Suhrkamp Verlag · Thomas L.Friedman Die Welt ist flach Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts...

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Leseprobe Friedman, Thomas L. Die Welt ist flach Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts Aus dem Amerikanischen von Michael Bayer, Hans Freundl, Thomas Pfeiffer und Eberhard Knörer © Suhrkamp Verlag suhrkamp taschenbuch 3964 978-3-518-45964-5 Suhrkamp Verlag

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Leseprobe

Friedman, Thomas L.

Die Welt ist flach

Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts

Aus dem Amerikanischen von Michael Bayer, Hans Freundl, Thomas Pfeiffer

und Eberhard Knörer

© Suhrkamp Verlag

suhrkamp taschenbuch 3964

978-3-518-45964-5

Suhrkamp Verlag

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suhrkamp taschenbuch 3964

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Der Weltbestseller im Taschenbuch, erweitert und aktualisiert: Thomas L. Friedmanskontrovers diskutierte Bestandsaufnahme derGegenwart ist zugleich packende Repor-tage und pr�gnante Einf�hrung in das, was die Welt von heute im Innersten antreibt.Globale Wertschçpfungsketten und Insourcing, RFID undWorkflow: Friedman schil-dert dieHintergr�nde der Schlagworte, stellt unsMenschen vor, derenVisionenunsereZukunft bestimmen, und f�hrt hinter die Kulissen der Wirtschaftswelt, ob in Banga-lore, Indien, wo der asiatische Boom kulminiert, oder in Bentonville, Arkansas, wodas Herz vonWal-Mart schl�gt, dem grçßten Unternehmen der Erde. Er zeigt, welcheVer�nderungen auf jeden von uns zukommen – weder alarmistisch noch unreflektiertenthusiastisch. Vor allem aber: Friedman doziert nicht, Friedman erz�hlt.Thomas L. Friedman, 1953 inMinneapolis geboren, Kolumnist derNew York Times,

ist einer der weltweit angesehensten Journalisten. Er hat mehrere Bestseller �ber Welt-politik undGlobalisierung geschriebenundwurde dreimalmit demPulitzer-Preis aus-gezeichnet.

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Thomas L. FriedmanDie Welt ist flachEine kurze Geschichtedes 21. JahrhundertsAktualisierte und erweiterte AusgabeAus dem Englischen von Michael Bayer,Hans Freundl, Ekkehard Knçrer und Thomas Pfeiffer

Suhrkamp

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Die Originalausgabe erschien 2005 unter dem TitelThe World is Flat. A Brief History of the Twenty-first Centuryim Verlag Farrar, Straus and Giroux, New York.Die vorliegende �bersetzung folgt dervom Autor aktualisierten und erweiterten Ausgabeaus dem Jahr 2007.

� 2005, 2006, 2007 by Thomas L. Friedman

suhrkamp taschenbuch 3964Erste Auflage 2008� der deutschen Ausgabe Suhrkamp VerlagFrankfurt am Main 2006Alle Rechte vorbehalten, insbesondere dasdes çffentlichen Vortrags sowie der �bertragungdurch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziertoder unter Verwendung elektronischer Systemeverarbeitet, vervielf�ltigt oder verbreitet werden.Satz: H�mmer GmbH,Waldb�ttelbrunnDruck: Ebner & Spiegel, UlmPrinted in GermanyUmschlag: Gçllner, Michels, ZegarzewskiISBN 978-3-518-45964-5

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Inhalt

Einleitung zur aktualisierten und erweiterten Taschenbuch-ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Wie die Welt flach wurde

1. W�hrend ich schlief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132. Die Kr�fte, die die Welt einebneten . . . . . . . . . . . . . . 69

