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Supraleitende Magnete für die NMR -Spektroskopie Prinzipielle Arbeitsweise, interner Aufbau, Produktion, Montage Vorwort 2 1. Prinzipielle Arbeitsweise eines supraleitfähigen Magneten 3 1.1 Supraleitende Drähte 3 1.2 Kühlung 4 1.3 Erzeugung des Magnetfeldes durch mehrere Spulen 4 1.4 Kryoshims 5 2. Besonderheiten der Produktion 6 2.1 Produktionsräume 6 2.2 Herstellung der NbTi-Supraleiter 7 2.3 Das spröde Nb3Sn läßt sich nicht wickeln 7 2.4 Der Stromkreis wird geschlossen - Joints 8 3. Installation 9 3.1 Transport 9 3.2 Entfernung der Transportsicherungen 10 3.3 Justage der Kryogengefäße 10 3.4 Evakuierung 12 3.5 Kühlung 13 3.6 Laden des Magneten 14 3.7 Was nicht geschehen sollte - ein Quench 17 3.7.1 Viele Ursachen führen zur gleichen Wirkung 17 3.7.2 Ein wenig Thermodynamik 18

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Supraleitende Magnete für dieNMR-Spektroskopie

Prinzipielle Arbeitsweise, interner Aufbau, Produktion, Montage

Vorwort 2

1. Prinzipielle Arbeitsweise eines supraleitfähigen Magneten 3

1.1 Supraleitende Drähte 3

1.2 Kühlung 4

1.3 Erzeugung des Magnetfeldes durch mehrere Spulen 4

1.4 Kryoshims 5

2. Besonderheiten der Produktion 6

2.1 Produktionsräume 6

2.2 Herstellung der NbTi-Supraleiter 7

2.3 Das spröde Nb3Sn läßt sich nicht wickeln 7

2.4 Der Stromkreis wird geschlossen - Joints 8

3. Installation 9

3.1 Transport 9

3.2 Entfernung der Transportsicherungen 10

3.3 Justage der Kryogengefäße 10

3.4 Evakuierung 12

3.5 Kühlung 13

3.6 Laden des Magneten 14

3.7 Was nicht geschehen sollte - ein Quench 17

3.7.1 Viele Ursachen führen zur gleichen Wirkung 17

3.7.2 Ein wenig Thermodynamik 18

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Vorwort

Die folgende Dokumentation soll einen allgemeinen Überblick über die prin-zipielle Arbeitsweise, den inneren Aufbau und die Montage sowie Inbetrieb-nahme eines Supraleitmagneten für die NMR-Spektroskopie vermitteln.Dabei bot die Installation des 750 MHz-Spektrometers und des zugehörigenMagneten die Möglichkeit, alle relevanten Schritte fotographisch festzuhaltenund durch diese Bilder das Skelett der nackten Theorie auszufüllen und ab-zurunden.Diese Dokumentation entstand unter der freundlichen Mithilfe der FirmaBRUKER, die den Magneten lieferte, in Betrieb nahm und dabei Fotos auchvom Innenleben des Magneten ermöglichte, sowie der Firma MAGNEX, diezwar mangels Supraleitdrähten - die Fabrik in Kobe hatte das Erdbeben1995 nicht überstanden - nicht liefern konnte, jedoch dennoch mit ausführ-lichem Material und Fotos aus ihren Produktionsräumen zur Verfügungstand.Die meisten der folgenden Daten wurden aus Gesprächen mit den Mitarbei-tern der Firma BRUKER zusammengetragen oder entstammen den Geräte-dokumentationen, die MAGNEX und BRUKER zur Verfügung stellten, bzw.mitlieferten. Aus diesem Grund wird in dieser Dokumentation auch auf einLiteraturverzeichnis verzichtet, da die Dokumentationen nicht in Bibliothe-ken zur Verfügung stehen, die verwendeten Formeln im Gegensatz dazu je-doch in jeder physikalischen Formelsammlung nachzuschlagen sind.

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1. Prinzipielle Arbeitsweise eines supraleitfähigen Magneten

1.1 Supraleitende Drähte

Konventionelle Magnetspulen, die aus Kupferdrähten gewickelt sind, habeneinen zwar geringen aber vorhandenen Ohm’schen Widerstand. Dieser führtbei Stromdurchfluß zu einer Heizleistung, die abgeführt werden muß.

P = R * I2P=Heizleistung, R=Widerstand, I=Stromstärke

Supraleitende Materialien bieten hier einen Ausweg, denn ohne elektrischenWiderstand fließt der Strom verlustfrei.Doch die Verwendung supraleitender Materialen ist nicht ganz trivial, eineReihe von Eigenheiten der Materialien müssen berücksichtigt werden:• Sprungtemperatur: Supraleitung tritt nur unterhalb einer maximalen,

kritischen Temperatur auf, oberhalb dieser Temperatur verhält sich dasMaterial wie ein gewöhnlicher Leiter.

Die Sprungtemperatur ist von der Stärke eines anliegenden Magnetfeldesabhänig, sie nimmt mit zunehmender Feldstärke linear ab, irgendwannsinkt sie auf Werte, die mit vertretbarem Kühlaufwand nicht mehr zuhalten sind.

• Kritische Stromstärke: Supraleitende Drähte können nicht mit beliebigenStromstärken belastet werden. Ab einem gewissen Grenzwert verliert das

Abbildung 1: Kritische Stromstärke in den einzelnenSpulensegmenten (vgl. Abbildung 2) eines MAGNEX - Magenten inAbhänigkeit von der Feldstärke. Der Leiterquerschnitt beträgt 2 mm2.

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Material seine supraleitenden Eigenschaften und verhält sich wieder wieein normaler Leiter. Auch die kritische Stromstärke sinkt mitzunehmender Feldstärke, wenn auch nicht linear (Abbildung 1).

