Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

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MASARYKOVA UNIVERZITA FILOZOFICKÁ FAKULTA Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky STEFAN ZWEIG ŽENY Z JEHO ŽiVOTA A DÍLA MAGISTERSKÁ DIPLOMOVÁ PRÁCE Zpracovala: Bc. Zuzana Pavelková Vedoucí práce: PhDr. Jaroslav Kovář, CSc. Brno 2011

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Page 1: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

MASARYKOVA UNIVERZITA

FILOZOFICKÁ FAKULTA

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

STEFAN ZWEIG – ŽENY Z JEHO ŽiVOTA A DÍLA

MAGISTERSKÁ DIPLOMOVÁ PRÁCE

Zpracovala: Bc. Zuzana Pavelková

Vedoucí práce: PhDr. Jaroslav Kovář, CSc.

Brno 2011

Page 2: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

MASARYK-UNIVERSITÄT

PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT

Institut für Germanistik, Nordistik und Nederlandistik

STEFAN ZWEIG – DIE FRAUEN AUS SEINEM

LEBEN UND SEINEM WERK

MAGISTERARBEIT

Vorgelegt von: Bc. Zuzana Pavelková

Betreuer: PhDr. Jaroslav Kovář, CSc.

Brünn 2011

Page 3: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

Hiermit bestätigte ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig ausgearbeitet habe

und dass ich mich lediglich der im Literaturverzeichnis angeführten Quellen bedient

habe.

Prohlašuji, že jsem svou závěrečnou práci vypracovala samostatně, a to pouze na

základě pramenů a zdrojů uvedených v seznamu literatury.

Brno 2010

Page 4: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

An dieser Stelle möchte ich mich gerne bei meinem Betreuer, Herrn PhDr. Jaroslav

Kovář, CSc. für seine Hilfe und wertwollen Ratschläge zu meiner Magisterarbeit

herzlich bedanken.

Page 5: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

INHALT

1. EINLEITUNG ............................................................................................................. 7

2. DAS LEBEN VON STEFAN ZWEIG 1881 – 1933 .................................................. 9

2.1 Die Kindheit 1881-88 ........................................................................................... 9

2.2 Die Schuljahre ..................................................................................................... 10

2.2.1 Das Gymnasium – die Jugendjahre 1892-1900 ........................................... 10

2.2.2 Die Universität – die Anfänge 1900-04 ....................................................... 12

2.3. Die Wanderjahre 1904-14 .................................................................................. 14

2.4. Die Zeit des ersten Weltkrieges 1915-21 ........................................................... 17

2.5 Die goldene Zeit des Lebens 1921-33 ................................................................ 20

3. EXIL 1933-42 ........................................................................................................... 24

3.1 Der politische Hintergrund ................................................................................. 24

3.2 Exil in England 1933-40 ..................................................................................... 26

3.3 Exil in Amerika 1940-42 .................................................................................... 31

4. BIBLIOGRAFIE – DIE AUSWAHL ....................................................................... 35

5. STEFAN ZWEIG UND DIE FRAUEN ................................................................... 37

5.1 Die Mutter ........................................................................................................... 38

5.2 Friderike Maria von Winternitz .......................................................................... 40

5.3 Charlotte Elizabeth Altmann ............................................................................... 46

6. DIE FRAUENGESTALTEN IN DEN AUSGEWÄHLTEN WERKEN ................. 49

6.1 Die Liebe der Erika Ewald .................................................................................. 49

6.1.1 Die Handlung ............................................................................................... 50

6.1.2 Erika Ewald .................................................................................................. 52

6.3 Brief einer Unbekannten ..................................................................................... 54

6.3.1 Die Handlung ............................................................................................... 55

6.3.2 Die Unbekannte ........................................................................................... 57

6.4 Angst ................................................................................................................... 59

6.4.1 Die Handlung ............................................................................................... 60

6.4.2 Irene Wagner ................................................................................................ 62

6.2 Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau ......................................... 64

6.2.1 Die Handlung ............................................................................................... 65

6.2.2 Mrs.C. .......................................................................................................... 67

Page 6: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

6.5 Ungeduld des Herzens ........................................................................................ 69

6.5.1 Die Handlung ............................................................................................... 70

6.5.2 Edith von Kekesfalva ................................................................................... 72

7. VERGLEICH DER AUSGEWÄHLTEN FRAUENGESTALTEN ZU DEN

FRAUEN AUS STEFAN ZWEIGS LEBEN ............................................................... 74

8. ZUSAMMENFASSUNG ......................................................................................... 77

9. LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................. 79

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1. EINLEITUNG

Das Thema meiner Diplomarbeit ist Stefan Zweig – die Frauen in seinem Leben und

in seinem Werk. Ich setze mich mit dem interessanten aber tragischen Schicksal eines

der berühmtesten deutschen Schriftsteller, der mit seinen zeitlosen Werken

den bedeutungsvollen Beitrag der internationalen Literatur brachte, auseinander.

Weiter beabsichtige ich, die drei wichtigsten Frauen seines Lebens mit ihrer Wirkung

auf Stefan Zweigs Leben zu behandeln. Nicht zuletzt analysiere ich in von mir selbst

ausgewählten Werken die charaktervollen Frauenfiguren und an Hand der erworbenen

Erkenntnisse werte ich aus, welche Frau aus seinem persönlichen Leben meistens als

Vorbild für seine literarischen Heldinnen stand.

Stefan Zweig war der österreichische Schriftsteller, Dichter, Dramatiker und

Übersetzer und zugleich einer der meistgelesenen und meist übersetzen

deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Seine Genialität ist in leicht lesbaren

aber doch atemberaubenden und eindrucksvollen Werken versteckt. Ich habe dieses

Thema ausgewählt, weil ich die Leser durch meine Arbeit mit dieser respektablen

Persönlichkeit und vor allem mit deren einzigartigen Werken vertraut machen möchte.

Meine Arbeit beginnt mit ausführlicher Darstellung der Einzeletappen aus Stefan

Zweigs Leben, denn ich behaupte, dass die Rolle des Autors maßgeblich

zur Auffassung des Werkes ist. Ich gehe primär von den Biographien von Joseph

Strelka, Donald A. Prater und Harmut Müller, weiter von Stefan Zweigs

autobiographischem Buch Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. und

von dem Briefwechsel, die Friderike mit Stefan Zweig pflegte, aus.

Der wichtige Teil dieser Arbeit ist die Kapitel Stefan Zweig und die Frauen, die sich

mit seiner Mutter, mit seiner ersten Ehefrau Friderike Maria von Winternitz und

mit seiner zweiten Frau Charlotte Elizabeth Altmann beschäftigt. Diese Frauen

analysiere ich anhand der folgenden Kriterien: der Herkunft, die Ausbildung,

die Beziehung zu Stefan Zweig und der Charakter.

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In dem Hauptteil beschäftige ich mich mit fünf Werken von Stefan Zweig, in denen

die Frauen die Hauptfiguren darstellen. Stefan Zweig wählt für seine

Hauptprotagonisten meistens die Männer aus, deshalb kommen nur wenige Werke

in Betracht. Ich wähle seine erste Novelle Die Liebe der Erika Ewald aus dem Jahre

1904, dann drei Werke aus der fruchtbarsten Phase seines Lebens, die Novellen Brief

einer Unbekannten (1922), Angst (1925) und Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben

einer Frau (1927). Das letzte analysierte Werk war sein einziger vollendeter Roman

Ungeduld des Herzens, der im Jahre 1939 erschien. Die Charakteristik den einzelnen

Frauengestalten arbeite ich anhand derselben Methode, die ich in vorangehendem

Kapitel einführe, heraus. Anstatt der Beziehung zu Stefan Zweig, beschreibe ich

die Beziehung der Hauptheldin zu ihrem Mann oder Geliebten. Dazu füge ich jedesmal

die kurze Handlung des Werkes an.

Diesen Teil stelle ich nach den ausgewählten Werken, nach meinen persönlichen

Kenntnissen und Ansichten und nach der Sekundärliteratur aus.

Schließlich vergleiche ich die einzelnen Frauengestalten mit den Frauen aus Stefan

Zweigs Leben , da die vorliegende Diplomarbeit zum Ziel hat, auf Grund

der erworbenen Ergebnisse zu ermitteln, welche Frau aus seinem persönlichen Leben

meistens als Vorbild für seine literarischen Heldinnen stand.

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2. DAS LEBEN VON STEFAN ZWEIG 1881 – 1933

2.1 Die Kindheit 1881-88

Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien in einer jüdischen Familie

geboren. Sein Vater Moritz Zweig (1845-1926) war nicht nur ein erfolgreicher

Textilfabrikant und ein gebildeter Mann, der Englisch und Französisch beherrschte,

sondern auch ein aufgeschlossener Mann, der sich für Kultur interessierte. Die Familie

Moritz stammte aus Prostějov im Mähren.1 Sein Großvater verkaufte

die Manufakturwaren und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts begann er

mit Unternehmen in Österreich. Sein Vater Moritz besaß eine kleine Weberei, die sich

zu einem der bedeutendsten Textilunternehmen in Österreich entwickelte.2 Seine

Mutter Ida (1854-1938) entstammte aus der klassischen international berühmten

Bankierfamilie Brettauer. Sie verkörperte eine echte stolze Aristokratin. Sie war

gesellschaftlich ambitionierte, sie liebte teure Modeartikel und kostspieliges Reisen.

Als eine verwöhnte und oberflächliche Dame wurde sie eher als Gegensatz ihres

Mannes betrachtet.3

Stefan und sein älterer Bruder Alfred hatten eine ungewöhnliche Kindheit. Weil ihre

Eltern als Vertreter des damaligen Großbürgertums vielen verschiedenen

gesellschaftlichen Ereignissen und Pflichten nachkommen mussten, verbrachten sie

ziemlich wenig Zeit mit ihren Kindern. So dass die beiden Jungen im Wesentlich von

Gouvernanten und Hauslehrern erzogen wurden. Auf jeden Fall bekamen die Brüder

eine exzellente Ausbildung nach typischen Ansprüchen der damaligen Zeit.4

1 Spitzer, Leo: Live in between: assimilation and marginality in Austria, Brazil, West Africa, 1780-1945.

Cambridge: CUP Archive, 1989. S.250 2 Jüdische Geschichte und Kultur. Stefan Zweig. URL:

http://www.judentum-projekt.de/persoenlichkeiten/liter/zweig/index.html [2010-10-03] 3 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1992. S.23-26. und Strelka,

Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.7 4 Prater, Donald A.: Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1984. S.19-20

und Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.15-16

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2.2 Die Schuljahre

2.2.1 Das Gymnasium – die Jugendjahre 1892-1900

Im Alter von sechs Jahren trat Stefan die Volksschule an und in 1892 wurde er in

das Wasa-Gymnasium in Wien aufgenommen. Hier studierte er acht Jahre. Stefan

Zweig selbst hielt dieses Gymnasium für „die Schule im vorigen Jahrhundert“5.

Die Schüler wurden nach dem alten System unterrichtet, die alten Gesetze waren gültig

und die Professoren hielten Abstand von den Schülern. Die Schule befand sich in

einem alten Gebäude, wo die Kinder tagelang sitzen und zuhören sollten. Zweig lehnte

dieses System ab, denn am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hatten die mutigen

und begeisterten Jungen keine Möglichkeit sich in die Gesellschaft einzusteigen.

Darüber hinaus hatten sie kein Recht ihre Stellung zu nehmen oder sich in die Debatte

einzufügen. Die Jungen galten als unbedachte, unerfahrene und liederliche Menschen.

Als Müller erwähnt: „in dieser Zeit bedeutete Jugend einen beruflichen Nachteil.“6

Im Gegenteil die älteren Knaben mit seriöser und nachdenklicher Verhaltung zählten

zu den erfahrenen Männern.7

Schon damals interessierte sich der junge Zweig für die Literatur, die Kultur,

die Musik und das Theater. Zweig zusammen mit seinen Freunden widmeten die ganze

Freizeit und Kraft dem Lesen. Auf dem literarischen Gebiet wurden sie durch kein

Gesetz beschränkt. Und gerade hier fing seine Literaturkarriere an. Hugo von

Hofmannstahl war das erste Idol und Vorbild Stefan Zweigs. Fasziniert und inspiriert

von seinen Werken versuchte Zweig auch seine eigenen Gedichte zu schreiben.8

Dank

seinem Bekanntschaft mit Theodor Herzl wurde er in die literarische Elite

aufgenommen.9 Es war kein Wunder, weil er ein talentvoller und zukunftsreicher

5 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.44 6 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.17 7 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.62-63 8 Jüdische Geschichte und Kultur. Stefan Zweig. URL:

http://www.judentum-projekt.de/persoenlichkeiten/liter/zweig/index.html [2010-10-03] und Austria

Forum. Stefan Zweig.URL: http://austria-lexikon.at/af/Wissenssammlungen/Biographien/Zweig,_Stefan

[2010-10-13] 9 Jüdische Geschichte und Kultur. Stefan Zweig. URL:

http://www.judentum-projekt.de/persoenlichkeiten/liter/zweig/index.html [2010-10-03]

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Autor war, dass er als sechzehnjähriger Student seine Werke in der Berliner Zeitschrift

Die Gesellschaft und in der Zeitschrift Zukunft zum erstenmal publizierte. Mit siebzehn

Jahren hatte er die Beiträge in mehreren Pressemeiden wie zum Beispiel: Berliner

Morgenpost, Prager Tagblatt oder Magazin für Literatur.10

Als Stefan Zweig neunzehn Jahre alt war, erschien seine erste Gedichtsammlung

Silberne Saiten (1901), die ihn bekannt machte.11

Seine Eltern beachteten

das literarische Talent seines Sohnes, erst wenn er in die österreichische Tageszeitung

Neue Freie Presse beigetrug.12

Stefan brachte den Eltern Ehre ein, denn diese Zeitung

war eine der größten und einflussreichsten Journale der Monarchie, die vom liberalen

Bildungsbürgertum gelesen wurde.13

Stefan Zweig entschloss sich in diesem Moment Schriftsteller zu werden. Seine Eltern

stellten sich auf seine Seite, trotzdem sollte er allerdings eine Universität studieren und

dann promovieren um die Familienehre zu behalten. „Es handelte sich schließlich doch

nur darum, der Familienehre einen Doktortitel zu sichern, gleichgültig welchen“,14

erklärte er selbst.

10 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.13 11 Deutsches Historischen Museum. Lebendiges virtuelles Museum Online. Stefan Zweig. URL:

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/ZweigStefan/ [2010-10-07] 12 Prater, Donald A.: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.32. Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer

Bundesverlag Gesellschaft m.b.H., 1981. S.14 13 Die Presse. Geschichte. URL: http://diepresse.com/unternehmen/geschichte/9819/index.do

[2010-10-13] 14 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1992. S.117

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2.2.2 Die Universität – die Anfänge 1900-04

Der junge Stefan Zweig ablegte das Abitur im Jahre 1900 und einschrieb sich an

die Universität Wien für die Fächer exakte Philosophie und Literaturgeschichte. Zweig

wählte sich gerade diese Fächer aus, weil er die Freiheit für seine Profession und seine

Interessen brauchte.15

Stefan Zweig erinnerte sich wie er damals leichtsinnig war:

So legte ich mir von vornherein eine Zeiteinteilung zurecht: drei Jahre um

das Universitätsstudium mich überhaupt nicht bekümmern! Dann in den letzten Jahr [...]

irgendeine Dissertation rasch fertigmachen!16

Trotz den ersten Erfolgen, entschied sich Zweig von Wien nach Berlin umzuziehen um

dort sich weiterzubilden.17

Jedoch ging er in die Schule nur selten. Er schrieb: „Ich

habe dort die Universität ebenso wie in Wien nur zweimal im Verlauf eines Semesters

aufgesucht“18

In Berlin suchte er die neue Inspiration, das Kulturleben und die neuen

interessanten Freunde. Vor allem beabsichtigte er den Stempel 'der Sohn aus

einer guten Familie' loszuwerden. Seine Freunde in Wien stammten nur aus der

jüdischen Bourgeoisie, während hier Zweig die Menschen aus allen Klassen, von

verschiedenen Professionen, Glaube oder Sexualität traf. Zweig wurde von diesen

besonderen Lebensschicksalen verdutzt.19

Strelka bemerkt in seinem Buch: „Die

Konfrontation mit so vielen Möglichkeiten des Lebens macht ihn selbstkritisch und

mutlos.“20

Zweigs Neigung zum Schreiben wurde mit diesen neuen Anregungen und Impulsen

wieder erweckt. Er schrieb meist die Prosawerke und parallel dazu beschäftigte sich

mit den Übersetzungen. Stefan Zweig behauptete, dass es „die beste Möglichkeit für

einen jungen Dichter [...], den Geist der eigenen Sprache tiefer und schöpferischer zu

15 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1992. S.118-119. 16 Ebd. S.119 17 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.33 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer

Bundesverlag Gesellschaft m.b.H., 1981. S.14. 18 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1992. S.134 19 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.15. 20 Ebd. S.16

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begreigen“21

war. Er übersetze die Werke von Baudelaire, Verlaine, Keats, William

Morris und vielen anderen.

Neben dem literarischen Schaffen liebte Stefan Zweig das Reisen. Nach dem Abitur

reiste er nach Frankreich. Im Jahre 1902 besuchte er Belgien, denn er wünschte sich

den flämischen Dichter Émile Verhaeren kennenzulernen. Schon lange fasziniert von

seinen Werken schätzte Zweig Verhaerens literarische Meisterschaft.22

Er verbrachte

mit Verhaeren drei Stunden, die auf ihn tiefen Eindruck machten. Zweig erklärte:

In seinem Wesen war eine Sicherheit [...] Er blieb unabhängig vom Geld, lebte lieber in

eine ländlichen Existenz [...] Er blieb unabhängig von Erfolg [...] Er blieb offen in jedem

Sinn, mit keiner Hemmung belastet, von keiner Eitelkeit verwirrt, ein freier, freudiger

Mensch, leicht jeder Begeisterung hingegeben; wenn man mit ihm war, spürte man sich

belebt in seinem eigenen Willen zum Leben.23

Im Jahre 1903 verbrachte Zweig ein paar Tage in Paris, wo er alle historischen und

kulturbedeutenden Merkwürdigkeiten besuchte. Noch besuchte er London, dann kehrte

er nach Wien zurück, um das Studium abzuschließen. In seiner Dissertationarbeit

setzte er sich mit dem Thema Die Philosophie des Hippolyte Taine24

auseinander. Im

Jahre 1904 wurde Stefan Zweig an der Universität Wien zum Doktor der Philosophie

promoviert.25

Noch in demselben Jahr erschien Zweigs erste Novelle Die Liebe der Erika Ewald.

Die dramatische Erzählung stellt die platonische Liebe der jungen Musiklehrerin zu

einem berühmten Geigenvirtuosen dar.26

21 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.144 22 Prater, Donald A.: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.35-36 23 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.148-149 24 Weschenbach, Natascha: Stefan Zweig und Hippolyte Taine:Stefan Zweigs Dissertation über "Die

Philosophie des Hippolyte Taine" (Wien 1904). Amsterdam – Atlanta, GA. Rodopi B.V., 1992. 25 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.22 26 Zweig, Stefan: Die Liebe der Erika Ewald in Verwirrung der Gefühle. Erzählungen. Frankfurt am

Main: Fischer Verlag, 1983.

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2.3. Die Wanderjahre 1904-14

Stefan Zweig war ein gebildeter Mensch, talentierter Schriftsteller und auch ein

leidenschaftlicher Reisende. Regelmäßig besuchte er Frankreich, England, Spanien

oder Italien.27

Im Jahre 1905 reiste er nach Algerien und in demselben Jahr wurde auch

seine Monographie über Paul Verlain veröffentlicht.

