STEINER ÜBER DEN SELBSTMORD - Marie von Nagy

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    Maria von Nagy

    RUDOLF STEINER BER DEN SELBSTMORD

    Verlag am Goetheanum

    Inhalt

    Ohnmacht der Logik ................................................................................................................ 7Das Neue und das Alte ............................................................................................................ 11Was mangelte den Selbstmrdern? ......................................................................................... 16Wie es gekommen wre .......................................................................................................... 19Nicht Strafe, sondern Folge .................................................................................................... 22Wege der Hilfe ........................................................................................................................ 27Der entscheidende Seelenzustand ........................................................................................... 28

    NachtragDer Verlust nachtodlicher Krfte ............................................................................................ 34Selbstmord und Karma ............................................................................................................ 35Nachwort Istvan von Vmosi Nagy ........................................................................................ 41Anmerkungen .......................................................................................................................... 47

    Ohnmacht der Logik

    Schon als einfacher Mitmensch und erst recht als sozialer Arbeiter ist man immer wiedergentigt, ber diejenigen Phnomene des praktischen und seelischen Lebens, die mit demSelbstmord des einzelnen oder mit den Selbstmordepidemien im Zusammenhang stehen,nachzudenken. Auch wenn man ein noch so bescheidenes Alltagsleben fhrt, begegnet manfast tglich den furchtbaren Problemen des Selbstmordes. Einzelne, spezielle Aufgaben derfrsorgerischen Ttigkeit verlangen dann eine besonders intensive Auseinandersetzung mitden verschiedenen Arten des vollbrachten, des versuchten oder des beabsichtigtenFreitodes. So gibt es zum Beispiel Lnder, in denen Krankenhuser besondere Abteilungenfr die geretteten Selbstmrder bereithalten, um ihnen dort nebst der medizinischen undpflegerischen Hilfe auch sozialfrsorgerischen Beistand bieten zu knnen. Die Aufgabe derhier ttigen Frsorger besteht darin, die wirtschaftlichen, persnlichen und seelischen

    Schwierigkeiten der geretteten Selbstmrder zu untersuchen und fr diese wenn esirgendwie geht - Lsungen oder wenigstens Erleichterungen zu finden. Hier handelt es sichalso darum, Menschen zu helfen, die sich bereits das Leben nehmen wollten und oft dazuneigen, ihren miglckten Versuch ein nchstes Mal, besser vorbereitet, zu wiederholen. Eineganz andere Einstellung verlangen von den Menschenfreunden und Frsorgern Sttten, wosich Insassen befinden, die nur auf eine uere und innere Situation warten, um sich dasLeben zu nehmen. Altersheime, Flchtlings- und Arbeitslager, Gefngnisse undNervenheilanstalten sowie bestimmte Abteilungen der Krankenhuser (vor allem frKrebskranke), aber auch Kasernen oder strenge Internate beherbergen gewhnlich solcheMenschen, die leider mit dem schmerzlich-hlichen Wort als Selbstmordkandidatenbezeichnet werden.

    In fast allen diesen Fllen steht der hilfsbereite Mitmensch vor beinahe unberwindlichenSchwierigkeiten. (7) Selbst dann, wenn er die wirtschaftlichen und sonstigen uerenUmstnde der Lebensmden gnstig regeln kann, ist es ihm hufig doch nicht mglich, ihre

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    innere Umstellung zu erreichen. Warum nicht? Weil ihren Problemen mit demjenigen Mittelnicht beizukommen ist, mit dem die schwierigen Fragen des Lebens meistens gelst werden:mit der Kraft des logischen Denkens. In dem Kampf gegen den Freitod scheitert selbst deraufopferndste Helferwille an der Ohnmacht der Logik. Dieses Versagen hat verschiedeneGrnde. In vielen Fllen ist die eigentliche Ursache des Selbstmordes dermaen irrational,

    da man sie mit Vernunft berhaupt nicht verstehen, geschweige beseitigen kann. In eineranderen Kategorie der Flle spricht die rein logische berlegung durchaus fr die Ausfhrungdes Selbstmordes und nicht dagegen.

    Ein viel gesehenes, sogenanntes klassisches Beispiel fr den versuchten unlogischenSelbstmord ist das einer jungen, nachtrglich geretteten Broangestellten, die ein groesQuantum Luminal nahm, nur weil ihre Kollegin ganz unbedeutenden Tratsch ber sieverbreitet hatte, oder des Studenten, der sich in die Brust scho, weil seine Braut sich aneinem Frhlingssonntag infolge einer vorbergehenden Mdigkeit weniger freundlichbenommen hatte als sonst. Auch die Frau gehrt zu diesem Typus, die sich aus dem Fensterstrzte, weil ihr Mann die Bemerkung machte, da seine Schwester die wenig geliebteSchwgerin - hbscher ausschaue als die Gattin selbst; und der Rekrut, der sich in der tiefen

    Friedenszeit erhngte, weil der Feldwebel ihn grob beschimpft hatte. Der Nervenarzt, derdiese Menschen untersuchte, fand sie eigentlich normal. Nach seiner Meinung konnte essich bei der Ausfhrung dieser unsinnigen Taten nur um vorbergehende Nervenstrungenhandeln. Die Geretteten selbst entgegneten, ihnen komme es nicht auf Sinn oder Unsinn an,ihre Sache habe gar nichts mit Logik zu tun; fr sie sei das Leben durch die genannten kleinenBegebenheiten eben unertrglich geworden, deshalb wollten sie es nicht mehr fortsetzen.

    (8) Im Gegensatz zu diesen Lebensverneinenden stehen zahlreiche andere, bei denen wieoben erwhnt die Ursachen des Selbstmordes von rein logischem Gesichtspunkt ausgesehen dermaen stichhaltig und berzeugend sind, da man wahrhaftig keine rationalenGrnde gegen sie vorbringen kann. Zum Beispiel: Die Gestapo machte einen kurzen Besuchbei dem schwerverletzten, zur Flucht unfhigen Familienvater und unterhielt sich mit ihmunter vier Augen. Sie hinterlie ein Schchtelchen und teilte beim Abschied mit, sie kme ineiner halben Stunde wieder, bis dahin solle der Mann frei entscheiden, ob er gemartert odererhngt werden wolle oder ob er vorziehe, den Inhalt des Schchtelchens einzunehmen. Imletzteren Falle wrde er als Opfer eines Unfalls betrachtet und in allen Ehren begrabenwerden. Vielleicht wrde sogar seine Familie nach seinem Tode eine Pension erhalten. Wiehtte der Freund oder die Pflegerin, die vielleicht in diesem Momente neben demschwerverwundeten Familienvater standen, ihm logischerweise raten knnen, sich selberund seiner Familie unertrgliche Qualen aufzubrden? In einer hnlichen Schicksalssituationstand eines Tages der Stadtkommandant von T., ein hoher Offizier der Besatzungsarmee. Ererhielt den Befehl, die Stadt zu rumen und alle Brcken, Fabriken, Kasernen und so weiter

    sprengen zu lassen. Die Bischfe der Stadt erfuhren dies, suchten ihn auf und erflehten Gnadefr die Stadt. Er erwiderte ihnen: Entweder die Stadt oder ich eines von beiden wirduntergehen mssen. Ein Drittes gibt es nicht. Ihr wit wohl, was auf mich wartet, wenn ichmich weigere. Die Kirchenfrsten flehten ihn weiter an. Schlielich entschlo sich derKommandant, die Stadt zu retten. Da er sich aber dem Unertrglichen, das auf ihn wartete,ebenfalls nicht aussetzen wollte, erscho er sich im letzten Moment. Und war es nichtlogisch, da der Jude, der im plombierten Wagen nach Auschwitz deportiert werden sollte,wo der Gastod seiner harrte, sich das Leben nahm, statt das zwecklose Leiden auf sich zunehmen? Oder scheint es nicht rational, wenn der Krebskranke, der wei, da er nachMonaten unsglicher Schmerzen auf jeden Fall sterben mu, sich jetzt schon die tdlicheSpritze gibt, anstatt das Drohende abzuwarten?

    (9) Schlielich aber gibt es eine dritte Gruppe der Selbstmrder, bei denen berhaupt keinekonkreten Grnde - weder irrationaler noch rationaler Art vorliegen, sondern allgemeineLebensmdigkeit und Lebensabscheu bestimmend sind. Ich kann es nicht mehr mitmachen!

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    Ich mag das alles nicht weiter mit ansehen! Es ist genug, genug und bergenug vondiesem Dasein. Die Krfte reichen einfach nicht weiter! So und hnlich lauten ihreKlagen. Zu dieser Gruppe gehren Menschen in verschiedenen Situationen. Solche, die in denbesten, andere, die in den schwersten Lebensverhltnissen stehen - Kerngesunde undNervenschwache, Hochgebildete und Einfache, Junge und Alte, kinderreiche und kinderlose

    Frauen und so weiter. Bei ihnen kann mit logischer berredung erst recht nichts erreichtwerden, denn die Grundstimmung ihres Wesens berwuchert die belebende Kraft des klarenGedankens.

    Noch eine weitere, sehr wesentliche Ursache, warum man Menschen, die vor demSelbstmord stehen, so wenig helfen kann, soll hier angedeutet werden. Bei dem endgltigenEntschlu zu einer solchen verzweifelten Tat ist meistens auch die Weltanschauung mitausschlaggebend. Das heit, die Menschen, die bei Bewutsein sind, treffen ihre letzteEntscheidung doch dem entsprechend, wie sie ber die hchsten Fragen des Daseins nachtodliches Leben, Menschenbestimmung, Unsterblichkeit der Seele, moralischeWeltordnung und so weiter denken. Im allgemeinen ist es aber so, da sich der sozialeHelfer selber - wenn er noch so belesen, sogar psychologisch recht gebildet ist keine

    allseitige Einstellung zu diesen letzten Fragen erarbeitet hat. Wie knnte er dann Sicherheitund Harmonisierung einer anderen Seele vermitteln, ihre Fragen beantworten? Sollte nicht anseine Stelle der Psychiater oder Seelsorger treten? Es gibt jedoch viele unter den zerrttetenMenschen, von denen wir sprechen, die weder von Psychiatern noch von Priestern etwaswissen wollen und nur noch mit einem neutralen Menschen eben mit dem Frsorger Umgang zu pflegen wnschen. Gerade das Vertrauen solcher Seelen verpflichtet jedenMenschenfreund und jeden Frsorger, die Probleme derer, die auf seine Hilfe angewiesensind, so tief nachzufhlen und berschauen zu lernen, wie ihm das nur irgendwie mglich ist.(10)

    Das Neue und das Alte

    Die wissenschaftliche Fachliteratur versucht, die Selbstmordarten in verschiedene Kategorieneinzuteilen; der angewendete Gesichtspunkt, das ordnende Prinzip ist dabei fast immer nochdas Motiv des Selbstmordes. Innerhalb dieser verschiedenen Kategorien mu die Selbstttungder Wahnsinnigen, Nervenkranken und aller Bewutseinsverlustigen von vornherein scharfabgetrennt werden. Unsere Betrachtung umfat die letzteren nicht.

    Fritz Schwarz (Professor fr gerichtliche Medizin an der Universitt Zrich) nennt in seinemverdienstvollen Buche Probleme des Selbstmordes die folgenden Arten des Selbstmordes:den altruistischen (dem Mrtyrer- oder Opfertod nahestehenden) Selbstmord; denRacheselbstmord; den Selbstmord aus Konvention, aus Sitte, aus Zwang; den unbewuten,

    indirekten Selbstmord und schlielich den Bilanzselbstmord. Bis auf den letzten enthaltendiese Kategorien zweifellos zahlreiche Grenzflle, bei denen es schwer zu entscheiden ist, obes sich um Selbstmord im eigentlichen Sinne handelt. Fr die Bezeichnung des absoluteindeutigen Selbstmordes wendet Schwarz wie auch andere Autoren den NamenBilanzselbstmord an und erwhnt nur in Klammern, da derselbe auch physiologischerSelbstmord genannt wird. Der Bilanzselbstmord kann auch in der Form desDoppelselbstmordes oder Kollektivselbstmordes auftreten. Das Wort Bilanz ist einkaufmnnischer Ausdruck, der hier lieblos klingt; er vermag nicht die Schmerzen und Wehenanzudeuten, die den Menschen bestrmen und ihn so weit bringen, da er sein Gleichgewichtvollstndig verliert und sein Leben gewaltsam vernichtet. Aus diesem Grunde mchte ich dasWort Bilanz meiden.

