Stilles Örtchen Plumpsklo, Abort, · Zum Geleit Dieser fünfte Band in der Reihe » Historische...

41
Plumpsklo, Abort, Stilles Örtchen : a

Transcript of Stilles Örtchen Plumpsklo, Abort, · Zum Geleit Dieser fünfte Band in der Reihe » Historische...

Plumpsklo, Abort, Stilles Örtchen

:a

EDITION :anderweit

Plumpsklo, Abort,Stilles ÖrtchenMila Schrader

Impressum

© 2003Edition :anderweit Verlag GmbHHinter den Höfen 7D 29556 Suderburg-Hösseringen

e-mail [email protected]

Das Werk einschließlich aller sei-ner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außer-halb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustim-mung des Verlages unzulässig undstrafbar. Das gilt insbesondere fürdie Vervielfältigungen, Übersetzun-gen, Mikroverfilmungen und dieEinspeicherung und Verarbeitungin elektronischen Systemen.

LektoratJulia Schrader

GestaltungKommunikationskontor_Düsseldorf

SatzDTP Apple Macintosh

LithografieEdition :anderweit Verlag,Suderburg-Hösseringen

Druck und buchbinderischeVerarbeitungBosch Druck GmbH, Landshut-Ergolding

Printed in Germany

ISBN 3-931824-25-X

Cover: Bäuerliches Plumpsklo inMecklenburg-Vorpommern

Frontispiz: Translozierter Doppelsitzer des Brümmerhofes,Museumsdorf Hösseringen

Inhalt

6 Zum Geleit

9 Die Not mit der Notdurft: Hygiene und Sanitärtechnik im Rückblick

9 Der tägliche Umgang mit dem Notwendigen23 Sanitärtechnik in alten Hochkulturen:

Vom Zweistromland und Ägypten bis zum Indus26 Sanitärtechnik in der griechischen und römischen

Antike: Vasen und Cloaca Maxima31 Sanitärtechnik vom Mittelalter bis heute:

Vom Heymelich Gemach zum Wasserklosett

47 Nachtgeschirr, Plumpsklo und WC:Standort, Bauweise und Entsorgung

47 Wo geht’s denn hier zum Klo: Drinnen oder Draußen?

54 Das Plumpsklo: Herz, Brille, Eimer, Grube?62 Das Wasserklosett: Komfort im Haus65 Das Klo im öffentlichen Raum:

Stationär oder mobil?

70 Plumpsklos heute: Relikte früherer Alltagskulturoder ökologische Alternative?

70 Plumpsklos heute: Relikte früherer Alltagskultur72 Das Kompostklo: Ein ökologischer Ansatz74 Rückblick und Ausklang: Klo und So

76 Anhang: Literatur und Adressen

76 Plumpsklo-Vokabular77 Literatur79 Bildnachweis

Zum Geleit

Dieser fünfte Band in der Reihe »Historische Bauvielfalt im Detail«widmet sich all jenen Hilfsmitteln und baulichen Konstruktionen,die im Verlauf der Menschheitsgeschichte entwickelt und ge-nutzt wurden, um der Notdurft des Leibes, die tagtäglich ihrRecht verlangt, einfacher, komfortabler, amüsanter, diskreter, ge-selliger, hygienischer, kurzum, den jeweiligen Umständen ent-sprechend gerecht zu werden. Die Auswahl der Bezeichnungenauf dem Titel »Plumpsklo, Abort, Stilles Örtchen« ist nur ein klei-ner Ausschnitt aus der Vielzahl der Namen, die es für diese Bau-lichkeiten und Gerätschaften der Alltagskultur gibt. In diesemZusammenhang habe ich mehr als 220 Bezeichnungen im An-hang zusammengetragen, die diesen für viele peinlichen und un-aussprechlichen Ort und die damit zusammenhängengendenEinrichtungen und Verrichtungen beschreiben.

Es gibt zu diesem Thema mehr kulturgeschichtliche, volks-und heimatkundliche, wissenschaftliche, literarische und ökolo-gische Veröffentlichungen als man spontan glauben möchte. Stetshaben die Intimität des Vorgangs einerseits und die Unausweich-lichkeit und Notwendigkeit der Verrichtung andererseits Litera-ten, Journalisten, Architekten, Baumeister, Ärzte und andereWissenschaftler herausgefordert, einige der anstehenden Fragenzu beantworten und die daraus resultierenden Probleme durchbauliche Konstruktionen in den Griff zu bekommen. Ist die Erfin-dung des Wasserklosetts wirklich die des Engländers Sir JohnHarrington im 16. Jahrhundert? Gab es nicht schon bei antikenHochkulturen Hygienekonzepte, die sanitärtechnische und mo-derne Komfortlösungen vorweggenommen haben? Wie sah dasPlumpsklo mit Herz wirklich aus? Das Häuschen rechts ausHösseringen war zur Bauzeit 1911 mit seiner Grube sehr modern.Dieses und vieles mehr ist Thema der folgenden Ausführungen.

Nehmen Sie sich ein wenig Zeit für diesen Rückblick und ver-gessen Sie Ihre Vorbehalte, sofern Sie solche besitzen. Ein Leit-spruch der Römer kann Ihnen dabei behilflich sein: »NatürlicheDinge sind nicht unanständig«.

Mila Schrader, Suderburg-Hösseringen, im März 2003

6 |

Die Not mit der Notdurft: Hygiene und Sanitärtechnik im Rückblick

Für viele gehört das Thema Essen und Trinken zum Schönstenund Wichtigsten im Leben, und die Zahl der Kochbücher undGetränkeführer für Genießer ist heute groß. Beides sind kulturel-ler Genuss in ihrer höchsten Vollendung und mehr als nur reineNahrungsaufnahme. Dies wird durch blumige Wortschöpfun-gen, durch zauberhafte Textkompositionen und durch exquisiteFotos in opulenten Bildbänden dokumentiert.

Doch wie steht es mit dem, was man kurz als Verdauung undAusscheidung bezeichnet? Badezimmer sind heute keine kargenÖrtlichkeiten mehr, sondern Oasen der Entspannung und desWohngefühls. Wenn man Bildbände über Bäder durchblättert, soentdeckt man, dass in ihnen das Bauelement Toilette oder dasUrinal nur höchst selten abgebildet werden. Im Mittelpunkt ste-hen Badewanne – modern oder mit Löwentatzen – und Wasch-becken mit vielfältigen Armaturen, strahlende und glänzendeWände und Böden aus Fliesen, Naturstein oder auch aus nostal-gisch patiniertem Holz und eine Fülle von innenarchitektoni-schen Details zur Aufbewahrung und als Stauraum. Für die Toilette ist optisch kein Platz mehr. Mit dem Rauschen der Was-serspülung werden heute die Exkremente der Anonymität preis-gegeben. Schamgefühle verbieten ein geselliges Beisammensein– es ist peinlich, darüber öffentlich zu sprechen und heikel bislächerlich, wenn man dieses Thema diskutieren möchte. Der folgende Gang durch die Kulturgeschichte der Hygiene und Sa-nitärtechnik wird zeigen, dass dies nicht immer so war.

Der tägliche Umgang mit dem NotwendigenEs gehört zu den Naturgesetzen, dass Mensch und Tier die Re-ste der Nahrung, die vom Körper nicht mehr verwertet werdenkönnen, ausscheiden. Diese täglichen Verrichtungen sind eineNotwendigkeit, der sich niemand entziehen kann. Die Fachspra-che bezeichnet dies als Defäzieren und Urinieren, die umgangs-

| 9

Verfallenes bäuerliches Plumpsklo, Idylle von Jauche, Mist und Tieren, beidem die Gerüche dieser Örtlichkeit ohne Phantasie nachvollziehbar sind.

den Hof hinunter. Goethe fragte: »Dove?« Und er antwortete: »Daper tutto, dove vuol«, also überall, wo ich wolle. Etwas anders for-mulieren es die Mecklenburger. Hier kennt man noch heute dieRedensart. »Ick bün gliks werrer dor, ick will bloots eis na dei Pier ki-ken.« (Bin gleich wieder da, muss nur zum Pier schauen.) Die Ent-sorgung in der Natur war jahrhundertelang Normalität, und dieswar so lange kein Problem, wie es sich um kleine Mengen han-delte. Wenn aber Mensch und Tier auf engem Raum gemeinsamlebten, wenn Wohnräume und Gewerbe nebeneinander lagen,wenn es weder Wasserleitungen noch Abwasserkanäle gab undaller Müll mangels anderer Lösungen einfach auf die Straßen ge-kippt wurde, dann wurde Unrat zum Problem.

Wenn man heute z.B. die Situation in den mittelalterlichenStädten realistisch beurteilen will, so muss man wissen, dassder Gestank allgegenwärtig war. Die Abwasser- und Abfallproble-me gingen in der vorindustriel-len Zeit von den einzelnenHaushalten, von dem Gewerbeund von der Landwirtschaftaus, die in den Städten buntgemischt nebeneinander ange-siedelt waren. Jeder erduldeteden Gestank seiner eigenenJauchegrube und die seinesNachbarn ebenso wie denLärm, die Gerüche, den Rauchund den Schmutz von Hand-werkern und Gewerbetreiben-den. Die Tiere wurden auf derStraße geschlachtet oder ver-endeten dort, die Nachttöpfewurden auf der Gasse entleert,Kübel mit Küchenabfällenebenfalls. Die städtische Tier-haltung trug mit ihrer Mistpro-duktion zur Verschärfung die-ses Konflikts bei.

| 1 1

sprachlichen Begriffe sind hinlänglich bekannt. Die Summe derAusscheidungen sind Fäkalien, die sich aus Kot aus dem Darmund Urin aus der Blase zusammensetzen. Die Probleme, die alsFolge der Verdauung entstehen, sind vielfältig. Zu ihnen gehörendie Themen des Wo und Wie ebenso wie die nach der Entsor-gung, die sich auf die schlichte Frage reduziert: »Wohin so schnellwie möglich mit dem Dreck?«

All diese Fragen beantwortet die Geschichte des Klosetts, inderen Mittelpunkt jahrhundertelang das Plumpsklo stand, einTrockenklo ohne Anschluss an Wasserleitung und Kanalisation,bevor es – zumindestens in unseren Zivilisationen – von demKlosett mit Wasserspülung verdrängt wurde.

Die Notdurft: Gestank und Unrat Die Peinlichkeit der Ausschei-dung sind neben der Geräuschkulisse vornehmlich der Gestankund die Entsorgung der Überreste. Über erstere konnte MartinLuther noch derbe Witze machen: »Warum rülpset und furzet Ihrnicht? Hat es Euch nicht geschmecket?« Heute hilft in vornehmenÖrtlichkeiten eine dezente Musikkulisse aus dem Lautsprecher.Wesentlich bedeutsamer sind jedoch die Ausdünstungen, dieunser Sinnesorgan Nase wahrnimmt und die allgemein als Ge-stank bezeichnet werden. Auch hier hatte Martin Luther dasrechte Wort: »Schmeckt’s gut in der Küche, schmeckt’s um so üblerim Abtritt.«

Doch wie stellt man’s an? Als die Erfindung des Wasserklo-setts noch in weiter Ferne stand, blieb den Menschen nur dasLoch in der Erde. Wie die reinlichen Katzen bedeckten sie ihrenKot mit Erde oder Buschwerk, danach tat die Natur ihr Übriges.Ähnlich formuliert es das Alte Testament (Moses 5, Vers 23):»Und du sollst draußen vor dem Lager einen Ort haben, wohin duzur Not hinausgehst. Und sollst eine Schaufel haben; und wenn dugesessen hast, sollst du zuscharren, was von dir gegangen ist.«

Das Klo war überall, so wie Italiener noch heute sagen, wennsie nach dem gewissen Örtchen gefragt werden und theatralischin die Landschaft zeigen: »Tutti gabinetti!« Dies musste auchGoethe erfahren, als er auf seiner Italienreise durch Torbole kamund bemerkte, dass ihm eine höchst nötige Bequemlichkeitfehlte. Als er den Hausknecht um Hilfe bat, deutete dieser auf

10 |

Mittelalterliche Straßenszene, die aber nochbis ins 18. Jahrhundert üblich war: Die Entsor-gung des Nachtgeschirrs durchs Fenster.

Der Düngewert der Abfälle war eines der größten Hindernis-se, um im 19. Jahrhundert die Entsorgung der Toiletten und Ab-wässer über eine flächendeckende Schwemmkanalisation durch-zusetzen. Da das Spülwasser die wertvollen Nährsalze aus denReststoffen laugte, wurde die Qualität der Abtrittstoffe vermin-dert. Deshalb entschied man sich z.B. beim Pariser Entsorgungs-system für ein mobiles Kübelsystem, bei dem mit einem Sieb diefesten Stoffe im Inneren des Kübels gehalten wurden, währendnur der Urin und allenfalls das Spülwasser in die Kanalisationflossen. Dadurch ging kein wertvoller Dungstoff verloren und dieGewässer wurden entlastet. Erst mit der zunehmenden Verfüg-barkeit von Kunst- und Handelsdünger für den Landwirt hat die-ses Argument an Überzeugungskraft verloren.

Als wir 1988 in die Lüneburger Heide in eine ehemalige Dorf-schule zogen, erzählte man mir beim Besichtigen der Schulkloseine Anekdote aus dem hiesigen Schulleben: Der Sohn eines derärmsten Bauern durfte noch in den 1960er Jahren nicht dasSchulklo aufsuchen, sondern musste stets im Fall solcher Fälle

nach Hause laufen. Der Inhaltder Grube war wertvoll, dennfür künstlichen Dünger hatteder Heidjer kein Geld.

Die Art der Verrichtung: Stehen,Hocken oder Sitzen? Eine Ty-pologie der Aborte unterschei-det zunächst nach der Körper-haltung des Stehens, Hockensoder Sitzens zwischen Steh-,

Hock- und Sitzabort. Diese Differenzierung ist weniger eine Fra-ge des Geschlechts, denn auch Frauen können im Stehen pin-keln, aber zum Kacken empfiehlt sich bei beiden Geschlechterneine hockende oder sitzende Stellung, wenn man sich nichtmehr als notwendig besudeln will. Übrigens: Das umgangs-sprachliche Wort Kacken weist auf das lateinische Wort cacare =besudeln hin, während der heute schon selbst in TV-Talkshowsund bei Kleinkindern übliche Vulgärbegriff Scheißen sich ausdem mittelhochdeutschen schîzen und dem indogermanischen

| 13

Das tägliche Geschäft: Fäkalien als Wertstoff Es ist heute fastvergessen, dass Exkremente nicht nur eine stinkende Last sind,sondern in Form von Urin, Mist und Jauche ein Vermögen seinkönnen. Die Diskussion über Entsorgungssysteme vom Mittelal-ter bis in die Neuzeit machen den Interessenkonflikt von Lastund Reichtum immer wieder deutlich.

Vielen ist der Ausspruch bekannt: »Pecunia non olet« oderauch »Geld stinkt nicht.« Er geht auf den römischen Kaiser Vespasian zurück, der im Zuge seiner Herrschaft von 69 bis 79 n. Chr. das Aufstellen von Urin-Amphoren durchsetzte unddiese dann besteuerte. Für die wollenen Gewänder der römi-schen Kaiserzeit war die Urinwäsche selbstverständlich. Mitdem Fett und dem Talg, der sich in den verschmutzten Kleidernangesammelt hatte, bildete der etwa 10 Tage gelagerte Urin aufAmmoniakbasis eine Seife, die eine starke Reinigungswirkungentfaltete. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war die Urinwä-sche in Tuchfabriken in Österreich und Schlesien üblich. Des-halb hatte jeder Tuchmacher ein so genanntes »Pissfatt« auf demHof stehen, in das jeder Arbeiter urinierte.

Abgestandener Urin war z.B. auch für das Gerbereihandwerkein äußerst wertvoller Rohstoff. Man reinigte und enthaarte da-mit die von Fleisch- und Schmutzresten befreite Tierhaut, bevorman sie je nach Verfahren entweder in eine Eichenlohe aus Gerbrinde oder in eine ätzende, mineralische Kali-Alaunlösunglegte.

Wenn man vom stinkenden und schmutzigen Mittelalterspricht, dessen Straßen man nur mit speziellem Schuhwerk be-treten konnte, muss man wissen, dass der Mist, also die anStreumaterial wie z.B. Torf, Heu oder Stroh gebundenen tieri-schen und menschlichen Fäkalien, im späten Mittelalter einegroße wirtschaftliche Bedeutung besaß und somit seine Eigen-schaft als Quelle von Schmutz und Gestank in den Hintergrunddrängte. Vor allem als Dünger diente der Stadtmist zur Bewirt-schaftung der Felder, und es wurde damals kaum zwischen länd-lichem Mist und dem in der Stadt gewonnenen Fäkaldünger un-terschieden. Allerdings gab es auch Gemeinden und Städte, diees sich leisteten, den ganzen Abfall in den Fluss zu kippen oderdamit aufgelassene Brunnen aufzufüllen.

12 |

Mittelalterliches Schamgefühl:ganz anders als heute.

| 1 5

skhid ableitet, was mit der Tätigkeit des Ausscheidens zu tun hat.Die damit verbundenen Assoziationen mit Schmutz und Ge-stank, Scham und Ekel waren wortmäßig so stark, dass ihre An-wendung lange Zeit als ein Tabu galt.