• Mechanische Probleme bei der Verarbeitung: Besonders das hochwertigeNb3Sn ist ein äußertst sprödes Material, das sich nicht formen läßt. DieHerstellung von Spulen erfordert folglich spezielle Techniken.

Somit setzt die Fertigung einer Spule - besonders für Spulen mit großenFeldstärken - genauste Kenntnisse der Materialeigenschaften und der zuerwartenden magnetischen und elektrischen Verhältnisse voraus.

1.2 Kühlung

Zum Betrieb eines supraleitendenMagneten sind ständig Temperaturenunter der feldstärkeabhänigenSprungtemperatur der verwendetenMaterialien notwendig. Da es nichtmöglich ist, die Spulen absolut gegendie Umgebung zu isolieren, dringtständig Wärme von außen in dieUmmantelung der Spule vor. Auchdie Spule selbst erzeugt durchminimale Fehlstellen in den Supra-leitern eine gewisse Heizleistung(Joints !). Somit ist nach dem erstmaligem Abkühlen des Magneten auchzum Betrieb ein gewisses Mindestmaß an flüssigem Helium erforderlich, dasdiese Wärme durch Verdampfung ständig abführt.

1.3 Erzeugung des Magnetfeldes durch mehrere Spulen

Moderne Hochleistungsmagnete bestehen nicht aus einer einzelnen Spule.Die in den verschiedenen Bereichen herrschenden unterschiedlichen Feld-stärken erfordern eine Anpassung der verwendeten Supraleiter an dieherrschenden Bedingungen. In den Bereichen geringer Feldstärken könnenSpulen aus normalem NbTi-Draht verwendet werden. Die inneren Spulenjedoch, die dem maximalen Magnetfeld ausgesetzt sind, müssen aus demhochwertigem NbSn-Material gefertigt werden, das auch unter diesenwidrigen Bedingungen noch seine supraleitenden Eigenschaften behält. DerMagnet der Firma MAGNEX besteht aus insgesammt fünf konzentrischangeordneten Zylinderspulen, davon sind die beiden äußeren aus NbTigefertigt, die inneren drei Spulen bestehen aus NbSn-Supraleitern(Abbildung 2).

Stefan - Boltzmann Gesetz...Nach Stefan - Boltzmann ist die von einerFläche abgestrahlte Leistung

P = σ ε A T4

σ = Stefan-Boltzmann-Konstante, ε = Emissionsgradder Oberfläche, A = Fläche, T = Temperatur in Kelvin

Stehen sich zwei Flächen mit gleicherGröße und gleicher Oberfläche - und je-weils konstanter Temperatur - gegenüber,so ist die Leistung, die von der heißerenauf die kühlere abgestrahlt wird

P = σ ε A (Th4-Tk4)

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1.4 Kryoshims

In einer endlich langen- sprich realen - Zylinder-spule sind die magnetischenFeldlinien niemals absolutparallel. Diese bekannten In-homogenitäten werden durcheine Reihe von fest eingestell-ten Shimspulen bestmöglichvorkompensiert. Diese eben-falls supraleitenden Zusatz-spulen, die außerhalb derHauptspule angeordnet sind,werden Kryoshimspulen ge-nannt (Abbildung 2). BeimLaden des Magneten werdendiese Kryoshims ebenfalls aufFeld gebracht. Die dabeieingestellten Ströme beruhenteils auf vorab durch-geführten Messungen, teilsauf den Gegebenheiten in derUmgebung der Spule. Sobeeinflussen etwa Stahlträgerim Gebäude oder ein 600MHz-Magnet in direkterNachbarschaft das Feld unddiese Felddeformationenmüssen über die Kryoshims wieder kompensiert werden.Die Kryoshims dienen zur groben Kompensation von Inhomogenitäten. Dieendgültige Feinjustierung erfolgt durch die Raumtemperaturshims. Diesenormalleitenden Spulen befinden sich am Probenkopf, also innerhalb derRaumtemperaturbohrung.

Abbildung 2: Anordnung der Spulen imMagnex-Magneten.

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2. Besonderheiten der Produktion

2.1 Produktionsräume

Beide Firmen stellen nicht nur NMR-Magnete her, sie produzieren auch dieartverwandte Technologie die Kernspintomographen.Zur Produktion dieser Geräte sind Maschinen zum Wickeln der Spulenerforderlich und im Fall des Nb3Sn Temperöfen. Die Fertigung der Kryostatenbenötigt Möglichkeiten der Metallverarbeitung.Der Zusammenbau ist nahezu reine Handarbeit.Insgesammt präsentieren sich die Produktionsräume als ‘klassische’Industriehallen mit z.T. schweren Maschinen; Reinsträume, Schutzmaskenund andere ‘HiTec - Indizien’ sucht man vergebens. Jedenfalls auf den erstenBlick, denn die wirklich wichtigen Vorgänge sind eher subtiler Art. Eskommt eben weniger die Geräte, sondern das, was man damit anfängt.

Abbildung 3: Ein Blick in die Produktionsräume von MAGNEX:Maschine zum Wickeln von Spulen.

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2.2 Herstellung der NbTi-Supraleiter

Die Niob-Titan-Supraleiter sind leicht zu fertigen und einfach in derHandhabung. Die Sprungtemperatur ist jedoch niedriger als die von Nb3Sn.Daher wird dieses Material i.a. für die äußeren Einzelspulen verwendet.Bei der Herstellung geht man von einem Kupferblock aus, der von parallelenBohrungen durchzogen ist. Der Kupferblock wird erwärmt und dehnt sichaus. In diesem Zustand werden in die Bohrungen kalte Stäbe aus Niob-Titaneingeführt, die nach dem Abkühlen des Kupferblocks fest mit diesemverbunden sind. Aus jedem Stab wird später eine Ader des Leiters:Der Block wird in einem mehrstufigen Prozeß ausgewalzt, bis ein Leiter vonetwa 2 mm2 entstanden ist, der nach wie vor 10000 einzelne NbTi-Leiterenthält und sich wie gewöhnlicher Kupferdraht wickeln und verarbeiten läßt.

