Streitwerte im Falle einer Modernisierungsduldungsklage ... in...Referat gehalten am 11.11.2015...

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Referat gehalten am 11.11.2015 (nach 11:11 Uhr) bei den Mietrechtspraktikern Berlin Streitwerte im Falle einer Modernisierungsduldungsklage und anschließendem großen „Vergleich“ Referent Thomas Röth Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentums-, Arbeits- und Strafrecht Diese Präsentation ist zu finden unter: http://www.liebert-roeth.de 1

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  • Referat gehalten am 11.11.2015 (nach 11:11 Uhr) bei den Mietrechtspraktikern Berlin

    Streitwerte im Falle einer Modernisierungsduldungsklage und anschließendem großen „Vergleich“

    Referent

    Thomas Röth

    Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentums-, Arbeits- und Strafrecht

    Diese Präsentation ist zu finden unter: http://www.liebert-roeth.de

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  • Einleitung

    Ich hatte in den letzten Jahren immer wieder mit Modernisierungsduldungsklagen zu tun und mich über die niedrigen Streitwerte und den großen Arbeitsaufwand als auch die „Gebührenschneiderei“ bei Vergleichen mit anschließender Streitwertfestsetzung geärgert. Daher dieses Referat als eine Art Einblick in vorläufige „Werkstattüberlegungen“. Dazu – die Profis um Verzeihung bittend- einige Tipps am Rande.

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  • Ausgangssituation

    Es wird eine Modernisierungsduldungsklage vor dem

    Amtsgericht eingereicht. Man einigt sich umfassend auf eine

    Beendigung/Aufhebung des unbefristeten Wohnraum-

    mietvertrages mit allem Drum und Dran.

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  • Frage

    Wie ist geschickt vorzugehen, um die aufwendige Arbeit adäquat

    vergütet zu bekommen?

    Überlegungen anhand mehrerer Fälle aus der eigenen Praxis.

    Es wird nur vom RVG ausgegangen, nicht von einer

    Vergütungsvereinbarung.

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  • Grundlagen

    Zunächst ist zwischen rechtshängigen Ansprüchen und nicht rechtshängigen Ansprüchen zu unterscheiden. Die nicht rechtshängigen Ansprüche werden üblicherweise vom Gericht in Streitwertfestsetzungsbeschlüssen mit der Formulierung „Der Mehrwert des Vergleiches beträgt …“ festgesetzt. Es könnte unter Umständen gebührentechnisch besser sein Sachen rechtshängig zu machen oder es bleiben zu lassen (wir werden sehen).

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  • Grundlegendes zur Ermittlung des Streitwertes

    § 23 RVG verweist (vereinfacht) zur Berechnung der Anwaltsgebühren hinsichtlich der Streitwerte zunächst auf das GKG, dann auf die ZPO-Normen (§§ 3 ff), dann auf das GNotKG und zuletzt auf das billige Ermessen (= zu allerletzt 5000 €).§ 41 Abs. 1 GKG regelt vorwiegend den Wert bei Streit um das Bestehen eines Mietverhältnisses, um die Art und Weise der Beendigung und um Erhöhung bzw. Minderung. Für alle anderen Streitigkeiten ist der Streitwert gem. § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu bemessen, soweit nicht die Sondervorschriften der §§ 4 – 8 ZPO eingreifen. Gerichtlich nicht mögliche Fälle sind nach GNotKG bzw. billigem Ermessen zu erfassen.

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  • Grundlagen Gesetzesmaterialien

    § 41 GKG – Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse (1) 1Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der

    Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. 2Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

    (2) 1Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. 2Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

    (3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

    (4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

    (5) 1Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. 2Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

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    http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=144595451202723563&sessionID=2142067737746700995&source=link&highlighting=off&templateID=document&chosenIndex=Dummy_nv_68&xid=137485,629�http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=144595451202723563&sessionID=2142067737746700995&source=link&highlighting=off&templateID=document&chosenIndex=Dummy_nv_68&xid=137485,629�http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=144595451202723563&sessionID=2142067737746700995&source=link&highlighting=off&templateID=document&chosenIndex=Dummy_nv_68&xid=137485,629�

  • § 9 ZPO - Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen

    • Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder

    Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des

    einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des

    Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge

    maßgebend, wenn er der geringere ist.