Das Steh- oder Hockklo, bei dem sich lediglich im Boden ei-ne Öffnung befindet, in welche die Ausscheidungen fallen, ist ei-ne einfache Vorrichtung, die sich nicht nur bei Naturvölkern bisheute erhalten hat, sondern auch noch in vielen südlichen undöstlichen Ländern Europas zu finden ist. Für den Sitzkomfortsind weitere Vorrichtungen nötig. Die einfachsten Hilfsmittelsind ein hölzerner Sitzbalken oder eine Sitzleiste, die meist zwi-schen zwei Stützgabeln aufgelegt sind. Im Volksmund wird diesplastisch mit Donnerbalken beschrieben. Eine Weiterentwick-lung des einfachen Balkens war ein Brett mit einer oder mehre-ren Öffnungen, entweder kreisrund oder oval, aber auch mitanatomischen Ausformungen. Hierfür bürgerte sich die Bezeich-nung Sitzbrett oder auch Brille ein.

14 |

Menschlichkeit: Scham und Öffentlichkeit Mit Ausnahme derToiletten in Kindergärten kennen wir heute kaum noch mehrplät-zige Toilettenanlagen, bei denen sich mehrere Benutzer denRaum teilen und sich unterhalten. Und auch das Zusehen undDabeisein gilt mit Ausnahme bei Kindern und Kranken als un-schicklich. Nach dem gemeinsamen Besuch des FKK-Strandesoder der Sauna ist in der Regel Schluss mit lustig, der Gang zumStillen Örtchen erfolgt allein und möglichst unbeobachtet. Dieswar nicht immer so und dabei sind wir beim nächsten Thema,der Frage nach der Geselligkeit und Schamhaftigkeit. Das schö-ne mittelalterliche Wort »Sprachhuset« oder »Sprachhäusel« aufder einen Seite und »Stilles Örtchen« und »Privet« auf der ande-ren Seite macht diesen Spannungsbogen deutlich. Im Laufe desMittelalters kam es zu einem Wandel der Sitten, der in den Wor-ten wie »Heymlichkeit« seinen Ausdruck fand.

Ganz zwanglos ließen sich die Römer während der Gastmah-le die Nachtgeschirre herantragen und bedienten sich ihrer. Beiden öffentlichen altrömischen Latrinen der Amphitheater warenmeist bis zu 25 Sitze im Kreis angeordet. Am Hof des norwegi-schen Königs Olaf I. (995 - 1000 n. Chr.) gab es eine 22-plätzigeGemeinschaftslatrine.

Die unverblümten mittelalterlichen Darstellungen zeigen,dass es im Mittelalter beim Verrichten der Notdurft zunächstnoch keine Geheimnisse und Schamgefühle gab. Dies belegenviele Textbeispiele und Abbildungen. Bei der Wertung dieser ausheutiger Sicht oft drastischen Darstellungen ist zu berücksichti-gen, dass im späten Mittelalter die Kotschmiererei ein vielge-brauchtes Mittel war, um Unwillen und Protest in zwischen-menschlichen Diskussionen zum Ausdruck zu bringen. Werkennt nicht die Episode von Till Eulenspiegel aus dem Jahr 1515,in der dieser mit einem Häufchen Scheiße die Scham seiner Mit-menschen herausfordert und damit einen bösen Zauber oder ei-ne Verwünschung ausspricht. Ähnliche Zielsetzungen verfolgenGebärden wie das Vorzeigen des Gesäßes, die auch in der jüng-sten Geschichte als ein Protestmittel zu werten waren.

Die römischen Gemeinschaftslatrinen überlebten im Mittel-alter als antikes Erbe, wenn auch ohne Marmorsitze und zuneh-mend mit Trennwänden. Typisch hierfür ist z. B. die Sitzanordnung

Plumpsklo mit drei Sitzen für die ganze Familie, ein Ort für gesellige Gespräche. Wolfenlehen in Bayern.

Innerhalb der Familie gab es noch bis ins 19. Jahrhundert Ge-meinschaftssitze. Die Scham entwickelte sich somit regionalund zeitlich sehr unterschiedlich. Auf dem Lande war das Gefühlder Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft durch die gemein-same Arbeit und durch die Verbundenheit mit der Natur deutlichstärker ausgeprägt als in der Stadt, also genierte man sich nicht,auf dem Klo gesehen zu werden. Man suchte gern die Örtlichkei-ten gemeinsam auf. Besonders dann, wenn das Klo weit ab vomWohnhaus war. Auf einem Doppelsitzer konnte man dann neben-einander Platz finden und die Zeit mit angeregten Gesprächenverkürzen.

Seit dem Mittelalter benutzte man für das räumlich abge-schlossene Klo auch romantisierende Begriffe wie HeymelichGemach, Privet, Retirade, Appartement. In die gleiche Richtungzielt das Wort Toilette. Es stammt von dem französischen Worttoîle = Tuch ab, das man als Sichtschutz verwendete. Und auchdas sehr häufig benutzte Wort Klo oder Klosett weist auf diesenUmstand hin. Aus der englischen Sprache abgeleitet, weist »Clo-sed« auf den umschlossenen, verborgenen Raum hin.

Intimreinigung: Von Bürste und Heu zu Klopapier und DuscheDie Quellen über die intime Reinigung des Körpers nach Verrich-tung der Notdurft sind äußerst gering. Von den römischen Latri-nen, die bereits einen hohen hygienischen Standard besaßen,wird berichtet, dass sich die Benutzer mit einem an einem Stock

| 17

in der Latrine des Klosters Durham aus dem Jahr 1662. Jeder Toi-lettensitz war nunmehr an drei Seiten von Holzwänden umge-ben, so dass die Benutzer einander nicht mehr sehen konnten.In den Klostern des Mittelalters saßen die Mönche noch aufge-reiht nebeneinander, sie hatten allerdings die Möglichkeit, ihreIdentität hinter der Kapuze zu verstecken. Das Miteinander aufdem öffentlichen Klo galt in der Regel nur für Personen des glei-chen Geschlechts.

Im 16. Jahrhundert wurden selbst in theologischen Abhand-lungen die Worte »schissen« und »brunzen« verwendet. Erst mitder Einführung neuer Anstandsregeln begann man, zwischen an-ständigen und unanständigen Dingen zu unterscheiden. Begriffewie z. B. Fäkaliengrube wurden nur noch mit dem Vermerk s. v.(salva venia, mit Erlaubnis zu sagen) oder s. h. (salvo honorem, un-beschadet der Ehre) verwendet. Seitdem sprach man auch klau-suliert von »Notdurft verrichten«. Parallel dazu nahmen seit dem 17. und 18. Jahrhundert die diskreten Abortkabinen zu, bei deneneine Schamwand und später auch eine Tür die Sicht versperrten.Der Begriff »Secret« ist hierfür typisch. Zuweilen gab es auf demLand seltsame Verschläge für die Abortgruben, die nur das Ge-sicht verdeckten, nach unten aber jeden Einblick ließen.

16 |

Das Klosett, den Blicken Fremder verborgen: Türen, Riegel und Klopapier waren nicht immer eine Selbstverständlichkeit.

Mai 1632, Hochzeitsreise von Philipp III. von Hessen-Butzbach nach Aurich:Luxus für zwei Hofdamen und einen Bereiter auf dem Stillen Örtchen.

Um 1880 wurde in Deutschland das erste Toilettenpapier in-dustriell hergestellt, damals noch das einfache Papier aus einzel-nen Abschnitten, so wie es heute noch in Frankreich üblich ist.Das komfortablere Rollentoilettenpapier haben wahrscheinlichdie Amerikaner erfunden. Dieses Papier wurde in Deutschlandzuerst von der im Jahre 1896 in Deutschland gegründeten Depen-dance der British Paper Company Alcock & Co. fabriziert.

Noch Anfang der 1890er Jahre holte man das Papier aus Eng-land, weshalb die Installateure in ihren Anzeigen und Prospektenbetonten, dass sie auch Toilettenpapier im Angebot hätten. Erstnach 1900, etwa zeitgleich mit der flächendeckenden Einführungdes Wasserklosetts, war Toilettenpapier zu einem Artikel für dentäglichen Gebrauch geworden. Für das einfache Plumpsklo be-gnügte man sich noch lange Zeit mit geschnittenem Zeitungspa-pier, das man in handlichen Abmessungen auf einen Haken ander Wand spießte. Die Crux dabei war nur, dass man die Fortset-zung des Artikels oft nicht mehr finden konnte, da sie der Vorgän-ger schon verbraucht hatte... Heute bietet die SanitärbrancheFeuchttücher und sogar Toiletten mit eingebauten Duschen undWarmluftfön an.

Reinigung der Abortanlage und Entsorgung der Fäkalien Werheute z. B. die Rastpätze an stark frequentierten Straßen oderGaststätten nach öffentlichen Veranstaltungen aufsucht, weiß,dass das Problem der Verunreinigung primär in der Menge undin der Anonymität zu suchen ist. So ist es nicht verwunderlich,

| 19

befestigten Schwamm und Salzwasser reinigten, die in einem Eimer bereit stand. Ein Wassereimer oder eine Wasserrinne vorder Latrine mit Frischwasser diente z. B in der Antike zur Hand-reinigung. Im Illustrierten Baulexikon von Oskar Mothes wirdum 1855 bei den unterschiedlichen Begriffen für den Abort auchvom heute etwas drastisch klingenden »Arschspühlkämmerlein«berichtet, der auf diesen Reinigungsprozess hinweist.

Lange wurden für die Reinigung natürliche Materialien wieStroh, Moos und Gras verwendet, was auch für das Mittelalterverbürgt ist. Das Beschaffen von dürrem Gras oder Stroh war ei-ne alltägliche Aufgabe, für die jedermann selbst zuständig war.In gehobenen Kreisen war es allerdings schon damals üblich, fürdie Reinigung Stoffteile oder Stoffplätzchen zu verwenden. Mitdem Waschen durch andere verschoben sich erstmals dieSchamgrenzen, und die Distanzierung vom eigenen Schmutznahm ihren Anfang. Diese Anhebung der Scham- und Ekel-schwelle hat heute mit der Anonymität von Spülklosetts undflächendeckenden Kanalisationssystemen ihren vorläufigenHöhepunkt gefunden. Toilettenpapier kam etwa im 17. Jahrhun-dert auf. Die Selbstverständlichkeit, jederzeit ein Stückchen Pa-pier zur Verfügung zu haben, trug ebenfalls dazu bei, dass dasSchmutzige zunehmend tabuisiert wurde; zuerst in den höherenSchichten, danach in fast allen sozialen Kreisen.

18 |

Im Mittelalter dienten Heu und Stroh zur Intimreinigung. Diese Abbildung eines klöster-lichen Doppelsitzers im Freien um 1654 zeigt eine Raufe mit Stroh.

Vor der Erfindung des Rollenklopapierswurde Zeitungspapier auf solche Hakengespießt, entweder komplette Seitenoder auch kleine Stücke.

entwickelten Ländern üblich, den Misthaufen – oder auch denStall – aufzusuchen, wenn der Darm zwickt oder die Blasedrückt. Eigentlich für den Kot der Tiere bestimmt, fiel der Stuhl-gang der Menschen auf dem Misthaufen überhaupt nicht insGewicht. Auch die Nase hatte damit keine Probleme, denn anden Gestank von Kuh- und Schweinestall hatte man sich ebensogewöhnt wie an den von Jauchegrube und Misthaufen. Dies änderte sich auch dann noch nicht, als die Plumpsklos als ge-schlossene Häuschen den Bauernhof erreichten, denn auch siestanden meist auf der Jauchegrube oder neben der Miste. DerFortschritt waren mehr Sitzkomfort und Abschirmung von neu-gierigen Blicken.

Der Themenkomplex der Reinigung der Aborteinrichtungenund der Entsorgung der Fäkalien ist sehr vielfältig. Er umfasstnicht nur die unterschiedlichsten Entsorgungssysteme, sondernist auch Teil der gesamten Wasser- und Abwasserproblematikund kann daher in diesem Rahmen nur in seinen Grundzügenbehandelt werden. Je nach Bau der Abortanlage und deren An-schluss an eine Wasserleitung und/oder an ein Kanalisationssy-stem gibt es in der Kombination sehr vielfältige Modelle, wobeidas Sammeln in Behältern dem Wegschwemmen in Kanälen ge-genübersteht. Die Sanitärtechnik der vergangenen 5000 Jahre istein interessantes Kapitel der Haus- und Stadtentwässerung. DieZusammenhänge zwischen Hygiene, Gesundheit und Entsor-gungssystemen traten erstmals im ausgehenden Mittelalter mitden Geiseln der Menschheit Syphilis und Pest in den Mittel-punkt der wissenschaftlichen Diskussion und kulminierten im19. Jahrhundert in einem Wettstreit der Ärzte, Hygieniker undStadtplaner.

dass sich fortschrittliche Sanitärtechnik zunächst dort entwickel-te, wo sich viele Menschen an einem Ort zusammenfanden, diesich gleichzeitig auf einem hohen kulturellen Niveau befanden.Dies waren in der Antike die ersten Stadtstaaten am Indus, amEuphrat und Tigris, in Ägypten und im antiken Rom. Hier wur-den erstmals wassergespülte Abortanlagen mit Abwässer-kanälen realisiert. Im Mittelalter waren die Klöster Vorreiter inSachen Sanitärtechnik. Ihnen folgten die schnell wachsendenStädte, die mit der Industrialisierung im 19. und 20. Jahrhundertam stärksten mit deren Kehrseite konfrontiert waren. Für Paris,London und Berlin war es überlebenswichtig, die Abwasserfragein den Griff zu bekommen. Das Ziel war klar formuliert, doch eswar ungemein schwierig, aus einer Vielfalt von bautechnischenLösungen die richtige herauszufinden, sie zu finanzieren undschließlich auch in der Bevölkerung durchzusetzen.

Einfacher hatten es die Bewohner auf dem Land. In ländli-chen Gegenden war und ist es ebenso wie in armen und unter-

20 |

Die Zisterzienserklöster be-saßen eine vorbildliche Was-ser- und Abwasserregelung. Dazu gehörten auch zwei- undmehrplätzige Latrinen für Abtund Mönche.

Das Verteilen auf den Feldernwar eine der Möglichkeiten,Fäkalien in der Landwirtschaftzu nutzen.

Sanitärtechnik in alten Hochkulturen: Vom Zweistromland und Ägypten bis zum Indus

Die ältesten Zeugnisse sanitärtechnischer Erfindungen findensich im Zweistromland und Ägypten, auf der Insel Kreta, bei denInduskulturen in Asien und in den Städten der griechischen undrömischen Antike. Bereits hier beweist das Sprichwort »Je mehrKloaken, umso gesünder ist die Stadt« seine Richtigkeit.

Kulturen im Zweistromland und Ägypten Es ist nicht einfach,im Detail nachzuweisen, wo und wann die Geschichte der Haus-und Stadtentwässerung anfing. Aber es scheint gesichert zusein, dass das Zweistromland nicht nur die Wiege für viele ande-re bautechnische Errungenschaften war, wie z.B. die der Bauke-ramik, sondern auch im sanitären Bereich seine Stellung alsHochkultur unter Beweis gestellt hat.

Diese Entwicklung fand in der Zeitspanne von etwa 3500 -500 v. Chr. statt. In der nordsyrischen Ortschaft Habuba Kabiraam oberen Lauf des Euphrats wurden bei Grabungen in den1960er und 1970er Jahren die wohl ältesten Rohrsysteme gefun-den. Sichtbar wurden drei Leitungstypen: Rechteckige Gräbenmit Seitenwänden aus Kies, Lehm und Kalksteinen, kleinere Rin-nen mit U-förmigem Querschnitt aus gebranntem Ton undschließlich Muffenrohrleitungen mit unterschiedlich weiten En-den, die zu langen Leitungen aneinander gefügt werden konn-ten. Die Sammelkanäle der Abwässer wurden aus dem Hausnach draußen geleitet oder auch innerhalb des Grundstücks zurVersickerung gebracht. Es gab aus Ziegelsteinen gemauerteSickerschächte – oder auch solche aus Tonringen mit mehr alseinem Meter Durchmesser – mit daran anschließenden Absetz-becken für die Feststoffe, mit Klärbecken und Faulkammer, diemiteinander durch Verbindungsröhren und Überlaufbecken kom-

| 23

Römische Gemeinschaftslatrine im nordafrikanischen Leptis Magna, heute in Lybien gelegen: Die Anlagen waren mit ihren massiven Marmor-sitzen nicht nur repräsentativ, sondern mit ihrer Wasserspülung auch hygienisch und sauber.

fielen in einen Behälter – Eimer oder Vase –, der danach fortge-tragen wurde. Besonders komfortabel waren die anatomisch ge-formten Sitzplatten aus Keramik oder Kalkstein, die nach hintengerundet waren und nach unten einen Schlitz hatten.

Im Palast von Mari im Zweistromland wurden aus der Zeitum 1757 v. Chr. ovale Badewannen aus gebranntem Ton gefun-den. Die Abtritte befanden sich meist im gleichen Raum und wa-ren entweder zum Stehen oder Hocken angelegt. Zwischen zweiaus Ziegelsteinen gemauerten Tritten verlief eine Ablauffurche.Die Entsorgung erfolgte entweder direkt in eine Sickergrube un-ter dem Badezimmer oder über einen Kanal, der nach draußenführte.

