Stifter – Stiftungen – Stipendien Donateurs – … · Hochschulen, und dies wiederum in...

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VSH AEU Association Suisse des Enseignant-e-s d’Université Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden Martin Bodmer, «l’homme et l’œuvre» Maurice E. Müller – ein Schweizer Stifter Das Stiftungsrecht der Schweiz Aktuelles aus der Stiftungspraxis Die gemeinnützige Stiftung als Wirtschaftsfaktor Moderne Japanologie an der Universität Zürich Stiftungsprofessuren in Basel Die Schweizerische Studienstiftung Stipendieninitiative Stifter – Stiftungen – Stipendien Donateurs – Fondations – Bourses 38. Jahrgang, Nr. 4 – November 2012 38ème année, no 4 – novembre 2012 ISSN 1663-9898 Bulletin

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  • VSHAEU Association Suisse

    des Enseignant-e-s dUniversit

    Vereinigung derSchweizerischen Hochschuldozierenden

    38. Jahrgang, Nr. 4 November 201238me anne, no 4 novembre 2012

    ISSN 1663-9898

    Martin Bodmer, lhomme et luvre

    Maurice E. Mller ein Schweizer Stifter

    Das Stiftungsrecht der Schweiz

    Aktuelles aus der Stiftungspraxis

    Die gemeinntzige Stiftung als Wirtschaftsfaktor

    Moderne Japanologie an der Universitt Zrich

    Stiftungsprofessuren in Basel

    Die Schweizerische Studienstiftung

    Stipendieninitiative

    Stifter Stiftungen Stipendien Donateurs Fondations Bourses

    38. Jahrgang, Nr. 4 November 201238me anne, no 4 novembre 2012

    ISSN 1663-9898

    Bulletin

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  • ii Stellenausschreibung - Poste pourvoir

    Stellenangebote

    Das Titelbild zeigt einen farblich vernderten Ausschnitt aus einem Kupferstich (1574) von Frans Hogenberg (15401590), der Gerhard Mercator im Alter von 62 Jahren darstellt. Mercator (geb. 1512 in Rupelmonde/Flandern, gest. 1594 in Duisburg) hat als Mathematiker, Geograph, Philosoph und Theologe, Kartograph und Hersteller von Globen gewirkt. Weltberhmt wurde er durch seine grosse Weltkarte von 1569 Nova et aucta orbis terrae descriptio ad usum navigantium sowie die Entwicklung der Mercator-Projektion, die vor allem fr die Navigation auf See hilfreich ist. Er stand in Briefwechseln u.a. mit Philipp Melanchthon und hatte auch Kontakt zu den Schweizer Reformierten. (Wikipedia, wikimedia commons)

    Eidgenssische Technische Hochschule ZrichSwiss Federal Institute of Technology Zurich

    Assistant Professorships (Tenure Track) in Computer Science

    The Department of Computer Science (www.inf.ethz.ch) at ETH Zurich invites applications for assistant professorships (Tenure Track) in the areas of:

    Computer Systems Software Engineering Information Systems (with emphasis on Big Data)

    For candidates with exceptional research accomplishments also applications for a full professorship will be considered.

    The department offers a stimulating and well-supported research and teaching environment. Collaboration in research and teaching is expected both within the department and with other groups of ETH Zurich and related institutions.

    Applicants should have internationally recognized expertise in their field and pursue research at the forefront of Computer Science. Successful candidates should establish and lead a strong research program. They will be expected to supervise Ph.D. students and teach both undergraduate level courses (in German or English) and graduate level courses (in English).

    Assistant professorships have been established to promote the careers of younger scientists. The initial appointment is for four years with the possibility of renewal for an additional two-year period and promotion to a permanent position.

    Your application should include your curriculum vitae, a list of publications, a statement of research and teaching interests and the names of at least three referees. The letter of application should be addressed to the President of ETH Zurich, Prof. Dr. Ralph Eichler. The closing date for applications is 15 January 2013. ETH Zurich is an equal opportunity and affirmative action employer. In order to increase the number of women in leading academic positions, we specifically encourage women to apply. ETH Zurich is further responsive to the needs of dual career couples and qualifies as a family friendly employer. Please apply online at www.facultyaffairs.ethz.ch.

  • 1VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Inhaltsverzeichnis Table des matires

    Editorial 2Wolfgang Lienemann

    Stifter Stiftungen Stipendien / Donateurs Fondations Bourses

    Martin Bodmer, lhomme et luvre 4Charles Mla

    Was ich nicht mit meinen Hnden erarbeitet habe, das gehrt nicht mir, das gebe ich weiter (Maurice E. Mller) 10Interview mit Ewald R. Weibel ber den Wissenschaftler und Stifter Maurice E. Mller

    Das Stiftungsrecht der Schweiz Status Quo und Perspektiven 14Dominique Jakob

    Aktuelles aus der Stiftungspraxis Instrumente zur Sicherung des Stiftungsvermgens Zu Dachstiftung und Risikomanagement 17Stephan Herren, Nicole von Graffenried, Dominique Baumann

    Die gemeinntzige Stiftung als Wirtschaftsfaktor 22Georg von Schnurbein und Steffen Bethmann

    Moderne Japanologie an der Universitt Zrich Zum Engagement der Stiftung Mercator Schweiz 33Beno Baumberger

    Moderne Japanologie an der Universitt Zrich Eine geglckte Kooperation zwischen Universitt und Stiftung aus der Sicht der Philosophischen Fakultt 36Reinhard Fatke

    Die neue Mercator Professur fr sozialwissenschaftliche Japanologie an der Universitt Zrich: Kontext und Schwerpunkte in Lehre und Forschung 38David Chiavacci

    Lehren und Forschen mit einer Stiftungsprofessur 43Christine Lienemann-Perrin

    Stiftungsprofessuren: Mit gestifteten Professuren neue Akzente setzen 48Beat Mnch

    Die Hochschulstiftung der Burgergemeinde Bern 50Berchtold Weber

    Die Schweizerische Studienstiftung als nationale Begabtenfrderinstitution 52Cla Reto Famos

    Stipendieninitiative weil Ausbildung Zukunft schafft 62Elena Obreschkow und Thomas Leibundgut

    Aus dem Staatssekretariat fr Bildung und Forschung 70Zum Thema Familie und Studium

    Stellenausschreibungen / Postes pourvoir ii, 51, iii

    Anzeige / Annonce 32

  • 2 VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Editorial

    Wolfgang Lienemann

    Maecenas atavis edite regibus,o et praesidium et dulce decus meum.

    Maecenas, Nachkomme kniglicher Vorfahren, oh mein Schutz und ssse Zierde.

    (Horaz, Carmina 1,1)

    Mzene werden seit alters geschtzt und geehrt. In Europa war in den letzten Jahrzehnten ein starkes Stif-tungswachstum zu beobachten, freilich in den verschiedenen Lndern in unterschiedlichem Ausmass. Im Blick auf die Schweiz kann man einen anhaltenden Stiftungsboom beobachten. Basel, das seit langem ein grosszgiges und nicht selten anonym bleibendes Mzenatentum kennt, verdient sogar den Titel einer Stiftungshauptstadt der Schweiz, finden sich dort doch 44,8 Stiftungen pro 10000 Einwohner. Im Kanton Zrich gibt es mit 2153 die meisten Stiftungen im kantonalen Vergleich, nahe dem durchschnittlichen Wert von 16 Stiftungen pro 10000 Einwohner in der Schweiz. Die ganz grossen Stiftungen in der Schweiz und in Deutschland sind vor allem von bedeutenden, erfolgreichen Unternehmern und Unternehmungen gegrn-det worden. Die Stiftungen von Novartis, Roche und Mercator im In- und Ausland, die Gebert Rf Stiftung in Basel, die Fritz Thyssen Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, die VW-Stiftung oder die Dietmar Hopp Stiftung seien dafr beispielhaft genannt.

    Die Zwecke und Ausstattungen der Stiftungen sind so bunt und vielfltig wie der Wille und die Verfgungen ihrer Stifter. Etliche Stiftungen in der Schweiz beschrnken sich auf regionale Adressaten und Zwecke, manche sogar auf lokal ganz eng definierte Personenkreise, andere sind global ausgerichtet. Viele haben umfangreiche und anspruchsvolle Ziele, ein aufwendiges Auswahlverfahren und einen transparenten Internetauftritt. Die Hhe des Stiftungskapitals, die nicht in jedem Fall eindeutig feststellbar ist, ist ganz unterschiedlich und keineswegs allein massgeblich fr die Zahl der bewilligten Gesuche und die Hhe der gettigten Zuwendun-gen. Manche Stiftungen vergeben nicht mehr als das Kapital Ertrge abwirft; andere erhalten bestndig neue Finanzmittel von privaten und ffentlichen Trgern. Auch gibt es grosse oder kleinere Stiftungen, unter deren Dach weitere Stiftungen angesiedelt sind. Nicht immer und nicht fr jede Person ist es ganz leicht, die richtige Stiftung fr den richtigen Zweck zu finden. Im Zeitalter des Internet ist allerdings der Markt der Stiftungen viel bersichtlicher als frher geworden. Am Centre for Philanthropy Studies der Universitt Basel sind in den letzten Jahren Verzeichnisse und eine neue Datenbank fr alle gemeinntzigen Stiftungen in der Schweiz er-stellt worden.1

    Das vorliegende Heft behandelt das Stiftungswesen in der Schweiz vor allem im Blick auf Wissenschaft und Hochschulen, und dies wiederum in exemplarischen Ausschnitten. An der Spitze stehen Portrts zweier charismatischer und erfolgreicher Stifter, die einerseits gegenstzlicher kaum sein knnten, andererseits sich entschlossen haben, mit ihrem Knnen, ihren Gaben und ihren Errungenschaften der Allgemeinheit zu dienen. Mit beiden Stiftern sind heute zwei Institutionen verbunden, die auch in architektonischer Hinsicht Juwele darstellen: Die von Mario Botta neu gestaltete Bibliothek der Fondation Martin Bodmer in Coligny (GE) und das von Renzo Piano geschaffene Zentrum Paul Klee in Bern.

    Sodann werden in mehreren Beitrgen Rechtsfragen, operative Chancen und Schwierigkeiten sowie die wirtschaftlichen Grundlagen und die konomische Bedeutung heutiger Stiftungen behandelt. Ihre Probleme sind vielfltig sie reichen von den Fragen nach den geeigneten Rechtsformen und Satzungen bei einer Neu-grndung ber Aspekte des Controlling und der ffentlichen Rechenschaft bis hin zu den wirtschaftlichen Grundlagen angesichts von Finanzkrisen und den Problemen der vielfach zurckgegangenen Kapitalertrge von Stiftungen. Soll man dann das Grundkapital angreifen, soll man gar die Stiftung nach Erreichung ihrer Zwecke auflsen oder soll man womglich ber lngere Zeit auf die Gewhrung von Leistungen verzich-ten? Die Beitrge in diesem Heft enthalten viele Antworten und Anregungen fr solche Flle.

    Sodann werden am Beispiel der Universitten Basel, Bern und Zrich ausgewhlte Stiftungen und Stiftungs-professuren vorgestellt. Dies kann nur ein Ausschnitt sein, zumal die Zahl der Stiftungsprofessuren (endowed chairs) in der Schweiz in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Ein zuverlssiges Verzeichnis, unter

    1 Siehe http://ceps.unibas.ch/ (30.09.2012).

  • 3VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Einbeziehung der Stiftungslandschaft in der franzsischsprachigen Schweiz, existiert dazu leider noch nicht, auch aus datenschutzrechtlichen Grnden. In vielen Fllen beschrnken sich die Stiftungen auf eine Anschubfinanzierung ber einige Jahre, und es obliegt dann den Universitten oder Fakultten, die Mittel fr den langfristigen Betrieb einer Professur oder eines Instituts aufzubringen.

    Nicht immer ist es ganz leicht, die optimale Verbindung zwischen Gesuchstellern und den richtigen Adressa-ten der Gesuche in der Stiftungslandschaft herauszufinden. Dies ist eine eminent wichtige Frage der ziel-gerichteten akademischen Nachwuchsfrderung. Die meisten Universitten in der Schweiz haben auf ihren Homepages Hinweise zu zahlreichen Stiftungen im In- und Ausland, die hier nicht mehr aufgelistet werden mssen, aber es zeigt sich immer wieder, dass eine kompetente Beratung im Blick auf Auswahl, Bewerbung, Projektbeschreibung und Prsentation beraus wichtig ist.