2.3 Das spröde Nb3Sn läßt sich nicht wickeln

Dieser Niob-Zinn Supraleiter hat mit einer Sprungtemperatur von 18.05 Kdeutlich bessere elektrische Eigenschaften als Niob-Titan, ist jedoch soSpröde, das es bei jedem Biegeversuch bricht. Spulen aus Nb3Sn kann manfolglich nicht wickeln, deren Herstellung ist wesentlich komplizierter als dieder NbTi-Spulen.Bei der Fertigung der Nb3Sn-Spulen geht man ähnlich denNbTi-Leitern von einer Stangeaus, die zu einem Draht gezogenwird. Diese Stange besteht ausBronze. Die Bronze ist von Boh-rungen durchzogen, in die dies-mal Stäbe aus speziell dotiertemNiob eingeführt werden. Die äu-ßere Oberfläche des Bronze-stabes ist dünn mit Tantal be-schichtet und zur Verbesserungder Zieheigenschaften mit einerKupfermatrix ummantelt (vglAbbildung 4). Der aus diesem Stab gezogene Draht kann nun in beliebigeFormen gewickelt werden, ist jedoch nicht supraleitend. Diese Eigenschafterhält er erst durch Tempern bei ca. 700 °C. Dabei diffundiert Zinn aus derBronze in die Niobdrähte. Der Tempervorgang wird abgebrochen, wenn indiesen die Zusammensetzung Nb3Sn erreicht ist. Das richtige Timing isthierbei essentiell und folglich streng geheim. Die Tantalbarriere verhindertwährend des Temperns, daß Zinn nach außen in den Kupfermanteldiffundiert.Nach dieser Behandlung sind die Drähte supraleitend, aber auch me-chanisch sehr empfindlich, d.h. das eigentliche, supraleitende Nb3Sn brichtbei der geringsten Biegung der Drähte.

Kupfermantel

Tantalschicht

Bronzematrix

Niobdraht

Abbildung 4: Schematischer Aufbau derVorstufe des Nb3Sn Supraleiters.

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2.4 Joints

Zwischen den NbTi-Supra-leitern und denen aus Nb3Snmüssen elektrische Verbin-dungen hergestellt werden,und auch die jeweiligen Spu-lensegmente bestehen nichtnur aus einem einzigem StückDraht. Diese Lötstellen wer-den Joints genannt.Bei NbTi-Joints wird die Kup-fermatrix der zu lötendenDrähte mit Salpetersäureweggeätzt und die freiliegen-den Supraleitdrähte verdrilltund mit einem speziellen Lotvergossen. Das Lot ist bei denTemperaturen des flüssigenHeliums ebenfalls supralei-tend, muß jedoch wegen sei-ner schlechteren Eigenschaf-ten aus Bereichen hoher Feld-stärken herausgehalten wer-den. Daher sind die Joints i.a.nach oben aus der Spule her-ausgeführt.Die Fertigung von Nb3Sn-Joints ist - wie vieles in Zu-sammenhang mit diesem Ma-terial - ein Betriebsinterna derHersteller, dürfte jedoch prin-zipiell der der NbTi-Joints äh-neln. Die äußere Erscheinung dieser Joints ist die einer zylindrischen Hülse,die NbTi-joints sind eher kugelig (Abbildung 5).Doch trotz sorgfältiger Verarbeitung können nicht immer alleSupraleitdrähte kontaktiert werden. Die Fehlerquote liegt über alle 16 Joints(Magnex 750 MHz Magnet) summiert bei unter 0.1 %; 10 von 10000 Drähtensind also unterbrochen. Im Betrieb fließt der Teilstrom dieser blindendenden Drähte durch die Kupfermatrix, bis er sich nach dem Joint wiederauf die Supraleitdrähte verteilt. Der elektrische Wiederstand des Kupfersverursacht jedoch eine gewisse Verlustleistung und somit eine Felddrift.Diese liegt typischerweise um 10 Hz/h.

Abbildung 5: Joints. Die ‘Zigarren’ in derBildmitte sind die geheimnisvollen Nb3Sn-Joints, die Töpfe rechts daneben NbTi-Joints.

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3. Installation

3.1 Lieferung

Zum Transport ist der Kryostat ineine speziell angepasste Trans-portkiste verpackt. (Abbildung 6)Diese schützt das 3.2 t schwereStück vor direkten Schäden unddämpft auch Stöße und Erschüt-terungen.Neben dieser Kiste gehören zumLieferumfang auch die Einzelteileder Arbeitsbühne und zwei Sok-kel, der endgültige mit 700 kgund ein Montagesockel aus ca.150 kg Aluminium. Dieser stütztden Kryostaten während der Mon-tage des Innenlebens, da dieseArbeiten nicht unter hängenderLast ausgeführt werden dürfen,und bietet den Monteuren etwasmehr Freiraum.

Hinzu kommen noch eine Reihe von‘Kleinteilen’, etwa die drei Vakuum-pumpen für den Betrieb derJoule-Thomson-Kühlung (zweifachredundant) und eine Spezialpumpeausgelegt für große Fördermengen,die bei der Evakuierung des Kryo-staten zum Einsatz kommt, sowieeinige Kisten mit diversem Montage-material (Supraisolation, Klebeband,Werkzeuge,etc.).Zum Abladen bzw. Bewegen all dieserPaletten sind neben einem Kran-wagen ein Gabelstapler und einhydraulischer Palettenwagen nötig,der Transport umfaßt zweiSattelschlepper.

Abbildung 6: Transportverpackung desKryostaten und Hebevorrichtung.

Abbildung 7: Die Transport-sicherungen des Kryostaten.