Faktor 1: Der 9. November 1989Als die Mauern fielen und Windows die Fensterzur Welt çffnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Faktor 2: Der 9. August 1995Das neue Zeitalter der Konnektivit�t: Als das Web�ber die Welt gespannt wurde und Netscape andie Bçrse ging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Faktor 3: Workflow-Software und die digitaleOrganisation des ArbeitsablaufsLaß uns essen gehen – unsere Computer machen einenTermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Faktor 4: Das HochladenWie man sich die Kompetenzen von Gemeinschaftennutzbar machen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Faktor 5: OutsourcingDas Jahr-2000-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159Faktor 6: OffshoringMit den Gazellen rennen, mit den Lçwen fressen . . . . . . 172Faktor 7: Globale WertschçpfungskettenSushi in Arkansas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189Faktor 8: InsourcingWas die Jungs in den komischen braunen Hemdenwirklich tun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209Faktor 9: SelbstinformationGoogle, Yahoo!, MSN Web Search . . . . . . . . . . . . . . 220

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Faktor 10: Die SteroideDigital, mobil, persçnlich und virtuell . . . . . . . . . . . . . 231

3. Die dreifache Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2484. Das große Umdenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

Amerika und die flache Welt

5. Amerika und der Freihandel: Hat Ricardo nochimmer recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

6. Die Unantastbaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3387. Das Rezept: Tuben und Testrçhrchen . . . . . . . . . . . . . 3748. Die stille Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4089. Dies ist keine �bung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Entwicklungsl�nder und die flache Welt

10. Die Jungfrau von Guadeloupe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

Unternehmen und die flache Welt

11. Wie Unternehmen in der flachen Welt zurechtkommen . . 531

Der Einzelne und die flache Welt

12. Die Globalisierung des Lokalen . . . . . . . . . . . . . . . . 57513. Wenn es nicht passiert, dann deshalb, weil du es nicht tust 58914. Was geschieht, wenn wir alle plçtzlich hçren wie die

Luchse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620

Geopolitik und die flache Welt

15. Außerhalb der flachen Welt: Schußwaffen und Handysverboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641

16. Die Dell-Theorie der Konfliktvermeidungt . . . . . . . . . 697

Schluß: Zwei Phantasien

17. 11/9 gegen 9/11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729

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Einleitung zur aktualisiertenund erweiterten Taschenbuchausgabe

Warum habe ich mir die M�he gemacht, ein Jahr nach dem Erschei-nen der ersten Auflage vonDieWelt ist flach in den Vereinigten Staa-ten eine aktualisierte und erweiterte Ausgabe zu schreiben? Kurzund knapp: Weil es mçglich war und weil es nçtig war. Dank dergewaltigen technologischen Innovationen, die ein Thema dieses Bu-ches sind, sind auch die Arbeitsabl�ufe in der Verlagsbranche be-schleunigt worden, so daß ein Buch relativ schnell umgeschriebenund neu aufgelegt werden kann. Das zum einen Punkt – daß es mçg-lich war. Aus vier Gr�nden war es aber auch nçtig. Erstens, weil dieKr�fte der Einebnung der Welt seit dem Erscheinen der Erstausgabeim April 2005 weiterwirken – ich wollte ihnen auf der Spur bleibenund meine Grundthese entsprechend erweitern. Zweitens wollteich eine Frage beantworten, diemir immer wieder von Eltern gestelltwurde, als ichmit demBuch in denVereinigten Staaten auf Lesereisewar: Schçn und gut, Mr. Friedman, wir wissen jetzt, daß die Weltflach ist – aber wie stellen wir unsere Kinder darauf ein? Die Frage,was die »richtige« Ausbildung ist, um Zugang zu den neuen Mittel-schicht-Jobs zu bekommen,wird in dieser neuen Version des Buchesnoch ausf�hrlicher behandelt. Drittens erhielt ich so viele kluge undn�tzlicheKommentare von Lesern undKritikern, daß ich die bestenin das Buch einfließen lassen wollte. Und schließlich habe ich dieseVersion meines Buches um zwei Kapitel erweitert, in denen es umThemen geht, deren außerordentliche Bedeutung f�r meine Thesenzur flachen Welt mir erst jetzt klargeworden ist. Das eine dreht sichum die Frage,wie in der flachenWelt politischer Aktivismus und so-ziales Unternehmertum funktionieren. Das andere betrifft ein pro-blematischeres Ph�nomen – darum n�mlich, wie wir in einer Welt,in der wir alle Verleger und damit çffentliche Figurenwerden, Repu-tationsmanagment betreiben.Eine Unmenge von Reaktionen auf mein Buch waren samt und

sonders Variationen desselben Einwands: DieWelt ist gar nicht flach!

