon + 5. Depot- = Standortbataillon (4 Rekruten- und Ersatzausbildungskompanien + 50 Mann Stab) am Regimentsstandort Venlo/Niederlande (an der deutsch-niederländischen Grenze)

Stärke: fast 4'000 Soldaten, davon ca. 100 Offiziere

1 Feldbataillon:

– 4 Füsilier-Kompanien (= Zentrumskompanien: normale Soldaten ohne Spezialausbildung)

Sie standen im Zentrum, rechts davon die Grenadiere, links davon die Voltigeure.

Füsiliere kämpfen immer in geschlossener Formation.

– 1 Grenadier-Kompanie (Elitesoldaten)

– 1 Voltigeur-Kompanie (Elitesoldaten)

1 Kompanie: 140 Soldaten

Voltigeure und Grenadiere sind besonders erfahrene Soldaten und bilden einen Eliteverband. Sie sind von besonderer Statur.

Voltigeure kämpfen ausschließlich in lockerer Formation, sind besonders bewegliche Soldaten mit spezieller Schießausbildung und oft Scharfschützen. Im Gegensatz zu den englischen und österreichischen Scharfschützen benutzten die französischen keine Gewehre mit Zügen und Feldern im Gewehrlauf.

Zusammensetzung einer Grenadier-Kompanie:

– 1 Hauptmann als Kompaniechef (capitaine)

– 1 Oberleutnant (lieutenant)

– 1 Leutnant (sous-lieutenant)

– 1 Hauptfeldwebel (sergent-major)

– 4 Unteroffiziere (sergents)

– 1 Versorgungskorporal (caporal-fourrier)

– 8 Korporäle (caporaux)

– 121 Grenadiere (grenadiers)

– 2 Trommler (tambours)

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Die napoleonische Infanterie

Kampfformationen der Infanterie:

1.) Geschlossene Formationen: Linie, Kolonne, Karree (Napoleons bevorzugte Formation)

2.) Lockere Formation: Voltigeure, Tirailleure (Plänkler sind ab 1813 Mitglieder der Jungen Garde)

Die Linieninfanterie ( = schwere Infanterie)

Ein Linienbataillon bestand aus

- 4 Füsilier-Kompanien (= Zentrumskompanien) ohne Spezialausbildung- 2 ergänzenden Elitekompanien (1 Grenadier- & 1 Voltigeur-Kompanie).

Grenadiere (grenadiers):

– besonders erfahrene Füsiliere (fusiliers) mit Spezialausbildung,

– von besonderer Körperstatur (groß & kräftig),

die im Normall in geschlossener, bei Bedarf aber auch in lockerer Formation eingesetzt werden konnten.

Voltigeure (voltigeurs) kämpfen ausschließlich in lockerer Formation.

Aufgaben der Voltigeure: Plänkeln & Aufklärung.

Die Regimentsartillerie (der Infanterie beigegebene Kanonen)

In den Jahren 1809-1812 wurde die Regimentsartillerie, nachdem sie 1803 abgeschafft worden war, wieder eingesetzt. Jedes Infanterieregiment erhielt 2 Geschütze. Es waren 3- und 5-Pfünder und stammten aus den österreichischen Beutebeständen aus dem Feldzug von 1809. Mit diesen Kanonen sollte die Feuerkraft eines Regiments erhöht werden. Die Kanoniere entnahm man den Regimentern, denen sie zugeordnet waren. Für Offiziere und Soldaten galt es als hohe Ehre, in dieser Artillerie zu dienen. Nach dem verhängnisvollen Russlandfeldzug 1812 wurde diese nicht mehr wieder aufgestellt. Lediglich in einigen Depots (Regimentsstandorten), z.B. in Deutschland, gab es noch bis 1813 vereinzelte.

Die leichte Infanterie

Sie war in der Grande Armée ähnlich einer Elitetruppe. Die Soldaten waren flexibel in der Lage, je nach Bedarf in geschlossener oder offener Formation zu kämpfen.

Ein Bataillon bestand aus 4 Jäger-Kompanien (Zentrumskompanien) und 2 ergänzenden Elitekompanien (1 Karabinier- & 1 Voltigeur-Kompanie).

Die französischen Gegner hatten keine so flexibel einsetzbare schwere und leichte Infanterie.

Infanterie (infanterie)schwere (de ligne) leichte (légère)

Füsiliere (fusiliers) nur geschlossene Formation

Jäger (chasseurs) geschlossene & lockere Formation

Grenadiere (grenadiers)

geschlossene & lockere Formation

Karabiniers (carabiniers)

geschlossene & lockere Formation

Voltigeure (voltigeurs)

nur lockere Formation

Voltigeure nur lockere Formation

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Die Infanterie der Garde

Im Jahre 1804 wurde die Alte Garde mit allen Waffengattungen ins Leben gerufen und bildete ein eigenständiges Armeekorps während des Feldzuges, das unter dem direkten Befehl Napoleons stand.

Dieses Armeekorps setzte sich aus ausgewählten, erfahrenen Soldaten zusammen, die an mehreren Feldzügen und Schlachten teilgenommen hatten und von Ihren Regimentskommandeuren aus der schweren und der leichten Infanterie für den Eintritt in die Garde empfohlen wurden.

Die Infanterie der Garde bestand aus den Grenadier- und Chasseur-Regimentern und hatten pro Bataillon je 4 Kompanien, die aber nach römischer Tradition (Die 1. Kohorte der röm. Armee war auch immer doppelt so stark wie eine normale. Ihr war immer der röm. Legionsadler anvertraut.) doppelt so stark wie die der Linieninfanterie (schwere Infanterie) und derleichten Infanterie waren. Diese Regimenter gehörten stets zur Alten Garde.

