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dp special Die düstere Allianz – Bürgerkrieg, organisietes Verbrechen und Terrorismus ORGANISIERTE KRIMINALITÄT No.7 Supplement der Zeitschrift Deutsche Polizei 8/99

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Die düstere Allianz – Bürgerkrieg,organisietes Verbrechen und Terrorismus

ORGANISIERTE KRIMINALITÄT

No.7 Supplement der Zeitschrift Deutsche Polizei 8/99

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IMPRESSUM:dp-special No. 7 zur AusgabeDeutsche Polizei 8/99Fachzeitschrift und Organder Gewerkschaft der Polizei

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K riege werden,so der britischeSchriftsteller Fre-derick Forsythim Mai 1999, an

vier verschiedenen und doch zu-sammenhängenden Fronten ge-führt. Die erste Front ist die mili-tärische, die zweite die politisch-diplomatische, die dritte der Pro-pagandakrieg. Die vierte Kriegs-front ist die unsichtbare, die dergeheimen Dienste. Im jüngstenJugoslawien-Krieg (24. März bis10. Juni 1999) kämpfte die Nord-atlantische Allianz allein an der er-sten Front einen Luftkrieg, in wel-chem über 1000 Jets, die in 79Tagen über 34.000 Einsätze flo-gen, fast 10.000 Bomben auf mili-tärische und zivile Ziele in Jugo-slawien abwarfen. 1

Der NATO-Einsatz konnte den-noch die „ethnische Säuberung(Ethnic Cleaning)“2 im Kosovodurch serbisches Militär, soge-

nannte Polizei-Einheiten und ma-rodierende paramilitärische Ban-den nicht verhindern. So schätztedie Gesellschaft für bedrohte Völ-ker (GfbV) am 1. Juni 1999 3, dassserbische Einheiten seit März1998 mindestens 650 Dörfer imKosovo ganz oder teilweise zer-störten, mindestens 30.000 Alba-ner und Angehörige nichtser-bischer Minderheiten umbrachtenund bis 1,5 Millionen Kosovarenaus ihren Wohnungen vertrieben.Im Kosovo selbst waren bis dahinnoch rund 500.000 Personen aufder Flucht, 960.000 hatten dasLand verlassen. Die Mehrheit da-von, insgesamt 400.000 4, war nachAlbanien geflüchtet.

Doch dieses Land, in welchemes nach dem Zusammenbruch ei-nes Schattenwirtschaftssystemsim März 1997 zu bürgerkriegs-ähnlichen Ausschreitungen kam,leidet immer noch unter den Fol-gen des Zusammenbruchs der

staatlichen Ordnung. Bis heutewird Albanien zu großen Teilenvon bewaffneten Clans kontrol-liert, deren 30.000 kriminell akti-ve Mitglieder insbesondere denNorden des Landes kontrollieren.Für sie, eben die sogenannte al-banische Mafia, wurden dieFlüchtlinge zum Geschäft. Keinevier Wochen nach Kriegsbeginnhatten Banden schon einen ein-träglichen Schwarzhandel mit denHilfsgütern in Nordalbanien,„Gangland“ genannt, aufgebaut.Von den Tonnagen, die täglich aufdem Flughafen Tiranas oder imHafen von Durres ankamen, ver-schwand auf dem Weg zu denFlüchtlingslagern ein hoher Pro-zentsatz.

Zur gleichen Zeit, im nord-albanischen Kukes saßen schonüber 100.000 Flüchtlinge fest, sol-len in der Hafenstadt Vlore, Hoch-burg der albanischen Schleuser-mafia, schon über 10.000 Koso-

Die düstere Allianz – Bürgerkrieg, organisiertes

Verbrechen und TerrorismusVon Berndt Georg Thamm

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varen auf eine Fahrt über den Ka-nal von Otranto an die südapu-lische Küste gewartet haben. Dochdie „Scafisti“ schleusten nurFlüchtlinge, die noch Bargeld ret-ten konnten – pro Kopf 1000 Dol-lar für die Passage. Anfang Maigab es erste Berichte darüber, dassaus den Lagern heraus geflüchte-

te Mädchen und Frauen aus demKosovo von albanischen Mafiosiverschleppt und in die Prostituti-on verkauft wurden. Diese Berich-te von Menschenrechtsorgani-sationen wurden von der UN-Flüchtlingskommissarin SadakoOgata bestätigt. Wenige Tage spä-ter machte das UN-Flüchtlings-hilfswerk darauf aufmerksam,dass „kriminelle Elemente ver-suchten, aus dem humanitärenEvakuierungsprogramm Geld zuschlagen.“ 5

Der Kosovo-Krieg ist das jüng-ste Beispiel für eine Entwicklung,die Zusammenhänge zwischenKriegsgeschehen, organisiertemVerbrechen und Terrorismus deut-licher werden lässt.

1 Neue Kriegsökonomieund neue Bündnisse

Seit dem 2. Weltkrieg und mehrnoch seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation hat sich die Erschei-nungsform des Krieges verändert.Der „klassische“ Krieg (zwischen

Staaten) wurde weitgehend ver-drängt durch den Bürgerkrieg (in-

nerhalb eines Staates). Dazu derrenommierte ZukunftsforscherAlvin Toffier in seinem bedeutsa-men Buch über Krieg und Kriegs-verhinderung „Überleben im 21.Jahrhundert“ (1994)6 u. a.: „Da je-des Jahr etwa 30 Kriege auf demErdball toben, ist damit zu rech-nen, dass in den kommenden

Jahrzehnten 50 bis 100 Kriege ver-schiedener Größe ausbrechen,falls unseren Bemühungen, denFrieden zu erhalten und Blutver-gießen zu verhindern, nicht we-sentlich mehr Erfolg beschiedensein wird als bisher. Diese Aufga-be wird jedoch immer schwieriger,je mehr sich die Kriege diversifi-

zieren. Am einen Ende der Skalastehen kleine Bürgerkriege undgewaltsame Konflikte im armenoder technisch unterentwickeltenTeil der Welt sowie Terrorismus,Drogenhandel, Umweltsabotageund ähnliche Verbrechen ... Heu-te erleben wir eine verwirrende

Vielfalt von separatistischen Krie-gen, ethnisch und religiös moti-vierten Gewalttätigkeiten, Staats-streichen, Grenzkonflikten, Bür-gerkriegen und Terroranschlägen,und Millionen von notleidenden,kriegsgeschädigten Menschenfliehen ins Ausland (gefolgt vonunzähligen Drogenhändlern). Vie-

Der Krieg im Kosovo ist vorbei,die Wunden der Flüchtlinge(Foto) sind noch nicht einmalvernarbt, geschweige denngeheilt. Viele albanischeFlüchtlingsfrauen wurden zuallem Elend auch noch Opferorganisierter Verbrecher,die sie in die Prostitutionzwangen.

Fotos (4): dpa

Der Kosovo-Krieg ist das jüngste Beispielfür eine Entwicklung, die Zusammenhängezwischen Kriegsgeschehen, organisiertemVerbrechen und Terrorismus deutlicher wer-den lässt.

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le dieser scheinbar kleinen Kon-flikte ziehen aufgrund der zuneh-menden Verflechtung der Welt-wirtschaft auch benachbarte undselbst entfernte Länder in Mitlei-denschaft.“

Noch weiter geht der israelischeMilitärhistoriker Martin vanCreveld. In seinem Buch „Die Zu-kunft des Krieges“ (1998)7 vertritter die These, dass künftig „nichtArmeen die Kriege führen, son-dern Gruppierungen, die wir heu-te als Terroristen, Guerillas, Ban-diten oder Räuber bezeichnen“ –die Grenzen zwischen organisier-ter Bandenkriminalität, Krieg undfanatisiertem Gemetzel würdenbald verschwinden. Van Creveldkann sich vorstellen, dass der kon-ventionelle Krieg „vielleicht sei-ne letzten Schritte macht“. DieVorherrschaft übernimmt eine„Kriegsführung niedriger Intensi-tät“, der „low intensity conflict“,kurz LIC. Obwohl vom US-Militärentwickelt, ist LIC ein Konzept,das nicht rein militärisch angelegtist.

Das Handbuch der Dienstvor-schriften des US-Heeres, FC 100-20, definierte im Mai 1986 Low-Intensity Warfare (Conflict) wiefolgt 8: „LIC ist ein begrenzter po-litisch-militärischer Kampf zur Er-reichung politischer, militärischer,sozialer, wirtschaftlicher oder psy-chologischer Ziele. Er ist oft vonlängerer Dauer und reicht von di-plomatischem, wirtschaftlichemund psychologischem Druck biszu Terrorismus und Aufständen.LIC ist im Allgemeinen auf einbestimmtes geographisches Ge-biet begrenzt und wird oft durchEinschränkungen der Bewaff-nung, Taktik und des Gewalt-niveaus gekennzeichnet. LIC be-inhaltet die tatsächliche oder er-wogene Anwendung militärischerMittel bis unterhalb der Schwelledes Kampfes zwischen regulärenStreitkräften.“9

Etwas überspitzt ließe sich for-mulieren, dass LIC konzeptionellein eher politisch orientierter, in-

tegrierter Politikansatz mit militä-rischen Elementen – und keinevorwiegend militärische Angele-genheit – ist: letztlich eben ein„modernes Konzept zur Herr-schaftssicherung“. In den „Kon-flikten niedriger Intensität“, ins-besondere in den Bürgerkrie-gen, ersetzt eine „neue Kriegs-ökonomie“ die klassische Kriegs-wirtschaft.