Die Babylonier kannten im 6. Jahrhundert v. Chr. vornehm-lich Hockaborte. Man stand auf einer Steinplatte mit Schlitz, vor

einer Rückwand, die schrägnach unten verlief und dafürsorgte, dass nichts danebenging. Während sich bei einfa-chen Häusern unter dem Ab-tritt lediglich ein Sickerschachtbefand, genossen die Reichenden Komfort des geringerenGestanks. Ihre Aborte warenunmittelbar an eine Abwasser-leitung angeschlossen, die überKanäle in Gruben außerhalbdes Hauses geleitet wurde.Falls der private Grund für die-sen Luxus nicht mehr ausreich-

te, wich man auf öffentliche Straßen und Plätze aus, weshalb Ba-bylon zu den ersten Städten mit öffentlichen Bedürfnisanstaltenzählt.

Indus-Kulturen: Klosett mit Wasserspülung Die Induskultur giltals die früheste städtische Zivilisation, die sich in der Zeit zwi-schen 5000 und 3000 v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Paki-stan und Indien in der Gegend nördlich von Bombay im Tal desIndus entwickelte. In der Zeit um 2500 bis 1500 v. Chr. gab es

| 25

munizierten und hiermit vieles der modernen Kläranlagen vor-wegnahmen.

Im Nordpalast von Tell Asmar, etwa um 2350 v. Chr. erbaut,fand man im Palastgebäude mindestens sechs Sitzklosetts undfünf Waschplätze mit Anschluss an einen Kanal. Die Spülung derSchüssel erfolgte per Hand mit einer Schöpfkelle. Und einfacheHockabtritte schützten im 13. Jahrhundert v. Chr. die Tempel vorder Verschmutzung. Solche Hockabtritte fanden sich auch in är-meren Häusern in Ur.

Aus der ersten Dynastie Ägyptens (um ca. 2900 v. Chr.) wirdberichtet, dass bei den Mahlzeiten mit dem König Diener mitgoldenen und silbernen Vasen als Sammelgefäße für Ausschei-dungen herumgingen, in die die Gäste sich erleichterten. Die ältesten Funde von realen Toiletten befinden sich in der StadtKahun und stammen etwa ausder Zeit von 1897 bis 1878 v.Chr. In der Zeit von 1364 bis1347 v. Chr. ließ König EchnatanTell el-Amarna als neue Haupt-stadt nach Theben errichten,die kurz danach als Ruinen-stadt zerfiel. Viele Zeugnisseder damaligen Baukultur sinderhalten geblieben, darunterauch sanitäre Einrichtungen. Esgab Bäder mit einem Abtritt, diedurch eine Schamwand vonein-ander optisch getrennt waren.Der Waschplatz war ein flachesSandstein- oder Kalksteinbecken auf einem Podest, auf demman sich mit Güssen reinigte. Das Wasser floss dann entwederüber einen Überlauf in ein Auffangbecken oder bei anderen Plät-zen in einen Topf, den man zur Entsorgung wegtrug. In einemGrabmal wurde auch ein hölzerner Toilettenstuhl gefunden, derhandwerklich und funktionell genau so wie ein Leibstuhl des 18.und 19. Jahrhunderts in Europa anmutet.

Die aus Ziegelsteinen gemauerten Aborte waren nicht an eineGrube oder eine Kanalisation angeschlossen. Die Exkremente

24 |

Sitzklo in Armano, 14. Jahrhun-dert v. Chr. Gesammelt wurde ineinem darunter gestellten Eimer.

Klosettbrille mit angepassterSitzform in Armano, 14. Jahrhun-dert v. Chr. in Mittelägypten.

Die Hygiene und Entsorgung in Griechenland war zunächsteher einfach. Wie in den Versen von Hesiod um 800 v. Chr.nachzulesen ist, war auch hier die freie Natur der typische Ortfür die Notdurftverrichtung. Allerdings durfte man dabei nichtdie Götter beleidigen, also nicht sein Antlitz zur Sonne wendenoder kostbares Quellwasser beschmutzen. Kanalisationsleitun-gen waren zunächst noch unbekannt, frisches Wasser wurde inKübeln ins Haus getragen, Abwasser wieder in anderen Kübelnherausgetragen. Die tragbaren Vasen für das Sammeln der Fäka-lien wurden skaphia genannt. Dieser Zustand änderte sich erst,als man die fortschrittliche Badekultur der islamischen Völkerkennen gelernt hatte. Nach dem Bau von Brunnen und Zisternentauchten um 560 v. Chr. erste Wasserleitungen aus Kalkstein auf,später auch aus Tonröhren, sowie Druckleitungen aus Blei oderTon im Rahmen der Fernwasserversorgung mit Brunnenhäu-schen. Die Abtritte befanden sich zu griechischer Zeit meist inKüchennähe und wurden aphedron genannt.

An der Wende vom 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr. fand in derStadt Athen der Wechsel von Sickergruben zu einem Abwasser-kanalsystem statt, das noch heute in der Agora von Athen zu be-wundern ist.

z. B. in der Stadt Lothal ein Trennsystem für sauberes Fluss- undRegenwasser und ein anderes Kanalsystem, das die schmutzigenAbwasser transportierte. Diese wassertechnischen Bauten sindin ihrer handwerklichen Ausführung sehr perfekt ausgeführt.

Alle Häuser im Industal besaßen mindestens einen Raummit Ziegelpflaster mit erhöhten Rändern, Abflussrinnen undAusgussöffnungen, die ihn als Badezimmer kenntlich machten.In einigen von ihnen fand man auch ein Sitzklosett. Der Abtrittbestand aus zwei Mäuerchen mit einem dazwischen liegendenSchlitz, durch den die Ausscheidungen direkt in den Ausgussdes Waschplatzes fielen und mit dem gebrauchten Badewasserweggespült wurden. Zusammen mit dem Regenwasser derDächer gelangte dieses Abwasser über eine senkrecht verlaufen-de Vertiefung in der Außenwand in eine aus Ziegelsteinen ge-mauerte Sickergrube. Bei einfachen Häusern übernahm ein Ke-ramiktopf mit Löchern am Boden diese Funktion. Auf dieseWeise wurde der gröbste Schmutz herausgefiltert und getrenntentsorgt, bevor das Abwasser in die Straßenkanalisation floss.Die verschiedenen Straßenkanäle führten zu Senk- und Sicker-gruben, die bei Bedarf geleert wurden.

Sanitärtechnik in der griechischen und römischen Antike:Vasen und Cloaca MaximaDie griechische und römische Antike, die die Zeitspanne von et-wa 2200 v. Chr. bis 600 n. Chr. umfasst, nahm ebenfalls vielemoderne Errungenschaften in der Sanitärtechnik vorweg.

Kreta und Griechenland: Vasen, Kanäle und Abtritt in der KücheDie minoische und mykenische Kultur in der Ägäis mit ihrenprachtvollen Tempeln aus der Zeit um 2000 v. Chr. besaß einehoch entwickelte Sanitärkultur. Ein herausragendes Beispiel istder Palast von Minos auf Kreta, dessen Abwasserentsorgungüber steinerne Kanäle erfolgte. Rekonstruktionen der Toiletten-anlagen ergaben, dass sich vor dem Abtritt der Einlauf für eineWasserspülung befand. Diese Leitung war so angelegt, dass dasWasser genau den Bereich reinigte, wohin die Fäkalien aus demKlosett in einen Nebenkanal plumpsten. Von hier aus verteiltesich das Abwasser in ein größeres Sammelbecken.

26 |

Im 4. Jahrhundert v. Chr. fand in Athen der Wechsel von Sickergruben zur Kanalisationstatt. Diese Leitungssysteme sind heute noch in der Agora zu bewundern. Links einHauptsammelkanal aus Marmor, rechts eine Wasserführung mit keramischen Platten,die im Hintergrund mit großen Steinen abgedeckt ist.

an die 150 öffentliche Bedürfnisanstalten gezählt. Vespasian ließz.B. an der aurelianischen Mauer 116 Abtritte einrichten, wes-halb in Frankreich diese Pinkelstände heute noch vespasiennesheißen.

Alle diese Annehmlichkeiten setzten eine leistungsfähige Sa-nitärtechnik voraus. Sie wurde in Rom mit der Cloaca Maximarealisiert, die heute noch teilweise in Funktion ist. Ursprünglichwurden die Abwässer um 400 v. Chr. unmittelbar in den Fluss Ti-ber geleitet. Erst als die Bevölkerung und mit ihr die Menge derAbwässer stark anwuchs, wurde der begradigte und kanalisierteFluss um 200 v. Chr. mit einem mächtigen Gewölbe überbaut,dessen Quadersteine bis zu 1,0 m breit, 2,5 m lang und 0,8 mhoch waren. Diese Überdeckung wurde im Mittelalter und in derNeuzeit verschiedentlich restauriert und nimmt auch heute nocheinen Großteil der römischen Gewässer auf. Daneben gibt essechs weitere Sammelkanäle zum Tiber, die am Sockel aus Tuff-stein und Travertin (Kalkstein) und aus römischem Beton (opuscaementitium) mit Ziegelsteinen aufgemauert wurden.

Die Bezeichnung Cloaca Maxima hatte ursprünglich keineanrüchige Bedeutung. Im Gegenteil: Über dem Kanal gab es so-gar einen Tempel, der den Namen Venus Cloacian erhielt; Fortunawar die Schutzgöttin der Latrinen. Erst die späteren prüdenchristlichen Kirchenmänner verdammten die Verbindung einerGottheit mit einem Schmutzwassergerinne und zogen den Rufder Kloake in den Schmutz.

| 29

Römische Sanitärtechnik: Öffentliche Latrinen und die Cloaca Maxima Mit öffentlichen Bädern, Thermen und ausgeklügeltenAbwassersystemen sorgten die Römer mit einem Aufwand fürdie Volksgesundheit, der bis dahin unbekannt war. Zwei Leit-sprüche kennzeichnen dieses Geisteshaltung: »In einem gesun-den Körper wohnt ein gesunder Geist« und »Natürliche Dinge sindnicht unanständig«.

Da also für die Römer die Zusammenhänge zwischen guterVerdauung und Ausscheidung, zwischen körperlichem Wohlbe-finden und schöpferischen Gedanken sehr bedeutsam waren,war die Notdurftverrichtung kein intimes, privates Anliegen,sondern wurde in der Gruppe ausgeübt. In einfachen Mietshäu-sern benutzte man Nachttöpfe – die Nachtvasen –, deren Inhaltman meist durch das Fenster entleerte. Viele Häuser besaßen je-doch schon eine Frischwasserzuführung und abwassertechni-sche Einrichtungen, wobei die Feuerstelle der Küche und der Ab-tritt meist im selben Raum untergebracht war. Dadurch ließensich die Küchenabfälle und die Fäkalien in einem gemeinsamenAbfallrohr beseitigen, was unter bautechnischen Gesichtspunktensehr praktisch war.

Die Bezeichnungen für den Abort waren sterquilinium (vonlat. stercam Kot) oder für Abort abitorium (von lat. ab-ire abtreten),während sich die Bezeichnung latrium und latrina von lavatrina(lat. Waschraum) ableitet. Sie finden sich zuerst bei Plautus (180 v. Chr.) und später auch bei dem Kaiserbiographen Sueton(120 n. Chr.).

Schönes Design und hautangenehme Materialien waren inrömischer Zeit nicht unbedingt ein Luxus. Viel zitiert werden indiesem Zusammenhang die öffentlichen Aborte auf dem Markt-platz von Timgad, einer Stadt im alten Numibien, dem heutigenAlgerien, die im 1. Jahrhundert n. Chr. von den Römern gegrün-det worden war. Die Latrinen waren nicht nur zweckdienlich,sondern in der Ausstattung fürstlich ausgestattet. Von den zweiRäumen war das Pissoir von der Straße begehbar, während derandere Raum 25 Marmorsitze von etwa 60 cm Breite aufwies.Diese besaßen Armlehnen in Delphinform. An anderen Ortenwaren die Sitze auch aus Kalkstein. Die öffentlichen Latrinen ver-breiteten sich schnell in ganz Rom. Um 300 n. Chr. wurden bereits

28 |

Öffentliche, von den Römern in Dougga/Tunesien im 1. Jahrhundert n. Chr. gebaute Latrine.– die latrinae publicae. Unter den Marmorbänken befand sich eine Dauerspülung. Die Intim-reinigung erfolgte mit Frischwasser, das in der Spülrinne zu Füßen der Benutzer bereitstand.

Sanitärtechnik vom Mittelalter bis heute: Vom Heymelich Gemach zum WasserklosettDie Zeitspanne vom Mittelalter bis heute ist durch einen deutli-chen Wechsel der Hygienegewohnheiten und der Sanitärtechnikgekennzeichnet. Dabei sind starke Unterschiede zwischen densozialen Schichten, aber auch zwischen Stadt und Land zu beob-achten. Auf dem Land ging man noch im 20. Jahrhundert auf dieMiste oder auf ein einfaches Plumpsklo, benutzte im Haus denNachttopf oder, wenn man es sich leisten konnte, den beque-men Nacht- oder Leibstuhl, während sich in den Städten und invornehmen Kreisen schon längst das Wasserklosett durchge-setzt hatte.

Klöster als Mittler von Antike zu Mittelalter:Gemeinschaftslatrinen Die Organisa-tion der Klöster und ihr Einfluss auf dieumliegenden Regionen waren in vielenkulturellen und handwerklichen Berei-chen spürbar. Insbesondere die Zister-zienserklöster gelten als Mittler zwischenden Idealen der Antike und denen desMittelalters. Ihre hygienetechnischen Ein-richtungen ähnelten denen der Römer:Von Bodenheizung über wassertechnischperfekt eingerichtete Bäder und 23 Latri-nen war hier alles zu finden.

Die Sprache der Mönche kannte fürden Sanitärbereich eigene, lateinischeBezeichnungen: necessarium (das Not-wendige), exitus necessarius (notwendigerAbgang) und requisitum naturae (Not-durft).

| 3 1

Oben: Solche frei stehenden keramischen Wasserklosetts konnten sich im 19. Jahrhundertnur wenige leisten.

Links: Abort einer Höfnerin in Gammertingen 1969 (bis 1968 noch benutzt).

Wie gefährlich andere Lösungen sein konnten, beweist eineSchilderung der Erfurter Peterschronik aus dem Jahr 1184, die al-lerdings erst 1899 veröffentlicht wurde. Demnach war KönigHeinrich, der spätere Kaiser Heinrich VI., am 26. Juli 1184 mitzahlreich erschienenen Fürsten und Herren in einem Saal dererzbischöflichen Burg zu Erfurt versammelt. Unter der Last derLandeshäupter brachen die schwachen und angefaulten Balkendes Sitzungssaales zusammen und das Schicksal wollte es, dasssich unter diesem Saal eine seit vielen Jahren nicht mehr geleer-te Kloake befand. In ihr fanden angeblich drei Fürsten, fünf Gra-fen, viele Edle und mehr als hundert Ritter einen jämmerlichenTod, während sich Heinrich gerade noch durch einen Sprungdurchs Fenster retten konnte. Soviel zu der Gefahr von Grubeninnerhalb von Burgen....

Als die Brüder des Deutschherrenordens 1343 in Marienwer-der ihr Schloss bauten, waren sie die ersten, die eine Abortanla-ge über einem fließenden Gewässer errichteten. Diese für dieEntsorgung sehr praktische Bauausführung hatte in der Folge-zeit viele Nachahmer. Man nannte sie Danziger, Danzker, Danz-ger, Danzk, Danzke oder Danske, benannt nach der vom Ordenerworbenen Stadt Danzig. Während sich die Turmfundamenteauf beiden Uferseiten befanden, floss das Gewässer unter derAbortanlage hindurch.

Hygiene in Stadt und Land: Öffentliche Bäder, Nachtgeschirr undHeymeliche Gemächer In einfachen Stadthäusern gab es imMittelalter ebenso wie auf dem Land zunächst noch keine Abort-einrichtungen. Wenn überhaupt, so gab es ein Stehabort mit ei-nem durch den Fußboden in die Tiefe gehenden Loch, das in ei-ner Grube endete. Oder die Abtritte waren an abgelegenenOrten nur über dunkle Stiegen zu erreichen und galten deshalbals unfallträchtige Orte. Im Spätmittelalter begann man, Grubenmit Brettern und Balken zu überdecken, sofern man sich dies lei-sten konnte. Diese Aborte in den Höfen der Städte mit ihren höl-zernen Klosettsitzen und Abtrittdeckeln ähnelten in ihrer Bau-weise denen, die später in den Bauernhäusern des 19. und 20.Jahrhunderts als sanitäre Revolution galten.

| 33

Hygiene auf Burgen und Schlössern: Aborterker, Abortnischen,Danzger und Lauben Auf mittelalterlichen Burgen und Schlös-sern lebten wie in den Klöstern viele Menschen auf engem Raumbeisammen, weshalb die sanitärtechnischen Lokalitäten vongroßer Dringlichkeit waren. Anstelle von Aborten mit Grubenhatte man sich hier etwas anderes einfallen lassen: Man brachtean den Außenmauern Aborterker an oder baute in Mauernischeneine schräg nach unten verlaufende Öffnung ein, durch welchedie Exkremente in direktem Fall nach unten plumpsten. Wennsie unten in einen Burggraben fielen, der in einen benachbartenFluss führte, umso besser. Und wenn sie dabei die Mauern be-kleckerten, war das für die damalige Zeit auch kein Manko. Ander Außenmauer wurden Aborterker so versetzt angebracht,dass sie einander nicht behinderten.

