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Strömungsmechanik Labor Technische Physik Dipl. Ing. (FH) Michael Schmidt Version: 21. März 2018 nach Vorlesungsunterlagen von Prof.Dr. Ing. Barbara Hippauf

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Strömungsmechanik

Labor Technische PhysikDipl. Ing. (FH) Michael Schmidt

Version: 21. März 2018

nach Vorlesungsunterlagen vonProf.Dr. Ing. Barbara Hippauf

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Labor Technische PhysikInhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis1 Einleitung 1

1.1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.3 Ideale Flüssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.4 Ideales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.5 Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.6 Massendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.7 Kraftdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.8 Intensive und extensive Größen . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.9 Kompressibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.1.10 Inkompressibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2 Druckeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2 Hydrostatik 72.1 statischer Flüssigkeitsdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2 Das Eulersche Grundgesetz der Hydrostatik . . . . . . . . . . . . 92.3 Druckverteilung in einer schweren Flüssigkeit . . . . . . . . . . . . 11

2.3.1 Hydrostatisches Paradoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.4 Druckverteilung in rotierenden Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . 122.5 Druckkraft auf ebene Behälterwände . . . . . . . . . . . . . . . . 142.6 Hydrostatischer Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.6.1 Steigen, Sinken, Schweben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.7 Geodätische Saughöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.8 Hydraulische Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3 Aerostatik 213.1 Druck und Volumen von Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.2 Dichte von Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.3 Schweredruck in Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223.4 Auftrieb in Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.4.1 Auftrieb eines Ballons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

4 Hydrodynamik und Aerodynamik 254.1 ortsfeste Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264.2 Stromfadentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

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Labor Technische PhysikInhaltsverzeichnis

4.3 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274.3.0.1 Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.3.1 Bewegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284.4 Bernoulli Gleichung für stationäre Strömungen . . . . . . . . . . . 29

4.4.1 Herleitung aus der Bewegungsgleichung . . . . . . . . . . . 294.4.2 Herleitung aus dem Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . 30

4.5 Anwendungen der Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 314.5.1 Messung des dynamischen Drucks . . . . . . . . . . . . . . 324.5.2 Venturi-Düse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324.5.3 Wandkräfte in Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334.5.4 Ausfließen von Flüssigkeiten aus Gefäßen . . . . . . . . . . 354.5.5 Kavitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4.6 Laminare Strömung realer Fluide . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374.6.1 Innere Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374.6.2 Prandtl-Grenzschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384.6.3 Bernoulli-Gleichung bei Newton’scher Reibung . . . . . . . 394.6.4 Laminare Strömungen durch Rohre . . . . . . . . . . . . . 404.6.5 Stokesches Reibungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

4.7 Turbulente Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434.7.1 Entstehung der Wirbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434.7.2 Strömungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454.7.3 Grenze zwischen laminarer und turbulenter Strömung . . . 46

4.8 Dynamischer Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474.9 Nutzen der Windenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5 Literatur 51

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Labor Technische Physik

1 Einleitung

Die Strömungsmechanik oder Fluidmechanik ist die Lehre des physikalischen Ver-haltens von Fluiden. Der Begriff Fluid wird für Gase und Flüssigkeiten verwen-det, weil die meisten physikalischen Gesetze für beide Stoffarten gleichermaßengelten und sich viele ihrer Eigenschaften nur quantitativ, also in ihren Größen-ordnungen, aber nicht qualitativ voneinander unterscheiden. Die Fluidmechanikwird in mehreren Gebiete unterteilt, davon werden folgende Teilgebiete nähererläutert:

• Hydrostatik, die Lehre von unbewegten, strömungsfreien Flüssigkeiten.• Aerostatik, die Lehre von unbewegten, strömungsfreien Gasen.• Hydrodynamik, die Lehre von bewegten Flüssigkeiten.• Aerodynamik, die Lehre von bewegten Gasen.

1.1 Begriffe

1.1.1 Flüssigkeiten

Flüssigkeiten sind Fluide, bei denen die atomaren Bausteine noch fest aneinandergebunden sind. Ihre Moleküle lassen sich jedoch leicht gegeneinander bewegen(unbestimmte Gestalt). Flüssigkeiten lassen sich kaum zusammendrücken.

1.1.2 Gase

Gase sind Fluide, die weder eine bestimmte Gestalt, noch ein bestimmtes Volu-men einnehmen.

1.1.3 Ideale Flüssigkeit

Folgende Eigenschaften gelten für ideale Flüssigkeiten:• Inkompressibilität• keine inneren Reibungskräfte• keine Oberflächenspannung

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Labor Technische Physik1 Einleitung

Obwohl die Eigenschaften idealer Flüssigkeiten eine starke Vereinfachung darstel-len, können mit diesem Modell bereits viele physikalische Prozesse verstandenund mathematisch beschrieben werden. Für ideale Flüssigkeiten braucht mankeinerlei Kräfte, um die Form eines bestimmten Flüssigkeitsvolumens zu verän-dern. Dies bedeutet, dass an der Oberfläche einer idealen, ruhenden Flüssigkeitkeine Tangentialkräfte auftreten können, da diese sonst die Flüssigkeit solangeverschieben würden, bis diese Tangentialkräfte verschwinden. Die Oberfläche ei-ner idealen Flüssigkeit steht daher immer senkrecht zu der auf die Flüssigkeitwirkenden Gesamtkraft. Wirkt nur die Schwerkraft auf die Flüssigkeit, so bildetdie Oberfläche der Flüssigkeit eine horizontale Ebene.

Abbildung 1.1:Horizontale Flüssigkeitsoberfläche ineinem ruhenden Behälter

1.1.4 Ideales Gas

Die Modellvorstellung eines idealen Gases stellt ebenfalls eine starke Verein-fachung dar. Mit ihr lassen sich jedoch bereits viele thermodynamische Prozessevon Gasen verstehen und physikalisch beschreiben. Dabei werden folgende ver-einfachte Annahmen getroffen:

• Im Modell des idealen Gases werden alle Gasteilchen als ausdehnungsloseMassenpunkte angenommen.

• Die Gasteilchen können sich frei durch das ihnen zur Verfügung stehen-de Volumen bewegen, d. h., dass die Teilchen keinerlei anziehende- oderabstoßende Kräfte aufeinander ausüben.

• Die Gasmoleküle üben Stöße untereinander aus und verhalten sich wie voll-ständig elastische Kugeln. Ebenfalls stoßen sich die Gasmoleküle mit derWand des Volumens ab.

1.1.5 Druck

Der Druck p wird definiert als Kraft pro Fläche. Dabei steht die wirkende Kraftsenkrecht zur Fläche.

p = F

Amit F = |~F | und [p] = N

m2 = Pa (1.1)

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Labor Technische Physik1.1 Begriffe

Der Druck ist eine richtungsunabhängige Größe, also ein Skalar. Seine Einheitist „Pascal“ (Pa).

1.1.6 Massendichte

Eine wesentliche Eigenschaft eines Fluids ist der mögliche Grenzübergang vonder Masse M zur Massendichte (Dichte) % :

% = dm

dV(1.2)

und somit dm = %dV bzw. m =∫% dV

Dabei wird dV als Volumenelement und dm als Massenelement bezeichnet. Phy-sikalisch charakterisiert ein Volumenelement dV ein kleines Volumen, dessen Ab-messung allerdings wesentlich größer ist als die atomare Größenordnung.

1.1.7 Kraftdichte

Ein analoger Grenzübergang kann auch für die Massen- oder Volumenkräfte FVzur Kraftdichte ~f durchgeführt werden:

~f =~FVdm

bzw. ~f = 1%·~FVdV

(1.3)

1.1.8 Intensive und extensive Größen

Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Arten von physikalischen Größen un-terscheiden: Es gibt einerseits Größen wie die Dichte %, das spezifische VolumenVspez, die Kraftdichte f , die für jeden Punkt des Raumes definiert sind. Anderer-seits existieren Größen wie das Volumen V , die Masse m, die Kraft F , die nurfür ein Volumen oder eine Fläche definiert sind.Größen, die für eine bestimmten Punkt im Raum definiert sind und deshalb ma-thematisch Funktionen des Ortes sind, werden als intensive Größen bezeichnet.Größen, die für einen Volumen oder eine Fläche definiert sind und die deshalbnicht Funktionen des Ortes sind, bezeichnet man als extensive Größen. Dass ex-tensive Größen keine Funktionen des Ortes sind, erkennt man auch daran, dasssie mit intensiven Größen über Bereichsintegrale (Volumen- oder Flächeninte-grale) zusammenhängen. Solche Bereichsintegrale sind bestimmte Integrale überdie Ortskoordinaten.

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Labor Technische Physik1 Einleitung

1.1.9 Kompressibilität

Druckerhöhungen bewirken bei Flüssigkeiten eine geringe- und bei Gasen einehohe Abnahme des Volumens V , bzw. bei Flüssigkeiten eine geringe- und beiGasen eine hohe Zunahme der Dichte %. Die Eigenschaft der Volumenänderungbei Druckerhöhungen wird als Kompressibilität bezeichnet.Näherungsweise ist die relative Volumenänderung dV

Vproportional zur Druckän-

derung dp :

dV

V= −κ · dp (1.4)

Die isotherme 1 Kompressibilität κ ist die Proportionalitätskonstante; das Mi-nuszeichen kennzeichnet die gegenläufige Änderung von Druck und Volumen.Wegen der Volumenänderung erfolgt auch eine Änderung der Dichte des Fluids.Die relative Dichteänderung d%

%ist proportional zur Druckänderung dp.

Es gilt:

d%

%= κ · dp (1.5)

Für ideale Gase gilt näherungsweise über einen weiten Temperatur- und Druck-bereich:

p · VT

= konst. (1.6)

Es gilt daher:

dV

dp= −konst.

p2 (1.7)

Für ideale Gase berechnet sich die isotherme Kompressibilität κ zu:

κ = − 1V· dVdp

= − p

const·(− const

p2

)= 1p

(1.8)

Beim idealen Gas hängt die isotherme Kompressibilität nur vom Gasdruck undnicht von der Gasart ab.

1.1.10 Inkompressibilität

Inkompressibilität bezeichnet die Eigenschaft eines Fluids, unter Druckeinwir-kung keine oder nur eine vernachlässigbar geringe Volumenänderung aufzuzeigen.Inkompressible Fluide lassen sich also nicht komprimieren.

1isotherm = konstante Temperatur

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Labor Technische Physik1.2 Druckeinheiten

1.2 Druckeinheiten

Die SI-Einheit des Druckes ist „Pascal“. Ein „Pascal“ entspricht einem Druckvon einem Newton pro Quadratmeter:

1Pa = 1 N

m2 (1.9)

Andere Druckeinheiten, die aber nicht SI-Einheiten sind:• Torr:

Ein Torr ist der statische Druck, der von einer Quecksilbersäule von 1 mmHöhe erzeugt wird. Das Torr ist benannt nach Evangelista Torricelli, einemAssistenten Galileo Galileis.Es gilt:1 Torr = 1 mm Hg = 1 mm Quecksilbersäule = ca. 133,3 Pa (mm Hg istinnerhalb der EU die gesetzliche Einheit zur Blutdruckmessung).