Zweig verbrachte vier Monate in London, wo er die Inspiration und Ruhe zu Arbeit

suchte, hierbei wollte er die neuen Leute und die englische Kultur kennenzulernen.28

Leider war er enttäuscht, was der Brief von Zweig nach Ellen Key beweist:

Ich lebe hier in London ein wenig unwillig, weil ich die Sonne sehr gern habe und

den dünsteren Himmel wie einen Bleiring ums Herz empfinde. Auch habe ich wenig

Menschen, die mir hier nahe stehen: es sind zu viel Kühle. Besonnene hier und zu wenig

Herzliche.29

In den Jahren vor dem Krieg reiste Stefan Zweig oft. Er selbst bezeichnete diese

Etappe seines Lebens als „Umwege auf dem Wege zu mir selbst.“30

Unterwegs lernte

er zahlreiche interessante Persönlichkeiten und Künstler kennen. Er befreundete sich

mit Rainer Maria Rilke, einer der bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache31

, in Paris

beobachtete er den berühmten Bildhauer August Rodin bei seiner Gestaltung, in

London traf er den englischen Dichter Arthur William Symons und den irischen

Dichter und Dramatiker William Butler Yates. Alle diesen Menschen gehörten zur

künstlerischen Elite Europas, zu deren auch Stefan Zweig gehören wollte.32

27 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S. 190. 28 Stefan Zweig Centre Salzburg. URL: http://www.stefan-zweig-centre-salzburg.at/de/zbiographie.htm

[2010-10-15] 29 Brinson, Charmian. Dove, Richard. Taylor, Jennifer: 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain.

New York: Rodopi, 2006. zitiert aus Zweig, Stefan: Briefe 1897-1914. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1995. S.117 30 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S. 190. 31 Rainer Maria Rilke – Gedichte und mehr. URL: http://www.rilke.de/ [2010-10-25] 32 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.40. und Daten der Deutschen Literatur. Stefan Zweig. URL:

http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/zweig.htm [2010-10-20]

Page 15: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

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Im Jahre 1907 mietete sich Stefan Zweig eine kleine Wohnung in Kochgasse 8 in

Wien. Hier konnte er seine Bücher, Bilder und Andenken lagern. Es ging um kein

gemütliches Wohnen, weil er meistens unterwegs war.33

In diesem Jahr schloss Stefan Zweig den Vortrag mit dem Insel-Verlag, der später

viele seine Werke publizierte, ab.

Noch im Jahre 1907 erschien sein erstes Drama mit klassischem Thema Tersites. Da

der Aufführung durch außergewöhnlich tragische Umstände begleitet wurde, gab

Zweig seine Theaterkarriere zeitweise auf, denn er es ansah als ein böses Omen.34

In den Jahren 1908 und 1909 unternahm Stefan Zweig die Reisen in die exotischen

Länder, wie zum Beispiel: Indien, Ceylon, Burma oder Hinterindien. Zum erstenmal

traf er hier die Armut der Dritten Welt und allgegenwärtige Rassendiskrimierung an.35

Die Nachrichten aus der 'Neuen Welt ' lockten ihn insofern an, dass er gleich das

nächste Jahr in die Vereinigten Staaten, nach Kanada, Kuba und Puertorico abreiste.

Am Anfang fühlte sich Zweig in der Neuen Welt einsam. Aber als er seine Bücher im

Schaufenster eines Buchhändlers entdeckte, wurden die Gefühle der Einsamkeit

vergessen. Stefan Zweig, als neugieriger Reisende und Psychologe, wollte den echten

amerikanischen Charakter aufdecken, deswegen erdachte er sich ein kluges Spiel. Als

fiktiver Emigrant bewarb sich um eine Stelle, demzufolge absolvierte er fünf

Aufnahmegespräche und stellte fest, dass Amerika ein Land der unbeschränkten

Möglichkeiten für jeden Mensch ist.36

Hier entdeckte er, was die „göttliche Freiheit“37

bedeutet.

Im Jahre 1911 machte Stefan Zweig eine Studienreise nach Paris und gab sein zweites

33 Müller, Hartmut. Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.42 34 Zweig, Stefan. Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.151-152 35 Strelka, Joseph. Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.24 und Prater, Donald A. Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen.

Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1984. S.54-55 36 Zweig, Stefan. Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.220-223 37 Strelka, Joseph. Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.24

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Novellenband Erstes Erlebnis. Vier Geschichten aus Kinderland aus.38

Der Jahr 1912 war schicksalhaft für Stefan Zweig. Abgesehen davon, dass er

das Drama Der verwandelte Komödiant schrieb und am Wiener Burgtheater

das Theaterstück Haus am Meer aufgeführt wurde, lernte er die charmante Friderike

Maria von Winternitz (1882-1971) kennen.39

Joseph Strelka bemerkt dazu: „Friderike

Maria war stark genug und brachte die notwendigen Eigenschaften mit, um die direkte

Mutterbindung Zweig zu ersetzen.“40

Im Jahre 1913 wurde die Novelle Brennendes Geheimnis herausgeben. Das Buch

stellt das Problem des zwölfjährigen Jungen sich mit der Welt der Erwachsenen

zusammenleben dar. Gleichzeitig illustrierte der Autor ein Bild der damaligen

Gesellschaft. Nach Prater und Strelka weist diese Novelle autobiographische

Merkmale aus.41

Romain Rolland war einer der besten Freunden Stefan Zweigs. Begeistert von seinen

Blättern, die Zweig in einer französischen Literaturzeitschrift entdeckte, suchte ihn in

Paris auf. Rolland, sowie Zweig, war ein Europäer, der die humanistischen Ideen

verbreitete.42

Stefan Zweig drückte seine Bewunderung und Respekt zu diesem Mann

als er das Buch Romain Rolland: The Man and His Works publizierte, aus. Am Ende

schreibt Zweig über seinen Freund: „One great man who remains human can for ever

and for all men rescue our faith in humanity.“43

38 Stefan Zweig und seine Werke. URL: http://www.stefanzweig.de/zeittafel.htm [2010-10-15] 39 Daten der Deutschen Literatur. Stefan Zweig. URL:

http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/zweig.htm [2010-10-15] 40 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.26 41 Prater, Donald A.:Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.20-21 und Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien:

Österreichischer Bundesverlag Gesellschaft m.b.H., 1981. S. 12-13 42 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.50-51. und Wunderlich, Dieter. Stefan Zweig. URL:

http://www.dieterwunderlich.de/Stefan_Zweig.htm [2010-10-20] 43 Zweig, Stefan: Romain Rolland: Men and His Works. New York: Ayer Publishing 1973. S.356

Page 17: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

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2.4. Die Zeit des ersten Weltkrieges 1915-21

„Da, am 28.Juni 1914, fiel jener Schuss in Sarajewo, der die Welt der Sicherheit und

der schöpferischen Vernunft, in der wir erzogen, erwachsen und beheimatet waren, in

einer einzigen Sekunde wie ein hohles tönernes Gefäß in tausend Stücke schlug.“44

Der wunderschöne Sommer 1914 verbrachte Stefan Zweig in Baden bei Wien als er

die Nachricht über der Ermordung des österreichischen Thronfolgers erhielt. Weil

Franz Ferdinand von Österreich-Este mit seiner Frau unbeliebte Monarchen waren,

löste ihr Tot kein tiefes Mitleid aus.45

Und so Stefan Zweig reiste nach Belgien um

seinen Freund, den Maler James Ensor, zu besuchen. Hier erfuhr er

die Schocknachricht, dass Österreich dem Serbien den Krieg erklärte. Sofort kehrte er

mit dem letzten Ostendeexpres nach Österreich zurück. Stefan Zweig beschrieb seine

gemischten Gefühle in der Memoiren: „Jetzt gab es keinen Zweifel mehr: ich fuhr in

den Krieg.“46

Überraschend wurden die ersten Tage des Krieges gefeiert, denn es war

etwas Großartiges und jeder war stolz ein Österreicher zu sein. Die Männer gingen in

den Krieg und auch Stefan Zweig sollte die Millitärdienstpflicht erfüllen. Durch

den verwandten Hochoffizier wurde er zu einer Aufgabe in Wiener Kriegsarchiv

zugeteilt. Hier arbeitete Zweig zusammen mit Rilke an Propagandaschriften und an

der Herausgabe der patriotischen Zeitschrift Donauland.47

Nach dem Krieg nutzte Stefan Zweig die Chance die Folgen des Krieges persönlich zu

sehen. Als der Berichterstatter fuhr er an der galizischen Front. Schon unterwegs sah

Zweig, was der Krieg verursachte; die Armut, die verletzten Menschen, die sterbenden

Soldaten. Strelka schreibt darüber: „[...]er sah die zerstörten und geplünderten

Ortschaften und erlebte das Elend und Grauen der Lazarettzüge.“48

Dank

44 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.247 45 Ebd., S.250 46 Ebd., S.257 47 Daten der Deutschen Literatur. Stefan Zweig. URL:

http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/zweig.htm [2010-10-15] 48 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.33-34

Page 18: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

18

den schrecklichen Erlebnissen wurde er von der Sinnlosigkeit des Krieges enttäuscht,

was seinen Pazifismus noch bestärkte.49

Stefan Zweig zog sich mit Friderike und ihren beiden Töchtern aus der ersten Ehe nach

Kalksburg bei Rodaun. Nach dem er ein Haus auf dem Kapuzinerberg in Salzburg

gekauft hatte, fuhr er nach Wien „um seinen neuen Idealismus in die Tat

umzusetzen,“50

während Friderike musste dieses Haus in Ordnung bringen, denn das

Jagdschlösschen aus siebzehnten Jahrhundert war im vernachlässigten Zustand.

Im Jahre 1917 wurde sein Theaterstück Jeremias am Züricher Stadttheater aufführt.

Das Spiel erzählt die Geschichte des jüdischen Volkes, das mit Nebukadnezar kriegte.

Dieses Werk wurde in Bezug auf Zweigs jüdische Herkunft geschrieben. Stefan Zweig

stellte durch die historiche Thematik die gegenwärtige Situation dar.51

Er bekannte:

Jetzt zum erstenmal hatte ich das Gefühl, gleichzeitig aus mir selbst zu sprechen und aus

der Zeit. Indem ich versuchte, den andern zu helfen, habe ich damals mir selbst geholfen ...

Von dem Augenblicke, da ich versuchte, sie zu gestalten, litt ich nicht mehr so schwer an

der Tragödie der Zeit.52

Zur Aufführung Jeremias und zu den Vorträgen erhielt Zweig die zweimonatige

Beurlaubung vom Militärdienst. Zum Ende verbrachte er ein und ein halbes Jahr in

der Schweiz. Zweig wirkte im pazifistischen Kreis um Romain Rolland und traf

die Intellektuellen aus dem ganzen Europa, wie zum Beispiel: Herman Hesse, James

Joyce, René Schickele, Anette Kolb oder Peruccio Busoni.53

Als er im Jahre 1919 nach Österreich zurückkehrte, übersiedelte er nach Salzburg. Hier

beachtete er wie die Nachkriegswelt verändert wurde. Der Krieg zerstörte nicht nur

49 Focus Online. Stefan Zweig. Der Meister – Novellist. URL:

http://www.focus.de/kultur/buecher/stefan-zweig_aid_120066.html [2010-11-03] 50 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.41 51 Jüdische Geschichte und Kultur. Stefan Zweig. URL: http://www.judentum-

projekt.de/persoenlichkeiten/liter/zweig/index.html [2010-10-03] 52 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.291 53 Daten der Deutschen Literatur. Stefan Zweig. URL:

http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/zweig.htm [2010-10-15] und Stefan Zweig Centre

Salzburg. URL: http://www.stefan-zweig-centre-salzburg.at/de/zbiographie.htm [2010-10-15]

Page 19: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

19

die ganzen Familien, sondern auch die Ideale in die die Menschen glaubten. Die Armut

war überall, die Länder herrschte Not, Nahrungsmangel, Mangel an Kohlen und an

allen Materialien. Es war ein kläglicher Anblick für ihn.

54

Der Jahr 1920 war ein bedeutender Markstein Zweigs Privatleben, denn nach

der achtjährigen Beziehung wurde er mit Friderike Maria von Winternitz in Wien

verheiratet.

In diesem Jahr erschien die Erzählung Der Zwang und der Essayband Drei Meister aus

dem Zyklus Baumeister der Welt.55

Stefan Zweig war in damaliger Zeit auch ein

produktiver Übersetzer und Herausgeber.

54 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.42 55 Stefan Zweig Centre Salzburg. URL: http://www.stefan-zweig-centre-salzburg.at/de/zbiographie.htm

[2010-10-15]

Page 20: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

20

2.5 Die goldene Zeit des Lebens 1921-33

„Die Zeit gibt die Bilder, ich spreche nur die Wörter dazu.“ 56

Die Epoche bis 1933 bezeichnet man als 'die Blütezeit Europas'57

. Der Krieg war schon

vergessen, die neuen Ideale kamen, die Städten waren schöner, alle Leute arbeiteten,

sie konnten frei reisen und sich auslebten. Auch für Stefan Zweig war es diese Zeit

glücklich. In seiner Memoiren schrieb er: „In meinem persönlichen Leben war das

Bemerkenswerteste, dass in jenen Jahren ein Gast in mein Haus kam und sich dort

wohlwollend niederließ, ein Gast, den ich nie erwartet hatte – der Erfolg.“58

Seine

Bücher wurden in der ganzen Welt verkauft, in verschiedene Sprachen übersetzt und

Hunderte von Briefen bekam er jeden Tag. Drei Meister, Amok oder Brief einer

Unbekannten waren überall populär. Stefan Zweig war dankbar für solchen Erfolg,

jedoch gestand er, falls er sein Leben noch einmal erleben könnte, würde er seine

Werke unter Pseudonym schreiben um sich die Anonymität zu erhalten.59

Während des Krieges wurde er drei Jahre in seinem Haus in Salzburg verhaftet, jetzt

ein paar Jahre nach dem Krieg, konnte er wieder frei reisen. Er beabsichtigte alle

beliebten Plätze zu besuchen und seine Freunde wieder zu sehen. Unterwegs entdeckte

er die bitteren Andeutungen der kommenden Zukunft. Während des Besuchs in Italien

sah er zufällig die kleine faschistische Truppe marschieren und zum erstenmal hörte er

den Namen Benito Mussolini,60

was ihn beunruhigte. Die andere ungewöhnliche

Situation geschah, als er im Jahre 1928 nach Russland fuhr. Stefan Zweig wurde zu

Tolstois hundertsten Geburtstag eingeladen.61

Gerne nahm er die Einladung ein, nicht

nur weil Russland für ein faszinierendes Land galt, sondern auch weil seine Bücher

dort gekauft wurden und das russische Publikum liebte ihn. Stefan Zweig war von

56 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.7 57 Ebd., S.226 58 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.362 59 Ebd., S.372 60 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.48 und Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines

Europäers. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1992. S.267 61 Prater, Donald A.: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.182

Page 21: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

21

Großartigkeit der Städten, von den mächtigen Palästen und von Herzlichkeit

der Menschen überrascht. Er war erfreut und positiv. Aber fast am Ende seines

Aufenthaltes erhielt er einen anonymen Zettel, der auf Französisch sagte:

Glauben sie nicht alles [...] was man ihnen sagt. Vergessen Sie nicht, bei allem, was man

Ihnen zeigt, daß man Ihnen auch vieles nicht zeigt. Erinnern Sie sich, dass die Menschen,

die mit Ihnen sprechen, meistens nicht das sagen, was sie Ihnen sagen wollen, sondern nur,

was sie Ihnen sagen dürfen. Wir sind alle überwacht und Sie selbst nicht minder. Ihre

Dolmetscherin meldet jedes Wort, Ihr Telefon ist abgehört, jeder Schritt kontrolliert.62

Der große Schriftsteller stellte fest, dass der allgemeinen Frieden nur auf

der Oberfläche ist, denn unten erwuchs neue „für Menschheit gefährliche,

Drohungen.“63

Auf der anderen Seite gewährte ihm das Reisen auch die schönen

Geschenke, zum Beispiel das vertrauliche Freundschaft mit Maxim Gorkij.

Stefan Zweigs Haus stand auf dem Kapuzinerberg in Salzburg. Salzburg war damals

eine malerische Stadt mit zirka vierzig tausend Einwohners. In den Jahren 1924-33

veränderte sich Salzburg in das künstlerische Mekka Europas. Die Prominente, Stars,

Millionäre, Journalisten, Künstler und andere VIP Menschen promenierten sich in

den Straßen der Stadt. Stefan Zweig wurde nicht nur von seinen Freunden und anderen

bedeutenden Persönlichkeiten besucht, sondern er selbst lud die jungen zukunftsvollen

Schriftsteller ein. Zweig gab ihnen Rat oder ermutigte sie in weitere Arbeit.64

Stefan Zweig war ein leidenschaftlicher Sammler. Er begann mit diesem Hobby als er

fünfzehn Jahre alt war. Er sammelte nicht nur die Autographen, sondern auch

die Urschriften und die Fragmente von Werken, die handschriftlichen Blätter von

großen Dichtern, Philosophen oder Musikern. Während vierzig Jahren des Sammelns

gewann Zweig eine der umfangreichsten und wertvollsten Sammlungen der Welt. Er

erklärte: „Dass ich mich nie als den Besitzer dieser Dinge empfand, sondern nur als

62 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.385-386 63 Ebd., S.256 64 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.91-91

Page 22: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

22

ihren Bewahrer in der Zeit, war selbstverständlich.“65

Als die Hitlers Zeit kam und

Stefan Zweig musste sein Haus verlassen, schenkte er einen Teil der Sammlung

der Wiener Nationalbibliothek, etwas überlaste er seinen Freunden und der Rest wurde

irgendwo verlorengegangen.66

Die goldenen Jahre 1921-1933 waren für Stefan Zweig ganz fruchtbar. Er schrieb

mehrere Novellen, wie zum Beispiel: Brief einer Unbekannten (1922) oder

Amok. Novellen einer Leidenschaft (1922). Im Jahre 1925 war es die Novelle Angst

und zwei Jahre später drei Novellen im Gedichtband Verwirrung der Gefühle.67

Alle

diesen Werken behandeln die Themen wie: die Liebe, die Leidenschaft, der Angst,

der Leid, die Enttäuschung, die Schuld, der Tod. Stefan Zweig beschreibt meistens

die Personen in ungewöhnlichen Situationen und eine Tragik ist oft dabei.

Seine literarische Produktion entwickelte sich mit dem zweiten Band

der biographischen Essays Der Kampf mit dem Dämon (1925), wo die drei

Persönlichkeiten Hölderlein, Kleist und Nietzsche erwähnt sind. Dann folgten

die historischen Erzählungen, die im Buch Sternstunden der Menschheit. Fünf

historische Miniaturen.(1927) herausgegeben wurden. „Damit hat Stefan Zweig

eine Meisterschaft der Technik und Komposition des Erzählens erreicht, [...]“68

erwähnt Strelka.

Im Jahre 1928 erschien der Schlussband aus dem Zyklus Baumeister der Welt Drei

Dichter ihres Lebens, dessen Helden Casanova, Stendhal und Tolstoi sind. Joseph

Strelka bemerkt dazu in seiner Biographie: „Was die drei behandelten Persönlichkeiten

verbindet, ist das positive individualistische Selbstbewusstsein und das Streben nach

Unabhängigkeit, was sie scheidet, die Art des Strebens.“69

Das Buch Rahel rechtet mit

65 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.403 66 Heißerer, Dirk: Vom 'Zauberer der Schrift'. Die Autographensammlung Stefan Zweigs. Bearbeitet

6/2006. URL:

http://www.inlibris.at/content/deutsch/verlag_und_publikationen/rezensionen/detail6_1000000.php

[2010-11-10] 67 Zweig, Stefan: Verwirrung der Gefühle. Erzählungen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1983. 68 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.51 69 Ebd., S.64

Page 23: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

23

Gott aus dem Jahre 1928 enthält vier Legende, die das Schicksal des jüdischen Volkes

erzählen.

In dieser Epoche war Stefan Zweig an der Spitze seines literarischen Schaffens und

zählte zu den meistübersetzenen deutschen Autoren der Welt.