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Dazu zwei Anmerkungen. Erstens: Nein, wirklich? Und zweitens:Wennman sich f�r eine großeMetapher wie »DieWelt ist flach« ent-scheidet, b�ßt man ein gewisses Maß an akademischer Genauigkeitein. Im Gegenzug gewinnt man aber ein ungleich grçßeres Maß anErkl�rungskraft. Nat�rlich ist die Welt nicht flach. Aber rund istsie auchnichtmehr.MeinerErfahrungnachhilft die einfacheVorstel-lung von einer flachen Welt, eine Vorstellung davon zu vermitteln,daß sich heute mehr Menschen als je zuvor einschalten und vernet-zen, daß sie konkurrieren, kommunizierenund kooperieren kçnnen,und zwar gleichberechtigt. Nur so wird die enorme Bedeutung allder technologischenUmw�lzungen verst�ndlich, die wir gerade erle-ben. Ich sehe keinen Anlaß, mich f�r diese Zuspitzung zu entschul-digen, im Gegenteil: Ich glaube, daß meine Metapher mit jedem Jahrzutreffender und n�tzlicher wird, will man auf einfache Weise be-schreiben,was in der Welt vor sich geht. Dabei verwende ich »flach«keineswegs synonym zu »gleich« (im Sinne von: »gleiches Einkom-men«) – und habe das auch nie getan. Mein Thema sind Kr�fte dereinebnenden »Angleichung«, die dem einzelnen so weitreichendeMçglichkeiten der Beteiligung geben wie nie zuvor, und zwarschnell, nachhaltig und kosteng�nstig. Diese Einebnung vonMacht-und Mçglichkeitshierarchien ist eine Folge davon, daß eine großeZahl vonMenschen heute dieMittel und F�higkeiten besitzt, mitein-ander zu kommunizieren, zu konkurrieren und kooperieren.MeinerAnsicht nach ist diese Einebnung des Spielfelds das zentrale Ereignisder Gegenwart. All jene, die Globalisierung allein auf Basis vonHandelsstatistiken beurteilen – oder sie jedenfalls als rein çkonomi-sches Ph�nomenbetrachtenund nicht als etwas, das alle Bereiche desLebens betrifft, von den Mçglichkeiten des einzelnen �ber die Kul-tur bis hin zur Funktionsweise hierarchisch organisierter Institutio-nen –, �bersehen,worum es bei diesen Ver�nderungenwirklich geht.

Irgendwannwerde ich sicher aufhçren, an diesem Buch zu schrei-ben. Aber noch finde ich Gefallen daran, an Sie weiterzugeben, wasich selber lerne – insbesondere, da die flacheWelt das so leicht machtwie nie zuvor.

Thomas L. FriedmanWashington, D.C., Januar 2006

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Kapitel 1W�hrend ich schlief

Im gegenw�rtigen Jahre 1492 . . . erwogen Eure Hoheiten, in ihrer Ei-genschaft als katholische Christen, als Freunde und Verbreiter des hei-ligen christlichen Glaubens und als Feinde der Sekte Mahomeds undjedes andern Gçtzendienstes und Sektiererwesens, ernstlich den Ge-danken, mich, Christoph Kolumbus, nach den vorgenannten Gegen-den Indiens zu entsenden, um jene F�rsten,Vçlker und Orte aufzu-suchen und die Mçglichkeiten zu erw�gen, wie man sie zu unseremheiligen Glauben bekehren kçnnte. So wurde mir der Auftrag zuteil,mich nicht auf dem Landweg, wie es bisher �blich gewesen, nachdem Fernen Osten aufzumachen, sondern in westlicher Richtung auf-zubrechen, also auf einen Wege, den nach unserm Wissen bis auf denheutigen Tag noch niemand befahren hatte.Christoph Kolumbus, Bordbuch

