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Entwicklung der Stromerzeugung in Europa von 2007 bis 2030 Ein Expertenausblick des VDMA Power Systems Power Systems Strommix in der EU27

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Entwicklung der Stromerzeugung in Europa von 2007 bis 2030

Ein Expertenausblickdes VDMA Power Systems

Power Systems

Strommix in der EU27

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Die Strukturen sowohl in der herstellenden In -

dustrie, als auch auf der Kundenseite haben sich

in den letzten Jahren dramatisch gewandelt.

Gerade das starke Engagement der Energiever-

sorger im Bereich der erneuerbaren Energien und

die zunehmende Diversifizierung der Technolo-

gieanbieter sowie der erhebliche Ressourcen-

und Entwicklungsbedarf zeigen, dass heute eine

sachliche und ideologiefreie Diskussion geboten

ist. Alle Beteiligten haben ein großes Interesse

an einer sachlichen Diskussion, die mit diesem

Ausblick unterstützt werden soll.

Dieser Ausblick zeigt zudem auf, wie die politi-

schen Zielsetzungen und Rahmenbedingungen

sinnvoll zu erreichen und umzusetzen sind. Er

verdeutlicht aber auch, wo im politischen Raum

Handlungsbedarf besteht, um der Wirtschaft

und Umwelt gleichermaßen die Zielerreichung

zu ermöglichen.

Die Industrie macht mit diesem Ausblick ein

Angebot an die Politik, gemeinsam in der euro-

päischen Gesellschaft für einen realistischen

Strommix zu werben, um die notwendigen

Strukturänderungen und Neubauprojekte zeit -

gerecht umsetzen zu können.

Ziel ist es, diesen Ausblick zukünftig regelmäßig

zu aktualisieren und damit auch einen kontinu-

ierlichen Beitrag zur öffentlichen und politischen

Diskussion zu leisten.

Die Anzahl von Studien über die erwartete Ent-

wicklung des Stromverbrauchs und die Nutzung

der verschiedenen Primärenergieträger sowie

Energietechnologien ist in den letzten Jahren

unüberschaubar geworden.

Was jedoch fehlt, ist eine gemeinsame Perspekti-

ve von Herstellern aller Stromerzeugungstechno-

logien. Also jenen, die die notwendigen Anlagen

für die Stromwirtschaft entwickeln und liefern

werden. Nur wenn diese Gruppe aus den kom-

menden politischen Energierahmenbedingungen

klare Geschäftsmodelle ableiten kann, also mit

einer Akzeptanz bei ihren Kunden rechnen und

gleichzeitig sinnvolle wirtschaftliche Rahmen -

bedingungen für die eigene Forschung und

Entwicklung sehen kann, verbessern sich die

Chancen, dass politisch entwickelte Konzepte

auch realisiert werden.

Dieser Ausblick über die Entwicklung der Strom-

erzeugung in Europa basiert auf einer von

Experten des VDMA und dessen Mitglieds unter -

nehmen durchgeführten Betrachtung für die

EU 27 über den Zeitraum 2007 bis 2030.

Die auf dem Kyoto-Prozess basierenden und

fortgeschriebenen Ziele der Europäischen Union

zur Verringerung der Treibhausgasemissionen

sowie die bereits beschlossenen europäischen

und nationalstaatlichen Ausbaupläne, insbeson-

dere für die erneuerbaren Energien, erfordern

zwingend eine Neustrukturierung der Stromver-

sorgung in Europa. Daran hat auch der Verlauf

der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im

Dezember 2009 nichts geändert. Diese Neustruk-

turierung muss kontinuierlich, nachhaltig und

ideologiefrei über einen längeren Zeitraum erfol-

gen. Umwelt und Wirtschaft sind gleichermaßen

darauf angewiesen, dass Fehlentwicklungen auf-

grund kurzsichtiger, einseitiger Entscheidungen

vermieden werden. Ein plötzlicher Verzicht auf

bestimmte Primärenergieträger oder Energie-

technologien wäre ökonomisch schädlich und

ökologisch riskant.

Vorwort

Christof von Branconi Thorsten HerdanVorstandsvorsitzender Geschäftsführer

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Inhalt

2 STROMMIX IN DER EU27

Vorwort 1

1 Zusammenfassung 3

2 Detailbetrachtung 6

2.1 Strombedarfsentwicklung in Europa 6

2.2 Die Entwicklung im europäischen Strommix 6

2.3 Neubau- und Ersatzbedarf in Europa 10

2.3.1 Neubau- und Ersatzbedarf von Kohle- und Gaskraftwerken in Europa 10

2.3.2 Neubau- und Ersatzbedarf von Windenergieanlagen in Europa 11

2.3.3 Neubau- und Ersatzbedarf von Wasserkraftanlagen in Europa 11

2.3.4 Neubau- und Ersatzbedarf von Kernkraftwerken in Europa 11

2.3.5 Entwicklung der dezentralen Stromerzeugung 12

2.3.6 Entwicklung der Solarenergie 12

2.3.7 Entwicklung der Bioenergienutzung 12

2.4 Treibhausgasemissionen 13

2.5 Infrastruktur 14

2.5.1 Netzaus- und -umbau 14

2.5.2 Speicherausbau 14

2.5.3 Konzept einer CO2-Infrastruktur 15

2.6 Rahmenbedingungen für Investitionen 15

3 Verfahren, Prämissen und Quellen 16

3.1 Prämissen 17

3.2 Quellen 19

Inhalt

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STROMMIX IN DER EU27 3

Dieser Ausblick macht deutlich, dass zur

Deckung des Strombedarfs sowie zur Erreichung

der Klimaschutzziele in Europa auch weiterhin

alle verfügbaren Energieträger und Energietech-

nologien benötigt werden. Auch wenn vor dem

Hintergrund der derzeitigen Finanz- und Wirt-

schaftskrise die Zuwächse bei der Bruttostrom -

erzeugung geringer ausfallen werden als vor

der Krise angenommen, müssen langfristig alle

Optionen der Stromerzeugung genutzt werden.