In folgenden Jahren schrieb er zwei romanhafte Biographien Joseph Fouché (1929)

und Marie Antoinette. The portrait of an average woman. (1932),70

was bis heute eine

der besten Biographien ist. Das bestätigt auch das Zitat auf der letzten Seite

des Buches: „Certainly no one can arise unmoved from the reading of this powerful

work.“71

Im Jahre 1931 feierte Stefan Zweig seinen fünfzigsten Geburtstag, den er für

den Markstein seines Lebens hielt. Er hatte die Frau, das Haus, die Freunde,

die erfolgreiche Karriere und er konnte reisen. Er schrieb:

Ich konnte zufrieden sein. Ich liebte meine Arbeit und liebte darum das Leben. Ich war vor

Sorge geschützt; selbst wenn ich keine Zeile mehr schrieb, sorgten meine Bücher für mich.

Alles schien erreicht, das Schicksal gebändigt.72

Auf der anderen Seite wollte er noch etwas Neues, etwas Unerwartetes erleben, was

ihn aus der bisherigen Sicherheit entreißt.

70 Fischer Verlag. Stefan Zweig. URL:

http://www.fischerverlage.de/microsite/autor/www.stefan-zweig.de/biografie [2010-09-20] 71 Zweig, Stefan: Marie Antoinette: Bildnis eines mittleren Charakters. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1980. 72 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.406

Page 24: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

24

3. EXIL 1933-42

3.1 Der politische Hintergrund

„Zum Emigranten habe ich kein Talent [...]“73

Im Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler eines national-konservativen

Kabinetts ernannt. Das war der erste Schritt seiner Machtübernahme. Dann folgte

das Reichstagsbrand im Februar, die grausame Bücherverbrennung im May, noch dazu

begann der gesamten Boykott der jüdischen Geschäften, Ärzten und gebildeten

Menschen.74

Diese politische Entwicklung und Unsicherheit verursachte, dass Zweig

an Depressionen und innere Krise litt,75

was Strelka in seinem Buch beschreibt:

Auch seine Ungewißheit, seine Unsicherheit in politischer Hinsicht, die sich nach

der Machtergreifung Hitlers in Deutschland noch steigerte und die durchaus nicht allein

von seiner persönlichen Unentschlossenheit herrührte, sondern die allgemeine

Ungewißheit und Unsicherheit spiegelte, taten das ihre zu seinen Depressionen.75

Stefan Zweig war ein typischer Semite und darum wurde er von seinen Freunden zum

Verlassen Salzburg beraten, trotzdem wollte er still neutral bleiben.

Aber die Situation in Deutschland veränderte sich jeden Tag. In Salzburg, in der Nähe

von Grenzen, sah Stefan Zweig den aktuellen Vorgang der politischen Unruhen ganz

deutlich. Deswegen verbrachte er zwei Monate in Frankreich, um die Ruhe zur Arbeit

zu finden. Dann reiste er nach London ab. Wenn er vor dreißig Jahren zum erstenmal

in England war, fühlte er sich wie ein Fremder, jetzt war es ganz anders.

London erwies sich als der ideale Arbeitsplatz: die reservierte und kühle Freundlichkeit

der Briten, [...] zusammen mit den Bücherschätzen des Britisch Museum schufen

73 Liani, Tatiana: Stefan Zweigs Exile in London in 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain. New

York: Rodopi, 2006. S.33 zitiert aus Zweig, Stefan: Briefe an Freunde, S.264 74 Deutsches Historischen Museum. Lebendiges virtuelles Museum Online. Adolf Hitler. URL:

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HitlerAdolf/index.html [2010-10-07] 75 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.80

Page 25: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

25

eine schlechthin ideale Arbeitsumwelt.76

Zweig war ganz froh und begann hier das Buch Maria Stuart schreiben.

Am Anfang des Jahres 1934 fuhr er nach Österreich zurück. Die Situation hier

verschlimmerte sich, weil Salzburg sowie Wien von Sozialdemokratischer Partei,

Revolution und Wehrmacht belagert wurde. Stefan Zweig schrieb an seinem Freund

Romain Rolland:

Soll ich besser bleiben? Soll ich gehen? Bleiben bedeutet: leiden. Bedroht werden

Gezwungen sein, zu schweigen. Wie ein Gefangener leben. Gehen heißt: die andere

zurücklassen, die durch ihre Arbeit nicht das Glück materieller Unabhängigkeit genießen,

das Schiff als Kapitän als erster zu verlassen. Aber Redefreiheit haben.[...]77

Im Februar 1934 wenn er zu Hause war, wurde er ärgerlich überrascht. Vier Polizisten

machten ihn früh am Morgen wach, damit sie sein Haus für Waffen durchsuchen

sollten. Das war ganz absurd für Zweig, der ein Pazifist war. In zwei Tagen packte er

alle seine Dokumente und entschloss sich in der Emigration zu leben.78

Er behauptete:

„Mir aber war persönliche Freiheit die wichtigste Sache auf Erden.“79

Gleich am

nächsten Tag reiste er nach London zurück. Zweig erinnerte daran: „Es war der

erste Schritt, der mich von meiner Heimat loslöste. Aber ich wusste, seit jenen Tagen

in Wien, dass Österreich verloren war – freilich ahnte ich noch nicht, wie viel ich

damit verlor.“80

Stefan Zweig hatte noch seinen österreichischen Reisepass und konnte jederzeit nach

Österreich zurückreisen.

76 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.95 77 Brinson, Charmian. Dove, Richard. Taylor, Jennifer: 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain.

New York: Rodopin, 2006 zitiert aus Zweig, Stefan: Briefe 1932-42. Frankfurt am Main: Fischerverlag,

2005. S.416 78 Brinson, Charmian. Dove, Richard. Taylor, Jennifer: 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain.

New York, Rodopi, 2006. S.36 79 Zweit, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.442 80 Ebd., S.442

Page 26: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

26

3.2 Exil in England 1933-40

„Keiner unter allen Emigranten war weniger Emigrant als dieser wirkliche Weltbürger,

der in den Ländern des Exils zu Hause war, ehe es noch ein Exil gab.“81

Franz Werfel

Seitdem Februar 1934 lebte Stefan Zweig im Exil. Er wählte sich London aus, denn

die Kühle und die Zurückhaltung der Engländer garantierten ihm die Anonymität und

die Ruhe zur Arbeit. In London vermietete er sich eine kleine Wohnung. Später

erinnerte er:

Nach einigen Tagen fühlte ich mich in London unbeschreiblich wohl. Nicht dass sich

London wesentlich geändert hatte. Aber ich selbst hatte mich verändert. Ich war dreißig

Jahre älter geworden und nach den Kriegs- und Nachkriegsjahren der Spannung und

Überspannung voll Sehnsucht, einmal wieder ganz still zu leben und nichts Politisches zu

hören. [...] Die Menschen lebten ruhiger, zufriedener und blickten mehr auf ihren

Nachbarn. Hier konnte man atmen, denken und überlegen.82

Stefan Zweig fühlte sich wie an einem neuen Anfang, auch wenn seine Freunde,

Familie und Haus weit entfernt waren.

Auch in seinem privaten Leben kam es zur großen Veränderung. Trotzdem er

weiterhin mit Frederike in der Ehe blieb und sie die freundliche Beziehung pflegten,

im Herz hatte er schon eine andere Frau und zwar seine sechsundzwanzigjährige

Sekretärin Charlotte Elizabeth Altmann.83

In England verbrachte er sechs Jahre. Durch Radio und Zeitung wurde er regelmäßig

über die politische Krise in seiner Heimat benachrichtigt. Und obwohl er nach Pen-

research in dieser Zeit zum meistübersetzenden Autor der Welt zählte84

, lebte er hier

81 Werfel, Franz: 'Stefan Zweigs Tod' in Arens, Hans: Der große Europäer Stefan Zweig. Frankfurt am

Main, Fischer Taschenbuch Verlag, 1981. S.150 82 ZWEIG, Stefan. Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.433-34 83 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.97 und Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt

Taschenbuch Verlag GmbH, 1988. S.103-104 84 Brinson, Charmian. Dove, Richard. Taylor, Jennifer: 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain.

New York: Rodopin, 2006. S.33

Page 27: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

27

in Anonymität. Auf der anderen Seite hatte er Probleme sich an die englische Sprache

zu assimilieren. Er bekannte:

I regren only to have no opportunity to write as here I am unable to do it in English and

have nobody here to rectify my mistakes and to give more colour to what I want to say;

that’s what oppresses me most, that I am so improsoned in language, which I cannot use

[...]85

In diesen Jahren reiste Zweig zweimal über den Ozean. Er absolvierte

eine Vortragsreise quer durch die Vereinigten Staaten, wo er Gelegenheit

dieses entfernte unabhängige Land zu sehen hatte. Fasziniert war er hauptlich von

Südamerika, wo er zum Kongress des Internationalen Penklubs eingeladen wurde.86

Zweig bewunderte die hiesige Natur, die exotische Kultur und die wunderschönen

Städte. Meist bezaubert war er von Brasilien, wo er auch sehr populär war. In Brasilien

sah er alle Menschen von verschiedenen Nationen und Rassen im Frieden zusammen

zu leben.87

Dieser Moment war grundsätzlich für den Schriftsteller. Dazu bemerkte er

in dem Buch Die Welt von Gestern: „Ich hatte, das Auge beglückt durch die

tausendfältige Schönheit dieser neuen Natur, einen Blick in die Zukunft getan.“88

Die Situation in Europa und vor allem in Deutschland vergrößerte Zweigs Sorge und

Fürchte um die Zukunft seines Heimatlandes. Er wollte seine Meinung und Ideen über

internationale Politik dem Publikum erklären. Weil er in keinen

Emigrantenzeitschriften publizierte, begann er das Buch über Erasmus von Rotterdam

schreiben. Erasmus von Rotterdam war ein Theologe, Philosoph, Philologe und vor

allem ein bedeutender Vertreter des europäischen Humanismus.89

Und Stefan Zweig

war selbst auch ein erklärter Humanist.

Hartmut Müller erfasst die Hauptidee

dieses Werkes:

85 Ferguson, Stuart: Language assimiliation and crosslinguistic influence. Tübingen: Gunter Narr

Verlag, 1997. S.64 aus Zweig, Stefan: Briefe 1932-42, Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1984. S.418 86 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.450 87 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.112-113 88 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S. 454 89 Weltchronik. Erasmus von Rotterdam. URL: http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/e/erasmus.html

[2010-10-08]

Page 28: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

28

Seine Bedeutung liegt in der Darstellung der Parallelität der Probleme zu Erasmus’ und

Zweigs Zeit, deren Erfassung zumindest angestrebt ist, und sie liegt weiterhin im Versuch

einer Sinngebung und Lösung, wie Zweig sie am Beispiel des Erasmus für sich als Person

wie auch als Exponent österreichischer Kultur zu bieten unternommen hat.90

Dass Stefan Zweig seine eigenen humanistischen Ideale durch Erasmus demonstrierte,

bezeugen auch die Autorinnen der Internetseiten über Stefan Zweig:

Mit der Persönlichkeit des Erasmus von Rotterdam, dessen Geschichte Zweig hier

einschließlich aller wichtigen geschichtlichen Hintergründe darstellt, identifizierte sich

der Autor selbst, da der holländische Humanist Werte wie Vernunft, Toleranz,

Versöhnlichkeit und Freiheitsliebe verkörperte, die auch Zweig als Humanist sehr

achtete.91

Am 24. Juni 1935 wurde sein Werk, die Oper Die schweigsame Frau, aus

der Zusammenarbeit mit Richard Strauss, in Dresden uraufgeführt. Leider wurde die

Oper nach drei Aufführungen auf Zwang des Hitlerregimes abgesetzt.92

In demselben Jahr beendete Zweig den biographischen Roman Marie Stuart.

Stefan Zweig besuchte Österreich noch zweimal. Nachdem er in November

vernommen hatte, dass Hitler mit England über Österreich verhandelte, flog Zweig aus

der inneren Angst vor der kommenden Katastrophe sofort nach Wien, um seine

Familie und Heimat noch einmal zu sehen. Stefan Zweig schrieb: „Alles in dieser

Stadt, in diesem Land habe ich empfunden mit diesem > Nie wieder! <, mit dem

Bewusstsein, dass es ein Abschied war, der Abschied für immer.“93

Am 13. März 1938 wurde Österreich von Hitler übergefallen. Jetzt war Stefan Zweig

90 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.86 91 BROICH, Daniela., SANDER, Caroline. Stefan Zweig. Die Seite: Autorenschicksale nach der

Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. URL:

http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germ2/verboten/aus/zweig_werke.html [2010-10-25] 92 Die deutschsprachigen Klassikseiten. Die Schweigsame Frau.URL:

http://www.klassika.info/Komponisten/Strauss_R/Oper/TrV_265/index.html [2010-11-05] 93 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S. 459

Page 29: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

29

ein echter Emigrant. „In einem Tag verlor er sein Vaterland, sein Heimat, sein Besitz,

sein Publikum und seine Sprache,“94

sagte er. Seine Freunde, die Juden waren, wurden

verfolgt. Stefan hatte grauenhafte Schuldgefühle, dass er in Sicherheit lebte und nicht

den allen anderen helfen konnte. Noch dazu seine Mutter, Ida Zweig, starb im Alt von

vierundachtzig Jahren.

Als in England lebender staatenloser Ausländer musste Zweig um

einen Staatenlosenpass erbitten. Mit Verlust seines österreichischen Pass verlor Zweig

auch ein Teil seiner inneren Identität.95

Er bestand:

Übernacht war ich abermals über Strafe hinuntergeglitten. Gestern noch ausländischer und

gewissermaßen Gentleman, [...] war ich Emigrant geworden, ein 'Refugee'. Ich war in eine

mindere, wenn auch nicht unehrenhafte Kategorie hinabgedrückt.96

Im Jahre 1938 erschien das Buch Magellan, das von seiner Reise nach Amerika

inspiriert wurde.

In der ganzen Europa herrschte die Kriegsangst vor. In dieser unsicheren Atmosphäre

fand Zweig die wichtige geistige Hilfe in der Freundschaft mit Sigmund Freud. Stefan

Zweig wurde nicht von der Freudischen Theorie in allen Punkten überzeugt, trotzdem

er von diesem dreiundachtzigjährigen weltberühmten Psychoanalytiker in der

Darstellung der psychologischen Hintergründen seiner Figuren beeinflusst wurde.

„Immer hatte in all den Jahren ein Gespräch mit Freud für mich zu den höchsten

geistigen Genüssen gehört,“97

schrieb er in seiner Memoiren. Zweig war mit Freud

nicht nur geistlich sondern auch religiös und kulturell verwandt, denn die beiden

Gelehrten waren Juden.

Am 1. September wurde Polland von Deutschland angegriffen. Am 3. September

erklärte Frankreich und Großbritannien und das Vereinigte Königreich Deutschland

94 Brinson, Charmian. Dove, Richard. Taylor, Jennifer. 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain.

New York: Rodopin, 2006. S.40 95 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.468 96 Brinson, Charmian. Dove, Richard. Taylor, Jennifer. 'Immortal Austria?' Austrians in Exil in Britain.

New York: Rodopin, 2006. S.41 zitiert aus den Briefwechsel, S.313 97 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.479

Page 30: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

30

den Krieg.98

Seitdem war Zweig ein „enemy alien“99

in England. Der Zugang zum

Deutschenweltraum war ihm abgeschnitten. Wieder fühlte er, dass seine Freiheit und

Unabhängigkeit gefährdet ist und dass sein Traum über die friedliche Vereinigung

Europas ganz vorbei ist.100

Stefan mit seiner Freundin Lotte wurden in England als „feindliche Ausländer“101

bezeichnet. Zweig heiratete Lotte am 6. September 1939, um sie zu beschützen.

Danach zogen sie sich nach Bath um.

In demselben Jahr schrieb Zweig seinen einzigen Roman Ungeduld des Herzens, der

sich von unglücklicher einseitiger Liebe und dem falschen Mitleid handelt.

Im nächsten Jahr erhielten beide Geliebte die englische Staatsangehörigkeit. Aber das

brachte keine Ruhe für Stefan Zweigs Seele. Hitler siegte und eroberte sich die neuen

Gebiete. Zweig war pessimistisch und nach der Besetzung Frankreichs wurde er bereit

die Europa zu verlassen. Das war sehr schwere Entscheidung für ihn, weil er

die bedeutendsten Werke seiner Karriere gerade hier schrieb. Aber die Großbritannien

war gefährdet. Das Ehepaar verkaufte ihr Haus und verließ das Land.102

98 Deutsches Historischen Museum. Lebendiges virtuelles Museum Online. Der Zweite Weltkrieg. URL:

http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/index.html [2010-10-07] 99 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.493 100 Ebd., S.493 101 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.121 102 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.126

Page 31: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

31

3.3 Exil in Amerika 1940-42

„I belong nowhere, and everywhere I am a stranger“103

Stefan Zweig und seine Ehefrau kamen in New York im Juli an. Zweig hielt hier

die Vorträge, deshalb blieben sie hier ein Monat. Derzeit war New York

eine Zwischenstation für die Flüchtlinge, die aus Europa nach die Vereinigten Staaten

emigrierten. Zweig befand sich in komplizierter Situation. Viele seine Freunde, die in

der Heimat blieben, hatten ein grausames Schicksal. Die anderen baten ihn um

die Hilfe. Zweig als berühmte Persönlichkeit einrichtete, dass ein Schiff mit

prominenten Emigranten und vor allem mit seiner ersten Frau Frederike und ihren

Töchtern am 13. Oktober nach New York kam. Noch dazu ermöglichte er seiner

Freunden und Bekannten die Bürgerschaften für ihren Aufenthalt in den Staaten, Visa

und Reisegelder zu beschaffen. Außerdem unterstützte Zweig die Arbeit

der Hilfsorganisation Emergency Rescue Committee.104

Am 9. August fuhr er mit Lotte nach Südamerika. Stefan Zweig wollte seine

Autobiographie Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers beenden. Zweig

schrieb auch ein Buch über Brasilien mit dem Titel Brasilien. Ein Land der Zukunft,

das das Geschenk für das Land, von dem er so fasziniert wurde, war. Leider wurde es

jedoch als Brasiliens Auslandspropaganda erkennen,105

was auch Joseph Strelka und

Hartmut Müller erwähnen.106

Das Ehepaar ließ sich in Petropolis, in der Nähe von Rio de Janeiro107

, nieder. Beide

wollten ein 'Zuhause' haben, deshalb vermieteten sie einen kleinen Bungalow mit

großer Terrasse, wo Zweig ungestört arbeiten konnte. Gerade hier, auf der Terrasse.

103 Spitzer, Leo: Lives in between: assimilation and marginality in Austria, Brazil, West Africa, 1780-

1945. Cambridge: CUP Archive, 1989. S.171 104 Prater, Donald A. Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.297-300 105 Hart, Klaus. Er hat die Augen vor vielem verschlossen. Stefan Zweig und Brasiliens

Auslandspropaganda. [online] 2006. URL:

http://www.ila-web.de/brasilientexte/2006/zweig.htm [2010-11-12] 106 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.130 und Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt

Taschenbuch Verlag GmbH, 1988. S.124 107 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.124

Page 32: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

32

wurde sein Meisterstück Die Schachnovelle geschrieben.

Stefan Zweig entschied sich in Brasilien um Visum zu beten. Er wusste, dass er nach

Europa nie wiederkehrt. Im September 1941 in einem Brief nach Friderike schrieb er,

dass es ihm die alten Freunde fehlten, dass er nicht reisen könne, dass er

die Bibliotheken Nordamerikas vermisse und dass sein Buch über Brasilien nicht

enthusiastisch aufgenommen worden sei.108

Trotz allem fühlte sich Stefan Zweig wohl

in seiner neuen Heimat.

Die Nachrichten über den Krieg in Europa waren grauenhaft.109

Stefan Zweig hatte

die Schuldgefühle, weil die Menschen in Europa leiden und erschlagen sind, während

er in Frieden und im Wohlstand lebt. Ermüdeter und unruhiger Zweig litt unter

schweren Depressionen, was er am 4. Februar in einem Brief an Friderike schrieb:

Mich deprimiert allerdings der Gedanke, dass wir die entscheidende Kriegswende und

den endgültigen Sieg nicht mehr in diesem Jahr zu erwarten haben [...] Zudem befürchte

ich, dass unsere alten Tage voller Sorgen und Mühen bleiben, denn es wird keineswegs

mehr Sicherheit geben als zur Zeit der Reformation [...]110

Deshalb nahm er die Idee den Karneval in Rio de Janeiro zu besuchen sehr gerne auf.

