Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und Agoraphobie

75
Prof. Dr. Tanja Michael Fachrichtung Psychologie Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und Agoraphobie

description

Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und Agoraphobie. Prof. Dr. Tanja Michael Fachrichtung Psychologie. Frau M. - PowerPoint PPT Presentation

Transcript of Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und Agoraphobie

Page 1: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Prof. Dr. Tanja Michael Fachrichtung Psychologie

Störungen des Erlebens und Verhaltens

Panikstörung und Agoraphobie

Page 2: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Frau M.

Sabine M. (34 Jahre, Lehrerin) leidet seit 11 Jahren an

wiederkehrenden Attacken intensiver Angst gekoppelt mit

massivem Herzklopfen, Schwindel und Schweißausbrüchen. Sie

vermeidet Situationen, in denen sie solche Attacken hatte.

Inzwischen traut sie sich kaum noch aus ihrer Wohnung. Sie

musste ihren Beruf aufgeben und selbst alltägliche Dinge wie das

Einkaufen werden ihr zur Qual.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 2

Page 3: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Die Geschichte von Frau M.

die Attacken begannen mit 23 Jahren ausgiebige ärztliche Untersuchungen ergaben keine

somatischen Krankheiten seit 2 Jahren war sie fast vollständig an ihre Wohnung gebunden der Verlust an Lebensqualität hatte depressive Verstimmung zur

Folge mehrere Psychotherapien halfen nicht manchmal möchte sie „einfach Schluss machen“

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 3

Page 4: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung / Agoraphobie

plötzliche Anfälle intensiver Angst („Angstanfall“, „Panikattacke“) Vielzahl körperlicher und kognitiver Symptome zentrale Befürchtung: Unmittelbare Katastrophe (sterben oder

verrückt werden) als Konsequenz: Sorgen, Veränderung des Lebensstils,

Vermeidung sehr häufig: spätere Agoraphobie Diskussion: Panik + Agoraphobie oder Agoraphobie + Panik

(ICD: Agoraphobie mit/ohne PS, DSM: PS mit Agoraphobie oder Agoraphobie ohne PS in Vorgeschichte)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 4

Page 5: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung mit Agoraphobie

schwere, chronische Angstkrankheit (Spontanremission unter 10%)

höchste Behandlungsquote aller psychischen Störungen aufwendige Differentialdiagnose und häufige Folgeprobleme

bewirken massive Gesundheitskosten hohe Rate von Fehldiagnosen und -behandlungen Suizidrate rund 18fach erhöht sehr häufig: Lebenszeitprävalenz 5%

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 5

Page 6: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikattacke nach DSM-IV

"Eine Panikattacke ist eine klar abgrenzbare Episode intensiver Angst undUnbehagens, bei der mindestens 4 der nachfolgend genannten Symptome abrupt auftreten und innerhalb von 10 Minuten einen Höhepunkt erreichen

Palpitationen (Herzrasen), Herzklopfen oder beschleunigter Herzschlag, Schwitzen, Zittern oder Beben, Gefühl der Kurzatmigkeit oder Atemnot, Erstickungsgefühle, Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust, Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Unsicherheit, Benommenheit oder der Ohnmacht nahe sein, Derealisation (Gefühl der Unwirklichkeit) oder Depersonalisation (sich losgelöst fühlen), Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden, Angst zu sterben (Todesangst), Parästhesien (Taubheiten oder Kribbelgefühle), Hitzewallungen oder Kälteschauer."

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 6

Page 7: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Auslöser von Panikattacken sind u.a. auch:

Gleichgewichtsstörungen (z.B. Morbus Menière) Herzkrankheiten mit Rhythmusstörungen (z.B. Angina pectoris,

Mitralklappenprolaps) Lungenkrankheiten (z.B. Lungenembolie, Asthma bronchiale) Migräne Schilddrüsenüberfunktion Unterzuckerung Drogenkonsum (alle Drogen einschließlich Alkohol) Einnahme von Neuroleptika Einnahme von Sympathomimetika (z.B. Nasentropfen,

Appetitzügler) starker Kaffee-Genuß

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 7

Page 8: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikattacken in nicht-klinischen Populationen

9,3 % bei repräsentativer Bevölkerungsstichprobe (Wittchen, 1986)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 8

Page 9: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Epidemiologische Daten zur Panikstörung und Agoraphobie

LebenszeitprävalenzPanikstörung 1, 4 – 3, 6%%

Agoraphobie 3,4 – 10, 9 %

Von allen Patienten mit psychischen Störungen ersuchen diejenigen mit Panikattacken am häufigsten professionelle Hilfe.