    Wenn man bei Selbstmrdern nicht ihre Handlungsmotive, sondern Schicksalssituationenuntersucht, dann wird man unter ihnen zwei Hauptarten finden. (11) Die Angehrigen derersten Gruppe sind lebensberdrssig geworden, weil ihr Schicksal ihnen nichts von einem

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    ersehnten Neuen gebracht, sondern das Alte, das Gleiche wiederholt hatte, bis sie esschlielich verabscheuen muten. Im Gegensatz zu ihnen sind die Angehrigen der zweitenGruppe pltzlich vor eine ganz neue Lebenssituation gestellt worden, die sie nicht auf sichnehmen und tragen wollten. Bei den ersteren mangelt es an etwas Neuem bei den anderenist ein unerwnschtes, entsetzliches Neues eingetroffen! Im allgemeinen ist das Unglck der

    letzteren mehr bekannt. Ein Beispiel dafr bietet der Universittsprofessor, der durch seinewissenschaftliche Ttigkeit, durch seinen Charakter und seine Liebe zur Jugend einegeachtete Stelle im Leben eines Landes einnahm und zum Wohle seiner Mitmenschen wirkte.Als er eines Tages erfuhr, da seine Abstammung nicht in Ordnung sei und da er seinenganzen Arbeitskreis sofort verlassen msse und vom nchsten Tage an aller Menschenrechteberaubt und jeder Grausamkeit ausgesetzt sein werde, wartete er den Morgen nicht mehr ab.

    Es kommt auch vor, da das lebenraubende Neue im Laufe der Zeit fters auftritt, aber erstbeim zweiten, dritten Auftreten den Selbstmord bewirkt. ber Schlerselbstmorde sprechend,fhrt Rudolf Steiner solche Flle an:

    Wir leben eben vom Aufwachen bis zum Einschlafen in Zusammenhang mit unserem Ichund knnen unser Ich von gar nichts, was wir denken, fhlen oder wollen, abtrennen. Nun ist

    das, was wir so innerlich erleben und was durchaus mit unserem Ich verknpft ist, wieeingebettet in den astralischen, therischen und physischen Leib. Diese Leiber erleben wirnicht unmittelbar im normalen Leben. Aus dem Astralleib tauchen allerlei verborgene,unerklrliche Dinge herauf, aber was darin vorgeht, ist dem Menschen unbekannt, so wiedemjenigen, der nur das obere Wellenspiel des Meeres betrachtet, unbekannt ist, was in denTiefen vorgeht. Der Mensch soll nur einmal das Leben beobachten und sehen, wie unbekanntdas ist, was im Verborgenen des Lebens vorgeht.

    (12) Da haben wir zum Beispiel ein Kind, das im siebenten Lebensjahre nur einmal erlebte,da es vom Vater oder der Mutter ungerecht behandelt worden ist. Das hatte eine gewisseAufregung beim Kinde zur Folge, die man aber nicht berichtete, weil das fr die uere Weltscheinbar sehr bald verschwunden ist. Es ist aber nur in den Astralleib hinuntergestiegen; daunten wogt und treibt es. Das Kind lebt weiter bis zum sechzehnten, siebzehnten Jahre. Es istauf der Schule. Da kommt irgend etwas vor, der Lehrer macht dieses oder jenes. Ein anderesKind htte sich darber nicht aufgeregt, aber dieses Kind begeht Selbstmord! Wer das Lebendieses Kindes nur uerlich betrachtet, wird allerlei Zeug reden ber die Grnde, die es zumSelbstmord veranlaten. Nur wer das Leben in seinen Tiefen betrachtet, da wo es wogt undtreibt, im Astralleib, der wird wissen, da zu den wichtigsten Ursachen das Erlebnis derUngerechtigkeit im siebenten Jahre gehrte. Das lebt da unten im Verborgenen fort und wirdnur heraufgerissen durch das Vorkommnis in der Schule; wre das nicht dagewesen, so wreder Selbstmord nicht vorgekommen. (2)

    In etwas abgewandelter Form spricht Rudolf Steiner an anderen Stellen ber den Tatbestand

    des Schlerselbstmordes. (3) Das Neue als Gedchtnisschwund veranlate einen Gelehrten zuSelbstmord. Rudolf Steiner sagt:Einem ehemaligen Bekannten von mir - er war ein sehr gelehrter Herr - passierte es eines

    Tages, da ihn das Bewutsein und das Gedchtnis verlieen. Er wute nicht mehr, wer ereinmal war, was er getan hat; von seiner ganzen Gelehrsamkeit wute er nichts mehr. A1leshatte er vergessen. Er wute nicht einmal, da er er selbst ist, da er er ist. Aber trotzdem,sein Verstand war klar. Der Verstand wirkte ganz klar. Er ging zum Bahnhof, lste sich einEisenbahnbillett und fuhr weit. Geld hatte er sich auch mitgenommen, das, was er nochgehabt hat. Er konnte weit fahren. Als er angekommen war an der Station, wohin das Billettgelautet hatte, kaufte er sich ein neues. Und das tat er mehrmals, wute gar nichts von dem,was er tat. Der Verstand ist aber so abgesondert vom eigentlichen Menschen, da alles ganz

    verstndig geschah, wie die Tiere verstndig handeln - wie ich Ihnen oftmals an manchemguten Beispiel gezeigt habe -, ohne da sie ein Ich haben. Nun, da fand er sich einmalwiederum, das Gedchtnis kam wiederum. Er wute, wer er ist. (13) Seine Gelehrsamkeit

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    rckte auch wiederum im Kopfe herauf; aber er befand sich in Berlin in einemObdachlosenasyl! Da ist er zuletzt gelandet. Abgereist ist er von Stuttgart. Man konntenachher konstatieren, da er dort abgereist ist. In bewutlosem Zustande ist er in Budapestund so weiter gewesen. Den Weg von Berlin nach Stuttgart hat er wiederum machen knnen.Dann hat ihn jemand von seiner Familie abgeholt, die furchtbar in ngsten war. Er hat das

    wieder machen knnen. Es hat dann allerdings durch Selbstmord geendet . . .Aber was geht denn da vor in einem solchen Fall? Ja, sehen Sie, diesen Mann, von dem ichIhnen jetzt erzhlt habe, den habe ich tatschlich so vor mir, da ich ihn eigentlich jederzeitmalen knnte. Der Mann hatte Augen, von denen man glauben konnte, sie wollten immermehr tiefer in den Kopf hinein. Er hatte hier vorne so etwas, wie wenn die Nase sicheingegraben htte das alles natrlich sehr leise angedeutet in den physischen Leib. Ersprach mit einem in einer ganz merkwrdigen Weise. Er sprach mit einem so, da er ganzanders berzeugt war von seinen Worten als ein anderer Mensch. Man hatte das Gefhl, derschmeckt seine eigenen Worte immer auf der Zunge und verschluckt sie, so gern hat er sie. Esgefllt ihm so, wenn er etwas spricht, er schluckt das alles in sich hinein. Und wenn man ihmirgendwie widersprach, da wurde er recht bse. Aber er zeigte uerlich nicht viel von diesem

    Bsewerden, sondern sein Gesicht verzerrte sich. Wenn irgendwo auf der Strae ein Wagenknatterte, dann fuhr er furchtbar zusammen; wenn Sie ihm irgendeine Neuigkeit erzhlten,dann fuhr er ebenso zusammen, ob sie nun freudig oder traurig war.

    Sehen Sie, dieser Mensch hatte zuviel zugehrt, und alles drckte sich gleich in seinemphysischen Leibe aus. Und dadurch hatte er die Gewohnheit, da der astralische Leib immerganz tief in den physischen Leib sich eingrub; er behielt nichts fr sich, ... sondern alles grubsich in den physischen Leib ein, bis der physische Leib soweit war, da er auch sein eigenesIch eine Zeitlang verrckte. [4]

    Bei hnlichen Fllen handelt es sich darum, da der Mensch dem schweren, zermalmendenNeuen das erste Mal wohl noch Widerstand leisten kann, doch das zweite oder dritte Maldavon berwltigt wird. (14)

    Man hat statistisch festgestellt, da bei der Frau das Maximum der Selbstmordtendenzzwischen dem fnfzigsten und dem neunundfnfzigsten Lebensjahr liegt, bei dem Mann erstin der nchsten Dekade. In dieser Differenz kommen wohl Einflsse des Klimakteriums zurGeltung, das heit das Neue, das durch die Klimax sich im menschlichen Leben einstellt,kann von gewissen Persnlichkeiten nicht ertragen, nicht verarbeitet werden und fhrt zurLebensflucht.

    Weniger bekannt als die letzten Flle sind die Schicksale derjenigen, die zu dererstgenannten Gruppe gehren, in deren Leben sich nichts Neues ereignete; gerade das triebsie in Verzweiflung und Lebensflucht. Dies wurde das Los der alten Frau mit dem krankenBein, die vor Jahren den einzigen, gtigen Bruder verlor, seitdem allein die armselige

    Existenz fristete und niemals etwas Erfreuliches erleben durfte, bis sie sich eines Tages ausdem dritten Stock warf; ebenso des Pedells, der jahraus, jahrein unter den Qulereien seinerFrau litt und schlielich eines Tages nicht an seine Arbeitsstelle kam. Er wurde tot auf demEstrich gefunden. Er hatte sich erhngt.

    Man kann sich kaum vorstellen, wie gro die Zahl der Lebensflchtigen ist, die sich nichtinfolge eines sie erdrckenden Neuen, sondern wegen eines sich immer wiederholendenAlten, das sie nicht mehr tragen wollen, das Leben nehmen. Solche Taten werdenhauptschlich in Lndern ausgebt, die sich im Friedenszustand befinden. Es gibt Statistiken,die nachweisen, da in allen Lndern die Zahl der Lebensflchtigen sofort abnahm, sobald einKrieg ausbrach und an den erstarrten Lebensformen rttelte. (Selbstverstndlich trat dieserFall nur dann ein, wenn der Krieg nicht mit Verfolgungen bestimmter Menschenklassen und -

    rassen oder mit anderen despotischen Manahmen verbunden war, sondern nur eineinfacher Krieg gewesen ist.)

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    Wenn man die Selbstmordversuche in den Jahreslauf hineinstellt, wird man in zahlreichenLndern finden, da die meisten im Mai und Juni, also im Frhling und Vorsommervorkommen, nicht im Winter, wenn die Lebensverhltnisse der Klte wegen viel schwierigeresind, die Not drckender ist und die kurzen Tage deprimierend wirken. (15) Warum wohlbeim Erwachen der Schnheit der Natur, zur Zeit der Bltentage? Weil der neue Frhling

    der so vielen anderen Geschpfen viel Schnes schenkt sie, die vergeblich sich Sehnenden,nun wieder im Stiche lt und ihre grauen, bitteren Tage nicht ndert, sondern sie gerade soweiter vergehen lt, wie sie bis jetzt immer verlaufen sind.

    Es sei auch noch erwhnt, da von den sieben Tagen der Woche der Montag der Tag ist und daneben der Dienstag , an welchem sich die meisten Menschen das Leben nehmen; alsoam Anfang der Woche, wo das alte bel neu beginnt.

    Steht wohl die hohe Zahl der Selbstmorde in der Schweiz auch damit in Zusammenhang,da das Stationre dieses Landes fr viele Seelen unertrglich ist, auch wenn es noch so vielewirtschaftliche und kulturelle Gter bietet? Viele andere Vlker beneiden die Schweizer,deren Heimat von den beiden Weltkriegen verschont bleiben durfte. Es gibt stets allzu viele,welche die Vorteile ihres eigenen Landes nicht freudevoll schtzen knnen. Deshalb gehrt

    die Schweiz unter die Lnder mit den hchsten Selbstmordziffern, obwohl ihr materielles undkulturelles Leben ganz auerordentlich hoch steht.

    Was mangelte den Selbstmrdern?

    Diese Frage wird immer wieder gestellt, wenn sich Menschen das Leben nehmen, denennichts Tragisches und Schweres zugestoen ist und die doch Opfer innerer Kataklysmengeworden sind. Die Zahl solcher Selbstmrder wchst von Tag zu Tag.

