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Thema des Monats Verbraucherbildung in der Schule Ziel der Verbraucherbildung in den niedersächsischen Schulen soll es sein, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, ein reflektiertes und selbstbestimmtes Konsumverhalten zu ent- wickeln. Die Freiheit der individuellen Konsumentscheidung und die gesellschaftliche Verantwortung schließen sich dabei nicht aus. Verbraucherbildung soll in allen Schulformen Be- standteil allgemeiner Bildung sein. Verbraucherbildung und die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler: vier Handlungsfelder Verbraucherbildung betrifft die Kinder und Jugendlichen in je- dem Alter direkt, wie dies zahlreiche aktuelle Bezugspunkte zeigen. Kinder und Jugendliche haben in den letzten Jahren an Kauf- kraft gewonnen. Sie sind heute eine bevorzugte Zielgruppe für Unternehmen und ihre Produktvermarktung. Damit steigen die Anforderungen an Kinder und Jugendliche, was Kenntnisse des wirtschaftlichen Handelns anbelangt. Kinder und Jugendliche verfügen über unterschiedlich ausge- prägtes Orientierungswissen zu Ernährung und Gesundheit. Sie benötigen vertiefte Kenntnisse, um im Alltag bewusste Entscheidungen für eine gesundheitsorientierte Ernährung und Lebensweise treffen zu können, die ökonomische Dimen- sionen mit ökologischen Herausforderungen verknüpft. Medien stellen heutzutage einen integralen Bestandteil im Leben von Kindern und Jugendlichen dar. Kritisches Hinterfra- gen des eigenen Medienhandelns muss schrittweise erlernt werden, um sachgerechte und unabhängige Entscheidungen treffen zu können. Einen wachsenden Einfluss auf den Konsum von Kindern und Jugendlichen hat die soziale Anerkennung der Gleichaltrigen aufgrund ihres Lebensstils. Kinder und Jugendliche müssen er- kennen, dass zum Beispiel Mobilität, Konsum- und Freizeit- verhalten mit Auswirkungen auf Ressourcen- und Energiever- brauch und soziale Fragestellungen im globalen Zusammen- hang zu betrachten sind. Daraus ergibt sich, dass Verbraucherbildung insbesondere in den folgenden vier Bereichen eine Rolle spielt: Finanzen, Marktgeschehen und Verbraucherrecht Ernährung und Gesundheit Medien und Information Nachhaltiger Konsum und Globalisierung Verbraucherbildung als Querschnitts - aufgabe im Unterricht des Primarbereichs und des Sekundarbereichs I Fragen der Verbraucherbildung werden in Niedersachsen im Rahmen eines integrativen Ansatzes in den Kerncurricula un- terschiedlicher Unterrichtsfächer und Schulformen themati- siert. Die Handlungsfelder und Themenbeispiele zielen insbe- sondere auf die Kerncurricula folgender Fächer: Sachunterricht Wirtschaft Hauswirtschaft Technik Politik Erdkunde Verzahnungen mit weiteren Fächern sind erforderlich. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die oben genannten Unter- richtsfächer in den Stundentafeln der Schulformen in einzel- nen Schuljahrgängen nicht vorgesehen sind. Darüber hinaus kann eine weitere Vertiefung und Ausweitung diverser Lernbereiche und Querschnittsthemen des Pflichtun- terrichts durch Kurse und Arbeitsgemeinschaften im Ganz- tagsbereich erreicht werden. Damit wird zugleich eine sinn- volle Verzahnung von Unterricht und außerunterrichtlichen Aktivitäten im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsangebotes gewährleistet. Viele Inhalte und Themen, die der Verbraucherbildung zuzu- ordnen sind, werden bereits im Unterricht behandelt. Die er- warteten Kompetenzen dazu sind in den Kerncurricula für die einzelnen Unterrichtsfächer aufgeführt. Auf den folgenden Seiten berichten vier Schulen aus Niedersachsen darüber, wie sie Verbraucherbildung in diesem Sinne in Unterricht und Schulleben verwirklichen. SVBl 8/2017 463 NICHTAMTLICHER TEIL / THEMA DES MONATS

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Thema des MonatsVerbraucherbildung in der Schule

Ziel der Verbraucherbildung in den niedersächsischen Schulensoll es sein, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, einreflektiertes und selbstbestimmtes Konsumverhalten zu ent-wickeln. Die Freiheit der individuellen Konsumentscheidungund die gesellschaftliche Verantwortung schließen sich dabeinicht aus. Verbraucherbildung soll in allen Schulformen Be-standteil allgemeiner Bildung sein.