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3.2 Entfernung der Transportsicherungen

Um die einzelnen Bestandteile des Magneten, Behälter für Helium undStickstoff, sowie die Strahlungsschilde, vor Beschädigungen zu bewahren,

wie sie etwa durch Anein-anderschlagen beim Be-wegen entsehen könnten,sind während des Trans-portes alle Teile durchTransportsicherungen fi-xiert. Nachdem der Ma-gnet sich in seiner end-gültigen Montagepositionbefindet, wird er angeho-ben und als erster Schrittder Inbetriebnahme dieseTransportsicherungen(Abbildung 7) entfernt.Dies sind eine massiveStange aus Eisen, diedurch die Raumtempera-turbohrung geführt ist,und die den Heliumbehäl-ter stützt, sowie eine‘Stufenpyamide’, die dieeinzelnen Stahlenschildeund den Stickstofftankgegeneinander verstrebt.Beide Sicherungen werdenvon einer ca. 250 kgschweren Stahlplatte mitder Außenhülle des Kryo-staten verbunden.

3.3 Justage der Kryogengefäße

Nach dem Entfernen der Transportsicherungen hängen alle ‘Innereien’ desMagneten relativ frei beweglich nur von drei dünnwandigen Rohren gehalten.Von unten ist dem Kryostst also bis zum Heliumbehälter hinein offen.Von innen beginnend wird zuerst der Behälter für das flüssige Helium gegenden innersten Strahlenschild verstrebt. Die Streben bestehen ausglasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), und sind mit Spiralfedern aus Kupfergelagert. Durch Spannen der Federn kann der Tank exakt zentriert werden.Nun wird auch der Boden des innersten Strahlenschildes angeschraubt. Umeinen möglichst guten thermischen Kontakt zu erhalten, werden dazu 32Schrauben verwendet.

... und StrahlungsschildeBefindet sich zwischen zwei Oberflächen verschiede-ner Temperatur eine weitere Platte, die nur überStrahlung mit den beiden anderen im Energieaus-tausch steht, so stellt sich folgendes Gleichgewichtein

P(H®S) = P(S®K) = P1

(Heiß, Schild, Kalt)

bzw.σ ε A (Th4-Ts4) = σ ε A (Ts4-Tk4)

Ts = T Th k

4 44

2+

Vergleicht man nun P0 und P1, so erhält man

P0 = σ ε A (Th4-Tk4)

P1 = σ ε A (Th4-T Th k

4 4

2+

) = σ ε A T Th k

4 4

2−

PP

T TT Th k

h k

1

0

4 4

4 4212

= −−

=( )

Mit einer Platte zwischen den beiden Flächen halbiertsich also der Wärmefluß, die Platte wirkt alsStrahlungsschild. Fügt man weitere Platten ein, so gilt

Pn = P0 / (1+n)n = Anzahl der Schilde.

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Auf diesen stabilen Schild folgt eine Lage Supraisolation (Abbildung 8). DieseBodenisolation wird sorgfältig mitder bereits vorhandenen Isolationverklebt, die den Schild umgibt.Nach dem Anbringen dieser Iso-lation wird der innere Strahlungs-schild gegen den äußeren verspannt- dies geschiet mit derselben GFK-Konstruktion wie vorher beim Heli-umtank - und der Boden des äuße-ren Schildes mit seinen 32 Schrau-ben befestigt. Eine weitere Lage Su-praisolation wird auf diesem Schildbefestigt, bevor dieser gegen denStickstofftankt verstrebt wird. DerStickstofftank präsentiert sich alserstaunlich dünner Zylinder mit nurca 6 cm Dicke. Der Boden diesesTanks, der als nächstes aufgesetzt wird, ist nur eine Metallplatte, die durchWärmeleitung die Temperatur des Stickstoffs annimmt. Würde man also vonunten Bohren, fände man keinen flüssigen Stickstoff.Der Stickstofftank seinerseits ist von sechs Lagen Supraisolation umgeben,

in die zur Vermei-dung von punkt-förmigen Druck-stellen zwei etwasdickere - und somitsteifere - verspie-gelte PP-Folien ein-gebracht sind. Sinddiese Isolierungenangebracht, so wirdder Stickstofftankseinerseits gegendie Außenwandungdes Kryostaten ver-spannt. Den Ab-schluß bildet dieMontage der end-gültigen Boden-platte aus anti-

magnetischem Stahl und des Sockels. Diese Arbeiten, die hauptsächlich ausdem Verkleben der Isolationslagen bestehen, dauern etwa zwei Tage.Im Anschluß daran wird die Raumtemperaturbohrung installiert. Dazu wirdein Rohr aus poliertem Kupfer innen in den Durchlaß des Heliumtanks ein-geführt und mit dem Stickstofftank verschraubt. Während der Montage wirddas Rohr zunächst an den Berührungspunkten mit dem Stickstofftank elek-trisch isoliert. So kann durch einfache Leitfähigkeitsmessung festgestelltwerden, ob - etwa durch schlechtes Zentrieren der Verstrebungen - eindirekter Kontakt mit dem Heliumtank vorliegt. Pfeift das Meßgerät, so dürfen

Supraisolation

Die Supraisolation besteht aus dünnenPolypropylenfolien, die mit Aluminiumbedampft sind, und somit über ein sehrhohes Reflexionsvermögen verfügen(ε ≅ 0.05). Jede dieser Folien wirkt alsStrahlungsschild. Zwischen diesen Folienbefindet sich ein grobes Gewebe ausPolypropylen, das einen direkten Kontaktzwischen den Folien verhindert. Bei nichtzu starker oder punktförmigermechanischer Belastung liefert dieWärmeleitung nur einen verschwindendgeringen Beitrag, da die Wärmewege in derRegel sehr lang sind.Je zwölf Lagen Reflexionsfolie und Gazebilden eine Schicht der Supraisolation.

Abbildung 8: Supraisolation. Die einzelnen Lagenverspiegelter PP-Folie sind duch grobe Gaze getrennt.

