Steffi Geihs: Tina ist verliebt
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Allitera Verlag
Steffi Geihs, 1980 in Garmisch-Partenkirchen geboren,
studierte Soziale Arbeit in Benediktbeuern. Seit 2004 ist
sie in einer Heilpädagogischen Tagesstätte in München
beschäftigt. Zusätzlich absolvierte sie eine Ausbildung zur
Fachjournalistin und lernte dabei u.a. in den Redaktionen
von »P.M. Magazin« und »Süddeutsche Zeitung Magazin«.
Heute arbeitet sie nebenberuflich als freie Journalistin mit
den Spezialgebieten »Soziales« und »Pädagogik«.
Steffi Geihs
Tina ist verliebtErzählung für Jugendliche und junge Erwachsene
mit einer geistigen Behinderung
Mit Illustrationen von Friedrich Wall
Allitera Verlag
Weitere Informationen über den Verlag und
sein Programm unter:
www.allitera.de
Dieses Buch entstand mit freundlicher Unterstützung
der Aktion Sonnenschein, München
www.aktionsonnenschein.de
Zweite Auflage Mai 2012
Allitera Verlag
Ein Verlag der Buch&media GmbH, München
© 2012 Buch&media GmbH, München
Umschlaggestaltung: Kay Fretwurst, Freienbrink
Printed in Germany · ISBN 978-3-86906-190-0
Inhalt
Das ist Tina · 7
Was ist los, Tina? · 11
Ist Tina verliebt? · 16
Tina ist verliebt · 21
Tina ist eifersüchtig · 28
Der Plan · 33
Paul will nicht · 38
Tina ist traurig · 42
Tina ist mutig · 46
Ihh, ein Kuss! · 51
Tina ist glücklich · 55
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Das ist Tina
Tina ist ein fröhliches Mädchen. Wenn sie lacht, wiehert sie
wie ein Pferd. Und sie lacht oft. Sie lacht, wenn ihr Vater Gri-
massen schneidet. Sie lacht, wenn ihre Mutter sie kitzelt. Sie
lacht, wenn ihre große Schwester Lena durch die Wohnung
tanzt. Sie lacht auch über den Witz ihrer Freundin – obwohl
sie ihn gar nicht richtig versteht. Und manchmal lacht Tina
ohne Grund, nur weil sie gerade glücklich ist.
Wenn Tina morgens aufsteht, hat Mama schon den Tee
gemacht und Nutellabrote geschmiert. Nach dem Früh-
stück wird sie vom Schulbus abgeholt. Der Fahrer schimpft
immer, wenn Tina ihren Kaugummi ans Fenster kleben
möchte. Aber sonst ist er ganz nett.
In der Schule bei Frau Müller muss Tina lesen, schreiben
und rechnen üben. Oder sie lernt, wie man kocht und putzt.
Oder sie sprechen über Dinge wie die Feuerwehr, über
Deutschland und verschiedene Tiere. Über alles, was man
in einer Schule so lernt. Mittags geht sie in die Tagesstätte.
Die ist gleich nebenan. Hier hat sie ihre Freunde und zwei
Erzieherinnen, denen sie von ihren Sorgen erzählen kann.
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Außerdem macht sie ihre Hausaufgaben, unternimmt Aus-
flüge, ist in der Sportgruppe und lernt interessante Dinge.
Zum Beispiel über die Natur. Oder wie man sich nach einem
Streit wieder versöhnen kann. Oder über den Unterschied
zwischen Jungen und Mädchen. Das findet Tina besonders
interessant.
Um fünf Uhr ist die Tagesstätte aus. Dann wartet der Bus-
fahrer schon auf sie und ermahnt Tina mit erhobenem Zei-
gefinger, keinen Kaugummi ans Fenster zu kleben.
Er stellt das Radio an und fährt Tina und die anderen Kin-
der nach Hause. Dort ist Mama immer schon da und will
wissen, wie der Tag war. Doch Tina ist müde und will nicht
erzählen. In ihrem Zimmer legt sie sich auf das Bett und
hört Musik. Etwas später geht sie mit Mama zum Einkaufen.
Oder sie besucht Oma. Oder sie fährt ein bisschen Fahrrad.
Und jeden Dienstag darf sie mit ihrer Schwester Lena zum
Reiten. Darauf freut sie sich besonders.
Wenn Papa abends nach Hause kommt, gibt es Essen.
Danach muss Tina ins Bett. Manchmal murrt sie und
schimpft auf Mama, weil sie noch ein bisschen Fernsehen
möchte. Aber Mama bleibt streng.
Tina ist 17 Jahre alt und hat eine geistige Behinderung.
Deshalb fallen ihr manche Dinge schwerer als anderen
Jugendlichen. Lesen zum Beispiel. Oder auch rechnen. Sie
weiß nie genau, wie viel Geld sie an der Kasse im Super-
markt hergeben muss. Manchmal irrt sie sich auch in der
10
Uhrzeit. Dann schimpft Mama, wenn sie zu spät nach Hau-
se kommt. Tina ist darüber traurig, denn sie will pünktlich
sein. Aber die Zeiger auf der Uhr sind sehr verwirrend.
Ab und zu wünscht sich Tina, so zu sein wie alle ande-
ren. Sie findet es ungerecht, dass sie keinen Führerschein
machen kann. Sie würde gerne die Dinge machen, die ihre
Schwester Lena auch macht oder später noch machen
wird: Autofahren lernen, studieren, alleine ins Kino oder ins
Schwimmbad gehen. Aber bei Tina ist Mama immer dabei
und passt auf, dass nichts passiert.
Meistens ist Tina glücklich. Sie mag ihr Leben. Nur wenn
fremde Leute auf der Straße doof gucken, würde sie gerne
anders sein. Dann streckt Tina ihnen die Zunge raus. Da
habt ihr’s!, denkt sie und lacht ein bisschen.