1.1 Konfliktfinanzierung durch organisierte Kriminalität

„Konflikte, die lange Zeit nurals Erscheinungsformen des Kal-

ten Krieges in der Peripheriewahrgenommen wurden, zeigensich heute als das, was sie sind:interne Konflikte, deren Gewalt-dynamik im Wesentlichen von lo-kalen Determinanten bestimmtwird“, so heißt es im Vorwort desvon Francois Jean und Jean-Christophe Rufin herausgegebe-nen Sammelbands „Ökonomieder Bürgerkriege“ (1999)10, dasder Frage nach der Finanzierungvon Bürgerkriegen nachgeht.

In diesem Werk schrieb bei-spielsweise der französische Wirt-schaftswissenschaftler PierreKopp über die „neuen Kriegs-ökonomien“ u. a.11: „Im Bürger-krieg ist der Staat nur einer derProtagonisten des Konflikts; ersteht einer oder mehreren bewaff-neten Bewegungen gegenüber,die seine Hoheitsfunktion in Fra-ge stellen und danach trachten,die Zentralgewalt in bestimmtenGebieten oder auch im ganzenHoheitsgebiet zu substituieren ...Jeder Anwärter auf die Macht istvon kriminellen Netzwerken undverschiedenen Schichten der in-formellen Wirtschaft umgeben,die nebeneinander arbeiten odersich überlagern ... Die illegale Be-schaffung der strategischen Güterfindet oft auf höchster staatlicherEbene (oder der entsprechendenEbene in bewaffneten Bewegun-gen) zentralisiert statt, und die Fi-nanzierung erfolgt durch krimi-nelle Geschäfte (Drogen, Waffen,Zwangsarbeit) ... Ex-Jugoslawienist hierfür ein treffendes Beispiel:Das systematische Ausschlachtender von den Serben besetztenGebiete ... diente der VersorgungSerbiens ...“

Dazu die Spiegel-Rechercheaus 199412: Schon zu Beginn sei-nes Krieges in Bosnien (1992-95)erkannte Serbiens PräsidentSlobodan Milosevic, dass ange-sichts der UNO-Wirtschafts-sanktionen nur Devisenschübeaus Auslandsgeschäften das Über-leben sichern würden. Vor allemarabische Staaten wurden dafür

Der Autor

Berndt Georg Thamm,Jahrgang 1946, Diplom-Sozialpädagoge, freibe-ruflicher Fachjournalistund Publizist in Berlin,seit über 25 Jahren mitDrogenthemen im In-und Ausland beschäf-tigt. Von 1985 bis 1995Berater für Mitgliederdes Europäischen Par-laments und Sachver-ständiger auf Drogen-untersuchungsausschüssenund anderen Anhörun-gen des EP, Referenten-tätigkeit an verschiede-nen Landespolizei-schulen, zahlreiche Ver-öffentlichungen, darun-ter ein Dutzend Bücherzu den Themen Drogen,polizeiliche Rauschgift-bekämpfung und Histo-rie des OrganisiertenVerbrechens.

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zur wichtigsten Drehscheibe, wa-ren sie doch 1961 zusammen mitdem kommunistischen Jugoslawi-en die Gründungsmitglieder derBlockfreienbewegung. So ent-stand eine neue Achse zwischendem Revolutionsführer Muammarel-Gadafi und dem KriegsherrnMilosevic. In der Folge floss nachLibyen Fluchtkapital aus Waffen-und Schmuggelgeschäften. Vondort verästelten sich die serbi-schen Außenhandelsaktivitäten inandere Länder des Nahen Ostensund darüber hinaus: von Kaironach Nikosia, über New York undOttawa bis in die Karibik. In An-lehnung an den 1989 aufgelöstengrößten gesamtjugoslawischenAußenhandelskonzern General-Export fungierte das Serben-syndikat 1993/94 unter dem Na-men Genex. In einer „Mischungaus Gangstertum und Geheim-dienstaktivität“ besorgten im Ja-nuar 1994 den weltweiten Trans-fer bosnischer Kriegsbeute unddie Geldwäsche aus kriminellenGeschäften 45 Filialleiter und 200Ex-KP-Funktionäre.

„Genex“, ein aus rund 500 ser-bischen Tochtergesellschaften be-stehendes Schiebernetz, wurdevom Milosevic-Vertrauten Vla-dimir Delic koordiniert, der zuvoreine in Kairo gelegene zentraleGenex-Anlaufstelle namensDirekcija za Robne Rezerve reprä-sentierte. Diese Export-Importfir-

ma konzentrierte sich ausschließ-lich auf den Handel mit militär-technischen Maschinenteilen.Vladimir Jovanovic, seinerzeitMilitärattaché an der BotschaftRestjugoslawiens in Ägypten,agierte im Hintergrund und über-nahm den Kapital-Transfer aufKonten im griechischen Teil Zy-perns. Nach Schätzungen derWeltbank flossen von 1991 bis1993 über den Inselstaat bis zufünf Milliarden Dollar aus Serbi-en. Weitere zehn Milliarden ka-men aus Osteuropa und 20 Milli-arden aus der GUS, insgesamt 35Milliarden Dollar Fluchtgelder innur drei Jahren.

Um die Geldwäsche und umneue Anlagemöglichkeiten derserbischen Fluchtgelder kümmer-te sich auf Zypern MiodragSavicevic. Ein Teil des Vermögensfloss in nicht wenige BelgraderHandelsfilialen, die auf der Inselin diversen Geschäften tätig wa-ren, zum Beispiel mit israelischenWaffenhändlern. So lief über den

Belgrader Bankier JezdimirVasiljevic (mit Wohnsitz in TelAviv) 1993 ein lukratives Ge-schäft: Jüdische Firmen erhieltendie Schürfrechte mehrerer Gold-minen in Serbien, als Gegenlei-stung bezahlten die Israelis mitelektronischer Militärlogistik. DieKontoführung übernahm DanielRoman, Präsident der serbisch-jü-dischen Freundschaftsgesellschaftmit Sitz in Nikosia. Genex-Unter-händler waren auch in Sofia, Bu-karest und Budapest tätig, zogenjedoch generell Geschäfte in derarabischen Welt auch vor demHintergrund vor, dass die Konkur-renz virulent war.13

Zur Rolle der organisierten Kri-minalität (OK) in diesen Konflikt-feldern schrieb Kopp: „Je weiterdie Destabilisierung eines Landesdurch einen Konflikt fortgeschrit-ten ist, je größer ist das Risiko ei-ner Ausweitung der Krimina-lisierung. Der Rückzug der öffent-lichen Gewalt, der Anstieg vonÜbergriffen jeder Art und der

Der Schlafmohn, Rohstoff-lieferant für Opium,Morphinbase und Heroin.Für die einen, wie diesenafghanischen Landwirt,Existenzgrundlage,Suchtmittel für weltweitungezählte Abhängige undfür das organisierteVerbrechen unerschöpfli-che Geldquelle.

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Kriegszustand als solcher bildenden idealen Rahmen für eine der-artige Entwicklung ... Konfliktedieser Art dienen kriminellen Or-ganisationen zur Ausdehnung ih-rer Geschäfte: In jüngerer Zeit undim Rahmen der neuen Kriegs-ökonomie profitiert die Mafia inden verschiedenen ehemaligenSowjetrepubliken von der explo-siven Zunahme von Konflikten,kriminelle Banden können denAfghanistan-Krieg oder die Aus-einandersetzungen um das Tami-len- und Kurdenproblem nutzen,um sich weiterzuentwickeln undneue Bündnisse mit den bewaff-neten Bewegungen oder derenGegnern auf staatlicher Seite zuschließen.“

1.2 Innovationen der kriminellen Konfliktfinanzierer

Nicht nur der Krieg änderte sei-ne Erscheinungsform, auch dasorganisierte Verbrechen. Koppstellt völlig zu Recht fest, dass sichseit Beginn der 80er Jahre auchder Tenor der Arbeiten über dieMafia erheblich geändert hat. Sounterstreicht zum Beispiel PinoArlacchi, heute Exekutivdirektordes U.N. International DrugControl Programme, die Bedeu-tung von Innovationen für denEintritt der Mafiosi in die Wett-bewerbswirtschaft 14. Bereits in ei-nem „Akademie-Report“ derHanns-Seidel-Stiftung aus 1994 15

wurde die These vertreten, dass„vor dem Hintergrund des Hun-gers nach Hartwährung seitenspotentieller Lieferanten (im Kon-text der Proliferationsproblematik)und der Zunahme regionaler Kon-flikte als Folge der Aufhebung frü-herer Bipolarität regionale De-stabilisierung und OK-Entwick-lung sich gegenseitig ‚hoch-schaukeln‘ könnten bzw. ein po-sitives feed-back konstituieren.“

Der Fachmann für Sicherheits-politik Klaus Lange dazu in1997 16: „Wenn die skizzierte Hy-

pothese richtig ist, dann heißt dasauch, dass klassische diplomati-sche Bemühungen zur Krisen-kontrolle und -beilegung in demMaß erfolglos bleiben müssen, indem der Faktor OK/Trans-nationale OK unberücksichtigtbleibt. Der berechtigte Verdachtliegt nahe, dass regionale Konflik-

te, wie der jüngste im damaligenJugoslawien, die Krise in Albani-en, der Krieg in Tschetschenien u.a., ohne die Einkalkulierung desOK/TOK-Faktors überhaupt nichtmehr voll verstanden werden kön-nen.“17

Die für die Völkergemeinschaftwohl bedrohlichste Innovation isteine in den 90er Jahren entstan-dene Verbindung zwischen derTOK und terroristischen Verbre-chen. Das Bewusstsein dieser Ge-fahr hat seinen bisher deutlichstenNiederschlag in einer Erklärung„Naples Political Declaration andGlobal Action Plan againstOrganized Transnational Crime“,die anlässlich einer internationa-len Konferenz von Justiz- und In-nenministern 1994 in Neapel 18 ab-gegeben wurde, gefunden. Die-sem „neuen Bündnis“, über das indieser Dekade insbesondere AlexSchmid - Professor of Conflict Re-solution an der Erasmus Univer-sität in Rotterdam – forschte 19,kommt sicherheitspolitisch höch-ste Priorität zu.