    (16) Rudolf Steiner weist oft darauf hin, da in der Gegenwart viele Seelen auf der Erdeleben, welche unterbewut aus dem Materialismus hinausstreben und eine zehrendeSehnsucht nach einem unmittelbaren Wissen vom Geiste in sich tragen. Wenn ihre Sehnsuchtnicht gestillt wird, werden diese Seelen von schmerzhaften, ja von krankhaften Zustndenberfallen, die schlielich sogar zum Selbstmord fhren knnen. Dies war das Schicksal vonOtto Weininger. Rudolf Steiner stellt ihn als Reprsentanten vieler anderer Selbstmrder hinund gibt die Antwort auf die obige Frage folgendermaen:

    Ich habe fter den Namen eines sehr merkwrdigen Menschen der Gegenwartausgesprochen, der wirklich in seinem Leben zwischen Gesundheit und Krankheit hin und herpendelte: Otto Weininger, der das merkwrdige Buch Geschlecht und Charaktergeschrieben hat ... Dreiundzwanzig Jahre war er alt, da trifft ihn ein Gedanke, der ihnfurchtbar hypnotisiert: da er sich selbst morden msse, weil er sonst einen andern mordenmsse, der Gedanke, da ein Mrder, ein Verbrecher in seiner Seele ruht . . .

    Diese Seele hat das Eigentmliche, da sie nie ganz mit dem Leibe verbunden war. Fr denueren Psychiater war Weininger Hysteriker; fr den, der die Sachen durchschaut, war es so,da ein unregelmiger Zusammenhang zwischen seinem Geistig-Seelischen und seinemPhysisch-Leiblichen vorhanden war. Was sonst normal ist, da das Geistig-Seelische mit demEinschlafen aus dem Physisch-Leiblichen herausgeht und mit dem Aufwachen wieder mitihm zusammenkommt, das war bei Weininger anders ... So erscheint dem, der die Sachedurchschaut, was unregelmiger Zusammenhang ist des Geistig-Seelischen mit demPhysisch-Leiblichen, und in diesen unregelmigen Zusammenhang tritt auf merkwrdigeWeise, aber in ganz besonderer Art, ein Wissen ein, das die Menschheit in der Zukunft wirdhaben mssen. Denken Sie sich: In einem Menschen, der ja fr einen ganz grobklotzigenPsychiater Hysteriker ist, tritt ein Wissen auf, das die Menschheit in der Zukunft wird haben

    mssen, aber nun auch karikiert. Sie knnen sich nach dem, was ich heute gesagt habe, leichtvorstellen, da durch irgendwelche Abnormitten etwas wie Vorzgler einer Zukunft wie esNachzgler der Vergangenheit gibt unter uns erscheinen, einer Zukunft, wo die Menschen

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    werden wissen mssen von wiederholten Erdenleben, von Karma und vom Trumen desKarma. (17) Und weil solche Menschen als Vorzgler solcher knftigen Zeiten auftreten,deshalb heilt das Wissen den Organismus nicht, sondern macht ihn krankhaft . . .

    Ich knnte viele solche Erscheinungen anfhren. Was zeigen diese Erscheinungen? Nichtsanderes, als da sich das bersinnliche Wissen, das jetzt in die Menschennatur herein will,

    ankndigt: und weil es auf dem Wege anthroposophisch orientierter Geisteswissenschaft nochnicht gesucht wird, kommt es in Kataklysmen herein, kommt so herein, da es diemenschliche Natur erschttert, sie krankhaft macht in dem Grade, wie es die PersonWeiningers krank machte. Ich sage krank, wobei ich nichts Philistrses verstehe, sonderneben nur das uerlich Tatschliche, da es in der Tat etwas Krankhaftes hat, wenn sich einMensch mit dreiundzwanzig Jahren erschiet, weil er in sich einen verborgenen Mrder findetund sich durch den Selbstmord retten will vor dem Mord.

    Man knnte es an hundert, an tausend Beispielen zeigen: Dieses Wissen will herein! Und eswre gut, wenn mglichst viele Menschen darauf kommen wrden, da es so ist. In denUnterbewutseinen der Menschen ist ungeheuer weit verbreitet die Sehnsucht nach solchemWissen vorhanden. uere Mchte . . . halten das Wissen zurck. (5)

    An vielen Stellen findet man diesen Geist anschlagend an die Pforte des Bewutseins.Menschen, die zum Beispiel gerade etwas abnorm sind in ihrem Leben, bei denen kommt esdurch eine Lockerung des Geistig-Seelischen im Physisch-Leiblichen heute zustande, da dasUnterbewute richtiger hereinschlgt in das Bewutsein, als bei jenen, die nichts Gelockertesan sich haben. Es ist durchaus nicht gesagt, da das Lockern angestrebt werden soll,wahrhaftig nicht, aber bei einigen Leuten ist auf naturgeme Weise etwas gelockert, wie zumBeispiel bei Otto Weininger.

    ... Weininger war eine geniale Natur. Er hat sich dann im dreiundzwanzigsten Jahreingemietet im Beethovenhaus und sich darinnen erschossen. Daraus sehen Sie, da er eineganz abnorme Natur war. Ich will aber nur erwhnen: Wenn Sie sein letztes Buch lesen, sofinden Sie unter allerlei anderem auch eine merkwrdige Stelle. Da sagt er: Warum erinnertsich der Mensch nicht an sein Leben vor der Geburt? Weil die Seele sich so heruntergebrachthat, da sie untertauchen will in die Bewutlosigkeit gegenber dem vorhergegangenenLeben! - Ich erwhne dies nur - und ich knnte das Beispiel vertausendfachen , um zuzeigen: Es gibt viele Menschen, die der Geisteswissenschaft ganz nahestehen, sie aber nichtfinden knnen, weil die Gegenwart die Menschen berhaupt nicht an die Geisteswissenschaftheranlassen will.

    Wie es gekommen wre

    Eine langjhrige sozialfrsorgerische Ttigkeit lt auf viele traurige Flle zurckblicken, bei

    denen es mglich war zu erkunden, wie sich das Schicksal der Betreffenden gestaltet htte,wenn sie die Tat, die ihrem Leben ein Ende machte, nicht ausgefhrt htten. An einer ganzenReihe von Fllen hat sich unzweideutig erwiesen, da recht bald nach dem Selbstmord eineentscheidende Besserung eingetreten ist, welche die unglcklichen Menschen gerettet htte.Einige Beispiele mgen das hier Gesagte beleuchten.

    Ein altes, wohlhabendes Ehepaar mute im Zweiten Weltkriege aus Ostdeutschland - daszum Schlachtfeld geworden war- nach dem Westen fliehen. Es fuhr im eigenen Auto, so weites nur konnte. Schlielich wurde es in einer Stadt von der Gestapo aufgehalten. Der alteMann wurde als Landesverrter bezeichnet und durch die Gestapo eingekerkert; denn seinePflicht wre gewesen, daheim zu bleiben und mit Waffen gegen den Feind zu kmpfen.(18/19) Da er wute, da Landesverrat mit der furchtbarsten Art der Hinrichtung bestraft

    werde, sumte er nicht, in einem unbewachten Moment das fr alle Flle mitgebrachte Gifteinzunehmen. Inzwischen ruhte die Gattin nicht. Sie verschaffte sich durch den Verkauf ihrermitgebrachten Juwelen in wenigen Stunden eine groe Summe und bot diese der Gestapo an.

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    Ihr Angebot wurde angenommen. Der Mann lebte noch. Er wurde freigelassen. Die Gattinbrachte ihn in das Krankenhaus, lie die besten rzte zu ihm kommen. Sein Leben wurdezunchst gerettet. Ganz konnte er jedoch nicht mehr hergestellt werden, in einigen Monatenstarb er an den Folgen der Vergiftung. hnlich ging es einer Frau, die, als Jdin bezeichnet,von einer Provinzstadt im plombierten Wagen in eines der bekannten Todeslager deportiert

    werden sollte. Um diesem Schicksal auszuweichen, nahm sie im letzten Moment Gift. Inwenigen Stunden war sie tot. Sie ist die einzige, die von dem ganzen Transport starb, weildurch merkwrdige Verkettung der Ereignisse alle anderen als htte ihnen ein Wundergeholfen - gesund heimgekehrt sind.Zwei Freunde, ein Arzt und ein Schriftsteller, die sich am ersten Tag schon das Lebennahmen, als der Verfolgungsplan in der Grostadt, in der sie wohnten, bekannt wurde, wutennicht, da ihre Gefhrten bereits ihre Rettung gesichert hatten und kurze Zeit nach ihrem Todzu ihnen kamen, um ihnen Hilfe zu bringen.

    Es ist erschtternd zu sehen, wie der unglckliche Selbstmrder mit seiner Verzweiflungkmpft und dann das Leben von sich wirft, weil er das Gefhl hat, niemand bringe ihm Hilfe,whrend in Wirklichkeit eine Anzahl Seelen sich bemhen, ihn zu retten, nur wei er noch

    nichts davon. Die berzeugung vieler Selbstmrder, da sie nun endgltig dem bsenSchicksal ausgeliefert und vollkommen verlassen sind, beruht auf einem Irrtum. Wenn mandie zahlreichen Flle eingehend studiert, in welchen Selbstmrder im letzten Moment gerettetwurden, kann man sich ein klares Bild davon machen, welche vielfltigen Krfte in denHerzen anderer Menschen mobilisiert werden, sobald jemand an der Schwelle derSelbstttung angelangt ist. Hauptschlich Mtter sind es, doch auch andere Angehrige,Lehrer, Schler, Frsorger, Freunde des Verzweifelten oft aber wildfremde Menschen ,die, durch eine pltzliche Unruhe befallen, zu ihm eilen, um ihn im allerletzten Moment indas Leben zurckzufhren.

    Manche Selbstmrder fhlen genau, da eine Hilfe irgendwo noch fr sie bereit ist undsuchen eine solche Art der Selbstttung, die vielleicht noch rckgngig gemacht werden kann.Dies ist recht oft der Fall bei dem Selbstmord aus Liebesschmerz.

    Die natrliche Heilung oder wenigstens die Linderung des letzteren ist ein Naturgesetz. Sieist also immer nahe. So fhlen wohl die meisten Liebenden, die Hand an sich legen dies isteine ermittelte Tatsache! , denn sie whlen die Todesart, bei der die Rettung am ehestenmglich ist. Sie schieen sich in die Brust. Und tatschlich wird eine ganze Anzahl unterihnen durch rzte gerettet.

    Sogar bei solchen Schicksalen, wo nicht schwere uere Verhltnisse oder sonstigeLebenskrisen in den Tod treiben, sondern wo eine innere Seelenlage das eigentliche Motiv ist,kann des fteren festgestellt werden, da nach der vollbrachten Tat, aber noch vor dem

    Sterben, der betreffende Mensch zu sich kommt und darber spricht, da sein Seelenleid jetztvon ihm genommen ist und er wieder Kraft und Mut zum Leben gewinnt. Er sagt, er fhledeutlich, da er seine gesunde Urteilskraft nun zurckerhalten habe. Er bereut seine Tat undbittet die rzte, ihn zu heilen, damit er wiedergutmachen knne, was er gefehlt hat. Beisolchen Menschen scheint die Gesundung der Seele nahe gewesen zu sein, und wenn sie einwenig gewartet htten, wren sie von ihrer Seelenqual befreit worden.

    Gegenbeispiele knnen auch vorgebracht werden dafr, wie es gekommen ist (und nicht wiees gekommen wre), wenn jemand der Versuchung des Selbstmordes Widerstand geleistethat. Ein solches Beispiel bietet der Staatsmann, der wohl groe politische Fehler machte, inbezug auf Menschlichkeit und Moralitt aber hoch stand. Wegen seiner Politik wurde er zumTode verurteilt (Kopfschu im Gefngnishof unter Zulassung der ffentlichkeit). Seine Frau

    brachte ihm dreimal Gift ins Gefngnis, damit er nicht mit einem entwrdigenden Schauspielsein ehrwrdiges Leben beende. Er wies sie alle drei Male zurck und ergab sich seinemSchicksale. Seine Einstellung ermglichte ihm in der allerletzten Stunde seines Lebens die

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    Erfllung eines alten Wunsches, den er whrend der ganzen Zeit seiner Verhaftung umsonstgehegt hatte. (20/21) Unmittelbar vor seinem Tode durfte er sich mit auslndischenKorrespondenten zugunsten seines Volkes aussprechen.