Leider die neuen Ereignisse aus der Politik beendeten Zweigs Ideale über bessere

Zukunft. Nachdem er über den Fall Singapurs und über die Kapitulation der alliierten

Streitkräfte berichtet wurde111

, überkam ihn die Panikstimmung. Zweig wünschte sich

sofort von Karneval nach Hause zu fahren.

Am 21. Februar wurde Zweig von Ernst Feder zu einer Schachpartie eingeladen.

Stefan Zweig schied sich mit seiner Lieblingsphrase: „Entschuldigen Sie meine

schwarze Leber!“112

Das waren seine letzten Wörter.

108 Zweig, Stefan. Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.371-372 109 Geschichts und Kultur Verein Koengen E.V. Der Zweite Weltkrieg. URL:

http://geschichtsverein-koengen.de/Weltkrieg2.htm [2010-10-20] 110 Zweig, Stefan. Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.391 111 Singapur Geschichte. URL: http://www.erlebe-singapur.de/geschichte.php [2010-11-4] 112 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.148

Page 33: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

33

Am 23. Februar wurden in Rua Goncalves Dias 34 zwei Körper von Polizei, an Abruf

Zweigs Diener Antonio, gefunden. Stefan Zweig und Lotte Altmann begingen

Selbstmord durch Vergiftung.113

Der brasilianische Präsident Vergas ordnete ein Staatsbegräbnis am Friedhof von

Petropolis. Stefan und Lotte Zweig wurden in dem Cemiterio Municipal begraben.114

Der Selbstmord Stefan Zweigs wirkte auf die ganze, nicht nur die literarische, Welt

wie ein Schlag.

Seine Beweggründe zum Freitod erklärte er in seinem Declaracão, der unter

den anderen sorgfältigen Abschiedsbriefen gefunden wurde:

Ehe ich aus freiem Willen und mit klarem Sinnen aus dem Leben scheide, drängt es mich

eine letzte Pflicht zu erfüllen: diesem wundervollen Lande Brasilien innig zu danken, das

mir und meiner Arbeit so gute und gastliche Rast gegeben. Mit jedem Tag habe ich dies

Land mehr lieben gelernt und nirgends hätte ich mir mein Leben vom Grunde aus neu

aufgebaut, nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen ist und

meine geistige Heimat Europa sich selber vernichtet. Aber nach dem sechzigsten Jahre

bedürfte es besonderer Kräfte um noch einmal völlig neu zu beginnen. Und die meinen

sind durch die langen Jahre heimatslosen Wanderns erschöpft. So halte ich es für besser,

rechtzeitig und in aufrechter Haltung ein Leben abzuschliessen, dem geistige Arbeit immer

die lauterste Freude und persönliche Freiheit das höchste Gut dieser Erde gewesen.

Ich grüsse alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen

Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.

Stefan Zweig

Petropolis, 22. II. 1942115

Bis Heute ist dieses tragische Ereignis als „Selbstmord aus Verzweiflung“116

bezeichnet. Keineswegs ging es um die plötzliche Entscheidung, die der Fall

113 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.148 114 Cemitério Municipal de Petrópolis. URL:

http://www.findagrave.com/php/famous.php?page=cem&FScemeteryid=639590 [2010-11-14] 115 Casa Stefan Zweig. URL: http://www.casastefanzweig.com.br/sec_texto_view.php?id=16

[2010-11-14] 116 Höller, Ralf. Selbstmord aus Verzweiflung – der Schriftsteller Stefan Zweig. [online] 22. Februar

2007. URL: http://www.small-talk-themen.de/blog/index.php/menschen/selbstmord-aus-verzweiflung-

der-schriftsteller-stefan-zweig [2010-10-19]

Page 34: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

34

Singapores verursachte. Professor Joseph P. Strelka in seinem Buch

Stefan Zweig – Freier Geist der Menschlichkeit behauptet: „Seine Vorstellung vom

Freitod als legitimer Lösung und als Erlösung hat eine lange Vorgeschichte in seinem

Leben und in seinen Werken.“117

Stefan Zweig, sowie seine literarischen Helden, konnte nicht allein mit der äußeren

Welt kämpfen, deshalb nahm er auf sich Tod, um innerlich zu siegen.

117 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.150

Page 35: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

35

4. BIBLIOGRAFIE – DIE AUSWAHL

Silberne Saiten. Gedichte. 1901.

Die Liebe der Erika Ewald. Vier Novellen. 1904.

Paul Verlaine. 1905.

Die frühen Kränze. Gedichte. 1906.

Tersites. 1907.

Emilie Verhaeren. 1910.

Erstes Erlebnis. Vier Geschichten aus Kinderland. 1911.

Das Haus am Meer. 1913.

Der verwandelte Komödiant. 1913.

Brennendes Geheimnis. 1914.

Jeremias. 1917.

Erinnerungen an Emilie Verhaeren. 1917.

Das Herz Europas. 1918.

Legende eines Lebens. 1919.

Angst. 1920.

Der Zwang. 1920.

Drei Meister: Balzac, Dickens, Dostojewski. 1920.

Romain Rolland. Der Mann und das Werk. 1921.

Amok. Novellen einer Leidenschaft. 1922.

Die Augen des ewigen Bruders. Legende. 1922.

Frans Masereel. Der Mann und Bildner. 1923.

Die gesammelten Gedichte. 1924.

Der Kampf mit dem Dämon: Hölderlin, Kleist, Nietzsche. 1925.

Volpone. 1926.

Abschied von Rilke. 1927.

Episode am Genfer See. 1927.

Verwirrung der Gefühle. Novellen. 1927.

Sternstunden der Menschheit. Fünf historische Miniaturen. 1927.

Drei Dichter ihres Lebens: Casanova, Stendhal, Tolstoi. 1928.

Reise nach Rußland. 1928.

Kleine Chronik. 1929.

Page 36: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

36

Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen. 1929.

Rahel rechtet mit Gott. 1930.

Die Heilung durch den Geist: Franz Anton Mesmer, Mary Baker-Eddy, Sigmund

Freud. 1931.

Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. 1932.

Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam. 1934.

Die schweigsame Frau. 1935.

Maria Stuart. 1935.

Arturo Toscanini. Ein Bildnis. 1936.

Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen die Gewalt. 1936.

Der begrabene Leuchter. 1937.

Begegnung mit Menschen, Büchern, Städten. 1937.

Magellan. Der Mann und seine Tat. 1938.

Ungeduld des Herzens. 1939.

Brasilien. Ein Land der Zukunft. 1941.

Schachnovelle. 1942.

Posthum:

Sternstunden der Menschheit. Zwölf historische Miniaturen. 1943

Zeit und Welt. 1943.

Amerigo. 1944.

Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. 1944.

Balzac. Der Roman seines Lebens. 1946.118

118 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.155-157 und Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg:

Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988. S.146-149

Page 37: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

37

5. STEFAN ZWEIG UND DIE FRAUEN

Die Persönlichkeit jedes Einzelnen ist von der Umwelt, in die er geboren wurde,

geprägt. Wenn ich mich mit den Frauengestalten in Zweigs Werken auseinandersetzen

will, muss ich zuerst ein besonderes Augenmerk auf die wirklichen Frauen aus seinem

Leben legen.

In diesem Fall stelle ich drei Frauen dar:

Die Mutter – Ida Zweig

Die erste Ehefrau – Friderike Maria von Winternitz

Die zweite Ehefrau – Charlotte Elizabeth Altmann

Ich beabsichtige die praktischen Kriterien festzusetzen, anhand deren werde ich am

Ende die Frauen mit den einzelnen Frauenfiguren vergleichen. Die Kriterien sind:

Der Herkunft – der die Gesellschaftsklasse bestimmt

Die Ausbildung – die der Intellekt jeder Frau definiert

Die Beziehung zu Stefan Zweig / bzw. die Beziehung zum Ehemann oder

Geliebten - die der inneren Charakterzüge zeigt (ob die Frau ambitioniert oder

ergeben ist, treu oder untreu, leidvoll oder unabhängig, realistisch oder naiv

usw.)

Der Charakter – der meine persönliche Stellungnahme zu jeder Frau oder

Frauenfigur stellt

Ich glaube, dass die von mir selbst ausgewählten Kriterien die Persönlichkeiten

der erwähnten Frauen genau darstellen und entdecken, welche Frau aus Stefan Zweigs

Leben meistens als Vorbild für seine literarischen Heldinnen stand.

Page 38: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

38

5.1 Die Mutter

Ida Brettauer (1854-1938) wurde am 5. May in Ancona in Süditalien geboren. Ihr

Vater Joseph Brettauer war ein hochgestellter und sehr reicher Bankier und seine

Familie lebte seit dem 18. Jahrhundert im jüdischen Ghetto.119

Es war

die außerordentliche Familie, weil viele ihre Familienmitglieder durch die ganze Welt

lebten, was Zweig selbst beschrieb:

Aber die Familie meiner Mutter war keineswegs italienisch, sondern bewußt international;

Die Brettauers, die ursprünglich ein Bankgeschaft besaßen, hatten sich [...] von Hohenems,

einem kleinen Ort an der Schweizer Grenze, frühzeitig über die Welt verteilt. Die einen

gingen nach St.Gallen, die andern nach Wien und Paris, mein Großvater nach Italien, ein

Onkel nach New York, und dieser internationale Kontakt verlieh ihnen besseren Schliff,

größeren Ausblick und dazu einen gewissen Familienhochmut.120

Dazu erwähnte er, dass in dieser Familie nur Ärzte, Advokaten, Bankiers oder

Professoren gaben, die dazu minimal zwei Sprache beherrschten.121

Zweigs Mutter war

gehörig Stolz auf diese Tradition und den Snobismus pflegte sie auch in ihrer eigenen

Familie. Trotzdem Ida ihr Gatte respektierte und mit ihm in der glücklichen Ehe war,

war sie überzeugt, dass sie etwas Besseres als er ist. Sie liebte den Luxus, die

Gesellschaft und die teuren Kleidung, was zum Beispiel aus der derzeitigen Fotografie

offensichtlich ist.122

Im Allgemeinen war Ida Zweig eine echte Aristokratin ihrer Zeit.

Ida Zweig hatte wahrscheinlich keine Ausbildung, denn der Geschichte nach, erfüllte

solche großbürgerliche Frau am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Rolle die

Mutter und die Gattin, die ihren Mann repräsentiert. Deshalb war die Ausbildung bei

solcher Frau weder notwendig noch üblich.123

119 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.14 120 Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.23 121 Ebd., S.24 122 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. Das Bild auf S.9 123 Deutsches Historischen Museum. Lebendiges virtuelles Museum Online. Die neue Frau. URL:

http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/alltag/frau/index.html [2010-10-07]

Page 39: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

39

Stefan Zweig hielt Abstand vor seiner Mutter, weil er sie nur einige mal in seinem

autobiografischen Buch erwähnte und weil auch Donald A. Prater und Joseph Strelka

diesen Fakt in ihren Büchern bestätigten.124

Dennoch in dem vorgerückten Alter

pflegte Stefan relativ herzliche Beziehung zu seiner Mutter, was aus ihrem

Briefwechsel evident ist.125

Die ausführlichere Charakteristik seiner Mutter finde ich in

den autobiografischen Werken von Friderike Zweig. Sie ermittelte, dass eher der Vater

die Rolle der Mutter spielte. Zum Beispiel falls Krankheit blieb er statt die Mutter mit

Kindern zu Hause. Friderike hielt Stefans Mutter für die selbstbewusste Frau, die ihre

Ziele um jeden Preis erfüllte und ihre Eigenwille durchsetzte.126

Auf jeden Fall litt der

junge Stefan unter Einfluss seiner dominanten Mutter, was meistens die Konflikte

erregte. Auf eine Seite hasste er die Manieren seiner Mutter, auf der anderen Seite

bemühte er sich den ganzen Leben ihr aristokratisches Weltbürgertum zu nachahmen.

Auch David Lester beschreibt Stefan Zweigs Beziehungen in dem Buch Suicide and

the Holocaust. Er verweist auf den Fakt, dass die Mutter nachdem sie

die Mutterpflichten erfüllt hatte, konzentrierte sich nur an sich selbst. Sie reiste, sie

interessierte sich für die Mode, sie verbrachte viele Zeit mit ihren Freunden. Und

während Stefans Vater respektierte das, Stefan hasste ihr Lebensstil. Und daraus

kommt Lester zur grundsätzlichen Konklusion, dass Stefan Zweig die Frauen,

die sehr unterschiedlich von seiner Mutter waren, heiratete.127

Ich persönlich betrachte Ida Zweig für die charaktervolle Persönlichkeit, die ohne

Zweifel Stefans Leben beträchtlich geprägt. Ich sehe hier die Ähnlichkeit im

Benehmen, denn Stefan Zweig selbst ein eigensinniger Mann war, der vor allem sein

Schaffen und seine Interessen bevorzugte.128

Also trotzdem er als Junge die Manieren

seiner Mutter verurteilte, im vorgerückten Alter betragt er sich ähnlich zu seiner

Frauen.

124 Prater, Donald A.: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984 und Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer

Bundesverlag Gesellschaft m.b.H., 1981. 125 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. 126 Friderike Zweig: Stefan Zweig: Wie ich ihn erlebte. Stockholm: Neuer Verlag, 1947. 127 Lester, David: Suicide and the Holocaust. New York: Nova Publishers, 2005. S.65 128 Stanislawski, Michael: Stefan Zweig in Autobiographical Jews: essays in Jewish self-fashioning.

Seattle: University of Washington Press, 2004. S.106

Page 40: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

40

5.2 Friderike Maria von Winternitz

Friderike wurde am 4. Dezember 1882 in Wien geboren. Als die Tochter von Emanuel

Burger (1844–1902) und Theresia Elisabeth Burger (geborene Feigl; 1844–1923)

stammte sie aus der großbürgerlichen jüdischen Familie. Als sie dreiundzwanzig Jahre

alt war, wurde sie mit Dr. Felix Edler von Winternitz (1877–1950) verheiratet. Sein

Mann war ein Finanzkomisär und wegen der Ehe war Friderike zum römisch-

katholischen Glaube übergetreten. Sie hatten zwei Tochter, Alexia Elisabeth (Alix)

Winternitz (1907–1986) und Susanna Benediktine (Suse) Winternitz (1910–1998).129

Im Jahre 1912 lernte sie schon berühmten Schriftsteller Stefan Zweig kennen und acht

Jahre später wurde das Paar verheiratet. Bis 1937 lebte sie mit ihren Tochter in

Salzburg. Nach der Bruch des Krieges emigrierte sie nach Frankreich und in 1941 in

die Vereinigten Staaten von Amerika.

Friderike Zweig starb am 18. Januar 1971 in Stamford, Connecticut, USA.130

Friderike von Winternitz wurde eine schöne und zugleich ausgebildete Frau. Ihr Vater

leitete das Büro der North British Insurance Company in Wien und gewährte ihr

die beste mögliche Ausbildung. Friderike studierte Literatur und Französisch an

der Universität Wien. Aber weil sie ungeduld sich selbstständig zu machen war,

bestand sie den Ausbildungskurs zur Lehrerin der französischen und deutschen

Literatur, Pädagogik und Psychologie. Somit konnte sie bald unabhängig von ihrer

Familie werden.131

Von Jugend an war Friderike eine ernsthafte, zielbewusste und selbstbewusste Person.

Trotz sie zwei Töchter hatte, arbeitete sie als Lehrerin, Journalistin und Übersetzerin.

Sie war fähig seine eigene Karriere als Schriftstellerin zu bilden und unter dem Namen

Friderike Maria Winternitz veröffentlichte sie die Bücher Der Ruf der Heimat (1914)

129 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.14 und ANZ, Thomas. Verwirrung der Gefühle.

Stefan Zweig und Sigmund Freud. URL:

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=10136&ausgabe=200611 [2010-11-06] 130 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.402 131 PRATER, Donald A. Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1984. S.65

Page 41: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

41

und Vögelchen (1919).132

Auch später schaffte sie die ganze Agende für Stefans

Schaffen zu organisieren. Daneben engagierte sie sich das ganze Leben für

die nationalen und internationalen Vereinigungen für die sozialen und humanitären

Belange. Nach dem Tode Stefan Zweigs wurde Friderike Zweig zur Ehrenpräsidentin

der „Internationalen Stefan-Zweig-Gesellschaft“.133

Friderike Maria von Winternitz und Stefan Zweig lernten sich im Wien in

dem Gasthaus Riedhof in der Josefstadt am 24. Juli 1912 kennen.134

Friderike schrieb

einen Brief an ihn, ohne Unterschrift, was ihn belustigte. Nach zwei Monaten

der Korrespondenz trafen sie sich persönlich. Stefan Zweig wurde von

dieser energetischen aber zugleich feinsinnigen Frau bezaubert. Er notierte sich in

seinem Tagebuch: „Sie ist so fest in ihrer Hilflosigkeit, so gütig in ihrer Stille, so

weiblich in ihrer Klugheit. [...] dieser Unterton des Verhaltenseins in unseren

Beziehungen ist sehr reizvoll.“135

Und trotzdem Friderike verheiratet war, wollte sie

die Beziehung mit Stefan pflegen. Sie bekannte in einem Brief: „Ich nähre mich selbst

und bin seit langem ganz unabhängig.“136

Ihre Freundschaft und Beziehung dauerte

acht Jahre bis sie verheiraten wurden. Auf jeden Fall war ihr Zusammenleben keine

Liebesgeschichte. Nicht nur dass Stefan Zweig sehr oft reiste und Friderike blieb allein

zu Hause, sondern er hatte auch eine Geliebte in Paris. Stefan, Friderike und Marcelle

lebten ein paar Jahre in einer Dreiecksbeziehung.137

Im Jahre 1914 lasste sich Friderike endlich von ihrem ersten Mann scheiden. Im Laufe

des ersten Weltkrieges arbeitete Zweig in dem Wienerkriegsarchiv und ein Jahr lebte

er zusammen mit Friderike und ihre Töchter in Kalksburg bei Wien. Im Jahre 1917

kaufte Stefan das Jagdschlösschen auf dem Kapuzinerberg in Salzburg, was ihren Sitz

in den nächsten achtzehn Jahren war.

132 Zweig, Stefan., ZWEIG, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.399 133 Internationale Stefan Zweig Gesellschaft. URL: http://www.sbg.ac.at/ger/zweig/ [2010-10-06] 134 Zweig, Stefan., ZWEIG, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.7 135 Ebd., S.20 136 Ebd., S.22 137 Ebd., S.49

Page 42: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

42

Am 28. Januar 1920 Friderike Maria von Winternitz, in Vertretung von Felix Braun,

heiratete Stefan Zweig. Friderike war eine gute Wahl für ihn. Auf eine Seite liebte sie

Stefan und kümmerte sie sich um ihn, auf der anderen Seite arbeitete Friderike

teilweise als seine Sekretärin und vor allem organisierte sie ganze seine Agende und

Dokumentation. Strelka bemerkt in seinem Buch:

Friderike Maria [...] eine Art Mutterersatz bedeutet hatte, war stark genug und brachte

die notwendigen Eigenschaften mit, um die direkte Mutterbindung Zweig zu ersetzen. In

mancher Hinsicht war sie reifer und bedeutete eine echte Hilfe und notwendige Stütze in

kleinen bis zu bedeutenden Fragen der Realitätsbewältigung.138

Stefan Zweig hielt sehr ihre Hilfe wert. Er hielt Friderike für seine Lebenspartnerin

und liebte ihre Töchter, dennoch war es nicht die ideale Ehe. Stefan war zu oft

unterwegs, mit Friderike verbrachte er keine Weihnachten oder Geburtstag zusammen.

Noch dazu litt Stefan mit vorgerücktem Alter immer mehr an schweren Depressionen.