Patienten mit Panikattacken sind für das Gesundheitssystem besonders teuer.

In klinischen Stichproben sind Agoraphobien die weitaus häufigste Angststörung.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 9

Page 10: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Massive subjektive Beschwerden durch Panikattacken

„Herzfrequenz von 300!“ „Mein Herz droht zu zerspringen!“ „Ich ersticke!“ „Ich falle tot um!“ „Ich verliere den Verstand!“ „Ich bin nicht mehr ich!“ „Ich verliere das Bewusstsein!“

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 10

Page 11: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Geringe objektive Veränderungen: Ambulante Messungen

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

American Journal of Psychiatry (1986),Journal of Nervous and Mental Disease (1987),Journal of Psychophysiology (1990)

Schläge/Minute

86

88

82

9293

85

87 87

84

80

84

88

92

96

100

Studie 1 Studie 2 Studie 3

Herzfrequenz bei Panikanfällen und Vergleichsperioden

Baseline

Panik

Kontrolle

© Prof. T. Michael Folie 11

Page 12: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Pfaltz, M. C., Michael, T., Meyer, A. H., Grossman, P., Margraf, J., & Wilhelm, F. H. (2009, accepted pending revisions). Variability of Symptoms in Daily Life of Patients with Panic Disorder and Patients with Posttraumatic Stress Disorder. Journal of Anxiety Disorders.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Ambulante Erfassung der Symptomatik bei Patienten mit PTBS und Patienten mit Panikstörung

© Prof. T. Michael Folie 12

Page 13: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Theoretischer Hintergrund

Angststörungen: durch wiederkehrende Episoden starker Angst charakterisiert

Panikstörung (PS): Wiederkehrende Panikattacken im Vordergrund

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): wiederkehrende Episoden starker Angst im Zusammenhang mit Wiedererleben (DSM-IV: intensive psychische Belastung und körperliche Rekationen auf Hinweisreize)

erhöhte Angstvariabilität bei beiden Störungen, systematische Quantifizierung + direkte Vergleiche zwischen PS und PTBS fehlen jedoch

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 13

Page 14: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Fragestellungen

Ziel: Validierung diagnostischer Kriterien mittels Erfassung von Angstsymptomen über Zeit hinweg, nah an deren Auftreten + Vergleich der Variabilität von Angstsymptomen zwischen Panik- und PTBS-Patienten

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Hypothesen:1. Variabilität körperlicher Angstsymptome:

Bei Panik und PTBS stärker ausgeprägt als bei gesunden Kontrollen(Sekundäre Analysen: Variabilität von Angst und Depressivität)

2. Symptomfreie Episoden (keine körperlichen Angstsymptome): Patientengruppen unterscheiden sich von Kontrollen und untereinander bezüglich der Dauer.

© Prof. T. Michael Folie 14

Page 15: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

MethodeVersuchspersonen: Panikstörung (n=26) PTBS (n=17) gesunde Kontrollpersonen (n=28)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Einschlusskriterien

Panik aktuelle Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, keine Suizidalität

PTBS aktuelle PTBS, keine Suizidalität

Kontrollen keine aktuelle Achse-I Störung, keine Angststörung in der Vergangenheit

© Prof. T. Michael Folie 15

Page 16: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Methode

Traumata innerhalb der PTBS-Gruppe: physischer oder sexueller Missbrauch (n=8) Verkehrsunfälle (n=5) Naturkatastrophen (n=2) andere (n=2)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

PTBS (M±SD) Panik (M±SD) Kontrollen (M±SD) p

Alter (Jahre) 43.8±15.4 36.3±11.6 38.6±11.4 0.16Bildung (Jahre) 11.3±1.7 10.8±1.8 11.5±1.6 0.36

Weiblich (%) 47.1% 73.1% 64.3% 0.22

© Prof. T. Michael Folie 16

Page 17: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Basler Elektronisches Angsttagebuch (BEAT)

Palmtop (Tungsten E)

Erfassung von Emotionen, Kognitionen und körperlichen Symptomen bei Panik, PTBS und gesunden Kontrollen im Alltag

ca. 100 Items (z.B. Fragen bzgl. Angstsymptomen, Vermeidungsverhalten, Stimmung, aktuelle Tätigkeit, Personen, Orte)

verschiedene Antwortformate (Rating-Skalen, Zeiterfassung, dichotome Ja/Nein Antworten etc.)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 17