Später sollten die Garde durch weitere Regimenter aufgestockt werden. Diese gehörten jedoch der der Jungen Garde (frisch ausgehobene & unerfahrene Soldaten) oder der Mittleren Garde (erfahrenere Soldaten als die der Jungen Garde) an.

Prinzipiell stellte die Garde in der Grande Armée die letzte Reserve auf dem Schlachtfeld dar. Die Soldaten erhielten einen höheren Sold und wurden auch besser verpflegt.

Die Nationalgarde (Reserveinfanterie)

Sie besteht aus Truppen des zweiten Aufgebots, aus wieder einberufenen alten Soldaten, Rekruten von geringer Ausbildung, lokalen Milizen usw.

Dieses Aufgebot wurde vor allem 1813 und 1814, nach dem verhängnisvollem Russlandfeldzug in die Grande Armée eingegliedert. Die Nationalgarde wurde ebenfalls in Bataillone und Regimentern unterteilt, hatte aber in der Regel keine Elitekompanien.

Als Ergänzung zur Infanterie existierten natürlich noch die Kavallerie,die Artillerie, die Veteranen und die Sondereinheiten.

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Sondereinheiten

Der Artillerie-Train

Er war zuständig für die Munitionsversorgung der Artillerie durch Pferdekutschen. Seine Soldaten ermöglichten es der frz. Artillerie erst, ihr konstantes Feuer aufrecht zu halten.

Die Soldaten bestanden meist aus altgedienten Kavalleristen, die nicht mehr für den Kampf an der Front taugten.

Das Pionierkorps

Es war zuständig für die Errichtung militärischer Bauten und die Instandhaltung von Befestigungsanlagen.

Dieses Korps hatte sogar eigene Wagen, die mit Äxten, Schaufeln und Hacken beladen waren.Die Soldaten waren mit kürzeren Dragonermusketen und Bajonetten ausgerüstet.

Sie legten Straßen und Wege an und beseitigten Hindernisse.

Kompanien dieses Korps wurden den normalen Armeekorps zugeteilt, die auch an militärischen Aktionen beteiligt sein konnten.

Dem Pionierkorps waren auch die Sappeure und Mineure unterstellt.

Die Sappeure waren für das Ausheben von Laufgräben (Sappen) während einer Belagerung zuständig, aber auch für die Errichtung von Schanzen zum Schutz von Geschützbatterien.

Die Mineure hingegen waren Spezialisten, die ausschließlich bei Belagerungen eingesetzt wurden. Sie waren zuständig für das Eingraben von Minen und Konterminen und bauten unterirdische Stollen, um später Minen anzulegen und zu sprengen.

Das Pontonnierkorps (Brückenbauer)

Dieses Korps war zuständig für den Brückenbau.

Man kann die Pontonniers nicht erwähnen, ohne den tragischen Übergang über den russischen Fluss Beresina/Russland im Jahre 1812 zu nennen. Ohne Ihren außerordentlichenEinsatz wären die Reste der Grande Armée gänzlich zugrunde gegangen.

Ouvriers (Handwerker)

Sie waren für die Herstellung und Wartung des gesamten rollenden Materials der Artillerie zuständig.

Sanitätswesen (Service de santé)

Bereits 1802 schon versuchte Napoleon das Sanitätswesen im Heer zu verbessern. Das Sanitätswesen umfasste Militärärzte und –chirurgen und –apotheker.

Durch Dr. Dominique Larrey (Napoleons Leibarzt), entwickelte sich dieser Bereich geradezuvorbildlich. Unter seiner Federführung wurden leichte Zwei- und Vierspänner eingesetzt, die Fliegenden Lazarette (frz. „ambulances volantes“), die Verbandsmaterial und Tragen mitführten. Sie holte die Verwundeten vom Schlachtfeld in die Lazarette.

Doch trotz dieser Verbesserungen war der medizinische Wissensstand nicht sehr hoch. Hygiene spielte noch keine Rolle und die übliche Behandlung bei schweren Verwundungen wardie Amputation. Durch Infektionen sollten meist mehr Männer sterben als durch die direkte Kampfeinwirkung.

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Quellen:

– www.8eme.de

– http://www2.culture.gouv.fr/public/mistral/leonore_fr?ACTION=RETROUVER&FIELD_1=Cnoms&VALUE_1=Baillet&FIELD_2=PRENOMS&VALUE_2=&FIELD_3=DATE%2dNSS&VALUE_3=&FIELD_4=LIEU%2dNSS&VALUE_4=&FIELD_5=Nom%20de%20jeune%20fille&VALUE_5=&FIELD_6=SEXE&VALUE_6=%20&FIELD_7=COTE&VALUE_7=&NUMBER=21&GRP=0&REQ=%28%28Baillet%29%20%3aNOM%2cNOM2%2cNOM%2dJF%2cNOM%2dMARI%2cSURNOM%2cNOTES%20%29&USRNAME=nobody&USRPWD=4%24%2534P&SPEC=9&SYN=1&IMLY=&MAX1=1&MAX2=1&MAX3=100&DOM=All

– fr.wikipedia.org/wiki/8e_r%C3%A9giment_d%27infanterie

– de.wikipedia.org/wiki/8e_r%C3%A9giment_d%E2%80%99infanterie

– BBC, Napoleon – Die wahre Geschichte, 2015, DVD01 Vom Konsul zum Kaiser02 Vom Krieger zum Kaiser03 Vom Helden zum Verbannten

– M. Junkelmann, Napoleon und Bayern (Regensburg 2014)

Ausstsellungsobjekt: K. Richter, Ortsheimatpfleger StammhamAutor: N. Ströhla, Student (April/Mai 2019)