    Schliesslich denkt man bei den Stichworten Stifter und Stiftungen hufig zuerst und oft ausschliesslich an die Frderung herausragender wissenschaftlicher Projekte. Darber wird bisweilen vergessen, wie es um die Grund-sicherung der Frderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bestellt ist. In dieser Hinsicht hat die Schweiz erheblichen Nachholbedarf. Der Zugang zu Stipendien, die ein zgiges und erfolgreiches Studium auch dann ermglichen, wenn das Elternhaus nicht sehr gut situiert ist und wenn man nicht jahrelang durch Nebenttig-keiten das Studium finanzieren und dadurch verlngern kann oder will, ist nach meiner Einsicht, auch im in-ternationalen Vergleich, viel zu schmal. Die Mglichkeiten, ein Stipendium fr ein sinnvoll angelegtes und gut beratenes Studium zu erhalten, sind von Kanton zu Kanton erschreckend ungleich verteilt. Die Bundesbeitrge fr Stipendien haben in der neueren Vergangenheit nicht nur nicht zugenommen bei insgesamt gewollt steigenden Studierendenzahlen , sondern sind zurckgegangen. Deshalb prsentieren wir in diesem Bulletin die Stipendieninitiative des Verbandes der Schweizer Studierendenschaften (VSS/UNES/USS) sowie Informa-tionen ber die Schweizerische Studienstiftung.

    Nur am Rande kommt in diesem Heft der Schweizerische Nationalfonds (SNF) zur Sprache, weil er gleichsam in seiner eigenen, ffentlich-rechtlichen Liga spielt, obgleich auch er die Rechtsform einer Stiftung hat. Im Rahmen seines Jahresbudgets von CHF 700 Mio. untersttzt er Forschungsprojekte von jhrlich mehr als 8000 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern. Doch da der SNF vielfach ber seine Ttigkeiten informiert und allen in der Schweiz ttigen Forschenden und Lehrenden bekannt ist, soll davon hier und jetzt nicht die Rede sein.2

    Die Welt der Stiftungen in der Schweiz erscheint vielleicht auf den ersten Blick vielfltig und unbersichtlich. Gute berblicke geben, ber die schon erwhnten Verbindungen hinaus, folgende Datenbanken und links: Eidgenssisches Stiftungsverzeichnis: Alle klassischen Stiftungen unter Bundesaufsicht sind ab dem 1.Juli

    2006 im elektronischen Stiftungsverzeichnis eingetragen - gesttzt auf das ffentlichkeitsgesetz BG vom 17. Dezember 2004. Im Internet: http://www.edi.admin.ch/esv/05263/index.html?lang=de

    Stiftungsindex der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften: Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften fhrt einen rege genutzten Stiftungsindex, der eine Vielzahl von Stiftungen, Fonds und Preisen aus den Bereichen Medizin und Biologie beinhaltet. Der Stiftungsindex ist auf dem Internet abrufbar unter http://www.samw.ch (Forschung/SAMW Stiftungsindex).

    kulturfoerderung.ch ist eine Informationsdienstleistung des Bundesamtes fr Kultur und des Migros- Kulturprozent. Das Verzeichnis umfasst Frderadressen des privaten und ffentlichen Sektors, sowie die Adressen der wichtigsten Kulturverbnde.

    Stipendienhandbuch: Von verschiedenen Fachpersonen aus dem Stipendien- und Beratungsbereich breit recherchiertes und erarbeitetes bersichtliches 44seitiges geheftetes Handuch mit Stipendien-ABC als Minilexikon, 1. Auflage 2010, kann im Internet beim Schweizerischen Dienstleistungszentrum Berufsbil-dung, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung bestellt werden.

    International gibt es viele weitere Verzeichnisse und Datenbanken; als Beispiel siehe nur: The Grants Register 2013. The Complete Guide to Postgraduate Funding Worldwide, 31st Edition, Palgrave

    Macmillan Ltd (Internet: http://www.palgrave.com/products/title.aspx?pid=544000).

    2 Siehe http://www.snf.ch/D/Seiten/default.aspx (30.09.2012).

  • 4 VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Martin Bodmer, lhomme et luvre

    Charles Mla*

    Il faut voquer dabord la magnifique demeure de matre, o a grandi Martin Bodmer, sise sur la colline du Freudenberg, qui domine Zurich, hors les murs de la vieille ville. Le libraireantiquaire Bernard Breslauer (19182004) a voqu la forte impression que lui laissa lors de son arrive Zurich au printemps 1938 son entrevue avec le collectionneur, quand il se pr-senta devant la grande maison au portique grec. On me conduisit travers plusieurs salons orns de splendides tableaux. On servit le th dans le cabinet de travail de Martin Bodmer. Ctait la premire fois que je le rencontrais et, bien quil mimpressionnt, je me sentis tout de suite en sympathie avec lui. Ce patricien avait un visage dintellectuel dont les traits, anims dans la conversation, avaient au repos un aspect asctique que les annes devaient graver plus profondment encore. Il me donna tout de suite une ide de sa collection. Et dajouter plus loin: On avait parfois limpression que ce ntait pas lui qui possdait sa bibliothque, mais elle qui le possdait. La monumentale villa sur les hauteurs de la ville symbolise lorgueil des Bodmer, une vieille famille zurichoise, que rsume la fire devise Nulli cedo, Je ne le cde personne. La famille, tablie lorigine au sud des Alpes, dans les Grisons, avait migr Zurich au XVIe sicle, dans les mouvements causs par la Rforme. Les Bodmer commencrent dans la taille des pierres et se firent rapidement une renomme comme artisans, industriels et commerants dans la

    vie conomique et politique de la capitale du canton. Sept gnrations de soyeux avaient assis la fortune de la famille qui comptait dj quinze gnrations, quand naquit Martin Bodmer le 13 novembre 1899 Zurich-Enge. La maison de famille tait, lorigine, zur Arch (la 3me des cinq branches des Bodmer de Zurich), de nos jours Museum Brengasse, prs de la Bahnhofstrasse. Sur le quai de la Limmat, se trouvait leur corporation, zum Saffran.

    Eduard Korrodi, rdacteur charg du supplment littraire (Feuilleton-Redaktion) la Neue Zrcher Zeitung, qui avait t le professeur dallemand de Martin Bodmer au Gymnase, tait aussi un fidle admirateur de Rilke depuis les confrences que celui-ci avait donnes Zurich en 1919 pour un cercle littraire fameux lpoque, le Cercle de lecture de Hottingen, devant lequel il avait expos sa thorie de la posie fonde sur la notion de son primal (Urge-rusch). Au sortir de la Grande Guerre, ayant acquis sa maturit 18 ans, Martin Bodmer avait choisi pour sujet de ses tudes la littrature allemande. A part Gthe et quelques minents lyriques, il chrissait particulirement les deux potes zurichois, Conrad Ferdinand Meyer et Gottfried Keller. Meyer tait le cousin de son pre et il crivit un pome pour le mariage de ce dernier, le 17 mars 1886, avec Tilly (Mathilde) Zlly. La famille possdait des ditions originales des Posies de Meyer, avec ddicace, des lettres, des autographes. En 1922, aprs avoir inter-rompu ses tudes, pass un semestre Heidelberg et entrepris un voyage en Amrique et Paris, o il sjourna, il publia chez Haessel Leipzig la liasse des Balladen de C. F. Meyer, manuscrit autographe quil avait achet, et qui le fascina au point den faire ldi-tion critique en comparant les versions premire et finale, avec une prface de sa propre plume. Ctait, cette fois, de la germanistique applique, non pas seulement apprise: Das war angewandte Germa-nistik, nicht angelernte, selon la formule vigoureuse de Martin Bircher (dans Fondation Martin Bodmer, Bibliothek und Museum. Eine Einfhrung, Cologny, 2003, p. 9 et 26). Le 19 juillet 1921, lge de 22 ans, il venait de crer avec Korrodi, selon lide de celui-ci, la Fondation Martin Bodmer pour un prix Gottfried

    *1921 Route du Guignard, 1223 Cologny (Genve).

    E-Mail: [email protected]://fondationbodmer.ch/fondation/

    Charles Mla, Prof. Dr., Directeur de la Fondation Bodmer, ancien lve de lEcole normale suprieure (rue dUlm), Docteur dEtat, est professeur ordinaire de littrature franaise mdivale lUniversit de Genve, depuis 1982, et directeur de la Fondation Martin Bodmer Cologny depuis 2004. Il a t doyen de la Facult des lettres de 1992 1999 et prsident du Conseil de la Fondation Bodmer de 1994 2003. Il est galement vice-prsident du Centre Europen de la Culture (fond par Denis de Rougemont). Il est lauteur de La Reine et le Graal, aux Editions du Seuil, en 1984 (ouvrage couronn par lAcadmie franaise, Prix Constant Dauguet) et dditions et traductions de romans de Chrtien de Troyes dans la Collection Lettres Gothiques (Livre de Poche, Hachette). Distinctions: chevalier de lOrdre du Mrite et des Palmes Acadmiques.

    Quid egeris tunc apparebit cum animam agesWas Du geleistet, wird offenbar werden, wenn Du Dein Leben vollendet hast.

    (Snque, Lettres Lucilius, III, 26, 6;pitaphe Martin Bodmer)

    mailto:[email protected]

  • 5VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    sure. Javais environ dix-sept ans et tais rsolu faire du thtre. Ce brave vieillard, spcialis dans la littrature du thtre, me soumettait de bon cur tout ce qui se rapportait lart de la scne, la dcla-mation, bref la formation de lacteur. Minterrogeant un jour sur mes intentions que je navais aucune raison de lui cacher quelle fut ma surprise de sentir une tempte, bien diffrente de celle de Shakespeare, sabattre sur mon innocence. Elle devait me dmontrer combien le m-tier de saltimbanque comme il disait tait indigne de moi et ferait honte ma famille. Le vieux bouqui-niste avait certes raison de me dissuader du thtre mais autrement quil ne lentendait. Comme je navais aucun talent dacteur, il tait plus prudent de men tenir la thorie, et de renoncer la pratique sur le plan thtral comme sur bien dautres. En effet, le livre a jou contrairement laction un rle prpondrant dans ma vie (pp. 1314).

    Quels contours prit alors ce qui devait un jour consti-tuer sa Collection? La littrature allemande tait le sujet choisi pour ses tudes, mais part Gthe, quelques minents lyriques et les deux potes zuri-chois, Keller et Meyer, ses prfrences allaient des trangers: en tte, lunique Shakespeare, le plus grand magicien de tous, qui ne le cdait qu deux toiles congniales: Homre, pre des potes et pre de lOccident, et les immortels cantiques et popes de la Bible. Et puis le prodigieux cortge qui sensuit et fconde le monde jusqu nos jours: Virgile et Ovide, les grands contes du Moyen-ge, Tristan, Parcival, les Nibelungen, le gant solitaire Dante, le prince des fa-bulistes Boccace, le fulgurant Arioste, Rabelais, gnie du bizarre, Racine, gnie de lharmonie, La Fontaine, Cervants, Defoe, Swift, Perrault, qui nous ouvrent la porte des rves: contes de fes, lgendes populaires, les Mille et une nuits, jusqu nos jours, o cet esprit sincarne en deux gnies nordiques, qui mtaient, ds mon enfance parmi les plus chers: Hans Christian Andersen et Selma Lagerlf.Je poursuivais bien mes tudes, mais maventurer travers les ges dans le labyrinthe du cur humain, sous lgide de mes au-teurs prfrs, voil qui avait mes yeux infiniment plus dimportance et qui en fin de compte lemporta sur des tudes peu satisfaisantes (ibid.).

    Le pas suivant fut de rechercher non seulement les textes aims et de les faire siens dans une dition

    Keller (Martin Bodmer-Stiftung fr einen Gottfried Keller-Preis), le prix littraire suisse le plus important aprs celui de la Fondation Schiller pour la Suisse. Le prix distingua entre autres dans lentre-deux guerres C. F. Ramuz (1927), Hans Carossa (1931), Hermann Hesse (1936), Ernst Gagliardi (1938). Il vint aussi en aide des crivains en difficult, dans le cadre de cette fondation (ainsi pour Robert Walser en 1937).