2 Bündnispartner Terroris-mus und organisiertesVerbrechen

Wie der Krieg und die OK än-derte sich auch der Terrorismus.

Über dessen Wandlung forschteinsbesondere Bruce Hoffman, Di-rektor des Washingtoner Büros derRand Corporation. In seinem Buch„Terrorismus – der unerklärteKrieg“ (1999)20 heißt es dazu u. a.:„Das Entstehen einer professio-nellen Subkultur von terroristi-schen ‚Auftragskillern‘ gegen

Ende des Jahrzehnts in Verbin-dung mit der Zunahme an soge-nannten Amateurterroristen (mitwenig oder keiner formalen Ver-bindung zu einer der existieren-den Terrorgruppen) während der90er Jahre ... verwandelte denTerrorismus in ein, wie mandurchaus sagen kann, diffuseresund amorpheres Phänomen ... Diesogenannte ‚Privatisierung‘ desTerrorismus ... schafft eine ganzeReihe von neuen Problemen ...“Über diese neue Qualität berich-tete auch Rolf Tophoven auf dem4. Deutschen Polizeikongress inBerlin 1996 21 u. a.: „Die Terrori-sten von heute sind oft Einzeltäter... Wenn sie in Gruppen agieren,so existieren keine traditionellenHierarchien oder Befehlsstränge.Konventionelle terroristische In-frastrukturen sind zusammenge-brochen. Die Kommandos habenkeine Zentrale, nur eine loseZellenstruktur ... Die Planung ei-nes Anschlags vollzieht sich je-doch oft generalstabsmäßig. DieLogistik potentieller Täter-gruppen wird immer perfekter,das Know-how präziser und vonmilitärischer Qualität gekenn-zeichnet ... Sie operieren unterstrengster Konspiration undAbschottung. Auffallend bei denjüngsten Terroranschlägen ist zu-

Die für die Völkergemeinschaft wohl bedroh-lichste Innovation ist eine in den 90er Jahrenentstandene Verbindung zwischen der trans-nationalen Organisierten Kriminalität und ter-roristischen Verbrechen.

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dem die ungeheure Dimensionder Attentate ...“ Und wie keinanderes Attentat zuvor änderteder Anschlag der japanischenAum-Sekte 22 mit dem GiftgasSarin am 20. März 1995 auf dieU-Bahn in Tokio die terroristischeKriminalität.23

Auch Tophoven sieht diese In-novation und schreibt: „DerGiftgasanschlag von Tokio hataber auch eine neue Phase moder-ner Kriegsführung aufgezeigt.Nicht mehr der früher angenom-mene Nuklear- oder der konven-tionelle Krieg, auch nicht die Gue-rilla könnten künftige ‚Spielarten‘militärischer Auseinandersetzungim 21. Jahrhundert sein. Terroris-mus oder Kriegsführung mit ter-roristischen Mitteln – bisher dieunterste Stufe gewaltsamer Kon-frontation – scheint das kommen-de taktisch-operative Instrumen-tarium zur Krisen- und Konflikt-bewältigung mit massenzerstö-render Wirkung zu sein ... Aberder Kreis potentieller Täter kannsich noch ausdehnen. Außer Ter-roristen könnten auch Sektierer,Psychopathen oder Kriminellechemische und biologischeKampfmittel im Sinne ihrer Ideenund Ziele einsetzen ... auf dieseneue Form des Terrorismus ist diemoderne Massengesellschaftnicht vorbereitet.“

2.1 Symbiotischer Terro-rismus

Ende der 90er Jahre bezeichnetder Begriff „symbiotischer Terro-rismus“ die hochgefährliche Ver-bindung von Mafiastrukturen undTerrorismus. Ziel dieses Bündnis-ses ist ganz allgemein die terrori-stische Erpressung zum Zweckder Vorteilsgewinnung. Dement-sprechend könnte man auch von„kriminellem Terrorismus“ oder„terroristischer Kriminalität“ spre-chen. Dazu Klaus Lange in seinerSchrift „Neue Formen des Terro-rismus“ (1998)24:

„Der symbiotische Terrorismus

als Kombination krimineller Pro-fessionalität mit einer terroristi-schen Gewaltbereitschaft ist beider Auswahl der potentiellen Op-fer grundsätzlich indifferent.“ Zur„terroristischen Erpressung“ alsZiel des OK- und Terror-Bündnis-ses schreibt Lange u. a.: „Eine ter-roristische Erpressung großen Stilssetzt unter heutigen Bedingungeneine organisatorische Professiona-lität voraus, die von Einzelgän-gern nicht realisiert werden kann.Sowohl Vorbereitung als auchDurchführung und ‚Nachberei-tung‘ (z. B. ‚Waschen‘ des er-pressten Geldes) einer entspre-chenden Operation setzen bereitsbestehende, in ihren Komponen-ten gut abgestimmte organisato-rische Strukturen voraus ...“

Als eine Spielart, vielleicht so-gar als eine Hauptform des sym-biotischen Terrorismus gilt der so-genannte Cyber-Terrorismus,über den insbesondere BarryCollin 25 forschte. Aktionsmög-lichkeiten für Cyber-Terroristenbietet ganz allgemein das Interna-tional Network (Internet). Übereine gelungene terroristische Er-pressung zum Zweck der Vorteils-gewinnung berichtete die Londo-ner „Sunday Times“ in einemSonderbericht vom 2. Juni 1996.Danach hatten zwischen 1993 und1996 über 40 Angriffe auf Com-putersysteme von Finanzinstitutenin New York, London und ande-ren europäischen Finanzplätzenstattgefunden. Annähernd 600Millionen Dollar sollen vonInvestmenthäusern, Banken etc.an die Cyber-Terroristen dafürbezahlt worden sein, dass diesekeinen Schaden in den Computer-und Informationssystemen mittelselektromagnetischer Waffen an-richteten. Um die Erpresser zu fas-sen, beteiligte sich seinerzeit auchScotland Yard an einer europäi-schen Operation unter dem Deck-namen „Lathe Gambit“.26

Nicht nur vor diesem Hinter-grund stufte im Mai 1998 US-Prä-sident Clinton „Cyber-Angriffe

gegen wichtige militärische undwirtschaftliche Computersysteme– bei Banken, Börsen, Energie-versorgern oder Flugleitstellen“als größte Gefahr für die Sicher-heit der USA ein.27 Eine Studie desWashingtoner Center for Strategicand International Studies (CSIS)warnte: „Die USA haben immenskomplexe Informationssystemeauf unsichere Fundamente gebautund sich davon abhängig ge-macht.“ Frank Cilluffo, stellvertre-tender CSIS-Direktor und Terro-rismus-Experte dazu im März1999 28: „Wir haben für eine Stu-die über denComputer-Terrormehrere An-schläge als Simu-lation durchge-spielt und festge-stellt, dass esfunktioniert. Esist nur eine Frageder Zeit, bis Leu-te wie SaddamHussein oder wieOsama bin LadenErnst daraus machen ...“

Cyber-Terroristen könntennicht nur finanzielle Transaktio-nen, das Börsengeschehen undLuftkontrollsysteme sowie Eisen-bahnsysteme manipulieren. Siekönnten auch die Steuersystemein der pharmazeutischen Produk-tion und der Elektrizitätsversor-gung, aber auch Gasleitungs-systeme manipulieren. NachCSIS-Schätzungen 1999 „hinktdie Polizei technologisch fünf biszehn Jahre hinter den Cyber-Ter-roristen her.“

Auf eine weitere Hauptform dessymbiotischen Terrorismus, zu-gleich markantes Beispiel fürKonfliktfinanzierung, das Rausch-giftgeschäft, geht auch WalterLaqueur ein. In seinem zweitenTerrorismus-Standardwerk „Dieglobale Bedrohung – Neue Gefah-ren des Terrorismus“ (1998)29 wid-met der Vorsitzende des Interna-tional Research Council im CSISdem neuen Bündnis ein ganzes

Die Polizei hinkttechnologisch fünfbis zehn Jahre hin-ter den Cyber-Ter-roristen her.

