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Strix uralensis an der Westgrenze seiner Eurasischen Verbreitung W. Scherzinger

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Strix uralensis – an der Westgrenze seiner Eurasischen Verbreitung

W. Scherzinger

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Die Gattung Strix; ein weltweit erfolgreicher Typ waldbewohnender Eulen (del Hoyo et al. 1999)

Strix aluco

Strix uralensis

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Habichtskauz (Uraleule) Strix uralensis, benannt nach dem Ural,

jenem Gebirgszug, der Europa von Asien - geographisch - trennt

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Habichtskauz Strix uralensis

Hauptverbreitung im borealen Waldgürtel,

doch Inselvorkommen bis in mediterrane Breitengrade reichend

unsichere Abgrenzung von derzeit (acht) neun anerkannten Unterarten

liturata Strix uralensis uralensis

yennisseensis

nikolskii

macroura

davidi fuscescens

japonica

hondoensis

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Strix u. japonica,

Hokkaido /Japan

Strix u. nikolskii

NE-China Sachalin /Japan

(Sammy Sam/Internet)

japon

.

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Strix u. hondoensis,

Honshu /Japan

Strix u. fuscescens

Süd-Honshu, Kyushu /

Japan

(M;yiazaki)

hond.

fusc.

japon.

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Strix u. davidi / China (Fotos Y. Fang)

Vergleich der Bänderung

an den zentralen Schwanzfedern:

Graphik: Quintscher, H. 1973

Strix uralensis macroura (Karpatentyp)

Strix uralensis fuscescens (Zentral-Japan)

Strix uralensis davidi (Zentral-China)

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Heutige Verbreitungslücken in Mitteleuropa

z. T. anthropogen, Arealgrenzen der

Unterarten daher unklar

Strix u. macroura

Strix u. liturata

Strix u. uralensis

D

Strix uralensis

?

?

?

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Nordeuropäische Herkünfte

vorwiegend blass (hellgrau

bis weißlich-grau), dadurch

kontrastreich gezeichnet

(Strix u. liturata, Estland; Foto Zacek-Geo 2012)

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Gotschee/SLO Melanismus (Präparat)

Innerartliche

Farbvarianten von

Strix u. macroura

(Populationen Mittel-,

Süd- und Osteuropas)

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Habichtskauz, Strix uralensis,

nacheiszeitliche Rückkehr aus

fernöstlichem Rückzugsgebiet

Unterarten-Differenzierung

offensichtlich sehr jung,

genetisch (noch) nicht nachweisbar

(Kühn 2008)

Waldkauz, Strix aluco,

nacheiszeitliche Rückkehr aus östlichen

und mediterranen Rückzugsgebieten

führte zu genetischer Differenzierung

der südlichen und südwestlichen,

nicht jedoch der Mittel- und Nord-

Europäischen Populationen

(nach Britto 2003)

?

?

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Ha

bic

hts

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ura

sie

n

Str

ix u

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nsis

Wa

ldk

au

z / E

ura

sie

n

Str

ix a

luc

o

evolutive Art-Aufspaltung in Fernost,

sekundäre Überlappung der Artareale

speziell in Europa

Strix uralensis

Strix aluco

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Strix aluco

genetische Nähe

der (jungen)

Geschwisterarten

(Hybridisierungs-Potential)

Strix uralensis

F 1 F 2-a F 2-b

große Ähnlichkeit

(Verwechslungsmöglichkeit)

und

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Entsprechend weitgestrecktem Verbreitungsgebiet von

Strix uralensis variiert Habitatwahl geographisch

erheblich:

vom borealen Nadelwald bis zu gemäßigtem

Bergmischwald, collinem sowie mediterranem Laubwald

Seehöhen von Meeresniveau bis Baumgrenze (3.000m)

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Strix u. davidi:

nadelholzreiche Gebirgswälder (Tanne, Fichte, Bambus),

> 2.000m bis zur Baumgrenze bei rund 3.000m NN.

Beute spärlich und sehr divers (Haselhuhn, Pfeifhase bis Birkenmaus)

; Zentral-China

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Südost-Sibirien

Baikalregion Strix u. uralensis / nikolskii:

Nadelholz-dominierte Wälder (Kiefer, Zirbe, Lärche)

Beute: ausgeprägte Kleinsäuger- Gradationen

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Fenno-

skandien

Relikte alter

Laub- und

Mischwälder,

Moorwälder,

Großkahlschlag

(Überhälter,

Dürrlinge),

Kiefernforste,

Abtorfungs-

Heiden

(Strix u. liturata)

Beute: Zyklen

von Rötel- und anderen Wühlmäusen (3-4 jährig)

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Brutverbreitung in Ostpreußen

Anfang des 20. Jhdt erloschen

Überlappungsbereich ?

von Baltisch-Finnischer

Population

(Strix u. liturata)

und Ausläufern der

Karpatenpopulation

in den Beskiden

(Strix u. macroura)

(O. Heinroth)

Baltikum

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Strix u. macroura:

z. T. Laubbaum-dominierte Habitate

(Dinarisches Gebirge /Slowenien,

Bükkgebirge /Ungarn, Vihorlat /Ost-Slowakei,

Beskiden /Polen)

Beute: Wald- und Rötelmäuse, Siebenschläfer (Maulwurf)

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Variszisches Mittelgebirge

Böhmerwald (Harz) Bergwälder mit Störungslücken

Beute: Wald- und Wühlmäuse (Maulwurf, Vögel)

CZ

A

D

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Ostalpen

historische Brutgebiete,

(z. B. Totes Gebirge, Hintergebirge)

Kremsmünster

Stift Admont

Trautenfels

Liezen

St. Lamprecht

JM. München

Im Alpenraum:

Strix u. liturata

oder macroura?