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  • § 99 Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG)

    § 99 Miet-, Pacht- und Dienstverträge (1) Der Geschäftswert bei der Beurkundung eines Miet- oder Pachtvertrags ist

    der Wert aller Leistungen des Mieters oder Pächters während der gesamten Vertragszeit. Bei Miet- oder Pachtverträgen von unbestimmter Vertragsdauer ist der auf die ersten fünf Jahre entfallende Wert der Leistungen maßgebend; ist jedoch die Auflösung des Vertrags erst zu einem späteren Zeitpunkt zulässig, ist dieser maßgebend. In keinem Fall darf der Geschäftswert den auf die ersten 20 Jahre entfallenden Wert übersteigen.

    (2) Der Geschäftswert bei der Beurkundung eines Dienstvertrags, eines Geschäftsbesorgungsvertrags oder eines ähnlichen Vertrags ist der Wert aller Bezüge des zur Dienstleistung oder Geschäftsbesorgung Verpflichteten während der gesamten Vertragszeit, höchstens jedoch der Wert der auf die ersten fünf Jahre entfallenden Bezüge.

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  • Grundsätzliches zum Vergleichsschluss

    1. Bei Einbeziehung nicht rechtshängiger Streitgegenstände an die Erstreckung der PKH auf dieselben denken und beantragen.

    2. An den Einbau einer Präambel denken. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren z.B. kann es einem leicht passieren, dass man bei einer Vorgehensweise im Sinne des § 278 VI ZPO und späterer Streitwertfestsetzung den Vergleichsmehrwert nicht zugesprochen bekommt, mangels dargelegter Streitigkeit/Einigung. Ich baue deshalb zur Sicherheit immer eine Präambel in den Vergleichstext ein.

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  • Beispiele Präambel

    Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag seit …, betreffend die Wohnung (vom Hausaufgang hochgehend)… mit einander verbunden. Der Kläger möchte das Haus sanieren und hat eine Duldungsklage zum o.a. Aktenzeichen erhoben. Die Vertreter der Parteien haben mehrfach miteinander telefoniert (nämlich am von bis, am von bis und am…), sich am 28. Januar 20?? bei dem Vertreter des Klägers und am 22.05.20.. bei Gericht getroffen sowie diverse Schriftsätze gewechselt. Zunächst war alles streitig und dann gelang es den Vertretern der Parteien über die oben angegebenen Telefonate, Treffen und Schriftsätze, eine Einigung zu erzielen.

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  • Mögliche Gegenstände für den Vergleich (Auswahl)

    1. Modernisierungsduldungsklage (in der Regel der rechtshängige Anspruch – 12 x die zu erwartende Differenzmiete gem. § 41 Abs. 5 GKG)

    2. Beendigung des Mietverhältnisses (durch Kündigung oder Aufhebung: s. eigene Folien; 41 Abs. 1 GKG oder § 99 GNotKG) 3. Räumung (Zug-um-Zug) gegen Zahlung (Steuerrecht: als Entschädigung für den Besitzverlust und deshalb anfallende

    Zusatzkosten/spätester Zeitpunkt des Räumens, Zahlungsminimierung, unschädliches vorheriges Räumen: kein eigener Streitwert für die Abfindung bzw. Räumungsmodalitäten)

    4. Regelungen zu den noch zu zahlenden Mieten (Minderungen etc.: Wert der tatsächlichen Minderungen, da wohl unter einem Jahr ansonsten für ein Jahr s. § 41 Absatz 5 GKG)

    5. Erklärung zum Vorkaufsrecht (halber Verkehrswert der Wohnung) 6. Kautionsregelung (SW: Wert der Kaution zzgl. Zinsen) 7. Schönheitsreparaturen (Verzicht, Vornahme oder Abgeltung /SW: zu erwartende Kosten dafür) 8. Einbauten (Belassung oder Wegnahme /SW: zu erwartende Kosten dafür) 9. Bauliche Änderungen (Belassung oder Rückbau /SW: zu erwartende Kosten dafür) 10. Nebenkosten (Verzicht, Abrechnung, pauschale Abgeltung: jeweils der Betrag um den es geht, also bei Verzicht der

    tatsächliche Betrag geschätzt an der Vorjahresabrechnung, Verzicht auf Abrechnung: Summe der Vorschüsse für das Jahr bis zum MV-Ende etc)

    11. Untermiete (lt. LG Berlin MM 2004, 46: 42-fache Untermiete) 12. Ausschluss Mieterhöhungen (möglicher Wert derselben: idR max 12-fach nach Mietspiegel) 13. Ausschluss der Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten/Aufrechnungen(?) 14. Große Ausgleichsklausel (kein eigener Wert) 15. Kosten (Gerichts-/RA-Kosten: kein eigener Wert) 16. Zu den Streitwerten: s. Lützenkirchen hrsg: Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl., 2015, Köln, Buchstabe N ab Rz 371