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Kapitel. Als ein Beispiel für dieSymbiose erwähnt er den „Nar-koterrorismus“ in Kolumbien,über den auch Alain Labrousse,Leiter des Observatoire géopo-litique des drogues (OGD) in Pa-ris, intensiv arbeitet. Über die po-

litische Gewalt und Kriminalitätschreibt Labrousse 30: „Seit mehrals 40 Jahren sind die ländlichenGebiete Kolumbiens Schauplatzblutiger Auseinandersetzungen,wobei zwei Kriegsparteien dieSzene beherrschen: die Streitkräf-te, die oft genug ohne effektiveKontrolle seitens der Regierungagierten, und die Linksguerilla mit

gut 10.000 Kämpfern. Beide Par-teien gingen je nach Lage Bünd-nisse mit verschiedenen Partnern,wie etwa den Drogenhändlern,ein, und die sich daraus ergeben-den ständigen Konflikte auf loka-ler Ebene zeigten ‚die Unfähigkeit

des Staates, sein Gewaltmonopoldurchzusetzen. Seine Macht wur-de zwischen nichtstaatlichen Ak-teuren aufgeteilt‘ ...“

Zu dieser Bündnispolitik weißder Historiker Laqueur zu berich-ten, dass sich die Guerillabewe-gungen „Revolutionäre Streitkräf-te Kolumbiens“ FARC (FuerzazArmadas Revolucionarias de

Colombio) und „Nationale Befrei-ungsarmee“ ELN (Ejército deLiberacion National) „ganz we-sentlich aus Drogengeld in Zu-sammenarbeit mit der kolumbia-nischen Drogenmafia finanzie-ren.“ Nach dem Bericht einer 1995eingesetzten Untersuchungs-kommission sollen die FARC unddie ELN Vereinbarungen zur Har-monisierung ihrer Besteuerungs-richtlinien für das Drogengeschäftgetroffen haben, danach sollenfolgende Tarife gegolten haben:11 Dollar monatlich für die „Über-wachung“ illegaler Coca-Kultu-ren; 11.000 Dollar monatlich fürdie Bewachung eines Laboratori-ums; fünf Dollar für jedes dort pro-duzierte Kilo Kokain; 20 Dollar proKilo Luftfracht; 15.000 Dollar fürjeden Flugzeugstart auf einer dergeheimen Pisten.

Labrousse weiß, dass dasRauschgiftgeschäft – dessen welt-weiter Umsatz Jahr für Jahr auf400 bis 800 Milliarden Dollar ge-schätzt wird – als potenterKonfliktfinanzierer global vomsymbiotischen Terrorismus ge-braucht wird31: „Unter den ver-schiedenen Finanzierungsquellenvon Konflikten stellen Drogen mitSicherheit eine Ware ganz beson-derer Art dar ... Aufgrund ihrerbesonderen Anbau-, Verarbei-tungs- und Vermarktungsbedin-gungen sind diese Produkte aucheine ‚Lebensader des Krieges‘ ...Sieht man einmal von demDrogenkonsum der Kämpfer ab,der auf vielen Kriegsschauplätzenzu beobachten ist, so ist das Ver-hältnis zwischen Droge und Kon-flikt im Wesentlichen wirtschaft-licher Natur. In der Zeit des Kal-ten Krieges benutzten Geheim-dienste das Drogengeschäft alsInstrument zur materiellen Unter-stützung bewaffneter Bewegun-gen ... Nach dem Fall der BerlinerMauer wurden diese Praktiken ...in gewisser Weise ‚demokratisiert‘und nicht nur im Osten, sondernin der ganzen Welt und vor allenin Afrika und Lateinamerika an-

Ein Autounfall am 4.1.1996 in der Westtürkei enthüllt mafiöse Ver-flechtungen. In diesem Wrack einer gepanzerten Mercedes-600-Limou-sine waren der ehemalige Vize-Chef der Istanbuler Polizei, HüseyinKocadag, zusammen mit dem seit 17 Jahren wegen mehrerer Mordfälleund Entführungen gesuchten rechtsextremistischen Mafioso, AbdullahCatli, und der türkischen Miss Cinema, Gonca Uz, ums Leben gekom-men. Der DYP-Abgeordnete Sedat Bucak konnte verletzt aus demWrack geborgen werden. Die damalige Vize-Ministerpräsidentin TansuCiller war seit Wochen von der türkischen Presse verdächtigt worden,eine Organisation zu leiten, in der Mitarbeiter aus Geheimdienst,Militär, Polizei und Unterwelt kooperierten.

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gewandt. Das Drogengeschäftdient so zunehmend in den ‚Grau-zonen‘ der Welt zur Finanzierungvon lokalen Kriegen.“

2.2 Ethnischer Terroris-mus

In einer Arbeit über „Kapitalis-mus und organisiertes Verbre-chen“ (1998)32 ging der SchweizerSoziologe und Nationalrat im Par-lament Jean Ziegler auch auf dieExistenz ethnisch strukturierterVerbrecherkartelle ein: „DerEthnozentrismus spielt eine ent-scheidende Rolle in der Struktu-rierung krimineller Organisatio-nen.“ Drei Beispiele nannte er –Organisationen, die einzig undallein dem Gesetz des Clans ver-pflichtet sind:

1. die hocheffizienten, strengethnozentrisch strukturierte Orga-nisation von Ayoub Afridi, Herr-scher eines Pathanenclans in denBergen über dem Khaiberpass.Die pakistanische Regierung hältAfridi für den Herrscher übereinige der ausgedehntesten Hero-in- und WaffenschmuggelringeAsiens. Während der Ältestenratseines Stammes (Jirga) Afridi vonjeder Schuld freisprach, wurdedieser seit 1988 mit internationa-lem Haftbefehl gesucht. Vor demHintergrund eines gnadenlosenKrieges zwischen dem Clan derAfridi und General NasirullahBabar, dem Innenminister undstarken Mann der damaligen Re-gierung von Benazir Bhutto, stell-te sich der Clan-Chef im Dezem-ber 1995 den amerikanischen Be-hörden.

2. Der syrische GeschäftsmannMonzer al-Kassar33 gehört trotzseiner sunnitischen Herkunft zumalawitischen Clan der al-Assads.1970 stürzte Luftwaffengeneral

Hafez al-Assad die sunnitischeRegierung Syriens und übernahmmit seinem Clan die Macht. Einerder wichtigsten Finanziers des re-

gierenden Alawiten-Clans istMonzer al-Kassar. Der in Marbellaresidierende, von einer privatenMiliz geschützte Mann wurdeu. a. von einem spanischen Ge-richt beschuldigt, die Waffen fürdie Terroristen geliefert zu haben,die für die Entführung des Kreuz-fahrtschiffes Achille Lauro verant-wortlich waren. Wegen Mangelsan Beweisen entging er der Ver-urteilung. 1992 ordnete die spani-sche Justiz die Sperrung seinerKonten an, war anschließend je-doch zur Widerrufung ihrer An-ordnung gezwungen.

3. Die Ethnie der Tschetschenenist für militärisches Geschick undihre hermetisch verschlossenenClanstrukturen bekannt. In denClans herrscht ein strenger Ehren-kodex. Wenn ein Clan einer kri-minellen Organisation einenMann zur Verfügung gestellt hatund dieser im Kampf stirbt (oderim Gefängnis verschwindet), er-setzt der Clanchef ihn sofort durchseinen nächsten Sohn ... Dietschetschenischen Kartelle weiseneinige Merkmale auf, die sie be-sonders gefährlich machen: Dietief verwurzelte Clanstruktur be-günstigt eine extreme Abschot-tung nach außen und eine großeHomogenität nach innen ... DerTschetschenen-Clan („tep“) istdem Gesetz des Blutes („miest“)unterworfen. Dieses verpflichtetjeden Clanangehörigen, jeden zutöten, der den Tod eines anderenClanmitglieds verschuldet hat.

Das gilt in der heutigen Weltdes Verbrechens insbesondereauch in der Auseinandersetzungvon Tschetschenen-Kartellen mit

russischen Banden. Nach der der-zeitigen russischen Verfassung istdie Republik Tschetschenien for-mell Bestandteil der RussischenFöderation. Seit 1993 kämpfenTschetschenen für vermehrte Au-tonomie mit dem Ziel der Grün-dung eines eigenen Staates. Die-ses Kampfziel stellt ein Kriteriumdes „ethnisch-nationalistischenTerrorismus“34 dar, über den derBegründer des Center for theStudy of Mind and Human Inter-action und Spezialist für Krisen-intervention Vamik Volkan in sei-nem Buch „Blutsgrenzen“ (1999)35

schreibt. Zu den ethnischen Terro-ristengruppen zählte er die baski-sche BefreiungsorganisationEuzkadi Ta Azkatasuna (ETA) unddie kurdische Arbeiterpartei(Partiya Karkari Kurdistan, PKK),die tamilischen „Befreiungstiger“Liberation Tigers of Tamil Eelam(LTTE), die palästinensische Orga-nisation Hamas und andere. Vol-kan zu dieser Form des Terrors:„Die ursprüngliche Zelle einerethnischen Terrorgruppe benötigtfinanzielle Unterstützung für ihreAktivitäten ... Förderlich für denAufstieg einer ethnischen Terro-ristengruppe ist die Zustimmungjener, die nicht an terroristischenAktivitäten beteiligt sind, aberdenselben ethnischen Hinter-grund haben, zumindest heimli-che Sympathie für die Terroristenhegen ...

Beim ethnischen Terrorismuswerden unschuldige Menschengeopfert, um den Opferstatus derethnischen Gruppe, der die Terro-risten angehören, zu bestäti-gen ...“ Dennoch, nicht wenigeTerro-rismusexperten sind sichdarin einig, dass der ethnischeTerrorismus „kaum die angebli-chen Ziele der jeweiligen ethni-schen Gruppe oder der terroristi-schen Gruppe selber fördert, istdoch der Abgrund zwischen An-spruch und Wirklichkeit zubreit.“36 Wie wohl bei keiner an-derer Form des Terrorismus sindbeim ethnischen Terrorismus die

Das Rauschgiftgeschäft wird als potenterKonfliktfinanzierer global vom symbiotischenTerrorismus gebraucht.

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ORGANISIERTEKRIMINALITÄT

August 1999 - No. 7 - dp-special 10

Übergänge zum symbiotischenTerrorismus fließend. Zu diesenneuen Bündnissen nochmalsLaqueur: „Ursprünglich hattenTerrorismus und organisiertes Ver-brechen keine langfristigen ge-meinsamen Interessen, nur ge-meinsame Feinde: die Behördenund den Staat. Deshalb war – oderschien – jegliche Zusammenarbeitzwischen ihnen rein taktischen,niemals strategischen Charakterszu sein.