Solche Ratschl�ge hatte mir auf einemGolfplatz noch niemand gege-ben: »Zielen Sie entweder auf Microsoft oder IBM.« Ich stand amersten Tee des KGA-Golfclubs in der s�dindischen Stadt Bangalore,als mein Spielpartner auf zweiGeb�udemit gl�nzenden Fassaden ausStahl und Glas deutete, die genau hinter dem ersten Gr�n aufragten.DasGeb�ude vonGoldman Sachs war noch nicht fertig, sonst h�ttensie ein Dreigespann ergeben. Die B�ros von Hewlett-Packard undTexas Instruments lagen neben den Back Nine, nahe des zehntenLochs. Das war noch nicht alles. Die Abschlagsmarkierungenstammten von Epson, und einer unserer Caddies trug einen Hutvon 3M. Einige der Verkehrszeichen außerhalb des Platzes warenvon Texas Instruments gesponsert worden, und die Reklametafelvon Pizza Hut gegen�ber zeigte eine dampfende Pizza unter demSlogan: »Gigabites Geschmack!« Nein, ich war hier eindeutig nichtin Kansas. Aber es sah auch nicht nach Indien aus. War das jetztdie Neue Welt, die Alte Welt oder die N�chste Welt?Wie einst Kolumbus hatte ich eine Forschungsreise unternommen

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und war nach Bangalore gekommen, dem indischen Silicon Valley.Kolumbus war mit der NiÇa, der Pinta und der Santa Maria aufge-brochen, um eine k�rzere, direktere Route nach Indien zu finden,und nach Westen gesegelt, �ber den Atlantik, weil er hier einen offe-nen Seeweg dorthin vermutete – anstatt sich nach S�den und nachOsten zu wenden und Afrika zu umsegeln, wie es die portugiesi-schen Entdecker seiner Zeit versuchten. Indien und die sagenum-wobenen Gew�rzinseln in Asien waren damals ber�hmt f�r ihrGold, ihre Perlen und Edelsteine und ihre Seide – eine Quelle uner-hçrter Reicht�mer. Wenn es ihm gelang, eine Abk�rzung �ber dasMeer nach Indien zu finden, w�hrend die muslimischen M�chteder Zeit die Landwege von Europa nach Asien versperrten, konnteKolumbus sowohl sich selbst als auch der spanischen Krone zuReichtum und Macht verhelfen. Als er in See stach, nahm er alsoan, die Erde sei rund – daher seine �berzeugung, er kçnne nachIndien gelangen, indem er gen Westen fuhr. Doch er untersch�tztedie Entfernung. Er hielt die Erde f�r eine kleinere Kugel, als sietats�chlich ist. Außerdem rechnete er nicht damit, daß er auf eineandere Landmasse stoßen kçnnte, bevor er sein Ziel erreichte; dieEingeborenen, die er in der NeuenWelt antraf, waren f�r ihn ›India-ner‹.

Ich machte mich auf einer çstlichen Route, �ber Frankfurt, inswirkliche Indien auf. Ich nahm die Business Class der Lufthansa.Dank der GPS-Karte auf dem kleinen Monitor, der an der Arm-st�tze meines Sitzes angebracht war, wußte ich genau, wo wir lang-flogen. Ich landete sicher und p�nktlich. Auch ich hielt Ausschaunach den Quellen der Reicht�mer Indiens. Kolumbus suchte nachHardware – Edelmetallen, Seide und Gew�rzen, den Quellen desReichtums zu seiner Zeit. Ich dagegen suchte nach Software, nachBrainpower, komplexen Algorithmen, Wissensarbeitern, Callcen-tern,�bertragungsprotokollen, Durchbr�chen imOptical Engineer-ing – den Quellen des Reichtums heutzutage.

Kolumbus freute sich, daß er die Indianer versklaven und f�r kçr-perliche Arbeiten einsetzen konnte. Ich dagegen wollte verstehen,wie es dazu gekommen war, daß die Inder Jobs f�r uns erledigten,die wir lieber im Land behalten h�tten – warum die USA und andereIndustriel�nder immer mehr T�tigkeiten in den Bereichen Dienst-