Im Jahre 1925 schrieb er an Friderike: „Meine depressiven Zustände haben keine

reellen Gründe, wieder in Arbeit noch im Nicotin [...] Es ist eine Alterskrise [...]“139

Auch Friderike, die lange mit ihrer Beziehung nicht zufrieden war, äußerte ihre

Enttäuschung in den Briefen. Darauf aber besuchte Stefan sein Heimat noch weniger.

In einem Brief an Friderike reagierte er: „ein wenig ärgerte ich mich, dass jeder Brief

von Dir mit Klagen und Lamentation erfüllt war [...]“140

Das Missverhältnis in der Ehe

war in folgenden Jahren offensichtlich, denn der Briefwechsel war mehr formal als

freundlich. In Wirklichkeit war Friderike unglaublich geduldig mit Stefans Manieren.

Noch im Jahre 1930 sprach sie ihren Wunsch mit Stefan im Ruhe zu leben aus:

Ich will ruhig mit Dir leben und sei es in einer Mansarde. Ich kann mich nicht dauernd

mehr mit irregulären Verhältnissen abgeben, denn ich vertiefe mich ja in sie, wenn man sie

mir überantwortet.141

Anderseits zwei Jahre später dachte sie über den eventuellen Abschied nach.

138 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.26 139 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.175 140 Ebd., S.210 141 Ebd., S.231

Page 43: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

43

Im Frühling 1934 erlebte das Paar eine schwere Beziehungskrise. Stefan Zweig war

schon in seine Sekretärin Lotte verliebt und wollte wegen des Regimes nach London

umsiedeln. Noch drei Jahre dauerte als Frederike sich von ihrem zweiten Ehemann

scheiden ließ. Dazu bekam sie einen offenherzigen Brief von Stefan, in dem er seine

Gefühle beschrieb:

Die beste Zeit ist unwiederkehrbar vorbei, und wir habe sie gemeinsam gelebt, viel davon

in wirklichem Gluck und ich aus in gesegneter Arbeit. Denken wir an dies, wenn wir

bedrückt sind, glaube mir, dass ich Dir für alles Gute dankbar bin und daran gerade jetzt

denke, während das Schlimme, das uns oft verwirrt, nun vergessen ist – vergiss auch Du,

wenn ich oft zu Dir ungerecht war. Glaube nicht einen Augenblick, dass ich Dir verloren

bin, und denke an mich wie an Deinen besten Freund [...] 142

Am 22. November 1938 wurden Friderike und Stefan geschieden. Am 6. September

1939 heiratete Stefan Zweig seine junge Freundin Lotte Altmann.

Als Friderike vom Anschluss Österreichs an Hitlers Deutschland überrascht wurde,

blieb sie in Frankreich als Emigrantin. Später übersiedelten auch ihre Töchter mit ihren

Ehemännern nach Frankreich.143

Nach dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges fuhr Friderike sofort auf Notvisum nach

New York um Stefan und Lotte zu besuchen. Donald A. Prater beschreibt ihre erste

Begegnung: „Friderike, [...], war überrascht, keinerlei Feindseligkeit gegenüber Lotte

zu empfinden [...]“144

Auch Friderike selbst erzählte, dass sie keine Eifersucht fühle,

sondern großes Verständnis und Sorge um Lottes Familie, die in Europa blieb. Zum

Ende hatten diese zwei Frauen ziemlich herzliche und respektvolle Beziehung, wann

Friderike sich um Lottes Nichte Eva, die in Amerika auf Internat kam, kümmerte.145

142 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.331 143 Ebd., S.343 144 Prater, Donald.A: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.305 145 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.371

Page 44: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

44

Schon im Oktober 1941 emigrierte Friderike mit beiden Töchtern und ihrer Familien in

die Vereinigten Staaten von Amerika. Der schnelle Transport wurde vor allem dank

der Hilfe und Einfluss Stefan Zweigs realisiert.146

Stefan Zweig und Friderike pflegten die feste Bindung bis Ende Stefans Leben. Am

22. Februar 1942, an dem Tag seines Selbstmordes, adressierte Stefan ein

Abschiedsbrief an Friderike, wo er sich aus seinen inneren Gefühle und

Enttäuschungen gestand.

Petropolis, 22. II. 1942

Liebe Friderike,

wenn Du diesen Brief erhältst, werde ich mich viel besser fühlen als zuvor. Du hast

mich in Ossining gesehen, und nach einer guten und ruhigen Zeit verschärfte sich

meine Depression - ich litt so sehr, daß ich mich nicht mehr konzentrieren konnte. Und

dann die Gewissheit - die

einzige die wir hatten - daß dieser Krieg noch Jahre dauern wird, daß es endlose Zeit

brauchen wird, ehe wir, in unserer besonderen Lage, wieder in unserem Haus uns

niederlassen können, war zu bedrückend. Petropolis gefiel mir sehr gut, aber ich hatte

nicht die Bücher, die ich brauchte, und die Einsamkeit, die erst so beruhigend wirkte,

fing an niederschlagend zu wirken - der Gedanke, daß mein Hauptwerk, der Balzac,

nie fertig werden könnte ohne zwei Jahre in ruhigem Leben und mit allen Büchern,

war sehr hart, und dann dieser Krieg, der seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat. Ich

war für all das zu müde. Du hast Deine Kinder und damit eine Pflicht zu erfüllen. Du

hast weitreichende Interessen und eine ungebrochene Aktivität. Ich bin sicher, Du

wirst die bessere Zeit noch erleben und Du wirst mir recht geben, daß ich mit meiner

„schwarzen Leber“ nicht mehr länger gewartet habe. Ich schicke Dir diese Zeilen in

den letzten Stunden, Du kannst Dir nicht vorstellen, wie froh ich mich fühle, seit ich

diesen Entschluß gefaßt habe. Gib den Kindern meine lieben Grüße und beklage mich

nicht - denke an den guten Joseph Roth und Rieger, wie froh ich immer war, daß sie

diese Prüfungen nicht zu überstehen hatten.

Alles Liebe und Freundschaftliche und sei guten Mutes, weißt Du doch daß ich ruhig

und glücklich bin.

Stefan147

Friderike überlebte das Paar um drei Jahrzehnten. In dieser Zeit war sie ständig

produktiv. Im Jahre 1943 gründete sie das Writers Service Center zu der Unterstützung

146 Müller, Hartmut: Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.123 147 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike. Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.395-396.

Page 45: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

45

von Schriftstellern, sie half bei Übersetzungen oder sie organisierte verschiedene

Lektüre und Vorträge. Friderike Zweig publizierte zwei Autobiografien über ihr Leben

mit Stefan Zweig: Stefan Zweig, wie ich ihn erlebte. Stockholm: Neuer Verlag, 1947

und Stefan Zweig – Eine Bildbiographie. München: Kindler Verlag, 1961.148

Friderike Zweig starb am 18. Januar 1971, im Alter von neunundachtzig Jahren.

Es liegt klar zu Tage, dass Friderike wahrscheinlich die wichtigste Frau Stefan Zweigs

Leben war. Sie verbrachten fünfundzwanzig Jahre zusammen, deswegen meine ich,

dass Friderike sowohl Zweigs Leben als auch sein Schaffen bedeutend geprägt musste.

Als sie sich kennenlernten, war Friderike fast dreißig Jahre alt. Stefan Zweig wurde

insofern bezaubert, dass er nur ihretwillen sein Bohemienleben beendete. Seit

dem Jahre 1912 wurde sie zum seinen Lebenspartnerin auf allen Gebieten. Stefan

liebte sie, denn sie ihm die Liebe, das Respekt und vor allem das Gefühl zu Hause

gewährte. Noch dazu half sie ihm mit Übersetzungen, Korrekturen, mit

der Publikationtätigkeit und beschickte ihm alle Unterlagen und Quellen zu seiner

Arbeit. Zum Unterschied von Stefan war Friderike mehr sachlich, objektiv und

realistisch. Trotzdem sie in demselben ungünstigen Zeitraum wie er lebte, war sie mehr

mutig und stark mit den aktuellen Nachstellungen der Welt zu kämpfen. Als Beispiel

zählt der Fakt, dass Stefan zweimal drängte Friderike, damit sie mit ihm in den Tod

gehe aber Friderike riet es ihm allemal ab.149

Sie riet ihm auch im Fall der Publikation,

sie besorgte seinen Briefwechsel und pflegte die Kontakte mit Freunden, Künstlern

und anderen bedeutenden Persönlichkeiten. Friderikes Wirkung auf Zweigs Leben war

also zweifellos deutlich. Auch heute ist Friderike Zweig als „starke, selbstbewusste

Frau, die viel von ihrer Persönlichkeit aufgeben musste“ bezeichnet.150

148 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike. Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S. 399 149 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.150 150 Pichler Elizabeth. Stefan Zweig Spaziergang mit dem Landestheater Salzburg. Dorf Zeitung. URL:

http://dorfzeitung.com/?p=6781 [2010-11-05]

Page 46: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

46

5.3 Charlotte Elizabeth Altmann

Charlotte wurde am 5. May 1908 in Kattowitz geboren. Als das vierte Kind von

Therese und Joseph Georg Altmann entstammte sie aus der mittelklassischen Familie,

denn ihr Vater war ein preußischer Kaufmann. Im Juni 1933 emigrierte sie mit ihrem

Bruder Manfred und seiner Frau von Frankfurt nach London. Im Jahre 1934 wurde sie

als Sekretärin und Assistentin Stefan Zweig berufstätig. Bald wurden sie zu Geliebten.

Nachdem Stefan entscheidet war, konnten sie die Ehe am 6. September 1939 in Bath

schließen. Nach einem Jahr in brasilianischer Emigration, genau am 22. Februar 1942,

beging das Paar den Selbstmord. Lotte und Stefan Zweig sind in Petropolis in

einer Grabstätte begraben.151

Elizabeth Charlotte Altmann besaß die gute Ausbildung, was Friderike selbst erkennte.

Noch dazu sprach sie gut französisch und englisch.

Lotte Altman war siebenundzwanzig Jahre alt, als sie Stefan Zweig kennenlernte. Er

war sechsundzwanzig Jahre älter als sie. Zum Unterschied von Friderike verkörperte

Lotte eine ruhigere, verletzbare und ergebene Frau. Donald A. Prater bezeichnet Lotte

als „schweigsame Frau“152

, die bald zu einer ergebenen Verehrerin ihres Arbeitgebers

wurde. Lottes Liebe und Ergebenheit ist auch aus dem Liebesbrief an Stefan offenbar.

Sie schrieb:

Ich möchte Dir noch einmal sagen, [...] wie gerne ich Dich habe und wie glücklich Du

mich durch Deine Freundschaft gemacht hast. Wenn ich auch nach außen kalt erscheine,

[...] so habe ich doch [...] ein ganz großes Bedürfnis nach Liebe und Freundschaft und

die hast Du mir gegeben [...] Du hast mir so viel Freude gegeben in der Zeit unseres

Zusammenseins und ich war so glücklich über den Aufenthalt in Nizza, noch länger mit

Dir sein zu können [...]153

151 ZWEIG, Stefan. ZWEIG, Friderike. Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.278 152 Prater, Donald.A: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.239 153 Ebd., S.245

Page 47: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

47

Stefan war von netter Sekretärin nicht nur ganz bezaubert sondern er sah auch

die letzte Möglichkeit ein neues Leben mit jüngerer Frau zu beginnen. Er entschied

sich Lotte schnell zu heiraten, denn sie als die deutsche Staatsbürgerin von

der Internierung in ein Arbeitslager befürchtet wurde. Und dank dieser Ehe erhielt sie

die britische Staatsbürgerschaft in dem folgenden Jahr. Donald A. Prater behauptet,

dass es vonseiten Zweigs nicht nur das Mitleid wäre, sondern auch ihre treue

Ergebenheit und Kameradschaftlichkeit in ihm eine tiefe Wärme und echte Zuneigung

für sie wecke.154

Herman Broch, Zweigs Freund, beglückwünschte seinen Freund zu

der Heirat: „Sie mussten lange auf die Richtige warten, aber sie ist es.“155

Ein Jahr lebten sie zusammen in dem Haus in Rosemount, Lycombe Hill. Schon

im Jahre 1941 emigrierte das Paar in die Vereinigten Staaten. Wenige Monate

verbrachten sie in New York als sie sich in Rio de Janeiro ansiedelten.

Lotte begleitete Stefan auf Reisen und gleichzeitig kam sie die Pflichten der Sekretärin

nach. Allgemein gesagt, verbrachte sie die ganze Zeit mit ihm.

Der letzte Tag vor dem Tod ging Lotte einkaufen wie gewöhnlich. Der Abend

verbrachte Lotte und Stefan mit Freunden. Den nächsten Tag wurde Lotte und Stefan

Zweig in ihrem Haus tot gefunden. Sie genossen ein Dosis von Veronal wovon sie

vergiftet wurden.156

Es gibt einige Beweggründe, warum sie ihr Leben zusammen mit Stefan beendete. Ihr

Mann hatte seit langem die tiefen Depressionen und war von seinem anwachsenden

Alter befürchtet. Aber Lotte trotz dem unheilbaren Asthma nur dreiunddreißig Jahre alt

war und hatte fast das ganze Leben vor ihr. Dennoch wurde sie zu Stefan so ergebt,

dass sie mit ihm auch im Tod bleiben wollte..

Wie viel war Stefan Zweig von seiner zweiten Frau beeinflusst kann ich nur

154 Prater, Donald A.: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.281 155 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.124 156 Zweig, Stefan., Zweig, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.398

Page 48: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

48

überschlagen, denn in den ausgewählten Quellen stehen darüber nur wenige

Informationen. Lotte im Vergleich zu Friderike hatte die unterschiedlichen

Charakterzüge. Sie ist meist als die scheue und kranke Frau illustriert, die immer

untergeordnet seinem Mann war. Anderseits Klemens Renoldner, Direktor der Stefan

Zweigs Zentrums, ist überzeugt, dass diese Ansicht ganz unwahrhaftig ist. Leider

brachte er keine maßgeblichen Beweise bei.157

Auch Friderike beschrieb Lotte als

eine leidende und willfährige Person.158

Auf jeden Fall war Lotte eine sanftere und

leisere Frau, die lieber diskret im Hintergrund von Stefans Geschäftigkeit blieb. Nach

David Lester, wählte sich Zweig Lotte aus, weil sie mehr ruhiges Leben versprach.159

Es ist also offensichtlich, dass Lotte in Stefans sterbendem Leben einen Funke

der Hoffnung erweckte. Leider war Lotte nicht genug stark um mit ihrem Geliebter

ein langes glückliches Leben zu verbringen.

157 Continuum Books. Stefan and Lotte Zweigs South American Letters. URL:

http://www.continuumbooks.com/books/detail.aspx?BookId=157791&SubjectId=997&Subject2Id=997

[2010-11-05] 158 Zweig, Stefan. Zweig, Friderike. Wenn einen Augenblick die Wolken weichen. Briefwechsel 1912-

1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006. S.400 159 Lester, David: Suicide and the Holocaust. New York: Nova Publishers, 2005. S.69

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49

6. DIE FRAUENGESTALTEN IN DEN AUSGEWÄHLTEN WERKEN

6.1 Die Liebe der Erika Ewald

Die Geschichte erschien im Jahre 1904 als die erste Novelle Stefan Zweigs.

Die Form: Es handelt sich um die kurze Erzählung. Die Haupthandlung illustriert

die platonische Liebesaffäre, die Erika Ewald mit einem berühmten Künstler erlebt.

Die Geschichte beschreibt die innere Entwicklung der Hauptprotagonistin von naiven

unausgeglichenen Mädchen zu einer schicksalergebenen Frau. Am Ende Erika gewann

die Weisheit: „dass der große heilige Friede, um den sie gerungen, nicht anders

errungen wird, als durch einen tiefen läuternden Schmerz, dass es kein Glück gebe für

den, der nicht den Weg der Leiden gegangen ist.“160

Die Länge: Die Geschichte abspielte sich innerhalb wenigen Winterwochen.

Der Ort: Nicht näher bezeichnet.

Der Titel: Der Titel stellt den Hauptkonflikt der Novelle vor.

Die Themen: die platonische Liebe, die Leidenschaft, die Unausgeglichenheit,

die Scham, die Angst, der Leid, der Schmerz, die Rache

160 Zweig, Stefan.: Die Liebe der Erika Ewald in Verwirrung der Gefühle. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1983. S.69

Page 50: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

50

6.1.1 Die Handlung

Erika Ewald lebt ein behagliches monotones Leben. Sie arbeitet als Musiklehrerin und

träumt oft von der großen Liebe. Bei einer Probe zum Konzert lernt sie sich mit

einem jungen Geigenvirtuosen kennen. Der Traum wird zur Realität und Erika verliebt

sich leidenschaftlich in ihm. Ihre einsame Seele ist plötzlich zu ihrem Freund ganz

geöffnet. Kindisch verehrt Erika seine Persönlichkeit. Eines Tages, als sie ganz

verzaubert von seiner Musik ist, brachte sie in hysterischem Schluchzen aus.

Der Künstler ist davon insoweit bewegt, dass er ihre Hände wie in einem Rausch küsst.

Erika stößt ihn weg und geht sofort nach Hause. Am nächsten Tag treffen sie sich

wieder. Erika ist verwirrt und fürchtet sich vor Zukunft. Als er am Abend seine Liebe

zu ihr erklärt und bekannt, dass er nach ihrem Körper sehnt, ist ihre zarte Freundschaft

im Augenblick gebrochen. Ganz berauscht stimmt sie mit seinem Liebesvorschlag zu.

Aber bald macht ihr diese vorbesprochene Liebesszene Angst und Bange und im

letzten Moment läuft sie furchtsam weg.

Erika erwartet einen Brief oder eine Nachricht von ihm erwartet und sie fühlte sich in

den nächsten vierzehn Tagen wieder einsam in der Welt. Die innere Selbsterkenntnisse

und Entbehrung bringt ihr ein neues besonderen Gelüst mit: „Sie wusste nur plötzlich,

dass sie sich wieder nach ihm sehnte, aber nicht nach gültigen Worten und

schweigenden Stunden, sondern nach seinen kraftvollen Armen und nach den heißen

Lippen [...]“161

Darum geht Erika zum Konzert, um ihn wieder zu sehen. Wie

überrascht sie ist, als er sie mit höhnischem Anblick erwidert und mit anderer Frau

weggeht. Erika ist erbebt. Trotz den anfänglichen Todesgedanken will sie nicht ihn

siegen lassen, deshalb entscheidet sie sich an ihm Rache zu üben, dass sie sich dem

ersten Mann hingeben. Sie geht mit einem unbekannten Kavallerist in die Nachtbar.

Anstatt mit dem Mann die Nacht zu verbringen, ist sie im Weinkrampf heimgebracht.

Erika ist am Ende ihrer Kräfte. „Sie wusste nun, dass die Liebe nicht mehr zu ihr

kommen würde, und dass sie ihr nicht entgegengehen dürfe; die Bitterkeit des

Entsagens nahte ihr zum letzten Male.“162

161 Zweig, Stefan.: Die Liebe der Erika Ewald in Verwirrung der Gefühle. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1983. S.53 162 Ebd., S.68

Page 51: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

51

Erika Ewald ist wieder in ihrer Einsamkeit, sie lebt für Musik und für Kunst und ab

und zu träumt sie über die Vergangenheit.

Page 52: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

52

6.1.2 Erika Ewald

Erika Ewald ist eine junge Frau, für die die Musik sowohl ein Beruf als auch

die Leidenschaft darstellt. Erika stammte aus der niederen Klasse der Gesellschaft. Sie

lebt mit ihrem Vater und Schwester in einem alten Haus in der Vorstadt. Ihr Vater

arbeitet den ganzen Leben in Bureau und seit dem Tode seiner Frau ist ihm die Welt

und seine Familie entfremdet. Ihre Schwester Jeanette ist „unscheinbar und

hässlich“163

während Erika selbst ist „jung und schön“.164

Die Familie lebt

ein gewöhnliches ruhiges Leben. Jeden Tag treffen sie sich beim Abendessen, wo sie

meistens schweigen, denn sie sind eher fremd zu einander. Der Autor schreibt:

„Das war so jeden Tag in diesem Hause, wo auch die gleichgültigste Tätigkeit zu

starrer Gewohnheit versteinerte.“165

Es ist nicht offensichtlich welche Ausbildung Erika vertritt. Sie konnte entweder

einen Ausbildungskurs zur Lehrerin oder das Studium an der Universität bestehen.