Aber in dem Maße, wie Terro-ristengrup-pen kriminelle Aktivi-täten aufnahmen, hat sich auch

das organisierteVerbrechen, dasanfangs nur derBereicherungdiente, immerstärker politi-siert ...

... Das organi-sierte Verbre-chen hat sichnicht nur inRussland politi-siert. Es strebtgenauso sehrnach Macht wienach materiel-lem Gewinn.Dieser Prozesskönnte, unab-

hängig von den persönlichen Am-bitionen der Kartell- undSyndikatschefs, für ihre Besitz-stands- und Struktursicherungunvermeidlich sein. Gleichzeitigbefassen sich Terroristengruppenin einigen Ländern zunehmendmit Aktivitäten, die in der Vergan-genheit dem organisierten Ver-brechen vorbehalten waren, denndie Profitmöglichkeiten sind grö-ßer denn je. Organisiertes Verbre-chen und Terrorismus sind natür-lich nicht identisch, aber sie be-wegen sich aufeinander zu – eineEntwicklung, die sich in Zukunftnoch verstärken könnte.“

3 Netzwerke des organi-sierten Verbrechens

Wird das polizeiliche Erfah-rungswissen der Bekämpfung kri-mineller Gruppen in Asien, Au-stralien, Amerika, Europa undAfrika zugrunde gelegt, lassensich in der Organized Crime dreiGroßgruppen ausmachen: krimi-nelle Geheimgesellschaften (z. B.die chinesische Triade „Sun YeeOn“), kriminelle Bünde (z. B. dieUS-amerikanische MC-Gang„Hell‘s Angels“) und kriminelleEthno-Banden (z. B. kriminell ak-tive Mitglieder nigerianischerEthnien, so des Stammes derYoruba). Allen zusammen werdenweltweit 1 bis 1,5 Millionen Men-schen zugeordnet.

Global dominieren heute Grup-pen der Transnationalen OK (TOC– Transnational Organized Crime),die – jede (auch technische) Neue-rung nutzend – sich mehr zurNetzwerkkriminalität (NetworkCrime) entwickelt hat.

3.1 OK-Gipfel undVerbrechenspolitik

Die ersten kriminalhistorischbelegten OK-Gipfel fanden in denUSA von 1928 bis 1934 statt. Aufdiesen „National OrganizationalMeetings“37 begründeten italieni-sche und jüdische OK-Führungs-personen „The Syndicate“ unddanach dessen separaten Voll-streckungsapparat, die „MurderInc.“38 Belegt sind ebenfalls zweiGipfel des „Syndikats“, die nachdem 2. Weltkrieg 1946 und 1947in Kubas Hauptstadt Havannastattfanden. Dabei ging es um Pla-nungen in Sachen Glücksspiel.Seinerzeit waren Mitglieder desSyndikats, insbesondere MeyerLansky, dem Diktator Bastia be-hilflich, auf Kuba erneut dieMacht auszuüben. In der erstenHälfte der 1950er Jahre sollen derBastia-Clan und das Syndikat ein„Finanzabkommen“ geschlossenhaben.

Nicht nur im Westen, auch imOsten waren derartige Treffenbekannt. Im Russischen stand derBegriff „strelka“ für ein Treffenvon Vertretern unterschiedlicherBanden. Der Begriff „s’chodki“stand für all-unions bzw. all-rus-sische Zusammenkünfte der Spit-zen der Verbrechenswelt. Ein der-artiges Treffen soll im Sommer1987 in der UdSSR am SchwarzenMeer stattgefunden haben. Dieführenden „Mafiosniks“ sollensich seinerzeit auf „konzertierteAktionen gegen die höchst ge-schäftsschädigende Perestroika“geeinigt haben. Wie nie zuvor indiesem Jahrhundert hat die OK inden letzten beiden Dekaden an-gefangen, sich auf hohem Niveaunetzartig zu organisieren, zurEffektivierung von OK-Binnen-strukturen, zur Profitmaximierungverschiedener Kriminalitäts-bereiche oder auch schlicht nurzur gemeinsamen Gefahrenab-wehr. Dazu einige Beispiele:39

1. Portugal 1989: Im Januar tra-fen sich Vertreter marokkanischerSchmuggel-Clans, galizischerSchmugglerbanden und kolum-bianischer Kartelle. Ob der ver-stärkten Wachsamkeit spanischerBehörden wurde entschieden,dass die Galizier künftig das Ko-kain der Kolumbianer über Ma-rokko transportieren sollten.

2. CSFR 1992: Wenigstens zweiGipfel dienten russischen und ita-lienischen OK-Vertretern zumAbstimmen ihrer künftigen Zu-sammenarbeit. Auf dem letztenTreffen im Oktober in Prag sollensich beide Seiten auf ihre jeweili-gen Interessensgebiete in Böhmenund Mähren geeinigt haben.

3. Marokko 1992: Unmittelbarnachdem König Hassan II. den„Drogenkrieg“ erklärte, versam-melten sich im Oktober in derUmgebung von AI-Hoceima diemeisten Drogenbarone vonTanger, Tetouan und der Provinz.Im Sommer 1993 kam es zu einemweiteren Gipfel in der ProvinzTetouan.

Organisiertes Ver-brechen und Terro-rismus sind nichtidentisch, abersie bewegen sichaufeinander zu –eine Entwicklung,die sich in Zukunftnoch verstärkenkönnte.

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4. USA 1993: Auf einem Gipfelder Russian Organized Crime(ROC) in Miami, nach New Yorkdem zweiten Zentrum der„Organisazjia“ in den USA, solldie Unterwanderung der italieni-schen Geschäftswelt im großenStil beschlossen worden sein. DenAuftrag dafür bekam der aus Wla-diwostok stammende Juri („Bull-dozer“) Essine. Seine „Brigade derSonne“ wurde im März 1997 imnorditalienischen Skiort Madonnadi Campiglio enttarnt. Bis dahinsoll Essine etwa 9000 Mitgliederfür die gestellte Aufgabe in Itali-en rekrutiert haben, so Staatsan-walt Piero Luigi Vigna. Vignaschätzte, dass zwischen 1993 und1995 sieben bis zehn MilliardenMark schwarzer ROC-Geldernach Italien geflossen sind. Inve-stiert wurde das Geld vor allem inIndustriebetrieben und Touristik-unternehmen in Mittel- und Nord-italien.

5. Israel 1993-94: Nach Mena-chem Amir (1996)40 haben hier„Top Russian Mafiosi“ aus Russ-land, Europa und den USA drei-mal getagt, um über gemeinsame„Investitionspolitik“ und Nieder-lassungen zu disputieren. Auf ei-nem OK-Konvent, Vertreter ukrai-nischer Banden hatten sich 1994mit Vertretern der israelischenVerbrecherwelt in Tel Aviv getrof-fen, war der wichtigste Tagesord-nungspunkt die Geldwäsche.41

Mitte 1995 hieß es in Israel, biszu diesem Zeitpunkt seien bereitsvier Milliarden Dollar hier ge-waschen worden. Nach einerzweiwöchigen Arbeitsreise nachRussland, Ungarn und der Ukra-ine stellte GeneralinspekteurAssaf Hefetz, Leiter der isra-elischen Polizeibehörde, am28.6.1995 noch auf dem AirportBen Gurion in Tel Aviv auf einerPressekonferenz u. a. fest, dass dieROC versuche, ganz Israel – vonder Wirtschaft bis hin zur Politik –zu unterwandern. Von 30 Milliar-den Dollar, die die Ex-Sowjetuni-on in den letzten Jahren „verlas-

sen“ hätten, seien vier in Israelgewaschen worden.

6. Südafrika 1996: Von den 127Straßen-Gangs am Kap galt dievon den Brüdern Rashaad undRashied Staggie angeführte, rund1000 Kopf starke „Hard Living“-Gang Mitte der 90er Jahre als eineder härtesten Banden. AlsRashaad Anfang August 1996 vonmilitanten Muslims der pagad-Organisation angeschossen undverbrannt wurde, fand eine Wo-che später in den KapstädterTownships eine – vom Zwillings-bruder Rashied angeführte – öf-fentliche Demonstration von rund1000 Kriminellen statt. Vor demHintergrund, dass pagad-Kämp-fer42 den „Tod der Drogendealer“zum Ziel ausriefen, machten dieKapgangster mobil. Abgesandtevon über 100 Banden schlossen1996 ein Friedensabkommen un-tereinander, um sich „gegen dengemeinsamen Feind wehren zukönnen.“ Zugleich sandten sie ei-nen Hilferuf an andere Drogen-händler Südafrikas43 aus, ihnenmit bewaffneten Leuten zu Hilfezu eilen.

Der Einfluss der OK auf Politikund Wirtschaft, den Mitte 1995 derisraelische GeneralinspekteurAssaf Hefetz schon für sein Landals konkrete Bedrohung darstell-te, ist in nicht wenigen Staaten zubeobachten.