Europa kann auf keinen einzelnen Energieträger

verzichten, wenn die eigenen energie- und

umweltpolitischen Ziele erfüllt und gleichzeitig

eine ausreichende Versorgungssicherheit

gewährleistet werden soll. Der notwendige Ener-

giemix wird sich aber deutlich verändern.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist zu -

nächst im Wesentlichen durch die Windenergie

gekennzeichnet. Hierbei wurde auch berücksich-

tigt, dass in der nächsten Dekade Windenergie-

anlagen der ersten Generation das Ende ihrer

Lebensdauer erreichen und neben dem Neubau

von Windkapazitäten der Ersatzbedarf, das so -

genannte Repowering, eine zunehmende Rolle

spielen wird. In der zweiten Hälfte des Betrach-

tungszeitraums, also in den Jahren 2020 bis

2030, wird ein deutlich verstärkter Ausbau der

Solarenergie sowohl bei der Photovoltaik als

auch bei solarthermischen Kraftwerken erwartet.

In 2030 wird der europäische Strombedarf zu

rund 48 % durch erneuerbare Energien, zu rund

33 % durch fossile Energien und zu rund 19 %

durch Kernenergie gedeckt werden.

1 Zusammenfassung

Sowohl die Klimaschutzziele als auch die zur

Erhaltung der Versorgungssicherheit notwendi-

gen Back-up-Kapazitäten werden Neu- und

Ersatzinvestitionen in zentrale und dezentrale

Gas-, aber auch in Kohle- und Kernkraftwerke

sowie Pumpspeicherkraftwerke erfordern. Diese

Kraftwerke werden aufgrund des starken Aus-

baus der erneuerbaren Energien im Betrieb aber

deutlich höheren Ansprüchen an die Flexibilität

genügen müssen.

Der Trend zu dezentralen Energieumwandlungs-

anlagen wird anhalten. Dies wird zusätzliche

Flexibilität ermöglichen, aber auch neue Anfor-

derungen an die Netzinfrastruktur stellen.

Dieser Ausblick zeigt, dass bei einer klaren Prio -

rität für den Ausbau der erneuerbaren Energien

sowie unter Nutzung der realistisch zur Verfü-

gung stehenden Herstellerkapazitäten der

Stromsektor einen großen Anteil leisten kann,

um die Klimaschutzziele der Europäischen Union

bis 2020 und bis 2030 zu erreichen. Gleichzeitig

sind die europäischen Ziele für den Ausbau der

erneuerbaren Energien sowohl unter Berücksich-

tigung der Herstellerkapazitäten als auch –

soweit heute absehbar – unter Berücksichtigung

des Kapitalmarkts erreichbar, wenn die politi-

schen Rahmenbedingungen richtig gesetzt sind.

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4 STROMMIX IN DER EU27

Diese ambitionierte Entwicklung ist jedoch nur

dann möglich, wenn parallel zum Ausbau der

erneuerbaren Energien sowie zum Ersatz kon ven -

tioneller Kraftwerke auch neue Speichermöglich-

keiten für fluktuierenden Strom erschlossen wer-

den, der Netzumbau entschlossen vorangetrieben

wird, Genehmigungsverfahren beschleunigt wer-

den und die Energieeffizienz in den europäischen

Volkswirtschaften gesteigert wird. Nur so kann

die Versorgungs sicherheit in der europäischen

Stromversorgung auch dauerhaft gewährleistet

werden.

Im beschriebenen Zeitrahmen werden ungefähr

800 Gigawatt (GW) Neu- und Ersatzkapazitäten

gebaut werden müssen. Dies bedeutet ein

Investitionsvolumen von deutlich über 1000

Milliarden Euro.

Die Stromerzeugungskapazitäten und die

Stromproduktion werden sich bis 2030 wie folgt

entwickeln:

Anteile fossile Energieträger

2007 2020 2030 Jahr

Kapazität Produktion

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

An

teil

Anteile Nuklearenergie

2007 2020 2030 Jahr

Kapazität Produktion

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

An

teil

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STROMMIX IN DER EU27 5

Die vorgelegte Betrachtung zeigt auch, dass der von

den Energieversorgern eingeschlagene Weg zu einer

CO2-armen Stromproduktion in 2050 [1] realistisch

scheint. Es sind aber weitere Technologieschübe

erforderlich. Neben den notwendigen Energiespei-

chern wird dies auch der Einsatz der Kohlendioxid-

Abscheidung und -Lagerung sein müssen.

Letztlich werden die energiepolitischen Rahmen -

bedingungen in den europäischen Mitgliedsstaaten,

aber auch der von der EU vorgegebene Rechts -

rahmen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung

des Strommixes ausüben. Die energiepolitischen

Rahmenbedingungen in der EU müssen konsistent

ausgestaltet werden. Die Ziele der Energiepolitik

müssen daher zwischen der EU und ihren Mit -

gliedsstaaten abgestimmt werden. Was auf Ebene

der Mitgliedsstaaten mit gleichem Ergebnis

geregelt und entschieden werden kann, soll

letztlich in deren Kompetenz verbleiben. So bleibt

der Wettbewerb der Mitgliedsstaaten um ver-

schiedene Energiekonzepte und -technologien

erhalten. Daneben wird den gewachsenen

Strukturen, der geographischen Lage und den

geopolitischen Interessen einzelner EU-Mit -

gliedsstaaten Rechnung getragen.

Anteile erneuerbare Energie

2007 2020 2030 Jahr

Kapazität Produktion

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

An

teil

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2.2 Die Entwicklung im europäischen Strommix

In den kommenden Jahren wird ein tiefgreifen-

der Umbau der Stromerzeugungskapazitäten

stattfinden. Wesentlich geprägt wird dieser

Umbau von dem europaweit deutlichen Ausbau

der erneuerbaren Energien, wesentlich getrieben

durch das Wachstum der Windenergie. Sowohl

die Kostenentwicklung auf der Komponenten -

seite als auch die wachsende Verbreitung in

den sonnenreichen Regionen Europas werden

zu einem wachsenden Anteil der Solarenergie

führen.

In 2030 wird dieser auch einen relevanten Anteil

an solarthermischen Kraftwerken beinhalten, es

wird aber noch nicht mit einem Beitrag des soge-

nannten Wüstenstroms aus Nordafrika gerech-

net. Deutlich wird aber auch, dass in 2030 mehr

als die Hälfte des Strombedarfes aus konventio-

nellen Kraftwerken bereitgestellt werden wird.

Damit spielen die Primärenergieträger wie Kohle,

Gas und Kernenergie weiterhin eine bedeutende

Rolle.