Verbraucherbildung und die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler: vier HandlungsfelderVerbraucherbildung betrifft die Kinder und Jugendlichen in je-dem Alter direkt, wie dies zahlreiche aktuelle Bezugspunktezeigen.

Kinder und Jugendliche haben in den letzten Jahren an Kauf-kraft gewonnen. Sie sind heute eine bevorzugte Zielgruppe fürUnternehmen und ihre Produktvermarktung. Damit steigendie Anforderungen an Kinder und Jugendliche, was Kenntnissedes wirtschaftlichen Handelns anbelangt.

Kinder und Jugendliche verfügen über unterschiedlich ausge-prägtes Orientierungswissen zu Ernährung und Gesundheit.Sie benötigen vertiefte Kenntnisse, um im Alltag bewussteEntscheidungen für eine gesundheitsorientierte Ernährungund Lebensweise treffen zu können, die ökonomische Dimen-sionen mit ökologischen Herausforderungen verknüpft.

Medien stellen heutzutage einen integralen Bestandteil imLeben von Kindern und Jugendlichen dar. Kritisches Hinterfra-gen des eigenen Medienhandelns muss schrittweise erlernt

werden, um sachgerechte und unabhängige Entscheidungentreffen zu können.

Einen wachsenden Einfluss auf den Konsum von Kindern undJugendlichen hat die soziale Anerkennung der Gleichaltrigenaufgrund ihres Lebensstils. Kinder und Jugendliche müssen er-kennen, dass zum Beispiel Mobilität, Konsum- und Freizeit-verhalten mit Auswirkungen auf Ressourcen- und Energiever-brauch und soziale Fragestellungen im globalen Zusammen-hang zu betrachten sind.

Daraus ergibt sich, dass Verbraucherbildung insbesondere inden folgenden vier Bereichen eine Rolle spielt:

– Finanzen, Marktgeschehen und Verbraucherrecht– Ernährung und Gesundheit– Medien und Information– Nachhaltiger Konsum und Globalisierung

Verbraucherbildung als Querschnitts -aufgabe im Unterricht des Primarbereichsund des Sekundarbereichs IFragen der Verbraucherbildung werden in Niedersachsen imRahmen eines integrativen Ansatzes in den Kerncurricula un-terschiedlicher Unterrichtsfächer und Schulformen themati-siert. Die Handlungsfelder und Themenbeispiele zielen insbe-sondere auf die Kerncurricula folgender Fächer:

– Sachunterricht– Wirtschaft– Hauswirtschaft– Technik– Politik– Erdkunde

Verzahnungen mit weiteren Fächern sind erforderlich. Diestrifft insbesondere dann zu, wenn die oben genannten Unter-richtsfächer in den Stundentafeln der Schulformen in einzel-nen Schuljahrgängen nicht vorgesehen sind.

Darüber hinaus kann eine weitere Vertiefung und Ausweitungdiverser Lernbereiche und Querschnittsthemen des Pflichtun-terrichts durch Kurse und Arbeitsgemeinschaften im Ganz-tagsbereich erreicht werden. Damit wird zugleich eine sinn-volle Verzahnung von Unterricht und außerunterrichtlichenAktivi täten im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsangebotesgewährleistet.

Viele Inhalte und Themen, die der Verbraucherbildung zuzu-ordnen sind, werden bereits im Unterricht behandelt. Die er-warteten Kompetenzen dazu sind in den Kerncurricula für dieeinzelnen Unterrichtsfächer aufgeführt. Auf den folgendenSeiten berichten vier Schulen aus Niedersachsen darüber, wiesie Verbraucherbildung in diesem Sinne in Unterricht undSchulleben verwirklichen.