• Technische Atmosphäre (at):Die Technische Atmosphäre ist die Größe des Drucks, die 10 Meter Was-sersäule verursacht. Sie ist seit Januar 1978 in Deutschland für die Angabedes Drucks nicht mehr zulässig.Es gilt: 1Technische Atmosphäre (at) = 1 kp

cm2 = ca. 98066, 5Pa• Physikalische Atmosphäre (atm):

Eine physikalische Atmosphäre ist als 760 Torr definiert. Sie ist seit 1. Ja-nuar 1978 nicht mehr als gesetzliche Einheit des Drucks anerkannt.Es gilt:1 Physikalische Atmosphäre (atm) = 760Torr = 101325Pa = 101, 325 kPa

• Meter Wassersäule (mWS):Ein Druck von 1 Meter Wassersäule ist definiert als derjenige Druck, derdem hydrostatischen Druck in 1 Meter Wassertiefe entspricht,bei einerDichte des Wassers von % = 1000 kg

m3 . Da die Dichte des Wassers tempera-turabhängig ist und schon bei 20◦C merklich von 1000 kg

m3 abweicht, ist dieEinheit als solche für präzise Messungen nicht geeignet. Sie ist seit Januar1978 keine gesetzliche Einheit mehr. Sie wird aber noch im Sanitärbereichoder für Dichtigkeitsangaben (z. B. für Zelthäute, Uhren) verwendet.Es gilt: 1 Meter Wassersäule (mWS) = 0, 1 at = 9, 80665 kPa.

• Pound-force per square inch (psi):„Pound-force per square inch“ oder fälschlicherweise nur „pound per squareinch“ („Pfund pro Quadratzoll“) ist eine angloamerikanische, in den USAgebräuchliche Maßeinheit des Drucks.Es gilt: 1 lb.p.sq.in. = 1 psi = 6894, 75729Pa

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Labor Technische Physik

2 Hydrostatik

2.1 statischer Flüssigkeitsdruck

Im folgenden wird nun der Nachweis erbracht, dass der Druck eine richtungsun-abhängige Größe, d. h. ein Skalar ist. Betrachtet wird ein Massenelement dm mitder Tiefe dy in y-Richtung einer idealen Flüssigkeit im bewegungslosen Gleich-gewichtszustand (Abb. 2.1). Da keine Tangentialkräfte an der Oberfläche eineridealen Flüssigkeit auftreten, können äußere Kräfte nur senkrecht auf die Ober-flächen wirken. Der Druck wird gekennzeichnet mit einem Index: px, py, pz, ps. Es

Abbildung 2.1:Kräftegleichgewicht an einem ruhendenMassenelement

bestehen folgende Relationen:

dx = ds · cosα und dz = ds · sinαFps = ps · ds dyFpx = px · dy dzFpy = py · dx dzFpz = pz · dx dyFpsx = Fps · sinαFpsz = Fps · cosα

FG = 12% · g dx dy dz

(2.1)

7 Version: 21. März 2018

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Labor Technische Physik2 Hydrostatik

Weil das Massenelement in Ruhe ist, herrscht Kräftegleichgewicht:∑i

~Fi = 0 (2.2)

Für die Komponenten in x-Richtung liefert Gleichung 2.2 :∑i

Fxi= 0

∑i

Fxi= Fpsx − Fpx = 0

∑i

Fxi= ps · dy ds · sinα− px · dy dz = 0

ps · dy dz − px · dy dz = 0ps = px

(2.3)

Für die Komponenten in y-Richtung liefert Gleichung 2.2 :∑i

Fzi= 0

∑i

Fzi= Fpz − Fpsz − FG = 0

pz · dx dy − ps · dy ds · cosα− 12% · g dx dy dz = 0

pz · dx dy − ps · dy dx−12% · g dx dy dz = 0

pz − ps −12% · gdz = 0

(2.4)

Wird das Massenelement auf einen Punkt komprimiert, so wird dz = 0 und manerhält aus den Gleichungen 2.3 und 2.4:

ps = px = pz (2.5)

Das Ergebnis zeigt, dass der Flüssigkeitsdruck ist in allen Richtungen gleich großist und demzufolge eine skalare Größe ist.

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Labor Technische Physik2.2 Das Eulersche Grundgesetz der Hydrostatik

2.2 Das Eulersche Grundgesetz der Hydrostatik

Hier geht man von einem Fluid im Ruhezustand aus. Hierbei ist insbesondere dasDruckfeld in einem solchen Fluid aufgrund von Volumenkräften (z.B. des Schwe-refeldes) bedeutsam, das durch das sog. Eulersche Grundgesetz der Hydrostatikbeschrieben wird. Betrachtet wird innerhalb einer Flüssigkeit ein beliebiges qua-derförmiges Volumenelement dV = dx dy dz. Da das Fluid in Ruhe ist, herrschtein Kräftegleichgewicht an diesem Volumenelement. Die auftretenden Kräfte wer-den in zwei Gruppen eingeteilt: Massenkräfte und Oberflächenkräfte.Zu der ersten Gruppe gehören alle an der Masse des Elements angreifenden Kräf-te (Schwerkraft, Zentrifugalkraft, elektrische und magnetische Kräfte usw.).Die zweite Gruppe enthält alle Kräfte die auf die Oberfläche wirken (Druckkraft,Reibungskräfte usw.).Kräftegleichgewicht bedeutet, dass wegen der freien Beweglichkeit der Moleküledie Summe aus den Massenkräften und den Oberflächenkräften Null sein muss.Da Kräfte Vektoren sind, muss diese Bedingung für alle Koordinatenrichtungenerfüllt sein.

Abbildung 2.2:Zusammenhang zwischen Ober-flächenkräfte eines Flüssigkeits-elementes und dem Druck imInneren.

Betrachtet wird zunächst nur die Komponente in x-Richtung. Für die x-Komponenteder Volumenkraft hervorgerufen durch die Kraftdichtekomponente fx gilt dann(siehe Gl. 1.3):

dFVx = fx · % · dV (2.6)

Auf das linke Flächenelement dy dz und auf der rechten Gegenseite wirken un-terschiedliche Drücke und damit unterschiedliche Druckkräfte in x-Richtung. Dadie Druckkräfte der beiden Flächen entgegengesetzt sind, geht nur ihre Differenzin das Kräftegleichgewicht ein, d.h es muss nur die Druckänderung bezüglich dergegenüberliegenden Flächen berücksichtigt werden. Durch die Druckänderung δp

δx

in x-Richtung, ergibt sich eine Differenz der Druckkraft ∆Fx zu:

∆Fx = p · dy · dz −(p+ δp

δx· dx

)· dy · dz = − δp

δx· dV (2.7)

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Da die resultierende Kraftkomponente in x-Richtung Null ist, ergibt sich mitGleichung 2.6 und Gleichung 2.7 für das Kräftegleichgewicht folgende Beziehung:

− δpδx· dV + fx · % · dV = 0 (2.8)

Die gleichen Kräftegleichgewichte gelten für die y- und z-Richtung:

−δpδy· dV + fy · % · dV = 0 und − δp

δz· dV + fz · % · dV = 0 (2.9)

Die drei Gleichungen werden in einer Vektorgleichung zusammengefasst:

0 =~f · %−

δpδxδpδyδpδz

· dV =

(~f · %− grad p

)· dV (2.10)

Damit Gleichung 2.10 erfüllt ist muss gelten:

~f = 1%· grad p (2.11)

Gleichung 2.11 ist das Eulersche Grundgesetz der Hydrostatik. Es besagt, dassin einem ruhenden Fluid der Druckgradient in Richtung der Kraftdichte weist,oder mit anderen Worten ausgedrückt, das die Isobaren 1 überall auf dem äußerenKraftfeld senkrecht stehen.

1die Fläche gleichen Druckes

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Labor Technische Physik2.3 Druckverteilung in einer schweren Flüssigkeit

2.3 Druckverteilung in einer schweren Flüssigkeit

Jedes Volumenelement dV der Flüssigkeit besitzt eine Masse dm = % · dV . ImSchwerefeld der Erde wirkt auf diese Masse dm eine Gewichtskraft. Wegen derGewichtskraft der darüberstehenden Flüssigkeit, wirkt auch ohne zusätzliche äu-ßere Kraft mit zunehmender Tiefe ein zunehmender Druck. Dieser Druck wirdals Schweredruck bezeichnet.

Abbildung 2.3:Schweredruck p(z) in einer inkompressiblenFlüssigkeit als Funktion der Eintauchtiefe z.

Dabei ist es üblich, den Ursprung des Koordinatensystems in die Wasserober-fläche zu legen und die z-Achse abweichend von den bisherigen Gleichungenin Richtung der Schwerkraft zu orientieren. Wenn die z-Achse in Richtung derSchwerkraft orientiert ist, gilt:

~f = (0 ; 0 ; g) (2.12)

Die Grundgleichung 2.11 vereinfacht sich dann zu:

g = 1%· dpdz

(2.13)

Bei einem Druck p0 an der Oberfläche der Flüssigkeit ergibt sich für den Druckp(z) bei der Eintauchtiefe z:

p(z) = % · g · z + p0 (2.14)

Wenn gleich das Wort „hydro“ dem griechischen Wort für Wasser entspricht, wirddie Bezeichnung hydrostatischer Druck zum Teil auch für den Druck in anderenFlüssigkeiten und ruhenden Gasen verwendet, so zum Beispiel für den Luftdruck.Der hydrostatische Druck übt auf jede Fläche, die mit dem Fluid in Verbindungsteht, eine Kraft aus, die proportional zur Größe der Fläche ist, d.h. je größerdie Fläche, desto größer wird die darauf wirkende Kraft.

2.3.1 Hydrostatisches Paradoxon

In allen dargestellten Gefäßen in Abbildung 2.4 ist die Flüssigkeitshöhe H gleichgroß, daher ist der Druck am Boden in allen Gefäßen ebenfalls gleich groß, ob-wohl die Flüssigkeitsmenge und damit auch ihr gesamte Gewichtskraft in deneinzelnen Gefäßen verschieden ist. Dieses Phänomen wird als hydrostatischesParadoxon bezeichnet.

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Abbildung 2.4:Hydrostatisches Paradoxon: Der Druck am Bodeneines Gefäßes ist bei gleicher Füllhöhe H für alleGefäße gleich.

2.4 Druckverteilung in rotierenden Flüssigkeiten

Die Rotationsbewegung einer Flüssigkeit ist ein fluiddynamisches Phänomen. Er-folgt die Rotation überall mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω, so kann mansie vom Standpunkt eines mitrotierenden Beobachters aus, als statistisches Pro-blem auffassen. Außer der Schwerkraft wirkt dann zusätzlich die Zentrifugalkraft.

Abbildung 2.5:Rotationsparaboloid: Oberfläche ineinem rotierenden Behälter

Erfolgt die Rotation mit der Winkelgeschwindigkeit ω um die vertikale z-Achsewie in Abb. 2.6, so ist die Kraftdichte ~f in der Flüssigkeit gegeben durch:

~f =

ω2 · xω2 · y−g

(2.15)

Für die Eulersche Grundgleichung 2.11 gilt daher:ω2 · xω2 · y−g

= 1%· grad p (2.16)

Durch Integration ergibt sich für die drei Komponten von Gleichung 2.16:

px = %

2 · ω2 · x2

py = %

2 · ω2 · y2

pz = p0 − g · % · z

(2.17)

Version: 21. März 2018 12

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Labor Technische Physik2.4 Druckverteilung in rotierenden Flüssigkeiten

Mit r2 = x2 + y2 erhält man die Druckverteilung p(r,z):

p(r,z) = p0 + %

2 · ω2 · r2 − g · % · z (2.18)

Der Druck nimmt zu, sowohl von oben nach unten, wie auch mit wachsendemAbstand r von der Drehachse. An der Flüssigkeitsoberfläche ist der Druck gleichdem konstanten Atmosphärendruck p0. Es handelt sich also um eine Isobarenflä-che. An der Flüssigkeitsoberfläche muss die resultierende Kraft aus Schwerkraftund Zentrifugalkraft senkrecht zur Fläche liegen, daher handelt es sich um eineIsobarenfläche.Die Steigung der Oberfläche in einem beliebigen Punkt berechnet sich durch dz

dr.