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die Monteure alles wieder auspacken... Ist kein direkter Kontakt vorhanden,so werden die Plastikisolatoren wieder ausgebaut und der Strahlungsschildin der Bohrung endgültig verschraubt.Zuletzt wird die eigentliche ‘Bohrung’ installiert. Dieses Rohr, in das derProbenkopf mit den Shimspulen eingeführt werden, trennt den äußerenLuftdruck vom Vakuum im innern des Kryostaten. Wie bei dem Kupferschildwird auch hier elektrisch auf eventuelle Kontaktstellen getestet, bevor dasRohr endgültig festgeflanscht wird.Zwischen der RT-Bohrung und dem flüssigen Helium befindet sich beidiesem Kryostaten nur ein einziges, auf 77 K (Stickstoff) temperiertes Rohr.

3.4 Evakuierung

Um jegliche Art von Wärmeleitung durch Konvektion zu minimieren wird dergesammte Kryostat evakuiert.Zuvor jedoch wird der Behälter evakutiert und wieder mit reinem Stickstoffgeflutet. Nach ca. 30 Minuten Wartezeit, um die Einstellung von Adsorptios-Desorptionsgleichgewichten zu ermöglichen, wird erneut evakuiert. DieserZyklus wird insgesammt acht mal wiederholt und entfernt vor allemHeliumreste, die in den Isolationslagen adsorbiert sind. Reste anderer Gasefrieren beim Kühlen am Heliumtank aus, ihr Dampfdruck bei 4.2 K istminimal. Helium selbst liegt jedoch noch mit genügendem Druck gasförmigvor, um durch Konvektion eine signifikante Verschlechterung derIsolationsqualität zu verursachen. Helium ist - im Gegensatz zu Wasserstoff,der ebenfalls störend wirken könnte - in dieser Beziehung hohem Maße inder Atmosphäre bzw. herstellungsbedingt noch in der Isolation vorhanden(vgl. Test auf Dichtigkeit).Insgesammt werden dabei zwei Bomben Reinstickstoff verbraucht.Nach dem letzten Fluten wird der Kroystat auf 10-5 mbar evakuiert, wozuetwa zehn Tage Pumpen notwendig sind. Unter diesen Bedingungen findetdie Wärmeübertragung fast ausschließlich durch Strahlung statt. Der größteWärmestrom dürfte dabei über die Wandungen der RT-Bohrung fließen, wosich keine Strahlungsschild befinden.Bei letzten Evakuieren des Kryostaten wird an den Auslaß derVakuumpumpe ein Heliumdetektor angeschlossen. Um nun den Kryostatenauf seine Dichtigkeit zu untersuchen, werden zuerst sämtliche äußerenNähte und Flansche mit Helium aus einer Gasflasche umspült. Sind dieseVerbindungen nicht dicht, so dringt durch sie Helium in den Innenraum undwird vom Detektor erfasst. Nach dem Test aller äußeren Dichtungen werdender Stickstoff- und dann der Heliumtank mit gasförmigem Helium gefülltund so ebenfalls auf absolte Dichtigkeit kontrolliert. Dabei werden derStickstoff- und besonders der Heliumtank gleichzeitig von Resten andererGase und von Luftfeuchtigkeit befreit.

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3.5 Kühlung

Nach dem Evakuieren wird zuerst der Stickstofftank mit flüssigem Stickstoffbefüllt. Bei diesem erstmaligen Befüllen fließt der flüssige Stickstoff, im Ge-gensatz zum spätern Nachfüllen, durch die sog. Vorkühleinheit. Diese ist einWärmetauscher, der sich imzu diesem Zeitpunkt mit He-liumgas gefüllten Helium-tankt befindet (Abbildung 9).In Laufe von dreieinhalb Ta-gen kühlt sich der gesammteRaum innerhalb des Stick-stofftanks durch Wärmeab-strahlung auf 77 K ab. Dieswird als Vorkühlung be-zeichnet und benötigt etwa3000 l flüssigen Stickstoff,der Stickstofftank selbst faßt260 l.Nach dieser Vorkühlung wirdder Heliumtank mit flüssi-gem Helium gefüllt. Ähnlichwie beim Stickstoff wird dasflüssige Helium zur besserenEinkühlung durch einen Sy-phon auf den Boden desTanks geleitet, beim Nachfül-len während des Betriebswird hingegen wieder nurvon oben nachgefüllt. Da dasHelium mit der Hauptspulein direktem Kontakt steht,erreicht diese in zehn Stun-den die Temperatur von4.2 K. Für diesen Vorgangwerden ca. 3000 Liter flüs-siges Helium verbraucht,etwa 2000 Liter verdampfendabei, der Rest füllt denHeliumtank. Der Heliumtankist in zwei Bereiche unter-teilt, die durch die ‘thermalbarrier’ getrennt sind. Derobere Bereich enthält einenVorrat an flüssigen Helium von 4.2 K. In diesem Bereich befindet sich derFüllstandsmesser für den Heliumlevel. Bei 0% steht der Pegel knapp überder thermal barrier, 100% erreicht man durch Nachfüllen von 230 l Helium,bis zum Überlaufen passen nochmals 30 l flüssigen Helium in den Tank. Deruntere Bereich enthält die Joule-Thomson Kühleinheit und ist imNormalbetrieb mit einem großem Volumen Helium von knapp über 2 K

Abbildung 9: Innenleben des Kryostaten.Außen der flache Stickstofftank, innen derHeliumtank mit ‘thermal barrier’ undVorkühleinheit, im Zentrum die Spulen.