6 STROMMIX IN DER EU27

2 Detailbetrachtung

2.1 Strombedarfsentwicklung in Europa

Basis für die angenommene Strombedarfsent-

wicklung ist die Kurzexpertise „Stromtrend

EU 27“ der prognos AG [2]. Das dort ermittelte

Nachfragevolumen wurde um Verlustfaktoren

und Kraftwerkseigenverbräuche ergänzt. Dem-

nach wird sich die Bruttostromerzeugung in

Europa wie folgt entwickeln müssen, um den

Strombedarf zu decken:

Bis 2030 wird der Strombedarf um 13 % steigen.

Der bis 2020 mit durchschnittlich jährlich 0,8 %

steigende Strombedarf in Europa wird in der

folgenden Dekade nur noch schwach zunehmen.

Der jährliche Zuwachs wird hier nur noch bei

0,15 % liegen und kann im Rahmen der Progno-

seunsicherheiten als nahezu konstant angenom-

men werden.

Jahr 2007 2020 2030

TWh 3306 3655 3736

Strombedarfsentwicklung in Europa

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STROMMIX IN DER EU27 7

Nuklear 929 28 % 754 21 % 715 19 %

Braunkohle 365 11 % 372 10 % 285 8 %Steinkohle 642 19 % 405 11 % 248 6,5 %Gas 652 20 % 710 19 % 465 12 %Gas dezentral 105 3 % 102 3 % 151 4 %Öl 31 1 % 64 2 % 32 1 %Diesel dezentral 63 2 % 59 1,5 % 54 1,5 %Summe fossiler Kraftwerke 1.858 56 % 1.712 46,5 % 1.235 33 %

Wasser 296 9 % 375 10 % 432 12 %Wind 119 3,5 % 536 15 % 872 23 %Solar 4 < 0,5 % 78 2 % 182 5 %Flüssige Biokraftstoffe 7 < 0,5 % 26 1 % 51 1,5 %Biogas dezentral 12 0,5 % 59 1,5 % 90 2,5 %Andere Erneuerbare 74 2 % 108 3 % 151 4 %Summe erneuerbarer Kraftwerke 512 16 % 1.181 32,5 % 1.778 48 %

Import-/Exportsaldo 8 0,2 % 8 0,2 % 8 0,2 %

Gesamt 3.306 3.655 3736

Kraftwerkstyp 2007 2020 2030TWh Anteil TWh Anteil TWh Anteil

Stromproduktion 2007 – 20301

1 Einzelwerte gerundet

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

203020202007

Jahr

TWh

Im/Exportsaldo

Andere Erneuerbare

Biogas dezentral

Flüssige Biokraftstoffe

Solar

Wind

Wasser

Diesel dezentral

Öl

Gas dezentral

Gas

Braunkohle

Steinkohle

Nuklear

Stromproduktion 2007 – 2030

Anteile Stromproduktion und Stromerzeugungskapazitäten 2007 – 2030

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8 STROMMIX IN DER EU27

Nuklear 133.005 17 % 116.000 12 % 110.000 11 %

Braunkohle 60.456 8 % 60.000 6,5 % 50.000 5 %Steinkohle 141.934 18 % 90.000 9,5 % 55.000 5 %Gas 177.099 23 % 200.000 21 % 155.000 15 %Gas dezentral 15.000 2 % 17.000 2 % 27.500 2,5 %Öl 63.654 8 % 40.000 4 % 20.000 2 %Diesel dezentral 9.000 1 % 9.000 1 % 9.000 1 %Summe fossiler Kraftwerke 467.143 60 % 416.000 44 % 316.500 30,5 %

Wasser 101.202 13 % 125.000 13 % 144.000 14 %Wind 56.500 7 % 195.000 20 % 280.000 27 %Solar 4.730 0,5 % 65.000 7 % 133.000 12 %Flüssige Biokraftstoffe 1.000 < 0,5 % 4.000 0,5 % 8.500 1 %Biogas dezentral 2.000 < 0,5 % 9.000 1 % 15.000 1,5 %Andere Erneuerbare 13.341 2 % 25.000 2,5 % 35.000 3%Summe erneuerbarer Kraftwerke 178.773 23 % 423.000 44 % 612.500 58,5 %

Summe 778.921 955.000 1.039.000

Kraftwerkstyp 2007 2020 2030MW Anteil MW Anteil MW Anteil

Stromerzeugungskapazitäten 2007 – 20302

2 Einzelwerte gerundet

0

200.000

400.000

600.000

800.000

1.000.000

1.200.000

030202027002

Jahr

MW

Andere Erneuerbare

Biogas dezentral

Flüssige Biokraftstoffe

Solar

Wind

Wasser

Diesel dezentral

Öl

Gas dezentral

Gas

Braunkohle

Steinkohle

Nuklear

Stromerzeugungskapazitäten 2007 – 2030

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STROMMIX IN DER EU27 9

Durch die zunehmende Einspeisung von Strom

aus fluktuierenden erneuerbaren Energien muss

der gesamte Kraftwerkspark an Flexibilität

gewinnen. Die sogenannte gesicherte Leistung

der erneuerbaren Erzeugung, also derjenigen

Leistung, die im Verbund aller erneuerbaren

Kapazitäten sicher zur Verfügung steht, wird

bis 2030 auf etwa 35 %3 der installierten

Kapazitäten steigen müssen.

Neben dem erheblichen Beitrag, den insbe -

sondere größere dezentrale Anlagen wie

Gasmotoren und -turbinen leisten, werden

zukünftige konventionelle Kraftwerke weit

höhere Flexibilität aufweisen müssen. Dass

dies erreichbar ist, zeigt sich bereits bei den

aktuellen Kraftwerksprojekten.

3 In der von der deutschen Energieagentur (dena) koordinierten Studie „dena Netzstudie I“ [3] sowie der von Tradewinderstellten Studie „Integrating Wind“ [4] werden Leistungsfaktoren für die gesicherte Leistung für die erneuerbarenEnergien ermittelt. Danach würde sich in 2030 ein Leistungsfaktor von rund 25 % der installierten Kapazitäten erge-ben. Dabei ist die Technologieentwicklung in den kommenden 20 Jahren, die europaweit ausgleichende Wirkung der erneuerbaren Energien in optimierten Netzen sowie die verstärkte Nutzung der stabiler zur Verfügung stehenden Offshore-Windenergie und der Solarthermie nicht berücksichtigt. Dies wird einen erheblichen Teil der zusätzlich benötigten gesicherten Leistung bereitstellen. Der dann noch fehlende Anteil zur gesicherten Leistung von 35 % wird durch den Ausbau von Speicherkapazitäten abgedeckt werden müssen.