Page 18: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Basler Elektronisches Angsttagebuch (BEAT)Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 18

Page 19: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Methode

Untersuchte Variablen:

Variabilität von körperlichen Angstsymptomen, Angst und Depressivität (-

> RMSSD)

Dauer symptomfreier Episoden

(Symptomfreie Episoden über gesamte Woche hinweg -> mittlere Dauer)

Fragebogen zur Emotionsregulation

(ERQ, Gross & John, 2003): Subskala zur Ausdruckshemmung

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 19

Page 20: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse: Akzeptanz und Reaktivität

Ratings (0=gar nicht, 10=sehr stark) PTBS Panik Kontrollen

Veränderungen im Verhalten durch

Untersuchungsmethode* 2.8 (2.9) 2.5 (2.6) 0.9 (1.6)

Mehr auf psychische Verfassung geachtet * 6.2 (2.8) 5.7 (2.7) 2.15 (2.5)

Mehr auf körperliche Veränderungen geachtet * 5.8 (3.0) 5.4 (2.5) 1.77 (2.4)

Negative Reaktionen anderer auf die Untersuchungsmethode 1.1 (2.2) 0.5 (1.3) 0.35 (1.4)

Die Reaktionen anderer waren mir unangenehm 1.2 (2.4) 0.7 (1.5) 0.46 (1.3)

Empfand das Tagebuch als störend 3.0 (2.2) 2.0 (2.2) 1.58 (2.1)

Empfand die Selbsteinschätzung als Hilfreich * 6.1 (2. 5) 7.1 (2.9) 3.0 ( 3.3)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

• * PD=PTSD>HC, p’s < 0.013

© Prof. T. Michael Folie 20

Page 21: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse: VariabilitätStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

RM

SS

D

KörperlicheAngstsymptome

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

Angst Depressivität

Kontrollen

Panik

PTBS

•*

•*

•*

•*

•*•*

•*

* p<0.006

© Prof. T. Michael Folie 21

Page 22: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse: Symptomfreie EpisodenStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

• HC PD PTSD

Dau

er s

ympt

omfre

ier

Epi

sode

n (S

td.)

0

24

48

72

96

• HC

• PD

• PTSD

•*

•*

•*

Kontrollen Panik PTBS

* p<0.048

Mittlere Dauer symptomfreier Episoden (Mittelung über Woche)

© Prof. T. Michael Folie 22

Page 23: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse: Emotionsregulation

RMSSDAngst

RMSSDDepressivitä

t

RMSSD

KAS*

Panikr=-0.003p>0.98

r=-0.038p>0.85

r=0.15p>0.46

PTBSr=0.43p>0.1

r=0.62p=0.013

r=0.05p>0.85

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Korrelationen mit Ausdruckshemmung:

*körperliche Angstsymptome

*p‘s<0.02

0

5

10

15

20

25

1

Aus

druc

kshe

mm

ung

Ges

amts

core

Kontrollen Panik PTBS

•*

•*

•*

© Prof. T. Michael Folie 23

Page 24: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Zusammenfassung und Diskussion

Panikstörung und PTBS: erhöhte Variabilität körperlicher Angstsymptome + verkürzte Dauer symptomfreier Episoden

körperliche Angstsymptome bei PTBS: stärkere Variabilität + kürzere Dauer symptomfreier Episoden

Datenlage konsistent mit Wiedererlebenssymptomatik Validierung diagnostischer Kriterien im Alltag der Patienten

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 24

Page 25: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ang

st (0

-10)

Dep

ress

ivitä

t (0-

10)

Kör

perli

che

Ang

stsy

mpt

ome

(0-1

0)Wochenverläufe innerhalb der 3 Gruppen

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

AngstPTBS=PS>HC, p‘s<0.001

DepressivitätPTBS>PS>HC, p‘s<0.05

Körperliche AngstsymptomePTBS>PS>HC, p‘s<0.04

© Prof. T. Michael Folie 25

Page 26: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Einzelne Paniksymptome (Mittelwerte über Woche)

0

0,1

0,2

0,3

0,4HC PD PTSD

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 26

Page 27: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Monique C. Pfaltz, Tanja Michael & Frank H. Wilhelm(in Vorbereitung)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Dissoziation und Wiedererlebens-symptome bei PS und PTBS

© Prof. T. Michael Folie 27

Page 28: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Theoretischer Hintergrund

Wiedererleben und dissoziative Symptome sind Hauptmerkmale der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)

keine Studien mit PS

Beurteilung der Symptome anhand retrospektiver Selbstbeurteilungen Verzerrung von Erinnerungen

keine Validen Untersuchungen der Intensität und Anzahl der Symptome, die Patienten im täglichen Leben erleben

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 28

Page 29: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ziele und Hypothesen

Erfassung von Dissoziation und Wiedererlebenssymptomen nahe an deren Auftreten Quantifizierung der Belastung

Dissoziation und Wiedererlebenssymptome: Assoziation mit bestimmten Emotionsregulationsstrategien?