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An der Henning-von-Tresckow-Grundschule in Hannover istein Schwerpunkt der Verbraucherbildung die gesunde undumweltbewusste Ernährung. „Wir haben damit vor langer Zeitangefangen und besitzen deshalb nicht nur viel Erfahrung,sondern auch viele Partner und Unterstützer in der Schuleund außerhalb“, sagt Ulrike Nötel-Duwe, die die Schule seitihrer Gründung vor 22 Jahren leitet.

Kostenloses FrühstückEin Baustein ist das gesunde Frühstück in der ersten Hälfteder großen Pause, die insgesamt 35 Minuten dauert. Von9.45 Uhr bis 10.10 Uhr steht für die Kinder eine reiche Aus-wahl an Obst, Joghurt, Eiern sowie frischem Brot und Käsebereit. „Die Kinder sollen in Ruhe in den Klassenräumen undin der Schulmensa essen und dürfen nicht mit dem Essen aufden Pausenhof gehen“, erläutert Frau Nötel-Duwe. Damit zumToben noch genügend Zeit bleibt, wird das Frühstücksbuffetum 10.10 Uhr geschlossen. Wie wichtig in der Schule das be-wusste Essen genommen wird, schlägt sich bereits im Namender Mensa nieder: „Tresckowrante“.

Die Zutaten für das Frühstück werden zweimal in der Wochefrisch geliefert, das Brot sogar täglich. Die Vorbereitung derObst- und Rohkost-Tabletts für die Pause beginnt morgens ab7 Uhr unter aktiver Beteiligung von Kindern, die zur Frühbe-treuung bereits in der Schule sind. Alle Kinder haben An-spruch auf dieses Essen, und die Eltern bezahlen nur einensymbolischen Betrag pro Jahr dafür. Das Obst kommt aus demObst- und Gemüseprogramm der Europäischen Union; dane-ben gibt es eine große finanzielle Unterstützung von der Stif-tung „Hilfe für unsere Kinder“. Frau Nötel-Duwe: „Kein Kindmuss bei uns Geld bezahlen, um gesund zu frühstücken.“

Eltern und Kinder als VerbündeteDamit die Eltern diese gesunde Schul-Esskultur verstehen undunterstützen, werden sie früh darauf eingestimmt. „Er näh -rung“ steht deshalb ganz oben auf der Themenliste bei denzwei Elternabenden vor der Einschulung, die die Schuledurchführt. Da erläutern nicht nur Schulleiterin und Lehrkräf-te Grundprinzipien einer gesunden und umweltbewusstenErnährung. Es wird oft auch eine Expertin als Gastrednerineingeladen, um der Botschaft Nachdruck zu verleihen.

Später werden dann die Kinder selbst zu Missionaren im El-ternhaus. So erinnert sich Ulrike Nötel-Duwe gern an eineMutter, die nach den Weihnachtsferien berichtete: „Wir hat-ten richtig Ärger mit unserer Tochter, weil wir Ende Dezembervon fern eingeflogene Erdbeeren aufgetischt haben.“ DieTochter hatte sich den schulischen Vorrang für saisonale undregionale Produkte zu Herzen genommen.

Gesund essen lernen in der Schule

Verbraucherbildung an der Henning-von-Tresckow-Grundschule in Hannover

Vegetarisches MittagessenDer zweite Baustein der gesunden Ernährung ist das Mittag -essen. Von den 210 Kindern an der Schule nehmen fast 190zumindest tageweise daran teil. Als Raum steht wiederum das„Tresckowrante“ zur Verfügung, das sich zusammen mit einerCateringküche in einem neuen Anbau befindet. Das Essenkann zum großen Bedauern der Schule nicht in der Schul-küche selbst zubereitet werden. Aber der externe Partner istganz in der Nähe und hat sich aus der Elternschaft heraus ei-gens gegründet, um die Schule frisch beliefern zu können.

Das Essensangebot hat ein klares Profil: Es ist vegetarisch,ohne Zusatzstoffe, frisch gekocht und überwiegend aus Bio-produkten. Das ist gesund, umweltfreundlich und praktisch,weil so keine kulturellen Besonderheiten wie das Schweine-fleischverbot bei bestimmten Religionen zu beachten sind.Das Mittagessen ist nicht kostenlos, aber dank der städtischenBezuschussung sehr günstig. Wenn ein Kind mal nicht bezah-len kann, wird „angeschrieben“.