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10 STROMMIX IN DER EU27

2.3 Neubau- und Ersatzbedarf in Europa

Etwa 800 GW Kraftwerkskapazität werden in den

betrachteten 23 Jahren (2008 – 2030) errichtet

werden müssen. Den wesentlichen Anteil hieran

werden die erneuerbaren Energietechnologien

darstellen. Aber rund ein Drittel der neu zu

bauenden Kapazitäten wird auf konventionelle

Kraftwerke entfallen.

Die Umgestaltung und Modernisierung des

Kraftwerksparks wird erhebliche Investitionen

erfordern. Auch wenn Kostenentwicklungen

über den genannten Zeitraum nur beschränkt

vorhersehbar sind, wird das Investitionsvolumen

in neue Kraftwerke 1000 Milliarden Euro deutlich

überschreiten. Zusätzlich sind weitere erhebliche

Investitionen in die Infrastruktur (z. B. Netze und

Speicher) notwendig. Die durch die Umgestal-

tung und Modernisierung des Kraftwerksparks

entstehenden Einsparungen, u. a. durch vermie-

dene Kosten für fossile Brennstoffe oder nicht

benötigte CO2-Zertifikate, werden in den Folge-

jahren die monetäre Bilanz verbessern.

2.3.1 Neubau- und Ersatzbedarf

von Kohle- und Gaskraftwerken in Europa

Der zwingend erforderliche Neubau- und Ersatz-

bedarf im Bereich der fossilen Energien ergibt

sich aus

a. einer erkennbaren Überalterung des Kraft-

werksparks, die ohne Ersatz eine deutliche

Reduktion des CO2-Ausstoßes verhindern

würde. Neben noch immer bestehenden

großen Effizienzdefiziten in Osteuropa stellt

der überalterte Kraftwerkspark in Ländern

wie z. B. Großbritannien und Deutschland

eine große Herausforderung dar.

b. der Notwendigkeit, fluktuierenden erneuerba-

ren Energien flexibel einsetzbare Kapazitäten

zur Seite zu stellen. Diese Fragestellung ist

bereits heute ein wesentlicher Treiber für den

Ausbau gasbefeuerter Erzeugungskapazitäten,

insbesondere von Turbinen- und Motorenan -

lagen mit guten Schnellstart-Eigenschaften.

Die Verstromung von Braunkohle wurde vor dem

Hintergrund der guten Verfügbarkeit und der

damit verbundenen geringen Brennstoffkosten,

aber auch der Klimaschutzanstrengungen beur-

teilt. Der Einsatz der Braunkohle nach 2020 wird

daher eng mit dem Einsatz der Technologie zur

Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid

(Carbon Capture and Storage, CCS) verknüpft

sein.

Neubedarf 2008 – 2030

Nuklear

fossile Kraftwerke

erneuerbare Energie Kraftwerke

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STROMMIX IN DER EU27 11

2.3.2 Neubau- und Ersatzbedarf

bei Windenergieanlagen in Europa

Windenergie ist klar der Treiber für den Ausbau

der erneuerbaren Energien. Dabei werden sowohl

die noch großen Onshore-Potentiale erschlossen,

als auch der Ausbau der Offshore-Windenergie-

nutzung massiv vorangetrieben.

Deutliche Effizienz- und Kapazitätssteigerungen

wird auch der Ersatz von Windenergieanlagen

der ersten Generation bringen, da diese geringe

Leistungen aufweisen und häufig aufgrund

fehlender Regelbarkeit durch den Netzbetreiber

keinen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Dieses

sogenannte Repowering führt neben der signifi-

kanten Verbesserung der Netzverträglichkeit zu

einer Verdoppelung der Kapazität und einer Ver-

dreifachung der Stromproduktion. Bis 2020 wird

rund ein Drittel der Herstellungskapazitäten für

das Repowering genutzt werden. In den folgen-

den zehn Jahren beträgt der Repowering-Anteil

bereits 45 %. Offshore-Windkraftanlagen und

moderne Onshore-Windenergieanlagen erreichen

längere wirtschaftliche Lebenszeiten als die der

ersten Generation.

2.3.3 Neubau- und Ersatzbedarf

von Wasserkraftanlagen in Europa

Dem Ausbau der Wasserkraftkapazitäten liegt in

hohem Maße die Modernisierung bestehender

Anlagen zugrunde. Diese Anlagen, ausgestattet

mit höherer Effizienz und zusätzlichen Kapazi -

täten, steigern merklich die Stromproduktion.

Zudem werden neue Kapazitäten insbesondere

in Osteuropa oder im Bereich der Klein-Wasser-

kraft zugebaut. Der Stromproduktionsanteil

von Wasserkraftanlagen wird somit bis 2030 die

10 %-Marke überspringen.

2.3.4 Neubau- und Ersatzbedarf

von Kernkraftwerken in Europa

Wie die aktuellen Neubauprojekte in Finnland

und Frankreich aber auch die Bauvorhaben in

Großbritannien und anderen EU-Staaten zeigen,

ist die Kernkraft auch für die zukünftige Strom -

erzeugung eine wichtige Option. Gerade auch im

Hinblick auf die ambitionierten Klimaschutzziele

wird die Kernkraft in der Mehrheit der EU-Mit-

gliedsstaaten als zukunftsfähig angesehen.

Altersbedingte Stilllegungen von Anlagen im

aktuellen Kraftwerkspark, aber auch der in die-

sem Ausblick aufgrund der Gesetzeslage noch

unverändert angenommene Kernenergieausstieg

in Deutschland werden jedoch durch die Neu-

bauprojekte nicht aufgewogen. Der Anteil der

Kernkraft am europäischen Strommix wird im

Betrachtungszeitraum abnehmen aber ein

wesentlicher Baustein der Stromversorgung

bleiben.

Die Ergebnisse der aktuellen Diskussion in

Deutschland um eine Verlängerung der Laufzei-

ten der Kernkraftwerke wurden nicht prognosti-

ziert und hatten somit keinen Einfluss auf die

Berechnungen. Dies wird Gegenstand einer spä-

teren Untersuchung sein.