Der Gebrauch inadäquater Emotionsregulationsstrategien (z.B. Gedankenunterdrückung, Unterdrücken von Gefühlen) erhöht die Anzahl der Symptome.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 29 Wegner, Amstadter & Vernon (2006); Moore et al. (2008)

Page 30: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Methode

Ausgewählte Variablen Symptome des Wiedererlebens (Ja/Nein):

• Wiedererleben des Traumas

• belastende Gedanken an das Trauma

• Traumaerinnerungen

Dissoziative Symptome (0-10):

•ins Leere starren

•sich wie ein Roboter fühlen

•neben sich stehen

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 30

Page 31: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Methode

Ausgewählte Variablen Emotionsregulationsstrategien:

• Ich versuchte…

…nicht über das Trauma zu sprechen (Ja/Nein)

…nicht an das Trauma zu denken (Ja/Nein)

…Gefühle im Zusammenhang mit dem Trauma zu unterdrücken

(Ja/Nein)

…meine Gefühle zu verbergen (0-10)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 31

Page 32: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse – TraumaerinnerungenStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Anzahl Traumaerinnerungen (Erinnerungen an die schlimmste Panikattacke oder negativstes Erlebnis) pro Woche

10

2

4

6

8

10

12

14

16

18

KG PS PTBS

•*

•*

•*

* p<.002

© Prof. T. Michael Folie 32

Page 33: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse – Belastende GedankenStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Anzahl belastende Gedanken an das Trauma (an die schlimmste Panikattacke oder das negativste Lebensereignis) pro Woche

* p<.018

10

2

4

6

8

10

12

14

KG PS PTBS

•*

•*

•*

© Prof. T. Michael Folie 33

Page 34: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse – WiedererlebenStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Anzahl Wiedererlebensberichte pro Woche

10

1

2

3

4

5

6

7

8

9

KG PS PTBS

•*

•*

•*

* p<.05

© Prof. T. Michael Folie 34

Page 35: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse – Dissoziative SymptomeStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Anz

ahl d

isso

ziat

iver

Sym

ptom

e pr

o 3-

Stu

nden

Inte

rval

l

Series10

0.5

1

1.5

2

2.5

3

KG PS PTBS

•*

• *

Series10

0.5

1

1.5

2

2.5

3

KG PS PTBS

Inte

nsitä

t der

dis

sozi

ativ

en S

ympt

ome

(0-1

0)

•*

• *

* p<.001

© Prof. T. Michael Folie 35

Page 36: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

PTBS hohe Alltagsbelastung durch Traumagedanken, Erinnerungen und

Wiedererleben Versuche, die Gedanken zu unterdrücken führt zu belastenden

Traumagedanken Erweiterung experimenteller Laborbefunde (Shipherd & Beck, 1999; Amstadter & Vernon, 2006)

PS hohe Anzahl von Wiedererlebenssymptomen Gefühle verbergen und Gedankenunterdrückung Anzahl der Symptome des Wiedererlebens Intensität der dissoziativen Symptome

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 36

Page 37: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Kinder von Personen mit Panikstörung tragen hohes Risiko für Ausbildung der Störung

„In der Wahl seiner Eltern kann man nicht vorsichtig genug sein“

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 37

Page 38: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Prospektive LängsschnittstudieStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

NAlter in JahrenWeiblich (%)„Panik-Kinder“ (N)„Phobie-Kinder“ (N)„Kontroll-Kinder“ (N)

T1140

11.7 (2.6)56%662252

T 2113

18.4 (3.6)58 %

531743

Wiederteilnahme-Rate: 81 %Follow-up Zeitraum: 6.3 (.9) Jahre

Schneider et al. © Prof. T. Michael Folie 38

Page 39: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Interpretations-Bias bei Kindern von Eltern mit Panikstörung

Interpretationsfragebogen für Kinder (basierend auf Fragebögen von McNally & Foa (1987); Clark et al. (1997); Margraf & Ebert (in Vorb.)