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Strix uralensis – Nachweise aus Österreich

(Meldungen bis 1950: Abschüsse, Tot- und Nestfunde, sonstige Meldungen;

Karte unterlegt mit prägendem Buchenvorkommen)

(Zink & Scherzinger, unveröff.)

Liezen/Stmk

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aktueller Verbreitungs-Schwerpunkt in Mittel-, Süd- und Osteuropa:

Karpatenbogen bis Balkan und Dinariden

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„Ringschluss“ der Verbreitung

bei Wiederbelebung historischer Vorkommen in Böhmerwald und Österreich möglich

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mögliche Effekte an der Westgrenze der Eurasischen Verbreitung

• Kaum Ausbreitungstendenz, da nur in wenigen Spitzenjahren gesättigte Siedlungsdichte bzw. Dispersions-Druck

• Dispergierende Jungvögel können verstreute Brutvorkommen begründen, doch reichen weder Anzahl noch Kontinuität zur Etablierung neuer Teilpopulationen aus.

• Kein regelmäßiger „Nachschub“ aus dem Hauptverbreitungsgebiet bei Absinken der lokalen Dichte

• Auflösung des Areals in „Halbinseln“ und „Inseln“ bis Splittergruppen; damit Zerfall eines effektiven Verbundsystems

• Flaschenhals-Situation in den Einzelvorkommen, mit dem Risiko genetischer Verarmung (Gründer- und Inzuchteffekte, reduziertes Potenzial zur Anpassung)

• kontinuierlicher „Rückzug“ aus den Randgebieten

• Z. T. markante Abweichung der Habitat-Bedingungen gegenüber dem Verbreitungszentrum im Borealwald: Klima (Brutphänologie), Witterung (Schneedecke), Baumarten und Waldstruktur (Buchenwald), Beuteangebot (Zyklen), Feinddruck (Uhu), Brutplatz (Horste)

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• Deutlich intensiverer Eingriff in Waldbestand (Baumarten, Altersklassen, Größe der Mosaik-Flächen, Fragmentierung), dadurch höhere Abhängigkeit von Waldbewirtschaftung bzw. Habitatsicherung

• Deutlich höheres Gefährdungs-Potenzial durch Verkehr, Stromleitungen und -masten, Zäune, Abschuss-Risiko, Störungen am Brutplatz, Konflikte mit Wanderern

• Rascher Verlust der Artenkenntnis nach lokalem Verschwinden einer Tierart – kann in schwindendem Engagement für Habitatsicherung und Artenschutz resultieren!

problematische Effekte an der Westgrenze der Eurasischen Verbreitung

Präparat

Bedeutung von Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit auf breiter Basis

Passau

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• Kräftigung lokaler Inselvorkommen (z. B. Böhmerwald)

• Begründung von Initialvorkommen zur Schließung räumlicher Verbreitungslücken (z. B. Wienerwald, Wildnisgebiet, Hintergebirge)

• Arealausweitung durch Entwicklung arttypischer Habitatstrukturen am Rande vorhandener Vorkommen (z. B. Nisthilfenangebot im Mühlviertel, an der slowenischen Grenze, in weiterer Nachbarschaft zu den aktuellen Freilassungsgebieten)

• Entwicklung von Verbundachsen (Entwicklung und Sicherung von naturnahen Altbeständen, inklusive Habitat-bestimmenden Requisiten)

Artensicherung an der Westgrenze der Eurasischen Verbreitung:

bedarf wesentlich größerer Anstrengungen :

Störungen

Risiken Feinde

Konkurrenten

(Beute)

(Requisiten)

Erreich- Einstand-

AngebotBeute Strukturbarkeit Brutplatz

Brutpaar

Population

Verbreitungs-ArealProjekt zur Artensicherung nur als

„Gesamtpaket“ erfolgversprechend

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Geeigneter Brutplatz als essentielle Requisite

Großhorste, Bruchstümpfe,

Präferenz von Höhlungen in klimatisch rauen Lagen

(Nistkästen als Ersatz)

(Začek,Geo)

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Werbung für den Habichtskauz

– als flagship-Art für alte, naturnahe Laub-

und Mischwälder,

mit ausreichend Bruchholz

bzw. Horst- und Höhlenbäumen

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Auch im

Wirtschaftswald

soviel

„Wildwuchs“

wie möglich

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Nicht alles

„Nutzbare“

muss

auch

genutzt

werden!

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Geben wir der zweitgrößten Eulenart Mitteleuropas eine neue Chance in unseren Wäldern!

(Foto Nill)