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12 STROMMIX IN DER EU27

2.3.5 Entwicklung der

dezentralen Stromerzeugung

Ein starker Treiber bei der Entwicklung der

dezentralen Stromerzeugung wird die Nutzung

der Biomasse sein. Gleichzeitig wird der Ausbau

der Kraft-Wärme-Kopplung sowohl für fossile

als auch für biogene Energieträger ein wichtiger

Baustein zur Steigerung der Stromerzeugung

aus Motoren- und Turbinenkraftwerken sein.

Der verstärkte Einsatz steuerbarer dezentraler

Motoren- und Turbinenanlagen auf Gas- oder

Dieselbasis wird Ausgleichs-Kapazitäten für die

steigende Menge der fluktuierenden Stromein-

speisung generieren. Gleichzeitig werden durch

den Ausbau der dezentralen Stromerzeugung

völlig neue Anforderungen an die Netzinfra -

struktur gestellt. Beispielsweise werden nicht

steuerbare dezentrale Anlagen (z. B. Solar) durch

fluktuierende Einspeisung in Verteiler netze

erhebliche Veränderungen zur Aufnahme der

zeitweise hohen Stromproduktion erfordern.

Zudem wird der Ausbau der Solarenergie – einer

im Wesentlichen dezentralen Stromerzeugungs-

form – den Anteil der dezentralen Stromerzeu-

gung deutlich erhöhen. Insbesondere die sinken-

den Kosten für Photovoltaikanlagen aber auch

Marktanreizprogramme in europäischen Län-

dern, die hier bisher nicht aktiv waren, werden

diesen Trend unterstützen.

2.3.6 Entwicklung der Solarenergie

Der Zubau von Solarenergie wird bis 2020 im

Wesentlichen von dem Ausbau der Photovoltaik

getrieben sein, bevor ab 2020 der Anteil der

solarthermischen Kraftwerke eine größere Rolle

spielen wird. Die Solarenergie ist diejenige

Stromerzeugungsform, die die höchste Diskre-

panz zwischen Stromerzeugungskapazität und

Stromproduktion aufweist. Dennoch wird durch

steigende Wirkungsgrade, den stärkeren Ausbau

in den südlichen Regionen Europas und auch

den zunehmenden Anteil der Solarthermie die

Ausnutzung der Solarenergie bis 2030 deutlich

steigen.

2.3.7 Entwicklung der Bioenergienutzung

Die Bioenergienutzung ist aufgrund ihrer Regel-

barkeit gekennzeichnet durch die Möglichkeit

der bedarfsgerechten Stromproduktion sowie

der Grundlastfähigkeit. Bioenergie lediglich zur

Stromproduktion einzusetzen, ist in der Regel

ineffizient. Daher wird sich der Zubau von Bio-

energie bei der Stromproduktion im Wesent li -

chen auf Kraftwerke konzentrieren, die zur Kraft-

Wärme-Kopplung geeignet sind. Zusätzlich wird

die Bioenergienutzung im Rahmen der Mitver -

brennung in konventionellen Kraftwerken sowie

bei der verstärkten Nutzung von Rest stoffen

eine Rolle spielen.

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STROMMIX IN DER EU27 13

über 2005 erreichen. Diese Reduktionen lassen

sich durch CDM- und JI-Maßnahmen noch

weiter erhöhen.

Gleichzeitig zeigt die Berechnung aber auch,

dass das im Raum stehende weitergehende

Emissionsminderungsziel, die CO2-Emissionen

bis 2020 bereits um 30 % europaweit zu reduzie-

ren, ausgesprochen ambitioniert ist. Vorausset-

zung hierzu wären weitere Anstrengungen auf

Seiten der Energieeffizienz und CO2-Vermeidung

(in Erzeugung, Übertragung und Verbrauch) und

des Infrastrukturausbaus.

Auch der breite Einsatz von CCS stellt neben den

beschriebenen Optionen ein mögliches Potential

zur weiteren Emissionsminderung dar. Bei der

vorgestellten Betrachtung wird dieser Technolo-

gie ab 2020 ein verhalten wachsender Beitrag

zur Emissionsminderung in Europa zugeschrie-

ben. Voraussetzung hierfür ist neben der öffent -

lichen Akzeptanz und einer raschen Umsetzung

des europäischen CCS-Demonstrationspro-

gramms, eine schnelle Gesetzgebung in den

entsprechenden Mitgliedsstaaten.

2.4 Treibhausgasemissionen

Die Überprüfung der Erreichbarkeit der ener -

giepolitischen Zielvorgaben war ein zentrales

Anliegen des Expertenausblicks. Maßgebliches

politisches Ziel zum Zeitpunkt der Erstellung des

Expertenausblicks ist das sogenannte 20-20-20-

Ziel4 der Europäischen Union. Dieses Ziel sieht bis

2020 eine Reduzierung der Treibhausgas-Emis-

sionen um 20 % gegenüber 1990 vor. Von diesem

Ziel abgeleitet ergibt sich für die vom Emissions-

handel erfassten Industrien eine 21 %-ige Reduk-

tion gegenüber 2005. Die Emissionshandelsricht-

linie gibt für den Zeitraum bis 2030 eine Fort-

schreibung dieses Ziels auf etwa 34 % vor. Der

überwiegende Teil des Stromsektors ist ebenfalls

vom Emissionshandel erfasst. Obwohl es für

den Stromsektor kein „eigenes“ EU-weites CO2-

Minderungsziel gibt, so stellt sich die Industrie

dennoch dem Anspruch, die Ziele, die für alle

vom Emissionshandel erfassten Industrien

gelten, auch für den Stromsektor zu erreichen.

Der Expertenausblick stellt fest, dass mit dem

realistisch vorhergesagten Strommix in 2020

der Stromsektor die im Emissionshandel vorgese-

henen CO2-Ziele von 21 % nur unter Einbindung

der klimaschutz-politisch vorgesehenen CDM/JI5-

Maßnahmen oder durch den Zukauf von CO2-

Zertifikaten aus anderen Emissionshandelssekto-

ren erreichen wird. Ohne diese Maßnahmen

kann der Stromsektor bis 2020 Treibhausgasre-

duktionen von lediglich rund 15 % realisieren.