3 Typen von mehrdeutigen Stimuli panikrelevant neutral (Erkältung) phobierelevant (Spinne)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 39

Page 40: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Interpretationsfragebogen für Kinder (IF-K)

Beispiel-Item:

Der Bär Balu läuft durch den Wald. Plötzlich bemerkt er, dass sein Herz klopft, ihm ist schwindlig und heiß.

Was ist passiert?

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 40

Page 41: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Interpretationsfragebogen für Kinder (IF-K)

Panik (+1): Balu ist ängstlich. Er denkt, daß er sehr krank ist und einen Arzt braucht.

Neutral (0): Balu ist lange gelaufen. Er ist erschöpft und braucht eine Pause.

Positiv (-1): Balu ist sehr aufgeregt. Er wird gleich seine Freundin treffen.

2 parallele Versionen (Messwiederholung)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 41

Page 42: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Ergebnisse IF-KStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

-0.4

-0.3

-0.2

-0.1

0

0.1

0.2

0.3

Panik Phobie Erkältung

Art des Modells

IF-K

(nac

h-vo

r Mod

ell)

"Panik-Kinder"

"Phobie-Kinder""Kontroll-Kinder"

Schneider, Unnewehr, Florin, Margraf, J. Anx. Disorders (2002) © Prof. T. Michael Folie 42

Page 43: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Interpretations-Bias als Risikofaktor?

Kinder von Eltern mit Panikstörung zeigen nach Priming gleichen Interpretations-Bias wie ihre Eltern

Kinder haben jedoch noch keine Panikanfälle erlebt!

Sagt Interpretations-Bias Auftreten einer Panikstörung vorher?

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 43

Page 44: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Risikofaktor Interpretations-Bias

Merkmal in der Kindheit (M=10.7 Jahre, SD=2.0)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 44

Störung im Erwachsenenalter(M=19.0 Jahre, SD=3.9)

Interpretations-Bias

Panik / Agoraphobie

OR 3.0

Sozialphobien.s.

Angststörung

n.s.Spezifische Phobien.s.

N=68

Schneider & Nündel, European Neuropsychopharmacology (2002)

Page 45: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

RisikofaktorTrennungsangst (TA)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Hypothese: TA ist ein spezifischer Risikofaktor für Panikstörung/ Agoraphobie (Klein, 1964)

• retrospektive Studien: uneinheitliche Ergebnisse

• Familienstudien: einzelne Belege (Unnewehr, Schneider, Florin, Margraf, 1998)

prospektive Längsschnittstudien fehlen

© Prof. T. Michael Folie 45

Page 46: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

RisikofaktorTrennungsangst

Störung in der Kindheit (M=11.7 Jahre, SD=2.6)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Störungen im Erwachsenenalter(M=18.4 Jahre, SD=3.6)

Trennungsangst

Panik / Agoraphobie

OR 8.4

N=113

Sozialphobien.s.

Angststörung

n.s.Spezifische Phobien.s.

Schneider & Nündel, European Neuropsychopharmacology (2002) © Prof. T. Michael Folie 46

Page 47: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

RisikofaktorTrennungsangst

Störungen in der Kindheit (M=11.7 Jahre, SD=2.6)

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Störung im Erwachsenenalter(M=18.4 Jahre, SD=3.6)

Panik / Agoraphobie

TrennungsangstOR 8.4

Sozialphobie n.s.

Generalisierte Angststörung

n.s.

N=113

Schneider & Nündel, European Neuropsychopharmacology (2002) © Prof. T. Michael Folie 47

Page 48: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Biologische Modelle der Panikstörung

Suffocation false alarm theory (Klein, 60ziger Jahre): Respiratorische Abnormalitäten charakterisieren PS:

breath-by-breath variability und Atemvolumen bei PS erhöht (Laborbefunde)

Aber: Naturalistische Überprüfung der Hypothese ergab keinerlei Unterschied zwischen PS Patienten und Kontrollprobanden.

Pfaltz, M. C., Michael, T., Grossman, P., & Wilhelm, F. H. (2009). Ambulatory Monitoring of Automatic and Respiratory Regulation in Panic Disorder – No Evidence for Respiratory Trait Instability. Psychosomatic Medicine, 71, 869-876.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 48

Page 49: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Naturalistische Messung mit Life-Shirt

© Prof. T. Michael Folie 49

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Page 50: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Biologische Modelle der PanikstörungStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 50

Page 51: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Biologische Modelle der Panikstörung

Trotz state-of-the-art ambulatorischer Messung und hinreichender statistischer Power ergaben sich keinerlei Hinweise für respiratorische Abnormalitäten bei PS Patienten.