Diese wasserlose Lösung bestach durch ihre Einfachheit undBequemlichkeit. Die Aborte führten stets zu den stark belebtenRäumen der Burgen, zu Festsaal, Küche, Schlafzimmer oder Ka-pelle, Türen kannte man noch nicht. Ähnliche Lösungen ent-wickelten sich auch in öffentlichen Gebäuden und in Wehrstäd-ten, die von Mauern umgeben waren. Diese Erkerbauweise fandspäter auch in den Städten bei vornehmen Bürgern Anklang, wo-mit sie sich deutlich von den ebenerdigen Abortanlagen im Hofder gemeinen Bevölkerung unterschieden.

32 |

Burg Neuenburg in Freyburg an der Unstrut. Am linken Turm befinden sich zwei Aborterker.

Badestuben, Thron und Privet: Geselligkeit und Scham Öffent-liche Badestuben gehörten noch im frühen Mittelalter zu den be-liebten geselligen Beschäftigungen, bei denen es um mehr gingals um Körperreinigung. An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhun-dert ließ sich ein allgemeiner Niedergang des Badewesens beob-achten, der verschiedene Gründe hatte. Zum einen wetterten dieMoralisten gegen die Vergnügungssucht der Genießer und wur-den darin von den Verfechtern der Reformation und Gegenrefor-mation bestärkt. Das Badergewerbe galt als unehrlich, die Bade-mädchen übernahmen zunehmend die Rolle der Prostituiertenund die Angst vor Syphilus breitete sich aus. Erschwerend kamdie Holzknappheit hinzu, die sich nach dem Raubbau der Wäl-der für viele Handwerksberufe bemerkbar machte und erstmalsEnergiesparmaßnahmen auf den Plan rief.

Der ungenierte Umgang mit der Notdurft, Erbe der Antike,hielt sich vom Mittelalter bis weit ins 18. Jahrhundert. Man nutz-te die Zeit auf dem Klo für Geschäfte, nicht nur bei Handwer-kern und Bauern, sondern auch in Herrschaftskreisen. Aus die-ser Zeit stammt die Bezeichnung »thronen« und »auf den Throngehen«, den man heute noch bei Kindern auf dem Topf verwen-det. In den Essais von Michel de Montaigne aus den Jahre 1580bis 1588 ist folgender Absatz interessant: »Kaiser Maximilian(1493 - 1519), Urahn des zur Zeit regierenden Königs Philipp, war

| 3 5

Quer durch alle sozialen Schichten gehörten Nachttöpfenoch lange zum Alltag. Man entleerte sie wie in antiker Zeit imSchutz der Nacht auf den Straßen und Plätzen oder schüttetesie in die Flüsse. Eine der gesetzlichen Regelungen, dieschlimmsten Folgen zu verhindern versuchte, war die Anord-nung, drei Mal hintereinander zu rufen »Gardez l’eau«, bevorman den Nachttopf aus dem Fenster kippte. Aus der Verballhor-nung von l’eau soll sich übrigens die englische Bezeichnung loofür Toilette entwickelt haben.

Seit dem 13. Jahrhundert richtete die städtische Oberschichtin ihren Wohnhäusern Aborterker ein, die sich wie bei den Bur-gen in den oberen Geschossen befanden und mit ihrem Unratdie Ehgräben zwischen den Grundstücken anfüllten. HölzerneAbfallschächte und Anschluss an eine Grube brachten Verbesse-rungen gegenüber dem freien Fall der Burgenpraxis. Von diesenBauten haben sich heute bei Massivbauten oft nur zwei Kragstei-ne erhalten, die aus der Wand herausragen. Auf diesen saßenfrüher die hölzernen, etwa 50 bis 70 cm aus der Wand herausge-bauten Aufbauten. Bei Fachwerkbauten ruhte die Holzverschalungauf ausladenden Stichbalken. Die Aborteinrichtung bestand auseiner hölzernen Sitzgelegenheit mit einem runden Loch.

34 |

Zwei typische Abortvarianten seit dem Mittelalter: Links ein Aborthäuschen über einer Grube im Hinterhof, Königsberg / Bayern. Rechts ein Aborterker ohne Fallrohran einem Fachwerkhaus, das heute im Freilichtmuseum in Bad Windsheim steht.

Estebrügge im Jahr 1901: Noch immer gab es auf der Brücke in der Stadt diePrivets, deren Inhalte in die Este plumpsten.

Verlängerung dieser Gräben bildete ein offen über die Straße ge-leiteter Abwasserkanal, der meist stark gestunken hat. Im 18.Jahrhundert lösten sandsteingefasste Kanäle, die so genanntenDolen, die einfachen Abwässergräben des Mittelalters ab. Aberimmer noch blieben die festen Abtrittstoffe wegen der Strohbe-deckung der Rinnen und der angebrachten Rückhaltegitter inden Ehgräben liegen und wurden als Mist auf die Felder gebracht.Aus der Stadt Gießen berichtet Carl Vogt (Aus meinem Leben,Stuttgart 1896), dass sich um 1830 einfache Holzkäfige über denengen Traufgassen befanden. Der Winkel war gegen die Straßedurch ein kniehohes Mäuerchen geschlossen, über dem einePlankentür angebracht war, hoch genug, um die Unterseite derin der Luft schwebenden Sitze den Blicken zu entziehen. VonZeit zu Zeit wurden die Hauseigen-tümer angehalten, ihre Winkel zuentleeren.

Hygiene als europäische Bewegung:Veränderungen in der Neuzeit Im19. und noch Anfang des 20. Jahr-hunderts war der Begriff Hygiene einOberbegriff für so verschiedene Be-reiche wie Kadaverbeseitigung, Lei-chenbestattung, Seuchenlehre undKleinkinderpflege, während er heuteim engeren Sinne nur noch ein Syno-nym für Sauberkeit als Basis für Ge-sundheit ist. Die Hygienebewegungwar damals ein gesamteuropäischesPhänomen und veränderte nachhal-tig alle öffentlichen und privatenLebensbereiche. Am deutlichstenzeigte sich dies in der Wasserver-sorgung und -entsorgung, in denAnsprüchen für die Wohnverhält-nisse, in der öffentlichen und pri-vaten Gesundheitspflege, um nureinige zu nennen.

| 37

ein mit guten Gaben überreich begnadeter Fürst; unter anderemzeichnete ihn eine außergewöhnliche körperliche Schönheit aus. ImUnterschied zu den anderen Fürsten jedoch, die bei der Abwicklungder wichtigsten Staatsgeschäfte ihren Topfstuhl zum Thron zu ma-chen pflegen, gehörte es zu seinen Eigenheiten, dass er auch dem ver-trautesten Kammerdiener niemals erlaubt hätte, bei der Verrichtungseiner Notdurft zuzusehen.«

Sanitärtechnik und Entsorgung: Ehgräben, Winkel und KloakenDas Rückgrat der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Abwas-ser- und Abfallentsorgung um 1500 und danach waren Fäkalien-gruben – auch Kloaken oder Versatzgruben genannt – sowie Ab-fallgräben zwischen den Häusern und in der Mitte der Straßen,die Straßenrunsen, Ehgräben, Rinnen, Reihen, Winkel oder Do-len genannt wurden. Der Begriff »Eh« leitet sich von dem mittel-hochdeutschen Begriff »ê« ab, was Recht und Gesetz bedeutetund für alle Zeiten, also für eh und je festgesetzt worden ist. DieSpülung konnte durch die Stadtbäche erfolgen. Bei traufständi-gen Häusern, die mit dem Giebel zur Straße standen, dienten die Traufgassen als offener Abfluss für Fäkalien und häuslicheAbfälle, die vom Regenwasser fortgeschwemmt wurden. Die

36 |

Der Freizügigkeitmittelalterlichen Badelebens folgte eine Zeit der Prüde-rie und wasserloser Reinigung. Flämi-sche Miniatur um1470.

Die Ehgräben zwischen den Häusern dien-ten als offener Sammelplatz für Fäkalienund Hausmüll. Diese wurden entwedervom Regen oder von einem Bach wegge-schwemmt. Bocaccio zeigt in seinem De-cameron die damaligen Realitäten.

Balken auf oder solche aus hölzernen Fassteilen, die aus aus-gehöhlten Baumstämmen gebaut wurden. Bei der hölzernenBauweise wurden die Zwischenräume mit einer Lehmpackungverschmiert und der Boden mit einer Lehmschicht festgestampft.Diese Bauweise hielt sich bis in die frühe industrielle Neuzeit.Daneben gab es auch Gruben aus großen Bruchsteinen, wie z. B.Kalkstein oder Feldsteinen. Backsteingemauerte Kloaken gab eserst seit dem 17. Jahrhundert.

Nur sehr zögerlich kam es zu den ersten Hygienevorschrif-ten, wie eine Vorschrift in München aus der Zeit um 1500 zeigt.Wer eine Grube für ein Haimlich gemäch bauen wollte, durfte diedazugehörige Grube nicht durch den Lehmgraben lassen, damit die benachbarten Brun-nen nicht verdorben wurden. Das war das er-ste Mal, dass diese für die Hygiene wichtigeVorschrift dokumentiert ist.

Der Latrineninhalt wurde wiederholt mitLagen aus gelöschtem Kalk zugedeckt, die zurGeruchsbindung und Sterilisierung der Abfäl-le dienten. Da in die Abortkloaken, die zumTeil aufgelasse Brunnen waren, auch normaleHaushaltsabfälle entsorgt wurden, ist der In-halt solcher Gruben heute eine wertvolleForschungsquelle. In dem Kloakensubstratfand man nicht nur Keramikfragmente undGlasscherben, sondern auch zahlreiche Tier-knochen und Speiserückstände, aus denen sich Rückschlüsseauf die Ernährungsgewohnheiten ziehen lassen.

Abfallentsorgung von Gräben und Gruben In den Zeiten vorEinführung der Kanalisation wurde der mit Einstreu gebunde-ne Mist aus den Ehgräben und der Grubeninhalt als Dünger verkauft oder in nahe gelegene Flüsse gekippt. Die Gewässerver-schmutzung durch Haushalte in vorindustrieller Zeit sollte aller-dings nicht überbewertet werden, da der Pro-Kopf-Verbrauch anWasser und damit auch die Abwassermenge wesentlich geringerwar als heute. In der mittelalterlichen Stadt war man bescheidenund sparsam. Man warf nichts Brauchbares weg.

| 39

Mit der Verbreitung neuer Hygieneforderungen und der Wie-derentdeckung der medizinischen und hygienischen Bedeutungdes Wassers hatte die Trockenreinigung und wasserlose Sauber-keit der Barockzeit ausgedient. Es folgte die Körperpflege amWaschtisch mit Wasserbecken, Krug, Seife und Zahnbürste.

Grubenbau: Vom Erdloch über die Kastenkloake zur gemauertenGrube Als Grube bezeichnet man jedes Bauwerk in der Erde.Dementsprechend gilt als Fäkalien- oder Versitzgrube eine Gru-be, die zur Aufnahme von Fäkalien dient. Anders als die Brunnenzur Frischwassergewinnung sollten die Senkgruben nicht biszum Grundwasserspiegel abgetieft, sondern als geschlosseneGruben angelegt sein, um eine Grundwasserverschmutzung zuvermeiden. Die Entwicklung führte von unverkleideten Erd-löchern über hölzerne Kastenkloaken in Blockbauweise schließ-lich zur gemauerten Grube.

Im 11. Jahrhundert waren es noch einfache Erdlöcher, derenWände man zum Teil mit Brettern verstärkt hatte, und solche,deren Wände mit Palisaden oder Rutengeflecht abgestützt wur-den. Im 14. und 15. Jahrhundert kam die rechteckige, hölzerneKastenkloake mit Einfassungen aus übereinander geschichteten

38 |

Körperpflege mit einerkompletten Wasch-garnitur samt Gestellum 1900.

Mittelalterliche Latrine ausgroßen Bruchsteinen.

außerhalb der Stadt gelegenen Depots durch bestimmte Arbei-ter, die Gadouards, nur nachts gegen entsprechende Taxe vorge-nommen wurden.

Am 10. März 1800 wurde in Paris verfügt, dass jeder häusli-che Abtritt einen völlig undurchlässigen Sammelbehälter (alsokeine Senkgrube mehr) haben müsse, jede Grube zudem eineEntlüftungsmöglichkeit. Dieses System von Fosses mobiles à divi-seur, einem mobilen Tonnensystem mit Trennung von Feststof-fen und Flüssigkeiten, entsorgte die riesige Großstadt. Für dieTonnenleerung wurden die Ablagerungen nach Montfaucon ge-bracht. Dies war lange Zeit das einzige Fäkaldepot von Paris, dasAnfang des 19. Jahrhunderts bereits mehr als eine halbe MillionEinwohner hatte. Als die Bassins nicht mehr ausreichten, ver-band man sie 1826 mit einem Kanal, der in die Seine mündete.Dadurch war der Abfall zwar aus der Stadt, aber das Problemverlagerte sich in die Flüsse. 1869 kam es in der Seine unterhalbvon Paris zum ersten großen Fischsterben. Als Lösung dieserProbleme wurden verschiedene Verfahren zur Gewässerreini-gung entwickelt: die Reinigung über sandige Felder, die so genannte Feldberieselung, die chemische Reinigung, die mecha-nische Abwasserreinigung mit Absetzbecken sowie die biologi-schen Verfahren.

Ähnlich sah die Entwicklung in Berlin aus. Noch am 13. Mai1771 musste das Königlich Preußische Polizeidirektorium drako-nische Strafen androhen: »Da den bisherigen Verordnungen zuwi-der sich viele Leute unterstehen, die Strassen durch Ausgiessung derer

| 41

Die Entsorgung der Gruben machte viel Arbeit und gab oftAnlass für Streitigkeiten. Deshalb wurden die Entleerungsinter-valle möglichst lange hinausgezogen, es sei denn, man brauchtedringend den Dünger. Es gibt urkundliche Aufzeichnungen vonKlöstern und öffentlichen Gebäuden, die zeigen, dass Abständebis zu 40 Jahren keine Seltenheit waren. Seit dem Mittelalterwurden die Gruben und Gräben in der Stadt bevorzugt in derNacht entleert, da man damals die Ansteckungsgefahr in denaufsteigenden Gerüchen sah und weniger im Kontakt mit denKeimen der Fäkalien. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-derts ging man von dieser Praxis ab, da die Leerungen bei Tages-licht meist sauberer vonstatten gingen und die modernen, tech-nisch anspruchsvollen Jauchepumpen kaum mehr beiKerzenschein bedient werden konnten.

Noch um 1370 verordnete der Rat der Stadt München: »WerUnrat vor seine Tür oder auf die Straße wirft oder schüttet, also nichtin den Bach trägt, gleichgültig, ob es bei Tag oder Nacht geschieht, derzahlt in jedem einzelnen Übertretungsfall dem Richter 24 Pfennig, derStadt 1 Pfund und den Schergen 8 Pfennig.« In den Randgebietenbetrug die Frist für die Abfuhr drei Tage.

Deutschland kann auch für sich in Anspruch nehmen, die er-ste Toilettenfrau der Neuzeit gehabt zu haben. Im Konfessbuchder Stadt Frankfurt am Main wird im Jahre 1330 eine Frau Hillaals »schizhusfegern« genannt und eine Schrift aus dem Jahr 1437nennt jene Personen, die in Frankfurt die Gruben reinigten, »hu-selfeger« oder »heymlichkeitsfeger«. In Nürnberg hießen die Ab-trittgrubenleerer Pappenheimer und waren gleichzeitig die Nacht-meister. In der Stadt München waren es die Goldgrübler, inSchaffhausen die Ehgrabenrumer. Oft wurden mit der Leerungauch Personen betraut, die Verstorbene bestatteten, Abdeckerwaren oder auch Scharfrichter, wie aus Uelzen verbrieft ist.

Abwasserbeseitung und Kanalisation Die Beseitigung der Fäka-lien und Abwässer war besonders in Großstädten wie Paris, Lon-don und Berlin ein Problem, das nicht mehr mit den mittelalter-lichen Sickergruben zu lösen war. Bereits 1533 hatte der PariserMagistrat angeordnet, dass jedes Haus eine Sammelgrube fürFäkalien haben müsse, deren Entleerung und der Transport nach

40 |

Feldberieselungmit unterirdischerDrainage zur Dün-gernutzung vonFäkalien.

Nachteymer und Hinwerfung des Mülles zu verunreinigen: So mach-te das Policeidirectorium zu jedermanns Achtung und Warnung hier-durch bekannt, dass dergleichen Personen künftig statt 3 Rthlr. mit 5 Rthl. oder proportionierlicher Leibesstrafe belegt, überdem aber ohneAnsehen der Person an den ort, wo sie betroffen werden, öffentlich miteinem Zettel vor der Brust ausgestellt werden sollen.« Seitdem wurdestreng darauf geachtet, dass jeder Bauer, der nach Berlin kam,eine Fuhre Straßenmist aus der Stadt nach Hause nahm. Erst1852 begann man schließlich in Berlin mit dem Bau wirksamerKanalisationssysteme.