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gefüllt. Daher darf auch im Betrieb nicht über den Syphon nachgefülltwerden, denn durch 4.2 K‘heißes’ Helium würde dieSprungtemperatur der Spuleüberschritten werden.Zu diesem Zeitpunkt kann bereitsdie Joule-Thomson-Kühlung ak-tiviert werden. Dieses Kühlele-ment besteht aus einer Verdamp-ferkammer, die mittels einer Va-kuumpumpe evakuiert wird. Indiese Kammer wird über ein Na-delventil regelbar flüssiges He-lium eingesaugt. Durch die Ver-dampfungsenthalpie des Heliums- und durch gute Einstellung des Ventils - wird das die Spule umgebendeHelium auf 2.16 K abgekühlt. Dies ist die Temperatur bei der die Spule, diebis 800 MHz (17.8T) ausgelegt ist, betrieben werden muß, um auch in denBereichen höchster Flußdichte supraleitend zu bleiben.Etwa zwölf Stunden nach Inbetriebnahme dieser Kühlung kann mit dem La-den des Magneten begonnen werden.

3.6 Laden des Magneten

Zum Laden des Magneten müssen alle Spulenan eine externe Stromquelle angeschlossen wer-den. Dieser Kontakt wird mit den sog. Strom-stäben hergestellt. Einer dieser Stromstäbe be-steht aus nur zwei dicken Leitungen, über ihnwird die Hauptspule geladen, der zweite enthälteine ganze Reihe dünner Drähte, über die dieHeizspannungen geschaltet und die Kryoshimsgeladen werden. Dabei ist jedes Segment derSpule mit einer heizbaren Supraleitbrückeparallel geschaltet (Abbildung 10). Im supra-leitenden Zustand haben weder der Spulen-abschnitt noch die Brücke ohm’schen Wider-stand, doch besitzt die Spule einen induktivenWiderstand. Solange die Drahtbrücke des jeweiligen Abschitts supraleitendist, wird ein von außen kommender Strom über diese Brücke fließen. Wennman aber die Heizung des Drahtes aktiviert, dann wird dieser über seineSprungtemperatur hinaus erwärmt und entwickelt nun ohm’schen Wider-stand. Der Strom wird somit durch die Spule gezwungen (Abbildung 11). DieStromänderung in der Spule induziert jedoch eine Gegenspannung

U = L * dIdt

L = Induktivität, dI = Stromänderung, dt = Zeitänderung

Flüssiges HeliumFlüssiges Helium ist ein merkwürdiges Zeug:Die spezifische Dichte am Siedepunkt (4.2 K)liegt bei 0.126 kg/l, damit ist flüssiges He-lium nach Wasserstoff (0.07 kg/l) die leichte-ste Flüssigkeit. Die Verdampfungsenthalpieist mit 20.6 kJ/kg zehnmal kleiner als die vonflüssigem Stickstoff und beträgt somit nur einhundertstel der des Wassers. Der Literpreisbeträgt - auch nach längeren Verhandlungenund 3000 l Abnahmemenge - 9 DM/Liter,Stickstoff zum Vergleich kostet die TUM nur0.20 DM/Liter.

- +

Heizung

Hauptspule

Abbildung 10: Schalt-schema der Spule

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Das bedeutet, je größer mandie Ladespannung wählt, de-sto schneller kann man - beieingeschalteter Heizung - denStrom durch die Spule erhö-hen, deren Induktivität ne-benbei 140 H (MAGNEX), bzw230 H (BRUKER) beträgt. Da-bei fließt aber auch ein derSpannung entsprechender Teildes Stroms durch den Wider-standsdraht (I = U/R) undheizt diesen. Daher kann mandie Ladespannung nicht be-liebig groß wählen: Ab einergewissen Ladespannung könnte man die Heizung abschalten, da die eigeneHeizleistung ausreicht, irgendwann jedoch würde der Widerstandsdrahtmehr Wärme entwickeln, als vor den Kontaktpunkten des Stromstabesabgeführt werden kann, und diese ebenfalls über die Sprungtemperaturerwärmen. Die Folge wäre ein Quench.Wenn in der Spule der gewünschte Strom erreicht ist, dann wird die La-despannung auf Null gestellt (keine weiter Stromerhöhung mehr) und dieHeizung des Widerstandsdrahtes abgestellt. Der Spulenstromkreis wird da-durch über diese nun supraleitende Brücke geschlossen, so daß der Strom-stab entfernt werden kann, oder Ladevorgänge in anderen Segmenten ein-geleitet werden können.Im allgemeinen wird erst die Hauptspule geladen, dann folgen die Kroyshim-spulen. Während dem Laden der Hauptspule werden in den KryoshimspulenStröme induziert, dieser Effekt ist bei der z0-Spule besonders ausgeprägt, dasie parallel zur Hauptspule steht. Aus diesem Grund wird während dem La-den der Hauptspule die Überbrückung der z0-Spule ständig beheizt, umdiese induzierten Überströme abzubauen. Diese werden dabei im Widerstandin Wärme umgewandelt und so abgeführt. Die anderen Shimspulen werdenin regelmäßigen Abständen, etwa einmal pro Minute, aus demselben Grundebenfalls beheizt. Da diese Spulen nicht mit dem Hauptfeld parallel liegen,sind die Induktionen geringer und es muß weniger Strom abgeführt werden.

Das Entladen der Spule läuft sinngemäß ebenso ab,nur das eben die Stromstärke bis auf Null verringertwird. Beim Beginn des Entladens lauert jedoch einesubtile kleine Teufelei: Vor dem Einschalten der Hei-zung muß der Strom des (Ent-)Ladegerätes demStrom in der Spule angepaßt werden, denn wenn dieDifferenz zu groß ist, gibt es einen Spannungsstoßan der Brücke (dI ¹ 0, dt ® 0), die infolgedessenüberhitzt und den Rest der Spule quencht.In der Praxis umgeht man diese Schwierigkeit durchden Einsatz von Freilaufdioden. Eine Diode ist einelektronisches Bauteil, das den Strom in einer Rich-tung (theoretisch) ungehindert passieren läßt undihn in der anderen Richtung sperrt (Abbildung 12).

- +

R

- +

Mit Heizung Ohne Heizung

Stromfluß

Abbildung 11: Laden der Supraleitspule(links) und Betriebszustand (rechts).