Es gilt :

dz

dr= −fr

fz= ω2 · r

g(2.19)

Nach der Integration folgt dann:

z(r) = ω2

g

∫r dr = ω2

2 gr2 + C (2.20)

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Labor Technische Physik2 Hydrostatik

2.5 Druckkraft auf ebene Behälterwände

Häufig interessiert, welche Kraft durch die Druckverteilung auf eine bestimm-te Wandfläche wirkt und wo ihr Angriffspunkt liegt. Die tatsächliche Belastungdurch den Druck auf die gesamte Fläche wird nach dieser Vorstellung durch eineäquivalente Druckkraft (Einzelkraft) auf die Fläche ersetzt, die im sogenanntenDruckmittelpunkt D angreift. Nur wenn die betrachtete Fläche eine gleichmäßi-ge Druckbelastung aufweist, stimmt D mit dem Flächenschwerpunkt S überein.Dies ist nur dann der Fall, wenn die Fläche A eben ist und horizontal liegt. AllePunkte der Fläche besitzen dann die gleiche Eintauchtiefe und weisen daher dengleichen Druck auf (siehe Gl. 2.14).Auf nicht horizontal angeordneten ebenen Flächen sind D und S unterschiedli-che Punkte, da der Schweredruck proportional zur Tiefe zunimmt. Der Flächen-schwerpunkt S ist dabei eine rein geometrische Größe. Die Lage von D ergibt sichaus der Bedingung, dass das Drehmoment infolge der ursprünglichen Druckver-teilung um eine beliebige Achse mit dem Moment der äquivalenten EinzelkraftFres übereinstimmen muss.

Abbildung 2.6:Bestimmung der äquivalenten Druckkraft ~Fauf eine ebene Wandfläche A (in der gezeig-ten Darstellung ist A in die Zeichenebenegeklappt worden)

Betrachtet wird eine ebene geneigte Wandfläche dA (Abb. 2.6). Für einen kon-stanten Außendruck p0 außerhalb der Flüssigkeit erhält man für den Schwere-druck p(z):

p(z) = g · % · z (2.21)Für ein Flächenelement dA wird von der Flüssigkeit eine Kraft dFres = p(z) dAübertragen. Für die Fläche A gilt daher:

Fres =∫A

p(z) dA =∫A

g · % · z dA

= g · % · cosα∫A

l dA

= g · % · cosα · ls · A= g · % · zs · A= ps · A

(2.22)

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Labor Technische Physik2.5 Druckkraft auf ebene Behälterwände

Hierbei ist ls die Schwerpunktskoordinate der Fläche A, definiert durch:∫A

l dA = ls · A (2.23)

Damit ist die resultierende Kraft Fres der Flüssigkeit gleich dem Druck im Flä-chenschwerpunkt multipliziert mit der Fläche.Bei Ermittlung der Kraft gleichen sich, wegen der linearen Durckverteilung vonp(z), die kleineren Drücke oberhalb des Schwerpunktes S mit den größeren Drückenunterhalb des Schwerpunktes aus.Da der Schweredruck p(z) proportional zur Tiefe z zunimmt, greift die resul-tierende Kraft Fres nicht im Flächenschwerpunkt S an, sondern in einem tiefergelegenen Punkt, dem Druckmittelpunkt D. Wie schon oben erwähnt, muss dasDrehmoment der Kraft Fres bezüglich einer beliebigen Drehachse mit der Sum-me der durch die Druckverteilung hervorgerufen Momente übereinstimmen. Liegtdie Drehachse auf der Höhe des Flüssigkeitsspiegels (d.h. in den Koordinatenur-sprung) gilt:

Fres · lD =∫A

p(z) · l dA

=∫A

g · % · z · l dA

= g · % · cosα∫A

l2 dA

= g · % · cosα · Jx

(2.24)

Jx bezeichnet dabei das Flächenträgheitsmoment vonA bezüglich der x-Achseals Drehachse. Mit der Beziehung Fres = g · % · zs ·A aus Gl. 2.22 ergibt sich fürden Abstand lD:

Fres · lD = g · % · zs · A · lD = g · % · cosα · Jxzs · A · lD = cosα · Jx

ls · cosα · A · lD = cosα · Jx

lD = Jxls · A

(2.25)

Wird die Drehachse parallel verschoben, so dass sie durch den Schwerpunkt Sder Fläche A verläuft, erhält man mit Hilfe des Steinerschen Satzes:

Jx = JS + A · l2s (2.26)

Mit Gleichung 2.25 gilt dann:

lD − ls = JSA · ls

(2.27)

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Labor Technische Physik2 Hydrostatik

bzw.:

zD − zs = JSA · zs

· cosα (2.28)

Die Abweichung zD − zs kann beträchtlich sein. Für den Spezialfall einer recht-eckigen ebenen, vertikalen Wand mit der Höhe h ergibt sich:

zs = h

2 und zD = 23 · h (2.29)

Abbildung 2.7:Lage des Schwerpunktes und des Angriffspunktes derresultierenden Kraft für eine rechteckige, ebene ver-tikale Wand

Version: 21. März 2018 16

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Labor Technische Physik2.6 Hydrostatischer Auftrieb

2.6 Hydrostatischer Auftrieb

Betrachtet wird ein Körper, der vollständig in ein Fluid eingetaucht ist (Abb 2.8).Aufgrund der hydrostatischen Druckverteilung ist der Druck an der Körperober-seite geringer als an der Unterseite. Daraus resultiert eine vertikal nach obengerichtete Kraft, die sogenannte Auftriebskraft. In Abgrenzung zum aerodyna-mischen Auftrieb im Fall umströmter Körpern (z.B. Tragflügel bei Flugzeugen)wird in diesem Zusammenhang von einem hydrostatischen Auftrieb gespro-chen.

Abbildung 2.8:Der hydrostatische Auftrieb

Wenn die Dichte %Fl des Fluids konstant ist, gilt für ein Körperelement dV

dFz = p2 dA2 · cos β − p1 dA1 · cosα = (p2 − p1) dA= g · %Fl · h dA = g · %Fl dV

(2.30)

Integration über das gesamte Volumen V liefert:

Fz = g · %Fl · V (2.31)

Gl. 2.31 zeigt, dass die Auftriebskraft nur vom Volumen V des eingetauchtenKörpers bzw. von der verdrängten Fluidmenge abhängt, nicht aber von seinerKörpermasse.Die Auftriebskraft Fz eines Körpers ist so groß wie die Gewichtskraft FGF l

derverdrängten Flüssigkeit!Diese Tatsache ist bekannt als das Archimedisches Prinzip. Bei gleichem Ein-tauchvolumen erfährt z.B ein Stück Holz die gleiche Auftriebskraft wie ein StückBlei.

2.6.1 Steigen, Sinken, Schweben

Je nach demWert der Dichte %K des Körpers sind folgende Fälle zu unterscheiden:• %K < %Fluid

Der Körper schwimmt• %K = %Fluid

Der Körper schwebt.

17 Version: 21. März 2018

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Labor Technische Physik2 Hydrostatik

• %K > %FluidDer Körper sinkt.

Schwimmt ein Körper so gilt :

Veingetaucht · %Fluid = VK · %K (2.32)

Bei einem schwimmenden Körper können sich Stabilitätsprobleme ergeben, wieAbbildung 2.9 zeigt.

Abbildung 2.9: Stabilität schwimmender Körper

Bei einem schwimmenden starren Körper greift die Gewichtskraft FG im SchwerpunktSKdes Körpers an, während die Auftriebskraft FA ihren Angriffspunkt im SchwerpunktSFldes verdrängten Volumens hat. Im Gleichgewichtszustand fallen die Wirkungsli-nien der beiden Kräfte zusammen, so dass kein DrehmomentM wirksam werdenkann.Dreht man den Körper, so gibt es einen Schnittpunkt zwischen der Symmetrie-linie des Körpers und der Auftriebskraft FA. Er wird Metazentrum M∗ genannt.Der Abstand zwischen den beiden Schwerpunkten SK und SFl ist der Ortsvektor~r. Liegt das Metazentrum M∗ über dem Körperschwerpunkt SK , dann wird derKörper vom Drehmoment ~M = ~r × ~FA in die Gleichgewichtslage zurückgedreht(stabile Lage). Liegt das Metazentrum M∗ unterhalb des KörperschwerpunktesSK , so kippt der Körper wegen des Momentes ~M = ~r × ~FA um (instabile Lage).

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Labor Technische Physik2.7 Geodätische Saughöhe

2.7 Geodätische Saughöhe

Unter der geodätischen Saughöhe versteht man die maximale Höhe über ei-ner Flüssigkeitsoberfläche, bis zu der die Flüssigkeit nach oben angesaugt werdenkann. Sie ergibt sich aus der hydrostatischen Grundgleichung:

pstat = % · g · h+ p0 (2.33)

Abbildung 2.10:Geodätische Saughöhe

Grundsätzlich kann über der geodätische Saughöhe hmax auch mit viel Antriebs-leistung nicht angesaugt werden. Die hydrostatische Grundgleichung wird nachder Höhe h umgestellt:

h = pstat − p0

% · g(2.34)

Für p0 = 0 erhält man aus Gl. 2.34 für die maximale Saughöhe hmax:

hmax = pstat% · g

(2.35)

Unter Normalbedingungen ergibt sich für Wasser:

hmax = 101, 325 · 103Pa

1000kg/m3 · 9, 81m/s2= 10, 33m (2.36)

2.8 Hydraulische Presse

Nach dem hydrostatischen Grundgesetz 2.11 ist der Druck in einer ruhendenFlüssigkeit konstant und folglich ist die Kraft F , welche auf eine Wand des Ge-fäßes wirkt, von der Wandfläche A abhängig. In zwei miteinander verbundenenZylindern mit den Querschnitten A1 und A2 herrscht überall der gleiche Druck p.Mit einer Kraft F1 = p · A1 auf den Stempel im schmalen Zylinder wirkt einewesentlich größere Kraft F2 auf die Fläche A2.

F2 = F1 ·A2

A1(2.37)

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Labor Technische Physik2 Hydrostatik

Die Hubwege ∆xi der Flüssigkeitsvolumina sind wegen

∆V1 = A1 ·∆x1 = ∆V2 = A2 ·∆x2

im Zylinder 1 wesentlich größer als im Zylinder 2, d. h.

∆x1

∆x2= A2

A1

Abbildung 2.11:Hydraulische Presse

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3 AerostatikGase besitzen weder feste Gestalt noch festes Volumen, sie nehmen jeden ihnenzur Verfügung stehenden Raum ein. In den folgenden Abschnitten wird der Druckin Gasen bei konstanter Temperatur beschrieben.

3.1 Druck und Volumen von Gasen

Ein Gas übt auf die Wände eines Gefäßes einen Druck p aus. Für den Zusam-menhang zwischen Druck p und Gasvolumen V gilt für ideale Gase das Gesetzvon Boyle-Mariotte:Das Produkt aus Druck p und Volumen V eines eingeschlossenen Gases ergibtstets den gleichen Wert, sofern die Temperatur T konstant bleibt.

p · V = const. wenn T = const. (3.1)

Einen Vorgang bei konstanter Temperatur nennt man isothermen Vorgang.Wenn die Temperatur nicht konstant bleibt, entstehen dadurch zusätzliche Vo-lumenänderungen.

3.2 Dichte von Gasen

Die Dichte % eines Gases ist definiert als % = m

V, wobei m die Masse und V das

Volumen des Gases sind. Wird die obere Beziehung in Gl. 3.1 eingesetzt, ergibtsich bei konstanter Masse m:

p · 1%

= const. wenn T = const. (3.2)

Die Dichte % eines isothermen Gases ist seinem Druck p proportional.