Da in den Jahren von 2020 bis 2030 verstärkt

emissionsarme Stromerzeugungstechnologien

zum Einsatz kommen, wird der Stromsektor bis

2030 CO2-Minderungen von rund 45 % gegen-

4 Mit dem sogenannten 20-20-20-Ziel will die EU erreichen, dass im Jahr 2020 erneuerbaren Energien einen Anteil von 20 % an der Energieversorgung haben, die CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 20 % gesenkt werden und die Energieeffizienz um 20 % gesteigert wird.

5 CDM/JI: Clean Development Mechanism/Joint Implementation sind projektbasierte Möglichkeiten für den Kauf von Emissionszertifikaten.

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14 STROMMIX IN DER EU27

Wesentlich wird eine engere Verbindung der

bisher national und zum Teil auch regional

strukturierten Netze sein. Nur dadurch kann im

europäischen Maßstab der notwendige Hand-

lungsspielraum erreicht werden.

Am anderen Ende der Größenskala, im Verteilnetz,

besteht die Herausforderung, die Netze und die

Anbindung von Verbrauchern und Erzeugung

kommunikationsfähig zu machen. Neben den

Infrastrukturmaßnahmen ist hier auch die kurzfri-

stige Definition europäischer Standards notwen-

dig. Die Hersteller von Erzeugungsanlagen und

stromverbrauchenden Endgeräten sind auf ein-

heitliche Schnittstellen angewiesen, um ein

Zusammenwirken von Verbrauchern, Speichern

und Erzeugungskapazitäten zu gestalten.

Die technologiespezifische Ausgestaltung des

Ausbaus dezentraler Energien wird für den Netz -

umbau wesentlich sein. Während fluktuierende

dezentrale und verbrauchsferne Einspeisung zu

einer Belastung der Verteilernetze führt, können

steuerbare flexible dezentrale Anlagen wie kleine

Gasturbinen- und Motorenanlagen das Netz

entlasten. Die intelligente Verknüpfung der Erzeu-

gungsanlagen muss Teil der Lösung sein.

2.5.2 Speicherausbau

Zusätzliche Pump- und Druckluftspeicherkraft-

werke werden einen Teil der notwendigen

Speicherkapazitäten darstellen. Darüber hinaus

ist aus heutiger Sicht eine Weiterentwicklung

nahezu aller denkbaren Speichermöglichkeiten

mit dem Ziel der bedarfsgerechten Einspeisung

notwendig. Elektromobilität wird hier ein zusätz-

licher Baustein sein. Wie bei Stromverbrauchern

im Haushalt besteht auch bei industriellen Anla-

gen wie Wärme- und Druckluftanlagen die Mög-

lichkeit, Stromaufnahme und Verbrauch zeitlich

zu entkoppeln, so dass sie zu einer angebotsorien-

tierten Stromabnahme beitragen können. Per-

spektivisch kommen auch Wasserstoff-Infrastruk-

turen als Speichermöglichkeit in Frage, wenn sie

mit effizienten Wandlungstechnologien wie z. B.

Brennstoffzellenanlagen verknüpft werden.

2.5 Infrastruktur

Die Betrachtung geht im Wesentlichen auf Ände-

rungen im Stromerzeugungsmix ein. Diese sind

nicht isoliert darstellbar. Die Entwicklung der

Stromerzeugung in Europa und die Erhaltung der

Versorgungssicherheit sind nur mit dem Ausbau

einer zukunftsfähigen Infrastruktur möglich.

Derzeit werden Planung und Neubau von Kraft-

werkskapazitäten unter anderem von wirtschaft-

lichen Faktoren, wie z. B. günstigen Anlandungs-

möglichkeiten für Kraftwerkssteinkohle, günstiger

Anbindung an Gaspipelines oder dem Ausbau

der Offshore-Windenergie bestimmt. Die Vertei-

lung der Last- und Verbrauchszentren spielt eine

untergeordnete Rolle. Dies hat zur Folge, dass

mit einer Erhöhung der durchschnittlichen Ent-

fernung zwischen Erzeugungs- und Last- bzw.

Verbrauchszentren zu rechnen ist. Zudem wer-

den insbesondere die Erzeugungskapazitäten

auf Basis erneuerbarer Energien nicht aus-

schließlich bedarfsgeführt Strom produzieren

können. Ebenso wie für neu zu bauende Kraft-

werke wird daher für die gesamte Infrastruktur

eine massive Steigerung der Flexibilität im

Mittelpunkt der Entwicklung stehen müssen.

Dies wird erhebliche Investitionen in Forschung

und Entwicklung neuer Kraftwerks-, Netz- und

Speicherkonzeptionen sowie deren Regelung

und Steuerung erfordern.

2.5.1 Netzaus- und -umbau

Bereits im politischen Raum etabliert ist das

Wissen um die notwendige Umgestaltung der

Stromnetze. Geographische Veränderungen,

die Anbindung von Speicherkapazitäten (s. 2.5.2),

die Verringerung von Verlusten sowie die Erhö-

hung der Flexibilität verdeutlichen den dringen-

den Handlungsbedarf.

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STROMMIX IN DER EU27 15

• Schwierige Finanzierungsbedingungen in

Folge der Finanzkrise

• Unklarheit über zukünftige Netzinfrastruktu-

ren und Anbindungsmöglichkeiten für neue

Stromerzeugungskapzitäten

• Mangelnde öffentliche Akzeptanz von Neu-

bau- und Infrastrukturprojekten im Energie -

bereich. Aktuell gestalten sich praktisch alle

Neubauvorhaben schwierig, dies betrifft

sowohl fossile Kraftwerke als auch erneuer -

bare Energien wie Windenergieanlagen,

Biogas- und Geothermieanlagen, aber auch

Infrastrukturmaßnahmen wie z. B. den

dringend benötigten Stromleitungsbau und

zusätzliche Pumpspeicherkraftwerke

• Die vorhandenen Genehmigungsverfahren

führen zum Teil zu jahrelangen Projektver-

schiebungen. Dies ist bezogen auf den drin-

genden Handlungsbedarf kontraproduktiv

• Uneinheitliche politische Prioritäten bei den

EU-Mitgliedsstaaten

Ein prioritäres Ziel politischer Energiekonzepte

muss daher das Werben für die Veränderungs-

notwendigkeiten sowohl konzeptionell als auch

durch konkrete Projekte sein. Nur so kann es

gelingen, die dringend erforderlichen neuen

Kraftwerkskapazitäten und die entsprechenden

Infrastrukturen zeitlich aufeinander abgestimmt

zu schaffen. Politik und Wirtschaft müssen

gemeinsam für die notwendige öffentliche

Akzeptanz werben.