UNESCO-Projekttage zur VertiefungFür die unterrichtliche Vertiefung im Sinne der Agenda 2030sorgen der reguläre Klassenunterricht sowie regelmäßigdurchgeführte UNESCO-Projekttage. Ulrike Nötel-Duwe: „AlsUNESCO-Projektschule setzen wir uns für Frieden, Gerechtig-keit, Verständnis, Toleranz, Gleichberechtigung und Nachhal-tigkeit ein. Auch Ernährung spielt dabei eine wichtige Rolle.“Bei den Projekttagen geht es unter anderem um Fragen wie:Wie wirkt sich mein Essverhalten auf mich, auf andere Men-schen, auf Tiere und auf die Umwelt aus? Zur Beantwortungrecherchierten die Schülerinnen und Schüler auf dem Wo-chenmarkt, probierten internationale Rezepte, kreiertenSüßigkeiten ohne Zucker. Sie fanden Antworten auf Fragenwie: Was braucht der Körper wirklich? Worauf könnte ich ver-zichten? Wo gibt es Hunger auf der Welt? So werden in dieserGrundschule die Weichen für eines der 17 Ziele der Agenda2030 gestellt: „Ein gesundes Leben für alle Menschen jedenAlters gewährleisten und ihr Wohlbefinden fördern“.

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Schwerpunkt im naturwissenschaftlichen Bereich. Ein Bau-stein sind dabei Exkursionen zum benachbarten Dümmer. Die-ser See wird durch die Intensiv-Landwirtschaft und die damitverbundene intensive Düngung stark belastet.

„Wir untersuchen das Gewässer, entnehmen Wasserproben,mikroskopieren und analysieren sie auf ihre Zusammenset-zung“, sagt Lukas Breul. Dafür stehen die Räumlichkeiten undGeräte der Forschungsstation „Leben im Wasser“ am Düm-mer-Museum zur Verfügung. Sie gehören zum RegionalenUmweltbildungszentrum im Naturpark Dümmer, an das LukasBreul mit einigen Stunden abgeordnet ist. Wichtig ist demLehrer, dass die Jugendlichen die negativen Folgen der inten-siven Düngung auf das Ökosystem See selbst wahrnehmenund über die eigene Mitverantwortung als Konsument mitden anderen ins Gespräch kommen. „Da gibt es einfach ver-schiedene Interessen“, sagt er. In einer Art Rollenspiel nehmendie Lernenden die Perspektiven verschiedener Akteure ein.Jede bzw. jeder darf mal Landwirtin/Landwirt, Naturschütze-rin/Naturschützer, aber auch Verantwortliche/Verantwortli-cher für Touristik sein und merken, wie schwer es ist, für alleBeteiligten akzeptable Entscheidungen zum Schutz der Um-welt zu treffen. „Am Ende sollen nicht alle einer Meinungsein; aber ihnen sollen die Konsequenzen ihres alltäglichenHandelns für die Umwelt bewusst sein“, sagt Lukas Breul.Denn wir sind alle Verbraucher der Natur.

Bewusster Umgang mit Licht und Wasser

Verbraucherbildung an der Oberschule Bohmte

Klimabotschafter Bei der Beleuchtung von Innenräumen lässt sich viel Energie(und Geld) sparen, wenn man achtsam ist – und das sind dieKlimabotschafter an der Oberschule Bohmte bei Osnabrück.Die Schülerinnen und Schüler dieser Arbeitsgemeinschaft fra-gen sich seit Jahren: „Was können wir vor Ort für das Klimatun?“ Eine Antwort lautet: Das elektrische Licht nur da anma-chen, wo es gebraucht wird. In den Klassenräumen der Schulegibt es an der Decke drei Lichtleisten: an der Wandseite, inder Mitte und an der Fensterseite. „Die auf der Fensterseitebraucht man zumeist nicht“, sagt Lukas Breul, Betreuer derKlimabotschafter und langjähriger Fachlehrer für Mathematikund Naturwissenschaften an der Schule. Diese Botschaftüberbrachten die Klimabotschafter den verschiedenen Klassenihrer Schule, erläuterten ihnen den Umwelt-Mehrwert von re-duziertem Energieverbrauch und gewannen so ihre Altersge-nossen als Verbündete.