    Sur lorigine de la bibliothque forme par Martin Bodmer, des indications intressantes sont don-nes dans louvrage dit en 1953 par Fritz Ernst, Von Zrich nach Weimar, et consacr la priode comprise entre 1732 et 1832, depuis Johann Jacob Bodmer, traducteur du Paradise Lost de Milton, di-teur des Nibelungen, du Parzival et des Minnesinger, jusqu la mort de Gthe. Zurich tait cette poque lune des capitales de la littrature allemande. En 1775, lge de 78 ans, Johann Jacob Bodmer avait reu Zurich le jeune Gthe, dont il pressentit le gnie. Hritier de lAufklrung, il fut le grand mcne de Klopstock. Son portrait surplombait, avec celui de Gthe par Kolbe, le bureau de Martin Bodmer Cologny (il sy ajoutait, sur le ct, celui de Dante par Botticelli!). Depuis Johann Jacob Bodmer, comme la dit Hermann Hesse dans son introduction aux Posies de Salomon Gessner, parue en 1922 (les Idylles du pote zurichois furent publies pour la premire fois en 1756), il existait entre la Suisse allemande et lAllemagne des potes des liens troits et vivants: Ce sont Zurich et Weimar, crit Martin Bodmer, qui mont form spirituellement. Cest lesprit de ces deux centres de culture que je dois peu prs tout ce qui a pu tre ralis ici jusqu ce jour. Dans ce texte qui reprend lallocution prononce loccasion de linauguration de la Bibliotheca Bodme-riana Cologny, le 6 octobre 1951, Martin Bodmer date des alentours de 1916 (environ 35 ans) la premire esquisse de lentreprise qui allait dominer sa vie entire, la formation de sa bibliothque:Son origine est celle de toute entreprise semblable: on runit quelques livres dun auteur prfr, on y ajoute dautres. Tantt, cest un cadeau, tantt, largent de poche de lcolier qui se permet une extravagance. Ma premire acquisition javais environ 15 ans fut la Tempte de Shakespeare, illustre par Dulac. Je laperois en vitrine et ne puis mempcher de passer et de repasser pour la regarder. Enfin, je prends courage et demande le prix cest 30 francs, et je nen ai que 29! Malgr tout, le libraire me confie le volume, en mexhortant de ne pas oublier ma dette. Je men suis acquitt, mais depuis lors le porte-monnaie tait toujours vid! A dfaut de ce li-braire, cen tait un autre, vieillard asthmatique, qui cachait toujours sous son pupitre trois dcis de vin rouge, que son commis renouvelait au fur et me-

  • 6 VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Wilder, Croce bref une lite de notre poque, auxquels il joint encore les noms de Carl Burckhardt et Fritz Ernst. Ce projet, il lavait nourri depuis un cer-tain temps dj. Il lui semblait en effet essentiel de prvoir la cration dune revue littraire de haut ni-veau, exigeante, voire litiste, dont les modles et les parrains pourraient tre Hugo von Hofmannsthal et Rudolf Borchardt et qui publierait de grands auteurs vivants. Sa mre tenait dailleurs un salon littraire Zurich. Particulirement attentionne pour son dernier-n, elle runissait chez elle, pour rpondre ses aspirations, des personnalits littraires comme Hofmannsthal et Valry. Elle mourut en 1926. En 1927, Martin Bodmer pousa, au Fraumnster de Zurich, Alice Naville, dont il eut trois fils et une fille. En 1924, il acheta le Muraltengut, rsidence construite dans les annes 17771782 comme maison de campagne, couvrant une superficie de 17'500 m2, dont il entre-prit la transformation, avec sa femme, en septembre 1928, et quil lui offrit en novembre, la naissance de leur fils, Daniel. Madame Bodmer continua de recevoir des crivains contemporains, entre autres Paul Valry, ami de la famille, au Freudenberg, ou, occasionnellement, au Muraltengut. En octobre1930 paraissait le premier numro de la Corona, revue bimensuelle. Elle fut dite Munich, une poque difficile, entre 1930 et 1943. Herbert Steiner, qui avait rencontr et connu Rilke et George, en fut nomm rdacteur par Martin Bodmer. La revue publia des textes de Paul Valry, Benedetto Croce, Viatcheslav Ivanov, Selma Lagerlf, des historiens anglais et beau-coup dauteurs allemands, tels Thomas Mann, Rudolf Borchardt, Fritz Ernst, Hans Carossa. Cest aprs un laps de temps de 12 ans que les troubles de la rcente guerre mondiale mirent fin cette entreprise. Je lvoque, continue Martin Bod-mer, parce que les principes qui la guidaient taient les mmes qui devaient prsider la formation de ma bibliothque. Au fond, ctait bien simple: il suffisait de sen tenir aux tout grands, aux esprits et aux uvres qui avaient conquis leur place dans lhistoire plus, qui avaient form lhistoire! Ainsi lide directrice se cristallisait peu peu dans la formule suivante: montrer le dveloppement de lesprit humain, grce un ensemble de documents, qui seraient ou bien des originaux, ou qui sen rapprocheraient le plus possible. Cest dire que la pice contemporaine, le manuscrit, lautographe, ldition princeps y jouent un rle prpondrant. Nanmoins, le but ntait pas de former une collection de chefs-duvre, mais une collection qui soit elle-mme un chef-duvre, si lex-pression nest pas trop hardie (ibid. p. 16).

    A la dclaration de la guerre, Bodmer conut de grandes craintes pour la survie de sa Fondation: Il est possible que, comme dans de nombreux autres

    prcieuse, source dun indfinissable bonheur, mais les documents, cest--dire tout ce qui avait influenc le pass, ce qui avait jou un rle une certaine poque. Modestement tout dabord, et peu peu, avec des exigences croissantes. Par exemple, une premire dition de Meyer, avec ddicace si possible ce qui se trouvait heureusement porte de main, dans ma famille, puisque C. F. Meyer tait le cousin de mon pre. Pour Keller, ctait dj plus difficile, et pour Gthe je dus recourir linfatigable bont de ma mre, qui recherchait et me faisait cadeau de tout ce quelle pouvait dnicher. De fait, aprs la fameuse Tempte de Shakespeare, dans la traduction dAugust von Schlegel, illustre par Edmund Dulac (Munich, Bruckmann, 1912), il avait reu de sa mre une di-tion prcieuse du Faust de Gthe, dans ldition de F. H. Ehmcke (Dusseldorf, 19081909). Shakespeare et Gthe taient au cur de la culture allemande des annes 20. Quant Andersen et Selma Lagerlf, poursuit lauteur, je me risquais non seulement ras-sembler les diffrentes traductions, que je pouvais lire, mais des textes originaux que je ne pouvais d-chiffrer. La voie tait indique. Ctait un dbut, mais il comportait la tentation daller toujours plus loin, jusqu sa conclusion: la Weltliteratur. Ctait une dcouverte aussi simple quambitieuse, que de runir des documents autour de cette ide directrice. Mais avant tout: plus on sengage dans cette voie, plus elle exige. Il fallait augmenter le bagage de mes connais-sances, affiner mon sens critique. Ce ntait bientt plus un caprice, mais une subtile profession. Toute-fois, impossible de lapprendre autrement que par mes propres erreurs. Que de dtours et de pripties invitables! Que de dceptions! Mais enfin commen-ait se dgager un difice spirituel, qui ne reniait en rien ses modestes dbuts (ibid. p. 15).

    Tout le passage est essentiel pour saisir la psycholo-gie du jeune collectionneur et la gense de son en-treprise: les donnes familiales et leur chronologie, lanecdote de dpart dune tempte lautre les prfrences littraires et le dsintrt pour les tudes universitaires, la tendresse maternelle, la mutation dun projet qui savre contraindre et mettre la tche, sa vie durant, celui qui sy engageait pour le plaisir, ldifice spirituel qui simpose enfin.

    Dans son souci de donner rtrospectivement une cohrence lensemble de sa dmarche, Martin Bodmer ajoute une autre considration:On pouvait simaginer que sur ce chemin jentrerais un jour en contact avec lpoque actuelle. Sans les re-chercher, il marriva de rencontrer quelques minents contemporains; le rsultat en fut une revue littraire, la Corona. Elle runissait des auteurs tels que Hof-mannsthal, Rilke, Schrder, Vossler, Valry, Strachey,

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    prix, celui-ci, dont le nom personnifie la patrie et la bourgeoisie suisse, soit ananti par la guerre (18e Compte rendu annuel, 1939). En 1940, alors que le Blitzkrieg atteignait son point culminant, la Fonda-tion se consacrait tout entire la Suisse qui cherchait maintenir son indpendance. On ne donna aucun Prix, mais uniquement des donations, dans lesprit de la dfense nationale spirituelle (geistige Landesver-teidigung). Ainsi la Bibliothque Tornister pour le Sol-dat suisse reut-elle un soutien. Autres donations dhonneur: pour le pote en dialecte bernois Simon Gfeller, lhistorien patriotique et pote de Glaris Georg Threr, le conteur valaisan Maurice Zermatten et lessayiste de Neuchtel, Denis de Rougemont. Ce choix refltait lesprit patriotique suisse travers les particularits de quatre reprsentants de rgions caractristiques (voir Martin Bodmer-Stiftung fr einen Gottfried-Keller-Preis, brochure ralise en 2004 par Thomas Bodmer, petit-fils du fondateur et actuel prsident de la Fondation, p.40).

    On pressent ainsi les raisons qui poussrent Martin Bodmer en septembre 1939, par une lettre son ami Max Huber, se mettre la disposition du Comit In-ternational de la Croix-Rouge, un engagement titre bnvole quil considrait comme un devoir civique, dautant plus qutant n en 1899, il ne faisait pas partie des gnrations incorporables. Il se fixa pro-gressivement Genve o sigeait le Comit. Nomm membre de celui-ci, le 6 fvrier 1940, et, peu aprs, du Conseil de direction (o il sigea jusquen 1970), il en devint le vice-prsident (de 1947 1964) et, mme, prsident titre intrimaire en 19471948. Il dirigea

    pendant la guerre les services de Presse, Radio, Infor-mation et, plus particulirement, le dpartement des Secours Intellectuels.

    Le Service tait charg de procurer de la lecture aux prisonniers de guerre, ouvrages destins la distrac-tion, linstruction et au rconfort moral. Ce travail ne se limitait pas la constitution de bibliothques de camps. Des cours universitaires imprims par la Croix-Rouge canadienne et contrls par Oxford taient destins aux tudiants groups dans les Oflags. Les examens taient passs dans les camps pour tre valids la fin des hostilits.

    En raison de ses responsabilits au sein du CICR, sans compter ses voyages une fois par mois Zurich au sige de la Neue Zrcher Zeitung, Martin Bodmer laissa quelque peu de ct sa collection. En 1938, il avait ac-quis, au pied du Freudenberg, une ancienne cole de la Bederstrasse, ramnage pour y abriter sa biblio-thque. A partir de 1940, Mlle Elli Lehmann soccupa de celle-ci. En 1940, il fut linitiateur dune collecte dargent, en Suisse, qui rapporta plus de la moiti des 60 millions de francs suisses ncessaires pour les frais de fonctionnement du Comit international. Genve, o il avait tout dabord prvu de sjourner pour un temps limit, devint pour lui-mme et pour sa famille une deuxime patrie. Il habita aux Bastions, puis Bellerive. En 1944, il vendit le Muraltengut la Ville de Zurich, qui lutilise actuellement pour les rceptions officielles, quand il acquit, Cologny, prs de Genve, le domaine du Grand- Cologny, qui tait alors la proprit de la famille Gautier. Il constitua le

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    les Eptres de Pierre du papyrus Bodmer quon ne pouvait sortir de la Bibliothque, mais quil souhai-tait voir figurer dans le cadre de la commmoration de saint Pierre au Vatican. A la nouvelle de la visite du Saint Pre, Odile Bongard demanda Mgr. Macchi si on pouvait arranger une rencontre pour rpondre au vu de Martin Bodmer. Mais il fallait un vhiculant. Lide lui vint alors de faire don ce titre au Saint Pre des quatre feuillets de Pierre, sans savoir que le Vatican ne possdait justement pas de papyrus de cette nature. Martin Bodmer donna son accord et elle fit faire Lausanne, chez Weissenbach, une bote spciale en parchemin blanc. Mais quajouter quand on est protestant? On y mit la ddicacesuivante : Afin que les lettres de Pierre rejoignent la maison de Pierre. Ces quatre feuillets furent dtachs dun fa-buleux codex de 95 folios, datant du IIIe sicle, le plus vieux document, avec le codex de saint Jean, concer-nant le Nouveau Testament. Le papyrus contenait en outre la Nativit de Marie, la correspondance apo-cryphe des Corinthiens et de saint Paul, la 11me Ode de Salomon, lEptre de Jude, lHomlie sur la Pque de Mliton, un fragment dhymne liturgique, lApologie de Philas et les Psaumes XXXIII-XXXIV.