D.h., man kann vermuten, dass Laborbefunde durch eine erhöhte Reaktivität der PS Patienten auf die Experimentalsituation hervorgerufen wurden.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 51

Page 52: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Biologische Modelle der Panikstörung

Hyperventilationstheorie der Panikstörung (Lum; Ley; Garssen, 80ziger Jahre): akute und/oder chronische Hyperventilation löst Panikattacken aus

Aber: Es leiden weder die Mehrzahl der Panikpatienten an chronischer Hyperventilation noch tritt akute Hyperventilation regelmäßig bei akuten Panikattacken auf (Michael, Ehlers, & Margraf, 2003).

Jedoch: Willkürliche Hyperventilation löst bei der Mehrzahl der Panikpatienten Angst aus. Auch haben viele PS Patienten einen niedrigen arteriellen Partialdruck des Kohlendioxids (PCO2) vor belastenden Situationen.

Patienten interpretieren Hyperventilationssymptome stärker als Gefahr als Kontrollprobanden.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 52

Page 53: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Biologische Modelle der Panikstörung

Biochemische Auffälligkeiten: Patienten mit PS-Störung erleben häufig Panikattacken durch sog.

panikogene Substanzen (z.B. Natriumlaktatinfusionen, Koffein).

Aber: Substanzen stehen mit sehr unterschiedlichen bzw. sich sogar

gegenseitig ausschließenden biologischen Prozessen in Zusammenhang (Barlow, 2002).

Patienten mit PS unterscheiden sich nicht von KP in ihren Reaktionen auf Substanzen, wohl aber stark im Ausgangsniveau der Angst (Ehlers et al., 1986).

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 53

Page 54: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

SchwindelSchwächegefühleBenommenheitVisuelle SymptomeZittern, Blässe

PalpitationenBrustschmerzenSchwitzenAtembeschwerden

Körperliche Symptome

AtemnotWürgegefühlKloss im Hals

Kribbeln in den Extremitäten

Derealisation und DepersonalisationRasende GedankenKonzentrationsschwierigkeiten

Häufigste Fehlinterpretationen bei Panikanfällen

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Alle intensiven Angstsymptome

Ich werde in Ohnmacht fallen.Ich habe einen Hirntumor.Ich bekomme einen Schlaganfall.

Ich bekomme einen Herzinfarkt.

Ich ersticke.Ich höre auf zu atmen und sterbe.

Ich werde gelähmt, bin schwerkrank.

Ich verliere die Kontrolle über mich.Ich werde verrückt, muss ins Irrenhaus.

Diese Angst bringt mich um.

Gedanken / Interpretationen

© Prof. T. Michael Folie 54

Page 55: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Kognitives Modell der PanikstörungStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

KörperlicheSymptome

Wahr-nehmung

Gedanken„Gefahr“

„Angst“

PhysiologischeVeränderungen

Sichtbares Verhalten

Äußere Reize

Clark (1986) © Prof. T. Michael Folie 55

Page 56: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Kognitives Modell der Panikstörung

Zahlreiche Befunde stützen das kognitive Modell der PS (Übersicht bei Clark, 1997).

PS Patienten interpretieren körperliche Empfindungen deutlich stärker als Anzeichen von Gefahr als KP.

Veränderung der dysfunktionlen Kognitionen reduziert Paniksymptome (sehr gute Therapieerfolge!!!).

Kurze Instruktion über (ungefährliche) körperliche Reaktion auf panikogene Substanzen verhindert das Auftreten von Panikanfällen.

Aber: Wie können nächtliche Panikattacken erklärt werden?

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 56

Page 57: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Nächtliche Panikattacken

Ca. 50% der PS Patienten gibt an, mind. einmal eine Panikattacke im Schlaf erlitten zu haben, d.h. in panischem Zustand aus dem Schlaf zu erwachen (Jedoch: die überwiegende Mehrzahl der Panikattacken tritt tagsüber auf).

Nächtliche Panikattacken scheinen keine Reaktion auf Alpträume zu sein (treten zumeist in Non-REM-Schlafphasen auf.