2.5.3 Konzept einer CO2-Infrastruktur

Europaweit wird zum Erreichen ambitionierter

Klimaschutzziele bei der Stromproduktion, aber

auch bei großen industriellen Emittenten wie der

Stahl- und Zementproduktion, die Abtrennung

und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) voraus-

sichtlich unverzichtbar werden. Spätestens nach

der Phase von regional errichteten Demonstra -

tionsanlagen wird sich die Frage nach einer

echten CO2-Infrastruktur stellen.

Nur wenn jetzt Konzepte und Strategien für eine

zukünftige CO2-Infrastruktur entwickelt werden,

also die Transporttrassen von Emittenten zu rele-

vanten Speicherstätten festgelegt werden, steht

diese Klimaschutzoption mittelfristig realistisch

zur Verfügung.

Dieser Aufgabe muss sich die Politik gemeinsam

mit Anlagenbetreibern, Herstellern und auch

Investoren stellen, um die notwendige öffentli-

che Akzeptanz zu schaffen.

2.6 Rahmenbedingungen für Investitionen

Das auf deutlich über 1000 Milliarden Euro

geschätzte notwendige Investitionsvolumen für

neue Kraftwerkskapazitäten stellt auch in einem

Energiemarkt wie Europa eine große Herausfor-

derung für Investoren und Finanzinstitute dar.

Möglichst langfristige, klare und verlässliche

Rahmenbedingungen sind notwendig, um dieses

Volumen zu generieren und Europa als einen

attraktiven Investitionsstandort zu erhalten.

Das aktuelle Umfeld weist viele Fragestellungen

auf, die vor diesem Hintergrund ein Hemmnis

darstellen und adressiert werden müssen.

Zu nennen sind insbesondere:

• Unsicherheit über die Entwicklung im interna-

tionalen Klimaschutz bei Auslaufen des Kyoto-

Protokolls 2012 und damit der politischen

Rahmenbedingungen. Damit verbunden ist

eine große Unsicherheit über die Entwicklung

der Zertifikatspreise im Emissionshandel

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16 STROMMIX IN DER EU27

• Schritt 4: Basierend auf den vergangenen

Schritten und unter Berücksichtigung der auf

der Herstellerseite zur Verfügung stehenden

Fertigungskapazitäten und Wachstumspoten-

tiale wurde ein ambitionierter aber auch

realistisch machbarer Ausbau der erneuer ba -

ren Energien zu Grunde gelegt. Dabei wurden

auch die wirtschaftlichen und politischen

Rahmenbedingungen in den Hauptabsatz-

märkten der EU beleuchtet. Das politisch

geprägte Investitionsklima in erneuerbare

Energien wurde dabei als stabil angenommen.

Darauf aufbauend wurde eine realistische

Abschätzung des erforderlichen Umfangs an

konventionellen Stromerzeugungskapazitäten

vorgenommen.

• Schritt 5: Betrachtung der gesicherten und

maximal (Peak) erforderlichen Leistung. Basie-

rend auf dem Zubau an erneuerbarer Stromer-

zeugungskapazität wurde eine Annahme für

die gesicherte Leistung für den Verbund aller

erneuerbarer Stromerzeugungskapazitäten in

2020 (25 %) und in 2030 (35 %) getroffen. Aus

dem Abgleich mit der erwarteten notwendi-

gen Maximalleistung wurden die notwendi-

gen Kapazitäten von Back-up-Kapazitäten auf

konventioneller Basis ermittelt.

• Schritt 6: Emissionsbetrachtung: Auf Basis des

prognostizierten Stromerzeugungsmixes in

2020 und in 2030 wurde die CO2-Emissions-

minderung berechnet. Wesentliche Annah-

men hierbei waren realistische Wirkungsgrad-

steigerungen sowie der Einsatz der CCS-Tech-

nologie für ein Drittel der ab 2020 zugebau-

ten kohlebefeuerten Kraftwerkskapazitäten.

Die Anteile an Stromproduktion und Strom er -

zeugungskapazitäten wurden im Wesentlichen

wie folgt ermittelt:

• Schritt 1: Der für die Jahre 2020 und 2030

angenommene Strombedarf stützt sich auf

die Kurzexpertise der prognos AG vom August

2009. Dabei wurde basierend auf der EU-

Studie „Trends to 2030 – update 2007“ und

unter Berücksichtigung der Auswirkungen

der aktuellen Wirtschaftskrise sowie der

nationalen Energieeffizienzpläne der EU-Mit-

gliedsstaaten eine Strombedarfsentwicklung

ermittelt. Ferner wurde eine Abschätzung

des zusätzlichen Strombedarfs durch den

Anstieg der Elektromobilität vorgenommen.

• Schritt 2: Ermittlung der Bruttostromprodukti-

on der einzelnen Energieträger in 2007 basie-

rend auf den Zahlen des EUROPROG-Berichts

[5] von Eurelectric und dem von Verbands-

und Industrieseite ermittelten Eigenverbrauch

der jeweiligen Kraftwerkstypen.

• Schritt 3: Betrachtung der bereits heute

absehbaren Veränderungen der Stromerzeu-

gungskapazitäten in den jeweiligen Zeiträu-

men (2020 zu 2007 und 2030 zu 2020). Dabei

wurde zunächst eine Abschätzung der außer

Betrieb gehenden Stromerzeugungskapazitä-

ten vorgenommen. Diesbezüglich wurden

Annahmen für die Betriebsdauer der einzel-

nen Kraftwerkstypen getroffen. Zusätzlich

wurden basierend auf Verbands- und Herstel-

lerangaben die bereits feststehenden oder

im Bau befindlichen Kraftwerksprojekte quan-

tifiziert. Pumpspeicherkraftwerke werden

nicht in die Betrachtung der Erzeugungskapa-

zitäten einbezogen, sondern sind als Teil der

Speicherkapazitäten in die Gesamtbetrach-

tung eingeflossen.

3 Verfahren, Prämissen und Quellen

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STROMMIX IN DER EU27 17

• Die Betrachtung der Rolle von zentraler und

dezentraler Erzeugung wurde qualitativ vor -

genommen, da mangels einer einheitlichen

Defi nition und der sehr unterschiedlichen

Rolle, insbesondere im Hinblick auf Regelbar-

barkeit und Verbrauchernähe der verschiede-

nen Anla gen arten keine klare Abgrenzung

möglich ge we sen wäre. Eine eindeutige Defi-

nition der de zen tralen Erzeugung wird Gegen-

stand späterer Untersuchungen sein.