+ -

- +

Stromfluß

Kein Strom

Abbildung 12: Symbol und Wir-kung einer Diode.

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In der Praxis haben Dioden auch in der Durchlaßrichtung eine gewisseGegenspannung. (Macht man diese Not zur Tugend, so erhält manZenerdioden.) Die von der Firma BRUKER verwendeten Dioden haben eineGegenspannung von 0.7 V, durch zwei Dioden in Serie kann die maximaleSpannungsdifferenz an der Brücke 1.4 V betragen, höhere Spannungen

fließen über die Freilaufdioden (Abbildung 13). Die Magnete von MAGNEXsind mit zwei antiparallelen Dioden versehen, was auch die maximaleLadespannung limitiert. Die Freilaufdioden ermöglichen auch eineNotabschaltung des Magneten: Wenn unbedingt nötig kann man denMagneten durch Einschalten der Heizspannung ohne Entladegerät nur überdie Diode herunterfahren.Diese Methode ist zwar besser als ein Quench, aber immer noch recht hart.Im Normalfall wird der Magnet im Verlauf eines halben Tages geladen, bzw.entladen, wobei besonders im oberen Stromberich äußerst vorsichtig vorge-gangen wird. Der Maximalstrom im BRUKER-Magnet beträgt 194 A, beiMAGNEX sind es sogar 250 A, also beides Werte, mit denen man problemlosgleich mehrere elektrische Schweißgeräte betreiben könnte.Zum Laden gibt es eigene Wertetabellen:

U /mV I / A t / min2000 0 - 80 1531500 80 - 140 153125 0.25% überladen 12

Ab diesem Zeitpunkt muß die Temperatur der Spule bei 2.16 K liegen,die Temperatur wird mit zwei Sensoren elektrisch ermittelt

(NTC-Widerstände, deren Widerstand über einem Minimim liegen muß)1000 140 - 151 42950 151 - 180 117600 180 - 185 32400 185 - 186 9250 186 - 191 76200 191 - 193 38150 193 - Feld (194) 25150 0.25% überladen 12

RdU

Abbildung 13: Links: Spule im Normalbetrieb. Rechts: Spule bei akti-vierter Heizung, der größte Teil des Stromes fließt über die Freilaufdiode.

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Bei diesem Ladevorgang wird die Stromstärke gegen Ende nurmehr ganzvorsichtig erhöht, da kurz oberhalb von 194 A die kritische Stromstärkeereicht ist. Auch beim Entladen wird anfangs die Stromstärke nur ganzallmälich reduziert, erst unterhalb von 160 A wird dann zügig reduziert.

3.7 Was nicht geschehen sollte - ein Quench

3.7.1 Viele Ursachen führen zur gleichenWirkung

Verliert das Material der Spule aneiner Stelle seine supraleitendenEigenschaften, so tritt an dieser Stelleeine Wärmeentwicklung auf. Solangedie Kühlung durch das flüssigeHelium diese Wärme abführen kann,ist die einzige Wirkung diesesDefektes ein lansames Driften desFeldes, hervorgerufen durch die Umwandlung der Energie des Magnetfeldesim Wärme. Solche kleinen Fehlstellen sind z.B. Joints. Diese führen zu einerFelddrift von ca. 10 Hz/h, d.h. 1.25*10-6% der anfänglichen Feldenenergiewerden pro Stunde verheizt, bei 4.75 MJ entspricht das einer Heizleistungvon 1.65*10-5 W, die pro Tag etwa 0.55 ml flüssiges Helium verdampft. ImVergleich zu den Verlusten durch Wärmeleitung von außen, ca 180 ml, istdies vernachlässigbar wenig.Übersteigt die Heizleistung jedoch die Kühlleistung des Heliums, d.h. wirddie Wärme schneller produziert als Helium durch die Spule ‘nachsickern’kann, so erwärmt sich das Material lokal und diese Wärme wird über dieWärmeleitung des Materials an benachbarte Bereiche des Supraleitersweitergegeben. Diese übersteigen nun ebenfalls die Sprungtemperatur undheizen nach dem Wiedereinsetzen des elektrischen Widerstandes mit.Innerhalb weniger Sekunden erfasst diese Kettenreaktion, die sich (in Nb3Sn)mit 181 cm/s ausbreitet, die gesammte Spule, deren magnetischeFeldenergie dabei in Wärme umgesetzt wird. Das flüssige Helium in derSpule verdampft und bildet einen wärmeisolierenden Gasfilm um diese. Erstnachdem das eigentliche Geschehen des Quenches bereits vorrüber ist,beginnt das umgebende flüssige Heliums zu sieden, bis der Spulenkörperwieder auf 4.2 K abgekült ist.Die Gefahren eines Quenches sind zum einen die mechanischenBelastungen der Spule - schnelle Kontraktion durch den Verlust desMagnetfeldes sowie schnelle und vor allem ungleichmäßigeWärmeausdehnung - die zum Reißen von Drähten, besonders derer ausNb3Sn, führen kann, und zum anderen eine mögliche Erstickungsgefahrdurch das in großen Mengen entweichende Helium.Die Supraleitfähigkeit geht i.a. durch eine magnetische Überladung einerSpule verloren, d.h. wenn durch das zunehmende Magnetfeld die kritische

Die Energie des Magnetfeldeskann aus der Induktivität und demfließenden Strom errechnet werden

E =½ L * I2

L = Induktivität, I = Strom.

Setzt man die Daten der MAGNEX-Spuleein, so erhält man 4.375 MJ, für dieBRUKER-Spule ergibt sich eine Energievon 4.328 MJ.In den Dokumentationen ist dieFeldenergie mit 4.75 bzw. 4.5 MJangegeben. Die Firmen wahren sicheinige Geheimnisse....