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Labor Technische Physik3 Aerostatik

3.3 Schweredruck in Gasen

Wie in einer Flüssigkeit, verursacht die Schwerkraft am Boden einer Gassäuleeinen Schweredruck p. Er entsteht dadurch, dass die Gewichtskraft höherer Luft-schichten auf die unteren Schichten drückt; er muss also oben niedriger sein alsunten. Da, im Gegensatz zu Flüssigkeiten, in Gasen jedoch die Dichte % propor-tional zum Druck p ist, muss auch diese Größe nach oben abnehmen.Es wird angenommen, dass in einer dünnen Schicht dh die Änderung der Dichte% vernachlässigbar ist. Dann nimmt in ihr der Druck um dp = −% · g · dh ab.

Abbildung 3.1:Zur Herleitung der barometrischenHöhenformel

Aufgrund von Gl. 3.2 verhält sich in einer Höhe h, der Druck p zur Dichte % wieder Druck p0 zur Dichte %0 bei der Höhe Null:

p

%= p0

%0= const. bzw. % = %0 ·

p

p0(3.3)

Damit wird dp = −%0 ·p

p0· g dh bzw. dh = − p0

%0 · gdp

p

Integriert man dh von 0 bis h so erhält man mith∫

0

dh = − p0

%0 · g

p(h)∫p0

dp

pschließlich

h = − p0

%0 · gln

(p(h)

p0

)

und durch Umstellen nach p(h) die barometrische Höhenformel:

p(h) = p0e−%0·g·h

p0 (3.4)

Sie gibt den Druck p(h) an als Funktion der Höhe h (bei konstanter Temperaturund einer von der Höhe unabhängige Fallbeschleunigung).Für Luft von 0◦C gilt: p0 = 1013, 25hPa und %0 = 1, 293 kg/m3 .

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Labor Technische Physik3.4 Auftrieb in Gasen

Abbildung 3.2:relativer Luftdruck p(h)

p0als

Funktion der Höhe h

3.4 Auftrieb in Gasen

Für den Auftrieb von Körpern in Gasen gilt die gleiche Formel wie für den Auf-trieb von Körpern in Flüssigkeiten, (siehe Kapitel 2.6). Die Auftriebskraft inGasen wird mit Gl. 2.31 beschrieben:

FA = % · g · V (3.5)

Die Auftriebskraft FA des Körpers ist so groß wie die Gewichtskraft FG des ver-drängten Gases!Da aber die Dichte % eines Gases mit der Höhe abnimmt, ist die Auftriebskraftnicht konstant, sondern von der Höhe h abhängig. Mit %(h) = %0 ·

p(h)

p0(siehe Gl.

3.3) und Gl. 3.4 erhält man für Gl. 3.5:

FA = %0 · e−%0·g·h

p0 · g · V (3.6)

Abbildung 3.3:relative AuftriebskraftFA(h)

FA(h=0m)als Funktion der

Höhe h

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3.4.1 Auftrieb eines Ballons

Der Auftrieb in Gasen bildet die Grundlage der Ballonfahrt. Damit ein Ballonaufsteigen kann, muss seine Gewichtskraft FG kleiner sein als die AuftriebskraftFA. Da die Auftriebskraft mit steigender Höhe abnimmt, wird für Wetter- undForschungsballons die in große Höhen aufsteigen sollen, eine sehr große Ballon-hülle verwendet. Das durch die Hülle eingeschlossenes Volumen kann sich mitsinkendem Atmosphärendruck aufblähen, sodass der Auftrieb trotz abnehmen-der Dichte der umgebenden Luft erhalten bleibt.Aufgrund von Gl. 3.1 gilt:

p0 · V0 = ph · Vh

Durch Anwendung von Gl. 3.4 ergibt sich daher:

V(h)

V0= e

%0·g·hp0 (3.7)

Abbildung 3.4:relative VolumenänderungV(h)

V(h=0m)eines Ballons als

Funktion der Höhe h

Durch die Volumenänderung nach Gl. 3.7 bleibt die Auftriebskraft FA bei solchenBallons konstant, unabhängig von der Steighöhe.

FA = %0 · e−%0·g·h

p0 · g · V0 · e%0·g·h

p0 = %0 · g · V0 = const. (3.8)

Version: 21. März 2018 24

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Labor Technische Physik

4 Hydrodynamik und Aerodynamik

Im Folgenden werden strömende Gase und Flüssigkeiten stets als Kontinuumbetrachtet. Es wird von der thermischen Bewegung der einzelnen Moleküle ab-gesehen und nur die mittlere Bewegung eines Volumenelementes betrachten, dasaus sehr vielen Molekülen besteht.Die Hauptunterschiede zwischen Strömungen von Flüssigkeiten und Gasen liegenin der um etwa drei Größenordnungen höhere Dichte der Flüssigkeiten und inihrer Inkompressibilität. Für strömende Flüssigkeiten ist ihre Dichte % zeitlichund räumlich konstant. Diese Eigenschaft ist für strömende Gase nicht allgemeingültig. Die strömungsmechanischen Grundgleichungen beruhen im wesentlichenauf den Prinzipien (Axiomen) der Massen-, Impuls-,und Energieerhaltung.Die Änderung von physikalischen Größen in einem betrachteten Raum- und Zeit-bereich werden mit Hilfe von Strömungen beschrieben. Diese Strömungen könnenmaterielle oder andere Eigenschaften wie beispielsweise Kraftwirkungen inner-halb eines räumlichen Gebietes transportieren.Strömungen können in zwei grundsätzlich verschiedenen Formen auftreten: Ent-weder als „wohlgeordnete“ Strömungen, in denen die einzelnen Fluidteilchen„glatten Bahnen“ folgen oder so, dass die einzelnen Fluidteilchen auf ihrem Wegdurch das Strömungsfeld starken Schwankungsbewegungen unterliegen. FolgendeBegriffe sind von Bedeutung:

• Dielaminare Strömung (lat. lamina „Platte“) ist eine Bewegung einesFluids, bei der (noch) keine sichtbaren Turbulenzen (Verwirbelungen) auf-treten. Das Fluid strömt in Schichten, die sich nicht miteinander vermi-schen.

• Turbulente Strömungen sind durch stark schwankende Strömungsge-schwindigkeiten gekennzeichnet, deren Schwankungskomponenten in alledrei Raumrichtungen weisen.

• Stationäre Strömungen liegen vor, wenn für einen ortsfesten Beobachteralle Strömungsgrößen zeitunabhängige Werte aufweisen. Bei turbulentenStrömungen bezieht sich diese Aussage auf Größen, die über einen Zeitraumgemittelt worden sind, der deutlich kleiner als der Beobachtungszeitraumist.

• Instationäre Strömungen liegen vor, wenn die betrachteten Größen eineZeitabhängigkeit aufweisen.

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Labor Technische Physik4 Hydrodynamik und Aerodynamik

ImWeiteren werden bis Abschnitt 4.6 nur die Strömung von idealen Flüssigkeitenbetrachten.

4.1 ortsfeste Betrachtung

In den meisten strömungsmechanischen Problemen ist von Interesse, wie sichbestimmte Größen an einer festen Stelle im Strömungsfeld verändern, währenddie Fluidteilchen an dieser Stelle vorbeiziehen. Diese ortsfeste Betrachtung wirdEulersche Betrachtungsweise genannt. Diese Betrachtungsweise entspricht einerrealen Messung einer Strömungsgröße mittels eines ortsfesten Messgerätes. Füralle betrachteten Größen sind zwei Ursachen für ihre zeitliche Veränderung ver-antwortlich:

• An einer festen Stelle verändert sich die betrachtete Größe f mit der Zeitim Sinne einer instationär veränderlichen Zustandsgröße δf

δt. Diese Verän-

derung wird lokale Zeitableitung genannt.

• An einer festen Stelle bestehen Gradienten δf

δx; δfδy

; δfδz

der zu betrachten-den Größe f . Wenn nun ein Fluidteilchen ∆m an dieser festen Stelle dieGeschwindigkeit ~v = (vx; vy; vz) besitzt, so bewegt es sich in eine bestimm-te Richtung, in der sich die zu betrachtende Größe wegen der Gradientendieser Größe verändert. Diese zeitliche Veränderung vx

δf

δx; vy

δf

δy; vz

δf

δzwird

konvektive Zeitableitung genannt.

Abbildung 4.1:Ein ortsfester Beobachter registriert zunächst nurdie lokale zeitliche Veränderung δf

δt ; die kon-vektiv bedingte Veränderung vx

δfδx ; vy

δfδx ; vz

δfδz

muss zusätzlich berücksichtigt werden. Es ist zubeachten, dass der ortsfeste Beobachter stets an-dere Teilchen sieht.

Betrachte man an einem Volumenelement δV in einem Strömungsfeld eine be-stimmte Größe f(x,y,z,t) so ergibt sich für die zeitliche Änderung dieser Größeanhand der Kettenregel:

df

dt= δf

δt+ δf

δx

dx

dt+ δf

δy

dy

dt+ δf

δz

dz

dt

= δf

δt+ δf

δxvx + δf

δyvy + δf

δzvz

= δf

δt+ ~v · gradf

(4.1)

Version: 21. März 2018 26

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Labor Technische Physik4.2 Stromfadentheorie

Hier steht auf der linken Seite die substantielle Änderung, während rechts an ers-ter Stelle die lokale Änderung auftritt. Der zweite Term beschreibt den Einflussdes Geschwindigkeitsfeldes (konvektive Zeitablenkung).

4.2 Stromfadentheorie

Für die weitere Betrachtung werden folgende Begriffe eingeführt:Eine Teilchenbahn ist eine Kurve, die die Orte anzeigen, die ein Teilchen imLauf der Zeit durcheilt.Die Stromlinie ist eine Linie, die zu einem bestimmten Zeitpunkt t in einemStrömungsfeld tangential zu den Geschwindigkeitsvektoren verschiedener Teil-chen verläuft. Stromlinen vermitteln einen anschaulichen Eindruck des momen-tanen Strömungsfeldes. Bei stationären Strömungen bleiben sie unverändert. Ininstationären Strömungen kann sich die Gestalt der Stromlinien mit der Zeitändern. Bei einer stationären Strömung fallen die Stromlinien mit den Teilchen-bahnen zusammen, d. h. die Bahn ~r(t) des Teilchens folgt der Kurve ~v(x,y,z).Die Stromliniendichte (d. h. die Zahl der Stromlinien pro Querschnittsfläche)illustriert die Flussdichte, d. h. die Menge des strömenden Mediums, die proZeiteinheit durch die Flächeneinheit fließt.Ein Stromfaden wird definiert als das Fluid innerhalb einer imaginären Röhremit einer infinitesimalen Querschnittsfläche dA, die sich aus einer Mantelflächevon Stromlinien ergibt. Das bedeutet,dass keine Strömung durch die Mantelflächeeines Stromfadens möglich ist, da die Strömung immer tangential zur Mantelflä-che verläuft.Eine Stromröhre ist ein Stromfaden mit endlichen Stirnflächen A.Für einen Stromfaden gilt, dass sowohl der Massenstrom durch den Stromfadenals auch die Dichte, der Druck, die Geschwindigkeit, die Temperatur und dieViskosität des Fluids in jedem Querschnitt des Stromfadens konstant sind. ImGegensatz dazu ist bei der Stromröhre nur ein konstanter Massenstrom gegeben.