    Nicht Strafe, sondern Folge

    Es gibt Vlker, die durch die Macht der Konvention oder des Gesetzes den Selbstmord inbestimmten Lebenslagen zur Pflicht, zur ehrwrdigen Sitte erheben. Nach diesem Prinziphandelten verwitwete Frauen in Indien, besiegte Soldaten in Japan. In diesem Lande steht derHgel der Selbstmrder, in Okavina, wo im Sommer 1945 angeblich 10000 japanischeSoldaten sich das Leben nahmen, um nicht in die Gefangenschaft der feindlichen Armeefallen zu mssen. Diese Denk- und Handlungsweise war in frheren Kulturepochen unter vielmehr Vlkern verbreitet als jetzt. Sie ist durch die Weltanschauung, die von Europa seit derBegrndung des Christentums ausstrahlt, an vielen Orten umgestaltet worden.

    Fr Selbstmrder, die eine solche Denkweise sich nicht zu eigen machen, ist es bezeichnend wie dies aus den nachgelassenen Briefen der Gestorbenen und aus den Worten der

    Geretteten hervorgeht , da sie sich vor der Ausfhrung ihrer letzten Tat Gedanken darbermachen, ob die Seele nach dem Tode in bewuter Weise weiterexistiert oder nicht. SowohlSelbstmrder, die die Unsterblichkeit des Menschengeistes bejahen, als auch andere, welchesie verneinen, kommen dabei zum gleichen Entschlu. Ein Gedanke, der im Mittelalter nochdie Kraft hatte, viele Christen vom Selbstmord zurckzuhalten, ist heute unwirksamgeworden. Die Annahme einer nachtodlichen, sogar einer ewigen Strafe fr diese Tat wirdheute als eine falsche bezeichnet.

    Diese Wandlung hat den Weg fr neue Denkrichtungen bereitet, die wesentliche Tatsachenganz bersehen, wie es im Folgenden gezeigt werden soll.

    Wenn die Menschen in ihren letzten, qualvollen Stunden vor ihrem Freitode sich an diegttliche Liebe klammern und die Hoffnung pflegen, da sie nach dem Tode Verstndnis undVerzeihung erlangen werden, so ist ihre Hoffnung voll berechtigt, und doch bewegt sich ihrDenken in einer falschen Richtung. Unser Weltall ist durchwegs auf eine allgemeingltigeGesetzmigkeit aufgebaut. Jede Tat hat ihre unvermeidliche Konsequenz, so auch derSelbstmord. Doch seine Folgen knnen sich erst nach dem Tode einstellen, und derSelbstmrder mu ihnen im nachtodlichen Sein begegnen. Dies zu wissen, ist fr jedenMenschen wichtig, besonders auch fr die hinterbliebenen Angehrigen der Selbstmrder. ImHinblick auf die allgemeine Wichtigkeit dieses Wissens behandelte Rudolf Steiner schon inseinem grundlegenden Buche Theosophie im Jahre 1904 das tragische Problem desSelbstmordes im Zusammenhang mit den nachtodlichen Erlebnissen, welche die Seele desMenschen nach dem Ablegen des Leibes durchzumachen hat. Die Art und Weise dieser

    Erlebnisse ist unter anderem auch stark davon abhngig, wie und in welchem Zeitpunkt seinesLebens der betreffende Mensch gestorben ist. Der sogenannte natrliche Tod vermittelt ganzandere Inhalte als der gewaltsame. Beide erwecken verschiedene Sehnschte, Wnsche undFhigkeiten in der Seele, die soeben durch die Pforte des Todes gegangen ist.

    Der Mensch empfindet whrend des physischen Lebens seinen Krper als sein Selbst. Das,was man Selbstgefhl nennt, grndet sich auf diese Tatsache. Und je sinnlicher die Menschenveranlagt sind, desto mehr nimmt ihr Selbstgefhl diesen Charakter an. Nach dem Todefehlt der Leib als Gegenstand dieses Selbstgefhls. Die Seele, welcher dieses Gefhlgeblieben ist, fhlt sich deshalb wie ausgehhlt. Ein Gefhl, wie wenn sie sich selbst verlorenhtte, befllt sie. . .

    Es soll nicht unerwhnt bleiben, da die Erlebnisse dieser Region im besonderen Mae

    Selbstmrder durchmachen. (22/23) Sie verlassen auf knstlichem Wege ihren physischenLeib, whrend doch alle Gefhle, die mit diesem zusammenhngen, unverndert bleiben.Beim natrlichen Tode geht mit dem Verfall des Leibes auch ein teilweises Ersterben der an

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    ihn sich heftenden Gefhle einher. Bei Selbstmrdern kommen dann noch zu der Qual, dieihnen das Gefhl der pltzlichen Aushhlung verursacht, die unbefriedigten Begierden undWnsche, wegen deren sie sich entleibt haben. [7]

    Zwei Jahre spter heit es in einem Vortrag Rudolf Steiners:Zu den verschiedenen Gefhlen, die dem Menschen im Leben anhaften, gehrt besonders

    das eigentliche Daseinsgefhl, das Lebensgefhl, die Freude am Leben berhaupt, amDrinnenstecken im physischen Krper. Darum ist es eine Hauptentbehrung, keinenphysischen Krper mehr zu haben. Wir werden nun dadurch das furchtbare Schicksal und dieentsetzlichen Qualen jener Unglcklichen verstehen, welche durch Selbstmord aus demLeben scheiden. Beim natrlichen Tod ist die Trennung der drei Krper verhltnismig eineleichte. Selbst bei Schlagflu oder sonst einer schnellen natrlichen Todesart ist inWirklichkeit schn lngst die Trennung dieser hheren Glieder voneinander vorbereitetworden; sie trennen sich leicht, und die Entbehrung des physischen Leibes ist dann nur einesehr geringe. Aber bei einer so gewaltsamen pltzlichen Trennung vom Krper wie bei einemSelbstmrder, wo noch alles gesund ist und noch fest zusammenhlt, da tritt unmittelbar nachdem Tode eine starke Entbehrung des physischen Krpers auf, die furchtbare Leiden

    verursacht. Es ist ein furchtbares Schicksal. Der Selbstmrder fhlt sich wie ausgehhlt undbeginnt nun ein grausiges Suchen nach dem so pltzlich entzogenen physischen Krper.Nichts lt sich damit vergleichen.

    Es wird nun mancher sagen: Der Lebensberdrssige hngt ja gar nicht mehr am Leben,sonst htte er es sich nicht genommen. Das ist eine Tuschung, denn gerade derSelbstmrder hngt zu sehr am Leben; weil es ihm aber die Befriedigung gewohnter Genssenicht mehr bietet, weil es ihm vielleicht durch vernderte Verhltnisse manches versagt,darum geht er in den Tod, und darum ist ihm nun die Entbehrung des physischen Krpersunsagbar gro. [8]

    (24) In zahlreichen Vortrgen beschftigt sich Rudolf Steiner mit den qualvollenErlebnissen, die die Selbstmrder nachtodlich durchmachen mssen. Er betont ausdrcklich,da die pltzliche Trennung vom physischen Leib im Fall des Selbstmordes schmerzlicher istals bei einem gewaltsamen Tod, den der Mensch nicht sich selbst gegeben hat:

    Der Mensch mu sich abgewhnen, einen Krper zu haben. Der Tod erzeugt in ihm zuerstdie Wirkung einer ungeheuren Leere. Beim gewaltsamen Tod und beim Selbstmord sind dieseGefhle der Leere, des Durstes und des Brennens noch viel schrecklicher. Der Astralleib,nicht dazu vorbereitet, auerhalb des physischen Leibes zu leben, reit sich unter Schmerzendavon los, whrend beim natrlichen Tode der reif gewordene Astralleib sich leicht lst.Beim gewaltsamen Tod, der nicht vom Willen des Menschen verursacht ist, ist die Loslsungimmerhin weniger schmerzhaft als im Fall des Selbstmords. [9]

    Die Tatsache, da der Mensch von vornherein einen Schicksalsplan fr einen ganzen

    irdischen Lebenslauf in sich trgt, wird heute schon von manchen wissenschaftlichenRichtungen anerkannt. Die Jugendpsychologie beschftigt sich mit der Periode derEntwicklung, in welcher dieser bis dahin unbewute, in der Seele verborgene Lebensplanaufdmmert und nach bewutem Ausdruck drngt; dies ist die Zeit der Berufswahl. DerMensch ist aber dem Fatum nicht unterworfen, er ist nicht Sklave der Determination. Er hatdie Mglichkeit, auf der Erde sein Schicksal zu verbessern oder zu verschlechtern und auchsein Leben durch Selbstmord abzukrzen. In diesem Falle ist die Periode seines nachtodlichenLebens besonders leidvoll, weil dann ein stndiges Suchen nach dem verlorengegangenenirdischen Leib vorherrscht:

    Wenn der Mensch Selbstmord begeht, hat er sein Ich mit dem physischen Krperidentifiziert. Daher entsteht nachher um so heftiger die Gier nach dem physischen Krper. Er

    kommt sich dann vor wie ein ausgehhlter Baum, wie einer, der sein Ich verloren hat. Er hatdann einen fortwhrenden Durst nach sich selbst.

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    (25) Wenn der Mensch gewaltsam gettet wird, ist er in einer hnlichen Lage. Bei demMenschen, der eines gewaltsamen Todes stirbt, bleibt bis zu der Zeit, zu der er sonstgestorben wre, das Suchen nach seinem physischen Krper, nach seinem Selbst. [10]

    Diese Wirkungen des Selbstmordes sind nicht als Strafe aufzufassen, sie sindNotwendigkeiten, die durch die Struktur des menschlichen Wesens bedingt sind. Als Rudolf

    Steiner gefragt wurde, ob sich die Folgen eines Selbstmordes im nachtodlichen Sein andersgestalten, wenn diese Tat nicht im Wachbewutsein, sondern im Wahnsinn ausgebt wurde,antwortete er:

    Da liegen schon andere Verhltnisse vor, man mu auf das gesamte Schicksal schauen.[11]

    Wahrscheinlich ist im letzteren Zustand an und fr sich schon eine Lockerung zwischenSeele und Leib vorhanden, welche auf die Trennung der beiden vorbereitend und milderndwirkt.

    Tragischer entfaltet sich vor uns das Schicksal des Selbstmrders, wenn wir wissen, daseine Tat nicht nur im nachtodlichen, sondern auch im nchsten Erdenleben schwere Folgenbringen kann. Es droht ihm dann auch die Gefahr, nicht mit sich zurechtzukommen und

    keinen Einklang in sein Leben tragen zu knnen:Wenn wir daher in einem Erdenlaufe des Menschen finden: dieser Mensch hat etwas

    Besonderes, in einem besonderen Zeitpunkte zu vollbringen vermocht, er hat seinem ganzenLeben eine neue Richtung gegeben, wie aus unbekannten Tiefen ist etwas von Krften inseiner Seele aufgekommen: das kommt von einem gewaltsamen Tode in einem frherenLeben. Diese Krfte, die dem Leben eine neue Richtung geben, die werden jetzt vielerforscht, es werden ja solche Dinge sehr viel beschrieben, wie Menschen pltzlich ihremLeben eine neue Richtung geben; solche Dinge fhren zurck auf gewaltsame Tode, die aberselbstverstndlich nicht irgendwie gesucht werden drfen. Denn ein Tod, der als gewaltsamerTod gesucht wrde, der wrde schon nicht mehr ein solcher sein, der von auen herbeigefhrtwird ...

    Ein gewaltsamer Tod aber, der durch Selbstmord gesucht wrde oder durch den Wunschgesucht wrde, er wrde den Menschen in einer Weise beeintrchtigen, da er im nchstenLebenslauf nicht mit seinem Leben zurechtkommen knnte, da er gewissermaen haltloswrde. [12]

    Wenn man diese ernste Schilderung liest, so neigt man fter dazu, sich gegen dieSchicksalsordnung aufzulehnen und die Einrichtung des Weltalls als eine ungerechte zubezeichnen. Die Toten selber empfinden anders. Rudolf Steiner betont oft, da die Toten,trotz der lastenden Folgen ihrer Taten, die Weltordnung nicht als eine lieblose oderunbarmherzige erleben. Die Toten werten das Schicksal anders, als wir es tun. Sie erleben diefrdernden und luternden Wirkungen ihrer leidvollen Erlebnisse. Das Gefhl, da man sich

    entwickelt, wenn man die Folgen der Taten in rechter Weise auf sich nimmt, erfllt dieMenschen im nachtodlichen Sein. Zu einem Erleben der Befreiung kommt noch hinzu, dadie guten Taten, die der Selbstmrder auf der Erde vollbracht hat, Licht auf seinen Weg in derSeelenwelt strahlen.