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leistung und Informationstechnologie nach Indien auslagern, einVorgang, der uns als Outsourcing mittlerweile vertraut ist.Wie warIndien zu einem solch wichtigen Arbeitskr�ftereservoir geworden?Kolumbus hatte mehr als 300 M�nner auf seinen drei Schiffen; ichhatte nur eine kleine Crew vom Discovery Times Channel dabei,die bequem in zwei nagelneuen Vans Platz fand, die von barf�ßigenindischen Fahrern gesteuert wurden. Als ich, bildlich gesprochen,Segel setzte, nahm ich ebenfalls an, die Welt sei rund, doch was ichin Indien sah und hçrte, ersch�tterte diesen Glauben. Kolumbusgelangte zuf�llig nach Amerika, glaubte aber, er habe einen Teil In-diens entdeckt. Ich kam tats�chlich nach Indien, aber die meistenLeute, die mir dort �ber denWeg liefen, kamenmir wie Amerikanervor. Einige hatten sogar amerikanischeNamen angenommen, andereimitierten amerikanische Akzente (in Callcentern) oder amerikani-sche Gesch�ftsmethoden (in Softwarelaboren).Kolumbus trat als großer Entdecker vor seinen Kçnig und seine

Kçnigin; was er �ber das Land berichtete, das er f�r Indien hielt,fand weite Verbreitung. Als ich nach Hause zur�ckkehrte, teilteich meine Entdeckungen allein meiner Frau mit, und auch das nurfl�sternd.»Liebling«, vertraute ich ihr an, »ich glaube, die Welt ist flach.«

Wie kam ich zu dieser Erkenntnis? Ich glaube, es begann im Konfe-renzraum von Nandan Nilekani bei Infosys Technologies Limited.Infosys ist eines der Juwelen der indischen IT-Industrie, und Nile-kani, der Chief Executive Offiver (CEO) der Firma (eine Position,die etwa vergleichbar mit einem alleinigen Gesch�ftsf�hrer oderVorstandsvorsitzenden ist), z�hlt zu den gescheitesten und angese-hensten indischen Wirtschaftskapit�nen. Ich fuhr mit dem Team vonDiscovery Times zum Firmengel�nde von Infosys, das ungef�hr40 Autominuten vom Herzen Bangalores entfernt liegt, um mir dasUnternehmen anzuschauen und ein Interview mit Nilekani zu f�h-ren. Dorthin f�hrt eine von Schlaglçchern �bers�te Straße, die sichunsere Wagen mit heiligen K�hen, Pferdekarren und motorisiertenRikschas teilenmußten. Doch sobald man die Tore von Infosys pas-siert hat, ist man in einer anderen Welt. Ein riesiger Swimmingpoolliegt inmitten von Felsblçcken und gepflegten Rasenfl�chen, an die

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sich ein großer Golfplatz anschließt. Es gibt eine Vielzahl von Re-staurants und einen exquisiten Fitneßclub. Wçchentlich scheinenneue Geb�ude aus Stahl und Glas wie Unkraut aus dem Boden zuschießen. In einigen dieser Geb�ude entwickeln Infosys-Besch�f-tigte spezifische Softwareprogramme f�r amerikanische oder euro-p�ische Firmen; in anderen erledigen sie Verwaltungst�tigkeiten f�rgroße multinationale Konzerne mit Sitz in Amerika oder Europa –von derWartung vonComputern �ber spezielle Forschungsprojektebis zur Beantwortung von Kundenfragen, die aus allen Teilen derWelt hierhergeleitet werden. Es herrschen strenge Sicherheitsvor-kehrungen, Kameras �berwachen die T�ren, und wer zum Beispielf�r American Express arbeitet, hat keinen Zutritt zu dem Geb�ude,das f�r General Electric Dienstleistungs- und Forschungsauftr�geausf�hrt. Junge indische Ingenieure, M�nner und Frauen, eilen mitum den Hals baumelnden Identit�tskarten von Geb�ude zu Geb�u-de. Einer sah aus, als kçnnte er mein Steuerberater sein. Eine jungeFrau sah aus, als kçnnte sie meinen Computer auseinandernehmen.Und eine andere, als h�tte sie ihn entwickelt!