4.3 Grundgleichungen

Betrachtet werden hier stationär Strömungen idealer inkompressiblen Flüssigkei-ten. Hierbei werden die Reibungskräfte vernachlässigt. Zu beachten ist, dass beieiner stationären Strömung die Geschwindigkeit ~v an jedem Ort zeitlich konstantbleibt, sie jedoch an verschiedenen Orten durchaus verschieden sein kann.

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Abbildung 4.2:Stromlinien, Stromröhre undStrömungsgeschwindigkeit

4.3.0.1 Kontinuitätsgleichung

Die Kontinuitätsgleichung drückt die Konstanz des Massenstromes aus. Dader Mantel des Stromfadens aus Stromlinien besteht, tritt durch ihn nichts hin-durch. Daher ist die pro Zeiteinheit durch den Querschnitt tretende Masse kon-stant (siehe Abb. 4.2):

m = % · vi · Ai = % · vj · Aj = konst. (4.2)

Abbildung 4.3:Kräftegleichgewicht in Stromfadenrichtung

4.3.1 Bewegungsgleichung

Mit dem Newtonschen Axiom m · a = ∑F folgt aus dem Kräftegleichgewicht in

Stromfadenrichtung s die Eulersche Bewegungsgleichung. Für den Stromfaden inAbb. 4.3 gilt:

• Masse: dm = % ds dA

• Beschleunigung: dvdt

= δv

δt+ δv

δs

ds

dt= δv

δt+ v

δv

δs

Version: 21. März 2018 28

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Labor Technische Physik4.4 Bernoulli Gleichung für stationäre Strömungen

• Kräfte = Druckräfte + Volumenkräfte (Schwerekräfte)∑F = −δp

δsds dA− % · g cosϕds dA = −

(δp

δs+ % · g δz

δs

)ds dA

Man erhält daraus die Eulersche Grundgleichung für den Stromfaden:

dm · a =∑

F

% ds dA · dvdt

= −(δp

δs+ % · g δz

δs

)ds dA

dv

dt= δv

δt+ v

δv

δs= −1

%

δp

δs− g δz

δs(4.3)

bzw. unter Berücksichtigung in Vektorform:d~v

dt= −1

%grad p+ ~f (4.4)

4.4 Bernoulli Gleichung für stationäre Strömungen

4.4.1 Herleitung aus der Bewegungsgleichung

Für stationäre Strömungen ist der Term δv

δtaus Gl. 4.3 Null und alle Größen nur

eine Funktion der Strecke s. Es gilt dann:

vδv

δs= −1

%

δp

δs− g δz

δsbzw.

vδv

δs+ 1%

δp

δs+ g

δz

δs= 0

Abbildung 4.4:Integration über einen Stromfaden

Eine Integration von Gl. 4.3 über einen Stromfaden (siehe Abb. 4.4) ergibt dieBernoulli-Gleichung für stationäre Strömungen idealer Flüssigkeiten:

2∫1

(vδv

δs

)ds = −

2∫1

(1%

δp

δs+ g

δz

δs

)ds

v2∫v1

v δv = −p2∫p1

1%δp−

z2∫z1

g δz

(4.5)

29 Version: 21. März 2018

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Labor Technische Physik4 Hydrodynamik und Aerodynamik

Betrachtet man den Endzustand (2) in Gl. 4.5 als variabel, so ergibt sich:

p+ 12 · % · v

2 + % · g · z = konst. (4.6)

Die Konstante auf der rechten Seite der Gleichung fasst hierbei die drei Termedes Ausgangszustand (1) zusammen. Sie ist für alle Punkte des Stromfadensdieselbe.

4.4.2 Herleitung aus dem Energieerhaltungssatz

Ein Fluid fließt in einer Röhre mit veränderlichem Querschnitt. Dabei wird eineHöhendifferenz ∆z überwunden (siehe Abb. 4.5). Während der Zeit ∆t bewegtsich die Fluidmenge entlang der Röhre zu den Flächen A1′ und A2′ . Mit ∆Vwird das Fluidvolumen bezeichnet, das während der Zeit ∆t die Fläche A1 durch-strömt. In der selben Zeit ∆t durchströmt aufgrund der Inkompressibilität derFlüssigkeit das gleiche Volumen ∆V auch die Fläche A2.Das Fluidvolumen ∆V besitzt die Masse ∆m = % ·∆V . Man kann das Fließender Flüssigkeit so deuten, als ob eine Masse ∆m, die sich anfangs mit der Ge-schwindigkeit v1 auf der Höhe z1 befand, nun auf die Höhe z2 „angehoben“ wurdeund sich dort mit der Geschwindigkeit v2 bewegt.

Abbildung 4.5:Zur Herleitung derBernoulli-Gleichung

Die potenzielle Energie des Fluidvolumens ändert sich demnach um:

∆Epot = ∆m · g · z2 −∆m · g · z1 = % ·∆V ·(z2 − z1

)(4.7)

Die kinetische Energie erfährt dabei die Änderung:

∆Ekin = 12 ·∆m · v2

2 − 12 ·∆m · v1

2 = 12 · % ·∆V ·

(v2

2 − v12)

(4.8)

Version: 21. März 2018 30

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Labor Technische Physik4.5 Anwendungen der Grundgleichungen

Um das Flüssigkeitsvolumen ∆V durch die Querschnittsfläche A1 in die Strö-mungsröhre einzubringen, muss die Kraft F1 die ArbeitW1 = F1 ·∆x1 verrichten.Das Fluid links der Fläche A1 übt diese Kraft F1 = p1 ·A1 auf das Fluidvolumen∆V aus, wobei p1 der statische Druck des Fluids auf die Fläche A1 ist. Die KraftF1 verrichtet also die Arbeit :

W1 = F1 ·∆x1 = p1 · A1 ·∆x1 = p1 ·∆V

Zur selben Zeit übt das Fluid rechts der Fläche A2 eine Kraft F2 aus, die derFließrichtung entgegenwirkt. Diese Kraft F2 = p2 · A2 verrichtet die negativeArbeit:

W2 = −F2 ·∆x2 = − p2 · A2 ·∆x2 = − p2 ·∆V

Die Gesamtarbeit Wges die von den beiden äußeren Kräften verrichtet wird, ist:

Wges = W1 +W2 = p1 ·∆V − p2 ·∆V (4.9)

Bei Vernachlässigung der Reibung entspricht (aufgrund des Energieerhaltungs-satzes) die GesamtarbeitWges der äußeren Kräfte ( Gl. 4.9) den Änderungen vonpotentieller Energie ∆Epot (Gl. 4.7) und kinetischer Energie ∆Ekin (Gl. 4.8) desFluidvolumens und damit gilt:

p1 ·∆V − p2 ·∆V = ∆m · g · z2 −∆m · g · z1 + 12 ·∆m · v2

2 −∆m · v12 (4.10)

Man erhält schließlich durch Umformung:

p1 + 12 · % · v1

2 + % · g ·∆z1 = p2 + 12 · % · v2

2 + % · g ·∆z2 = konst. (4.11)

Gl. 4.11 ist die schon aus Gl. 4.6 bekannte Bernoulli-Gleichung.

4.5 Anwendungen der Grundgleichungen

Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen ist die Bernoulli-Gleichung:

p+ 12 · % · v

2 + % · g · z = pges = konst. (4.12)

Beim ersten Summand p der Gleichung 4.12 handelt es sich um den statischenDruck der Flüssigkeit: p = pstat

31 Version: 21. März 2018

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Der zweite Summand 12 ·% ·v

2 ist der dynamische Druck pdyn auch Staudruckgenannt.Der dritte Term % · g · z ist der Schweredruck des Fluids.Entlang einer Stromlinie ist die Summe aus statischem Druck p, dynamischenDruck pdyn und Schweredruck konstant und gleich dem Gesamtdruck pges.Im Fall gleicher Höhe z bleibt der Schweredruck immer konstant. Es gilt danndie Gleichung:

p+ 12 · % · v

2 = po = konst. (4.13)

4.5.1 Messung des dynamischen Drucks

Der dynamische Druck pdyn kann mit Hilfe eines sogenannten Prandtl’schenStaurohrs (siehe Abb. 4.6) gemessen werden. Das Prandtl’sche Staurohr besitzteine Öffnung in Strömungsrichtung zur Messung des Gesamtdruckes pges. Dieseitlichen Bohrungen dienen zur Messung des statische Drucks pstat.

Abbildung 4.6:Messung des dynamischen Drucks pdyn mitHilfe eines Prandtl’schen Staurohrs

Die Differenz dieser beiden Drücke ist der Wert des dynamischen Drucks pdyn.Über ihn kann auch die Geschwindigkeit des die Sonde umströmenden Fluidserrechnet werden. Das Prandtl’sche Staurohr wird insbesondere in der Luftfahrtzur Bestimmung der Luftgeschwindigkeit eingesetzt. Für die Geschwindigkeit vdes Fluids ergibt sich:

v =√

2 · g · h · %Fl%M

(4.14)

4.5.2 Venturi-Düse

Mit der Venturi-Düse (auch Venturirohr genannt) nach Abb. 4.7 lassen sichStrömungsgeschwindigkeiten und Volumenströme in Rohrleitungen bestimmen.Aus der Kontinuitätsgleichung (Gl. 4.2) und der Bernoulli-Gleichung (Gl. 4.6)folgen die Beziehungen:

V = m

%= v1 · A1 = v2 · A2

v12

2 + p1

%= v2

2

2 + p2

%

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Abbildung 4.7:Schematischer Aufbau eines Venturi-rohres

Für die Geschwindigkeit in der Querschnittsfläche A2 folgt :

v2 = 1√1−

(A2A1

)2·√

2%· %Fl · g ·∆z (4.15)

4.5.3 Wandkräfte in Strömungen

Wird eine Strömung durch Verjüngung des Rohres eingeengt, so entstehen durchden verringerten statischen Druck oft unerwartete Kräfte auf die strömungsbe-grenzenden Flächen. In Abb. 4.8 wird eine Strömung durch bewegliche, gewölbteFlächen eingeengt. Es entsteht dadurch eine Druckdifferenz ∆p zwischen demverringerten statischen Druck pi und dem äußeren Druck pa. Aufgrund dieserDruckdifferenz werden die beiden Wände angezogen. Solche Seitenkräfte sindz. B. auch bei nebeneinander fahrenden Kraftfahrzeugen zu beobachten.

Abbildung 4.8:Wandkräfte in Strömungen

Ähnlich ist der als hydrodynamisches Paradoxon bezeichnete Effekt. Da-bei strömt ein Gas- oder Flüssigkeit aus einem Rohr, an dessen Ende sich einedurchbohrte Scheibe S1 befindet, gegen eine quergestellte, bewegliche ScheibeS2. Diese wird jedoch nicht weggedrückt, sondern angezogen. Im Zwischenraumder beiden Platten herrscht eine hohe Strömungsgeschwindigkeit und daher einkleinerer statischer Druck pi als der im Außenraum herrschende statische Druckpa. Es entsteht daher eine Druckdifferenz ∆p = pa − pi die auf die beweglichePlatte eine Kraft F erzeugt entgegen der Strömungsrichtung im Rohr.

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Abbildung 4.9:Hydrostatisches Paradoxon

Weitere Beispiele sind:• Zerstäuber :

Hierbei strömt durch ein waagerechtes Rohr Luft. Die Strömungsgeschwin-digkeit nimmt im Punkt A in Abb. 4.10 wegen der Verengung des Rohreszu, sodass auch der dynamische Druck an der Stelle A zunimmt und sichder statische Druck verringert. An der Stelle A herrscht daher in Bezug zumLuftdruck p0 der Umgebung ein Unterdruck. Dadurch wird die Flüssigkeitim Steigrohr angesaugt und im Luftstrahl zerstäubt.