    Die zitierten Worte Rudolf Steiners enthalten allgemeine Gesetzmigkeiten; individuelleVerschiedenheiten und Unterschiede schilderte er in anderen Werken.

    Wege der Hilfe

    Je mehr man die tragische Perspektive und Tragweite des Selbstmordes kennenlernt, destomehr wird man sich fragen: Welche Hilfe gibt es denn fr diejenigen, die von einer solchen

    Tat nicht zurckgehalten werden konnten und nun im nachtodlichen Sein die verschiedenenFolgen ihrer Tat tragen? Wie knnen wir Menschen Linderung an sie heranbringen, Liebe undKraft zu ihnen senden?

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    Diese Fragen haben seit uralten Zeiten in den Herzen der Menschen gelebt. Die Pflege derBeziehung der Lebenden zu den Toten ist ja eine der groen Aufgaben der wahren, echtenKulturen. Im Urchristentum erreichte sie in einer ganz neuen Weise eine wundersame Hhe.Im modernen Materialismus ist sie verkmmert, fast ausgelscht. (26/27) Rudolf Steinerzeigte der gegenwrtigen Menschheit, da auch fr sie geistige Wege offen sind, auf denen

    sie in einer ihr entsprechenden, zeitgemen Art die Toten (auch die Selbstmrder) findenund sie zur gttlichen Liebe weisen kann. [13]In vielen Bchern und Vortrgen schilderte Rudolf Steiner bis in Einzelheiten diese Wege.

    Er gab weitgehende, konkrete Ratschlge. Jeder, dem diese Fragen am Herzen liegen, kann inRudolf Steiners Werken Anweisungen dafr finden, was er zu tun hat, um helfenden Anteil anden Erlebnissen der Toten zu nehmen und sie in Liebe begleiten zu knnen. [14]

    Der entscheidende Seelenzustand

    (28) Wenn man zahlreiche Selbstmorde von vielen Seiten prft, wird man immer wiederbesttigt finden, da trotz der Vielfalt der Einzelheiten ein gemeinsamer Zug in allen Fllen

    vorhanden ist. Dieser gemeinsame Zug besteht darin, da alle Selbstmrder, die vor demVollbringen ihrer Tat bei Bewutsein sind, sich in eine innere oder uere Situation versetztfhlen, in der sie feststellen mssen, da nun kein Ausweg mehr fr sie vorhanden sei. DieseFeststellung der Aussichts- und Ausweglosigkeit ist bei seelischen Zusammenbrchen,Gemtskrisen, Verzweiflungszustnden, kurz bei allen Arten der inneren tragischen Konflikteder Lebensflchtigen eine rein gefhlsmige, eine rein subjektive. Dagegen kann sie beiueren Katastrophen, wie Deportation, Gefangenschaft, Todesurteil, Krankheitsdiagnosenund so weiter auf objektiven Tatsachen beruhen und als Resultat einer klaren Gedankenarbeitauftreten. Viele Menschen, die sich in bezug auf ihren ueren Lebenslauf in hoffnungsloserSituation befinden, berprfen vor der Ausfhrung ihrer Tat immer wieder ihre Lage undfhren ihren Entschlu dann erst aus, wenn die Aussichtslosigkeit ihrer Lage sich neubesttigt. (29) Zu solchen haben Hitler und Goebbels gehrt, die bis zum letzten Momentgewartet haben und erst kurz vor Ankunft der Russen sich den Tod gaben. Es gibt aber auchMenschen - im ersten Teil dieser Betrachtung sind einige aufgefhrt worden -, die sich schonbei dem ersten flchtigen Auftreten einer unlsbaren Seelenstimmung in dieLebensvernichtung retten.

    Wenn wir von Grenzfllen absehen, so mu trotz aller Verschiedenheit der Freitod-Aktenwiederholt werden: Dem eigentlichen Selbstmord geht die gefhlsmige oder gedanklicheFeststellung der inneren oder ueren Ausweglosigkeit voraus.

    Diese entscheidende Seelenverfassung wird in zahlreichen hinterlassenen Briefen undNotizen der aus dem Leben in dieser Weise Ausgeschiedenen geschildert. Unter ihnen

    befinden sich fast sogar in Mehrheit tief religise Menschen, die unerschtterlich an dieethische Weltordnung glauben und vom Sein eines gttlichen Vaters aller Geschpfeberzeugt sind, der ihre Tat sicher verzeihen wird, weil er ja ihre ganze Hoffnungslosigkeitsieht, welche die Weiterfhrung des Lebens verunmglicht.

    Eine vierundfnfzigjhrige Mutter von drei Kindern schrieb im letzten Moment vor ihrerSelbstttung in sicherer Hoffnung auf die Gnade Christi:

    Jesus Christus hat wohl nie gewnscht, da wir lnger geqult werden als er selbst.Noch treffender, noch umfassender als die Briefe der Verzweifelten es knnen,

    charakterisieren groe Kunstwerke diesen entscheidenden Seelenzustand. so zum Beispiel dasDrama Albert Steffens Ruf am Abgrund. Zwei Menschen stehen in diesem Drama vor demSelbstmord: ein Vater und seine Tochter. Der Vater ist ein Wissenschaftler und Arzt, der die

    berzeugung gewonnen hat, da die Euthanasie in vielen Fllen eine Forderung derNchstenliebe sei. Welche sind aber diese Flle? Er hat sich zur Lebensaufgabe gestellt, dieungeklrte Frage medizinisch und strafrechtlich zu lsen. Eines Tages kommt er aber in eine

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    Schicksalssituation, welche ihn mit sich selbst in Konflikt bringt und aus welcher er keinenAusweg finden kann. (30) Der Dichter lt auf einzigartige Weise den Arzt in wenigenStzen seinen verzweifelten Entschlu begrnden:

    ... Die Menschheit mg mit sich

    und ihrem frchterlichen Leiden selbstzu Rande kommen. Ich bin nicht mehr fhig,mit dem Begriff der Nchstenliebe mich

    zurechtzufinden. Folglich mache ich Schlu.

    Hier hren wir die typischen Worte des Selbstmrders. Weil er mit dem Hauptmotiv seinesLebens sich nicht zurechtfindet und auf eine Neuordnung seiner Schicksalskonstellationennicht mehr hoffen kann, macht er Schlu.

    Im Kampfe gegen die Gefahr des Selbstmordes handelt es sich also sowohl bei uns selbstwie bei andern in erster Linie darum, jenem dem Selbstmord zugrunde liegenden Erlebnisder Ausweglosigkeit richtig zu begegnen.

    Am 1. Oktober 1911 fand in Basel ein Vortrag Rudolf Steiners statt, betitelt: Dietherisation des Blutes, in welchem er den umfassendsten Schicksalsinhalt der inneren undueren Lebenslagen charakterisierte, die der Mensch als unlsbar und aussichtslos erlebenmu. [16]

    Rudolf Steiner schildert in diesem Vortrag den verschiedenen Ursprung der im Menschenwaltenden moralischen, sthetischen und intellektuellen Krfte und die entgegengesetzteRichtung der ihn durchpulsenden Blut- und Lebensstrmungen. Das Wesen des Menschen,wo alle diese entgegengesetzten Elemente zusammentreffen, mu zu einem Kampfplatzwerden. Rudolf Steiner bezeichnet die Momente des menschlichen Lebens, in denen derKampf der verschiedenen Strmungen am heftigsten ist; er weist aber auch auf die Stufe dermenschlichen Entwicklung hin, auf der sie alle miteinander in Einklang kommen. DieVerbindung des Menschen mit Christus erfordert, da er das richtige Verstndnisentgegenbringt dem, was im Christus-Impuls enthalten ist.

    (30) Zu diesem richtigen Verstndnis der Inhalte des Christus-Impulses gehrt vieles. Esgehrt dazu ein Wissen von den verschiedenen Phasen der ununterbrochenenErlserwirksamkeit des Christus, das heit von den konkreten Taten, die er vor, whrend undnach seiner Erdenzeit vollbringt und vollbracht hat, ferner ein Wissen davon, da wir vomzwanzigsten Jahrhundert an in jene Zeit gelangt sind, in der der auferstandene Christus in dasErdenleben eingreift. Zunchst wird er als Geistwesenheit von einer kleinen Anzahl, dann vonimmer mehr Menschen erlebt. Das mu kommen, das ist ein Naturereignis. Das Damaskus-Erlebnis des Paulus wird sich fr eine Reihe von Menschen wiederholen, dadurch wird die

    Rettung der Menschheit bewirkt.In den ersten Jahren unserer Zeitrechnung bis zum Tode auf Golgatha kam der Christus ineinem physischen Leib zu den Menschen. Heute beginnt die Zeit, in der er im Auferstehungs-Leibe immer mehr und mehr den Menschen begegnen wird. Aber, sagt Rudolf Steiner, eswird sich darum handeln, da die Menschen lernen, den Moment zu betrachten, wo derChristus an sie herantritt.

    Diese Mahnung Rudolf Steiners mu so verstanden werden, da die Mglichkeit, die Gefahrdurchaus besteht, den Moment der Begegnung nicht wahrzunehmen, die Gegenwart desChristus nicht zu erfassen. Welches Unglck diese Gefahr enthlt, kann der Menschermessen, wenn er bedenkt, wie alles gegangen wre, wenn Paulus seine Begegnung mitChristus nicht wahrgenommen htte. Was wre aus ihm, was aus der Menschheit geworden?

    Was wrde in der Zukunft daraus werden, wenn die Menschen, die Christus aufsucht, ihnnicht bemerkten, wenn sie den Moment ..., wo der Christus an sie herantritt, nichtbetrachten knnten?

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    Man mu sich die Frage stellen: Woran ist denn dieser allerwichtigste Moment zu erkennen?Wie sind die besonderen Schicksalssituationen geartet, in welchen der Auferstandeneerscheint? Rudolf Steiner schildert eine solche sowohl in bezug auf einzelne Menschen wieauch in bezug auf ganze Gemeinschaften. Er sagt:

    (31) Es werden nur wenige Jahrzehnte vergehen, und fr die Menschen, besonders derjugendlichen Jahre, wird der Fall eintreten jetzt schon berall bereitet es sich vor :Irgendein Mensch kommt da oder dorthin, dieses oder jenes erlebt er. Wenn er nur wirklichdas Auge durch die Beschftigung mit der Anthroposophie geschrft htte, knnte er schonbemerken, da pltzlich um ihn irgend jemand ist, kommt, um zu helfen, ihn auf dieses oderjenes aufmerksam zu machen: da ihm der Christus gegenbertritt er aber glaubt, irgendeinphysischer Mensch sei da ... Gar mancher wird erleben, wenn er gedrckten Herzens,leidbelastet, still in seinem Zimmer sitzt und nicht aus noch ein wei, da die Tr geffnetwird: Der therische Christus wird erscheinen und wird Trostesworte zu ihm sprechen. Einlebendiger Trostbringer wird der Christus fr die Menschen werden!

    Situationen also, in denen der Mensch weder aus noch ein wei, sind gerade die

    besonderen Lebensaugenblicke, in denen der Christus an die Menschen herantritt, das heit,wenn das beschriebene Erlebnis der Ausweglosigkeit seinen Tiefpunkt erreicht, erscheint derChristus selbst als geist-lebendiger Rat- und Trostbringer!

    Und dies kann nicht nur dem einzelnen, sondern ganzen Gemeinschaften geschehen,mehreren Menschen, die gemeinsam in eine katastrophale Lage geraten sind: Mag es auchheute noch grotesk erscheinen, aber wahr ist es doch, da manchmal, wenn die Menschenzusammensitzen, nicht ein noch aus wissen, und auch wenn grere Menschenmengenzusammensitzen und warten: da sie dann den therischen Christus sehen werden! Da wird erselber sein, wird beratschlagen, wird sein Wort auch in Versammlungen hineinwerfen. DiesenZeiten gehen wir durchaus entgegen. Das ist das Positive, dasjenige, was als positives,aufbauendes Element in die Menschheitsentwickelung eingreifen wird.