3.2 OK als modernerDienstleister für Politikund Wirtschaft

In einigen Ländern gehört dieWahlkampfhilfe zur Dienstlei-stung der OK. Dazu Beispiele ausverschiedenen Regionen:

1. NordafrikaIn Marokko wurden auf ver-

schiedenen Ebenen die „Narkos“(Drogenhändler) zu Verbündetender Behörden, insbesondere vorund während Wahlen. ÖrtlicheDrogenbarone machen (in den90er Jahren) keinen Hehl daraus,dass sie sich die Beihilfe der Exe-

kutive und Legislative in den Ge-meinden und der Provinz gekaufthaben:

• In ländlichen Gebieten brin-gen sie die Bevölkerung unterdem Vorwand, dass die Mitgliederund Kandidaten der Rechtspartei-en den Anbau von Kif (Cannabis)befürworten, dazu, diese zu unter-stützen. Dies trifft insbesondereauf die karge Rif-Region Marok-kos zu, die vornehmlich von Ber-ber-Stämmen bewohnt ist. Etwa85 Prozent des Rif-Sozialproduk-tes stammen aus dem Cannabis-anbau.

• Während der Wahlkam-pagnen sorgen die Drogenhändlerfür die notwendigen Gelder zumStimmenkauf.

• Zum Zeitpunkt der Wahl wirdPolitikern das „Fußvolk derSchmuggelringe“ (Prostituierte,kleine Zwischenhändler, Kuriere)zur Verfügung gestellt, um zumBeispiel Flugblätter zu verteilen,Plakate zu kleben, Wahlbüros zukontrollieren, Rechnungen mitGegenkandidaten durch Überfalloder Ähnliches „zu begleichen“.

Sowohl auf lokaler wie auf na-tionaler Ebene trägt das Drogen-geld zur Finanzierung der politi-schen Partei bei.44

2. SüdamerikaIn Kolumbien trat am 7. August

1998 der Konservative AndresPastrana sein Amt als Präsidentan. Sein Vorgänger ErnestoSamper bezeichnete sich zuvor ineinem seiner letzten öffentlichenAuftritte als „Opfer einer Konspi-ration.“ Ein persönliches Schuld-eingeständnis, von der Finanzie-rung seines Wahlkampfes 1994durch die Drogenmafia gewusstzu haben, legte Samper vor demParlament in Bogota am 20.7.1998nicht ab. Dennoch gab er erstmalszu, dass Drogengelder in seineWahlkampfkasse geflossen sind.

An dieser Stelle sei darauf hin-gewiesen, dass der Kauf vonWählerstimmen und deren Wei-terleitung zu den „klassischen“Dienstleistungen der OK zählt.

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ORGANISIERTEKRIMINALITÄT

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Im Osten Asiens waren undsind analoge Entwicklungen zubeobachten, wie es das Beispielder japanischen OK belegt.

3. OstasienNach dem 2. Weltkrieg waren

es in Japan (Kapitulation am

14.8.1945) nicht wenige Gelderder Yakuza45, die die konservati-ven Mächte des Kaiserreicheswieder stärkten. Yakuza unter-stützten die aus zwei kleinerenGruppierungen zusammenge-schlossene, 1955 gegründete Li-

beral-Demokrati-sche Partei (LDP),indem sie bei-spielsweise dafürsorgten, dass Op-positionsparteiennie zu einer ernst-haften politischenGefahr für die überJahrzehnte regie-rende LDP wur-den. Von Kriegs-ende bis 1990 wa-ren zum Beispiel27 Politiker Zielvon Anschlägenvon Rechtsextre-misten. Heute sinddie japanischeRechte und dieYakuza praktischkaum auseinan-derzuhalten.

Eine Art „Still-halteabkommen“zwischen Yakuza,Polizei und Wirt-schaft (Ächtung of-fener Gewalt; Kon-sens: Polizei galtals Ordnungsfak-tor der „Ober-welt“, Yakuza alsSicherungsfaktorder Unterwelt)hielt über Jahr-zehnte. Erst durchJapans Rezessionab 1994 wurde die-ser Konsens ge-stört, worauf ins-besondere der aufErpressung vonManagern spezia-lisierte Yakuza-Zweig der „So-k a i y a “ - G a n g -ster“46 reagierte. InJapan kam es nach

dem Konsens-Bruch 1994 in derFolge beispielsweise zum Tod vonsechs Spitzenmanagern der Wirt-schaft.

3.3 OK-Techniken derEinflussnahme

Auf allen Kontinenten suchenpotente OK-Gruppen Einfluss zunehmen auf Politik und Wirtschaft,öffentliche Verwaltung (ein-schließlich Polizei und Justiz),aber auch auf Medien. An dieserStelle soll nicht näher auf eine der„ältesten Techniken“, die Anwen-dung von Gewalt gegen Personenbis zum Exitus, eingegangen wer-den, für die stellvertretend fürungezählte Opfer der sizilianischeUntersuchungsrichter GiovanniFalcone als Sprengstoffatten-tatsopfer (am 23. Mai 1992 vor Pa-lermo) steht. In diesem Zusam-menhang sei auch auf den OK-Deliktbereich „Auftragstötung“hingewiesen, dessen Entwicklungauch im Bereich des „symbioti-schen Terrorismus“ gesehen wer-den muss.

Zu den subtileren Technikenzählen heute

• Korruption (mittlerweile re-gelrecht instrumentalisiert)

• Desinformation (seit den1990er Jahren): Diese originärenachrichtendienstliche Aufgabe,„Verwirrung durch lancierte fal-sche oder richtige Meldungen zustiften“, ist in den Händen der OK– meines Erachtens – wohl eineder gefährlichsten Waffen, die aufder Schwelle zum 21. Jahrhundertgegen Verbrechensbekämpfer,Sicherheitspolitiker und andereZielgruppen von „Geschäfts-störern“ eingesetzt werden.

Zur Innovation des organisier-ten Verbrechens gehört zum Endedieses Jahrhunderts nicht nur diePraxisanwendung klassischernachrichtendienstlicher Mittel,sondern auch die Kooperation mitNachrichtendiensten. Ein aktuel-les Beispiel dazu wäre die Sozia-listische Republik Myanmar:

Behinderungen von Journalisten, die sich umdie Aufdeckung mafioser Vorgänge bemühen,Anschläge gegen sie und gegen Medieneinrich-tungen sind rund um die Welt zu registrieren.Dieses Bilddokument stammt ebenfalls aus derTürkei: Ein Journalist des türkischen Privatsenders„Flash TV“ zeigt am 2. Mai 1997 auf die Schädenin einem Studio des Senders in Istanbul, dessenRäume zuvor von rund 50 bewaffneten Männerngestürmt und verwüstet worden waren.

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Im früheren Birma schloss dieMilitärjunta in Rangun, vertretendurch den Chef des Geheimdien-stes, General Khin Nyunt, ein„Waffenstillstandsabkommen“mit den War Lords der ethnischenMinorität des Wa-Volkes. Der Wa-Stamm hat die Folge des Opium-War-Lords Khun Sa (Chang Si Fu)angetreten, der von 1959 bis 1996das Volk der Shan führte und dieDrogeninteressen kämpferisch(Shan-United-Army, später Mu-ang Thai Army mit ca. 20.000Kämpfern) sicherte. Nach dem„Ruhestand“ von Khun Sa hat sichder Wa-Stamm (mit ca. 20.000Kämpfern) das Drogenmonopolder Shan im Grenzbereich zur VRChina, Laos und Thailand genom-men. Im Tauschhandel gegenFrieden in der Region lassen dieMilitärs die Wa ungestört mit Dro-gen handeln.

Wie viele von den weltweit rund200 aktiven Geheimdiensten zumEnde des 20. Jahrhunderts mitGruppen der OK und ethnischerTerroristen im weitesten Sinn zu-sammenarbeiten, vermag nie-mand zu sagen. Belegt ist diese„düstere Allianz“ in der zweitenJahrhunderthälfte – zumindesttemporär – in nicht wenigen Län-dern der Nachkriegszeit.

3.4 Kriminalitäts- netzwerke – aus- gewählte Beispiele

Beispiel chinesische Netzwerk-kriminalität:

Die Brüder Ma Sik-Yu („Wei-ßes-Pulver-Ma“) und Ma Sik-Tschun („Der goldene Ma“)stammten aus der Swatow-Regi-on und arbeiteten als Klein-kriminelle in Hongkong. Ihr Auf-stieg begann hier, als sie Mitglie-der einer Chiu Chao-Triade wur-den, die enge Verbindungen zur„14 K“ und dem „Sun Yee On“-Syndikat pflegte. Diese beidengrößten Triaden haben mit 55 wei-teren aktiven Triaden ihre Basis inHongkong.

1967 fingen die Ma-Brüder alskleine Heroinhändler an. KMT-General Li Wen-Huan, den sie inThailand kennenlernten, stellte1968 einen ersten Kontakt der Ma-Brüder zum Nachrichtendienst(ND) Taiwans her. Als Spitzen-agent dieses ND leitete Ma Sik-Yu 1972 schon ein Spionagenetz,das über Vorgänge chinesischerGemeinden in einem halben Dut-zend Staaten Südostasiens sowieüber alle für Taiwan interessantenEntwicklungen berichtete. Um1975, er beschäftigte mehr als 40Agenten, gründete der jüngereMa Sik-Tschun die pro-taiwane-sische Oriental Daily News. AlsDank für diese Dienste versorgteGeneral Li die beiden mit hoch-wertigem Opium zu erheblichemPreisnachlass. Mit dieser Hilfewurde das Ma-Syndikat 1974 zumgrößten Rauschgiftimperium inHongkongs Geschichte (geschätz-ter Jahresumsatz 750 MillionenDollar).