    Au cours de cette mme runion familiale, une lettre parvint Martin Bodmer: Harry H. Ransom, chan-celier de lUniversit du Texas Austin, offrait par lentremise de Hans Peter Kraus, qui en fait tat dans ses mmoires, dacheter la Bibliothque Bodmer en entier pour la somme de 60 millions de dollars (soit, lpoque, 4 fois ce montant en francs suisses). Martin Bodmer brandit la lettre et la lut voix haute devant tous les siens: aprs avoir requis leur avis, il dclina loffre (voir H. P. Kraus, A Rare Book Saga. The Auto biography of H. P. Kraus, G. P. Putnams Sons, New York, 1978, p. 282). A partir de ce moment, Mar-tin Bodmer eut le souci de lavenir de sa collection. Pendant lt 1970, il se trouvait dans sa proprit de Caslano, une rsidence idyllique, sur les bords du lac de Lugano, quil avait achete en 1936 et o il allait avec sa famille en villgiature. La situation et les envi-rons de la maison avaient quelque chose de ferique, et ses habitants oubliaient parfois quil existait un autre monde au-del des haies qui lentouraient, a crit sa petite-fille, Ursina Schneider-Bodmer. Cest l quil rdigea en franais, le 17 juillet, un Projet pour une Fondation des Collections Bodmer:La Bodmeriana, se composant de plusieurs collec-tions de livres, manuscrits, autographes, dessins, papyrus, objets dart, monnaies etc., est le rsultat dune srie de concidences heureuses pendant une priode de plus de 50 ans. Elle est, dans son genre, unique au monde, partant dune ide prcise: lvo-cation du patrimoine occidental, voire de lensemble de la civilisation humaine, surtout par sa tradition

    domaine en runissant autour de la campagne Gau-tier plusieurs parcelles attenantes (en tout 55 hec-tares). Lune delles, la villa Haccius, fut transforme en deux pavillons de style no-classique, construits par larchitecte Charles van Berchem et dcors par lensemblier zurichois Hans Leuppi, quil destinait recevoir sa bibliothque de Zurich. Le transfert de la bibliothque, qui comptait dj 60'000 volumes en 1939, eut lieu en 1949 et 1950. Une chose est sre: le dmnagement ncessita 300 caisses de 100 kg. Chaque livre fut envelopp dans du papier de soie et recouvert dun papier journal. Le 6 octobre 1951 fut inaugure la Bibliotheca Bodmeriana.Lemplacement de la bibliothque Cologny tait exceptionnel. Dans le discours quil pronona pour le 50me anniversaire de Martin Bodmer, en novembre 1949, lors de la commmoration organise dans la maison Saffran Zurich, Max Huber en donnait cette vocation:De Cologny, on peut apercevoir Ferney-Voltaire qui, au XVIIe sicle fut sous le quelque peu railleur Voltaire un centre europen de la culture. On voit aussi Coppet, o au XIXe sicle autour de la tantinet envahissante Madame de Stal, exista galement un centre analogue. Afin que ce triangle souvre aussi la littrature mondiale, cest Cologny que sest construit au XXe sicle un joyau de grande culture qui a t confi lhomme affable et discret que nous honorons ce jour, ainsi qu sa famille.

    Lengagement de Martin Bodmer au service du C.I.C.R. demeura constant tout au long de ces annes. Il effectua de nombreuses missions ltran-ger (Berlin en 1940, Londres en 1945, Bonn en 1952, Washington en 1954, New-Delhi, puis la Thalande, le Npal, la Nouvelle-Zlande et lAustralie en 1957, Athnes en 1959, Vienne en 1960, Tunis en 1961, Dublin en 1962, Londres en 1963 et Bruxelles en 1964). Il stait rendu Washington en 1954 en vue de plaider pour que le C.I.C.R. restt suisse, ce quil fit avec succs. Il prta son concours lorganisation de lExposition internationale de la Croix-Rouge en 1963, dont il prsida une des principales commis-sions.Lanne 1969 fut pour Martin Bodmer loccasion dune rencontre exceptionnelle. Le pape Paul VI vint Genve le 10 juin pour le 50e anniversaire du B.I.T. Ctait la premire visite dun pape Genve depuis 1418: Rien ne mintresse autant!, confia sa secrtaire Martin Bodmer, dont le second fils, Gaspard, tait dans la diplomatie Berne. Il se trou-vait quOdile Bongard avait eu loccasion de faire connaissance avec Mgr. Macchi, secrtaire personnel de Paul VI. Lors dune visite prcdente, elle lavait reu, la demande de Martin Bodmer, et lui avait conseill de faire des clichs-verre pour reproduire

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    ses recherches la Bodmeriana et en suivait depuis longtemps le dveloppement, trouva un moyen de prserver la collection. Il russit, avec lappui du Conseiller dEtat, Andr Chavanne, faire passer un projet de Fondation que prparait depuis un cer-tain temps Me Wuarin, mais qui navait pas satisfait Martin Bodmer. Une lettre prive, date de Caslano, le 30 juillet 1970, ltablit clairement:Jai galement esquiss un plan de fondation que jai envoy Wuarin, vu que rien de ce quil ma soumis jusquici ne saccorde avec mes intentions. (Ce nest du reste pas possible car qui me connat..? Et cette fondation est une chose bien spciale qui doit cor-respondre la cration non seulement spciale mais unique quest la bibliothque).Press par la maladie, il dut sy rsigner: le 26 fvrier 1971, trois semaines avant sa mort, il fit don de sa bi-bliothque une Fondation de droit priv, reconnue dintrt public. Elle abritait plus de 150'000 pices et elle tait considre comme lune des plus belles bibliothques prives de tous les temps (Bernard Breslauer).

    Texte de Charles Mla partir de Lgendes des sicles. Parcours dune collection mythique, prface de Jean Starobinski, Paris: ditions Cercle dart, 2004 (en anglais: Legends of the Centuries. Looking Through a Legendary Collection. Martin Bodmer Foundation, ibid.), slectionn et abrg par Wolfgang Lienemann.

    crite. Dans son ouvrage Chorus mysticus ( paratre), le fondateur de la Bodmeriana dveloppe sa concep-tion de lvolution du gnie de lhomme. [Lemploi de ce mot renvoie celui de Genius en allemand qui a plutt le sens desprit crateur].Il est hautement souhaitable de nombreux per-sonnages importants dEurope et dAmrique ont exprim ce dsir quelle soit conserve pour la postrit par le moyen dune fondation publique. Une pareille solution pose cependant certains pro-blmes. Limportance non seulement spirituelle des collections tant considrable, les quatre enfants maris du fondateur se trouveront diminus dune part importante de leur hritage. Il faut tenir compte de cela.Le but principal de la Fondation serait la sauvegarde des collections dans leur cadre actuel; la continua-tion de leurs fonctions dj tablies, soit: des expo-sitions guides, des publications, des confrences et, dans des cas spciaux, ladmission drudits pour des recherches et des travaux scientifiques; enfin la pos-sibilit daugmenter les collections ce qui nest pas une ncessit mais souhaitable.Martin Bodmer avait une vision la fois humani-taire et internationale. Il avait imagin dabord une Fondation internationale garantie par lUNESCO, mais la maladie qui devait lemporter le 22 mars 1971 ne lui laissa pas le temps de raliser le projet quil souhaitait. La famille fut mme tente de tout vendre. Fort heureusement le doyen de la Facult des lettres, le professeur Bernard Gagnebin, qui menait

    Littraturehttp://fondationbodmer.ch/documents/Martin Bodmer, Eine Bibliothek der Weltliteratur, Zrich: Atlantis-Verlag 1947.Martin Bodmer, Variationen zum Thema Weltliteratur, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1956.Spiegel der Welt. Handschriften und Bcher aus drei Jahrtausenden. Eine Ausstellung der Fondation Martin Bodmer, in Verbindung mit dem Schiller-Nationalmuseum Marbach und der Stiftung Museum Brengasse Zrich. Ausstellung und Katalog: Martin Bircher, in Zusammenarbeit mit Elisabeth Macheret-van den Daele und Hans-Albrecht Koch, 2 Bde., 3. durch-gesehene Auflage 2001 (Marbacher Kataloge 55).Thomas Bodmer, Der Sammler und die Seinigen. Martin Bodmer, Zrich: NZZ Libro 2010.

    http://fondationbodmer.ch/documents/

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    Charisma und enormem Charme, eine gewinnende Persnlichkeit. Er wurde einer meiner engsten Freun-de, auch ein sehr treuer Freund. Es war faszinierend mit ihm zu sein, zu arbeiten und zu streiten. Er war ein Visionr, der Chancen rasch erfasste und zielstrebig aufgriff. Er war auch ein Zauberer, und zwar im wah-ren Sinne des Wortes, der die unglaublichsten Zau-bertricks vorfhrte und dabei einen Riesenspass hat-te. Vor allem aber war er sehr grosszgig, frderte so viele junge Kollegen und war immer wieder hilfsbereit. Aber natrlich war er durch seine starke Persnlich-keit auch sehr fordernd, und das war wohl auch der Kern seines Erfolgs als Wissenschafter und Lehrer.

    Maurice Mller war ein weitgereister Mensch. Der junge Orthopde hat im Ausland bei den Koryphen seines Faches gearbeitet. Der erfolgreiche Chefarzt und Professor der Universitt Bern erhielt zwlf Ehren-doktorate. Worin lag die fachliche Exzellenz dieses Mannes?

    Zunchst sicher einmal darin, dass er ein sehr virtuo-ser, prziser und einfallsreicher Chirurg war. Hier kam ihm seine, auch in der Zauberei erprobte, enorme Fingerfertigkeit zugute. Dann aber vor allem sein in-novatives Verstndnis einer modernen akademi-schen Chirurgie, nicht einfach als Handwerk, sondern als wissenschaftliche Disziplin. Er hat jede Operation sehr sorgfltig, akribisch geplant. Sein Leitmotiv war Evaluieren-Lernen-Lehren, und das lag auch als Idee seiner Stiftung zugrunde. Dies hat er bereits 1958 bei der Grndung der Arbeitsgemeinschaft fr Osteosynthesefragen (AO) realisiert wohl eine der grssten Leistungen der Schweizer Medizin, die mit dem Marcel-Benoist-Preis 1987 ausgezeichnet wurde. Mit seinen Kollegen Allgwer, Willenegger, Bandi und Schneider grndete er die AO in Form einer Stif-tung in Davos, welche die Ergebnisse der neuen Kno-chenchirurgie systematisch evaluieren und daraus fr die Weiterentwicklung lernen sollte, um dann in Weiterbildungskursen das Gelernte zu lehren. Das-selbe folgte dann in Bern mit der Hftchirurgie. MEM war ein grossartiger Lehrer, liess sich bei seinen Ope-rationen auch mit der Videokamera ber die Schul-tern schauen, und hatte deshalb auf der ganzen Welt eine Unzahl von Schlern.

    Die Fragen stellte Wolfgang Lienemann

    Herr Weibel, Sie waren ber Jahrzehnte Maurice E. Mller eng verbunden und kennen die Geschichte seiner Stiftungen vielleicht am besten. ber den us-seren Lebensweg dieses Pioniers der orthopdischen Chirurgie kann man sich leicht im Internet informieren (siehe Historisches Lexikon der Schweiz: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D42574.php). Mich interes-siert am Anfang: Was fr ein Mensch war Maurice Mller? Wie haben Sie ihn erlebt?

    Ewald Weibel: Maurice Edmond Mller MEM wie wir ihn alle nannten war ein Mann mit grossem

    * Universitt Bern, Institut fr Anatomie,Baltzerstrasse 2, 3000 Bern 9.

    E-Mail: [email protected]://www.ana.unibe.ch/team/detail.php?usr=eweibel

    Ewald R. Weibel, Dr. med., Prof. em. der Medizin und Direktor des anatomischen Instituts der Universitt Bern 19661994; Dr. h.c., D.Sc(hon). Rektor der Universitt 1984/85. Grndungsprsident der Union Schweizerischer Gesellschaften fr Experimentelle Biologie (196972), Prsident der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (19962000) und Prsident der International Union of Physiological Sciences (19972001). Nach seiner Emeritierung war er bis 2000 Vizeprsident und Sekretr der Fondation Maurice E. Mller fr Orthopdische Chirurgie. Zahlreiche Ehrungen, u.a. Marcel Benoist Preis 1974, Anders Retzius Gold Medal 1987, und Mitgliedschaften in in- und auslndischen Akademien (u.a. US National Academy of Sciences, American Academy of Arts and Sciences, Deutsche Akademie der Natur-forscher Leopoldina, Royal Society of Sciences of Uppsala, Polnische Akademie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften und der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften).