• Der Ausblick setzt auf den Ist-Zahlen der euro-

päischen Stromerzeugung im Jahr 2007 auf

und prognostiziert den Strommix für die Jahre

2020 und 2030. Die Ausgangsdaten basieren

im Wesentlichen auf dem EUROPROG-Bericht.

Damit wurde eine hohe Aktualität gewährleis -

tet. Insbesondere bei den erneuerbaren Ener-

gien und der dezentralen Stromerzeugung

wurde die EUROPROG-Statistik durch Herstel-

ler- und Verbandsinformationen ergänzt.

• Bei der Entwicklung der Szenarien stand eine

realistische Betrachtung unter Einbeziehung

der Auswirkungen der Wirtschaftskrise im

Vordergrund. Dabei wurden die europäischen

Ziele für die Entwicklung der erneuerbaren

Energien und der CO2-Emissionen genauso

berücksichtigt, wie die Herstellerkapazitäten,

neue Kraftwerke auf Basis konventioneller

und erneuerbarer Energieträger bauen zu

können.

3.1 Prämissen

• Bei dem vorliegenden Papier handelt es sich

um einen Ausblick von Experten des VDMA

und dessen Mitgliedsunternehmen. Es waren

Hersteller aller in diesem Ausblick betrachte-

ten Energietechnologien an der Erarbeitung

beteiligt. Mit einzelnen Betreibern wurden

die Annahmen diskutiert.

• Betrachtet wurden alle Primärenergieträger.

Sie wurden entsprechend der Stromerzeu-

gungstechnologien in die folgenden Bereiche

eingeteilt:

• Konventionell

- Nuklear

- Braunkohle

- Steinkohle

- Gas

- Gas dezentral

- Öl

- Diesel dezentral

• Erneuerbare

- Wasser

- Wind

- Solar

- Flüssige Biokraftstoffe

- Andere Erneuerbare (z. B. Reststoffe)

• Die Stromerzeugungstechnologien wurden

zur besseren Veranschaulichung gebündelt in

- Kernkraftwerke

- Fossile Kraftwerke (Kohle, Gas, Gas dezentral

und Diesel dezentral)

- Kraftwerke auf Basis erneuerbarer Energien

(Wasser, Wind, Solar, flüssige Biokraftstoffe,

Biogas und andere Erneuerbare)

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18 STROMMIX IN DER EU27

• Die Prognose der „Peak-Load“-Entwicklung

basiert auf der von prognos ermittelten

Strombedarfsvorschau und wurde entspre-

chend proportional zu dem „Peak-Load“ von

2007 vorgenommen.

• Die gesicherte Leistung der europäischen

Kraftwerke auf Basis erneuerbarer Energien

wurde im Betrachtungszeitraum als stark

wachsend angenommen, da zum einen der

Anteil der Offshore-Windenergieanlagen und

der solarthermischen Anlagen mit höheren

Volllaststundenzahlen steigt, zum anderen

die intelligente Vernetzung der erneuerbaren

Energien und weitere technologische Ent -

wicklungen zur Verstetigung der Erzeugung

vorangetrieben werden.

• Der Ausblick setzt als wesentliche Randbedin-

gung den notwendigen Ausbau der europäi-

schen Netzinfrastruktur für den prognostizier-

ten Kraftwerksmix voraus.

• Die Prognosen zur Kapazitätsentwicklung der

unterschiedlichen Stromerzeugungstech no -

logien wurden unter Berücksichtigung der

Lebensdauer der jeweiligen Kraftwerkstypen

vorgenommen.

• Basis der Betrachtung ist die aktuelle europä -

ische Gesetzeslage. Die Effekte einer Umset-

zung der EU-Klimaziele im Rahmen eines

„burden-sharings“ auf die jeweiligen nationa-

len Erzeugungsstrukturen wurden genauso

wenig prognostiziert, wie mögliche Ergebnisse

des geplanten Post-Kopenhagen-Prozesses.

• Auf Basis des von prognos ermittelten Strom-

bedarfs wurde die notwendige Bruttostromer-

zeugung abgeschätzt. Dabei wurde der Eigen-

verbrauch des Kraftwerksparks im Betrach-

tungszeitraum als konstant angenommen.

Basis für diese Annahme ist die Kompensation

des sinkenden Eigenverbrauchs aufgrund von

Effizienzsteigerungen sowie des wachsenden

Anteils erneuerbarer Energien durch den stei-

genden Eigenverbrauch aufgrund des Einsat-

zes der CCS-Technologien ab 2020 sowie des

relevanten Energieaufwandes für zusätzliche

Speicher.

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STROMMIX IN DER EU27 19

3.2 Quellen

[1] Eurelectric, Power Choices: Pathways to

Carbon-Neutral Electricity in Europe by 2050,

November 2009

[2] prognos AG, Kurzexpertise Stromtrend EU 27,

Abschätzung der wahrscheinlichen Strom -

verbrauchsentwicklung in der EU 27 auf der

Basis bestehender Szenarien, August 2009

[3] Deutsche Energie Agentur, Energiewirtschaft-

liche Planung für die Netzintegration von

Windenergie in Deutschland an Land und

Offshore bis zum Jahr 2020, Februar 2005

[4] TradeWind, Integrating Wind, Developing

Europe`s power market for the large-scale

integration of wind power, Februar 2009

[5] EUROPROG, Statistics and prospects for the

European electricity sector, Oktober 2009

www.vdma.org/powersystems

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20 STROMMIX IN DER EU27

Dank

An diesem Ausblick waren Experten aus

Herstellerunternehmen aller betrachteten

Energietechnologien beteiligt. Mit einzelnen

Betreibern wurden die Annahmen diskutiert.

Allen Beteiligten sei gedankt.

Impressum

VDMA

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Lyoner Straße 18

60528 Frankfurt am Main

Telefon +49 69 6603-1307

Fax +49 69 6603-1715

E-Mail [email protected]

Redaktion

Thorsten Herdan, Geschäftsführer

Gerd Krieger

Matthias Zelinger

Bild

Siemens AG

Stand

März 2010

© VDMA

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