Beispiel türkische Netzwerk-kriminalität:

Im Folgenden werden zwei Fäl-le kurz vor dem Hintergrund dar-gestellt, dass im Heroinhandel inder Türkei jährlich bis zu 60 Mil-liarden DM verdient werden; rund12,5 Milliarden Dollar kostet dieTürkei jährlich die Finanzierungihres Kurdenkrieges.47

Der Fall Alaattin Çakici:Çakici wurde am 17. August

1998 in Nizza verhaftet, nachdemer elf Jahre mit internationalemHaftbefehl gesucht worden war.Über die Verhaftung dieses„Ülkücü baba“ (so werden jenetürkischen Mafia-Bosse genannt,die Mitglieder der rechten „Grau-en Wölfe“ sind) stürzte die Regie-rung Yilmaz. Der rechtsextremePate, nach Angaben von Interpolmutmaßlicher Auftraggeber von40 Morden (einschließlich desMordes an Agop Agopian, demFührer der armenischen Unter-grundorganisation „Asala“), hat-te gute Kontakte zum türkischenND Milli Istihbarat Teskilati

(MIT)48. So verschaffte ihm auchsein MIT-Freund Yavuz Atac ei-nen gefälschten Diplomatenpass,mit dem er im Sommer 1998 inFrankreich einreiste. Çakici sollinsbesondere auch als Handlan-ger im Krieg gegen die kurdischePKK aktiv gewesen sein.

Der Fall Abdullah Catli:Catli, einst Vizechef der „Grau-

en Wölfe“, galt als einer der größ-ten Drogenbarone in der Türkei.49

Der 17 Jahre von Interpol gesuch-te Profi-Killer kam bei einemAutounfallin der West-türkei am 3.November1996 um.D i e s e rVerkehrsun-fall wurdezum Politi-kum. Nebendem totenCatli, beidem man ei-nen Diplo-matenpassfand, der ihnals Polizeibeamten auswies, wur-den zwei weitere Tote geborgen:Hüseyin Kocadag, Ex-Vize derGeheimpolizei von Istanbul, undseine Partnerin Gonca Uz (mit ge-fälschten Personalpapieren).Schwer verletzt hatte den UnfallSedat Bucak, Abgeordneter derPartei des Wahren Weges (DYP)von Tansu Ciller, seinerzeit Au-ßenministerin, überlebt, der in derSüdosttürkei eine Miliz-Truppeunterhält, die gegen die PKKkämpft. Schon im November 1996hatte der frühere sozialdemokra-tische Premier Bülent Ecevit voneinem „Spinnennetz, das um Staatund Gesellschaft gelegt“ wird,gesprochen. Mit diesem Netzstellten er und andere Politiker aufeine Organisation „des Clans umTansu Ciller“ ab, die nach Mei-nung des Vorsitzenden der Arbei-terpartei, Dogu Perincek, „eine700 Personen umfassende Ge-heimorganisation, bestehend aus

Auf allen Kontinen-ten suchen potenteOK-Gruppen Einflusszu nehmen auf Politikund Wirtschaft, öffent-liche Verwaltung (ein-schließlich Polizei undJustiz), aber auch aufMedien.

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ORGANISIERTEKRIMINALITÄT

August 1999 - No. 7 - dp-special 14

1) Der Kosovo-Krieg kostete (bis 8. Juni1999) knapp 14 Mrd. DM; die Kosten für denAufbau sind kaum weniger als 35 Mrd. DM,sind letztlich aber kaum verlässlich zu schät-zen.

2) Der Begriff ist als verharmlosende Ein-kleidung für die Massaker eingeführt wor-den, die ab August 1991 in der serbischenMinderheitenenklave Krajina gegen diedort lebenden Kroaten einsetzten, nachdem94 Prozent der Kroaten für die nationale Un-abhängigkeit ihrer Teilrepublik Kroatiengestimmt hatten.

3) nach der Dokumentation „Genozidim Kosovo“, vom GfbV-Vorsitzenden TilmanZülch am 1. Juni 1999 in Göttingen vorge-stellt

Kriminellen, Angehörigen der Si-cherheitskräfte und Politikern,war.“ In dieser „Spezial-Büro“genannten Organisation, so dieGegner des Ciller-Clans, „würdenMitarbeiter aus Geheimdienst,Militär, Polizei und Unterwelt ko-operieren, um Macht und Reich-tum des Clans zu mehren und zusichern.“

Der Unfallwagen war aus Ku-sadasi gekommen, wo zuvor die

Verunglückten zusammen mitdem damaligen InnenministerMehmet Agar im selben Hotelgenächtigt hatten. Anlass genugfür Mesut Yilmaz, der Frau Cillerals Regierungschef ablöste, eineUntersuchung „über die Verbin-dungen zwischen Politikern, Si-cherheitsbeamten und dem orga-nisierten Verbrechen“ in Auftragzu geben, deren Ergebnisse in ei-nem Bericht 1998 50 vorgestelltwurden. In der Folge leitete imApril 1998 das türkische Parla-ment eine Untersuchung der Ver-mögensverhältnisse der Ex-Mini-sterpräsidentin Ciller ein. Ironiedes Schicksals: Auch das Yilmaz-Kabinett, das die Untersuchung inAuftrag gegeben hatte, wurde„wegen Mafia-Verstrickung“ imParlament am 25.11.1998 gestürzt.

Beispiel italienische Netzwerk-kriminalität:

Am 10. September 1998 wurdean der Côte d’Azur der 79-jährigeLicio Gelli in Cannes festgenom-men. Am 16. Oktober lieferteFrankreich ihn an Italien aus. Gelliwar im Mai 1998 aus seiner Villain Arezzo (Toskana) geflohen, woer unter Hausarrest stand. EinenMonat zuvor hatte ihm die Justizseine Schuld am betrügerischenBankrott der Banco Ambrosiano in

Mailand bestätigt und ihn zu zwölfJahren Gefängnis verurteilt. Gellihatte 1966 in Rom die GeheimlogeP2 (Propaganda Due) gegründet,eine „irreguläre“ Geheimlogeohne Verbindung zur offiziellenund „regulären“ italienischenGroßloge „Grande Oriented’Italia“ (mit 18.000 Mitgliedern).Gelli, Großmeister dieser Loge,schuf mit seinen einflussreichenLogenbrüdern eine „zur Regie-

rung parallel laufen-de Entscheidungs-struktur“ in Italien.Mehr zufällig wurden1981 die P2-Ver-schwörer entdeckt.Seinerzeit fand dieFinanzpolizei aucheine Liste mit 962

Namen. Danach gehörten zu denMitgliedern auch Armeegeneräle,Geheimdienstchefs, Minister, Ab-geordnete, Unternehmer, Bank-präsidenten, Bürgermeister, Nota-re, Rechtsanwälte und Journali-sten. Über 1600 der insgesamt2600 Mitglieder der konspirativenP2 sind bis zum heutigen Tagenicht identifiziert. Erst im Mai1998 hatte sich der Skandal umden gerade untergetauchten Gelliausgeweitet. Die Staatsanwalt-schaft Palermos ermittelte gegenihn wegen subversiver Umsturz-pläne. Zusammen mit dem Cosa-Nostra-Boss Toto Riina soll er 1990die Abspaltung Siziliens vom Restdes Landes geplant haben. Itali-en sollte mit Bombenanschlägenins Chaos gestürzt werden. DieSchuldanwürfe stützen sich aufzahlreiche Zeugen. Demnach ge-hörten die Bombenanschläge aufdie Mafiajäger Falcone und PaoloBorsellino 1992 sowie dieSprengstoffattentate mit fünf To-ten 1993 in Mailand, Florenz undRom zum Umsturzplan.

Neben Gelli und dem 1993 ver-hafteten Paten Riina sollenGeheimdienstler und Rechtsextre-misten an diesem Vorhaben betei-ligt gewesen sein.51 Dem Umsturz-plan zufolge sollte als Gegenpart

zur sezessionistischen Lega Nordeine politische Regierung „FreiesSizilien“ aufgebaut und von derCosa Nostra finanziert werden.Ziel sei es gewesen, die politischeKrise im Zuge der Korruptions-ermittlungen Anfang der 90erJahre auszunutzen.

Nachwort

Die organisierte Kriminalität,früher nur an Bereicherung inter-essiert, politisiert sich stärker.Dazu noch einmal der HistorikerWalter Laqueur 1998: „Seit derGlobalisierung der Wirtschaftreicht es jedoch nicht mehr aus,Sympathisanten in den Behördenvon Kansas City oder Palermooder von russischen Städten zuwissen. Genau wie viele Terro-ristengruppen einen politischenFlügel besitzen, benötigt das or-ganisierte Verbrechen politischeParteien oder wenigstens Pres-suregroups zur Verteidigung sei-ner Interessen ...“ Last not leastseine nüchternen, bedrohlich wir-kenden Worte: „Vor 50 Jahren gabes eine klare Trennlinie zwischenTerrorismus und gewöhnlicherKriminalität. Seit jüngerem ver-wischt sich die Linie jedoch, undin manchen Fällen hat sich einebeispiellose Symbiose zwischenTerrorismus und organisiertemVerbrechen angebahnt.“

Das organisierte Verbrechen be-nötigt politische Parteien oderwenigstens Pressuregroups zurVerteidigung seiner Interessen.

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dp-special - No. 7 - August 199915

4) Nach UNHCR befanden sich daneben(Stand 10.6.99) 200.000 in Mazedonien,60.000 in Montenegro und 50.000 in Bosni-en. 90.000 waren in Gastländern, zum Bei-spiel in Deutschland (über 13.600).