    Mit diesen Worten beleuchtet Rudolf Steiner in dem genannten Vortrag von einer ganzneuen, his dahin nie geschilderten Seite diese Seelenzustnde, welche wir als die fr denSelbstmord entscheidenden bezeichnen muten und welche aus dem Erleben der subjektivenoder objektiven Hoffnungslosigkeit herrhren. Er zeigt, da man gerade innerhalb diesesscheinbar trostlosen Erlebens das Allergrte in Empfang nehmen kann: das positive,aufbauende Element, das von Christus selbst ausgeht und in die Menschheitsentwicklungeingreift. (32)

    Die dramatischen Werke Albert Steffens, Adonis-Spiel, Der Sturz des Antichrist, Fahrtins andere Land, stellen lichtbringend die Erlebnisse solcher Menschen. die, in ganz

    verzweifelter Situation sich befindend, die Rettung durch den Auferstandenen selbst erfahrendrfen, dar. [17]Unsere tragischen Mitmenschen, die Selbstmrder, werden wohl in Situationen getrieben.

    wo sie weder ein noch aus wissen, da sie aber nichts davon wissen, da sie nun dieHoffnung hegen drfen, das denkbar Hchste zu erleben, haben sie nicht die Kraftabzuwarten, bis die Tr aufgeht und der Trostbringer Christus erscheint, sondern sie fliehenden Augenblick.

    Man mu ihre Motive verstehen! Wer drfte den ersten Stein auf sie werfen, wer knnteganz sicher seiner selbst sein, durchhalten zu knnen? Doch je tiefer wir der Haltung solcherSelbstmrder Verstndnis entgegenbringen, desto mehr wird uns klar werden, da dieUnkenntnis der allerwichtigsten Tatsachen der Christuswirksamkeit ein Hauptfaktor bei ihrer

    letzten Entscheidung ist. Im Hinblick auf diese Zusammenhnge ist es heutzutage berechtigt,den Selbstmord als ein groes Unglck zu bezeichnen. Wie erwhnt, hat es frher schonPerioden der Geschichte gegeben, welche von Selbstmordepidemien heimgesucht worden

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    sind wie die unsrige; in frheren Zeiten enthielt jedoch die Lebensflucht nicht dieselbe Tragikwie heute. Der Selbstmord ist deshalb erst in unserer christlichen Zeit zu einem wahrenUnglck geworden, weil der Selbstmrder heute gerade aus einer Schicksalslage heraustritt,wo ihm der Auferstandene besonders nahe ist und in welcher er ihm persnlich begegnenknnte.

    Dies sollten die Menschenfreunde wissen, denen das Schicksal ihrer tragischenMitmenschen am Herzen liegt und die Wege der Hilfe suchen. (33)

    Der Verlust nachtodlicher Krfte

    Im Vorangehenden haben wir gesehen, wie der Mensch durch Selbstmord eine Begegnungmit dem therischen Christus verlieren kann. Findet ein Selbstmord vor dem 42. Lebensjahrstatt, so begegnet ihm nicht die Vatergottheit, was ernste Folgen fr sein nachtodlichesErleben hat. Rudolf Steiner sagt:

    Wir ... erleben ... - zumeist fr die Menschen zwischen dem 28. und 42. Jahre unbewut,

    aber in den intimen Tiefen der Seele vollwertig - die Begegnung mit diesem Vater-Prinzip.Dann kann die Nachwirkung in das sptere Leben hineinragen, wenn wir feine Empfindungengenug entwickeln, um auf das zu achten, was so in unser Leben aus uns selber kommend alsNachwirkung der Begegnung mit dem Vater-Prinzip hereinspielt . . .

    Diese Begegnung mit dem Vater-Prinzip bedeutet viel fr das Leben, das zwischen demTode und einer neuen Geburt verluft. Dieses Begegnen mit dem Vater-Prinzip, das in denangedeuteten Jahren normalerweise eintritt, bedeutet, da der Mensch eine starke Kraft undSttze hat, wenn er, wie wir wissen, zurckzuleben hat, nachdem er durch die Todespfortegeschritten ist, im Rcklauf seelisch seinen Lebensgang, sein Erdenleben, indem er durch dieSeelenwelt geht. Und stark und krftig, wie es eigentlich der Mensch soll, kann er dieseRckwanderung - die, wie wir wissen, einen dritten Teil der Zeit bedeutet, die wir zubringenzwischen der Geburt und dem Tode - erleben, wenn er immer wieder schaut: Da, an dieserStelle bist du begegnet demjenigen Wesen, das der Mensch stammelnd, ahnend ausdrckt,wenn er von dem Vater der Weltenordnung spricht. Das ist eine wichtige Vorstellung, dieneben der Vorstellung des Todes selber, der Mensch, nachdem er durch die Todespfortegeschritten ist, immer haben soll.

    (34) Natrlich entsteht in Anbetracht dessen, was wir gerade besprochen haben, einewichtige Frage. Es gibt Menschen, welche, bevor sie des Lebens Mitte, wo normalerweise dieBegegnung mit dem Vater-Prinzip geschieht, durchlaufen haben, sterben. Wir mssen denFall ins Auge fassen, da der Mensch eben dann durch Veranlassung von auen, durchKrankheit die ja auch eine Veranlassung von auen ist , durch Schwche stirbt. Wenn

    durch dieses frhe Sterben die Begegnung mit dem Vater-Prinzip in den tiefen unterbewutenSeelengrnden noch nicht hat stattfinden knnen, dann findet sie in der Todesstunde statt. Mitdem Tode wird diese Begegnung zugleich erlebt. Und hier ist es, wo wir anders ausdrckenknnen etwas, was ja, eben wieder anders, im entsprechenden Zusammenhang schonausgedrckt ist zum Beispiel in meiner Theosophie, wo von der ja immer im hchstenGrade betrblichen Erscheinung gesprochen ist, da Menschen durch ihren eigenen Willenihrem Leben ein Ende machen. Das wrde keiner tun, der die Bedeutung einer solchen Tateinsieht. Und wenn einmal Geisteswissenschaft wirklich in die Empfindungen der Menschenbergegangen sein wird, wird es keinen Selbstmord mehr geben. Denn. da der Mensch in derTodesstunde, wenn dieser Tod vor der Lebensmitte eintritt, zugleich wahrnehmen kann dasVater-Prinzip, das hngt davon ab, da eben der Tod von auen an ihn herankommt, nicht da

    er ihn sich selbst gibt. [18]

  • 7/31/2019 STEINER BER DEN SELBSTMORD - Marie von Nagy

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    Selbstmord und Karma

    (35) Wie Karma wirkt, wenn ein Mensch sich zum Selbstmord entschliet, wrde eineeigene Untersuchung erforderlich machen. Hundert Jahre nach dem Selbstmord von Heinrichvon Kleist spricht Rudolf Steiner ber ihn:

    Und wir werden noch sehen, da die Erde der Planet der Erlsung zu nennen ist, wie wirdie vorherige Verkrperung der Erde, das Mondendasein, den Planeten der Sehnsuchtnennen knnen, der zwar zu stillenden Sehnsucht, die aber in der Stillung in eine nie endendeUnendlichkeit ausluft. Und whrend wir leben im Erdenbewutsein das uns, wie wirgesehen haben, durch das Mysterium von Golgatha die Erlsung bringt , steigt heraufwhrend dieses Lebens aus den Untergrnden unserer Seele das, was fortwhrend nachErlsung verlangt ...

    Es ist ein sonderbarer karmischer Zusammenschlu, da wir nach unserem ganzgewhnlichen Programm gerade an einem Tage hier darber sprechen muten, der unserinnern kann, wie ein Geist die unbestimmte Sehnsucht in den allerhchsten Worten zum

    Ausdruck bringen konnte und sie endlich umgegossen hat in die allertragischste Tat, welchedie Sehnsucht verkrpern konnte. Und wie knnten wir verkennen, da dieser Geist in seinerGanzheit, wie er vor uns steht, eigentlich eine lebendige Verkrperung dessen ist, was untenin der Seele lebt, was wir zurckfhren mssen auf ein anderes noch als auf das Erdendasein,wenn wir es erkennen wollen? Hat uns Heinrich von Kleist nicht am bedeutsamstengeschildert, was in einem Menschen leben kann wie Sie gleich auf den ersten Seiten vonDie geistige Fhrung des Menschen und der Menschheit geschildert finden von dem, wasber ihn selbst hinausgeht, ihn treibt, und was er erst spter einsehen kann, wenn er nichtvorher seinen Lebensfaden unterbricht?

    In vielen Einzelheiten schildert Rudolf Steiner bei Weininger, wie sein letztes Leben mitfrheren Erdenleben zusammenhing, insbesondere mit fast dreiigjhriger Kerkerhaft zur Zeitder Renaissance. Sein Selbstmord war dadurch veranlagt:

    Merkwrdige Gewohnheiten bilden sich in seiner Seele aus. Ist es denn wunderbar, da einLeben, das ein Gefangenschaftsleben nachlebt, schmerzlich berhrt wird vomSonnenuntergang, der an die beginnende Finsternis erinnert? Deshalb ist Weininger so, da erSonnenuntergnge immer als etwas Unertrgliches empfindet ... (36)

    Er zeigte natrlich auch die verschiedensten Abnormitten, denn dieses Leben war dieWiederholung eines Kerkerlebens. Da tut man nicht immer ganz gewhnliche normale Dinge.Wenn die sich karmisch erfllen, dann kann man auf einen gewhnlichen Psychiater schon

    den Eindruck eines Epileptikers machen. Den machte auch Weininger. Aber diese Epilepsiewar die Wiederholung des Kerkerlebens, waren die Abwehrhandlungen, die jetzt keinen Sinnhatten in einem freien Leben, sondern die eben die karmischen Wiederholungen desKerkerlebens waren. Er war nicht ein gewhnlicher Epileptiker ...

    Von Italien zurckgekehrt, schreibt er noch einige Gedanken auf, die ihm whrend deritalienischen Reise gekommen sind, groartige Ideen ber den Zusammenklang desMoralischen mit dem Natrlichen, mietet sich dann ein in Beethovens Sterbehaus, lebt daeinige Tage in Beethovens Sterbezimmer und er hat nun durchlebt die Gefangenschaft vonfrher - erschiet sich. Das Karma war erfllt ... Sehen Sie all die Hemmnisse, die eine Seelehat, die selbst in so abnormer Weise aus dem Renaissance-Zeitalter in die Gegenwarthereingestellt ist; sehen Sie die Hemmnisse, die sie hat, Spirituelles zu finden, trotzdem sie

    soviel Spirituelles auf dem Grunde, in dem Unbewuten ihrer Seele hat, und ziehen Siedaraus den Schlu, was alles fr Hindernisse es gibt in dem Michael-Zeitalter, um denForderungen dieses Michael-Zeitalters voll gerecht zu werden.

  • 7/31/2019 STEINER BER DEN SELBSTMORD - Marie von Nagy

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    Denn natrlich wre es auch denkbar gewesen, wenn die Weininger-Seele spirituelleWeltanschauungen htte aufnehmen knnen, da sie die Entwickelung trotzdem httefortsetzen knnen, nicht blo durch Selbstmord htte beschlieen mssen die Wiederholungdes Gefangenenlebens.

    Verschiedentlich hat Rudolf Steiner ber den Selbstmord des Kronprinzen Rudolf vonsterreich gesprochen. Er ist nur erklrlich aus einer frheren Inkarnation als Csar Nero, derdas, was er anderen angetan hatte, nun an sich selbst erleben mute:

    Solch ein Schicksal, mchte ich sagen denn auch so grausam zu sein wie Nero, sozerstrungswtig wie Nero zu sein, ist ja ein Schicksal , ist im Grunde genommen einerbarmungswrdiges Schicksal nach einer gewissen Seite hin ... (37) Es ist ja gar keinZweifel, da ein objektiver Grund, da ein Kronprinz wegen einer Liebesaffre sich erschiet, ich meine, ein objektiver Grund, fr die ueren Verhltnisse objektiv notwendiger Grund,natrlich nicht vorliegt.