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  • SW bei Mietaufhebungsvertrag vs. Kündigung

    Der Streit dreht sich darum, ob § 41 Abs. 1 GKG (zwölffacher Nettokaltmietbetrag bei Mieten mit Vorschüssen) oder § 9 ZPO (42 Monatsmieten bruttowarm oder § 99 GNotKG (60 Monatsmieten bruttowarm) anwendbar ist (s. Rechtsprechung nächste Folie). Das OLG Düsseldorf stellt zu Recht fest, dass zunächst entscheidend ist, worüber sich die Parteien gestritten haben und nicht worauf sie sich verglichen haben. In dem OLG-Fall war das alte Mietverhältnis streitig, es war fristlos wegen Zahlungsverzuges gekündigt worden und man hatte mit einem von beiden Mietern ein neues abgeschlossen. Das OLG Düsseldorf stellte nunmehr fest, dass man nicht den Streitwert des neuen Mietverhältnisses nehmen dürfe, sondern den Streitwert des alten Mietverhältnisses eruieren müsse und richtete sich nach § 41 Abs. 1 GKG, da eine Kündigung in der Welt war.

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  • Rechtsprechung zum Thema: SW bei Mietaufhebung

    1. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2008, Az. I-24 W 17/08 (bei openjur zu finden)

    2. AG Charlottenburg, Urteil vom 09.04.2015, Az. 202 C 541/02 (zu finden unter

    www.berliner-mieterverein.de)

    3. Streitwertbeschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 31.03.2014, Az. 2 C 243/13

    (nicht veröffentlicht , da ohne Begründung) und den Hinweis des Gerichts auf der

    folgenden Folie

    4. Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 12.02.2015 zum Az. 23 C

    291/13 (s. den Auszug aus dem Streitwertbeschluss auf den folgenden Folien)

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    http://www.berliner-mieterverein.de/�

  • Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg – Hinweis Streitwertfestsetzung AG T-K 2 C 243/13

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    ..in Hinblick auf mögliche Kostenfestsetzungsanträge geht das Gericht davon aus, dass der Mehrwert des Vergleichs 7.694 EUR beträgt. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: a. 3000 € Einigung über Schönheitsreparaturen und Rückbauten (Ziffer 4 des Vergleichs).

    b. 2000 € über Ansprüche aus Betriebskostenabrechnungen und einem Kachelofen (Ziffer

    9).

    c. 2.694 € Einigung über die Auflösung des Mietverhältnisses (12fache Nettomiete). Dieser Wert ist nach § 41 Abs. 1 GKG als spezieller Vorschrift gegenüber § 9 ZPO anwendbar, weil die Aufhebung des Mietverhältnisses durch die Einbeziehung in den Vergleich Gegenstand einer Tätigkeit im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens wurde (OLG Düsseldorf a.a.O). Die Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 09.04.2003 zu Az. 202 C 541/02 ist für die Werbemessung nicht einschlägig. Dort war das Honorar eines Rechtsanwalts für eine außergerichtliche Tätigkeit zu bestimmen. Die Aufhebung des Mietverhältnisses ist aber als Folge der Einbeziehung in den vor Gericht abgeschlossenen Vergleich Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit…