Meiner Meinung nach, legte sie den Kurs ab, denn sie ist nicht genug finanziell

versorgt um der Universität zu studieren. Anderseits ist Erika in ihrer künstlerischen

Profession präzis, weil sie das ganze Leben in die Musik und Kunst einweist.

Die Erzählung schildert die erste Liebeereiferung eines jungen naiven Mädchens zum

berühmten talentvollen Mann. Von Jugend an ist Erika ein zurückhaltendes und

einsames Wesen, das ganz zur Kunst ergeben ist. Wenn sie den jungen Geigenvirtuose

kennenlernt, ist sie so überrascht und bezaubert, dass sie ihm ihre Seele ungescheut

offenbart. Stundenlang kann sie seine Musik anhören, sie liebt die Zeit, die sie

zusammen verbringen, nur mit ihm ist sie fähig über alles zu sprechen. Ihre Gefühle

sind im Buch so beschrieben:

Sie liebte in seiner Person alle ihre Traumgestalten, die in den langen Jahren

des Alleinseins eine gewisse Wirklichkeit gewonnen hatten, sie verehrte den Künstler,

der sich in seinem Wesen verkörperte, weil sie den mädchenhaften Glauben hatte, dass

163 Zweig, Stefan.: Die Liebe der Erika Ewald in Verwirrung der Gefühle. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1983. S.19 164 Ebd., S.68 165 Ebd., S.20

Page 53: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

53

ein Künstler auch in seiner Lebensführung die priesterliche Würde verwirklichen müsse.166

Und je öfter sie sich treffen, desto stärker ist Erikas Liebe und Verehrung zu ihm.

Erschrocken von der Liebesszene sieht sie die Welt ohne rosa Brille, denn sie weiß,

dass sie für diesen Schritt noch nicht vorbereitet ist. Der Autor erklärt: „Die Furcht

kam plötzlich über sie wie ein Fieberschauer, der die krampfhafte Starre löste.“167

Statt

ihm ihre Stellungnahme zu erklären, läuft sie weg. Erika ist noch ein Kind während

der Künstler ist schon ein erfahrener Mann. Er ist von Erikas Naivität und Jugend

gereizt. Erika ist ihm ganz ergeben und er fühlt Mitleid mit diesem kindischen

Benehmen.

Ich halte Erika Ewald für ein merkwürdiges Mädchen, das von einfachen Verhältnissen

stark geprägt ist. Die kühlen Beziehungen und die Entfremdung unter ihr, ihrem Vater

und ihrer Schwester verursachten, dass sie die zurückhaltende und geschlossene Person

verkörpert. Sie lebt in ihrer eigenen Traumwelt. Erika Ewald ist naive junge Frau,

deren Gefühle pur und ehrlich sind. Und obwohl ihre platonische Liebe mit

Enttäuschung endete, wird sie den erlebten Roman nie vergessen.

166 Zweig, Stefan.: Die Liebe der Erika Ewald in Verwirrung der Gefühle. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1983. S.26 167 Ebd, S.45

Page 54: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

54

6.3 Brief einer Unbekannten

Die Novelle erschien erstmals im Jahre 1922 in der Gesamtausgabe Amok. Novellen

einer Leidenschaft.

Die Form: Es ist kurze Novelle in einer Briefform. Der Autor inspirierte sich vom

antiken Schicksalsdrama. „In diesen Dramen [...] werden Figuren gezeigt, deren Status

als Individuum höchst fragwürdig ist, da sie nicht frei und autonom handeln können,

sondern unter einem vorausbestimmten Schicksal stehen.“168

Einfach gesagt

der Protagonist ist Opfer seines Schicksals.

In der Rahmenhandlung erhält der Schriftsteller R. einen anonymen Brief von

unbekannter Frau. In der Haupthandlung handelt sich um diese Frau, die ihr ganzes

Leben der platonischen Liebe opfert. Der Autor vermittelt die psychologische Ansicht

in die Gedanken und Gefühlen dieses Mädchens und später junger Frau.

Die Länge: Die Rahmenhandlung abspielt sich wegen ein paar Stunden.

Der Brief schildert sechzehn Jahre aus dem Leben einer Frau.

Der Ort: Wien.

Der Titel: Stefan Zweig inspirierte sich von seinem eigenen Leben, denn er auch

erhielt einen anonymen Brief und zwar von Friderike, die ihm damals noch unbekannt

wurde.169

Die Themen: die platonische Liebe, die Leidenschaft, der Fanatismus, das ungestüme

Leben, der Egoismus, die Enttäuschung, der Tod

168 Susanne Balhar: Das Schicksalsdrama im 19.Jahrhundert: Variationen eines romantischen Modells.

München: Martin Meidenbauer Verlag, 2004. S.11 169 Prater, Donald.A: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.68

Page 55: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

55

6.3.1 Die Handlung

Ein berühmter Schriftsteller R. kommt in Wien an. Dank der Daten in der Zeitung stellt

er fest, dass es heute sein einundvierzigster Geburtstag ist. Wenn er nach Hause

kommt, erhält er einen Brief in unruhiger Frauenschrift geschrieben. Der Brief sendete

ihm eine unbekannte Frau, die ihn den ganzen Leben fanatisch liebte und wollte ihm

jetzt, am Rande des Todes, als ihr Kind gestorben ist, ihr Schicksal anvertrauen.

„[...]dies Leben, das wahrhaft erst begann mit dem Tage, da ich Dich kannte,“170

bekennt die Autorin am Anfang des Briefes. Damals war sie dreizehn Jahre alt und

lebte in demselben Haus, wo er jetzt wohnt. Eines Tages soll der neue Mieter

die Wohnung gegenüber beziehen. Sie bildet sich ein, dass es um einen älteren Mann

geht, mit Brillen und weißem Bart, weil sie seine orientalische Möbel und

fremdsprachige Bücher sah. Wie überrascht sie ist, als ein junger, hübscher und

eleganter Mann erscheint. Sie erzählt:

[...] von diesem Tag an in unserem Hause, in meiner ganzen armen Kinderwelt mich nichts

interessierte als Du, dass ich mit dem ganzen Starrsinn, der ganzen bohrenden

Beharrlichkeit einer Dreizehnjährigen nur mehr um Dein Leben, um Deine Existenz

herumging.171

Das kleine Mädchen beobachtet den Schriftsteller, seine Wohnung, seine Freunden und

im Laufe der nächsten drei Jahren verbringt sie mit ihm jede Minute. Als die Autorin

des Briefes sechzehn Jahre alt ist, heiratet ihre Mutter einen Verwandten und die

Familie zieht sich von Wien nach Innsbruck um. Zwei Jahre lebt sie wie in einem

Alptraum, denn sie vermisst seine Nähe. Statt der Verfolgung, liest sie alle seine

Bücher durch „[...] so war jedes Wort von Dir mir Evangelium und Gebet.“172

Von

diesem Jahr an schickt sie ihm zum Geburtstag einen Rosenstrauß, ohne Unterschrift.

Im Alter von achtzehn Jahren kommt sie endlich nach Wien zurück, um in großem

170 Zweig, Stefan: Brief einer Unbekannten in Brief einer Unbekannten. Die Hochzeit von Lyon und Der

Amokläufer. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1985. S.12 171 Ebd., S.18 172 Ebd., S.30

Page 56: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

56

Konfektionsgeschäft als Arbeitnehmer zu arbeiten. Aber vor allem braucht sie ihren

Traummann wiederzusehen. Jeden Abend steht sie unter Schriftstellers Fenster bis zum

Tag, wann sie ihn auf dem Fußgängerüberweg trifft. Er wirft einen langen Blick auf

junge attraktive Frau, jedoch erinnert sich nicht an sie. Zwei Tage später hat ihr Warten

ein glückliches Ende, denn der Schriftsteller lädt sie zum Mittagessen ein. Sie

verbringen die Nacht zusammen. Er ist ihr erster Mann und sie fühlt „ein rasendes,

quälendes, fast tödliches Glück.“173

Am Morgen geht sie in die Arbeit und nimmt sie

vier weiße Rosen mit. Noch zwei nachfolgende Nächte sind sie in seiner Wohnung

zusammen, dann reist er ab.

Nach neun Monaten bringt sie ein Kind zu Welt. Es ist auch sein Kind. Sie lebt mit

ihrem Sohn in Armut, denn sie will nicht ihre Familie um Hilfe oder um Geld bitten.

Auf jeden Fall strebt sie nach Reichtum, damit ihr Sohn in Luxus erziehen sein konnte.

„Dein Kind sollte alles haben, allen Reichtum, alle Leichtigkeit der Erde, es sollte

wieder aufsteigen zu Dir, in Deine Sphäre des Lebens,“174

erklärt sie die Gründe,

warum sie sie sich verkaufen lässt. Sie hat reiche Freunde und Geliebte und weil sie

eine wunderschöne Frau ist, erhält sie auch einige Heiratsanträge, gleichwohl will sie

nur für 'ihren Schriftsteller' frei bleiben. Der Schriftsteller und die Unbekannte treffen

sich vielmals in der Gesellschaft, leider ist sie nie von ihm erkannt. Zufällig verbringen

sie noch eine Nacht zusammen, aber er hielt sie für eine feine Dirne. Tief enttäuscht

schreibt sie: „Alle, alle Menschen haben mich verwöhnt, alle waren zu mir gütig – nur

Du, nur Du, Du hast mich vergessen, nur Du, nur Du hast mich nie erkannt!“175

In

dieser Anonymität bleibt sie bis Ende ihres Lebens. Die Unbekannte beendet ihren

Brief mit traurigen Wörtern: „nie wirst Du mich erkennen, niemals. Es war mein

Schicksal im Leben, es sei es auch in meinem Tod.“176

Als der Schriftsteller R. den Brief bis zum Ende liest, ist er tief bewegt aber auch

erinnert sich nicht jetzt an diese Frau. Heute hat er den Geburtstag und seit Jahren ist

die Vase leer.

173 Zweig, Stefan: Brief einer Unbekannten in Brief einer Unbekannten. Die Hochzeit von Lyon und Der

Amokläufer. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1985. S.39 174 Ebd., S.50 175 Ebd., S.61 176 Ebd., S.63

Page 57: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

57

6.3.2 Die Unbekannte

Die Unbekannte stammt aus kleinbürgerlicher Familie. Ihr Vater war ein Rechnungsrat

und ist lange gestorben. Das Mädchen lebt mit seiner Mutter, der ärmlichen Witwe.

Zusammen führen sie ein einfaches Leben, ohne Freunden oder Verwandten.

Die Unbekannte erzählt: „niemand kam, niemand fragte nach uns.“177

Wenn ihre

Mutter heiratet den reichen Verwandten, zieht die Familie in eine schöne Villa in

Innsbruck um.

Wieweit ist die Unbekannte gebildet, ist nicht im Buch festgelegt. Ich glaube, dass sie

die Grundausbildung hat, denn sie aus den einfachen Verhältnissen stammt.

Die Beziehung zwischen der Unbekannten und dem Schriftsteller ist unglücklich und

tragisch. Von Kindheit an ist sie ihm verfallen. Ihre naive platonische Liebe veränderte

sich in die fanatische Leidenschaft der jungen Frau. In dem Brief zugesteht sie:

„niemand hat Dich so sklavisch, so hündisch, so hingebungsvoll geliebt.“178

Doch kann

sie sich nicht die Welt ohne ihn vorstellen, wenn sie schreibt: „Du warst eben alles,

mein ganzes Leben.“179

Das Kind verändert ihre Empfindungen, denn es steht jetzt im

Mittelpunkt ihrer ergeblichen Liebe. Anstatt dem Schriftsteller opfert sie dem Sohn ihr

ganzes Leben. Obwohl der Schriftsteller R. keine Ahnung von dem Kind hat, ist ihm

die Unbekannte immerfort ergeben, deswegen will sie sich nicht verheiraten. Die

Unbekannte liebt den Schriftsteller, trotzdem sie weiß, dass er sie nie weder liebt noch

erkennt. „Du hast nie an mich gedacht, du hast mich vergessen,“180

sagt den Brief. So

erst nachdem ihr Sohn gestorben war und sie selbst am Rande des Todes steht, hat sie

den Mut alles zugestehen.

Meiner Meinung nach, verkörpert die Unbekannte eine gefasste Frau, denn sie verfolgt

ihr Traummann so lange bis sie zusammen drei Nächte verbringen. Sie ist auch

starrsinnig. Sie lehnt den Reichtum ab, nur deshalb, dass sie nach Wien fahren will,

177 Zweig, Stefan: Brief einer Unbekannten in Brief einer Unbekannten. Die Hochzeit von Lyon und Der

Amokläufer. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1985. S.13 178 Ebd., S.20 179 Ebd., S.21 180 Ebd., S.43

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um dort in der Nähe von Schriftsteller zu leben. Auf der anderen Seite glaube ich, dass

diese junge Frau in Wirklichkeit unglücklich und einsam war. Sie wird Dirne um ihrem

Sohn den Luxus zu gewähren. Und obwohl sie viele Geliebte und Bewerber hat, als

sein Kind gestorben ist, bleibt sie allein.

Page 59: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

59

6.4 Angst

Dieses Buch wurde im Jahre 1925 herausgegeben.

Die Form: Beim diesen Text handelt es sich um eine Novelle. Novelle ist

eine Erzählung, die kürzer als Roman ist. Die Novelle hat nur eine Haupthandlung,

keine Nebenhandlungen und nur wenige Hauptfiguren. In diesem Buch ist der Konflikt

zwischen Irene und ihrem Mann. Die Geschichte ist meist über ein ungewöhnliches

Ereignis, in diesem Fall die Untreue und folgende Erpressung, durch welches

der Lebensweg des Protagonisten eine grundsätzliche Wendung erfährt, hier

das Bekenntnis ihres Mannes.181

Die Länge: Die Geschichte abspielte sich während vierzehn Tagen.

Der Ort: Wien.

Der Titel: Die Interpretationen des Begriffes Angst sagt: „Angst gehört zu unserer

'Grundausstattung' an Gefühlen [...] Angst erleichtert es uns, Situationen zu

bewältigen, in denen wir uns noch nicht 'sicher' fühlen, weil es uns noch an den dafür

notwendigen Kompetenzen mangelt.“182

und „Angst: unangenehm erlebter, diffuser

Gefühlszustand, nicht auf einen bestimmten Auslöser gerichtet, sondern eher auf

eine komplexe Gefahrensituation, in der eine adäquate Reaktion unmöglich

erscheint.“183

In dieser Novelle hat Frau Irene die grauliche Angst, dass ihre

Liebesaffäre entdecken würde.

Die Themen: die Untreue, die Liebe, die Schuld, die Lüge, die Scham, der Stolz,

das Abenteuer

181 Zentrale fur Unterrichtsmedien. Novelle: Begriff, Gattungsgeschichte, Merkmale. URL:

http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/Novellen/gattung.htm [2010-11-12] und

The free dictionary. Novelle. URL: http://de.thefreedictionary.com/Novelle [2010-11-12] 182 AAA – Allgemeine Angst-Auskunft. Allgemeines zum Thema Angst und warum diese auch "gesund"

sein kann. URL: http://www.angst-auskunft.de/AAA_Angst_Panik_allgemein.htm [2010-11-10] 183 Strangel, Werner. Angst. URL: http://arbeitsblaetter.stangl-

taller.at/EMOTION/Angst.shtml#Begriffsklaerungen [2010-11-10]

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60

6.4.1 Die Handlung

„Der Angst ist ärger als die Strafe, denn die ist ja etwas Bestimmtes und, viel oder

wenig, immer mehr als das entsetzlich Unbestimmte, dies Grauenhaft-Unendliche

der Spannung.“184

Irene Wagner, die Hauptfigur der Novelle, lebt als die Frau des begüterten Juristen und

die Mutter von zwei Kindern ziemlich sorgloses Leben. Der einzige Bruch in ihren

alltäglichen Sorgen ist das Liebesabenteuer mit jungem Pianisten. Immer wenn sie ihn

verlässt, hat sie Angst vor der Entdeckung. Eines Tages ist sie von einer Frau

abgefangen, die sich für seine ehemalige Geliebte erklärt. Sie erpresst Irene, die ganz

erstarrt, gibt ihr das Geld und flieht. Nach diesem Angriff war Irene so erschrocken,

dass sie einen Brief an ihren Geliebten schreibt, um Abschluss ihrer Affäre zu bringen.

Er will Irene nicht gehen lassen und sie haben noch Rendezvous in einem Café. Da

Irene wieder vom schönen Künstler gereizt ist, pflegt sie diese Beziehung weiter. Die

ist aber von kurzer Dauer, denn sie trifft die Erpresserin wieder und sie muss ihr noch

einmal Geld geben. Irene ist plötzlich aus ihrem ruhigen Leben ausgerissen und in

Schrecken gesetzt. Drei Tage lang verlässt sie nicht das Haus, was verdächtig für

andere Familienmitglieder ist.

Nach wenigen Tagen geht Irene mit ihrem Mann in die Gesellschaft, denn sie sind zu

einer Feier eingeladen. Ihr Mann ist zu ihr misstrauisch, zumal sie wie in

einem Rausch tanzt. In derselben Nacht hat sie den schrecklichen Alptraum, wo

die Erpresserin ihrem Mann über die Affäre sage, infolge dessen wird sie bei eigenem

Schrei aufgeweckt. Am nächsten Tag erhält sie ein Erpresserschreiben und muss

ein Hundert Kronen dem Boten geben. Den nächsten Tag kommt wieder ein Brief mit

Forderung nach zwei Hundert Kronen. Irene bezahlt im guten Glauben, dass sie sich

jetzt auf Zeit die Ruhe kaufte.

184

Zweig, Stefan: Angst. Stuttgart: Reclam, 1990. S.38

Page 61: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

61

Wenn Irene eines Tages nach Hause kommt, hört sie wie ihr Mann den Kindern

verweist, weil das Mädchen ein Spielzeug des Jungen zerstörte. Ihr Mann spricht über

Schuld als ob er ihre Probleme wisse.

Irenes Gemütsruhe wurde zerbrochen, wenn die Erpresserin zu ihr nach Hause kommt.

In diesem Fall fordert die Erpresserin statt Geld Irenes Verlobungsring. Um keinen

Preis will Irene ihren Ring vom Finger ziehen. Erschrocken von ihrem Ehemann,

der plötzlich nach Hause kommt, gibt ihr den Ring und schickt sie schnell weg.

Am nächsten Tag geht sie ratlos um die Stadt herum. Sie entscheidet sich ihren

Geliebte zu besuchen um mit der Erpresserin zu sprechen. Aber der Pianist, behauptet,

dass er die Erpresserin nicht kenne. Irene, am Rande der Verzweiflung, sieht keinen

Ausweg mehr als den Tod. Sie geht in die Apotheke um das Gift zu kaufen, plötzlich

erscheint ihr Mann und bringt sie wortlos nach Hause. Zu Hause bekennt sich für

schuldig, denn er bezahlt die Schauspielerin, um Irene zu erpressen, damit sie ihren

Geliebte verlässt. Er verzeiht Irene alles, denn nach seiner Ansicht, Irene für ihre

Eherettung genug erleidet hat.

Am nächsten Morgen wacht sich Irene mit ihrem Verlobungsring auf Finger auf.

Joseph Strelka behauptet, dass Stefan Zweig bei dieser Novelle von Sigmund Freuds

Theorien ausging:

Der welterfahrene, sensitive, kluge, leidenschaftliche Seelenforscher Zweig vertiefte seine

Einsichten auch durch das Studium der Schriften seines Freundes Sigmund Freud. [...] Jenes

unbewußte Sich-Sehnen nach der Angst vor der Entdeckung ist ganz im Sinne der Lehren

Freuds entwickelt. Auch der große Traum der Heldin vom erlittenen Schrecken

der Entdeckung [...] ist die übliche Transformation der Wunscherfüllung in Grauen und

Schrecken. Das konnte direkt aus Freuds Traumdeutung zusammengestellt worden sein.185

185 Strelka, Joseph: Stefan Zweig. Freier Geist der Menschlichkeit. Wien: Österreichischer Bundesverlag

Gesellschaft m.b.H., 1981. S.52-53

Page 62: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

62

6.4.2 Irene Wagner

Irene Wagner ist eine reiche, vornehme Dame, die rund fünfunddreißig Jahre alt ist.