Die drei Möglichkeiten der Stadtentwässerung waren dasortsgebundene mittelalterliche Grubensystem, das mobile Ton-nen- und Kübelsystem nach Pariser Vorbild und die heute vor-herrschende Schwemmkanalisation. Das Tonnensystem konntesich in Deutschland nur in einigen Städten durchsetzen. Bremenhatte z. B. im Innenstadtbereich ein geschlossenes Eimersystem.Der Inhalt wurde nachts von Fuhrunternehmen abgeholt. In denstädtischen Randgebieten waren dagegen meist nach unten hinnicht abgedichtete Abortgruben die Regel. Der erste gemauerteKanal stammt aber bereits aus dem Jahr 1830. Der systemati-sche Ausbau der Kanalisation kann ab 1890 angesetzt werden.In der fränkischen Kleinstadt Königsberg mündeten die 1889 ge-bauten Abortanlagen in Röhren, die in Fässern endeten.

Die Schwemmkanalisation reicht mit unterirdischen Kanal-netzen bis ins Spätmittelalter zurück, die damals allerdings nochsehr störanfällig waren. Erst der eiförmige englische Schwemm-kanal brachte hier Abhilfe. Diese Lösung setzte sich auf Dauerdurch, was unter anderem auf die sinkende Bedeutung des städ-tischen Fäkaldüngers für die Landwirtschaft zurückzuführen undeng mit der Erfindung des Kunstdüngers verbunden ist. Streitgab es dann nur noch über die Frage, ob das Abwasser imMisch- (Regen- und Abwasser gemeinsam) oder im Trennsystemdurchgeführt werden sollte.

| 43

Das unterirdische Berlin im Jahr 1884 mit seinen neuen Versorgungs-leitungen und den alten Kellern, Kasematten und Brunnen.

burg eingerichtet. Die techni-sche Entwicklung ging beimWC vom Klappenklosett, Pfan-nenklosett und Trichterklosettzu den vielen Varianten derfrei stehenden Keramikklo-setts, die als Flachspülklosett,Tiefspülklosett und Absaug-klosett von England aus deneuropäischen und amerikani-schen Markt eroberten undheute nicht mehr aus der Sa-nitärtechnik wegzudenkensind. Ihre Funktion und Bau-weise wird im nächsten Kapitelerklärt.

Der Wiedereinzug der hygie-nischen, wassergespültenAborte in die Wohnungen –nunmehr an Stelle von Plumps-klos, Nachttöpfen und Nacht-stühlen – kann als eines derwichtigsten Ergebnisse der hy-gienischen Revolution angese-hen werden und war nur durchden Anschluss an öffentlicheKanalisationssysteme möglichgeworden.

Ein separates Badezimmerund ein Stilles Örtchen galtenals die neuen Kulturerrungen-schaften, die in den Bürger-häusern ab 1870 Einzug hiel-ten. Wohnausstattungen mit

Badezimmern bildeten selbst in Großstädten bis zum 1. Welt-krieg die Ausnahme.

| 45

Der Siegeszug des Wasserklosetts Obwohl sich die Anfängedes Wasserklosetts in der Neuzeit bis in die Renaissance zu er-sten Handskizzen von Leonardo da Vinci zurückverfolgen las-sen, setzte sich das WC in moderner Technik erst seit Ende des19. Jahrhunderts in den Städten durch. In der Fachsprache wirddas Wasserklosett schlicht als technischer Apparat zur geruchs-freien Beseitigung der Fäkalien bezeichnet, wobei die Möglich-keiten hierbei sehr vielfältig waren.

Als eigentlicher Erfinder der Wasserspülung gilt in der Litera-tur übereinstimmend Sir John Harrington mit seinem Spülklo-sett, das er um 1589 in seinem Landsitz einbaute und es dannder englischen Königin Elisabeth I. andiente, die es für ihrSchloss Richmond auswählte. Es war eine Mischung zwischenPlumpsklo und heutigem Wasserklosett. Die Wasserspülung warso konstruiert, dass sie den Inhalt des Beckens mit der Sogwir-kung einer sich schnell öffnenden Klosettschüssel in eine Jau-chegrube spülte. Das Bahn brechende dieser Erfindung warendas Spülreservoir und die Klosettschüssel, die Mechanik und dieVentile unter dem Abtrittbrett, mit dem dieser Spülmechanis-mus durch das Betätigen eines Stabes am tiefsten Punkt desBeckens in Gang gesetzt wurde. Doch diese Erfindung war nichtvon Erfolg gekrönt. Der Bau war viel zu teuer, weshalb sich dieeinfachen Bevölkerungsschichten einen solchen Luxus nicht lei-sten konnten. Und bei Hofe fehlte das hygienische Bewusstseinfür solchen Komfort. Man bediente sich weiterhin lieber derLeibstühle in allen Varianten und vornehmer Nachttöpfe.

In Frankreich tauchten die ersten Klappenklosetts 1750 unterdem Namen »Lieu à l’anglaise« auf, konnten sich aber hierzunächst nicht durchsetzen. Da die hygienische Revolution vonden Ärzten und Behörden ausging, wurden die Spitäler Vorreiterin Sachen Spülaborte. So war z. B. das Kantonsspital in Zürichvon 1837 das erste Gebäude jener Stadt, das solche wasserge-spülten Klosetts erhielt. Kurz danach – um 1840 – gelangte daserste WC in die USA, wo es um 1860 in vielen Hochhäusern vonChicago nachweisbar ist. Der Umstellungsprozess war nur mög-lich, wenn es Vernetzungen von Wasser und Kanalisation gab. In Deutschland wurde das erste Wasserklosett 1860 anlässlicheines Besuchs der englischen Königin Victoria in Schloss Ehren-

44 |

Um 1897 wurde dieses Hochre-servoir-Closet Type Nautilus in ei-nem Verkaufsprospekt der WienerFirma Heinrich Enders angeboten.Über die damalige Verbreitung vonWasserklosetts spricht der Werbe-zusatz Bände: »Nur dort zu instal-lieren, wo Wasserleitung vorhanden«.

Nachtgeschirr, Plumpsklo und WC:Standort, Bauweise und Entsorgung

Wo geht’s denn hier zum Klo: Drinnen oder draußen?Mit dem griffigen Titel: »Wo geht’s denn hier zum Klo?« erarbeite-te das Museum des Landkreises Osnabrück in Bersenbrück inZusammenarbeit mit dem Seminar für Volkskunde der Univer-sität Münster 2002 eine Wanderausstellung zum Thema »Sau-berkeit und Hygiene auf dem Lande im 19. und 20. Jahrhundert«.Auf diese Frage kennen auch Literatur und befragte Freunde undBekannte viele Anekdoten und skurille Geschichten, von denen indiesem Buch einige zu finden sind. Die Kernfrage lautet: Wann undwarum ist der Abort im Haus, am Haus oder fernab des Hau-ses?

Im Zeitablauf war der Ort des täglichen Geschäfts sehr wech-selhaft: Es begann draußen in der freien Natur – Erdloch undDonnerbalken – , verlagerte sich dann in das Haus und in dieWohnung – Vase, Nachttopf, Stehklo, Sitzklo, Aborterker – undkehrte schließlich zu Einrichtungen außer-halb der Wohnung oder des Hauseszurück – öffentliche Latrinen und Plumps-klos – , bevor die Toilette mit dem wasser-gespülten Klosett wieder den Weg insHaus zurückfand.

Diese Entwicklungen verlief nicht ge-radlinig. Kulturell fortgeschrittene Völkermit hohem technischen Sachverstand und betuchte Bürger konnten sich eine beque-me und geruchfreie Verrichtung der Not-durft im Hause eher leisten als arme undmittellose Bewohner der Städte und dieLandbevölkerung.

| 47

In Museen sind Nachttöpfe und Plumpsklos heute Teil einer fröhlichen Inszenierung vergangener Alltagskultur: Oben der Nachttopf vor dem Kötnerhaus im MuseumsdorfHösseringen in der Lüneburger Heide, links das Plumpsklo im Fischerhaus des Freilicht-museums Arnheim in den Niederlanden.

Zunächst stand der Topf unter dem Bett, später wurde er imNachtkasten verborgen. Als der Heimatforscher Richard Wossid-lo im Jahr 1925 Fragebögen verschickte, erhielt er eine Fülle vonNamen für den Nachttopf, von Puschpott über Punschterrin bis-Nachtvaas und Seichpott. Dabei erfuhr er auch von einerZusatzerfindung der Fischländer Frauen im ersten Viertel des20. Jahrhunderts, der »Kloeterdäuker.« Hierbei handelte es sichum eine gehäkeltes Deckchen, das man vor Gebrauch in denTopf legte, damit das nächtliche Pieseln nicht durch die hellhöri-gen Wände die Ohren der Gäste erreichte.

Aber auch in der Öffentlichkeit kam der Topf zum Einsatz. Eswar ein Nachttopf in Form einer Sauciere, Bourdaloue genannt,der zu solchen Ehren kam. Er wurde von den Anhängerinnen desJesuitenpaters Louis Bourdaloue (1632-1704), dem HofpredigerLudwigs XIV., im Muff mit in die Messe genommen, um ja keinWort der Predigt zu versäumen. Die letzten Exemplare dieserGattung befanden sich in den Waschtischen von Schlafwagenab-teilen des noblen Orient-Express von Zürich nach Istanbul. Heu-te zieren sie spezielle Museen, wie z. B. das ZAM Zentrum füraußergewöhnliche Museen in München und das Museum für Historische Sanitärobjekte in Gmunden in Österreich.

| 49

Draußen vor der Tür: Freie Natur, Erdgrube und DonnerbalkenNicht überdachte Latrinen von Soldaten sind ein gutes Beispiel,wie sich aus dem Erdloch für den einzelnen Benutzer eine Bau-maßnahme für eine größere Anzahl von Menschen entwickelte.Dazu der Bericht eines Zeitzeugens aus dem 1. Weltkrieg: »Im-mer, wenn ein neues Biwak aufgeschlagen wurde, mussten ein paarMann zuerst die Latrine bauen. Eine längliche Grube, etwa 1,5 bis 2 m tief, mit einem auf zwei Astgabeln aufgelegten dünnen Baum-stamm, dem so genannten Donnerbalken, der als Sitz diente. Um dieGrube herum dienten in den Boden eingesteckte Zweige als Sicht-schutz. Der Feldwebel, der das Ausheben der Grube beaufsichtigte,gab auch deren Abmessungen an, zu deren Berechnungen er proMann eine feste Litermenge pro Tag zugrunde legte. Jeden Abendmusste die angefallende Tagesmenge mit einer dünnen Erdschicht bedeckt werden, um dem Gestank entgegenzuwirken. Es gab auchbeidseitig zu benutzende Latrinen. Um der Ansteckungsgefahr vorzu-beugen, mussten die Sitzstangen mehrmals täglich mit Desinfektions-mittel bestrichen werden. Zusätzlich gab man ständig Chlorkalk indie Fäkalgrube.«

Der Nachttopf: Nachtgeschirr in vielen Varianten Warum warenNachttopf und Leibstuhl in allen sozialen Schichten so beliebt?Es war die Bequemlichkeit, die die jahrhundertelange Attrakti-vität dieser Gerätschaften erklärt. Besonders beliebt war derNachttopf im Mittelalter. Keine Abbildung einer Schlafkammer,wo dieses nützliche Gerät fehlte, meistens mehrfach, für jedenSchläfer eines. Oder aber auch so groß, dass er in der Nacht vonsieben Personen benutzt werden konnte. Es gab ihn aus Ton,aber auch aus Holz, später aus feinstem Porzellan oder email-liertem Metall. Der Verkauf von Nachttöpfen war, solange es inden Städten keine Kanalisation und in den Häusern kein Fließ-wasser gab, ein selbständiger und florierender Handelszweig.Der handliche Topf mit meist einem, manchmal auch zwei Hen-keln, wurde auch nach dem Bau von Abtritten aus Bequemlich-keit noch weiter genutzt. Nachttöpfe mit Sprüchen sind z. B. seitdem 18. Jahrhundert aus Irland bekannt. Es gab sie später für jedenGeschmack, für jeden Anlass und für jeden Stand. Besonders be-liebt waren Hochzeitstöpfe.

48 |

Nachttöpfe aus dem Museum für Historische Sanitärobjekte Gmunden: Links ein Bourdaloue, ein der weibli-chen Anatomie angepasstes Uringefäßin Normalgröße und als Puppenspiel-zeug (Ende 18. Jh.), unten links einPorzellantopf im Zwiebelmusterdekor,(um 1870) und rechts daneben der»Siebensoach« in Gmundner Keramikaus Gossau (2. Hälfte 19. Jh.).

Der Leibstuhl: Bequemlichkeit im Sitzen Der Leibstuhl – derStuhl mit eingebautem Nachttopf – bedeutete noch mehr Kom-fort als der Nachttopf, denn aus dem Hocken war ein entspann-tes Sitzen geworden. Seit dem 18. Jahrhundert war er in vorneh-men Kreisen, aber auch bei Kranken sehr beliebt und fandseinen Weg schnell in reiche Bauernhäuser. Er wurde neutral bisdeftig als Kammer-, Leib-, Kack-, Schiet- oder Notdurftstuhl be-zeichnet. Aus dieser Gerätschaft hat sich der Begriff Stuhlgangerhalten.

Immer wieder zitiert die Literatur Leibstühle, die auf den er-sten Blick als solche nicht zu erkennen sind. Besonders beliebtwaren Truhen oder Stapel von Folianten, in denen sich das Un-aussprechliche verbarg. Der Technikhistoriker Franz Maria Feld-haus erzählt z.B. von einem starken Buch, das man aufschließenund zu einer Sitzgelegenheit aufklappen konnte. Diesen Folian-ten nahm der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716)immer auf seinen Reisen mit, um bequem im Grünen sitzen zukönnen. Die Zimmerklosetts hatten früher ein Innenleben ausBlech und Emaille, äußerst selten gab es sie auch mit Wasser-spülung aus einem Reservoir. Heute werden Leibstühle nur nochals Sitzmöbel in der Alten- und Krankenpflege eingesetzt, zwarähnlich getarnt wie früher, aber mit pflegeleichten Kunststoffbe-zügen und bruchfesten Behältern.

Der Ort vor der Tür: Eine Frage der Entsorgung Solange es alsEntsorgungmöglichkeiten nur den Misthaufen, die Jauchegrubeoder die städtische Abortgrube gab, blieb das Klo draußen. Dieshatte den Vorteil, dass Geruchsbelästigungen im Haus vermie-den wurden. Das galt für die Aborterker der Burgen ebenso wiefür die Danzker in den Brücken über den Flüssen. Das Klo imStall war ein Kompromiss, der nach dem Motto ablief: Gestankzu Gestank, Fäkalien zu Fäkalien, Mist zu Mist. Das war praktischund billig.

| 5 150 |

Leibstühle in vielen Varianten aus dem 18. bis 20. Jahrhundert. Oben: Folianten-zimmerklosett um 1800, Mitte links edler Biedermeierleibstuhl mit Nussfurnierund Intarsien, um 1840, Mitte rechts ein Thonetstuhl von 1900. Die Leibstühle unten sind die Hinterlassenschaften aus Bauernhäusern.

Jahre noch eine andere Besonderheit auf: Das winzige Etagenklohatte zwei Türen. Die eine öffnete zum Flur, die andere zur be-nachbarten Wohnung. So konnten sich zwei Mietparteien eineToilette teilen, und wenn ich rauschte, kommentierte der Rent-ner in der anderen Wohnung diesen Schlussakt.

In den Städten boten sich Flure und Laubengänge an. Undnoch vornehmere Bürger leisteten sich Aborterker wie dieSchlossherren im Mittelalter. Die Abtrittsrohre wurden zunächstaus Holz gefertigt. Entweder aus vier hölzernen gespundetenund inwändig geteerten Holzpfosten, mit einem Querschnittnicht unter 28 cm, oder aus runden Dauben vom Böttcher, diewie die Weinfässer mit Eisenringen beschlagen wurden. Eine Al-ternative waren bruchsichere, gusseiserne Rohre, die um 1850auf den Markt kamen. Aber ihr Nachteil war, dass sie schnellkorrodierten, weshalb sie mit Anstrichen geschützt werdenmussten. Am besten, aber am teuersten, waren emaillierte Roh-re. Mit der Industrialisierung kamen Bleiröhren, Zinkröhren, mitÖl getränkte Steinröhren auf den Markt, aber auch hart gebrann-te Tonröhren mit Durchmessern nicht unter 20 cm oder sogargläserne Röhren auf den Markt.

| 53

Die Bauernabtritte waren, so wird es häufig geschildert, stetszugige Orte, an denen benutztes Zeitungspapier nach obendurch die Brille wirbelte, wo tief unten die Schweine fraßen, wasvon oben herabfiel, oder wo die Ladung in die Jauche plumpsteund Spritzer nach oben emporschickte.