    Was ich nicht mit meinen Hnden erarbeitet habe, das gehrt nicht mir, das gebe ich weiter (Maurice E. Mller)

    Interview mit Ewald R. Weibel* ber den Wissenschaftler und Stifter Maurice E. Mller

    http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D42574.phphttp://www.ana.unibe.ch/team/detail.php?usr=eweibel

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    zwei Professuren an Harvard und der McGill Univer-sity.Die kulturellen Stiftungen, die mit dem Klee-Zen-trum zusammenhngen, sind von diesen wissen-schaftlichen Stiftungen unabhngig. Sie wurden von Maurice und Martha Mller persnlich errichtet und finanziert, im Wesentlichen aus dem Erls beim Ver-kauf der Protek AG an Sulzer.Was das Motiv fr dieses grosse Mzenatentum be-trifft, hatte MEM eine sehr bemerkenswerte Leitidee: der Chirurg sagte: Was ich nicht mit meinen Hnden erarbeitet habe, das gehrt nicht mir, das gebe ich wei-ter. So hat er aus dem Geschftserfolg seiner Firma die Orthopdische Forschung und Lehre via FMEM fi-nanziell gefrdert, und dann aus dem Erfolg seiner In-vestitionen grosse Mittel der Kultur zukommen lassen. MEM war sehr gebildet, vor allem in historischen Be-langen und in der franzsischen Literatur, seine Frau Martha fhlte sich zu den Knsten hingezogen, die Musik und die bildenden Knste im Besonderen.

    In welcher Weise hat Maurice Mller die Stiftungs-zwecke festgelegt? Hat er enge Vorgaben gemacht oder den Stiftungsgremien Gestaltungsspielrume geffnet?

    MEM wusste genau was er wollte, war aber sehr offen fr Anregungen, die er kritisch beurteilte und an-nahm oder verwarf. Die Stiftungszwecke haben wir unter seiner Fhrung gemeinsam erarbeitet, aber er war ein starker Fhrer, ohne sein Einverstndnis konnte kein Projekt verwirklicht werden!

    SwissFoundations, der Verband der Schweizer Fr-derstiftungen hat im Jahr 2009 einen Code of Con-duct fr Stiftungen verabschiedet. Seine drei wichtigs-ten Kriterien sind: Effiziente Umsetzung der Stiftungszwecke, ausgewo-genes Verhltnis von Fhrung und Kontrolle, Trans-parenz. Zwei Fragen: Waren die Stiftungen Mllers Mitglied von SwissFoundations? Hat man im Sinne der genannten Kriterien operiert?

    Da war ich nicht mehr dabei. Wir haben zu meiner Zeit (19872000) die Stiftung effizient und mglichst unbrokratisch gefhrt. Die Stiftungsaufsicht erhielt die regelmssigen Berichte und wurde bei grossen Projekten, wie den auslndischen Stiftungen, kon-sultiert. Der Stifterwille war oberstes Gebot, und weil der Stifter dabei war, gab es keine Probleme.

    Was hat Mller bewogen, auch im Ausland Stiftungen zu errichten?

    MEM war ein sehr guter Schweizer, aber auch Welt-brger! Sein grosser Erfolg beruhte auf einem weiten, internationalen Netzwerk, aufgebaut einerseits aus

    Maurice Mller war zweifellos auch sehr geschfts-tchtig. Die von ihm entwickelte Hftgelenksprothese war und ist ein Renner. 1965 hat Mller die Firma Protek AG gegrndet, wohl ein sehr rentabler global player. War das ein Zufall oder Ergebnis weitsichtiger Planung?

    Das war wohl eher konsequente Entwicklung aus dem, was MEM bei der Grndung der AO erfahren hatte. Ein innovativer Chirurg braucht Partner in der Technik, die ihm Instrumente oder auch Implantate fachgerecht und in hoher Qualitt entwickeln knnen. (Das war vor 100 Jahren schon der Erfolg von Theodor Kocher: seine Kocher-Klemme ist auch heute noch ein Standardinstrument in jedem Operationssaal.) Solche Instrumente mssen nicht nur entwickelt, sondern nachher auch vertrieben werden, damit auch andere Chirurgen sie anwenden knnen. Bei der AO wurde die Mechanische Werksttte von Robert Mathys in Bettlach fr die Entwicklung beigezogen und die Synthes AG als Vertriebsorganisation gegrn-det. Fr sein Hftchirurgie-Projekt arbeitete MEM wieder mit Mathys aber auch mit Sulzer zusammen, und grndete die Protek, 1965 zunchst als einfache Stiftung, was sich als nicht zweckmssig erwies. 1974 entstand daraus die Protek AG als Vertriebsorganisa-tion und die Fondation Maurice E. Mller als Stiftung zur Frderung von Lehre, Forschung und Dokumen-tation in der orthopdischen Chirurgie.

    Seit 1974 flossen die Gewinne der Protek AG in die von Mller gegrndeten Stiftungen:1974 Grndung der Fondation Maurice E. Mller1975 Grndung der Fundacin Maurice E. Mller-

    Espaa1983 Grndung der M.E. Mller Foundation of North

    America1993 Grndung des Maurice E. Mller Institute for

    Learning, Teaching, Documentation and Evaluation an der Universitt Toronto.

    1998 Grndung der Maurice E. und Martha Mller Foundation fr das Paul Klee Zentrum, Bern

    2002 Grndung der Fondation du Muse des Enfants auprs du Centre Paul Klee

    Was hat Maurice Mller und seine Frau Martha Lthi dazu bewogen, derartige grosszgige Stiftungen ins Leben zu rufen?

    Das ist nicht ganz richtig. Die Gewinne der Protek AG flossen nur der Fondation Maurice E. Mller (FMEM) zu. Die anderen wissenschaftlichen Stiftungen waren gewissermassen Tochterstiftungen, welche die Erfl-lung des Stiftungszwecks in andern Teilen der Welt erleichtern sollten, zunchst in Spanien, dann in den USA und in Kanada. Dazu kamen noch die Grndung von Universittsinstituten in Bern und Basel, sowie

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    Die Entscheidung, die Grndung, den Bau und den Be-trieb des Paul Klee Zentrums mit einer grossen Stiftung massgeblich zu ermglichen, war wohl sehr khn. In-wiefern wurde dadurch die bisherige Politik der Mller-Stiftungen grundlegend verndert und neu ausgerich-tet?

    Die Grndung der Maurice E. und Martha Mller Foundation fr das Paul Klee Zentrum (1998) war, wie erwhnt, nur indirekt mit der wissenschaftlichen Stiftung verbunden. Die FMEM hatte in ihrem In-vestitionsportefeuille ein grosses Stck Land, die Hlfte einer Parzelle im Schngrn, die sie mit std-tischen Wohngenossenschaften erworben hatte im Hinblick auf eine geplante berbauung. Auf der Teilparzelle der FMEM war neben Wohnbauten ein Dienstleistungs- und Kulturzentrum vorgesehen, das aber Planungsprobleme bot. Mit der Idee, ein Paul Klee Zentrum im Schngrn zu realisieren, wur-de dieser Plan gewissermassen konkretisiert und kul-turell fokussiert. Maurice und Martha Mller hatten zuvor fr die Realisierung ihres Kulturzentrums Schngrn erhebliche Mittel ihres privaten Ver-mgens bereitgestellt und diese haben sie dann in die Maurice E. und Martha Mller Foundation ein-gebracht, welche den Bau des Zentrums finanziert hat.

    Die Stiftungsstrategien der von Maurice Mller gegrn-deten Stiftungen sahen nicht vor, lediglich mit dem Mittel von Kapitalertrgen zu arbeiten, sondern die Gewinne aus der Ttigkeit der Protek AG (und spter aus deren Verkauf an die Sulzer AG) insgesamt den Stiftungszwecken zuzufhren. Damit war aber auch vorprogrammiert, dass irgendwann das Vermgen der Stiftungen erschpft sein wrde. Wrden Sie das im Rckblick als eine kluge Strategie bezeichnen? Und gab es vielleicht Alternativen?

    MEM hat immer gesagt, dass seine Stiftung nicht ewig bestehen muss, und deshalb wurden auch nie nur die Ertrge des erheblichen Kapitals gebraucht sondern auch dieses selbst eingesetzt, vor allem fr

    seinen Schlern, die aus aller Welt nach Bern gekom-men waren, aber auch aus seiner fhrenden Rolle in internationalen Fachgesellschaften, als deren Pr-sident er gewirkt hatte. Dieses Netzwerk bildete eine gute Grundlage fr die Frderttigkeit seiner Stif-tung, was durch die Tochterstiftungen erleichtert wurde. Und die Protek-Mittel stammten ja zum grssten Teil aus dem Ausland.

    Welches waren die herausragenden Institutionen und Einzelpersonen, die von den Mller-Stiftungen im Laufe der Jahre untersttzt wurden?

    Ich kann diese Frage so nicht beantworten. Es kamen ber die Jahrzehnte so viele Leute und Institutionen in den Genuss einer Frderung, dass die Nennung einzelner ungerecht wre.

    Knnen Sie zwei oder drei highlights der Frderungs-aktivitten der Stiftungen nennen?

    An erster Stelle sind klar die regelmssigen Weiter-bildungskurse in der Hftchirurgie zu nennen, die vor allem in Bern, aber auch an verschiedenen Orten der Welt stattgefunden haben, untersttzt durch eine hervorragende Infrastruktur mit direkten Vi-deoverbindungen in den Operationssaal. Tausende Chirurgen haben sich dort weitergebildet.Dann das Zentrum fr Dokumentation und Evaluati-on der FMEM in Bern, das MEM persnlich geleitet hat, mit seinen Parallelinstitutionen in Barcelona und Toronto. Damit wurde schon frh ein System der Qualittskontrolle eingefhrt, wie es heute verlangt wird. Das hat die Entwicklung der Hftchirurgie massgeblich gefrdert.Als dritten Punkt mchte ich die Frderung der Grundlagenforschung erwhnen, einerseits im Insti-tut fr Biomechanik an der Universitt Bern und an-derseits im Institut fr Mikroskopie am Biozentrum der Universitt Basel, die von der FMEM finanziert wurden.

    Wo und wie hat man die besten langfristigen und nachhaltigen Erfolge erzielt?

    Zweifellos im Hauptzweck der Stiftung: der Fr-derung der orthopdischen Chirurgie durch Doku-mentation und Evaluation der Ergebnisse sowie der Weitergabe des Gelernten an die praktischen Chirur-gen durch Publikationen aber, und vielleicht vor al-lem, auch in den intensiven Weiterbildungskursen. Man darf fglich sagen, dass dank der Frderungs-ttigkeit der Fondation Maurice E. Mller die heute so verbreitete Hftchirurgie einen aussergewhnlich hohen Stand erreicht hat, auch dank dem persnli-chen Einsatz des Stifters.

  • 13VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Das ist eine schwierige Frage. Um sie zu beantworten brauchten wir wohl den Einfallsreichtum, die Visio-nen und das Verhandlungsgeschick eines Maurice Edmond Mller...

    Eine letzte Frage zu Ihrem Weggefhrten Mller und seiner Frau: Was trieb diese Stifter in ihrem Innersten wohl an?

    Ich wrde meinen, vor allem die grosse Dankbarkeit, dass das Schicksal sie dermassen begnstigt hat, dass sie es mit enormem Einsatz aus einfachen Anfngen zu hchstem Ansehen und zu grossem finanziellen Erfolg gebracht haben, nicht durch Spekulation, son-dern durch harte Arbeit. Was ich nicht mit meinen Hnden erarbeitet habe, gehrt nicht mir, das gebe ich weiter hat der erfolgreiche Chirurg ja immer wieder gesagt und seine Frau Martha stand dabei ganz an seiner Seite.

    Unternehmen mit Investitionscharakter. Ich betrach-te das als eine sehr kluge Strategie und habe sie auch in jeder Beziehung untersttzt. Eine Stiftung sollte ihre Ziele und Zwecke so zu erfllen suchen, dass ihre Wirkung sich in den gefrderten Institutionen fort-setzt.