Sie vertritt die höhere Klasse der Gesellschaft, das Großbürgertum, denn ihr Mann ist

ein erfolgreicher und begüterter Jurist. Der Autor beschreibt Irene als „die Gattin eines

der bekanntesten Verteidiger der Residenz“.186

Irenes Familie lebt in

einer wunderschönen Villa in der Stadt. Sie haben Dienstmädchen und

die Gouvernanten kümmern sich um die Kinder. Außer repräsentativen Pflichten hat

Irene keine anderen Aufgaben.

In dieser Novelle ist die Ausbildung der Hauptprotagonistin nicht erwähnt. In

damaliger Zeit legt man Gewicht vor allem auf die Herkunft, so dass die Ausbildung

im Fall der Frauen nicht wichtig war.187

Irene heiratete ihren Mann auf die Anregung

der Eltern, somit erfüllte sie den Wunsch ihren Eltern, sich lukrativ zu verheiraten.

Der Geschichte nach ist Irene Wagner acht Jahre verheiratet. Ihr Mann Fritz Wagner

ist älter, hochgebildeter und intelligenter Mann, der ernst und präzis in seiner

Profession ist, dafür ist er von allen verehrt.

Irenes Beziehung zu ihrem Mann ist zurückhaltend und kühl. Irene pflegt einige

Sympathie zu ihrem Mann, aber nicht so intensiv, denn in ihrer Ehe der Stereotyp und

die Langweile herrscht, wie sie bemerkt: „[...]es wurde ein Abend wie alle anderen,

vielleicht etwas mehr wortkarg und weniger gesellig als sonst, ein Abend mit einem

armen, müden, oft hinstolpernden Gespräch.“188

Irene sehnt nach dem Abenteuer und

Erregung, deswegen versinkt sie leicht in die Liebesaffäre. Die Beziehung mit jungem

Künstler reizt ihr, denn dank seiner Bewunderung fühlt sie sich noch attraktiv. Auch

trotz ihres Bewusstseins bricht sie zusammen, wenn ihr die übermächtige Angst aus

Verrat gerät. Sogar ist Irene entschlossen sich lieber zu töten statt sich ihrem Mann zu

gestehen. Erst in diesem kritischen Moment ihres Lebens stellt sie fest, dass sie keine

Ahnung darüber hatte, wie Fritz auf ihre Untreue reagieren könne. Irene denkt nach:

186 Zweig, Stefan: Angst. Stuttgart: Reclam, 1990. S.9 187 Schierl, Kerstin. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts und ihr Einfluss

auf die Entwicklung der Pflegeberufe. URL: www.oegkv.at/uploads/media/schierl.pdf [2010-10-25] 188 Zweig, Stefan: Angst. Stuttgart: Reclam, 1990. S.8

Page 63: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

63

Aber was... was würde geschehen? Von Morgen bis Abend rüttelte sie an der Frage. Eines

Tages würde ein Brief an ihren Mann kommen, sie sah ihn schon eintreten, blass, mit

finsterem Blick, sie beim Arme fassen, sie fragen...Aber dann....was würde dann

geschehen? Was würde er tun?189

Irene wird sich inne „wie fremd und unbekannt er ihr geblieben war.“190

Am Ende

zeigt sich, dass Fritz zwar liebender aber eifersüchtiger Ehemann ist.

Am Anfang sehe ich Irene als eine vornehme, attraktive Dame. Weil sie keine

Pflichten hat, ist sie zur Langweile verurteilt. Mit jungem Geliebten fühlt sie sich

wieder frisch und selbstbewusst. Meiner Meinung nach, findet sie in der Beziehung

neuen aufregenden Sinn des Lebens. Bis jetzt lebt Irene ein sorgloses Leben, deshalb

ist es kein Wunder, dass aus Angst vor der Entdeckung handelt sie im Affekt. Da sie

das Problem nicht lösen kann, versteckt sie sich zu Hause. Ich glaube, dass sie das

unverantwortliche fast kindische Benehmen zeigt. Auf der anderen Seite hat sie

die rechtfertigende Angst, denn es ist nicht nur ihre Ehe, sondern auch ihre bürgerliche

Existenz gefährdet.

189 Zweig, Stefan: Angst. Stuttgart: Reclam, 1990. S.18 190 Ebd., S.18

Page 64: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

64

6.2 Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau

Diese Novelle erschien im Jahre 1927 in dem Gedichtband Verwirrung der Gefühle.

Die Form: Es handelt sich um eine Novelle, die aus zwei Handlungen besteht.

Die Rahmenhandlung vorstellt sieben Menschen, die sich zufällig bei einem Tisch

treffen und über einem Skandal diskutieren. Die Hauptgeschichte schildert

die vierundzwanzig Stunden, die das Schicksal einer Frau grundsätzlich untergraben.

Diese Frau erklärt: „Zehn Uhr – dann waren genau vierundzwanzig Stunden vorbei seit

jener entsetzlichen Begegnung, vierundzwanzig Stunden, so gefüllt vom wechselnden

Wetteschlag der widersinnigsten Gefühle, dass meine innere Welt für immer

zerschmettert war.“191

Die Länge: Die Novelle abspielte sich während einer Woche.

Der Ort: Die Rahmenhandlung findet sich in einer kleinen Pension an Riviera statt.

Die Haupthandlung in Monte Carlo.

Der Titel: Die vierundzwanzig Stunden, von denen die Frau erzählt, stellen

die kritischen Momente ihres Lebens dar.

Die Themen: die Ehe, die Moralverpflichtungen, die Vorurteile, die Leidenschaft,

das Abenteuer, die Enttäuschung, das Mitleid, die Ungeduld

191 Zweig, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau in Meistererzählungen. Frankfurt

am Main: Fischer Verlag, 2006. S.394

Page 65: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

65

6.2.1 Die Handlung

In einer kleinen Pension an der Riviera treffen sich bei einem Tisch sieben

verschiedene Menschen: ein deutsches Ehepaar, ein alter Däne, ein Ehepaar aus Italien,

eine englische Dame und der Erzähler. Ihre Diskussion führt fast zur Streit und zum

gegenseitigen Hass. Im Mittelpunkt aller Gäste steht ein heikles Thema: denn

der geehrte Gast Madame Henriette, die Frau der behäbigen Fabrikanten aus Lyon,

verließ ihren Mann und ihre zwei Töchter, um mit einem jungen Franzosen entlaufen

zu können. Dieser Skandal entflammt eine strenge Auseinandersetzung unter

den Menschen. Vor allem die alte Dame setzt ihre strikte negative Ansicht durch. Um

ihre radikale Stellung zu erklären, lädt sie den Erzähler in ihr Zimmer ein.

Die englische Dame erzählt ihm eine Geschichte über die vierundzwanzig Stunden,

die ihm alle Momente entdeckt, die ihr Leben für immer beeinträchtigten.

Die Geschichte spielte sich vor fünfundzwanzig Jahren ab, in der Zeit, als Mrs.C.

zweiundvierzig Jahre alt war. Ihr Mann starb und ihre zwei Söhne sind alt genug, um

sich allein zu versorgen. Mrs.C. reist unmotiviert durch ganz Europa, als sie nach

Monte Carlo kommt, um Erregung und Abenteuer bei der Spielüberwachung zu

erleben. Eines Tages bemerkt sie zwei Hände, „die wie verbissene Tiere

ineinandergekrampft waren.“192

Die langen und ungewöhnlich schönen Hände und

Gesicht des Spielers verraten eine innere Spannung, als ob er magisch verzaubert wäre.

Mrs.C. ist fasziniert und gezwungen diesen etwa vierundzwanzigjährigen Jungen

beobachten. Als er alles verliert, fühlt Mrs.C., dass es um ein höheres Spiel handelt,

nicht nur Gewinn und Verlust sondern um Kampf um nacktes Leben. Als ob sie von

den jungen Mann hypnotisiert wäre, verfolgt sie ihn. Sie ahnt, dass er einen Selbstmord

begehen will. Er setzt sich auf die Bank. Als es zu regnen beginnt, bringt sie ihn unter

das Dach und dann in ein fremdes Hotel. Der Spieler lehnt aber irgendeine Hilfe ab:

„Mir ist nicht mehr zu helfen. Ob ich diese Nacht noch schlafe oder nicht, ist

vollkommen gleichgültig. Morgen ist ohnehin alles zu Ende. Mir ist nicht zu

192 Zweig, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau in Meistererzählungen. Frankfurt

am Main: Fischer Verlag, 2006. S.344

Page 66: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

66

helfen.“193

Trotzdem hilft Mrs.C. ihm, und sie gesteht zu: „Es war wie eine Manie, wie

eine Raserei in mir.“194

So Mrs.C. verbringt mit diesem fremden Jungen eine Nacht in einem kleinen

schmutzigen Zimmer, nur aus ihrem großen Willen ihn zu retten. Sie wacht sich mit

unbändiger Angst auf. Aber sein Gesicht strahlt „von Reinheit und Heiterkeit,“195

. Sie

überzeugt ihn weiter um sein Leben zu kämpfen. Am nächsten Tag bekennt der Junge

seine Spielsucht, deshalb zwingt sie ihn in der Kirche vor dem Gott zu versprechen,

mit dieser Leidenschaft Schluss zu machen. Mrs.C. widmet ihm das Geld, damit er mit

dem Zug nach Hause abreisen kann.

Zurück im Hotelzimmer fühlt sie wieder Leere und Verlassenheit, die sie so hasst. Sie

entscheidet sich plötzlich ihr altes Leben zu verlassen und mit ihm irgendwo

wegzufahren. Leider erreicht sie den Zug nicht. Mrs.C. erzählt:

Nie vordem, nie nachdem hatte ich ähnliches an Überraschung und wütender

Machtlosigkeit erlebt als in dieser Sekunde, da ich, zum Verwegensten bereit – bereit,

mein ganzes gespartes, gehäuftes, zusammengehaltenes Leben mit einem Ruck

hinzuwerfen [...]196

Traurig geht Mrs.C. ins Casino, wo sie ihn zum erstenmal sah. Und 'er' war da! Auf

demselben Platz, mit derselben Spannung in den Augen und mit derselben

Spielerleidenschaft. Mrs.C. ist tief erbebt. Dank weniger Stunden der Erregung und

blinder Faszination würde sie beinahe ihr bisheriges Leben wegwerfen. Zum Glück

wurde Mrs.C. durch den leidigen Zufall gerettet.

Der Skandal in der Pension erneut ihr altes Geheimnis. Die nochmalige Mitteilung des

Schicksals hilft ihr auch ihre eigene Seele nach fünfundzwanzig Jahren zu retten.

193 Ebd., S.360 194 Ebd., S.361-2 195 Zweig, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau in Meistererzählungen. Frankfurt

am Main: Fischer Verlag, 2006. S.367 196 Ebd., S.386

Page 67: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

67

6.2.2 Mrs.C.

Mrs.C. kommt aus Schottland. Ihre Eltern waren reiche Vermieter, die große Fabriken

und Pachten besaßen. Sowie die anderen aristokratischen Familien lebten sie ein paar

Monate auf Gütern und den Rest des Jahres in London. Im Alter von achtzehn Jahren

lernte sie ihren Mann in einer Gesellschaft kennen. Er war der zweite Sohn einer

bekannten Familie und diente zehn Jahren in der Armee in Indien. Zusammen

genossen sie ein sorgloses Leben und kamen die gesellschaftlichen Pflichten nach. Sie

reisen viel und verbrachten die Zeit hotelabstreifend in Frankreich, Italien oder

Spanien. Zusammen hatten sie zwei Söhne.

Mrs.C. als eine vornehme Dame hat wahrscheinlich keine hohe Ausbildung. Sie wurde

bestimmt nach den damaligen aristokratischen Regeln erzogen. Weil sie in achtzehn

Jahren einen erfolgreichen Mann heiratete, meine ich, dass sie an der Universität nicht

studierte. Der andere Grund dafür ist, die bürgerlichen Frauen hatten am Ende

des neunzehnten Jahrhundert nur wenige Aufgabe: eine lukrative Vermählung zu

schließen, die Kinder gebären und den Mann in der Gesellschaft zu repräsentieren. Die

Ausbildung der Frauen war damals außergewöhnlich.197

Mrs.C. hatte mit ihrem Mann glückliche Ehe, denn sie standen sich sehr nahe. Sie

beschreibt: „Der Mann, mit dem ich durch dreiundzwanzig Jahre jede Stunde und

jeden Gedanken geteilt hatte, war tot [...]“.198

Damit ist also offensichtlich, dass ihre

Beziehung voll von Respekt und Toleranz war. Meiner Meinung nach war sie ihrem

Mann ergeben, denn sie trug nach seinem Tode zwei Jahre nur Trauerkleider.

Was die zweite Beziehung zu dem unbekannten Spieler betrifft, ist sie von ihm am

Anfang ganz fasziniert. Genau gesagt Mrs.C. ist von magischen Händen des Spielers

und seinem angelhaften Gesicht insoweit hypnotisiert, dass sie glaubt, dass es ihr

Schicksal ist, ihn zu retten. Plötzlich fand sie einen neuen Sinn des Lebens, eine neue

Macht wurde in ihr geweckt. Ich glaube, der Spieler ist ein Opfer. Mrs.C spielt die

197 Sozial Politik. Frauenarbeit, Frauenfrage, Frauenbewegung. URL:

http://www.sozialpolitik.com/webcom/show_article.php/_c-110/_nr-7/i.html [2010-11-01] 198 Zweig, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau in Meistererzählungen. Frankfurt

am Main: Fischer Verlag, 2006. S.339

Page 68: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

68

Rolle des Retters, deshalb liegt ihre Beziehung zugrunde ihrem Mitleid.

Mrs.C. stellt eine „vornehme, alte englische Dame“199

dar. Ich vermute, sie ist

ein glücklicher Mensch, denn sie stammt aus einer reichen Familie. Von Geburt an

bekommt sie alles, was sie braucht oder will. Sie hatte einen heißgeliebten Mann und

ihre Ehe war stabil, wie sie allein bemerkt: „Nie hat der leiseste Schatten unsere Ehe

getrübt [...]“200

Darum kann man sich nicht wundern, dass diese außerordentlichen

vierundzwanzig Stunden ihr Schicksal so bezeichneten. Die naive Frau trifft

einen interessanten Mensch und wird schnell zum Opfer der Anspannung und

der Gefahr. Zum erstenmal in ihrem Leben folgt sie ihre spontanen und intuitiven

Gedanken nach. Wie sie selbst zugesteht: „Ich hatte eben in jenen zehn Stunden

unfassbar mehr an Wirklichkeitswissen erlebt als vordem in vierzig bürgerlich

verbrachten Jahren.“201

Es ist anschaulich, dass für solche vornehme Frau, die bis jetzt

nur von der besten Gesellschaft und erstklassigen Sachen umgeschlossen wurde,

dieses Treffen mit der Lebenswirklichkeit grundsätzlich und unvergesslich wird.

Mrs.C. ist in ihren siebenundsechzigen Jahren ein konservativer Mensch, der nur selten

in die Gesellschaft kommt. Lieber liest sie Bücher oder spielt Klavier. Und trotzdem

schweigt meistens am Tisch, wenn sie spricht, strahlt sie „eine sonderbare Macht über

alle,“202

aus, was der Erzähler zugesteht.

199 Zweig, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau in Meistererzählungen. Frankfurt

am Main: Fischer Verlag, 2006. S.331 200 Ebd., S.339 201 Ebd., S.373 202 Ebd., S.331

Page 69: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

69

6.5 Ungeduld des Herzens

Die Erzählung wurde im Jahre 1939 erschienen.

Die Form: In diesem Fall schreibt der Schriftsteller einen Roman mit novellistischen

Elementen, denn es nicht um eine umfangsreiche Beschreibung der Entwicklung

der Haupthelden geht, sondern die Geschichte abspielt sich in wenigen Monaten.

Das Buch beginnt mit der fesselnden Rahmenhandlung, in der ein mit Maria Theresia

Orden für Courage gekrönter Rittmeister Hoffmiller eine Geschichte über seinen

eigenen Mut erzählt, die eher eine umgedrehte Schwäche war. Die Haupthandlung

handelt sich um ein Mitleid, das die leidenschaftliche Liebe erweckt und später

diese Liebe und ihren leidenden Opfer tötet.

„Nur im Anfang ist Mitleid – genau wie das Morphium – eine Wohltat für

den Kranken, ein Heilmittel, ein Hilfsmittel, aber wenn man’s nicht richtig zu dosieren

und abzustoppen weiß, wird’s ein mörderisches Gift.“203

Die Länge: Die Geschichte geht im Laufe den wenigen Monaten vor dem Ausbruch

des Ersten Krieges vor.

Der Ort: In einem kleinen Garnisonstädtchen an der ungarischen Grenze.

Der Titel: „Es gibt eben zweierlei Mitleid. Das eine, das schwach mutige und

sentimentale, das eigentlich nur Ungeduld des Herzens ist, sich möglichst schnell

freizumachen von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück, jenes

Mitleid, das gar nicht Mit-leiden ist, sondern nur instinktive Abwehr des fremden

Leidens von der eigenen Seele [...]“204

Die Themen: das Mitleid, die Liebe, die Leidenschaft, das Mitgefühl, die Ungeduld,

die Schuld, die Scham

203 Zweig, Stefan: Ungeduld des Herzens. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1982. S.234 204 Ebd., S.235

Page 70: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

70

6.5.1 Die Handlung

Der fünfundzwanzigjährige Leutnant Hoffmiller dient in einem Städtchen an

der ungarischen Grenze. Eines Tages ist er von Herrn von Kekesfalva, dem reichsten

Mann in der ganzen Umgebung, zum Abendessen eingeladen. Es geht um eine große

Ehre, deshalb ist Hoffmiller rechtzeitig vorbereitet. Aber durch einen unvermuteten

Vorfall ist seine Ankunft in die Residenz verspätet. Die ganze Nacht verläuft glatt,

aber als er die Haustochter um Tanz bittet, verursacht er ein peinliches

Missverständnis, denn die Tochter ist lahm. Beschämt verlässt er die Gesellschaft.

Um sich zu entschuldigen, schickt der Leutnant an Edith von Kekesfalva

einen Blumenkorb. Dadurch ist er nochmals in den Palast eingeladen. Hoffmiller ist

stolz, dass er sich mit so vornehmen Menschen unterhalten zu können. Dazu hat er

ein gutes Gefühl, dass das arme Kind mit ihm glückliche Momente erlebt.

Nicht nur aus Mitleid, sondern auch aus Neugier und Bewunderung zur dortigen Pracht

besucht Leutnant Hoffmiller diese Gesellschaft fast jeden Nachmittag oder Abend. Er

wird beinahe zu einem Familienmitglied. Auch seine innere Welt verändert sich, denn

er will jetzt nur den Schwachen helfen. Auf der anderen Seite wird er von seinen

Kameraden aus der Garnison wegen seiner neuen Manieren ausgelacht. Aus

dem Schamgefühl hält er sein zweites snobistisches Leben geheim.

Der Familienarzt Herr Condor ist ein interessanter Mensch, auf den Herr von

Kekesfalva alle seine Hoffnungen setzt. Bei einem Gespräch mit dem Doktor stellt

Hoffmiller fest, dass Edithas Körperverletzung leider unheilbar ist. Hoffmiller hat

keinen Mut der Familie die Wahrheit mitzuteilen und somit die letzten Hoffnungen zu

begraben. So er denkt eine neue Kur aus, die Edithas Behinderung ausheilen sollte.