Plätze im Haus: Küche, Waschplatz, Flur und Laube Bereits an-tike Hochkulturen besaßen Abortanlagen im Haus, die meist inder Küche untergebracht waren. Ähnliche Lösungen sind auchaus dem Mittelalter bekannt und auch heute noch versuchen Ar-chitekten, im Grundriss Wasser- und Abwasser für Bad undKüche aus Kostengründen neben- oder übereinander zu planen.Eine andere Bauvariante ist in den Aufzeichnungen des Freilicht-museums Hösseringen nachzulesen: »Um 1890 kaufte der Vatervon H. Schröder in Veerßen eine Kate, in der vier Häuslingsfamiliengewohnt hatten. Das Haus hatte zwei Feuerstellen, seitlich des Flettslagen jeweils eine Kammer und eine Stube. In den Kammern wurdeauch gepinkelt. Ein Ablauf führte durch die Wand nach draußen.«

Bekannt ist auch die Frankfurter Küche, bei der die Badewan-ne bzw. die Dusche in der Küche stand. Meine erste Studenten-wohnung in Frankfurt a. M. Bockenheim wies Mitte der 1960er

52 |

Hofstelle mit Plumpsklo in der Bauerschaft Varnhorn, Landkreis Vechta, Bau-zeit um 1800, eine Aufnahme aus den 1970er Jahren.

Links ein Plumpsklo in einem Schweinekoben, Grafschaft Hoya. Rechts eine Abortanlagein einem Laubengang eines Stadthauses in Bamberg.

zwei benachbarten Brettern an. Außerdem verkörpert das Herzals Symbol positive Gefühle, das Stille Örtchen galt als Stätteder Geborgenheit. Man war dort allein, konnte seinen Gedankennachgehen, vielleicht eine zündende Idee zustande bringen oderin Ruhe die dörflichen Nachrichten lesen. In der Erinnerung wer-den Plumpsklos heute bereits verklärt, in Gedanken und in Kari-katuren fast ausnahmslos mit einem Herz versehen, das in derPraxis oft nicht zu finden ist.

Plumpsklo: Ein Haus mit Grube? Einig sind sich alle Anwenderdes Wortes Plumpsklo, dass es sich hierbei um ein Abort ohneAnschluss an eine Kanalisation handelt. Mit dieser akademischenAusschlussdefinition werden deshalb aber nicht nur die Holz-häuschen draußen auf dem Hof einbezogen, sondern auch dieEtagenplumpsklos in städtischen Wohnhäusern, die Aborterkerund die einfachen Stehabtritte. Überall plumpst es, ohne voneinem Wasserschwall in eine Kanalisation geschwemmt zuwerden.

Aber bleibt ein Plumpsklo ein Plumpsklo, wenn man dane-ben einen Wassereimer zur Spülung hängt oder nachträglich ei-nen Trichter mit Klappe als Geruchsverschluss einbaut? Undvielleicht später sogar noch einen Wasseranschluss zu dessenSpülung einbaut? Oder wenn es in einem Eimer statt Grube lan-det? Denn vor der Grube war der Eimer, und vor dem Eimer warder Mistplatz und vor dem Mistplatz war der Fluss oder ganzfrüher einfach nur die freie Natur.

Das Plumpsklo: Herz, Brille, Eimer, Grube?Wenn man vom Plumpsklo spricht, so denken die meisten Men-schen entweder an einfache hölzerne Bauernabtritte oder an dieschon etwas gepflegteren Herzhäuschen im Garten oder im Hin-terhof. Diese kleinen Häuser gelten als die eigentliche Vorläuferdes Wasserklosetts. Wie sah das Plumpsklo aber wirklich aus?Und lässt es sich eindeutig definieren?

Plumpsklo: Ein Haus mit Herz? Gern bezeichnet man dasPlumpsklo liebevoll als Herzhäuschen. Das mag mehrere Grün-de haben. Einer davon ist, dass die meist einfache Brettertüreinen Lichtausschnitt erhalten musste, wenn es sonst keinFenster gab. Hierfür bot sich das Aussägen einer Herzform an

Das eingeschnittene Herz in der Brettertür gehört spontan zum Wichtigsten beimPlumpsklo – und ist doch bei vielen Örtlichkeiten nicht zu finden.

Die Eimerklos – erkennbar an ihrer rückwärtigen Klappe – (links und Mitte links)wurden von den moderneren Grubenklos (Mitte rechts und rechts) abgelöst.

Wenn das Plumpsklo ein Fenster hat, fehlt meistens das Herz in der Tür. Sehrselten ist das Herz als Oberlicht im Mauerwerk zu finden.

Sitzbank ganz abbaute, einen neuen Boden über der Grube ein-zog und darauf ein modernes Keramikklo stellte? Das sah dannzwar wie ein Wasserklosett aus, was sich aber beim genauerenHinsehen als eine listige Täuschung erwies, denn alles plumpsteweiterhin in die Grube. Plumpsklo und so?

Plumpsklo: Ein Sitz mit Klodeckel? Zu einem richtigen Plumps-klo mit Holzsitz gehört ein Klodeckel, denn die Öffnung im Sitzmuss tunlichst mit einem Deckel verschlossen werden, damitdie Fliegen und der Gestank nicht allzu lästig werden. Bei denDeckeln war der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Von einfachenHolzbrettern mit Griff bis zum Deckel von Kochtöpfen undWaschzubern war im Plumpsklo alles zu finden. Ästhetik undDesign waren zunächst nicht angesagt – Hauptsache, er schlosseinigermaßen gut ab. Dies änderte sich aber mit der Einführungdes Wasserklosetts. Nun wollten die Plumpsklobesitzer auchmithalten und bauten sich polierte hölzerne Klobrillen vom Was-serklosett ein. Allerdings habe ich bis heute kein Plumpsklo miteinem Designerklodeckel aus Acryl mit künstlerischen Einlagenaus Goldlame gesehen, mit denen sich inzwischen moderneWellnessoasen schmücken.

Plumpsklo: Ein Holzhaus in frei stehender Lage? Das typischePlumpsklo ist in unserer Vorstellung ein kleines Haus in Alleinlage, irgendwo hinten auf dem Hof, im Garten oder weitabvom Haus. Doch auch dies lässt sich an vielen Baubeispielen

Plumpsklo: Ein Haus mit hölzer-ner Sitzbrille? Für uns Mittel-und Nordeuropäer ist einPlumpsklo auch durch seinehölzerne Innenausstattung ein-deutig definiert. Man könnte esso beschreiben: Der historischeAbtritt besitzt ein hölzernesSitzbrett auf einem sich nachunten verjüngenden Schacht,mit einer Brille in runder oderovaler Form, die zusätzlichnoch anatomisch mit einemZipfel geschmückt sein kann,damit sich Männer hier wohlerfühlen. Stichwort HölzerneSitzbrille: Bleibt ein Plumpskloein Plumpsklo, wenn man dasHäuschen zwar von außen so

belässt wie es war, aber innen anstelle des einfachen Holzsitzesein Trichterklosett ohne Wasserspülung einbaut? Hierfür verwen-dete man einen Trichter aus dünnwandiger Keramik, dem ein gemauertes Korsett die notwendige Stabilität verlieh. Eine Ver-schalung aus Holz mit Sitzbrett und Deckel gab der ganzen Kon-struktion einen wohnlichen Anstrich. Oder kann man noch voneinem richtigen Plumpsklos sprechen, wenn man die hölzerne

Beim traditionellen hölzernen Plumpsklo ist der aufgelegte Deckel das wichtigste, um gegen Fliegen und Gestank zu schützen. Die Konstruktion ganzrechts kombiniert einen modernen Sitz mit dem Plumpsklo.

Die Sitze: Auch Plumpsklos mit modernen Keramikschüsseln bleiben weiter-hin Plumpsklos, denn auch sie sind Trockenklos, ohne Anschluss an die Kana-lisation.

Plumpsklo Baujahr 1911, in Betrieb bis 1950,Zustand 2002. Der Prototyp eines Plumpsklosmit hölzernem Sitz und Brille.

langen Stilschöpfer (in einigen Gegenden auch »Honigschleuder«genannt) in ein Fass zu entleeren, das wir dann auf dem Boller-wagen zu unserem Garten brachten. Dort wurde im Erdreich einLoch ausgehoben, in das schichtweise eine Lage Torf und eine

| 59

widerlegen. Ebenso häufig wie die Alleinstellung war die Unter-bringung in Schuppen, die Anlehnung ans Haus. Die Bauweisedes Häuschens entsprach meistens der des Hauses und war da-her regional geprägt: Fachwerk, Backstein, Verbretterung oderauch Naturstein. Alles war möglich.

Plumpsklo: Entleerung der Sammelbehälter Der Sammelbehäl-ter für das Plumpsklo war entweder der mobile Eimer, der Kübeloder die Tonne oder als moderne Variante die fest eingebauteGrube mit größerem Fassungsvermögen. Man erkannte dieVariante der Eimerklos an einer Klappe an der Rückwand, diemodernen Grubenplumpsklos verrieten sich durch eine Gruben-abdeckung neben dem Klo .

Die Entsorgung der Plumpsklos war ohne Garten und Land-wirtschaft schwierig. Wenn man nicht selber mit einem Ziehwa-gen die Eimer während der Dunkelheit von dem Grundstückschaffen wollte, dann gab es zum Glück die »Honigschleuderer«,die damals für 5 Pfennige pro Eimer die Angelegenheit erledig-ten. In manchen Landesteilen hießen solche dienstbaren Geister»Emmermann«, abgeleitet von Eimermann.

Wenn ich mich an das Thema Plumpsklo erinnere, dann erin-nere ich mich dabei an unserem Kleingarten. Dieser war derganze Stolz von Vater und Mutter und die Basis dafür, dass un-sere siebenköpfige Familie satt wurde. Wir Kinder mussten nichtnur mit Eimer und Schaufel die kostbaren Pferdeäpfel von derStraße aufsammeln – wobei uns eigentlich nur die spöttischenBlicke der eingesessenen Bauernkinder störten – , sondern wirhalfen auch dabei, die Grube unter dem Plumpsklo mit einem

58 |

Drei Plumpsklos und drei regionale Bauweisen: Fachwerk, Naturstein und Massiv-bau aus Backsteinen. Oben in Thüringen, links unten Wincheringen-Söst, Rhein-land-Pfalz, rechts Verden an der Eitze.

Das Plumpsklo am Holzschuppen des Kötnerhaus im Museumsdorf Hösseringen wird liebevoll das »Kempinski« genannt.

| 61

Lage Grubenaushub gefüllt wurde. Erst nach zwei Jahren wurdeder Kompost auf die Beete gebracht, eine hygienische Vorsichts-maßnahme, die mein Vater damals für notwendig hielt.

In der Stadt kamen für die Grubenentleerung größere Pum-pen mit Pferdefuhrwerken zum Einsatz. Es waren meist in Mühl-hausen herstellte Schiettinger- oder New Yorker Pumpen mitHandkurbel in Kombination mit einem Fasswagen, der einen Ap-parat zum Abbrennen der Grubengase besaß.

Plumpsklo: Baupläne und gesetzliche Vorschriften Bereits 1513stand z. B. in den Pariser Gesetzen, dass jedes Haus einen eige-nen Abtritt haben müsse, was sich aber nicht so schnell realisie-ren ließ. In den Akten von Gemeinden und Bauämtern findensich viele Auseinandersetzungen zu diesem Thema. Die Vor-schriften betrafen nicht nur private Haushalte, sondern insbe-sondere Gaststätten, Fabrikanlagen, Gewerbebetriebe, Schulen,Krankenhäuser. Problematisch war stets Lage und Ausführungder Abortanlage, Zugangsmöglichkeit, aber auch Sicherheitsab-stände zu Nachbarn und die Entlüftung der Grube.

60 |

Bei dieser Abortanlage einer Ziegelei in der Rupelregion in Belgien sind noch Reste desblauen Kalkanstrichs sichtbar, den Fliegen angeblich nicht mögen. Dies wurde auch vonder Erfinderin der Frankfurter Küche propagiert. Eines dieser Klos war zum Zeitpunkt derAufnahme immer noch in Betrieb.

Dieser zweite Entwurf zum Neubau einer Abortanlage der Schulgemeinde Hösseringen,Lüneburger Heide, musste angefertigt werden, nachdem der erste Plan keine ausreichen-den Sicherheitsabstände und kein Entlüftungsrohr für die Grube vorgesehen hatte. Er wur-de am 2. April 1914 vom Kgl. Hochbauamt genehmigt.

besserungen: Wasserstand mit einem Schwimmer, Ventile undÜberlaufsicherungen, schließlich sogar Kolben- und Kugelventile.Das Klappenklosett »Optimus« als Höhepunkt dieser Entwick-lung mit seinen bis zu 25 mechanischen Teilen war auf Dauernicht wirtschaftlich.

Das Pfannenklosett: Wasserpfanne mit Gewichten Beim Pfan-nenklosett wurde eine obere Schüssel aus Keramik über einpfannenförmiges Becken aus Metall gestellt. Nach Gebrauchwurde die Pfanne durch Betätigen eines Handgriffs nach untengekippt, wobei sich gleichzeitig der Verschluss des Spülreser-voirs öffnete und den Inhalt wegspülte. Danach sprang die Pfan-ne durch Gegengewichte wieder in ihre alte Position zurück undschirmte die von unten aufsteigenden Gerüche ab, weil vomSpülvorgang darin etwas Wasser zurückblieb und der untereRand der Klosettschüssel in die Pfanne hineinreichte.

Das Trichterklosett: Gezielte Rutschpartie Auch das Wasser-spülklosett mit Trichter ohne komplizierte Mechanik war eine Erfindung des Londoner Uhrmachers Alexander Cumming underhielt 1775 das Engl. Patent Nr. 1105. Es bestand aus einer trich-terförmigen und nach unten offenen Abortschüssel, die am obe-ren Rand einen Einlass für die Wasserspülung hat. Setzte mandiese durch einen Hebel oder durch einen Zugmechanismus in

| 63

Das Wasserklosett: Komfort im HausAn den Patentanmeldungen im letzten Viertel des 19. Jahrhun-derts werden viele technische Varianten des Wasserklosettssichtbar. Man gliedert zwischen den älteren Klappen-, Pfannen-und Trichterklosetts und den modernen frei stehenden Pedestal-Klosetts aus Keramik.

Das Wasserklosett: Der Spülvorgang Um 1892 unterscheidetder Brockhaus zwischen Wasserklosetts mit einer dauerndenSpülung zur größtmöglichen Sicherheit, einer Spülung nach je-der Benutzung, entweder durch die Person oder selbsttätig, odermit einer Spülung in bestimmten Abständen, die für öffentlicheGebäude wie Schulen und Bahnhöfe empfohlen wurde. Die erstenWasserklosetts besaßen eine einfache Druckwasserspülung oh-ne ein zwischengeschaltetes Wasserreservoir. Danach befandensich ein Wasserreservoir oberhalb des Aborts an der Decke oderein Spülkasten in der Wand oder im WC integriert.

Das Klappenklosett: Mechanik für die Wasserspülung Das 1775entwickelte Klappenklosett gilt als Meilenstein in der Entwick-lung des Wasserklosetts. Alexander Cumming montierte auf einBrett eine Schüssel mit Wasserzulauf und Wasserauslass, des-sen Schleuse über einen Handgriff neben dem Sitz zu bedienenwar. Die Klappe war so balanciert, dass sie sich bei größeremGewicht, also bei der in Gang gesetzten Wasserspülung, öffneteund dann wieder abschloss, wenn sich nur noch ein Rest Wasserim Becken befand. Von seinen Nachfolgern folgten weitere Ver-

62 |

Klappenklosett mit Hebelmechanis-mus in einem ukrainischen Zug imSommer 2002.

Die ersten Wasserklosetts: Links das Klappenklosett »Optimus«, in der Mitte einPfannenklosett und rechts das einfache Trichterklosett, das Arme-Leute-Klo.

Das Klo im öffentlichen Raum: Stationär oder mobil?Öffentliche Bedürfnisanstaltungen entstanden seit der Antike,um die Verschmutzung in den Städten zu verringern und Schä-den an Anlagen und Gebäuden durch die ätzende Wirkung desUrins zu verhindern. Dieses Problem musste umso dringendergelöst werden, wenn sich ständig oder auch nur zeitweise vieleMenschen an einem Platz befanden.

Öffentliche Bedürfnisanlagen: Stationäre Anlagen Zur Verhü-tung von Schäden an städtischen Anlagen, Gebäuden und öf-fentlichen Anschlägen wurde zunehmend das wahllose Urinie-ren in der Stadt verboten und führte neben der Forderung nachAborten in jedem Privathaus zur Einrichtung von öffentlichen Pissoirs.

Paris erhielt z.B. bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts 4000Vespasiennes. 1824 wurde in der Nähe der Nicolaikirche in Ber-lin die erste öffentliche stationäre Bedürfnisanstalt Deutsch-lands eingeführt. In der Amtssprache galt sie als »einständigeStehanstalt«. Im Jahr 1863 waren es bereits 30 Pissoirs. 1855folgten die ersten Anschlagsäulen, die nach ihrem Erfinder

| 65

Gang, so ergoss sich ein spiralförmiger Wasserstrahl amBecken entlang und reinigte notdürftig die Bremsspuren imBecken. Ein zusätzlicher Syphon diente als Geruchverschluss.Nach Erfindung der frei stehenden Pedestalklosetts galten dieseeinfachen Aborte als Arme-Leute-Klos.