Eine weitere Kampagne der Gruppe betraf den Schulhofmüll.„Die Kinder stellten fest, dass der meiste Müll von Verpackun-gen der Pausensnacks stammte“, erinnert sich Lukas Breul.Daraus ergab sich das Projekt der umweltfreundlichen Brot-dose als wiederverwertbare Lebensmittelverpackung. Manentschied sich für eine Dose aus sehr haltbarem Hartplastikund entwickelte dazu ein Logo als Dosenaufkleber, um eineVerbindung zur Schule zu schaffen. Die Idee fand Unterstüt-zer: Die Schulkiosk-AG schoss das nötige Kapital vor, ein De-signbüro gab Tipps und druckte die Folien mit den Aufklebern.Über 100 Dosen wurden verkauft und helfen bis heute, Ver-packungsmüll in Bohmte zu vermeiden.

„Das Wichtigste war nicht der Verkauf der Dosen, sondern dieAufklärungsarbeit davor“, betont der Lehrer. „Die Jugendlichender AG haben das Produkt beworben, ihren Mitschülerinnenund -schülern erklärt, wie der Verpackungsmüll die Umweltbelastet und wie leicht man – zum Beispiel mit der Brotdose– gegensteuern kann.“ Die Gruppe entwarf dazu Plakate, da-mit sich das Anliegen der Müllvermeidung noch besser ein-prägte.

Die Klimabotschafter seien ein sehr dankbares Projekt für ihnals Lehrkraft gewesen, sagt Breul. Die Jugendlichen hättensehr viel sehr selbstständig erledigt, von der Planung über dieDurchführung bis zur Evaluation.

Natur-VersteherDie Klimabotschafter haben den Status einer Arbeitsgemein-schaft, sodass sich dort die am Thema „Klimaschutz vor Ort“besonders Interessierten organisieren und die restliche Schul-gemeinschaft mitziehen. Aber an der Oberschule Bohmte wirdauch der Fachunterricht intensiv genutzt, um Themen derVerbraucherbildung zu behandeln und damit alle Schülerin-nen und Schüler eines Jahrgangs zu erreichen, mit einem

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Tonnenweise Aufmerksamkeit für den Klimaschutz

Verbraucherbildung an der Gesamtschule Schinkel in Osnabrück

len größtenteils nur nach Altpapier und Restmüll getrennt.Verpackungsabfälle werden nur an wenigen zentralen Stellenseparat gesammelt.

„Umso wichtiger ist die Abfallvermeidung, besonders bei Pla-stik“, sagt Monika Ahlrichs. Daran wirkt ihre Schule durch dieaktive Teilnahme an dem Projekt „Plastikfreies Osnabrück“mit. Es geht vor allem um den Kampf gegen die Plastiktüte.Welche Aktivitäten hat es dazu bereits gegeben? Die Liste istlang. Zu der Kampagne, für die viele Osnabrücker Schulen undandere Einrichtungen an einem Strang ziehen, gehören dasAufstellen besonderer Plastiktüten-Sammeltonnen, eineTauschaktion „Baumwolltasche gegen Plastiktüte“ sowie eineAusstellung zur Verschmutzung der Weltmeere durch Pla-stiktüten. Die gesammelten Plastiktüten wurden teilweiseübrigens in die Weiterverwertung gegeben: Durch Einschmel-zen konnte Granulat als Rohstoff für Mehrwegtaschen ge-wonnen werden.