    Es lag auch kein uerer objektiver Grund vor, sondern es war die Tatsache vorliegend, da

    hier einmal eine Persnlichkeit, welcher der Thron unmittelbar in Aussicht stand, das Lebenganz wertlos fand, und das bereitete sich natrlich auf psychopathologische Weise vor. Aberdie Psychopathologie mu ja auch in diesem Falle erst begriffen werden; denn diePsychopathologie ist schlielich auch etwas, was mit dem Schicksalsmigenzusammenhngt. Und die Grundtatsache, die da in der Seele wirkte, ist dennoch die, dajemand, dem also das Allerglnzendste scheinbar winkte, das Leben ganz wertlos fand ...

    Und nun denken Sie sich die Nero-Seele. . . herbergekommen gerade in diesen sich selbstvernichtenden Thronfolger, der die Konsequenz zieht durch seinen Selbstmord: dann kehrensich die Verhltnisse einfach um. Dann haben Sie in der Seele die Tendenz liegend, die ausfrheren Erdenleben stammt, die beim Durchgang durch die Zeit zwischen dem Tod und einerneuen Geburt im unmittelbaren Anblicke sieht, da von ihr eigentlich nur zerstrende Krfteausgegangen sind, und die auch auf eine splendide Weise, mchte ich sagen, die Umkehrungerleben mu.

    Diese Umkehrung, wie wird sie erlebt? Sie wird eben dadurch erlebt, da ein Leben, dasuerlich alles, was wertvoll ist, enthlt, nach innen sich so spiegelt, da der Trger diesesLebens es fr so wertlos hlt, da er sich selber entleibt. Dazu wird die Seele krank, wird halbwahnsinnig. Dazu sucht sich die Seele die uere Verwickelung mit der entsprechendenLiebesaffre und so weiter. Aber das alles sind ja nur die Folgen des Strebens der Seele, ichmchte sagen, alle die Pfeile auf sich selbst zu richten, die frher diese Seele nach der Welthin gewandt hat. Und wir sehen dann, wenn wir in das Innere solcher Verhltnissehineinsehen, eine ungeheure Tragik sich entwickeln, aber eine gerechte Tragik, eine

    auerordentliche gerechte Tragik. Und die beiden Bilder ordnen sich uns zusammen. [21]Auch bei Ferdinand Raimund, dem sterreichischen Dramatiker, lag die Ursache fr den

    Selbstmord in einem frheren Erdenleben, und zwar im vorletzten. (39) Ein ganzer Vortragdes pastoral-medizinischen Kurses ist den Verwicklungen seiner Inkarnationen gewidmet. Inder vorletzten Inkarnation war er ein Bauer im Sden Asiens, wo man den Tieren, besondersden Haustieren, viel Liebe entgegenbrachte. Im Unterschied zu seiner Umwelt nahm er wohlderen spirituelle Lehren auf, qulte aber seine Tiere voller Lust. Im neunzehnten Jahrhundertwurde er als besonders ngstlicher Mensch geboren, der sich aus diesem Grunde Hunde hielt.Seine nachtodliche Reue ber die Tierqulerei fhrte nun zu einer solchen Bildung derLeibesorganisation, da er Trger von Elementarwesen der Angst wurde. Dabei lebte er in der

    Angst, die pathologische Zge annahm, durch Hundetollwut elend zugrunde gehen zumssen. Wie Karma schlielich wirkt, schildert Rudolf Steiner so:

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    ... er bleibt an die Tiere gefesselt. Wieder hat er einen Hund nach zehn Jahren, und siehe da,als er mit dem Hunde spielt, beit er ihn wirklich. Wieder tritt die Idee auf kurioserweise istes auch konstatiert worden, da der Hund an Hundswut litt, es war aber ganz unbedeutend -,Raimund stand da, er war gebissen von dem Hund, der hat Hundswut! Raimund fhrt nachPottenstein, schiet sich eine Kugel in den Kopf, die in die hintere Hhlung hinaufgeht und

    weit zurck sitzt. Sie kann nicht operiert werden; Raimund stirbt an dem Schu nach etwadrei Tagen. Sie sehen, die erste sozusagen Wahnidee hat er losbekommen, aber das Karmahat fortgewirkt.

    Es ist ein Fall, wo in seltener Art das Karma sich reinlich auswirkt; denn denken Sie nureinmal folgendes: Es ist subjektiv nicht ganz ein Selbstmord, denn Raimund hat nicht ganzdie volle Verantwortlichkeit, es ist nicht subjektiv ein voller Selbstmord. Es ist objektiv auchkein voller Selbstmord, denn wenn gerade an der Stelle dazumal htte operiert werdenknnen, so wre Raimund gerettet worden. Aber man konnte dazumal nicht an der Stelleoperieren, man mute die Kugel drinnen lassen, und das fhrte nach drei Tagen zum Tode. Esist kein reiner Selbstmord, weder subjektiv noch objektiv. (39) Man kann also nicht sagen,da da sich irgend etwas anschliet wegen Selbstmords im Karma. Das Karma setzt sich nicht

    fort, es lebte sich aus mit dem, was er in diesem Leben erlebt hat bis zum Schlupunkt, bis zuder Art, wie sich die selbstmrderische Absicht verwirklichte. Aber man sieht frmlichheraufschlagen, deutlich erkennbar, das Karma aus dem frheren Leben ...

    Besonders furchtsam zu sein, kann Folge eines Selbstmords in einem frheren Erdenlebensein: Die Tendenzen des nicht abgelaufenen Lebens erwecken Furcht im Leben nach demTode und sogar im folgenden Erdenleben.

    An den Beispielen von Weininger, Kronprinz Rudolf und Raimund sehen wir, wie dastragische Ende zum Schicksal gehrt. So verstehen wir, da Tod durch Unglcksfall oderSelbstmord im Gesamtschicksal des Menschen durchaus auch etwas sein kann, was einenFortschritt bedeutet. Aber was der Wille. . . htte erleben mssen in dem Siege ber dieLeiblichkeit ... mu einen anderen Weg gehen. [24]

    Fr das Gesamtschicksal der Menschheit brauchen die Hierarchien, wenn es sich zum Heileentwickeln soll, die unverbrauchten therleiber der durch einen Unglcksfall in jungenJahren Gestorbenen. Doch: Es wre eine furchtbare Versndigung gegen die weisheitsvollenGesetze der Welt, wenn der Mensch selber etwas dazu tte, um jung zu sterben in derVorstellung, da seine unverbrauchten Lebenskrfte der Menschheit dienen knnten. (40) ImGegenteil, bei Selbstmord vernichtet man fruchtbare Krfte des therleibes durch ...Entschlsse, die aus einer Bewutseinsmaja heraus gefat werden. [26]

    Nachwort

    Maria von Nagy-Gllner wurde im Jahre 1894 in Budapest geboren.Nach bestandenem Abitur besuchte sie die Philosophische Fakultt der dortigen Universitt.

    Im Herbst 1918 kurz nach ihrem Doktorexamen heiratete sie den damals im ffentlichenLeben bekannten Juristen, Parlamentsangehrigen und Publizisten Dr. Emil von Nagy. Imfnften Jahr ihrer Ehe wurde er Justizminister von Ungarn. Sein politisches Ansehenermglichte Maria von Nagy die Grndung der ersten Gefngnismission im Lande. DieseTtigkeit bte sie fnfundzwanzig Jahre lang aus.

    Die Gefngnisfrsorge galt in der damaligen Zeit als Pionierarbeit. Sie beabsichtigte, dieStrafanstalten in jeder Hinsicht zu humanisieren, die Strafdauer nicht nur fr die Arbeit - wiedies bereits vom Staat eingerichtet war -, sondern fr praktische und kulturelle Weiterbildung

    der Gefangenen zu verwenden, deren in Not geratene Familienmitglieder zu untersttzen undnach Ablauf der Strafzeit den ins freie Leben Zurckkehrenden Arbeit und Unterkunft zuverschaffen. Maria von Nagy besuchte whrend zweieinhalb Jahrzehnten die Gefangenen in

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    ihren Zellen Frauen und Mnner , sah das unendliche Leiden, die schief geratenen,gespaltenen Existenzen, deren vollkommene Aussichtslosigkeit. Sie trat schon damals in dieNhe solcher Menschen, die nicht aus noch ein wuten.

    Diese Erlebnisse haben viel dazu beigetragen, da sie in spteren Jahren die vorliegendeStudie verfassen konnte.

    Im Jahre 1929 erhielt sie die Genehmigung, eine Gefngniszeitung, die den NamenBizalom (Vertrauen) erhielt, zu redigieren und in tausend Exemplaren erscheinen zu lassen.Diese wurden in allen Strafanstalten Ungarns unentgeltlich an die Gefangenen verteilt. DasTitelblatt entwarf der ihr befreundete Schweizer Dichter Albert Steffen. (41)Maria von Nagy beschreibt in ihren Memoiren, auf welch mrchenhafte Weise sie in Dresdeneine Begegnung mit einem jungen Universittsstudenten hatte, der spter Ingenieur-Chemikerwurde und ihr die ersten Bcher von Rudolf Steiner lieh. Und wiederum durch einesonderbare Fgung des Schicksals konnte sie Ostern 1924 in Dornach, dem Wohnort und derWirkenssttte Rudolf Steiners, eintreffen. Sie erhielt die Mglichkeit, mehrere Gesprche mitihm zu fhren und in der Folge fnfzig seiner Vortrge und Ansprachen mit anzuhren. Ihrerstes Gesprch mit Rudolf Steiner fand am Karfreitag 1924 statt, und bei seiner letzten

    Ansprache am 28. September desselben Jahres, am Vorabend des Michaelfestes, konnte sieebenfalls anwesend sein.

    1926, zwei Jahre nach ihrer Heimkehr, grndete sie in Budapest eine Einheitsschule frKnaben und Mdchen mit acht Klassen, die im Sinne der Pdagogik Rudolf Steiners siebenJahre lang bis zur Machtbernahme Hitlers 1933 wirken konnte. Man nannte sie damalsnach der ersten Schulgrndung in Stuttgart die Waldorfschule in Budapest. DieUnterrichtssprache war vorwiegend Deutsch. Die Lehrkrfte kamen aus Deutschland, in denmeisten Fllen Anthroposophen und ausgebildete Waldorfpdagogen. Parallel mit dieserSchulerffnung grndete Maria von Nagy die anthroposophische Bewegung in Ungarn,Landesgruppe genannt.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam Maria von Nagy zu Weihnachten 1946 imAuftrag des Roten Kreuzes in die Schweiz, um hier die Invalidenfrsorge zu studieren. Diedamalige sich immer verschlimmernde Weltlage verunmglichte ihr die Rckkehr nachUngarn. Sie blieb whrend ihres ganzen weiteren Lebens in der Schweiz wohnen.

    Von diesem Zeitpunkt an entfaltete sie dreiig Jahre lang eine ausgedehnte Vortragsttigkeitber die Anthroposophie in zahlreichen Stdten der ganzen Schweiz. Sie wurde alsVortragende auch nach Rom, Mailand, Salzburg, London und ins Elsa berufen. Ihre lngsteVortragsreise fhrte sie nach Australien und Neuseeland, wo sie Einfhrungskurse in dieWeltenschau von Rudolf Steiner in englischer, ungarischer und deutscher Sprache hielt. (42)

    Im Jahre 1956 begann sie, im Rahmen der Volkshochschulkurse der Universitt BaselVortragsreihen ber kultur- und geisteswissenschaftliche Fragen zu halten. Diese Ttigkeit

    dauerte zwanzig Jahre lang. Whrend der Lebensepoche, die sie in der Schweiz verbrachte,war es ihr mglich, in den genannten Lndern nahezu zweitausend Vortrge und Kursarbeitendurchzufhren. Auch die in Ungarn begonnene schriftstellerische Ttigkeit setzte sie weiterfort.

    Bald nach ihrem siebzigsten Geburtstag zeigte sich erstmals die schnell zunehmendeKrankheit ihrer Augen, die zu einer fast vlligen Blindheit fhrte. Mit achtzig Jahren bekamsie den weien Stock, lebte aber weitere sieben Jahre mit den erloschenen, noch in derBlindheit strahlenden Augen. Am 19. Januar 1982 ist sie in die geistige Heimatzurckgekehrt.