Das Keramiklosett: Frei stehend mit Syphon Um 1870 betrugdie Kostenaufteilung zwischen der Herstellung der Keramik-schüssel und der Anfertigung der mechanischen Teile für dasKlappenklosett je nach Ausführung bis zu 1 zu 25, was ihre Wirt-schaftlichkeit bei gleichzeitiger Reparaturanfälligkeit sehr bela-stete. Das erste von T.W. Twyford of Hanley 1870 gebaute freistehende Klosett war daher ein völliger Neuanfang, dem viele

andere Hersteller mit den unterschiedlich-sten Patenten folgten. Erstmals gelang demNew Yorker Harisson 1877 das Brennen einerWC-Schüssel mit Syphon aus einem Stück,womit die heute noch gebräuchlichen kera-mischen Flachspülklosetts, die Tiefspülklo-setts und die Absaugklosetts ihre Erfolgs-story begannen. Drei Erfinder behaupten,das Tiefspülklosett erfunden zu haben.Humpferson um 1890, Boselt 1889 und Twy-ford um 1890. Es war ein wash-down Klosettmit offenem Sinktopf, das beim Einlauf miteinem Syphon kombiniert ist. Sie beherr-schen heute den Markt in Europa. Als Ge-ruchverschluss dient ein doppelgekrümmtesAbfallrohr, das auf der physikalischen Ge-setzmäßigkeit beruht, dass in zwei untenmiteinander verbundenen Röhren das Was-ser stets gleich hoch stehen muss. DiesesPrinzip wurde erstmals 230 v. Chr. von demPhysiker Philon aus Byzanz beschrieben.1890erfand J. R. Mann das Absaugklosett, dasäußerlich dem Tiefspülklosett ähnelte und ei-nen sehr hohen Wasserverbrauch hatte. Esfand in den USA die größte Verbreitung.

Solche Kostbarkeiten waren derStolz der Sanitärkeramik. Obenein mit Gold bemaltes Urinal,darunter ein einteiliges Keramik-klosett mit Syphon.

Die Pissoirs Ende des 19. Jahrhunderts, hier der Entwurf für Zürich aus demJahr 1880, strahlten das Ambiente antiker Tempelgebäude aus.

und erfand das mobile WC-Häuschen, das er ortsunabhängigaufstellen konnte und zusätzlich regelmäßig reinigte und ent-sorgte.

Ein Amerikaner war es dann auch, der dieses Hygienekon-zept auf den europäischen Kontinent brachte. Der in Deutsch-land lebende Fred Edwards gründete 1973 in Velbert bei Essendie erste Firma in dieser Branche. Er wollte eine Dienstleistungschaffen, die zwei grundlegende Probleme unserer Gesellschaftlöst: Intimität und Hygiene sowie Umweltschutz an Plätzen undVeranstaltungsorten mit mangelnder WC-Infrastruktur.

Das erste Modell mit der Bezeichnung DIXI A (1973 bis 1980)produzierte er noch in Eigenregie. Die einteilige Fiberglaskabinewar im Vergleich zu den heutigen Modellen sehr schwer. Mit ihrer Aufstellung hatten die langen Fußmärsche von Veranstal-tungsbesuchern und Bauarbeitern zu Toiletten in benachbartenGaststätten oder Privathäusern ein Ende, ebenso wie die Ver-schmutzung von Wiesen und Waldrändern.

Der Durchbruch gelang den mobilen Sanitäreinrichtungenim Jahr 1980 anlässlich des Papstbesuchs von Johannes Paul II.in Deutschland. Fred Edwards führte erfolgreich ein neues Mo-dell ein: DIXI B. Es war die erste mobile Toilettenkabine ausrecycelbarem Kunststoff, mit deutlich mehr Bewegungsfreiheitim Innenraum, einem Lichtkuppeldach, einer Schließvorrichtungvon innen und einer Be- und Entlüftungsvorrichtung. Neben die-sen Ausstattungsdetails war sie auch optisch neu gestaltet. Statt

| 67

Litfass-Säulen genannt wurden, in deren Innerem ebenfallsVespasiennes untergebracht waren.

Die Anschlagsäulen waren zugleich Brunnengehäuse, dieVespasiennes waren innen mit Gas erleuchtet und durch Was-serleitungsrohre stets rein zu halten. Anfangs wurden 56 diesergusseisernen, zunächst sechs-, später auch achteckigen Stehan-stalten aufgestellt. Café Achteck nannten die Berliner respektlosihre Rotunden. Erst 1874 folgte das erste Pissoir für Frauen imBerliner Rathaus. Der zahlenmäßig höchste Stand an öffentli-chen Bedürfnisanstalten wurde 1928 erreicht. Es gab damals inGroßberlin 240 Voll- und 380 Stehanstalten, aber hauptsächlichfür Männer. Für Frauen gab es in Zürich 1883 die ersten öffentli-chen Toiletten.

Mobile Bedürfnisanstalten früher: Vasen und hölzerne Bütten InRom kannte man auf Straßen und Plätzen aufgestellte Vasen, diezum Sammeln von Urin dienten, der für Gerber und andereHandwerksberufe ein wertvoller Werkstoff war. Vom Mittelalterbis Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Städten tragbare Holz-bütten, die zur Verrichtung der plötzlich auftretenden großenund kleinen Geschäfte dienten und gegen einen Obulus benutztwerden konnten. So wird aus Wien um 1850 berichtet: »Die Wor-te: K.K. privilegierte Retirade auf einer kleinen hölzernen Butte in ir-gendeinem Winkel der Stadt besagen nicht mehr und nicht weniger,dass die Polizei ein unternehmendes altes Weib autorisiert hat, ein in-times Kabinett zu errichten, wo natürliche Bedürfnisse verrichtet wer-den können. Diese Butten sind mit hölzernen Querbrettern oben ver-schlossen, die aber wieder ein großes, kreisrundes Loch aufweisen.Bedürfnisse werden unter einem großen Mantel verrichtet.«

Das mobile Örtchen heute: Im Dienst von Mensch und NaturDie Erfolgsstory der mobilen Örtchen, so wie wir sie heute vonvielen Veranstaltungen und Baustellen kennen, begann in den1940er Jahren an der Ostküste Amerikas. Tausende Amerikanerarbeiteten in den Werften, wo die sanitären Einrichtungen nochnicht für so viele Menschen ausgelegt waren. Weite Wege zu denStillen Örtchen mit langen Wartezeiten mussten in Kauf genom-men. Diesen Notstand erkannte ein cleverer Geschäftsmann

66 |

Oben links: Tankentsorgung beim ersten DIXI A aus Fiberglas von 1973. Danebendas Modell DIXI B von 1980 mit Urinal und Entlüftung.

Die Namensschöpfer von DIXI wollten den Toilettengang,der in der Öffentlichkeit ein Tabuthema war und oft ambivalen-te Gefühle auslöste, positiv in den Köpfen verankern. Nach in-ternen und externen Befragungen wurde der Name DIXI von al-len Altersgruppen und Bevölkerungsschichten favorisiert.Junge Leute assoziierten mit dem Namen den Sound der Dixie-land Musik und Männer haben das Wort mit dem von 1903 bis1928 in Eisenach produzierten Dixi-Automobil in Verbindunggebracht.

Der Erfolg der DIXI-Kabinen lockte weitere Anbieter auf denMarkt, so auch die WC-Mietfirma TOI TOI in Wiesbaden im Jahre1983. Sie brachte Design ins Spiel und betrachtete die mobilenHäuschen als kleine Bauwerke, die Städte und Landschaften ge-stalten. Erstmals wurden gemeinsam mit namhaften DesignernKabinen entwickelt, die Funktionalität mit Ästhetik vereinten. DieFarben Weiß und Blau waren Synonym für Sauberkeit und Fri-sche, das rote Herz weist den Nutzern den Weg. Darüber hinauszeichnen sich die TOI-Kabinen durch eine benutzerfreundlichereGestaltung des Innenraumes aus.

Seit 1997 gehen DIXI und TOI TOI einen gemeinsamen Wegund haben sich als fortschrittlichster Entsorgungsdienstleisterder Branche etabliert. Die Marken DIXI und TOI TOI sind nach derFusion erhalten geblieben. Aus dem ehemaligen Standort in Vel-bert entwickelte sich die heute weltweit tätige ADCO-Gruppe.

Die Produktpalette wurde in den vergangenen Jahren ständigweiterentwickelt. Das Angebot reicht heute von der mobilen Toi-lettenkabine über moderne Toilettenwagen bis hin zu VIP-Sanitär-containern. Für die hygienische Reinigung wird modernste Tech-nik genutzt. Seiner Verantwortung gegenüber der Umwelt wirdder Dienstleister sowohl bei der Produktion der Toilettenkabinenals auch bei der ökologischen und fachgerechten Entsorgung ge-recht.

Welch weiter Weg war es von der einfachen, tragbaren Holz-bütte mit Holzbrett und einem einfachen Sichtschutz des Be-nutzers durch einen Mantel zu diesem Komfort eines mobilenKlosetts.

| 69

des grauen Vorgängermodells wies diese Kabine nunmehr blaueSeitenwände auf, eine Farbe, mit der man seit jeher Frische as-soziiert, und die mit einem Herz verzierte braune Tür erinnert andas Holzhäuschen im Garten von nebenan.

Während die mobilen Toilettenkabinen bis dahin nur auf Bau-stellen und im Freizeitbereich eingesetzt wurden, hatten sie nunerstmals ihren großen Auftritt bei einer Massenveranstaltung. Eswar nicht nur die Neugestaltung dieser Toilettenkabine, die zumErfolg beitrug, sondern auch das eng damit verbundene Dienst-leistungskonzept. Neben dem Aufstellen der Kabinen erhieltender hygienische Service und die fachgerechte Entsorgung immermehr Bedeutung. Doch nicht nur das Konzept der Dienstleistung,sondern auch das der Namensgebung ging auf.

68 |

Mobile Toilettenkabinen leben vom Service und dem Abbau von Benutzerempfindlichkei-ten. Das Erfolgsrezept: Intensive Wartung und Komfort durch Raumangebot, Wasserspü-lung und gute Luft. Links eine DIXI B auf der Wetterstation am Brocken, rechts oben einHigh-Tech Servicewagen mit integriertem Abwassertank und Hochdruckreiniger, untenMitte eine TOI-Kabine auf der Burg Greifenstein / Thüringen und rechts die neueste Ent-wicklung TOI Fresh mit automatischer Frischwasserspülung und großem Handwaschbecken.

Plumpsklos heute: Relikte früherer Alltags-kultur oder ökologische Alternative?

Die Geschichte des Klos war stets von dem Zielkonflikt Sauber-keit, Hygiene und Komfort geprägt. Gaststätten, Hotels, Städteund Länder werden auch heute noch zurecht stets nach ihremsanitären Standard beurteilt. Ein Londoner Stadtführer speziellfür die besten Toiletten aus dem Jahr 1966 listete z.B. das StrandPalace auf, auf dem die Herren nicht nur auf marmornen Brillensaßen ganz wie im alten Babylonien, sondern sich während ihresAufenthalts dort die Schuhe putzen lassen konnten. Und im In-ternet gibt es heute eine recht erfolgreiche Seite namenswww.klotest.de, auf der jeder sein Urteil nach dem Besuch einerÖrtlichkeit auflisten und die Beurteilung anderer nachlesenkann. Typisch ist auch eine dpa-Nachricht, die im Januar 2003verbreitet wurde, dass Schanghai im Kampf gegen notorischstinkende und unhygienische Klohäuschen auf die Privatwirt-schaft setzt. Passanten können ihre Geschäfte bereits in der er-sten privatisierten öffentlichen Toilette verrichten – für nur fünfMao (etwa 10 Cents) und im Duft exotischer Weihrauchstäb-chen. Medizin gegen Durchfall, Lektüre gegen Langeweile undZigaretten seien ebenfalls im Angebot.

Plumpsklos: Relikte früherer AlltagskulturIn Deutschland hatte das Plumpsklo ausgedient, als die Kanali-sation nicht nur die Städte, sondern flächendeckend das Landerreicht hatte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt eroberte das WCdie Haushalte. Dieser Prozess war in den Großstädten um 1900,auf dem Land etwa in den 1950er Jahren abgeschlossen.

Seitdem verfallen die meisten Plumpsklos oder werden zuanderen Zwecken umgenutzt. In Museen und Freilichtmuseenpflegt man sie als Zeugen vergangener Alltagskultur, und in Ver-öffentlichungen und Ausstellungen werden sie von Regional-

70 |

Die Natur gibt den verfallenen Idyllen einen unverwechselbaren Charme –aber ein Zurück zur ursprünglichen Aufgabe dieser Plumpsklos in Martfeld(oben) oder in Alzey-Heimersheim (unten) wird es nicht geben.

gottlose Tat, eine frevelhafte Geste des Todes. .... Im Namen falscherHygienegesetze verlieren wir unsere kosmische Substanz, verlieren wirunsere Wiedergeburt... Homo – Humus – Humanitas, drei Schick-salswörter gleichen Ursprungs. Humus ist das wahre schwarze Gold –Scheiße wird zu Gold. Die Wassertoiletten sind eine der vielen gefähr-lichen Sackgassen unserer Zivilisation: Verschwendung von Unmen-gen reinem Trinkwasser, um etwas Scheiße und Urin fortzutragen.Aus 1 kg Wertvollem werden so 50 Liter gefährlicher Substanz.« So-weit ein Zitat von Hundertwasser, das auf der Webseite des Bun-des für Gesundheit e.V. www.bfgev.de nachzulesen ist.

Das ökologische Kompostklo Ökologische Ansätze und derenpraktische Umsetzung werden heute in Deutschland u.a. durch dieBaupläne von Christian Kuhtz verbreitet. Sie sind in seiner Reihe»Einfälle statt Abfälle« nachzulesen und dank der verständlichenZeichnungen in Eigenregie mit geringem Kapitaleinsatz nachzu-bauen. Der Titel lautet: »Das Kompostklo. Selbstbau & Erfahrung -3 einfache, bewährte Baupläne«. Da die Bestellung über den Buch-handel schwierig ist, sollte man am besten beim Autor direktnachfragen, Hagebuttenstr. 23, 24113 Kiel. Sein Credo in Kurz-form: Beim Plumpsklo findetkeine Kompostierung statt, weildie Ausscheidungen in der Gru-be unter Luftabschluss stehen.Dabei hält das Wasser aus demUrin die Luft ab, die die kom-postproduzierenden Mikroor-ganismen zur Vermehrungbenötigen, so dass bald einestinkende Fäulnis entsteht, dieähnlich wie in der Klärgrube le-diglich zu einer anaeroben Ver-

| 73

und Hausforschern dokumentiert. Auch in diesem Buch findensich einige Beispiele für Plumpsklos, die heute noch existieren.Doch englische Verhältnisse haben wir noch nicht erreicht.Nachdem das »Watercloset« eine angelsächsische Erfindung war,ist es einem britischen Verlag zu verdanken, dass er nicht nurein einziges Buch über Plumpsklos veröffentlichte, sondern zudiesem Thema nostalgisch eine ganze Buchreihe gestaltet. Beiwww.countrysidebook.co.uk finden sich die schönsten Plumpsklosdes Vereinigten Königsreichs, regional nach Grafschaften sor-tiert. Ihre Titel lauten: Cornish Privies, Devon Privies, ShropshirePrivies ...

Das Kompostklo: Ein ökologischer AnsatzObwohl heute die hygienischen und modernen wassergespültenToiletten nicht mehr aus der Haustechnik und der städtischenHygiene wegzudenken sind, wird das Kompostklo immer wiederals Alternative zum wasserverschwendenden Spülklosett und alsWeiterentwicklung des Plumpsklos alter Bauart propagiert. Da-bei ist diese Entwicklung nicht ganz neu, denn bereits in der An-tike hatte es erste Anzeichen für ein Erdklo gegeben und um1860 wurde von dem englischen Pfarrer Henry Moule das Erd-oder Trockenklosett empfohlen. Die Entwicklung der Erdklosettswurde durch die allgemeine Einführung der Schwemmkanalisa-tion unterbrochen, hatte in der Siedlungs- und Gartenstadtbewe-gung noch einmal eine Renaissance und gilt heute als Alternative,wenn ökologisch der hohe Wasserverbrauch Gegenstand derKritik ist.

Komposttoilette von Friedensreich Hundertwasser Der WienerKünstler, Baumeister und Architekt Friedensreich Hundertwas-ser hat nicht nur im Bauwesen für unorthodoxe Lösungen plä-diert, sondern war auch ein glühender Verfechter vom Kompost-klo. Er prangerte mit starken Worten in seinen Ausführungenüber die Komposttoilette 1975 bis 1980 die Wasserverschwen-dung als Vernichtung von Vermögenswerten und Eingriff in denKreislauf der Natur an. »Jedesmal, wenn wir die Wasserspülungbetätigen, im Glauben eine hygienische Handlung zu vollziehen, ver-stoßen wir gegen kosmische Gesetze, denn in Wahrheit ist es eine

72 |

Großes Kompostklo mit Luxus imEigenbau gefertigt: Luftvorwär-mung neben der Treppe, Durch-lüftungsrohr mit Zugverstärkungdurch Sonnenwärme.

wäre es heute in Entwicklungsländern ebenfalls ein erster Ansatz,um Krankheiten zu bekämpfen und darüber hinaus ein Minimuman Lebensqualität zu ermöglichen. Als schlichter Ein- oder Dop-pelsitzer oder als Kompostklo mit naturfreundlicher Entsorgungist es auch heute noch in gering besiedelten Regionen auf derganzen Welt die beste aller realisierbaren Lösungen, um mitMuße und Bequemlichkeit seinem alltäglichen Geschäft nachzu-gehen.