    Die Fondation Maurice E. Mller wurde nach dem Tod von Maurice Mller 2011 geschlossen. War das unver-meidlich?

    Ja, das entsprach dem Stifterwillen.

    Die beraus grozgige ursprngliche Dotierung der Klee-Stiftung hat, wie sich inzwischen gezeigt hat, lei-der doch nicht zu einer finanziell dauerhaft gesicher-ten Institution gefhrt. Wir wollen uns hier nicht ber die dringlichen Probleme des Klee-Museums unterhal-ten, aber fragen mchte ich doch: Welche Lsung der schwierigen Probleme wre am ehesten im Sinne des Stifters Maurice E. Mller?

  • 14 VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    * Universitt Zrich, Rechtswissenschaftliches Institut, Treichlerstrasse 10/15, 8032 Zrich.

    E-Mail: [email protected]://www.rwi.uzh.ch/jakob, http://www.zentrum-stiftungsrecht.uzh.ch

    Dominique Jakob, M.I.L. (Lund), Prof. Dr. iur., studierte Rechts-wissenschaften in Augsburg, Mnchen und Lund (Schweden). Habilitation mit einer Schrift zum Stiftungsrecht; Lehrbefugnis fr die Fcher Brgerliches Recht, Internationales Privatrecht, Rechtsver-gleichung, Zivilverfahrensrecht, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Steuerrecht. Seit 2007 Inhaber eines Lehrstuhls fr Privatrecht an der Universitt Zrich, wo er 2008 das Zentrum fr Stiftungsrecht ins Leben gerufen hat. Forschungsschwerpunkte: internationale Nachlass-planung und Vermgensgestaltung (unter Einbezug von Trusts) im nationalen, vergleichenden, europischen und internationalen Stiftungs-recht. Verfasser zahlreicher Publikationen im In- und Ausland und Berater von Regierungen, Finanzinstituten, Unternehmen, Stiftungen und Privat-personen. Seit 2012 Konsulent in der Zrcher Anwaltskanzlei Niederer Kraft & Frey AG.

    Das Stiftungsrecht der Schweiz Status Quo und Perspektiven

    Dominique Jakob*

    Die Schweiz wird aufgrund gnstiger rechtlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen gerne als Stif-tungsparadies bezeichnet. Was aber macht die Schweiz als Stiftungsstandort aus? Der Beitrag mch-te dieser Frage nachgehen, indem er einen Blick auf den reformierten Schweizer Rechtszustand richtet und versucht, den Status Quo in einige derzeit dis-kutierte Entwicklungen auf nationaler und interna-tionaler Ebene einzuordnen.

    1. GrundzgeDie rechtsfhige Stiftung ist eine juristische Person des privaten Rechts, geregelt im Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB). Ein Ver-mgen wird von seinem ursprnglichen Inhaber ge-trennt und als eigenstndige Rechtsperson grund-stzlich ewig abstrahiert ein personifiziertes Zweck vermgen, ohne Eigentmer, ohne Mitglieder. Im System der juristischen Personen handelt es sich um eine Anstalt, in Abgrenzung zu krperschaftlich organisierten Personenverbindungen. Verwaltet wird die Stiftung durch den Stiftungsrat, der den Stifter-willen vollzieht und den Stiftungszweck durch Aus-schttungen an die Begnstigten erfllt. Zulssig sind gemeinntzige und privatntzige Zwecke, wo-bei es im letzteren Fall meist um die Erhaltung eines

    Unternehmens oder von Familienvermgen geht. Die Grundvorschriften des Stiftungsprivatrechts (Art. 80 ff. ZGB) stammen aus dem Jahre 1911 und sind bis vor kurzem weitgehend unverndert geblie-ben. Sie sind geprgt durch das dominierende Merk-mal der Stifterfreiheit, also der Freiheit, eine Stiftung zu errichten und deren Zweck frei zu bestimmen, die einhergeht mit einer Gestaltungs- und Organisati-onsfreiheit des Stifters. Die Stiftung kann zu Lebzei-ten und von Todes wegen errichtet werden. Es gilt das Normativsystem: Die Stiftung entsteht durch konstitutive Eintragung ins Handelsregister, ohne dass der Staat durch eine Genehmigung sein Placet geben msste. Insoweit erweist sich das schweizeri-sche Recht als stifterfreundlich und liberal. Die be-stehende Stiftung steht dann unter der laufenden Kontrolle einer kantonalen oder der eidgenssischen Aufsichtsbehrde, um zu gewhrleisten, dass das Stiftungsvermgen seinem Zweck gemss verwendet und der Wille des Stifters eingehalten wird. Eine Aus-nahme bilden Familienstiftungen. Diese bedrfen zu ihrer Entstehung weder einer Eintragung ins Han-delsregister, noch unterstehen sie der Stiftungsauf-sicht. Im Gegenzug sind sie nach Art. 335 I ZGB nur zulssig, wenn sie die Kosten der Erziehung, Ausstat-tung oder Untersttzung von Familienangehrigen bestreiten. In der Schweiz sind reine Familienunter-haltsstiftungen also unzulssig.

    2. Reformen des StiftungsrechtsDie erste echte Reform des Stiftungsrechts stammt aus dem Jahre 2004 und ist seit dem 01.01.2006 in Kraft. Zentrales Element war die Frage, ob man die Unvernderlichkeit der Vermgensbertragung und des Zwecks lockern sollte oder nicht. Dabei war zu-nchst fr den Stifter die Mglichkeit vorgesehen, sich in den Statuten ein Recht auf Rckbertragung des Vermgens vorzubehalten, wie dies in sterreich oder Liechtenstein mglich ist. Dieses Merkmal steigert die Attraktivitt der Rechtsform, kann aber dem sog. Trennungsprinzip widersprechen und Miss-brauchspotential enthalten. Eingefhrt wurde daher nur ein zweites Merkmal: Der Stifter kann seit 2006 fr die nachtrgliche Abnderung des Stiftungs-zwecks sorgen (Art. 86a ZGB). Weitere Elemente der Reform waren die Stiftungserrichtung durch Erbver-trag, die Behebung von Organisationsmngeln, Glu-bigerschutzvorschriften im Falle von berschuldung

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    1 Es handelt sich um eine berarbeitete und zum 1.9.2012 vollstndig aktualisierte Fassung eines Beitrags, der in Stiftung & Sponsoring 2008, S. 28 f., erschienen ist.

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    tung einen ursprnglich gemeinntzigen (und damit steuerbefreiten) Zweck bewahrt. Das Recht auf Zwecknderung ist als hchstpersnliches Recht des Stifters nicht vererblich oder bertragbar; stiften ju-ristische Personen, erlischt es 20 Jahre nach Errich-tung. Die Vorschrift durchbricht also das Trennungs-prinzip, verbindet die nderungsmglichkeit aber mit engen zeitlichen und sachlichen Grenzen. Zudem bietet sie eine klare Regelung, die Ausreisser wie sie etwa in Deutschland aufgrund von Rechtsunsicher-heit mglich sind ausschliesst. Dennoch schreitet die Diskussion fort. Einige kritisieren vorhandenes Missbrauchspotential, andere die Beschrnkungen. Es wre zu berlegen, die nderungsmglichkeit an-stelle von starren Grenzen an materielle Legitimitts-kriterien zu binden und mittels einer Interessen-abwgung zu kanalisieren.

    4. Rechte der StiftungsbeteiligtenBegnstigte und andere Stiftungsbeteiligte befinden sich in einer privilegierten Position. Anders als etwa in Deutschland steht eine Stiftungsaufsichts-beschwerde zur Verfgung, mit welcher gegen Hand-lungen und Unterlassungen der Organe Beschwerde bei der Aufsichtsbehrde erhoben werden kann. In Diskussion ist freilich die subjektive Antragsbefugnis, weil das Schweizer Recht noch keine einheitliche Formulierung im Spannungsfeld von Rechtsschutz und Popularklage gefunden hat. Aus Sicht des Autors sollte sie sich auf das berechtigte Interesse konzen-trieren, das denjenigen zusteht, die einen Anspruch oder eine Anwartschaft geltend machen knnen (Be-gnstigte, Glubiger) oder deren Interessen stiftungs-rechtlich geschtzt sind (Organmitglieder, Stifter, Zustifter, Spender), nicht jedoch Personen, die ledig-lich ein abstraktes Interesse vorweisen knnen. Wei-terer Klrung bedarf allerdings die Frage, in welchen Konstellationen der direkte Zugang zu den Zivilge-richten mglich sein soll.

    5. Foundation GovernanceIm Hinblick auf die Foundation Governance wurde in der Schweiz Pionierarbeit geleistet. Der Swiss Foundation Code (2005) ist fr Frderstift ungen konzipiert und enthlt Empfehlungen. Der Swiss NPO-Code (2006) gilt allgemein fr Nonpro - fit- Organi sa tionen und verfolgt den Grundsatz comply or explain. Die dort spezifizierten Ver-haltensweisen tragen zur Erhhung der Good Governance im Nonprofit-Sektor bei. Sie entbinden aber nicht von einer grundstzlichen Analyse mgli-cher Interessenkonflikte im Schweizer Stiftungsrecht.

    6. FamilienstiftungenBewegung knnte schliesslich in den Bereich der Familienstiftungen kommen, welche aufgrund der

    sowie die Neuregelung des Aufhebungsverfahrens. Kurz davor wurde im Rahmen eines Fusionsgesetzes fr Stiftungen die Mglichkeit zu Fusionen und Ver-mgensbertragungen geschaffen. Andere Bereiche dieser ersten Reform sind durch laufende Revisionen des Gesellschaftsrechts (Neuregelung der Buchfh-rungspflichten, des Handelsregisterrechts und des Revisionsrechts) neuerlich abgendert worden. Die-se nderungen traten zum 01.01.2008 in Kraft. Die Stiftung ist in die Revisionsbestimmungen des Ge-sellschaftsrechts eingebettet worden und muss eine ordentliche Revision durchfhren, wenn zwei der drei nachfolgenden Schwellenwerte berschritten werden: Bilanzsumme von CHF 20 Mio.; Umsatzerls von CHF 40 Mio.; 250 Vollzeitstellen im Jahresdurch-schnitt (wobei diese Werte zum 01.01.2012 von ur-sprnglich 10 20 50 auf 20 40 250 angehoben worden sind). Andernfalls muss sie ihre Jahresrech-nung eingeschrnkt prfen lassen. Es handelt sich um eine Revisionspflicht mit Ausnahmevorbehalt, die zum einen Familien- und kirchliche Stiftungen ausnimmt, zum anderen eine individuelle Befrei-ungsmglichkeit kleiner Stiftungen durch die Auf-sichtsbehrde vorsieht. Weitere, z.T. neuerliche Ab-nderungen dieser Teilbereiche sind derzeit in Pla-nung.Im brigen wurde am 01.03.2010 die Motion des Stnderats Werner Luginbhl zur Steigerung der Attraktivitt des Stiftungsstandortes Schweiz zur Umsetzung an den Bundesrat berwiesen. Die Moti-on bezweckt eine Verbesserung der (hauptschlich fiskalischen) Rahmenbedingungen fr Stiftungen. Bei der Umsetzung sollen nun auch thematisch verwandte Vorstsse Bercksichtigung finden, etwa ein Postulat von Nationalrtin Isabelle Moret zur Analyse einer allflligen gesetzlichen Regelung von Trusts in der Schweiz und die Frage einer mglichen Reform der Schweizer Stiftungsaufsicht, basierend auf einem Grundlagenbericht des Bundesamtes fr Justiz aus dem Jahre 2010. Ob die Motion zu Refor-men fhren wird, ist zurzeit noch unklar.