5) zitiert nach UNHCR-SprecherJanowski am 10. Mai 1999 in Genf

6) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart;Originalausgabe: War and Anti-War.Survival at the Dawn of the 21st Century;Little, Brown and Company, Boston – NewYork – Toronto – London 1993

7) Gerling Akademie Verlag, München;Originalausgabe: The Transformation ofWar, The Free Press, New York 1991

8) Field Circular „Low-IntensityConflict“, FC 100-20, U.S. Army Commandand General Staff College, FortLeavenworth/Kansas, 30 May 1986, S.V.,zitiert nach Ulrich Duchrow, Gert Eisen-bürger, Jochen Hippler (Hg.): Totaler Krieggegen die Armen - Geheime Strategie-papiere des amerikanischen Militärs, Chr.Kaiser Verlag, München 1989

9) Die Definition macht deutlich, dassLIC eine Sammelkategorie zur Bezeich-nung unterschiedlicher Konfliktformen dar-stellt. Wichtige LIC-Gattungen sind z. B.Counterinsurgency (Aufstandsbekämp-fung), Contra-Operationen (Aufstands-/Subversions-Organisation), Counter-terrorism (offensive, militärische TE-Be-kämpfung) und „chirurgische“ Militärope-rationen sowie sonstige Operationen.

10) Hamburger Edition, Hamburg; Ori-ginalausgabe: Economie des guerres civiles,Hachette Paris 1996

11) Pierre Kopp: Embargo und wirt-schaftliche Kriminalisierung, in: Jean &Rufin (Hg.): Ökonomie der Bürgerkriege,a. a. O., S. 347-378

12) Der Spiegel Nr. 4/24. Januar 1994(Balkan: Wie früher in Chicago), S. 110-112

13) Nach CIA-Recherchen seinerzeit(1994) versuchten sich auch bosnische Mos-lems, Kroaten und Albaner beim -„Aufbauinternationaler Gangstersyndikate“.

14) Pino Arlacchi: Mafia Business – TheMafia Ethic & The Spirit of Capitalism, Ver-so Edition, London 1986

15) „Die internationale Dimension desOrganisierten Verbrechens“, Akademie-Report, München 1994

16) Klaus Lange: Transnationale Orga-nisierte Kriminalität (TOK), aktuelleanalysen 9 der Akademie für Politik undZeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung,München 1997

17) Wenn bei der Lageanalyse der ge-nannten, aber auch anderer Konflikt-regionen diese kriminelle Tiefendimensionnicht ausreichend berücksichtigt wird, wer-den Planung und Durchführung etwa in-ternationaler peace-keeping Operationenimmer häufiger unnötig kostspielig, zeitrau-bend oder gar völlig fruchtlos sein (Lange,1997, a. a. O., S. 16).

18) World Ministerial Conference onOrganized Transnational Crime To Be Heldin Naples, Italy, from 21 to 23 November1994. Die Inhalte der Erklärung der Mini-sterial Conference sind dokumentiert inTransnational Organized Crime, Vol. 1,Spring 1995, No. 1, p. 118 ff.

19) Alex P. Schmid: The Links betweenTransnational Organized Crime and Terro-

rist Crimes, Transnational Organized Crime,Vol. 2, Winter 1996, No. 4, p. 40-82.

20) Verlag S. Fischer, Frankfurt/Main;Originalausgabe: Inside Terrorism, VictorGollancz Ltd., London 1998

21) Rolf Tophoven: Die neue Qualität undDimension des internationalen Terrorismus,Vortrag auf dem 4. Dt. Polizeikongress (The-ma: OK – Neue Formen des Terrorismus),Berlin, 30. Mai 1996

22) Siehe auch David E. Kaplan &Andrew Marshall: AUM – Eine Sekte greiftnach der Welt, Ullstein, Berlin 1998.

23) Vor diesem Hintergrund wird die Ge-fahr, C- und B-Waffen als Erpressungs-potential einzusetzen, real. Die Technologieist für jederman vorhanden, der Zugriff dar-auf relativ leicht.

24) als aktuelle analysen 11 der Akade-mie für Politik und Zeitgeschehen derHanns-Seidel-Stiftung, München

25) Barry Collin: The Future of CyberTerrorism: Where the Physical and VirtualWorlds Converge, Vortrag, 11th Annual In-ternational Symposium on Criminal JusticeIssues, Chicago 1997

26) In Deutschland wusste 1996 von die-sen Erpressungen und der Operation „LatheGambit“ (Drehbank) offiziell weder dasBKA noch das Bundesamt für Sicherheit inder Informationstechnik etwas.

27) in einer Rede vor Absolventen derMarine-Akademie in Annapolis am 22. Mai1998

28) in einem Interview, das Peter Gruberfür den Focus mit Cilluffo führte, in FocusNr. 12/22. März 1999, S. 330

29) Ullstein Verlag, Frankfurt-Berlin; Ori-ginalausgabe: Down of Armageddon, Ox-ford University Press, New York 1998. Daserste Standardwerk des Historikers er-schien in Deutsch unter dem Titel: Terroris-mus - Die globale Herausforderung, Ullstein1987.

30) Alain Labrousse: Kolumbien undPeru: politische Gewalt und Kriminalität, inJean & Rufin (Hg.) Ökonomie der Bürger-kriege, a. a. 0. S. 313 ff

31) Alain Labrousse: Territorien undNetzwerke: das Drogengeschäft, in Jean &Rufin (Hg.) Ökonomie der Bürgerkriege,a. a. O., S. 379 ff.

32) Jean Ziegler: Die Barbaren kommen,C. Bertelsmann, München 1998

33) Vgl. auch dazu Manfred Morstein:Der Pate des Terrors – Die mörderische Ver-bindung von Terrorismus, Rauschgift undWaffenhandel, Piper, München – Zürich1989.

34) zitiert nach Peter Waldmann: Terro-rismus – Provokation der Macht, GerlingAkademie Verlag, München 1998

35) Blutsgrenzen – Die historischen Wur-zeln und die psychologischen Mechanismenethnischer Konflikte und ihrer Bedeutungbei Friedensverhandlungen, Scherz Verlag,Bern – München – Wien; Originalausgabe:Blood Lines, Farrar, Straus and Giroux, NewYork 1997

36) zitiert nach Agenturmeldungen (dpa)am 12.2.1996

37) 1st National Organizational Meetingam 5.12.1928 in Cleveland; 2.Treffen vom13.-16.5.1929 in Atlantic City. Auf dieserKonferenz entstand auch die jüdische„Group of Seven“. Die letzten „Syndikats-

Gründungstreffen“ waren 1934 in New Yorkund Kansas City.

38) Rich Cohen: Murder Inc. oder Nichtganz koschere Geschäfte in Brooklyn,S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 1999; Ori-ginalausgabe: Tough Jews, Fathers, Sonsand Gangster’s Dreams, Simon & Schuster,New York 1998

39) Beobachtungen dieser „Gipfel“ ge-hörten und gehören zu den Aufgaben di-verser Inlands- und Auslandsnachrichten-dienste.

40) Menachem Amir: Organized Crimein Israel, in: Transnational Organized CrimeVol 2, Winter 1996, No 4, S. 21-39

41) So Israels Polizeiminister MoscheSchahal und sein ukrainischer Kollege,Oberstleutnant Wladimir Radtschenko, am2.11.1994 auf einer Pressekonferenz (nacheiner Arbeitstagung über die Zusammen-arbeit israelischer und ukrainischer Polizei-behörden).

42) pagad: people against gangsterismand drugs, eine 1995 von Moslem-Aktivi-sten in Kapstadt-Townships gegründetemilitante Bürgerwehr, die 1996 rund 5000straff organisierte Anhänger zählte und Ver-bindungen zur „Hamas“ und „Hisbollah“unterhalten soll.

43) Zur Größenordnung (Stand Sept.1996): In Südafrika wurden fast 500 Verbre-cher-Syndikate geschätzt, in deren Auftragdie meisten Banden (Gangs) operieren.

44) Zitiert nach Observatoiregeopolitique des drogues (OGD): Der Welt-Drogen-Bericht, OGD-Jahresbericht, Deut-scher Taschenbuch Verlag, München 1993.

45) Die weltweit älteste Verbrecher-gruppierung, die bereits im 17. Jahrhundertbegründet wurde, zählt heute (1992) 91.000Yakuza, die in rund 3000 Gangs organisiertsind.

46) Zur differenzierten Rolle der„Sokaiya“ als Kleinaktionäre, Firmen-Er-presser (Company-Racketeering) sieheauch: Gabriele Kawamura (1994): Yakuza,Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffen-weiler, S. 44-46.

47) Siehe auch Berger, A./Friedrich, R./Schneider, K.: Der Krieg in Türkei-Kurdi-stan, Lamuv, Göttingen 1998.

48) wahrscheinlich auch zum Anti-Ter-ror-ND Jandarma Isthibarbat TerörMücadele (JITEM), der 1987 als Organisa-tion des ND der Gendarmerie entstand undnormalen Organisationen übergeordnet ist.

49) Die Anzahl der Mitglieder türkischerHeroin-Kartelle wurde (vom italienischenWirtschaftsmagazin Il Mondo) 1997 auf40.000 geschätzt.

50) Die wichtigsten fünf Komplexe desausgearbeiteten Untersuchungsberichtswurden von Staatsanwalt Kutlu Savas imFrühjahr 1998 vorgestellt.

55) Siehe hierzu auch: Galli, Giorgio(1994): Staatsgeschäfte – Affären, Skanda-le, Verschwörungen: Das unterirdische Ita-lien 1943-1990, Europäische VerlagsanstaltHamburg.

51) Auf der UN World MinisterialConference on Organized Crime (Neapel,21.-23.11.1994) wurde der Jahresumsatz derCosa Nostra auf 50 Milliarden Dollar ge-schätzt.