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Temperatur unter die tatsächliche Temperatur der Spule sinkt. Dies kanneinfach durch Überladen des Magneten beim Hochfahren geschehen, oder,etwas subtiler, durch Induktion von zusätzlichen Strömen in denKryoshimspulen beim Laden oder Entladen der Hauptspule. Nach demPrinzip eines Transformators werden in den kleinen Kryoshimspulen großeStröme induziert, wenn sich in der Hauptspule das Feld ändert. Der Quenchbeginnt dann in der betroffenen Shimspule, erfasst jedoch durch dieWärmeleitug rasch auch die Hauptspule.Derartige Induktionen können auch durch mechanische Bewegungenherbeigeführt werden. Beim Laden der Hauptspule dehnt sich diese durchdas sich aufbauende Magnetfeld aus. Diese theoretisch kontinuierlicheAusdehnung kann sich auch in kleinen ‘Spulenbeben’ plötzlich entladen.Dabei werden dann Leiter schnell durch das Magnetfeld bewegt, was zuInduktionen führt. Beim Entladen gilt sinngemäß dasselbe. KleinereQuenches zu Beginn des Ladens kommen des öfteren vor, sind jedoch wegender geringen Energie harmlos.Aber auch mechanische Ursachen, wie etwa das Reißen einer Leiterwindung,lösen diesen Effekt aus (Der Riß wirkt als Widerstand, der durch einenFunken überbrückt wird: Wärmeentwicklung, Überschreiten derSprungtemperatur, usw.).

3.7.2 Zur Thermodynamik eines Quenches

Beim quenchen wird die gesammte Energie des Magnetfeldes, 4.75 MJ, inWärme umgewandelt, die den Spulenkörper erwärmt, bevor sie durchVerdampfen von flüssigem Helium abgeführt wird.Es gilt

DE = DT * cPcP = Wärmekapazität, DE = Zugeführte Energie, DT = Temperaturdifferenz

Bei tiefen Temperaturen ist cP jedoch nicht konstant, sondern eine Funktionder Temperatur (~ T3, vgl PC IV - Vorlesung ). Dies macht die Berechnung derTemperaturzunahme des Spulenkörpers etwas komplizierter

DE = PT

T

ck

h

dT∫Tk = Anfangstemperatur, Th = Endtemperatur

Das Gesamtgewicht der Spule beträgt ziemlich genau 1 t. Sie besteht ausden Supraleitern in einer Kupermatrix. Für eine exakte Berechnung von cp

müßte man die genauen Anteile von Kupfer, Bronze, Niob/Zinn, Niob/Titanund Tantal kennen. Diese sind aber Betriebsinterna von BRUKER. Da sichjedoch die Wärmekapazitäten der Metalle nicht allzusehr unterschieden undauch diese Rechnung nur einen Richtwert für die Temperaturerhöhungliefern soll, wird im folgenden reines Kupfer als Grundlage verwendet(Abbildung 14).

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Zu Beginn läßt sich diese Kurve sehr gut mit einer kubischen Parabel fitten(Ausrechnen ist eine Sache - Sehen eine ganz andere), bei höherenTemperaturen treten jedoch auch bei Polynomen höheren GradesAbweichunen auf. Daher wurde die Integration nach der Trapezmethodeausgeführt. Im folgenden Diagramm (Abbildung 15) ist das Integral

Wärmekapazität von Kupfer

0

5

10

15

20

25

0 50 100 150 200 250 300

T [K]

Cp

[J/m

ol/K

]

Abbildung 14: Die spezifische Wärmekapazität von Kupferin Abhänigkeit der Temperatur.

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

0 250 500 750 1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000E [J/mol]

T [K

]

Abbildung 15: Erzielte Temperaturerhöhung in Abhänigkeit derzugeführten Wärmemenge. Anfangs ist die Wärmekapazität minimal

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(= zugeführte Energie) gegen die erzielte Temperaturänderung aufgetragen.Der Nullpunkt bezieht sich auf 2 K, obwohl diese Genauigkeit wegen der hierextrem gringen cp-Werte keine allzugroße Bedeutung hat.1000 kg Kupfer entsprechen 15750 mol. Wird die Energie von 4.75 MJgleichmäßig über die gesammte Spule verteilt, so entspricht dies einerEnergiemenge von 300 J/mol. Daraus resultiert nach obigem Diagramm eineErwärmung um ca. 75 K.Die Stellen der Spule jedoch, an denen der Quench begann, die sog. hotspots, können noch um ein Vielfaches heißer werden. Diese plötzlicheWärmeausdehnung ist pures Gift für die Spulen, besonders für dasempfindliche Nb3Sn. Laut Firma Bruker übersteht der vorliegende Magnetzwei Queches, danach gibt es keine Garantien mehr.

Zuletzt noch einige Berechnunen zur Menge des bei Quench verheiztenHeliums:Die Verdampfungsenthalpie von flüssigem Helium beträgt 20.6 kJ/kg, dieDichte am Siedepunkt beträgt 0.126 kg/l.Nach einem Quench müssen aus der Spule 4.75 MJ abgeführt werden, bisdiese wieder auf die Temperatur des flüssigen Helium abgekühlt ist, und dasBrodeln im Kryostaten wieder von der Ruhe des Normalzustandes abgelöstwird (oder von der ewigen Ruhe, sollte die Spule gegrillt worden sein...).

4.75*103 kJ / 20.6 (kJ/kg) = 230 kg230 kg / 0.126 (kg/l) = 1830 l

Bei einem Quench werden also etwa 2000 Liter flüssiges Helium (á 10.-- DM)verdampft, das ergibt ca. 1200 m3 Heliumgas - was auch die ‘großzügige’Lüftungsanlage im Neubau erklären dürfte.Zufällig liegt die Endtemperatur einer frisch gequenchten Spule bei etwa77 K, der Temperatur des flüssigen Stickstoffs. Das bedeutet, das auch dieHeliummenge, die beim Einkühlen des Magneten verdampft wird, mit derbeim Quench verbrauchten in etwa identisch ist.