    3. Rechte des StiftersDer Schweizer Stifter gab, wie in klassischen Stif-tungsrechtsordnungen (etwa auch in Deutschland) blich, seine Stiftung traditionell mit Errichtung aus der Hand. Demgegenber leiten die Privatstiftungs-modelle sterreichs und Liechtensteins ihren Namen davon ab, dass sie der Privatautonomie des Stifters Vorrang gewhren und Stifterrechte auf Zwecknde-rung und Widerruf vorsehen. Der neue Art. 86a ZGB versucht einen Kompromiss: Der Stifter kann den Zweck der Stiftung nachtrglich ndern, wenn er sich das Recht in der Stiftungsurkunde vorbehalten hat, seit Errichtung oder der letzten Zwecknderung mindestens zehn Jahre verstrichen sind und die Stif-

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    Art. 154 ff. IPRG die Grndungstheorie statuiert. In Bezug auf die Kapitalverkehrsfreiheit ergibt sich ein diversifiziertes Bild: Die Mglichkeit einer Steuerbe-freiung wegen Gemeinntzigkeit besteht in der Schweiz (EU-konform) auch dann, wenn die Organi-sation im Ausland frdernd ttig ist und ihren Sitz im Ausland hat (vgl. hierzu Rechtssache Stauffer, EuGH Rs. C-386/04). Nicht entsprechend abzugsfhig sind jedoch Spenden an auslndische Organisationen hier gilt derzeit die Voraussetzung, dass die empfan-gende Organisation ihren Sitz im Inland haben muss. Dieser Umstand steht im Widerspruch zur (Soll-) Rechtslage in der EU, fr welche der EuGH in der Rechtssache Persche (Rs. C-318/07) festgehalten hat, dass eine Diskriminierung von Spenden an Empfn-ger mit Sitz im Ausland gegenber inlndischen Spenden die Kapitalverkehrsfreiheit verletze.

    8. AusblickDie Schweiz hat nach wie vor eine attraktive Position in der europischen Stiftungslandschaft. Ihr Stif-tungsrecht bietet eine reprsentative Mischung klas-sischer und freiheitlicher Elemente, Gestaltungsspiel-rume fr Stifter und funktionale Rechtsschutzmg-lichkeiten. Dennoch gilt es, aktuelle Entwicklungen aufzunehmen und die Weichen fr die Zukunft zu stellen und somit die Schweizer Lsung fr das uni-versale stiftungsrechtliche Spannungsfeld von Tradi-tion und Funktionalismus zu finden.

    restriktiven Handhabung des Art. 335 ZGB durch das Schweizer Bundesgericht hufig als unbrauchbar an-gesehen werden. Nachdem Familienstiftungen z.B. in Liechtenstein ohne Restriktionen zulssig sind, stellt sich die Frage der Anerkennung jener Stiftungen in der Schweiz. Die Schweiz folgt der sog. Grndungs-theorie und erkennt eine im Ausland wirksam ge-grndete Stiftung an. Die lange umstrittene Frage, ob die Anerkennung einer auslndischen vorausset-zungslosen Unterhaltsstiftung gegen die vom Verbot der Familienfideikommisse geprgte Schweizer f-fentliche Ordnung verstsst, wurde vom Bundes-gericht im Jahre 2009 (BGE 136 III 614) verneint. Weiter wird ber eine nderung des Konzepts der Schweizer Familienstiftung nachgedacht. Denn will man die ewige voraussetzungslose Bindung des Nachlasses verhindern, knnte man die Zulssigkeit auch an zeitliche Grenzen (etwa zwei Generationen) binden. Nebst der Modifikation des Art. 335 ZGB wird auch die Schaffung eines neuen Rechtsinstituts eigens zur privatntzigen Vermgensperpetuierung in Betracht gezogen.

    7. EuroparechtBlickt man, um das Schweizer Stiftungsrecht in den europischen Kontext einzubetten, auf die Grund-freiheiten des EU-Vertrages, bewegt sich die Schweiz in puncto Niederlassungsfreiheit auf recht sicherem Terrain, indem sie wie auch von EuGH indiziert in

    LiteraturJakob, Dominique, Das Stiftungsrecht der Schweiz im Europa des dritten Jahrtausends, SJZ 2008, 533-542.Jakob, Dominique (Hrsg.), Perspektiven des Stiftungsrechts in der Schweiz und in Europa, Basel 2010.Jakob, Dominique, Kommentierung von Art. 80-89a ZGB, in: Bchler, Andrea/Jakob, Dominique (Hrsg.), Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Kurzkommentar, Basel 2012.

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    Verfgung stehenden Mittel schonend und zweck-gerichtet eingesetzt werden und der administrative Aufwand angemessen erfolgt.3 Das ausgesonderte Stiftungsvermgen ist fr die langfristig ausgerichte-te Forschung und Wissenschaft von Problemen der Unternehmensnachfolge und auch der Querelen bei der strategischen Ausrichtung weitgehend entzogen. Dies lsst eine klare Fokussierung der eingesetzten Mittel zu.

    Nicht wegzudenken aus der Bildungslandschaft ist der Schweizerische Nationalfonds, der ber ein jhr-liches Budget von ber CHF 700 Millionen verfgt und jhrlich rund 8000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersttzt. Der Schweizerische Na-tionalfonds finanziert sich im Wesentlichen ber die jhrlichen Zuschsse des Bundes. Das seinerzeitige

    3 Vgl. BGE 112 II 471: Die Stiftungsaufsicht wacht ber die zweck-konforme, angemessene Mittelverwendung, auch wenn es im Gesetz keine direkte Bestimmung gibt, welche die Beschrnkung der Administrationskosten bei Stiftungen anspricht.

    Aktuelles aus der Stiftungspraxis Instrumente zur Sicherung des Stiftungsvermgens Zu Dachstiftung und Risikomanagement

    Stephan Herren*, Nicole von Graffenried*, Dominique Baumann*

    1. Einleitung: Stiftungen im Bereich von Forschung und Wissenschaft

    Die Schweiz hat seit jeher eine liberale Stiftungs-praxis: Im Vergleich zu den Nachbarlndern sind die Errichtung von Stiftungen und auch die nachtrgli-che Anpassung der Strukturen an die aktuellen Ge-gebenheiten in der Schweiz eher mglich und ver-gleichsweise einfach. Entsprechend hoch ist die Dichte an Stiftungen in der Schweiz. Die Schweiz zhlt 17761 registrierte Stiftungen1, davon sind 12500 gemeinntzige Stif-tungen. Ein grosser Teil dieser Stiftungen in der Schweiz kann dem Bereich Forschung und Wissen-schaft zugeordnet werden, gemss Schtzung in der Schweiz rund 20% der Stiftungen oder 2500 Institu-tionen.2

    Die Verbreitung der Stiftung im Wissenschafts-bereich und ihre Bedeutung sind also erheblich. Die Stiftung bildet hier eines der klassischen Vehikel zur Finanzierung. Anders als die in der Regel auf Gewinn ausgerichtete Aktiengesellschaft oder andere Gesell-schaftsformen ist die Stiftung nicht zum kommer-ziellen Erfolg verpflichtet. Die Stiftung ist vielmehr auf lange Dauer ausgerichtet und hat sicherzustellen, dass die Mittelverwendung in dem separat geufne-ten Stiftungsvermgen in dem vom Stifter definier-ten Zweck erfolgt.

    Abseits des im Marktgeschehen bestehenden exis-tentiellen Drucks kann sich die Stiftung entspre-chend dem vom Stifter gewnschten Ziel der Unter-sttzung gesellschaftlicher, sozialer, kologischer, aber auch wissenschaftlicher Anliegen annehmen und diese Anliegen frdern. Dies selbst dann, wenn sich der Sinn der verwendeten Stiftungsmittel nicht in Franken und Rappen belegen lsst; auch wenn ber die Jahre nicht eine Vermgensvermehrung stattfindet und auf die vom Stifter zur Verfgung gestellte finanzielle Substanz zurckgegriffen wird. Die Stiftung hat einzig sicherzustellen, dass die zur

    1 Statistik Eintragungen im Handelsregister Stand 01.01.2012 (http:// zefix.admin.ch/zfx-cgi/ hrform.cgi/hraPage?alle_eintr=on&pers_sort =original&pers_num=0&language=1&col_width=366&amt=007).

    2 Gemss Angabe Datenbank Quelsius, Zofingen, Auskunft vom 29. August 2012 (www.quelsius.ch).

    * Von Graffenried & Cie Recht, Zeughausgasse 18, 3000 Bern 7.www.graffenried-recht.ch

    Die Autoren sind Gesellschafter der Von Graffenried & Cie Recht.

    Stephan Herren, CEO Von Graffenried & Cie Recht, Dr. iur., Rechtsanwalt (Universitt St. Gallen), LL.M. (Georgetown University, Washington D.C.), EMBA (Universitt Zrich)E-Mail: [email protected]

    Nicole von Graffenried, Frsprecherin und Notarin (Universitt Bern), Stellvertretende CEO der Von Graffenried GruppeE-Mail: [email protected]

    Dominique Baumann, Frsprecherin und Notarin (Universitt Bern), Stellvertretende CEO Von Graffenried & Cie Recht E-Mail: [email protected]

    Die Autoren betreuen das Kompetenzzentrum Stiftungen der Von Graffenried Gruppe (www.kompetenzzentrum-stiftungen.ch), welches eine Vielzahl von Stiftungen und Non Profit Organisationen (NPO) rechtlich und administrativ untersttzt. Die Von Graffenried & Cie Recht kann auf eine lange Tradition der Grndung und Betreuung von Stiftungen im wissenschaftlichen Bereich zurckblicken: Am 1. August 1952 erfolgte im Bro in Bern die Grndung des Schweizerischen Nationalfonds mit den seinerzeitigen Grndern (u. a.): Schweizerische Naturforschende Gesellschaft, Schweizerischer Juristenverein, Prof. phil. et med. Alexander Ludwig von Muralt (Universitt Bern), Prof. Dr. Walter Adolf Jhr (Universitt St. Gallen, HSG).

    http://zefix.admin.ch/zfx-cgi/%20hrform.cgi/hraPage?alle_eintr=on&pers_sort=original&pers_num=0&language=1&col_width=366&amt=007http://zefix.admin.ch/zfx-cgi/%20hrform.cgi/hraPage?alle_eintr=on&pers_sort=original&pers_num=0&language=1&col_width=366&amt=007http://zefix.admin.ch/zfx-cgi/%20hrform.cgi/hraPage?alle_eintr=on&pers_sort=original&pers_num=0&language=1&col_width=366&amt=007http://www.graffenried-recht.chhttp://www.kompetenzzentrum-stiftungen.chhttp://zefix.admin.ch/zfx-cgi/hrform.cgi/hraPage?alle_eintr=on&pers_sort%20=original&pers_num=0&language=1&col_width=366&amt=007

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    Kontrolle durch die ffentliche Stiftungsaufsicht6 auch ein gut organisiertes Risikomanagement. Dieses ist darauf ausgerichtet, die Prozesse zu ber prfen und zu achten, dass das Stiftungsvermgen zweck-konform eingesetzt wird. Ein angemessenes Risikoma-nagement hilft, Haftungsrisiken fr Stiftungsrte zu mindern.Risiken fr das anvertraute Vermgen knnen so rechtzeitig erkannt und minimiert werden. Das Risikomanagement setzt Schranken, um einen allzu raschen, ungerechtfertigten Vermgensverzehr zu vermeiden.

    2. Die DachstiftungViele schweizerische gemeinntzige Stiftungen sind aufgrund ihrer Grsse heutzutage nur mit Mhe in der Lage, hohe Verwaltungskosten zu decken und gleichzeitig gengend Ertrge zu erwirtschaften, um ihren gemeinntzigen Zweck auf eine befriedigende Art und Weise verfolgen zu knnen. Es wird sogar die Meinung vertreten, dass lngerfristig eine eigen-stndige Frderstiftung nur dann mit vertretbarem Verwaltungskostenanteil zu betreiben ist, wenn das Stiftungsvermgen mindestens CHF 10 Mio. aus-macht.7

    Dem unbefriedigenden Zustand Abhilfe verschaffen kann in vielen Fllen die Dachstiftung. Die Dachstif-tung ist keine gesetzlich normierte Sonderform, son-dern hat sich in jngerer Zeit aus der Praxis heraus entwickelt.8 Es existieren in der Schweiz bereits einige Dachstiftungen, die der eidgenssischen oder auch den kantonalen Aufsichtsbehrden unterstehen. Zu-dem gibt es zahlreiche von Banken errichtete und kontrollierte Stiftungen, die alle Ttigkeiten fr einen potentiellen Stifter bernehmen.9

    Dachstiftungen ermglichen es auch kleineren Stif-tungsvorhaben, die gewnschten Zwecke durch Bn-delung des Kosten- und Verwaltungsaufwandes sowie des Know-hows auf Ebene des Daches zu verfolgen.10

    6 Wobei die Stiftungsaufsicht in der Regel relative Zurckhaltung bt und nicht ohne Not in die grundstzliche Stiftungsautonomie ein-greift (vgl. Basler Kommentar zum ZGB I, N 10 zu Art. 84, 4. A., Zrich und St. Gallen 2010, wonach der Eingriff in den Autonomiebereich der Stiftung nicht schrfer sein drfe, als es der Zweck der Mass-nahme gebietet).