Weniger VerpackungMüllvermeidung und Plastikvermeidung gleichermaßen warendas Ziel eines konkreten Produktvorschlags aus der Gesamt-schule Schinkel im Rahmen des diesjährigen Agenda-21-Wettbewerbs „Klimastadt“. Zwei Schülerinnen des „UNESCO-Welterbe“-Wahlpflichtkurses im Jahrgang 10 regten unterdem Titel „Nase voll“ an, die kleinteilige Umverpackung vonPapiertaschentüchern abzuschaffen und die Taschentücherstattdessen in größeren Mengen in Pappschachteln zu ver-kaufen. „Wie marktfähig die Idee ist, sei dahingestellt“, sagtFrau Ahlrichs. „Aber ich finde es toll, dass sich die beiden sointensiv und konstruktiv um Müllvermeidung bemühen.“ Ei-

An der Gesamtschule Schinkel in Osnabrück, einer UNESCO-Projekt-Schule und „Umweltschule in Europa“, gibt es vieleAktivitäten im Bereich der Verbraucherbildung mit demSchwerpunkt „Nachhaltiger Konsum und Globalisierung“. Dazugehört der Umgang mit Papier, Verpackungsabfällen und an-derem Müll, und blaue Tonnen spielen dabei gleich mehrereSchlüsselrollen. So wird die blaue Tonne – in einer verkleiner-ten Version, im Handel als Spielzeugkiste erhältlich – im er-sten Beispiel im 5. Jahrgang im Unterricht vorgestellt undeingesetzt, um die neuen Schülerinnen und Schüler gleich amAnfang ihrer Schulzeit auf den richtigen Weg zu bringen: dender Verwendung von Recyclingpapier sowie der Vermeidungund der richtigen Trennung von Müll.

Umweltfreundliches Papier Die blaue Tonne, eigentlich die Farbe der Altpapier-Sammel-behälter, wird für diese Doppelstunde bunt gefüllt: mit Heftenaus unterschiedlichen Papierqualitäten, Magneten, laminier-ten Infokarten und mit Müll verschiedener Beschaffenheit.„Mit diesem Material lässt sich pädagogisch viel machen“, er-klärt Monika Ahlrichs, die Zuständige für Verbraucherbildungim Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung an derSchule.

Der erste Schritt ist das Gespräch über den Umgang mit Ab-fällen in der Klasse: Die Kinder tragen Beispiele zusammenund verweisen auch auf die Kiste zum Sammeln des Altpa-piers. Beim Durchsehen der Mappen und Hefte in der eigenenTonne entdecken sie dann auch Gütesiegel verschiedener Her-kunft und Aussagekraft. Die Kinder lernen, dass der Blaue En-gel eine von einer unabhängigen Jury vergebene Kennzeich-nung für Produkte ist, die im Vergleich zu anderen Produktengleichen Nutzens umweltverträglicher sind. Andere Siegelsind weniger aussagekräftig und verlässlich. Aber was nütztdieses Wissen, wenn die Eltern die Hefte kaufen? „Wir befähi-gen die Kinder dazu, mit anderen, auch ihren Eltern, über dieUmweltverträglichkeit der Hefte zu sprechen“, entgegnet FrauAhlrichs. Außerdem werden die Eltern selbst beim Elternabendangesprochen und um Unterstützung bei dem Bemühen ummehr umweltfreundliches Papier gebeten.

Kampf dem PlastikZurück zur Tonne: Sie enthält außerdem Schnellhefter ausPlastik und aus Pappe. Hier ist das Ziel, die Kinder zur ver-stärkten Nutzung von Pappordnern und Pappmappen zu ani-mieren, weil sie leichter wiederzuverwerten sind als Plastik.Schließlich enthält die Tonne anderen Müll. Hier liegt derSchwerpunkt bei der sachgerechten Mülltrennung. Allerdingsist diese auch in der Schule nur eingeschränkt durchsetzbar.Wegen der eng getakteten Zeitpläne der Reinigungskräftewird an der Gesamtschule Schinkel wie an den meisten Schu-

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Die Macadamianüsse gibt es nur in einer Packungsgröße,470 Gramm, die für 12,50 Euro abgegeben wird. Das ist deut-lich teurer als ein Billigprodukt beim Discounter. Deshalbmüssen die jungen Verkäuferinnen und Verkäufer mit demguten Zweck fairer Erzeugerpreise und der Produktqualität ar-gumentieren. Das gelingt ihnen offenbar recht gut: Man istnicht ausschließlich auf Zufallskäufer bei Veranstaltungen an-gewiesen, sondern hat sich mittlerweile eine Stammkund-schaft erarbeitet, die man zu Weihnachten mit einer persön-lichen Dankeskarte belohnt. Apropos Weihnachten: Die Nüssewerden nicht nur „roh“ verkauft, sondern auch für das weih-nachtliche Plätzchenbacken in der schulischen Lehrküche ver-wendet.