Im Anschluß an unser Interview f�hrte Nilekani mein Team undmich in den Konferenzraum von Infosys, gewissermaßen das Inner-ste der indischen Outsourcing-Industrie: ein hçhlenartiger, holzge-t�felter Raum, der einem stufenfçrmig aufgebauten Hçrsaal in derjuristischen Fakult�t einer amerikanischen Eliteuniversit�t �hnelt.An einem Ende des Raumes befand sich ein gigantischer Flachbild-schirm, in die Decke waren – f�r die Videokonferenzen – Kameraseingebaut. »Hier sehen Sie unseren Konferenzraumund den vermut-lich grçßten Bildschirm in ganz Asien – er hat die Fl�che von 40digitalen Monitoren«, erkl�rte Nilekani stolz und deutete auf denBildschirm, den grçßten, den ich je gesehen hatte. Infosys, fuhr erfort, kçnne �ber diesen �berdimensionalen Schirm zu jeder Zeitund zu jedem Projekt ein virtuelles Meeting der wichtigsten Ent-scheidungstr�ger aus seiner gesamten globalenWertschçpfungsketteabhalten. Beispielsweise kçnnten die amerikanischen Entwickler�ber den Schirm gleichzeitig mit ihren indischen Programmierernund ihren asiatischen Herstellern sprechen. »Wir kçnnen hier mitPartnern in New York, London, Boston oder San Francisco zu-sammensitzen, und alles ist live. Und wenn die Implementierung

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in Singapur erfolgt, kann auch der Verantwortliche aus Singapur livezugeschaltet werden. Das«, so Nilekani, »ist Globalisierung.« Ober-halb des Bildschirms waren acht Uhren angebracht, die den Arbeits-tag von Infosys recht anschaulich zumAusdruck brachten: 24/7/365.Sie waren auf folgende Zeiten gestellt: USA/Pazifik,USA/Ostk�ste,GMT, Indien, Singapur, Hongkong, Japan, Australien.»Outsourcing ist nur eine Dimension einer viel tiefer greifenden

Entwicklung, die sich gegenw�rtig in der Welt vollzieht«, erkl�rteNilekani. »In den vergangenen Jahren wurde massiv in Technologieinvestiert, vor allem in der Zeit der Dotcom-Spekulationsblase, alsHunderte Millionen Dollar ausgegeben wurden, um auf der ganzenWelt Breitbandverbindungen zu installieren, Unterseekabel zu ver-legen und so weiter.« Zugleich, so fuhr er fort, seien Computer im-mer billiger geworden und h�tten sich weltweit verbreitet, und essei fçrmlich zu einer Software-Explosion gekommen – E-Mail,Suchmaschinen wie Google und propriet�re Software, mit der sichArbeitsvorg�nge zerteilen und ein Teil beispielsweise nach Boston,ein anderer nach Bangalore und ein dritter nach Peking schickenl�ßt, was die Mçglichkeiten von Offshore-Entwicklung enorm er-hçhte. Als alle diese Tendenzen etwa um das Jahr 2000 ihren Hçhe-punkt erreichten, erl�uterte Nilekani, »entstand eine Plattform, aufder geistige Arbeit und geistiges Kapital von �berall her angeliefertwerden konnten. Alles konnte jetzt zerlegt, verschickt, verteilt, aus-gef�hrt und wieder zusammengesetzt werden – das verschafft unsvçllig neue Freiheiten in unserer Arbeitsweise, insbesondere bei gei-stig anspruchsvollen T�tigkeiten. Und was Sie hier in Bangalore se-hen, ist die Kulmination all dieser Entwicklungen.«Wir saßen auf der Couch vor Nilekanis B�ro und warteten, w�h-

rend die Fernsehleute ihre Kameras aufbauten. Als er die Bedeutungdieser Ver�nderungen zusammenfaßte, sagte Nilekani einen Satz,der mich aufhorchen ließ. »Tom, die Mitspieler im globalen Wettbe-werb haben in immer st�rkerem Maße die gleichen Voraussetzun-gen – das Spielfeld wird, wenn Sie so wollen, eingeebnet«, erkl�rteer. Er meinte damit, daß L�nder wie Indien mehr als je zuvor umglobale Wissensarbeit konkurrieren kçnnen – und daß sich Ame-rika darauf einstellen m�sse. Amerika w�rde herausgefordert wer-den, fuhr er fort, aber diese Herausforderung sei gut f�r Amerika,

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das sich immer dann beweise, wenn es vor großen Herausforderun-gen stehe. Als ich an diesem Abend das Firmengel�nde von Infosysverließ und nach Bangalore zur�ckfuhr, ging mir nicht aus demKopf, was Nilekani gesagt hatte: »Die Mitspieler haben die gleichenVoraussetzungen. Das Spielfeld wird eingeebnet.«

Eingeebnet. Nivelliert? Flach? Ich ließ dieWorte eineWeile durchmeine Gedanken geistern, und dann, explosionsartig, schoß es mitdurch den Kopf: Mein Gott, er will mir sagen, daß die Welt flachist!