    7 So Stephan Burla, zit. in: Jakob/Messner/Picht/Studen, Verein Stiftung Trust, Entwicklungen 2010, njus.ch, Bern 2010, S. 103.

    8 Vgl. Thomas Sprecher, Switzerland: The umbrella foundation - an outline, in: Trusts & Trustees Advance Access, Oxford 2011 (The term has developed through practice). Die Dachstiftung hat bislang bei der eidgenssischen Stiftungsaufsicht auch keine spezifische Regulierung erhalten.

    9 Thomas Sprecher, zit in: Jakob/Messner/Picht/Studen, Verein Stiftung Trust, Entwicklungen 2010, njus.ch, Bern 2010, S. 96.

    10 Goran Studen, zit. in: Jakob/Messner/Picht/Studen, Verein Stiftung Trust, Entwicklungen 2010, njus.ch, Bern 2010, S. 96.

    Stiftungskapital, welches der vor sechzig Jahren er-richteten Stiftung des Schweizerischen National-fonds zur Verfgung gestellt wurde, wrde heute bei weitem nicht ausreichen4: Bei der Grndung verfgte der Schweizerische Nationalfonds lediglich ber ein Stiftungskapital von CHF 330000.00.5

    Der Zweck des Schweizerischen Nationalfonds ist generell der wissenschaftlichen Frderung gewid-met; der Zweckartikel (Ziff. 1) hlt in knappen Worten fest:

    Die Stiftung frdert die wissenschaftliche Forschung in der Schweiz.

    Auf grssere Schwierigkeiten als der Schweizerische Nationalfonds stossen in der Schweiz die vielen kleinen Stiftungen, die ebenfalls nahe dem Bereich von universitrer Forschung und Lehre angesiedelt sind. Diese kleineren Stiftungen knnen in der Regel nicht mit einer regelmssigen Finanzierung durch die ffentliche Hand rechnen. Fr sie gilt, dass die Organisation der Stiftung mglichst schlank ge-halten wird, um die begrenzt zur Verfgung stehen-den Mittel effizient und zielgerichtet einzusetzen und die administrativen Kosten mglichst tief zu halten. Der Stiftungsrat ist verantwortlich, dass das Stiftungskapital mglichst lange zur Verfgung steht.

    Fr viele Stiftungen namentlich im wissenschaftli-chen Umfeld steht zur Diskussion, ob die ge-wnschte, schonende Ressourcenverwendung durch die errichtete Stiftung allein sichergestellt werden kann. Was, wenn bei kleineren Stiftungen hohe Verwaltungskosten den verhltnismssig ge-ringen, jhrlichen Vermgensertrgen entgegen-stehen und das Vermgen rapide abnimmt? Hier stellt sich die Frage, ob sich diese Stiftungen nicht mit Vorteil einer sogenannten Dachstiftung an-schliessen, um die Ver waltungskosten zu minimie-ren und mehr Geld fr die Erfllung des Stiftungs-zwecks zur Verfgung zu haben.

    Die Sicherung des Stiftungsvermgens ist laufend zu berprfen. Zu beachten ist, dass dem Stiftungs-rat kein Aktionariat gegenbersteht, das die Ent-scheide der verantwortlichen Organe immer wieder kritisch beurteilt und ber wichtige Geschfte mit-bestimmt. Um die Handlungen des Stiftungsrats und den nachhaltigen Einsatz des Stiftungs-vermgens zu beurteilen, braucht es neben der

    4 Grndungsdatum der Stiftung Schweizerischer Nationalfonds ist der 1. August 1952.

    5 Gemss der bei Rudolf von Graffenried (www.graffenried-recht.ch) erstellten Stiftungsurkunde Nr. 1448.

    http://www.graffenried-recht.chhttp://www.njus.recht.ch/

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    In der Praxis sind diverse Stiftungen auf diese Weise zur Dachstiftung geworden.

    Andererseits kann eine Stiftung schon zu Beginn als Dachstiftung errichtet werden. Bei der Formulierung der Stiftungsurkunde ist in diesem Fall sorgfltig auf ein Mindestmass an Bestimmtheit des Zwecks zu achten.15

    Als Beispiel einer Stiftung, welche lange Jahre nach ihrer Errichtung zur Dachstiftung geworden ist, diene die Fontes-Stiftung, welche ihr Vermgen schweize-rischen, wohlttigen und gemeinntzigen Instituten gewidmet hat. Der Fontes-Stiftung wurde zunchst ein Vermgen als Schenkung mit Auflage zugewen-det. Die Dachstiftung hat Ende 2010 zudem mit der Stiftung fr kumenische und historische Theologie fusioniert. Dank des allgemein gehaltenen Zwecks der Fontes-Stiftung konnte die Transaktion ohne Statutenanpassung vollzogen werden.16 Das Ver-mgen der Unterstiftung wird in diesem Fall als se-parater Fonds gefhrt, der bisherige Stiftungsrat ist Beirat der Dachstiftung und entscheidet weiterhin betreffend die Gesuche, welche die bisherige Stiftung fr kumenische und historische Theologie betref-fen. So kann die Unterstiftung ohne hohe Verwal-tungskosten ihren Zweck weiter erfllen und fort-bestehen. Unter das Dach der Fontes-Stiftung kn-nen sich zuknftig weitere kleinere Stiftungen begeben, sei es durch vertragliche Kooperation oder mittels Fusion.

    Zentraler Vorteil der Dachstiftung ist sicher die be-reits erwhnte Kosteneinsparung und Steigerung der Effizienz auf seiten der Unterstiftung. Den Unterstif-tungen oder in gewissen praktizierten Formen auch privaten Frderern soll und kann so die Mglichkeit gegeben werden, ihre persnlichen Frderanliegen gepoolt und kosteneffizient zu verwirklichen. In den letzen Jahren sind so z.B. die Stiftung Corymbo oder die Limmat Stiftung entstanden, beide mit Sitz in Zrich17, sowie die Rtli-Stiftung mit Sitz in Luzern. Im wissenschaftlichen Umfeld kann als Dachstiftung die Stiftung Empiris genannt werden, welche Wissen-schaft, Forschung und Ausbildung untersttzt.

    Bei Unterstiftungen oder unselbstndigen Stiftungen besteht als weiterer Vorteil neben der Kostenerspar-

    15 Harold Grninger, Aktuelles aus dem Stiftungs- und Gemein-ntzigkeitsrecht, sucessio 2012, S. 101, 104.

    16 Der Stiftungszweck der Fontes-Stiftung lautet ausfhrlich wie folgt: Das Vermgen der Stiftung soll schweizerischen, von der Stifter-verwaltung ausgewhlten, wohlttigen und gemeinntzigen Institu-tionen gewidmet sein.; vgl. Handelsregisterauszug auf www.zefix.ch.

    17 Harold Grninger, Aktuelles aus dem Stiftungs- und Gemeinntzig-keitsbereich neue Stiftungen, Literatur, Entscheide, sucessio 2008, S. 55, 57.

    Die Errichtung einer selbstndigen Stiftung ist so nicht notwendig, es besteht auch kein Zwang zur kostenaufwndigen Weiterverwaltung der bisheri-gen Stiftung.

    Rechtlich handelt es sich beim Zusammengehen ei-ner kleineren Stiftung mit einer Dachstiftung um eine Kooperation, welche in verschiedenen Formen ausgestaltet werden kann:

    Der Stiftungsrat der Dachstiftung stellt auch den Stiftungsrat der kooperierten Stiftung (Personal-union auf Ebene Stiftungsrat). Dies ist die loseste, am wenigsten einschrnkende Form der Kooperation.Bei einer weiteren Ausgestaltung der Dachstiftung erhlt die kooperierte Stiftung ihren eigenen Stif-tungsrat, beauftragt aber die Dachstiftung mit der operativen Ttigkeit, der Geschftsfhrung, Ver-mgensbewirtschaftung, Frderttigkeit oder Teilen davon. Im Rahmen der Vertragsfreiheit knnen hier massgeschneiderte Lsungen gefunden werden.11 Die Dachstiftung fungiert hier als externe Verwalte-rin und bietet Management Services an.12 In der Praxis hat sich auf vertraglicher Basis auch die un-selbstndige Stiftung entwickelt, welche auf einem Schenkungs- oder Donationsvertrag beruht: Die Dachstiftung erhlt vom Donator eine Schenkung mit Auflage und verwaltet dieses separat gefhrte Vermgen entsprechend als selbstndigen Fonds.13

    Die Kooperation kann ferner durch eine Fusion oder Vermgensbertragung der beiden Stiftungen erfol-gen. Dies ist die engste Form der Kooperation: Die beiden Rechtstrger werden verschmolzen. Es han-delt sich hier um eine endgltige, nachhaltige und irreversible Lsung.14 Die Fusion zwischen einer Dachstiftung und einer kleineren Stiftung, fortan Unterstiftung, ist eine Absorptionsfusion gemss dem schweizerischen Fusionsrecht (Art. 3 Abs. 1 lit. a FusG): die Dachstiftung bernimmt die zuknftige Unterstiftung. Zu lsen sind hier insbesondere die Fragen nach der Kompatibilitt der Zwecke und nach der Organisation bzw. Einflussnahme des bisherigen Stiftungsrats der neuen Unterstiftung.

    Die Dachstiftung kann einerseits eine bereits beste-hende Stiftung, am besten mit einem relativ all-gemein gehaltenen Zweck, sein, unter deren Obhut sich kleinere Stiftungen als Unterstiftungen einfgen.

    11 Thomas Sprecher, Zwecknderung, Fusion, Aufhebung Mglich-keiten von Stiftungen in Zeiten der Krise, SJZ 108/2012, S. 428.

    12 Harold Grninger, Aktuelles aus dem Stiftungs- und Gemeinntzig-keitsrecht, successio 2012, S. 101, 105.

    13 So Dachstiftung Empiris (www.empiris.ch) oder Rtli Stiftung (www.ruetli-stiftung.ch). Im einzelnen auch Thomas Sprecher, Switzerland: The umbrella foundation an outline, a.a.O., S. 3f.

    14 Thomas Sprecher, Zwecknderung, Fusion, Aufhebung Mglich-keiten von Stiftungen in Zeiten der Krise, SJZ 108/2012, S. 428.

    http://www.zefix.chhttp://www.empiris.chhttp://www.ruetli-stiftung.ch

  • 20 VSH-Bulletin Nr. 4, November 2012 | AEU-Bulletin no 4, novembre 2012

    Revision hat mglicherweise negative Auswirkungen auf das Spendenaufkommen und letztlich auf die Vermgenssicherung.

    Latent wird eine Stiftung auch von weiteren Seiten kontrolliert, so namentlich von den Medien, Vertragspartnern, Spendern, der ffentlichkeit und der Wissenschaft. Die Kontrolle ist dann besonders wirksam, wenn in den Medien beispielsweise ber-setzte Entschdigungen an die betreffenden Gre-mien thematisiert werden, wie jngst bei der Aids-Hilfe Schweiz.25 In der Verantwortung steht aber der Stiftungsrat, der bei zurechenbaren Fehlleistungen persnlich haftet. Er hat daher ein ureigenes Interes-se, dass die Risiken in der Stiftung richtig ein-geschtzt werden und es zu keinen Vermgens-schdigungen kommt. Dem Stiftungsrat stehen hierzu insbesondere folgende Kontrollinstrumente zur Verfgung:

    Regelmssige Schulungen und Weiterbildung der Stiftungsrte

    Erstellung des Jahresberichtes und Prfung durch Revision und Aufsicht

    Erstellung einer Risikobeurteilung Regelmssige berprfung von Grundsatzfragen Regelmssige berprfung der gettigten Ver-

    mgensanlagen

    Im Rahmen des Risikomanagements ist der Stif-tungsrat verpflichtet, die Risiken zu minimieren, welche das Stiftungsvermgen und dessen zweck-gemsse Verwendung gefhrden knnen. Zentral betrifft dies die Vermgensanlage und die Bewer-tung der Aktiven.

    ber die Vermgensanlage enthlt das Bundesrecht bezglich der gewhnlichen oder klassischen Stif-tungen keine Vorschriften, namentlich auch nicht bei solchen mit Frderzweck im wissenschaftlichen Bereich. Hing