Wie können katastrophisierende Gedanken im Schlaf auftreten? Ergänzung: lerntheoretische Erklärungen (Panik beruht zumindest zum

Teil auf konditionierten Reaktionen). Patienten, die zu nächtlichen Panikattacken neigen, haben weniger

katastrophisierende Kognitionen als Patienten, die nur tagsüber Panikattacken erleben.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 57

Page 58: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Lerntheorie der Panikstörung

Bouton, M. E., Mineka, S., & Barlow, D. H. (2001). A modern learning theory perspective on the etiology of panic disorder. Psychological Review, 108, 4–32

Ursprüngliche Panikattacken werden mit ursprünglichen neutralen internen (interozeptiven) und externen Reizen assoziiert.

ängstliche Besorgnis durch Kontextkonditionierungseffekte agoraphobisches Vermeidungsverhalten Panikattacken selbst werden interne Reize gekoppelt (dieser Prozess

kann Panikattacken erklären, die scheinbar aus dem Nichts kommen)

Warum entwickeln nicht alle Menschen nach einer Panikattacke eine Panikstörung?

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 58

Page 59: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Erhöhte KonditionierbarkeitStörungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 59

Michael, T., Blechert, J., Vriends, N., Margraf, J., & Wilhelm, F. H. (2007). Fear Conditioning in Panic Disorder: Enhanced Resistance to Extinction. Journal of Abnormal Psychology, 116, 612-617.

Page 60: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Der Zeitpunkt der ersten Panikattacke

Obwohl Panikattacken scheinbar aus dem Nichts kommen, tritt die erste Panikattacke im Anschluss an psychisches Leid oder hochgradig stressbedingte Lebensumstände wie Verlust einer nahestehenden Person, Beendigung einer wichtigen Beziehung, Arbeitsplatzverlust oder kriminelle Viktimisierung auf.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 60

Page 61: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung- Behandlung -

© Prof. T. Michael Folie 61

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Medikamentöse Therapie

Notfallmedikamente Temesta Valium Seresta Xanax

Problem: Suchtmittelabhängigkeit !!!

Page 62: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung- Behandlung -

© Prof. T. Michael Folie 62

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Medikamentöse Therapie

Antidepressiva Surmontil Anafranil Deroxat/Seroxat/Cipralex/Zoloft/Fluctine Floxyfral Efexor/Cymbalta

Nebenwirkungsprofil !!!

Page 63: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung- Behandlung -

© Prof. T. Michael Folie 63

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Kognitive Verhaltenstherapie

seit ca. 1990 etabliert

Therapiemodell wird durch „geleitetes Entdecken“ vermittelt

Im Rahmen eines dialogischen Prozesses lernen Patienten Fehlinterpretationen körperlicher Prozesse zu identifizieren und alternative Erklärungskonzepte zu entwickeln.

Page 64: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung- Behandlung -

© Prof. T. Michael Folie 64

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

Kognitive Verhaltenstherapie

sechs Schritte: diagnostische Phase psychoedukative Phase Identifizierung von Sicherheitsverhalten Konfrontation mit internen Auslösern der Angstanfälle imaginative Auseinandersetzung mit befürchteten Katastrophen Konfrontation mit externen Auslösern spezielle kognitive Techniken

Page 65: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Panikstörung- 10 Gebote -1. Denken Sie daran, dass Panik eine normale Körperreaktion ist, nur

übertrieben.2. Panik ist nicht schädlich oder gefährlich, nur sehr unangenehm.3. Achten Sie darauf, was gerade hier und jetzt passiert, nicht auf das, was

Sie fürchten, was passieren könnte.4. Konzentrieren Sie sich darauf, was Sie hören, sehen und riechen

können, nicht aber auf Ihre Körperempfindungen.5. Verschlimmern Sie die Angst nicht durch angsterzeugende Gedanken.6. Warten Sie ab und lasse Sie der Angst Zeit, von selbst zu vergehen.

Bekämpfen Sie sie nicht und laufen Sie nicht von ihr davon.7. Denken Sie daran, dass jedes Auftreten von Angst eine gute

Gelegenheit ist, Fortschritte zu machen.8. Atmen Sie ruhig und langsam, aber nicht tief.9. Beginnen Sie langsam mit der gerade aufgehörten Tätigkeit.10. Erzählen Sie jemanden von dem, was Sie gerade erlebt haben.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 65

Page 66: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

PanikstörungWie gehe ich mit Rückschlägen um?

1. Stellen Sie sich darauf ein, dass Ängste auftreten werden. Versuchen Sie auch die Ängste zu provozieren, um zu lernen, wie Sie am besten mit der Angst umgehen können.