  • Auszug aus dem SW-Beschluss des AG T-K vom 12.02.2015 zum Az. 23 C 291/13

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    ..Maßgeblich für die Streitwertbestimmung ist nach § 41 Abs. 5 GKG der Jahresbetrag der modernisierungsbedingten Mieterhöhung. Angekündigt war eine monatliche Erhöhung von 353,35 €, der Jahreswert beträgt also 4.240,20 €. Für den Vergleichswert sind daneben noch folgende Werte hinzuzusetzen: Für die Regelungen zu 1) ist der Räumungswert nach § 41 Abs. 2 GKG zu veranschlagen, also der Wert der Jahreskaltmiete. Die monatliche Nettokaltmiete betrug 213,35 €, der Jahreswert also 2.560,20 € Die Regelungen zu 4) sowie 5) des Vergleichs enthalten unselbständige Modalitäten der Räumung ohne gesonderten Wert. Insbesondere ist die vereinbarte Gegenleistung für die Räumung lediglich deren vertragliches Äquivalent. Nicht hieran sondern am Gesetz hat sich jedoch der dafür veranschlagte Wert zu bemessen. Die Kautionsregelung nach 2) ist mit dem Wert der nach dem Mietvertrag geschuldeten Sicherheit von 763,89 DM, also 390,57 € zu berechnen. Die Regelung zu 3) bezieht sich auf den Streitgegenstand der Modernisierungsduldung und hat keinen gesonderten Wert. Die Erklärung zum Vorkaufsrecht ist (nach Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., 2014, Rz 16 zu § 3 ZPO) mit ½ des Verkehrswertes des Gegenstandes, hier also der Wohnung anzusetzen. Nach der nachvollziehbaren Darstellung der Klägerseite, welcher die Beklagtenseite nicht entgegengetreten ist, ist der Wert der nicht modernisierten Wohnung mit 1500,- € pro m², bei 62,05 m² also 93.075,- € anzusetzen. 50 % hiervon sind 46.537,50 €. Die Regelung zu den Heizkosten unter 7) schließlich ist mit dem Abrechnungswert, also 893,52 € (12 x Vorauszahlungen von monatlich 74,46) anzusetzen..

  • Entscheidung des AG Charlottenburg vom 09.04.2003, Az. 202 C 541/02

    Hier ging es um eine Klage ehemaliger Mandanten gegen einen Kollegen, der Fremdgeld zum Teil einbehalten und mit seinen Gebühren verrechnet hatte. Die ehemaligen Mandanten wollten die einbehaltene Summe haben. Das AG Charlottenburg wies die Klage im Großen und Ganzen ab und gestand dem Anwalt, der eine Mietaufhebungsvereinbarung erwirkt hatte, einen Gebührenanspruch nach einem Streitwert des dreieinhalbfachen Jahresbetrages zu. Damals war § 8 Abs. 1 BRAGO iVm § 25 Abs. 1 KostO einschlägig (heute § 23 Abs. 3 RVG iVm GNotKG). Das AG Charlottenburg stellt mE zu Recht Folgendes fest: „Der Abschluss einer Mietaufhebungsvereinbarung kann nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein.“

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  • Was stimmt nun?

    Egal, welcher Meinung man sich anschließt, sollte Folgendes bedacht werden: Es dürfte für einen Mietaufhebungsvertrag berechnet nach GNotKG keine Vergleichsgebühr entstehen. Eine Vergleichsgebühr in einem gerichtlichen Verfahren setzt einen Streit und eine Einigung hierüber voraus. VV 1000 sagt zur Einigungsgebühr Folgendes: (1) Die Gebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages,

    durch den: 1. der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis

    beseitigt wird oder 2. die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf

    die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt wird. (Zahlungsvereinbarung).

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  • Fallgestaltungen-Vergleichsberechnungen

    Duldungsmodernisierungsklage mit tatsächlicher Kündigung (Räumung aber nicht rechtshängig vs. mit Mietaufhebungsvertrag ohne Kündigung Dies führt zu einem Vergleichsmehrwert in Höhe des Jahresbetrages der Nettokaltmiete und hierüber 3,5 Gebühren (0,8 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr und 1,5 Einigungsgebühr: Kappungsgrenze nicht berücksichtigt.) Die GNotKG-Variante führt zur fünfjährigen Bruttowarmmiete und einer 2,0er Gebühr (0,8 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr) § 9 ZPO ist mE nicht anwendbar, denn entweder es gibt eine Kündigung (dann GKG) oder eine Mietaufhebungsvereinbarung (dann GNotKG), denn sie ist nicht nach den gerichtlichen SW-Regeln zu bemessen (es sei denn es wird um sie gestritten).

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  • Zahlenbeispiel

    Nettokaltmiete: 1.000,00 € und Vorschüsse insgesamt: 500,00 € - nach Räumungsstreitwert eine 3,5er Gebühr von 12.000,00 € entspricht 1.841,00 € - nach GNotKG-Streitwert eine 2,0er Gebühr nach 90.000,00 € entspricht 2.554,00 € Zu bedenken dürfte auch sein, dass für den Fall einer Mietvertragsaufhebung die Rechtsschutzversicherung hierfür nicht zahlen wird (diesen Hinweis verdanke ich dem Kollegen Norbert Schneider).