    *

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    Die erste Fassung der vorliegenden Studie Rudolf Steiner ber den Selbstmord ist inFortsetzungen im Jahrgang 1953 der Wochenschrift Das Goetheanum, spter imSelbstverlag der Verfasserin erschienen und war kurz danach vergriffen. In den folgendenJahren wurde Maria von Nagy fters aufgefordert, eine zweite Auflage herauszugeben. Sieweigerte sich aus verschiedenen Grnden. Die Beispiele von Selbstmrdern, die sie anfhrt,

    stammen grtenteils aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Seitdem hat sich die Weltlagewesentlich verndert. Es gibt in unserer Epoche eine Anzahl zum Freitod fhrender Ursachen,die in den fnfziger Jahren noch nicht so unmittelbar in den Vordergrund traten. Die Krebs-und Aidskrankheiten, die verschiedenen kriminalistischen Straftaten haben sich entschiedenvermehrt, und das Rauschgift brachte ein entsetzliches Verderben ber die Menschheit. DieBeweggrnde des Selbstmordes erhielten also immer neuen Zuwachs, die Folgen aber bliebendieselben. Was Rudolf Steiner in seinem grundlegendem Buche Theosophie im Jahre 1904ber das tragische Problem des Selbstmordes geschrieben hat, ist auch heute gltig, obwohlseitdem fast neun Jahrzehnte verflossen sind. (43)

    Es ist bekannt, da in den letzten Jahrzehnten eine Anzahl von wissenschaftlichenFachbchern ber dieses Thema erschienen sind. Diese enthalten smtlich wertvolle

    Beobachtungen, Untersuchungen und bereichern die bisherigen Forschungen mit neuenElementen. Einige Autoren weisen auch darauf hin, da die Motive des Selbstmordes in denverschiedenen Lndern voneinander abweichen. In Japan und in den westeuropischenStaaten besteht ein verhllter Zusammenhang zwischen Wohlstand und dem Freitod; imOsten dagegen ist der Beweggrund oft die Entbehrung. In den entwickelten, reichen Lndernwerden viele Menschen durch die sinnlichen Gensse lebensberdrssig, bekommen einenEkel und werfen das Leben von sich; im Osten tun sie dies aus Mangel an Lebens- undEntwicklungsmglichkeiten.

    Eine verhltnismig neue Erscheinung war in manchen terroristischen Staaten zubemerken, wo einige junge Menschen in solcher Weise ihren Widerstand gegen das Regimeveranschaulichten, da sie sich ffentlich verbrannten. Die Beispiele knnten noch vermehrtwerden. Die Ursachen des Selbstmordes verndern sich, die Konsequenzen nach dem Todebleiben unvernderlich.

    Aus den Zitaten, die in dieser Schrift angefhrt werden, ist ersichtlich, da Rudolf Steinersich sowohl mit den Ursachen als auch mit den Folgen des Selbstmordes befat. Wenn wirnun vom Gesichtspunkt der Folgen aus die Beispiele dieser Studie ins Auge fassen (wiegesagt, sie stammen meistens aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges), so besteht keinUnterschied zwischen einem Nazipolitiker, der 1945 Selbstmord begangen hat, und einem anAids Leidenden, der im Jahre 1990 sich mit Gewalt das Leben nimmt, fr beide gilt, da diepltzliche Trennung vom physischen Leib im Falle des Selbstmordes schmerzlicher ist als beieinem gewaltsamen Tode, den der Mensch nicht sich selbst gegeben hat

    Die Parallelen knnen ergnzt werden. Vom Standpunkte der Folgen aus gesehen, ist esletzten Endes gleichgltig, ob jemand sich das Leben aus Angst vor einer Verhaftung nimmtoder ob ein Mensch in unseren Tagen einen Freitod whlt, weil er sich vom Rauschgift nichtbefreien kann. In beiden Fllen ist die Periode seines nachtodlichen Lebens besondersleidvoll. (44)

    Fr den heutigen Leser ist die Quintessenz der Schrift von Maria von Nagy nicht nur dieSchilderung der Beweggrnde. die zum Selbstmord fhren, sondern einerseits dieVeranschaulichung der nachtodlichen Folgen, andererseits auch die Deutung auf die Wegeder Hilfe. Die Hinterbliebenen knnen ihren verstorbenen Freunden Linderung bringen,indem sie Liebe zu ihnen in die geistige Welt senden.

    Anfang der siebziger Jahre hatte sich Maria von Nagy auf Grund der vielen Anfragen

    entschlossen, ihre Studie, einen Hinweis wie sie ihre Schrift nannte , neu drucken zulassen. Wegen ihrer Augenkrankheit konnte sie aber weder Ergnzungen einfgen, noch diebreite Fachliteratur der letzten Jahrzehnte durchstudieren. Diese Umstnde veranlaten sie zu

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    der Bitte, da fr den Fall, da die Schrift nach ihrem Tod unverndert wiedererscheinenwrde, ein Geleitwort die Leser auf die neuen fatalen Ursachen des Selbstmordes, die siefrher noch nicht bearbeiten konnte, aufmerksam machen sollte.

    Das Wesentliche ihrer Studie ist aber auch heute zeitgem. Wenn wir von Grenzfllenabsehen, mu trotz aller Verschiedenheit der Freitod-Arten wiederholt werden: Dem

    eigentlichen Selbstmord geht die gefhlsmige oder gedankliche Feststellung der innerenoder ueren Ausweglosigkeit voraus. Es ist letzten Endes gleichgltig, welche Ursachen zuden verhngnisvollen Verzweiflungen fhren. Die Worte Rudolf Steiners, die er am 1.Oktober 1911 in Basel ausgesprochen hat, sind heute gltiger als je und beziehen sich auf alleArten der Ausweglosigkeit: Gar mancher wird erleben, wenn er gedrckten Herzens,leidbelastet, still in seinem Zimmer sitzt und nicht aus noch ein wei, da die Tr geffnetwird: Der therische Christus wird erscheinen und wird Trostesworte zu ihm sprechen. Einlebendiger Trostbringer wird der Christus fr die Menschen werden!

    Mge diese kurze Schrift die Menschenfreunde, denen das Schicksal ihrer tragischenMitmenschen am Herzen liegt, auf den Weg der Hilfe geleiten. Sie wurde durch ElisabethBessau um eine Vielzahl von Hinweisen Rudolf Steiners auf die verschiedenen Aspekte des

    Selbstmordes, darunter die karmischen, ergnzt. (45)

    Dornach, Ostern 1990

    Istvan von Vmosi Nagy

    Anmerkungen

    1) Fritz Schwarz. Probleme des Selbstmords. Bern 1946.2) Rudolf Steiner, Erfahrungen des bersinnlichen. Die Wege der Seele zu

    Christus. GA 143, Dornach 1983. Vortrag vom I5. Januar 1912 in Zrich.3) Ders., Die Evolution vorn Gesichtspunkte des Wahrhaftigen, GA 132,

    Dornach 1987, Vortrag vom 21. November 1911 in Berlin; Menschengeschichte im Lichteder Geistesforschung, GA 6I, Dornach 1983, Vortrag vom 23. November 1911 in Berlin:Rudolf Steiner in der Waldorfschule, GA 298. Ansprache am 16. Juni 1920 in Stuttgart.

    4) Ders., Natur und Mensch in geisteswissenschaftlicher Betrachtung,(GA 352, Dornach 1981, Vortrag vom 20. Februar 1924 in Dornach.

    5) Ders., Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben.Bewutseinsnotwendigkeiten fr Gegenwart und Zukunft, GA 181, Dornach 1986, Vortragvom 25. Juni 1918 in Berlin.

    6) Ders., Der Tod als Lebenswandlung, GA 182, Dornach l976, Vortrag vom 30. Juni 1918 inHamburg. Besonders ausfhrlich stellt Rudolf Steiner am 29. Juli 1916 in Dornach Lebenund Tod Weiningers sowie den Wesensgliederzusammenhang und die Ursachen desSelbstmords dar: Das Rtsel des Menschen. Die geistigen Hintergrnde der menschlichenGeschichte, GA 170, Dornach 1978.

    7) Ders., Theosophie. Einfhrung in bersinnliche Welterkenntnis undMenschenbestimmung, GA 9, Dornach 1987. Kapitel: Die Seele in der Seelenwelt nachdem Tode.

    8) Ders. , Vor dem Tore der Theosophie, GA 95, Dornach I978.Vortrag vom 24. August 1906 in Stuttgart.

    9) Ders., Kosmogonie. Populrer Okkultismus. Das Johannes-Evangelium.

    Die Theosophie an Hand des Johannes-Evangeliums. GA 94, Dornach 1979,Vortrag vom 2. Juni 1906 in Paris.10) Ders., Grundelemente der Esoterik, GA 93a. Dornach 1987.

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    Vortrag vom 7. Oktober 1905 in Berlin; eine hnliche uerung findet sich in:Kosmogonie. a. a. O., Vortrag vom 30. Juni 1906 in Leipzig.

    11) Ders., Aus einer Fragebeantwortung, Mnchen, 31. Mrz 1914(unverffentlicht).

    12) Ders., Das Wirken der Seelenkrfte im Menschen und ihr Zusammenhang

    mit dessen ewiger Wesenheit, Vortrag vom 28. November 1917 in Bern,in: Die Menschenschule. Monatsschrift fr Erziehungskunst im SinneRudolf Steiners. Basel. Dezember I961. (47)

    13) Siehe Albert Steffen, Drei Begegnungen, in: Das Goetheanum, Dornach,6. August 1950.

    14) Siehe hierzu insbesondere Rudolf Steiner, Okkulte Untersuchungen berdas Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Die lebendige Wechselwirkung zwischenLebenden und Toten, GA 140, Dornach 1980; Der Tod als Lebenswandlung, a. a. O.;Unsere Toten. Ansprachen, Gedenkworte und Meditationssprche 1906-1924,GA 26I, Dornach 1984.

    15) Albert Steffen, Ruf am Abgrund, Dornach 1977.

    16) Rudolf Steiner, Das esoterische Christentum und die geistige Fhrung derMenschheit, GA 130, Dornach 1987, Vortrag vom 1. Oktober 1911 in Basel.

    17) Albert Steffen, Adonis-Spiel, Dornach l988; Der Sturz des Antichrist, Dornach 1952;Fahrt ins andere Land, Dornach 1938.

    18) Rudolf Steiner, Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha.Kosmische und menschliche Metamorphose, GA 175, Dornach 1982,Vortrag vom 20. Februar 1917 in Berlin.

    19) Ders., Die Evolution vom Gesichtspunkte des Wahrhaftigen, a. a. O.,Vortrag vom 21. November 1911 in Berlin.

    20) Ders., Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhnge, Bd. IVDas geistige Leben der Gegenwart im Zusammenhang mit der anthroposophischenBewegung, GA 238, Dornach 1981, Vortrag vom 21. September 1924 in Dornach.

    21) Ders., Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhnge, Bd. II, GA236,Dornach l988, Vortrag vom 27. April 1924 in Dornach.

    22) Ders., Das Zusammenwirken von rzten und Seelsorgern GA 318 Dornach 1984,Vortrag vom 13. September 1924 in Dornach. (Pastoral-Medizinischer Kurs)

    23) Ders., Aus einer Fragebeantwortung, Berlin, 27. November 1913 (unverffentlicht).24) Ders., Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung, a. a. O.,

    Vortrag vom 29. Februar 1912 in Berlin.25) Ders., Okkulte Untersuchungen ber das Leben zwischen Tod und neuer Geburt, a. a. O. ,

    Vortrag vom l0. Mrz 1913 in Mnchen.

    26) Ders., Wege der geistigen Erkenntnis und der Erneuerung knstlerischer Weltanschauung.GA 161, Dornach 1980, Vortrag vom 6. Februar 1915 in Dornach. Zwei spezielle Ursachen des Selbstmords werden behandelt in: Grundelemente derEsoterik, GA 93a, Dornach 1987, Vortrag vom 30. Oktober 1905 in Berlin (zeremonielleMagie fhrt sehr hufig zu Selbstmord); Geisteswissenschaft als Erkenntnis derGrundimpulse sozialer Gestaltung, GA 199, Dornach 1985,Vortrag vom 10. September 1920 in Dornach (durch die Einfhrung der Arbeitspflicht inder Sowjetunion werden die Selbstmorde nach zehn Jahren in rasender Eile zunehmen).

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