2. Versuchen Sie möglichst in der Situation zu bleiben, in der die Panik begonnen hat.

3. Falls Ihnen ein Verbleiben unmöglich erscheint, entfernen Sie sich langsam ein kurzes Stück vom angstbesetzten Ort – versuchen Sie aber auf keinen Fall, zu flüchten.

4. Vergegenwärtigen Sie sich immer wieder die 10 Gebote, die ihnen helfen sollen, mit der Angst besser umzugehen.

5. Üben Sie möglichst weiter, auch wenn die Ängste geringer geworden sind.6. Wenn Sie aus Angst nach Hause zurückgekehrt sind, versuchen Sie so

schnell wie möglich, erneut in die gemiedene Situation zurückzukehren.7. Führen Sie ein Angsttagebuch.8. Einige Rückschläge werden unvermeidlich sein. Sie treten bei jedem

Lernprozess auf. Stellen Sie sich darauf ein und geben Sie nicht auf.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 66

Page 67: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Vor welchen Situationen fürchten sich Patienten mit Agoraphobie?

Öffentliche Orte und Menschenansammlungen Autofahren Benutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln Fahrstühle Schlange stehen Einkauf in Kaufhäusern oder Supermärkten Besuch von Kinos, Theatern oder Gaststätten Alleinsein etc.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 67

Page 68: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Was fürchten die Patienten?

Entfernung von „sicheren“ Orten Einengung der Bewegungsfreiheit „In der Falle sitzen“ (häufige Metapher) in Begleitung werden die Situationen im Allgemeinen besser ertragen

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 68

Page 69: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Bedeutung von Sicherheitssignalen

Sicherheitssignale reduzieren Angst, ihre Abwesenheit wird jedoch wiederum zum Angstauslöser.

häufige Beispiele: Medikamente, etwas zum Festhalten, Telefonnummer des Hausarztes oder Therapeuten, Anwesenheit eines Partners

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 69

Page 70: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Erklärung der Agoraphobie

Vorbemerkung: Agoraphobie ohne Panikstörung in der Vorgeschichte gibt es fast nicht. Wenn tatsächlich keine Panik auftrat, litten die Patienten an anderen unvorhersehbaren körperlichen Gebrechen wie Colitis (plötzliche blutige Diarrhoe) oder Epilepsie, die der betroffenen Person massiv Angst machte.

Gängiges Störungsmodell:Angst vor der Angst (moderne Variante des Zweifaktorenmodells von Mowrer)

Ergänzungen: hohe Angstsensitivität, hohe subjektive Vulnerabilitätseinschätzungen und dysfunktionale Kognitionen (in Kindheit erworben – Beck–Modell).

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 70

Page 71: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Agoraphobie- Behandlung-

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 71

Bentz, D., Michael, T., & Margraf, J. (2010). Reizkonfrontationsverfahren. Psychiatrie Up to date.

Page 72: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Wirksamkeit von Konfrontation im klinischen Alltag

Efficacy: Wirksamkeit einer Intervention unter idealen Bedingen.Publizierte Therapiestudien ermitteln in der Regel die efficacy eines Verfahrens.

Effectiveness: Wirksamkeit unter durchschnittlichen Alltagsbedingungen.

Studie von Hahlweg et al. (2001) ergab einen effectiveness-Grad, der vergleichbar ist mit efficacy Angaben von Therapiestudien.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 72

Page 73: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Akzeptanz von Konfrontationstherapie

Bei massierter Konfrontation lehnen 15-25% der Patienten das Vorgehen ab oder beenden die Therapie vorzeitig.

Bei graduellem Vorgehen ist die Ablehner- / Abrrecherquote unter 5%.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 73

Page 74: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Zusätzliche psychotherapeutische Maßnahmen

positive Befunde für: stärkere Integration kognitiver Methoden Partner-Kommunikationstraining

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 74

Page 75: Störungen des Erlebens und Verhaltens Panikstörung und  Agoraphobie

Kombinationsbehandlung mit Psychopharmakotherapie

unklare Datenlage eventuell kann Kombination mit Antidepressiva sinnvoll sein Besondere methodische Probleme beim metaanalytischen Vergleich von

psychologischen und pharmakologischen Therapiestudien.

Für Interessierte:Lajtman, M., Michael, T., & Meyer, A. H (2010, im Druck). Meta-Analysis of Psychological versus Pharmacological Treatments for Mental Disorders: Strengths and Caveats. Behavioural and Cognitive Psychotherapy.

Störungen des Erlebens und Verhaltens- Panikstörung und Agoraphobie

© Prof. T. Michael Folie 75