Da stand ich nun in Bangalore – mehr als 500 Jahre nachdem Ko-lumbus �ber die Meere gesegelt war, lediglich gest�tzt auf die ru-diment�ren Navigationstechniken seiner Zeit und die feste �ber-zeugung, daß die Erde rund war –, und einer der angesehenstenIngenieure Indiens, der am besten technischen Institut seines Lan-des ausgebildet worden war und auf die modernsten Technologiender heutigen Zeit zur�ckgreifen kann, erkl�rte mir, daß die Erdeflach sei – so flach wie der Bildschirm, mit dem er eine KonferenzvonMitarbeitern aus seiner gesamtenWertschçpfungskette abhaltenkann. Undwas noch interessanter war, er betrachtete diese Entwick-lung – die Tatsache, daß wir unsere Welt flach gemacht, eingeebnethaben – als positiv, als einen Meilenstein in der Geschichte desmenschlichen Fortschritts und als eine große Chance f�r Indienund die Welt!Auf dem R�cksitz des Van kritzelte ich vier Worte in mein No-

tizbuch: »Die Welt ist flach.« Schon als ich sie niederschrieb, wurdemir klar, daß sie die Quintessenz all dessen waren, was ich in Ban-galore im Verlauf unserer zweiwçchigen Dreharbeiten gesehen undgehçrt hatte. Der globale Wettbewerb gestaltete sich zunehmendausgeglichener. Die Welt wurde immer flacher.Als ich das erkannte, versp�rte ich Aufregung, aber auch Besorg-

nis. Der Journalist in mir freute sich, einen Deutungsrahmen zumbesseren Verst�ndnis der morgendlichen Schlagzeilen, zur Erkl�-rung dessen,was in derWelt vor sich geht, gefunden zu haben. Nike-lani hatte recht: Heute kçnnenmehr Menschen als jemals zuvor mitanderen Menschen in immer mehr Winkeln der Erde in Echtzeitzusammenarbeiten oder konkurrieren, und zwar inmehr T�tigkeits-bereichen und mit ausgeglicheneren Chancen als in jeder fr�heren

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geschichtlichen Epoche – durch die Nutzung des Potentials vonComputern, E-Mail, Netzwerken, Telekonferenzen und dynami-scher neuer Software. Das hatte ich auf meiner Reise nach Indienund in andere L�nder entdeckt. Und davon handelt dieses Buch.Wenn man sich die Welt als flach oder zumindest als immer einge-ebneter vorstellt, ergeben viele Dinge einen Sinn, der sich einem vor-her nicht erschließen wollte. Ich war aber auch deshalb fasziniert,weil die Einebnung der Welt bedeutet, daß alle Wissenszentren derErde ein einziges globales Netzwerk ergeben, das – sofern uns diePolitik oder der Terrorismus keinen Strich durch die Rechnung ma-chen – eine aufregende �ra des Wohlstands, der Innovation und derZusammenarbeit von Unternehmen, Gemeinwesen und Individueneinl�uten kçnnte.Doch die Vorstellung einer flachen, eingeebneten Welt rief in mir

auch Bef�rchtungen wach, in beruflicher wie in persçnlicher Hin-sicht. Meine persçnlichen �ngste speisten sich aus der unbestreit-baren Tatsache, daß in einer flachen Welt nicht nur die Programmie-rer und Computerexperten in die Lage versetzt werden, global zukooperieren, sondern auch al-Qaida und andere Terrornetzwerke.Das Spielfeld wird nicht nur in dem Sinne eingeebnet, daß es neueInnovatoren anzieht und zu großartigen Leistungen bef�higt. Es er-laubt auch einer ganz neuen Schicht zorniger, frustrierter und gede-m�tigter M�nner und Frauen, mitzumischen und ihre Kr�fte zub�ndeln.Die Erkenntnis, daß unsereWelt flach gewordenwar, beunruhigte