Abbildung 4.10:Prinzip des Zerstäubers

• Wasserstrahlpumpe:Durch eine Düse wird ein Wasserstrahl verengt (Abb. 4.11). Der dadurchverminderte statische Druck bewirkt, dass Luftteilchen aus der Umgebungangesaugt werden. Ein angeschlossenes Gefäß kann auf diese Weise leerge-pumpt werden. Die untere Grenze der Wirksamkeit der Wasserstrahlpumpewird durch den Dampfdruck ps des Wassers bestimmt der bei Raumtem-peratur ps ∼ 2, 7 · 103Pa beträgt.

Abbildung 4.11:Prinzip der Wasserstrahlpumpe

• Magnus-Effekt:Wenn ein Zylinder in einer strömenden Flüssigkeit oder Gas rotiert (siehe

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Abb. 4.12), so wird durch Reibung der angrenzenden Fluidschicht mit demrotierenden Zylinder diese in eine Rotationsbewegung gebracht. Die Über-lagerung des Strömungsfeldes mit dieser Rotationsbewegung führt auf dereinen Seite des Zylinders zu einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeitund auf der gegenüberliegenden Seite zu einer Verringerung.Dadurch wird der statische Druck an eine Seite kleiner als auf der gegen-überliegenden Seite. Der Zylinder erfährt dadurch eine senkrecht zur Strö-mung wirkende Kraft F . Dieses Phänomenen wird nach seinem Entdecker„Magnus-Effekt“ genannt.

Abbildung 4.12:Magnuseffekt

Eine technische Anwendung des Magnus-Effektes ist der nach seinem Er-finder Anton Flettner benannte „Flettner-Rotor“, welcher zum Antrieb vonRotorschiffen dient.

4.5.4 Ausfließen von Flüssigkeiten aus Gefäßen

Betrachtet man den Ausfluss einer Flüssigkeit der Dichte % aus einem Behälterim Schwerefeld der Erde, so lautet die Bernoulli-Gleichung für den Stromfadenvon der Flüssigkeitsoberfläche 1O bis zum Austritt 2O:

v12

2 + p1

%+ g · z1 = v2

2

2 + p2

%+ g · z2

Abbildung 4.13:Ausströmen von idealer Flüssigkeitaus einem Behälter

Unter der Voraussetzung A1 >> A2 folgt aus der Kontinuitätsbedingung, dass

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die Geschwindigkeit v1 = v2 · A2A1

vernachlässigbar klein ist. Für die Ausflussge-schwindigkeit v2 erhält man:

v2 =√

2%· (p1 − p2) + 2 · g · h (4.16)

Zwei Sonderfälle sind von besonderem Interesse. Für p1 = p2 ist die Ausflussge-schwindigkeit:

v2 =√

2 · g · h

Diese Beziehung wird als Torricelli’sche Ausflussformel bezeichnet. Für h =0m erfolgt der Ausfluss durch den Überdruck im Behälter gegenüber der Umge-bung. Für die Geschwindigkeit v2 gilt:

v2 =√

2%· (p1 − p2)

4.5.5 Kavitation

Sinkt bei einer Strömung durch eine Rohrverengung oder bei einem sehr schnelldurch eine Flüssigkeit bewegten Körper der statische Druck pstat unter den Ver-dampfungsdruck der Flüssigkeit pdampf , bilden sich Dampfblasen. Diese werdenanschließend mit der strömenden Flüssigkeit in Gebiete mit höherem statischenDruck mitgerissen. Mit dem Ansteigen des statischen Drucks über den Dampf-druck kondensiert der Dampf in den Hohlräumen schlagartig und die Dampf-blasen kollabieren. Dabei treten extreme Druck- und Temperaturspitzen auf.Die entstehenden Druckstöße führen zu Zerstörungen angrenzender Oberflächen(Schiffsschrauben, Turbinen). Zur Vermeidung der Kavitation muss die Bedin-gung

pstat = pges −%

2 · v2 > pdampf

eingehalten werden. Daraus ergibt sich als kritische Geschwindigkeit, oberhalbder Kavitation auftritt,

vkrit =√

2 · (pges − pdampf )%

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Labor Technische Physik4.6 Laminare Strömung realer Fluide

4.6 Laminare Strömung realer Fluide

Laminare Strömungen in realen Flüssigkeiten liegen immer dann vor, wenndie innere Reibungskräfte in der Flüssigkeit groß gegenüber den beschleunigendenKräfte sind. Dabei gleiten die einzelnen Flüssigkeitsschichten (Laminate) mitverschiedenen Geschwindigkeiten übereinander hinweg, ohne sich zu vermischen(siehe Abb. 4.14).

4.6.1 Innere Reibung

Bei der Strömung von realen Flüssigkeiten tritt immer Reibung auf. Sie ent-steht nicht nur an den Berührungsflächen der Flüssigkeit mit den Röhren undBehältern oder zwischen der Flüssigkeit und den hindurchbewegten Gegenstän-den, sondern auch im Inneren der Flüssigkeit, wo Schichten verschiedener Strö-mungsgeschwindigkeiten aneinander vorbeigleiten. Deshalb bezeichnet man siezum Unterschied zur äußeren Reibung bei festen Körpern als innere Reibung.Man spürt sie z. B.als Widerstand, wenn man einen Körper durch eine Flüssig-keit bewegt.Wird eine ebene Platte der Fläche A

2 in der y-z-Ebene x = x0 mit der Geschwin-digkeit v0 in die horizontale Richtung (z-Richtung) durch eine Flüssigkeit bewegt(Abb. 4.14), so werden die der Platte direkt benachbarten Flüssigkeitsschichtenx0 ± dx wegen der Haftreibung zwischen der Plattenoberfläche und Flüssigkeitvon der Platte mitgenommen.

Abbildung 4.14:Zum Newtonschen Reibungsgesetz: a) Räumliche Darstellung; b) Abgleiten der Flüssig-keitsschichten; c) lineares Geschwindigkeitsgefälle

Die unmittelbar an der Platte anliegenden Flüssikeitsschicht haftet aufgrund der

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Adhäsion ganz an der Platte und nimmt deren Geschwindigkeit an. Diese Flüs-sigkeitsschicht überträgt einen Teil ihres Impulses % · vx · dV auf die Nachbar-schicht, wodurch diese eine geringe Geschwindigkeit aufweist und dadurch etwaszurückbleibt. Dadurch bildet sich ein Geschwindigkeitsgradient dv

dxsenkrecht zur

Plattenbewegung aus.

Die Größe der dabei übertragenen Impulskomponente hängt vom Geschwindig-keitsgradient dv

dxab. Der Impulstransport erfolgt in der Richtung, in der die Strö-

mungsgeschwindigkeit abnimmt. Führt man eine Impulsstromdichte jp ein, diedefiniert ist als der pro Sekunde durch eine Flächeneinheit übertragene Strö-mungsimpuls (der in Strömungsrichtung zeigt), so gilt: jp = η · dv

dx.

Da die zeitliche Änderung des Impulses gleich der wirkenden Kraft ist, ist eineKraft in z-Richtung erforderlich, um die Platte mit einer konstanten Geschwin-digkeit v0 durch die Flüssigkeit zu bewegen:

F = η · A ·∣∣∣∣∣dvdx

∣∣∣∣∣ (4.17)

Hierbei ist A die eingetauchte Gesamtfläche (beide Seiten) der Platte.Diese Kraft F muss gerade die Reibungskraft FR kompensieren:

FR = −F = −η · A ·∣∣∣∣∣dvdx

∣∣∣∣∣ (4.18)

Gl. 4.18 beschreibt die Formel zur Berechnung der inneren Reibung. Man erkennt,dass diese mit der Fläche A und der Geschwindigkeit v anwächst. Dieses Gesetzwird nach seinem Entdecker Newton’sches Reibungsgesetz genannt.Der Vorfaktor η heißt dynamische Zähigkeit oder Viskosität. Seine Einheit ist:[

η]

= N · sm2 = Pa · s

Unter der Viskosität eines Fluides kann man die Eigenschaft scherende Verfor-mungskräfte aufzunehmen, verstehen. Sie ist ein Maß für die zwischen den ein-zelnen Flüssigkeitsmolekülen herrschende Kohäsion und nimmt mit steigenderTemperatur stark ab. Die dynamische Zähigkeit oder Viskosität ist eine wichti-ge Materialkonstante. Fluide mit konstanter Viskosität werden als NewtonscheFluide bezeichnet.

4.6.2 Prandtl-Grenzschicht

Die Schichtdichte D, innerhalb der die Flüssigkeit auf beiden Seiten der Plat-te noch durch die Bewegung der Platte mitgenommen wird, heißt Prandtl-Grenzschicht. Eine obere Grenze der Dicke D kann aus dem Energieerhal-tungssatz abgeleitet werden.

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Labor Technische Physik4.6 Laminare Strömung realer Fluide

Um die Platte um ihre eigene Länge L zu verschieben, muss gegen die Reibungs-kraft FR die Arbeit

WR = −FR · L = η · A · L ·∣∣∣∣∣dvdx

∣∣∣∣∣= η · A · L · v0

D

aufgewandt werden, da bei linearem Geschwindigkeitsgefälle gilt: dvdx

= v0D.

Solange durch diese Arbeit nur die in den umgebenden Schichten befindlicheFlüssigkeit teilweise mitbewegt wird, muss diese Arbeit ihren Gegenwert in derkinetischen Energie der mitgeführten Flüssigkeit finden. Wird eine Flüssigkeits-schicht mit der Masse dmi = % · A2 dx mitbewegt, so erhält diese die kinetischeEnergie Ei = 1

2 · dm · v2i . Legt man den Nullpunkt der X-Achse in die beweg-

te Platte, so kann man für vi schreiben:vi = v0 ·(

1 − |x|D

). Für die kinetische

Gesamtenergie Ekin aller bewegten Schichten erhält man dann:

Ekin =∫M

12v

2i dm

=D∫

−D

12 ·(

1− |x|D

)2

· v20 · % ·

A

2 dx

= 16 · % · A · v

20 ·D

Aus der Bedingung Ekin ≤ WR erhält man für die Genzschichtdicke D:

D ≤√

6 · η L% · v

(4.19)

4.6.3 Bernoulli-Gleichung bei Newton’scher Reibung

Durch die innere Reibung wird in einer Rohrleitung in Strömungsrichtung einDruckverlustpv verursacht.

Abbildung 4.15:Strömung im Rohr mit innererReibung

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Die Bernoulli-Gleichung für ideale Flüssigkeiten (siehe Gl. 4.6) wird um diesenDruckverlust pv erweitert:

% · g · h1 + % · v21

2 + p1 = % · g · h2 + % · v22

2 + p2 + pv (4.20)

Die empirische Gleichung für den Druckverlust pv in einer Rohrleitung inkl. Form-teilen (z. B. Bögen, Reduzierungen und Armaturen) bei konstanter Dichte lautet:

pv = % · v2

2 ·(λ · l

d+∑

ζi

)mit v: mittlere Strömungsgeschwindigkeit; λ: Rohrreibungszahl; l: Länge der Rohrleitung; d: Innendurchmesser

der Rohrleitung; ζi: Druckverlustbeiwert der Bauteile

4.6.4 Laminare Strömungen durch Rohre

Der einfachste Fall eine realer Flüssigkeitsströmung ist eine stationäre, laminareStrömung durch ein Rohr. Er findet sich in vielen Bereichen der Natur undTechnik (Wasserleitungen, Öl- und Gaspipelines) und der Medizin (Bluttransportdurch Adern).Die Strömungsgeschwindigkeit nimmt bei laminarer Strömung vom Rand, woeine Füssigkeitsschicht an der Rohrwand in Ruhe bleibt, bis zur Mitte zu. DieStrömung kann schematisch aus dünnen Hohlzylindern zusammengesetzt werden,die reibungsbehaftet aneinander vorbeigleiten (siehe Abb. 4.16).