ErtragreichDer Gewinn von 2,50 Euro pro Packung summiert sich im Lau-fe des Jahres auf mehr als 1.000 Euro. Dieses Geld kommt denSchülerinnen und Schülern zugute, allerdings mit zeitlicherVerzögerung. Es wird nämlich zur Teilfinanzierung eines ande-ren Projekts in der gymnasialen Oberstufe genutzt: dem Vor-Ort-Besuch bei chinesischen Kleinbauern in Yunnan, dieWalnüsse anbauen und damit den Boden gegen Erosion stabi-lisieren.

Das Personal der Schülerfirma ist bunt zusammengesetzt:Mädchen und Jungen, Deutsche und Zugewanderte sind glei-chermaßen vertreten und bringen ihre jeweiligen Vorkennt-nisse und Interessen ein – nicht zuletzt bei der Gestaltung derSchülerhomepage des Projekts https://macadamiafans-goet-tingen.jimdo.com/. Ergebnis: Die Homepagetexte kann mannicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Spanisch,Französisch und Arabisch lesen. Aber die Botschaft ist immerdieselbe: „Besonders auf die innovative Wertschöpfungsketteohne Zwischenhändler und die Transparenz und Rückverfolg-barkeit legen wir großen Wert, da sie die angemessene Be-zahlung der Kleinbauern in Kenia sicherstellen.“

Schülerfirma vermarktet Nuss aus Afrika

Verbraucherbildung am Hainberg-Gymnasium in Göttingen

Macadamianüsse sind nicht nur gesund, sondern auchpädagogisch wertvoll. Das beweist ein Projekt der Verbrau-cherbildung am Hainberg-Gymnasium in Göttingen. Die Nüssewachsen unter anderem in Kenia. Die nachhaltige Schülerfir-ma „Macadamiafans Göttingen“ bezieht sie von dort zertifi-ziert ökologisch anbauenden Erzeugern und vermarktet sie inder Schule, bei außerschulischen Veranstaltungen und online.

WahlpflichtunterrichtEine Besonderheit des Göttinger Projekts ist, dass es zumGroßteil im regulären Unterricht angesiedelt ist, und zwar imWahlpflichtunterricht des 9. Jahrgangs. Hier kann dieSchülerfirma „Macadamiafans“ alternativ unter anderem zuInformatik, zur dritten Fremdsprache oder Chor gewählt wer-den. Jedes Jahr entscheiden sich zehn bis zwölf Schülerinnenund Schüler dafür; sie werden unterstützt von einigen älterenJugendlichen, die über eine AG eingebunden sind.

Am Ende des Schuljahres ist eine der Aufgaben der Macada-miafans, für Nachwuchs im nächsten Schuljahr zu werben.„Sie gehen in den Pausen auf die Mitschülerinnen und Mit-schüler zu und bieten eine Schnupperstunde an“, erklärt dieSchülerfirmen-Betreuerin Angelika Reese, Fachlehrkraft fürPolitik, Geschichte und Englisch und stellvertretende Schullei-terin. Sie werben also für die Schülerfirma als Unterrichtsan-gebot, wie sie den Rest der Zeit für ihre Nüsse werben.

Verkaufen lernenEinmal angeworben, beginnt für die Neuzugänge die eigent -liche Schülerfirmenzeit mit einem Blockseminar, vorzugsweiseam Wochenende. Beim Seminar wird Wissen über die Nüsseund deren vorbildlichen Anbau vermittelt. Außerdem erklärendie Älteren den Neuen, worin ihre praktische Tätigkeit bei derSchülerfirma besteht. Die Nüsse kommen in 30-kg-Kisten imHerbst aus Kenia und müssen als erstes durch die Warenein-gangskontrolle; anschließend werden sie etikettiert. Dannplant man gemeinsam die Verkaufseinsätze und übt im Rol-lenspiel, wie man wirkungsvoll verkauft: im Stehen oder imSitzen, mit oder ohne Werbemütze auf dem Kopf usw.