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  • Fazit

    Sollte eine Rechtsschutzversicherung im Spiel sein, wäre wohl eine Kündigung und dann eine einvernehmliche Lösung vorzuziehen, sollte es anders sein, kann der GNotKG-Weg gerne probiert werden (evtl. mit Hinweis an die Mandantschaft). Allerdings haben sich beide Richter beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg gegen diese Festsetzung gewehrt. Beschwerden wurden nicht eingelegt. Möglich ist natürlich auch einen Mietaufhebungsvertrag zu schließen und sich dann die Streitwertbemessung gem. § 41 Abs. 1 GKG gefallen zu lassen, wobei hier die Rechtsschutzversicherung ihre Eintrittspflicht ablehnen kann. Eine gebührenrechtliche Trennung zwischen Mietvertragsbeendigung und Räumung ist ja seit der Entscheidung des BGH (VIII ZR 184/06) obsolet geworden.

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  • Nochmal: Mögl. Gegenstände für den Vergleich Teil 1

    1. Modernisierungsduldungsklage (in der Regel der rechtshängige Anspruch – 12 x die zu erwartende Differenzmiete gem. § 41 Abs. 5 GKG)

    2. Beendigung des Mietverhältnisses (durch Kündigung oder Aufhebung: s. eigene Folien; 41 Abs. 1 GKG oder § 99 GNotKG)

    3. Räumung (Zug-um-Zug) gegen Zahlung (Steuerrecht: als Entschädigung für den Besitzverlust und deshalb anfallende Zusatzkosten/spätester Zeitpunkt des Räumens, Zahlungsminimierung, unschädliches vorheriges Räumen: kein eigener Streitwert für die Abfindung bzw. Räumungsmodalitäten)

    4. Regelungen zu den noch zu zahlenden Mieten (Minderungen etc.: Wert der tatsächlichen Minderungen, da wohl unter einem Jahr ansonsten für ein Jahr s. § 41 Absatz 5 GKG)

    5. Erklärung zum Vorkaufsrecht (halber Verkehrswert der Wohnung) 6. Kautionsregelung (SW: Wert der Kaution zzgl. Zinsen) 7. Schönheitsreparaturen (Verzicht, Vornahme oder Abgeltung /SW: zu

    erwartende Kosten dafür)

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  • Nochmal: Mögl. Gegenstände für den Vergleich Teil 2

    1. Einbauten (Belassung oder Wegnahme /SW: zu erwartende Kosten dafür) 2. Bauliche Änderungen (Belassung oder Rückbau /SW: zu erwartende Kosten dafür) 3. Nebenkosten (Verzicht, Abrechnung, pauschale Abgeltung: jeweils der Betrag um den

    es geht, also bei Verzicht der tatsächliche Betrag geschätzt an der Vorjahresabrechnung, Verzicht auf Abrechnung: Summe der Vorschüsse für das Jahr bis zum MV-Ende etc)

    4. Untermiete (lt. LG Berlin MM 2004, 46: 42-fache Untermiete) 5. Ausschluss Mieterhöhungen (möglicher Wert derselben: idR max 12-fach nach

    Mietspiegel) 6. Ausschluss der Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten/Aufrechnungen(?) 7. Große Ausgleichsklausel (kein eigener Wert) 8. Kosten (Gerichts-/RA-Kosten: kein eigener Wert) Zu den Streitwerten: s. Lützenkirchen, hrsg: Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl., 2015,Köln, Buchst. N ab Rz 371

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  • Endlich: Ende!

    Vielen Dank für Ihre Zeit und Geduld! Thomas Röth

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    Referat gehalten am 11.11.2015 (nach 11:11 Uhr) bei den Mietrechtspraktikern BerlinEinleitungAusgangssituationFrageGrundlagenGrundlegendes zur Ermittlung des StreitwertesGrundlagen Gesetzesmaterialien§ 9 ZPO - Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen�§ 99 Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG)Grundsätzliches zum VergleichsschlussBeispiele PräambelMögliche Gegenstände für den Vergleich (Auswahl)SW bei Mietaufhebungsvertrag vs. KündigungRechtsprechung zum Thema: SW bei MietaufhebungAmtsgericht Tempelhof-Kreuzberg – Hinweis Streitwertfestsetzung AG T-K 2 C 243/13�Auszug aus dem SW-Beschluss des AG T-K vom 12.02.2015 zum Az. 23 C 291/13�Entscheidung des AG Charlottenburg vom 09.04.2003, �Az. 202 C 541/02Was stimmt nun?Fallgestaltungen-VergleichsberechnungenZahlenbeispielFazitNochmal: Mögl. Gegenstände für den Vergleich Teil 1Nochmal: Mögl. Gegenstände für den Vergleich Teil 2Endlich: Ende!