Wer mit offenen Augen durch Deutschland und seine Anrai-nerstaaten fährt, wird – wie ich es bei meinen Recherchen fest-stellen konnte – noch viele Plumpsklos finden, die entweder seitlängerer Zeit unbenutzt sind und langsam verfallen oder auchsolche, die noch in Betrieb sind oder bei Bedarf wieder in Betriebgenommen werden könnten und bis dahin der Aufbewahrungder Gartengeräte oder der Vogelhäuschen dienen. Sofern manden Platz nicht braucht, ist ihr Überleben meistens gesichert,selbst wenn es als Plumpsklo seine urspüngliche Aufgabe ver-loren hat.

| 75

rottung führt. Anders dagegen bei einem richtig konstruiertenKompostklo, das den Regeln der Natur folgt. Hier findet eine ae-robe Verrottung statt, bei der Wind und Sonne trocknen, dasLaub aufsaugt und gegen Kälte isoliert, halbverrotete Schichtennoch mehr aufsaugen und Mikroorganismen und große Kom-posthelfer alles in Humus umwandeln.

Das Wichtigste beim Bau von Kompostklos ist daher ein luft-durchlässiger Unterboden mit Belüftung von unten und sicher-heitshalber ein dichter Untergrund, damit nichts in das Grund-wasser versickern kann, sowie eine wärmeschützende Wand, diedie Rottung begünstigt. Wenn Luft und Wärme vorhanden sind,dann ist der Ablauf ganz einfach. Vor jedem Gebrauch erfolgt ei-ne Einstreu von Spänen, Laub o.ä., die bei Kälte größer seinmuss als im Sommer. Danach wird der Deckel mit Dichtung we-gen der besseren Luftzirkulation geschlossen und das Ergebnisist binnen kurzer Zeit wertvoller Kompost.

Während solche Klos in Entwicklungsländern, in Skandinavi-en und sogar im den hochmodernen USA schon weit verbreitetsind, haben Anhänger in Deutschland meist größere Schwierig-keiten. Es gibt Kompostklos als Eigenbauten und behördlich an-erkannte Konstruktionen. Während erstere in der Regel nur alsZweitklos eingebaut werden dürfen, genießen z.B. die schwedi-schen Klos der Marke Clivius Multrum in luxuröser Ausführungund einige andere TÜV-geprüfte Modelle behördlichen Segen.Zum Beispiel hat sich die Firma Berger-Biotechnik in Hamburg– www.berger-biotechnik.de – auf solche Sanitärprodukte spezia-lisiert.

Rückblick und Ausblick: Klo und SoDas Plumpsklo als kleines Häuschen vor der Tür hat heute inzivilisierten Ländern mit enger Bevölkerungsdichte und mit ei-ner flächendeckenden Wasser- und Abwasserregelung keine Da-seinsberechtigung mehr. Seinen Platz hat das inzwischen weitverbreitete und für seine Benutzer so bequeme Wasserspülklo-sett eingenommen. Aber so wie das Plumpsklo in hoch zivilisier-ten Ländern der Antike und in Europa seit dem Mittelalter ein erster wichtiger Schritt war, in schnell wachsenden Ballungszen-tren für ein Minimum an Hygiene und Sauberkeit zu sorgen, so

74 |

In Niedersachswerfen an der B4 stehen diese Doppelsitzer versteckt im Garten, die mit ihren Grafitti den dekorativen Anschluss an die modernen Zeiten geschafft haben. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch sie von der Modernitäts- und Abrissmentalität betroffen werden.

Literatur– Eine Auswahl –

Der Holznagel Mitteilungsblattder Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V., 25. Jg., Heft 4,Juli / August 1999

Die Pracht der Latrine: Zum Wan-del öffentlicher Bedürfnisanstaltenin der kaiserlichen Stadt. Pfeil,München 1994

Bartz, Gabriele, Karnein, Alfred,Lange, Claudio Liebesfreuden imMittelalter, Orbis, München 2001

Black, Maggie Küchengeheimnis-se des Mittelalters, Flechsig Verlag

Bleichrodt, Wilhelm Günther Ar-chitektonisches Lexikon oder allge-meine Real-Encyklopädie der ge-sammten architektonischen unddahin einschlagenden Hilfswissen-schaften, Bernhard Friedrich Voigt,Weimar 1840

Blume, Jacob Von Donnerbalkenund innerer Einkehr: eine Klo-Kultur-geschichte, Verlag die Werkstatt, 2002

Borst, Otto Alltagsleben im Mit-telalter, Insel Verlag, Frankfurt a.M.1983

Bruckner, Gerlinde Klo & So.Museum für Historische Sanitär-objekte, Gmunden 1999

Coturnix Erbauliche Enzy-Clo-Pä-die, Meyter Wien, München 1979

Cramer, Johannes Der Abtritt –Anmerkungen zu einem vergesse-nen Thema. In: Jahrbuch für Haus-forschung, 1985, Sonderbau: Haus-bau im Mittelalter, S. 409-415

de Bonneville, Françoise DasBuch vom Bad, Heyne Verlag,München 1998

Ditmar-Trauth, Gösta Die Entste-hung des Deutschen Bürgerhausesim Mittelalter. Karfunkel Verlag,Wald-Michelbach 2002

Florin, Lambert Backyard classic:an adventure in nostalgia, SuperiorPublications, Seattle 1975

Faber, René Anrüchig. Von Donn-erbalken, Nachtvasen und Kunst-furzern, Droemersche Verlags-anstalt, München 1992

Feuerstake, H. Jürgen, Schmidt,Oliver H. (Hrsg.) Zisterzienser-klöster in Brandenburg, Lukas Verlag, Berlin 1998

Giesen, Rolf Das Klo. Schmutzwird durch Poesie erst schön, Kramer Berlin 2000

Haig, Catherine Kreative Ideenfürs Badezimmer, Könemann Ver-lagsgesellschaft, Köln 1998

Horan, Julie L. Sitting pretty: anuninhibited history of the toilet,Robson Books, London 1998

Illi, Martin Von der Schîssgruobzur modernen Stadtentwässerung.Verlag Neue Zürcher Zeitung,Zürich 1987

Imhof, Michael Bauen und Woh-nen in einer fränkischen Kleinstadtvom 16. bis 19. Jahrhundert,Bayerische Verlagsanstalt Bam-berg, Bamberg 1993

Kilroy, Roger The compleat loo: a lavatorial miscellany, Gollancz,London 1984

Plumpsklo-VokabularBegriffe im Zusammenhang mit Plumpsklo & So

– Eine Auswahl –

00 Abaton abitorium Abort Abortanlage Aborterker AbortnischeAborttrichter Absaugklosett Abtritt Abtrittlaube Abwasser AbwasserrinneAphedron Abtritterker Abtrittkonstruktion Abtrittgrube AbtrittkübelAbtrittlaube Abtrittschacht Abwasser Abwassergraben Abwinkel Allerau jardin angewiesener Ort anrüchiges Örtchen Anstandsort AppartementArschspühlkämmerlein Ausgang außenliegender Abort BauernabtrittBedürfnisanstalt Binnenborder Bourdaloue Brunzscherb Café Achteckcamera secreta Clo Cloaca Closett Comidité Comodité Danzger DanzigerDanzk Dansker Danzke Dat lüttje Hus Dole Donnerbalken Doppel-decker Doppelsitzer Down the gardenpath Dunglege Ehgraben Exitus necessarius Fäkaldepot Fäkalien Fäkaliengrube Feldgang Feldstein-kloake Flachspülklosett fosse fixe fosse mobile Fünfdecker geheimer OrtGelegenheit gewisses Örtchen Grube Häusl haimlich gemäch heimlichesGemach heimeliches Gemach heymeliches Gemach Heimlichkeit Herzhausheymliche Kammer Heymlichkeit Hockabort Hopper closet innenliegenderAbort intime Örtlichkeit intimes Kabinett Jauchegrube Kackhaus Kack-stuhl Kammerstuhl Kammertopf Kläranlage Klappengemach Klappen-klosett Kleines Häuschen Klo Kloake Kloakenanlage Klosett Klosett mitWasserspülung Klosette Klosettschuppen Kommodität KommoditeLatrina Latrine latrinae publicae Latrium Läublein Leibstuhl Lieu à l’anglaise locus privatus Lokus Loo Miste Misthaufen MigpottMitternachtsvase Mobiles Örtchen Na dei Pier kieken Nachtbecken Nacht-geschirr Nachtscherben Nachtstuhl Nachttopf Nachtvaas necessariumNischenklo Notdurftstuhl Odelgrube Orgl’pfeifa Ort Öffentliche Bedürf-nisanstalt Örtchen Outhouse Pappenheimer Pedestalklosett PervetePfannenklosett Pillerpott Pinkelablauf Pinkelpott Pinkelwinkel Pinkula-torium Pissbecken Pissbütt Pissfatt Pisspott Pissoir PlumpskloPlumsklo Plumpsklosett Potchamberl prevaet privata privatoriumPrivé Privet Privy Priwee profeye Punschpott Punschterrin PuschpottRaum für kleinere Bedürfnisse Reihe requisitumnaturae RetiradeSammelgrube Schamwand Scheißhaus Scheißkübel Scheißstuhl ScherbenSchiethüsken Schiethuus schizhus Schneckenpissoir SchwindgrubeSchwemmkanal Schwundgrube Secret sedilia Seichkübel SeichpottSenkgrube Siebensoach Sitzabort Sitzbalken Sitzleiste Sitzstangeskaphia Sprachhäusel Sprachhus Spülklosett Stankgemach StehabortStehanstalt sterquilinium Stilles Örtchen Stinkpott Stuhl ThronTiefspülklosett Toilette Toilettenhäuschen Tonne Topfstuhl TorfstreuabortTrichterklosett Tutti gabinetti Urinal Urinalclosett Urinfass Vasevase de nuit Versetzgrube Versitzgrube Vespasian vespasiennesVollanstalt Wassercloset Wasserklosett Wasserspülklosett WC WinkelZimmerklosett Zimmer-Kloset

| 7776 |

Anhang

Bildnachweis

ADCO Umweltdienste Holding, Ratingen 54 (unten 4. v. li.), 67 (2),68 li., re. oben und re. unten

Alltagsleben im Mittelalter, OttoBorst, Insel Verlag 1982 (S. 217 und389) 11, 13

Archiv für Hausforschung, Institutfür Volkskunde, München 14

Das Buch der Erfindungen, Reuleaux, Otto Spamer, 1884 (S. 356) 42

Doege, Christine, Bergheim 60

Kulturgeschichte Europas, Nau-mann & Göbel, Köln (S. 89) 22

Fischer, Konrad, Hochstadt 32,53 re.

Günnel, Andreas, Suderburg 61

Ihns, Jan, Niendorf 57 unten 2.v.l.

Imhof, Michael, Petersberg 35 li.

Kuhtz, Christian, Kiel 73

Kunze, Bernd, Martfeld 53 li., 55unten, 1. und 2. v. li., 57 1. und 3. v.li., 59 unten re., 71 oben

Latrinen im Augustinerkloster, DieLatrinen auf dem Areal des Augu-stinerklosters. Materialhefte zurArchäologie in Basel, 1995 / Heft10, Pia Kamber, (S. 14) 39

Liebesfreuden im Mittelalter, G. Bartz, Orbis Verlag, München2001, (S. 65) 36

Missbichler, W., Bingen 62

Müller, Wolf-Manfred, Mainz 56unten 2. v. li., 59 unten li., 71 u. (2)

Museum für Historische Sanitär-objekte, Gmunden 31, 38, 45, 49 (3), 50 (3 oben u. Mitte), 54 unten 2. v. li., 64 (2)

Museumsdorf Hösseringen, HorstLöbert 58

Opus Caementitium, H.-O. Lamp-recht, Beton Verlag 1993 (S. 123)29

Ottenjann, Helmut, Cloppenburg16, 52

Rohde, Mathias, LüdersdorfTitel, 8, 50 unten, 54 oben, 59 oben

Sammlung Walldorf, StaatsarchivSigmaringen Depositum Nr. 4430

Schade, Karin, Reinhausen 35 re.

Schlichting, Heide, Stade (Stadt-archiv Buxtehude) 34

Schrader, Halwart, Suderburg-Hösseringen 54 unten 4. v. li.

Schrader, Julia, Maintal 56 unten3. v. li., 57 unten 4. v. li.

Schrader, Mila, Suderburg-Hösseringen 2, 7, 17 (2), 19, 27(2), 46, 47, 54 unten 1. u. 3. v. li., 55unten 3. v. li., 56 oben, 56 unten 1.u. 4. v. li., 68 re. Mitte, 75, Rücktitel

Von der Schîssgruob zur modernenStadtentwässerung, Illi Martin,Verlag Neue Zürcher Zeitung, 1987(Cover, S. 8. 107, 157, 203, 204,205, 220, 226) 18, 21, 24, 25, 37,41, 63 (3), 65

Zisterzienserklöster in Branden-burg, H.-J. Feuerstake u.a., LukasVerlag, 1998 (S. 18) 20

| 79

Kramer, Wolfgang HygienischeVerhältnisse und Krankheiten aufdem Lande in früherer Zeit, Schrif-ten des Freilichtmuseum Neuhau-sen o. E. Band 3, Tuttlingen 1992

Kretzschmer, Fritz Bilddoku-mente römischer Technik, Panorama Verlag, Wiesbaden 1996

Kuhtz, Christian Das Kompost-klo! Selbstbau & Erfahrung – 3 ein-fache, bewährte Baupläne, VerlagEinfälle statt Abfälle, Kiel 1993

Kuisle, Anita Wasser. Vom Haus-brunnen zum Wasserhahn, Frei-lichtmuseum des Bezirks Oberbay-ern, Großweil 1994

Lange, Jörg Abwasser. Handbuchzu einer zukunftsfähigen Wasser-wirtschaft, Mallbeton-Verlag, DS-Pfohren 1997

Lobenhofer-Hirschbold, Franziskaund Weidlich, Ariane Sauber! Hygiene früher in Oberbayern.Schriften des Freilichtmuseumsdes Bezirks Oberbayern, Großweil1995

May, Herbert und Bedahl, KonradUnter Dach und Fach. Häuserbau-en in Franken vom 14. bis 20. Jahr-hundert, Bad Windsheim 2002

Mothes, Oscar (Hrsg.) Illustrier-tes Baulexikon Band I, Nachdruckder Originalausgabe von 1881, Ma-nuscriptum Waltrop und Leipzig1998

Palmer, Roy Auch das WC hatseine Geschichte, Pfriemer, Mün-chen 1977

Payer, Peter Die unentbehrlichenRequisiten der Großstadt. EineKulturgeschichte der öffentlichenBedürfnisanstalten von Wien,Löcker Verlag Wien 2000

Pudney, John The smallest room,Joseph, London 1954

Reuleaux, F. Das Buch der Erfin-dungen, Gewerbe und Industrien,1. Band, Otto Spamer, Leipzig undBerlin 1884

Routh, Jonathan The Good LooGuide, Where to go in London,Wolfe Publ., 1966

Schidrowitz, Leo (Hrsg.) Sitten-geschichte des Intimen: Bett, Kor-sett, Hemd, Hose, Bad, Abtritt,Verlag für Kulturforschung, Wien,Leipzig 1926

Storm, Hans Hermann Das Lebenauf dem Land: so war es damals.Erinnerungen in Wort und Bild,Christians Verlag, Hamburg 1998

Vorwig, Carsten Viel Gered umeinen stillen Ort. In: Bauen nachVorschrift? Waxmann, Münster,New York, München, Berlin 1002

Vosgerau, Heinz-Günter Mittelal-terliche Brunnen am Markt in Ol-denburg. Archäologische Untersu-chungen im Stadtkern.Oldenburger Jahrbuch Bd. 88, 1988

Winzer, Fritz (Hrsg.) Kulturge-schichte Europas. Von derAntike bis zur Gegenwart. Nau-mann & Göbel, Köln

78 |

Gusseisenöfen und Küchenherde: Geschichte, Technik, FaszinationEin historischer Rückblick

Mila Schrader, 128 Seiten,116 Abbildungen in S/W und in Farbe, 16 x 24 cm, gebunden

ISBN 3-931824-16-0

Dieses Buch ist eine Liebeser-klärung an eine historische Heiz-und Kochtechnik, die im Laufe derJahrhunderte verschiedene Ent-wicklungsstufen durchlaufen hat.Aus dem Feuerloch und der offe-nen Feuerstelle entwickelten sich

die unterschiedlichsten Herde.Zum Heizen gab es offene Kamine, Kachelöfen mit ihrer behaglichenWärme und schließlich seit dem 15. Jahrhundert die ersten Gussei-senöfen. Es waren zunächst Fünf-und Sechsplattenöfen, darauf folgen barocke Rundöfen, Aufsatz-öfen, Zirkulieröfen, im Historismusmonumentale Füllregulieröfen, indenen der industrielle Feinguss sei-ne höchste Blüte erreichte.

Die Faszination dieser Öfen undHerde liegt in ihrer gestalterischenund technischen Vielfalt. Sie sindheute nicht nur Museumsstücke,sondern in Wohnungen ein schö-nes Mobiliar und eine spontaneZusatzheizung. Das Heizen mitHolz, das Prasseln des Feuers undder Anblick der Glut sind stets einunvergessliches Erlebnis.

Aktuelle Info bei www.anderweit.de

EDITION :anderweitVerlag für exklusive Bauthemen