Die Ausrüstung für den Verkauf muss leicht transportabelsein, um von den jugendlichen Verkaufsteams in öffentlichenVerkehrsmitteln zum jeweiligen Veranstaltungsort bewegt zuwerden. Ein besonderer Rollkoffer mit Kontrollliste für dieStandardbestückung gehört ebenso dazu wie der „Roll-up“ alsaufstellbarer Werbebanner. Die Organisation des Verkaufs ver-langt Zuverlässigkeit von den Teenagern. Projektleiterin Reese:„Vielleicht gibt’s nicht!“ Wer kurzfristig ausfalle, der müsseselbst für Ersatz sorgen. So stehen und verkaufen sie bei Kon-ferenzen und Elternsprechtagen in der Schule, aber auch beiMessen und Lehrerfortbildungsveranstaltungen.

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Auszeichnung „Verbraucherschule“ der VerbraucherzentraleBundesverband

selbstbestimmte und kritische Konsumenten benötigen. Schü-lerinnen und Schüler können dabei das Gelernte zu denKernthemen Finanzen, Ernährung, Medien und nachhaltigerKonsum unmittelbar im Alltag anwenden.

Die Auszeichnung Verbraucherschule wird dieses Jahr zumzweiten Mal vom vzbv verliehen. In der Kategorie „Verbrau-cherschule Gold“ werden Schulen ausgezeichnet, die Verbrau-cherbildung in ihrem Schulkonzept übergreifend implemen-tiert haben. Die Kategorie „Verbraucherschule Silber“ prämiertSchulen, die einzelne Projekte im Bereich Verbraucherbildungumgesetzt haben. Als Bewertungszeitraum gilt das Schuljahr2016/2017.

Schulen können sich auf www.verbraucherschule.de bis zum31.10.2017 bewerben. Dort werden auch die bisherigen Preis -träger vorgestellt.

Die Auszeichnung „Verbraucherschule” wird von der DeutschenStiftung Verbraucherschutz gefördert.

Bis Ende Oktober 2017 können sich allgemein bildende Schu-len um die Auszeichnung „Verbraucherschule“ bewerben. DerVerbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verleiht die Aus-zeichnung, um Verbraucherbildung an Schulen zu fördern undzum Nachahmen guter Ideen anzuregen.

Für interessierte Schulen stellt der vzbv in diesem Jahr Unter-stützungsangebote bereit, um sie auf dem Weg zur Verbrau-cherschule zu begleiten. Auf dem Portal www.verbraucherschule.de können sie mit ihrer unverbindlichen Anmeldung ihrInteresse bekunden und erhalten Zugang zu einem Netzwerkmit Gleichgesinnten sowie hilfreiche Impulse für die Umset-zung von Verbraucherbildung.

Der Materialkompass des Portals unterstützt Lehrkräfte bei derSuche nach Lehrmaterialien zu Verbraucherthemen, die sie di-rekt im Unterricht einsetzen können. Der Materialkompassprüft die Materialien auf Inhalt, Didaktik und Gestaltung undgibt eine unabhängige Bewertung für den Unterricht ab.

Verbraucherbildung an Schulen ermöglicht den Erwerb not-wendiger Kompetenzen, die bereits junge Menschen als

Finanzen, Marktgeschehen/Verbraucherrecht

Ernährung und Gesundheit

Nachhaltiger Konsum und Globalisierung

Medien und Information

– Bewusster Umgangmit Geld

– Finanzprodukte, Geld-anlage, Kreditformen

– Private Absicherung undAltersvorsorge

– Werbung und Konsum

– Gesunde Lebensführung

– Nahrungsmittelkette vomAnbau bis zum Konsum

– Qualitäten von Lebensmittelnund ihre Kennzeichnung

– Wertschätzung von Lebens-mitteln

– Fairer Handel und Produktkennzeichnung– Klima, Energie und

Ressourcen– Mobilität, Wohnen

– Lebensstile– Globalisierung

– Informationsbeschaffung und -bewertung

– Datenschutz und Urheberrechte

– Mediennutzung

Verbraucherbildung auf einen Blick: Handlungsfelder und Themenbeispiele

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