Diese falsche Hoffnung ist mit weiteren Mitleidlügen begleitet, denn Edithas Freude

und neue Lust zum Leben rechtfertigen Hoffmillers Seele und seine Taten. Leutnant

ist vielmals von Herrn Condor verwarnet, dass das Mitleid ein zweischneidige Sache

ist. Hoffmiller hat aber kein Interesse sich zur Täuschung einzubekennen.

Erst wenn ihn Edith küsst, erschreck er, dass er zu weit ging. Noch erhält er

Page 71: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

71

einen Brief von Edith, in dem sie ihre leidenschaftliche Liebe zu ihm erklärt. Infolge

dessen will Hoffmiller sofort abreisen, weil er sich vor seinen Freunden und vor sich

selbst schämt. Aber nach dem Gespräch mit Herrn Condor entscheidet sich noch acht

Tage mit Edith zu verbringen, denn der plötzliche Abschied könnte die schrecklichen

Konsequenzen haben. In acht Tagen soll Edith in die Switzerland abfahren, um

die neue Kur dort zu bestehen. Trotz der Möglichkeit der Heilung nimmt sich Edith

vor, nicht abzureisen. Kekesfalva, zum Tode erschrocken, bittet den Leutnant

Hoffmiller um Hilfe, dafür bietet er ihm sein Vermögen und sein ganzer Reichtum an.

Wieder fällt den Leutnant ein falsches Mitleid über und er verspricht Edith nach ihrer

Heilung zu heiraten. Das Paar verlobt sich am nächsten Tag. Hoffmiller, beschämt von

seiner Beziehung mit dem lahmen Mädchen, leugnet seine Verlobung unter

den Kameraden. Mit einem Gefühl des Verrates bemüht sich um die Verlegung zu

einer anderen Garnison um. Am nächsten Morgen fährt er nach Czaslau ohne

jemandem Bescheid zu geben. Sein Gewissen lässt ihn nicht in Ruhe und er schickt

Edith ein zukunfstvolles Telegramm. Aber es ist zu spät! Edith von Kekesfalva, sehr

enttäuscht von Hoffmillers Verrat, nimmt sich das Leben. Sie springt aus der Terrasse

heraus. Ihr Vater stirbt in wenigen Tagen danach.

Diese Geschichte abspielte sich vor vielen Jahren, aber der Rittmeister Hoffmiller

behauptet: „Keine Schuld ist vergessen, solange noch das Gewissen um sie weiß.“205

Donald A. Prater schreibt über diesen Roman:

[...] so waren der Schauplatz (die fernen Tage der Habsburger Monarchie) und das Thema

(das Unglück, das durch unbesonnenes Mitleid entstehen kann) ein zutiefst persönlicher

Ausdruck von Zweigs Heimweh nach Österreich und seiner Liebe zu Lotte (in der Mitleid

eine große Rolle spielte).206

205 Zweig, Stefan: Ungeduld des Herzens. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1982. S.456 206 Prater, Donald A.: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag,

1984. S.281

Page 72: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

72

6.5.2 Edith von Kekesfalva

Edith ist eine siebzehnjährige junge Dame, die vor sechs Jahren eine Verletzung erlitt

und seitdem blieb sie gelähmt. Sie lebt mit ihrem Vater und ihrer treuen Cousine und

Pflegerin Ilone auf dem luxuriösen Gut. Ihr Vater, Herr von Kekesfalva, ursprünglich

Leopold Kanitz, stammt aus einer armen jüdischen Familie. Dank seiner Ausbildung,

Klugheit und zweifelhaften Geschäften erwarb er einen ansehnlichen Reichtum.

Edithas Mutter starb vor vielen Jahren. Sie ist in Pracht und Luxus erzogen und sie

repräsentiert eine aristokratische Klasse der Gesellschaft.

Edith hat wahrscheinlich keine Ausbildung. Nachdem sie an den Rollstuhl gefesselt

wurde, bleibt sie die meiste Zeit zu Hause. Ihr Vater überschüttet sein einziges Kind

mit Geschenken und alle ihre Wünsche sind im Voraus erfüllt. Zur Unterhaltung laden

sie die interessanten Persönlichkeiten ein und veranstalten verschiedene Gesellschafts-

und Tanzabende.

Als es schon erwähnt wurde, Ilona und ihr Vater sind die einzige Gesellschaft in

Edithas Umgebung, deshalb fühlt sie sich oft einsam. Als sie den Leutnant Hoffmiller

kennenlernt, wird er zu ihrem alltäglichen Partner, der sie jedesmal vergnügt. Und

Edith ist leicht in ihm verfallen. Sie zeigt ihre Zuneigung mit einem unerwarteten Kuss

und später schreibt sie ihm noch einen Brief, in dem sie ihm die Liebe erklärt: „Ich

kann nicht denken, nicht atmen, nicht fühlen, solange ich nicht weiß, dass Du mir

verziehe hast; ich will, ich kann nicht länger leben, verweigerst Du mir das Recht,

Dich zu lieben.“207

Auf der anderen Seite fürchtet Edith, dass er die Zeit mit ihr nur aus

tiefem Mitleid verbringt, deshalb verändert sie oft ihre Stimmungen, denn sie nicht mit

seiner treuen Liebe sicher ist. Nachdem Hoffmiller dem Herrn von Kekesfalva

die Heirat versprochen hat, will Edith für ihn nicht nur leben sondern auch gesunden.

Sie sagt: „Genug, dass ich durch Sie wieder lebe und weiterlebe [...] dass ich seit

gestern erst begonnen habe, zu leben. Wenn ich geheilt werde, habe ich es nur

einem zu danken, nur Ihnen. Nur Ihnen allein!“208

207 Zweig, Stefan: Ungeduld des Herzens. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1982. S.293 208 Ebd., S.394

Page 73: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

73

Nachdem sie erfahren hatte, dass Hoffmillers Liebe nur ein falsches Mitleid ist, nimmt

sie sich das Leben.

Edith von Kekesfalva verkörpert eine junge, reiche Dame, die alles hat, was sie will;

außer Gesundheit, was ihr Leben verbittert. Ich bezeichne Edith als ein starrsinniges,

eigenwilliges und hartnäckiges Kind, dessen alle Missverständnisse und Ausbrüche

durch ihre 'Krankheit' gerechtfertigt sind. Auf der anderen Seite braucht sie

keine spezielle Behandlung und oft spricht sie von sich selbst als von „einem elenden

Krüppel.“209

Hoffmiller beschreibt:

[...]einerseits verlangte sie, verwöhnt wie sie war, dass alles sie bediente wie

eine Prinzessin und verhätschelte wie ein Kind aber schon im nächsten Augenblick konnte

diese Rücksicht sie erbittern, weil sie ihr die eigene Hilflosigkeit deutlicher zum

Bewusstsein brachte.210

Was die gesundheitliche Therapie betrifft, ist sie meiner Meinung nach misstrauisch.

Ihre Stimmung verändert sich, als Hoffmiller die falschen Hoffnungen in ihr einsetzt.

Doktor Condor erzählt: „über Nacht ein neuer Mensch in ihr aufgebrochen.“211

Trotz

den Lügen ist Edith für einen Moment glücklich. Von mir aus stellt Edith

eine kindische, ungeduldige und labile Personalität dar. Und ich behaupte, dass sie nie

durch ihre Krankheit eine glückliche und nette Frau sein könnte. Deshalb denke ich,

ihr Selbstmord bedeutet eine Errettung nicht nur für Edith, sondern auch für alle

beteiligten Personen.

209 Zweig, Stefan: Ungeduld des Herzens. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1982. S.73 210 Ebd., S.72 211 Ebd., S.145

Page 74: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

74

7. VERGLEICH DER AUSGEWÄHLTEN FRAUENGESTALTEN ZU

DEN FRAUEN AUS STEFAN ZWEIGS LEBEN

Die ausgewählten Werken bilden ein buntes Spektrum von Frauenfiguren ab. Diese

Frauen stellen verschiedene Rollen dar: Erika als eine talentierte Musiklehrerin aus den

kleinbürgerlichen Verhältnissen, die Unbekannte als Opfer ihrer fanatischen Liebe,

Irene Wagner als eine wunderschöne Ehefrau eines anerkannten Juristen, Mrs.C. als

eine typische Vertreterin des Bürgertums und Edith als eine tragische Heldin ihrer Zeit.

Trotz den deutlichen Kontrasten wartet auf die erwähnten Frauenfiguren ein

gemeinsames Schicksal. Stefan Zweig stellt diese Frauen in Ausnahmesituationen, die

erheblich auf ihre Charaktere wirken. Zweig zeigt an Hand seiner Figuren auf, wie er

mit künstlerischer Technik menschliche Seele und Psyche der Frau erschaffen kann.

Die Frauen aus seinem Leben standen zweifellos als Vorbilde dafür.

Erika Ewald

Die Novelle Die Liebe der Erika Ewald erschien im Jahre 1904, deshalb konnte sich

Stefan Zweig bei der Darstellung der Hauptfigur von seiner Mutter beeinflussen lassen.

Ich behaupte, dass Zweig in diesem Fall die Frau mit abstechenden Zügen stellt, denn

Erika stammt aus einer kleinbürgerlichen Familie und lebt in eingeschränkten

Verhältnissen. Im Vergleich zu Zweigs Mutter geht Erika nicht viel in die Gesellschaft

und somit fühlt sie sich in ihrer Welt einsam. Noch dazu liebt Erika Musik und Kunst,

was ihre empfindliche Natur prägt.

Die Unbekannte

In dieser Erzählung war Stefan Zweig wahrscheinlich von eigener Begebenheit

inspiriert. Vor zehn Jahren erhielt er einen Brief ohne Unterschrift, und zwar von

Friderike, die er noch nicht kannte. Trotz großen Unterschieden zwischen Friderike

und der Unbekannten, entdeckte ich auch einige gemeinsame Merkmale.

Die Unbekannte, sowie Friderike, ist selbstständige und unabhängige Frau, die tüchtig

ist sich eigene Existenz zu erschaffen. Weiter beide diese Frauen opfern ihr ganzes

Leben einem Mann und beide sind stolz darauf, um die Hilfe oder Aufmerksamkeit zu

bitten.

Page 75: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

75

Irene Wagner

Irene Wagner trifft deutlich den Charakter Zweigs Mutter. Irene, sowie seine Mutter,

ist eine typische Vertreterin der Bourgeoisie. Irene als die Frau eines begüterten

Juristen lebt ein sorgloses Leben. Zweigs Vater war auch ein gebildeter Mann und

zugleich ein erfolgreicher Wirtschaftler. Beide vornehmen Damen pflegen

die gesellschaftlichen Verhältnisse und außer repräsentatorischen Pflichten haben sie

keine anderen Aufgaben. Beide haben zwei Kinder, die sind von Gouvernanten

erzogen. Auf der anderen Seite ist Irene zur Gleichgültigkeit verurteilt, deswegen

strebt sie nach Erregung und Abenteuer, obwohl sie nicht genug mutig ist,

die entstandenen Folgen zu tragen. Ida Zweig, im Unterschied zu Irene, reiste viel und

besuchte regelmäßig die gesellschaftlichen Ereignisse.

Außer den bezogenen Ähnlichkeiten bin ich überzeugt, dass Stefan Zweig absichtlich

für Irene den Namen mit demselben Anfangsbuchstaben einsetzt, wie seine Mutter

hatte.

Mrs.C.

In dieser Frauenfigur ist wieder das Vorbild Zweigs Mutter dargestellt. Bei Mrs.C.

finde ich mehrere Ähnlichkeiten mit Ida und zwar vor allem in ihrer Herkunft. Mrs.C.

stammt aus einer aristokratischen Familie, die nicht aus Deutschland oder Österreich

kommt. Von Kindheit an ist sie an Komfort und Prächtigkeit gewöhnt. Und schon im

Jungenalter verheiratet sie einen geehrten Mann. Mrs.C. hat auch eine glückliche Ehe.

Jedoch im Vergleich zu Ida verehrt Mrs.C. ihren Mann und verbringt mit ihm jede

freie Minute. Mrs.C. hat, sowie Ida, zwei Söhne.

Der Erzähler in der Novelle Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau

beschreibt Mrs.C.: „Man bemerkte sie kaum, und doch hatte sie eine sonderbare Macht

über uns alle.“212

Und weil Stefan Zweigs Mutter eine ambitionierte Dame war, glaube

ich, dass sie anscheinend auch solche 'Macht über alle' hatte.

Edith von Kekesfalva

Edith ist eine tragische Heldin damaliger Zeit. Und in Bezug auf Zweigs Beziehung zu

212 Zweig, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau in Meistererzählungen. Frankfurt

am Main: Fischer Verlag, 2006. S.331

Page 76: Stefan Zweig – Die Frauen aus seinem Leben und seinem Werk

76

junger Lotte, ist es interessant diese zwei Frauen zu vergleichen. Edith lebt mit

ihrem Vater und ihrer Cousine Ilone – Edithas einzige Gesellschaft. Auch Lotte lebt

nur mit ihrem Bruder und seiner Frau, als sie nach London emigrierten. Edith ist lahm

und an der Rollstuhl gefesselt, während Lotte an starkes Asthma leidet. Trotzdem

die beiden noch jung sind, ist ihre Liebe tief und ergeben. Beide Frauen schreiben

einen Brief, wobei sie ihre Liebe erklären: Edith an Leutnant Hoffmiller und Lotte an

Stefan Zweig. Wenn ich mich auf das Liebesverhältnis konzentriere, muss ich betonen,

dass Mitleid und ergebene Liebe in beiden Fällen die wichtigen Rollen spielen. In

erstem Fall fühlt Hoffmiller ein falsches Mitleid mit Edith, der er nicht nur einige

baldige Heilung, sondern auch seine Liebe verspricht. Seine falsche Handlungsweise

bedeutet für alle nachteilige Folgen, folglich denen Edith Selbstmord begeht. Was

Lotte betrifft, erlebt sie ein ähnliches Schicksal, was ich schon ausführlich im fünften

Kapitel beschrieb.

Trotz der Unterschieden in der Herkunft und Ausbildung, ist, meiner Meinung nach

Edithas Figur teilweise von Lotte geprägt. Auch Hartmut Müller bestätigt diesen Fakt:

„Diese Leiden eines jungen Mädchens hat zweifellos Stefan Zweig drei Jahre später zu

dem Roman Ungeduld des Herzens inspiriert, in dem ein unfreiwilliger Liebhaber

zwischen Mitleid und Abwehr schwankt und durch seine Unschlüssigkeit schließlich

den Selbstmord der jungen Kranken mitverschuldet.“213

213 Müller, Hartmut. Stefan Zweig. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1988.

S.104-105

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8. ZUSAMMENFASSUNG

„[...] jeder Schatten ist im letzten doch auch Kind des Lichts, und nur wer Helles und

Dunkles, Krieg und Frieden, Aufstieg und Niedergang erfahren, nur der hat wahrhaft

gelebt.“214

In meiner Diplomarbeit setzte ich mich mit dem Thema Stefan Zweig – die Frauen

in seinem Leben und seinem Werk auseinander. Mein Hauptziel war die Leser mit

diesem österreichischen Schriftsteller und seinen eindrucksvollen Werken bekannt zu

machen.

In dem ersten Teil beschäftigte ich mich mit Stefan Zweigs Biographie. Die einzelnen

Kapitel verfassen sein ganzes Leben von Kindheit an bis zum freiwilligen Tod an. Ich

fügte auch die Darstellung der damaligen politischen Situation an, damit man

Schriftstellers Gefühle und Beweggründe besser begreifen kann. Vor allem die Jahren

1933-42, die Stefan Zweig im Exil in Großbritannien und dann in den Vereinigten

Staaten und in Brasil verbracht, waren für seine innere Entwicklung schmerzhaft und

tragisch.

Den zweiten Teil meiner Diplomarbeit widmete ich den Frauen. Anfangs beschrieb ich

kurz Stefan Zweigs Beziehung zur den Frauen im allgemeinen. Dann stellte ich drei

bedeutendste Frauen seines Lebens vor: seine Mutter, seine erste Ehefrau Friderike und

seine zweite Ehefrau Lotte. Anhand der ausgewählten Werke analysierte ich fünf

verschiedene Frauengestalten.

Stefan Zweigs Novellen bieten eine Reihe von merkwürdigen Frauen an.

Ein Frauenbild schuf der Autor wahrscheinlich aus seinen eigenen Erfahrungen. Nach

dem gesamten Vergleich kam ich zu folgenden Ergebnissen: aus fünf

auseinandersetzenden Frauenfiguren ist eine Figur, Die Unbekannte, seiner ersten

Ehefrau Friderike ähnlich und eine Figur, Edith von Kekesfalva, wurde nach dem

biographischen Modell der jungen Lotte dargestellt. In zwei Frauenheldinnen: Irene

Wagner, die Hauptfigur aus der Novelle Angst, und Mrs.C. , die vornehme englische

214 Zweig, Stefan. Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag, 1992. S.495

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Dame aus der Vierundzwanzigstunden aus dem Leben einer Frau, ist die Person

Zweigs Mutter geprägt. Die Ausnahme bildet Erika Ewald, die als Frau, die ganz

gegenteiligen Charakterzüge im Vergleich zu seiner Mutter besetzt. Daraus ergibt sich

der Schluss, dass meinen erworbenen Ergebnissen nach, wurden Friderike sowie Lotte

zu den Vorbilden für einige Frauenfiguren. Es ist aber offensichtlich, dass sich in

seinen Frauengestalten meistens die Person seiner Mutter spiegelt, die trotz ihrer

kühlen Beziehung sein Leben wesentlich beeinflusste.

Der große Schriftsteller Stefan Zweig zählte zu den bedeutendsten österreichischen

Autoren des 20. Jahrhunderts. Seine Novellen, Erzählungen, die historischen

Biographien und die Gedichte wurden in mehr als fünfzig Sprachen übersetzt. Stefan

Zweig beendete sein Leben am 22. Februar 1942, trotzdem bleiben seine zeitlosen

Werke und sein freier Geist mit uns bis heute.

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79

9. LITERATURVERZEICHNIS

Primärliteratur:

ZWEIG, Stefan: Angst. Stuttgart: Reclam, 1990

ZWEIG, Stefan: Begegnungen mit Menschen, Büchern, Städten. Wien: Herbert

Reichner Verlag, 1937.

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ZWEIG, Stefan: Brief einer Unbekannten in Brief einer Unbekannten. Die Hochzeit

von Lyon und Der Amokläufer. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1985.

ZWEIG, Stefan: Briefwechsel: mit Hermann Bahr, Sigmund Freud, Rainer Maria

Rilke und Arthur Schnitzler. Frankfurt am Main: Fischer Verlag. 1981.

ZWEIG, Stefan: Brennendes Geheimnis: Erzählungen. Frankfurt am Main: Fischer

Verlag. 1981.

ZWEIG, Stefan: Die Liebe der Erika Ewald in Verwirrung der Gefühle. Erzählungen.

Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1983.

ZWEIG, Stefan: Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt am

Main: Fischer Verlag, 1992.

ZWEIG, Stefan: Marie Antoinette: Bildnis eines mittleren Charakters. Frankfurt am

Main: Fischer Verlag, 1980.

ZWEIG, Stefan: Romain Rolland: Men and His Works. New York: Ayer Publishing

1973.

ZWEIG, Stefan: Schachnovelle. Frankfurt am Main: Fischer Verlag. 1989.

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ZWEIG, Stefan: Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam. Frankfurt am Main:

Fischer Taschenbuch Verlag, 1998.

ZWEIG, Stefan: Ungeduld des Herzens. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 1982.

ZWEIG, Stefan: Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau. In

Meistererzählungen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006.

ZWEIG, Stefan., ZWEIG, Friderike: Wenn einen Augenblick die Wolken weichen.

Briefwechsel 1912-1942. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2006.

Sekundärliteratur:

ARENS, Hans: Der große Europäer Stefan Zweig. Frankfurt am Main, Fischer

Taschenbuch Verlag, 1981. ( Essay von Werfel, Franz: 'Stefan Zweigs Tod' aus )

BALHAR, Susanne: Das Schicksalsdrama im 19.Jahrhundert: Variationen eines

romantischen Modells. München: Martin Meidenbauer Verlag, 2004.

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Hüber Verlag, 1957.

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