mich auch beruflich,weil mir klar wurde, daß ich diese Entwicklunggewissermaßen verschlafen hatte. Ich war, schlicht und ergreifend,anderweitig besch�ftigt gewesen. Bis zum 11. September 2001 hatteich mich darauf konzentriert, die Globalisierung zu ergr�nden unddas Spannungsverh�ltnis zwischen den »Lexus«-Kr�ften der wirt-schaftlichen Integration und den »Olivenbaum«-Kr�ften der Iden-tit�t und des Nationalismus auszuloten – daher trug mein 1999 er-schienenes Buch Globalisierung verstehen. Zwischen Marktplatzund Weltmacht im englischen Original den Titel The Lexus and theOlive Tree. Doch nach dem 11. September gewannen die Kriege,die sozusagen im Namen des Olivenbaums gef�hrt werden, vorran-gige Bedeutung f�r mich. Ich verbrachte fast meine ganze Zeit mit

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Page 21: Suhrkamp Verlag · Thomas L.Friedman Die Welt ist flach Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts Aktualisierte und erweiterte Ausgabe Aus dem Englischen von Michael Bayer,

Reisen in der arabischen und der islamischen Welt. In diesen Jahrenverlor ich die Globalisierung aus dem Blick.

Bei meiner Reise nach Bangalore im Februar 2004 nahm ich ihreSpur wieder auf. Dabei erkannte ich, daß etwas wirklich Wichtigesgeschehen war, w�hrend ich mit den Olivenhainen von Kabul undBagdad besch�ftigt war. Die Globalisierung war in ein vçllig neuesStadium eingetreten. Legt man die Argumente von Globalisierungverstehen und diesem Buch aneinander, so erh�lt man eine Chro-nologie der Globalisierung, die sich in drei große Abschnitte teilt.Der erste begann 1492 – als Kolumbus in See stach, und den Handelzwischen der Alten und der NeuenWelt einleitete – und dauerte un-gef�hr bis zum Jahr 1800. Diese Phase mçchte ich als Globalisierung1.0 bezeichnen. In ihr schrumpfte die Welt von einem riesigen zueinemmittelgroßenGebilde.W�hrend der Globalisierung 1.0 drehtesich alles um L�nder und rohe Kraft. Das heißt, in dieser Phase warder entscheidende Katalysator der Ver�nderung – die Haupttrieb-kraft der wirtschaftlichen Integration – die physische Potenz, �berdie ein Land verf�gte und die es mçglichst geschickt einzusetzenverstand – dieMuskeln, die Pferdest�rken, dieWindkraft und sp�terdie Dampfkraft. In dieser �ra waren es die Staaten und Regierun-gen (h�ufig durch Religion oder imperialistische Bestrebungen odereineMischung aus beidemmotiviert), dieMauern einrissen, dieWeltzu verkn�pfen begannen und somit die wirtschaftliche Integrationvorantrieben. In der Globalisierung 1.0 ging es vor allem um fol-gende Fragen: Wo findet mein Land seinen Platz im globalen Wett-bewerb, und wo liegen seine Chancen? Wie kann ich als Bewohnermeines Landes global handeln und mit anderen kooperieren?

Die zweite Phase, ich nenne sie Globalisierung 2.0, erstreckte sichvon 1800 bis etwa zum Jahr 2000 und wurde unterbrochen durchdie Weltwirtschaftskrise und die beiden Weltkriege. In dieser Zeitschrumpfte die Welt von einem mittelgroßen zu einem kleinen Ge-bilde. In der Globalisierung 2.0 waren die multinationalen Unter-nehmen die Haupttriebkraft, der entscheidende Katalysator derwirtschaftlichen Integration. Diese transnationalen Konzerne agier-ten global, um neue M�rkte zu erschließen und Arbeitskr�fte zunutzen. Angestoßen wurde diese Entwicklung zun�chst durch diewachsenden Aktiengesellschaften in den Niederlanden und in Eng-

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