Abbildung 4.16:(a) Zur Herleitung des Hagen-Poiseuilleschen Gesetzes und(b) Geschwindigkeitsprofil einerlaminaren Strömung in einemzylindrischen Rohr

Die innere Reibungskraft Fi auf einen konzentrischen Zylinder mit Radius r undder Länge l ist:

Fi = −η · l · 2 · π · r · dvdr

Das Minus Zeichen ist erforderlich, da dvdr

stets negativ ist.Die äußere Kraft Fa ist gegeben durch die resultierende Druckkraft auf die Stirn-flächen des Rohres:

Fa = π · r2 ·(p1 − p2

)= π · r2 ·∆p

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Labor Technische Physik4.6 Laminare Strömung realer Fluide

Um eine stationäre Strömung aufrechtzuerhalten, muss die innere ReibungskraftFi durch eine äußere Kraft Fa kompensiert werden. Es gilt:

Fa = Fi

∆p · π · r2 = −η · l · 2 · π · r · dvdr

v(r) = −∫ ∆p

2 · l · η · r dr

v(r) = − ∆p2 · l · η · r

2 + C

Da am Rande, an der Stelle r=R die Geschwindigkeit v(r=R) der Flüssigkeit Nullist, ergibt sich für die Integrationskonstante C:

C = R2 ·∆p4 · η · l

Für die Geschwindigkeit v(r) ergibt sich dadurch:

v(r) = ∆p4 · η · l ·

(R2 − r2

)(4.21)

Gl. 4.21 ist die Gleichung eines Rotationsparaboloids (siehe Abb. 4.16(b)).Die gesamte Flüssigkeitsmenge, die pro Zeiteinheit durch eine Querschnittsflächedes in Abb. 4.16 gezeigten Hohlzylinders mit Radien zwischen r und r+dr fließt,ist der sogenannte Volumenstrom V(r). Dieser berechnet man wie folgt:

d

dt

(V(r)

)= V(r) = 2 · π · r · dr · v(r)

=π · r · dr ·

(R2 − r2

)2 · η · l ·∆p

Durch Integration erhält man den Volumenstrom über der ganzen Querschnitts-fläche:

V =R∫

r=0

∆p · π2 · η · l ·

(R2 − r2

)· r dr

V = ∆p · π8 · η · l ·R

4 (4.22)

Gl. 4.22 ist das Gesetz von Hagen-Poiseuille für den Volumenstrom V ei-ner laminaren Strömung in einem Rohr. Das Gesetz gilt nur für Röhren, derenQuerschnitt ganz dem Bereich der inneren Reibung angehören, d.h. der Radiusr muss Gl. 4.19 erfüllen:

r ≤√

6 · η L% · v

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4.6.5 Stokesches Reibungsgesetz

Eine Kugel mit dem Radius R fällt mit der Anfangsgeschwindigkeit v = 0 in eineFlüssigkeit.

Abbildung 4.17:konstante Sinkgeschwindigkeit ve einerKugel in einer viskosen Flüssigkeit

Aufgrund der Schwerkraft kann zunächst eine Beschleunigung der Kugel beob-achtet werden. Mit zunehmender Geschwindigkeit v geht die Kugel wegen derReibung mit der Flüssigkeit in eine gleichmäßige Bewegung mit konstanter Ge-schwindigkeit ve über, d. h. die Beschleunigung wird Null. In diesem Zustand istdie Gewichtskraft FG gleich der Summe aus der entgegengesetzten AuftriebskraftFA und Reibungskraft FR.

FG = FA + FR

Durch Experimente lies sich für FR folgende Formel ermittelt:

~FR = −6 · π · η ·RK · ~ve (4.23)

Diese Formel wird nach ihrem Entdecker als das Stokessche Gesetz bezeichnet.Für die stationäre Endgeschwindigkeit ve ergibt sich aus FG = FA + FR:

ve = 29 · g ·

RK2

η

(%K − %Fl

)(4.24)

Das Stokessche Gesetz liegt auch dem Messverfahren eines Höpplerschen Kugel-fallviskosimeter zu Grunde. Bei diesem Viskosimeter bewegt sich eine Kugel mitkonstanter Geschwindigkeit in einem senkrechten zylindrischen Rohr, das mitdem zu prüfenden Fluid gefüllt ist. Es wird die Zeit ∆t gemessen, die die Kugelbenötigt, um eine definierte Messstrecke ∆s zu durchlaufen.Aus den Messwerten lässt sich ve bestimmen und bei bekannten Dichten %K ,%Fl von Kugel und Flüssigkeit sowie Kugelradius RK kann die Viskosität η derFlüssigkeit berechnet werden.

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Labor Technische Physik4.7 Turbulente Strömungen

4.7 Turbulente Strömungen

4.7.1 Entstehung der Wirbel

Bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten strömt eine Flüssigkeit laminar um einkreisförmiges Hindernis (Abb. 4.18 a)). Bei Erhöhung der Strömungsgeschwin-digkeit treten oberhalb einer Grenzgeschwindigkeit vc, die von der Viskosität ηder Flüssigkeit und der Geometrie der Strömung abhängt, hinter dem HindernisWirbel auf (Abb. 4.18 b)).

Abbildung 4.18:a) Laminare Strömung um ein kreisförmiges Hindernisb) Wirbelbildung bei turbulenter Strömung um ein kreisförmiges Hindernis

Wirbeln bilden sich in Flüssigkeiten mit kleiner Reibung, an Stellen wo die Rei-bungskräfte besonders groß sind. Dies sind z. B. Wänden von Rohren oder Hin-dernisse, wo aufgrund der Haftreibung große Geschwindigkeitsgradienten unddamit starke Tangentialkräfte (Scherkräfte) zwischen benachbarten Flüssigkeits-schichten auftreten.Weißt eine solche Grenzschicht kleine Unebenheiten auf, wie sie in (Abb. 4.19)übertrieben dargestellt sind, wird an der engen Stellen die Strömungsgeschwin-digkeit v größer und gemäß der Bernoulli-Gleichung (4.6), der Druck p kleiner.Es entsteht ein Druckgefälle ∆p zwischen den Flüssigkeitsschichten. Dadurchvergrößern sich die Ausbuchtungen in der Grenzschicht, sodass ein instabiler Zu-stand entsteht, der zur Wirbelbildung führen kann.

Abbildung 4.19:Entstehung von Wirbeln aus Instabilitäten anGrenzschichten zwischen zwei Flüssigkeitsschich-ten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten

Bei einer Strömung um einen Kreiszylinder ist bei genügend kleiner Strömungs-geschwindigkeit v der Einfluss der Reibung vernachlässigbar und es bildet sich

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eine laminare Strömung aus (Abb. 4.20). Im Staupunkt S1 auf der Vorderseiteist die Strömungsgeschwindigkeit Null und der Druck gleich dem Gesamtdruckp0. Die Flüssigkeitsteilchen bewegen sich von S1 beschleunigt entlang der Zylin-deroberfläche zum Punkt P . Dort ist die Geschwindigkeit maximal (vmax) undder Druck daher minimal. Die Beschleunigung erfolgt durch die Druckdifferenzp(S1) − p(P ). An der Rückseite des Zylinders wird die Geschwindigkeit im Stau-punkt S2 wieder Null. Die um den Zylinder strömenden Teilchen verlieren wegender Druckdifferenz p(P ) − p(S2) wieder ihre kinetische Energie, die sie auf demWege von S1 nach P gewonnen hatten.

Abbildung 4.20:Wirbelentstehung hintereinem kreisförmigen um-strömten Zylinder

Bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten erreichen die Flüssigkeitsteilchen we-gen der Reibungsverluste im Punkte P nur noch eine Geschwindigkeit v, die klei-ner ist als die Geschwindigkeit vmax bei der laminaren Strömung. Da v < vmax ist,reicht die Bewegungsenergie der Flüssigkeitsteilchen nicht mehr aus, um PunktS2 zu erreichen. Die Strömung kommt daher auf der Rückseite des Zylindersbereits im Wendepunkt W zur Ruhe. Da aber eine Druckkraft von Punkt S2nach Punkt W wirkt, werden die Fluidteilchen entgegen der Strömungsrichtungder Außenschicht angetrieben. Auf die randnahen Flüssigkeitsschichten wirkendabei zwei entgegengerichtete Kräfte: Die rücktreibende Druckkraft und die Rei-bungskraft an der Grenzfläche zwischen den in der ursprünglichen Richtung wei-ter fließenden randferneren Schichten und den randnahen Schichten mit andererGeschwindigkeit. Dadurch entsteht ein Drehmoment, welches die Flüssigkeits-teilchen in Rotation versetzt. Es kommt zum „Einrollen “der Strömung in derUmgebung des Punktes W , wodurch ein Wirbel entsteht. Auch auf der Zylinder-unterseite entwickelt sich ein Wirbel, allerdings mit entgegengesetzem Drehsinn.Beide lösen sich alternierend vom Zylinder ab und werden zeitgleich durch neueWirbel ersetzt, es entsteht die Kármánsche Wirbelstraße.

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4.7.2 Strömungswiderstand

In Abb. 4.20 ist bei laminaren reibungsfreien Strömung die Geschwindigkeit vim Punkte S2 vor dem Körper Null und es herrscht genau wie im Punkt S1der Staudruck p0. Bei einer turbulenten Strömung bewegt sich jedoch wegen derWirbel die Flüssigkeit hinter dem umströmten Körper. Dies bewirkt nach derBernoulli-Gleichung (4.6) einen geringeren Druck hinter dem umströmten Kör-per. Es herrscht also eine Druckdifferenz zwischen dem Strömungsgebiet vor undhinter dem umströmten Körper. Durch diese Druckdifferenz wirkt eine Kraftin Strömungsrichtung auf den Körper, der sogenannte StrömungswiderstandFW . Um die Größe des Strömungswiderstandes zu berechnen, betrachtet maneinen Gegenstand, der durch eine ruhende Flüssigkeit gezogen wird (siehe Abb.4.21). Um den Körper mit einer konstanten Geschwindigkeit zu ziehen, muss ei-ne Kraft auf den Körper wirken, die vom Betrag dem Strömungswiderstand FWentspricht, jedoch ihm entgegengerichtet ist.

Abbildung 4.21:Zur Berechnung des Strömungswiderstands

Wird der Körper um die Strecke s bewegt, so muss dafür die Arbeit FW ·s geleistetwerden. Hinter dem Gegenstand wird dadurch das anfangs ruhende Flüssigkeits-volumen V = A0 · s in eine wirbelnde Bewegung versetzt. A0 ist dabei der inBewegungsrichtung zu erkennende Querschnitt des Gegenstandes, die sogenann-te Schattenfläche.Wenn man annimmt, dass die Geschwindigkeit der wirbelnden Flüssigkeitsteil-chen etwa der Geschwindigkeit v des Körpers entspricht, so ist die auf die Flüs-sigkeit übertragene kinetische Energie:

Ekin = 12 ·m · v

2 = 12 · A0 · s · % · v2

Das von den Wirbeln erfüllte Volumen kann jedoch bei ungünstiger Form desGegenstandes eine größere Querschnittsfläche, bei günstiger Form eine kleine-re Querschnittsfläche als A0 annehmen. Die Form des Gegenstandes beeinflusstauch die Geschwindigkeit der wirbelnden Fluidteilchen, d. h. sie können mehroder weniger von der Geschwindigkeit des Körpers abweichen.Beide Faktoren werden in einem Proportionalitätsfaktor dem sogenannten Wi-derstandsbeiwert oder auch cw-Wert , berücksichtigt. Es gilt:

Fw · s = cw ·12 · A0 · s · % · v2

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Daraus folgt:

Fw = cw ·12 · A0 · % · v2 (4.25)

Der Widerstandsbeiwert lässt sich nur für wenige Körper theoretisch berechnen.Er wird deshalb experimentell bestimmt (siehe Abb. 4.22).

Abbildung 4.22:Anordnung zur Messung desStrömungswiderstands

Der Körper dessen cw Wert bestimmt werden soll, wird an einer horizontalenAchse drehbar aufgehängt, sodass sein Schwerpunkt S unter dem Drehpunkt Dliegt. Wird nun ein horizontaler Luftstrom erzeugt, so bewirkt die Widerstands-kraft FW am Hebelarm der Länge a ein DrehmomentMw = Fw ·a , was durch einentgegengesetzt gerichtetes Drehmoment M = FF · b = −Mw kompensiert wird.Mit der gemessenen Kraft FF der Federwaage kann dann der Widerstandbeiwertbestimmt werden.Die nachstehende Abbildung zeigt die Widerstandsbeiwerte fürverschiedene Körper.

Abbildung 4.23:Widerstandsbeiwerte für verschiedeneumströmte Profile

4.7.3 Grenze zwischen laminarer und turbulenter Strömung

Ob eine Strömung laminar oder turbulent ist, hängt bei sonst gleichen Gegeben-heiten von der Strömungsgeschwindigkeit v ab. Für viele technische Aufgaben ist

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Labor Technische Physik4.8 Dynamischer Auftrieb

es wichtig, die Grenze zu kennen, bei der die laminare Strömung in eine turbu-lente Strömung übergeht.Dies geschieht wenn der Strömungswiderstand Fw (Gl.4.25 größer ist als die innere Reibung Fi (Gl. 4.18). Es gilt also:

Fw > Fi

cw ·12 · % · v

2 · A0 > ηA · vD

Setzt man für D ≈√η · lv · %

(siehe Gl. 4.19) ein, so folgt:

cw ·12 · % · v

2 · A0 > η · A · v ·√v · %η · l

% · v · lη

>

2 · Acw · A0

2

Bei geometrisch ähnlichen Körpern hat der rechte Ausdruck stets den gleichenWert. Der Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung erfolgt bei verschie-den großen, aber geometrisch ähnlichen Körpern immer bei dem gleichen Wertdes linken Ausdrucks. Von dem Wert des Ausdrucks hängt der Charakter derStrömung ab. Der englische Physiker Osborne Reynolds hat diesen Zusammen-hang als erster erkannt. Nach ihm wird der Ausdruck Reynolds’sche Zahl Re

benannt. Es gilt:

Re = v · l · %η

(4.26)

Für jede Körperform gibt es einen kritischen Wert Rekritder Reynolds’schen Zahl,

bei dem der Übergang von laminar zu turbulenter Strömung erfolgt. Wichtig istRekrit

für den Durchfluss bei Röhren. Setzt man dabei für l den Röhrendurchmes-ser d ein, so findet man experimentell den Wert Rekrit

= 2300. Ist das gegebene Re

kleiner, so erfolgt der Durchfluss laminar nach dem Gesetz von Hagen-Poiseuille.

4.8 Dynamischer Auftrieb

Wie unter 4.5.3 erwähnt, kann an rotierenden Körpern eine Kraft wirken, diequer zur Strömungsrichtung zeigt.Beim Anströmen eines unsymmetrischen Profils entsteht auch ohne Rotation desKörpers eine Querkraft, die dynamischer Auftrieb genannt wird. Auch sie ent-steht durch eine Zirkulationsströmung, die hier aber nicht durch die Rotation desKörpers erzeugt wird, sondern durch Wirbelbildung. Dieses Phänomen wird amBeispiel eines Tragflächenprofils erläutern (Abb. 4.24).

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Labor Technische Physik4 Hydrodynamik und Aerodynamik

Abbildung 4.24:Zur Entstehung des dynamischenAuftriebs

Wird der Flügel in Bewegung versetzt, so bildet sich zunächst bei geringer Ge-schwindigkeit einer laminaren Strömung um das unsymmetrische Profil aus. DieLuftschichten in der Nähe des umströmten Profils werden dabei durch die Rei-bung mit der Oberfläche abgebremst. Da der Weg der grenznahen Luftschichtenauf der oberen Seite des Tragflächenprofils länger ist als auf der unteren Seite,werden sie stärker abgebremst und kommt daher hinter dem Profillangsamer anals die Luftströmung entlang der Unterseite.Hinter dem Profil entsteht also ein abruptes Geschwindigkeitsgefälle grad v zwi-schen benachbarten Luftschichten. Übersteigt dieses Gefälle einen bestimmtenGrenzwert, dann entsteht hinter dem Profil ein Wirbel, der sogenannte „Anfahr-wirbel“(Abb. 4.24a).Da der Gesamtdrehimpuls der umströmenden Luft erhalten bleiben muss, bildetsich eine Zirkulationsströmung um das gesamte Profil aus mit entgegengesetz-tem Drehimpuls (Abb. 4.24b). Ihre Überlagerung mit der laminaren Strömung(Abb. 4.24a) führt, zu einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit oberhalbund zu einer Erniedrigung unterhalb des Profils (Abb. 4.24c). Nach der Bernoulli-Gleichung (Gl. 4.9) kommt es zu einer Auftriebskraft :

FA = ∆p · A = cA ·%

2 · (v21 − v2

2) · A (4.27)

Die Auftriebskraft FA wird aerodynamischen Auftrieb genannt. Der dimensi-onslose Auftriebsbeiwert cA ist von der Form des Profils abhängig. An Unter- undOberseite eines Tragflügelprofils kann die Druckverteilung mit Hilfe von Druck-sonden genau gemessen werden. Eine solche typische Verteilung ist in Abb. 4.25gezeigt, wo die Größe der Druckdifferenz zur umgebenden Luft und die darausresultierende Auftriebskraft für verschiedene Stellen des Profils durch die Längeder Pfeile verdeutlicht wird.

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Labor Technische Physik4.9 Nutzen der Windenergie

Abbildung 4.25:Verteilung der Auftriebskraft entlangUnter und Oberseite eines Tragflächen-profils

4.9 Nutzen der Windenergie

Die kinetische Energie des Windes kann mit geeigneten Konvertern in elektri-sche Energie umgewandelt werden. Die kinetische Energie bewegter Luft mit derMasse m und der der Windgeschwindigkeit v ist:

Ekin = 12 ·m · v

2

Die Windleistung PW bei konstanter Windgeschwindigkeit ist dann :

PW = d

dtEkin = 1

2 · m · v2

In obiger Gleichung ist der Massenstrom m die Luft, die pro Zeiteinheit durchdie Strömungsfläche A, normal zur Strömungsrichtung, strömt. Im Fall einerstationären, eindimensionalen Strömungen gilt für den Massenstrom m:

m = d

dt

(% · V

)= % · d

dt

(x · A

)= % · v · A

Damit ergibt sich für die gesamte Windleistung PW :

PW = 12% · A · v

3 (4.28)

Die Leistung des Windes hängt also sehr stark von der Windgeschwindigkeitab. Bei einer Luftdichte von % = 1, 2 kg/m3 und einer Windgeschwindigkeit vonv1 = 1m/s beträgt die Leistung P1 = 0, 6 W/m2. Für schwere Stürme mit Wind-geschwindigkeiten von v2 = 30m/s steigt die Leistung auf P2 = 16200 W/m2 an.Gl. 4.28 stellt die gesamte Windleistung da. Würde man sie völlig ausnutzen be-dingt das eine Abbremsung des Windes auf v = 0m

s. Die ist jedoch nicht möglich,

da die Luftmasse abströmen muss. Die gewinnbare Windleistung PN ist aus derDifferenz der kinetischen Energien zu berechnen, mit den Geschwindigkeiten vor(v1) und nach(v2) dem Windenergiekonverter.

PN = 12m ·

(v2

1 − v22

)

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Der Luftmassenstrom m durch die Ebene, in der die Rotorfläche liegt, kann ausdem Mittelwert zwischen der Geschwindigkeit (v1) des ungestörten Windfelds vordem Rotor und der Abwindgeschwindigkeit(v2) ein Stück weit nach dem Rotorwie folgt berechnet werden:

m = % · A · (v1 + v2)2

Für die gewinnbare Windleistung PN ergibt sich dann:

PN = 14 · % · A ·

(v1 + v2

)·(v2

1 − v22

)(4.29)

Von besonderem Interesse ist der sog. Leistungsbeiwert cp, der angibt welcherAnteil an Leistung dem Wind entzogen wird.

cp = PNPW

=14 · % · A ·

(v1 + v2

)·(v2

1 − v22

)12% · A · v

31

= 12 ·(

1 + v2

v1

)·(

1− v22v2

1

)(4.30)

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Labor Technische Physik

5 Literatur• J. Zierep, K. Bühkler: Grundzüge der Strömungslehre; neunte Auflage,

Springer Vieweg Verlag 2013• Heinz Herwig: Strömungsmechanik; Vieweg+Teubner Verlag 2008• Paul A. Tipler; G. Mosac:Physik für Wissenschaftler und Ingenieure; dritte

Auflage Spektrum Akademischer Verlag• Demtröder: Experimentalphysik 1, Mechanik und Wärme; sechste Auflage,

Springer Verlag 2013• Hütte: Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften; 31. Auflage Springer

Verlag 2000

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Index

aerodynamischen Auftrieb, 48Archimedisches Prinzip, 17Auftrieb, hydrostatischer, 17

barometrische Höhenformel, 22Bernoulli-Gleichung, 29

cw-Wert, 45

Druck, Definition, 2dynamischer Auftrieb, 47dynamischer Druck, 32

Eulersche Grundgleichung für denStromfaden, 29

extensive Größe, 3

Flächenträgheitsmoment, 15

Geodätische Saughöhe, 19Gesetz von Hagen-Poiseuille, 41Gesetz von Boyle-Mariotte, 21Grundgesetz der Hydrostatik, 10

Hydraulische Presse, 19hydrodynamisches Paradoxon, 33hydrostatische Auftriebskraft, 17hydrostatisches Paradoxon, 11

ideale Flüssigkeit, 1ideales Gas, 2Inkompressibilität, 4innere Reibung, 37instationäre Strömungen, 25intensive Größen, 3Isobaren, 10isotherm, 21

Kármánsche Wirbelstraße, 44Kavitation, 36Kompressibilität, 4Kontinuitätsgleichung, 28Kraftdichte, 3

laminare Strömung, 25, 37

Massendichte, 3

Newton’sches Reibungsgesetz, 38

physikalische Atmosphäre, 5Prandtl’schen Staurohrs, 32Prandtl-Grenzschicht, 38psi, 5

Reynolds’sche Zahl, 47

Schattenfläche, 45Schweredruck, 11schwimmen, 17Stabilität von schwimmenden

Körpern, 18stationäre Strömungen, 25Staudruck, 32Stokesche Gesetz, 42Stokesches Reibungsgesetz, 42Strömung, 25Strömungswiderstand, 45Stromfaden, 27Stromlinie, 27Stromliniendichte, 27Stromröhre, 27

Technische Atmosphäre, 5Teilchenbahn, 27

53

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Labor Technische PhysikINDEX

Torr, 5Torricelli’sche Ausflussformel, 36turbulente Strömungen, 25

Venturi-Düse, 32Viskosität, 38

Widerstandbeiwert, 45

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