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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 FEATURE DAS MODELL VON ÉRPATAK WIE EIN RECHTSEXTREMER BÜRGERMEISTER UNGARN VERÄNDERT VON KENO VERSECK 19.03.2014 /// 22.03 Uhr Redaktion: Wolfram Wessels Mitschnitte auf CD von Sendungen der Redaktion SWR2 Literatur sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 SWR 2 Feature können Sie auch als Live-Stream hören im SWR 2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/feature.xml Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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SWR2 MANUSKRIPT

ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE

SWR2 FEATURE

DAS MODELL VON ÉRPATAK

WIE EIN RECHTSEXTREMER BÜRGERMEISTER UNGARN

VERÄNDERT

VON KENO VERSECK

19.03.2014 /// 22.03 Uhr

Redaktion: Wolfram Wessels

Mitschnitte auf CD von Sendungen der Redaktion SWR2 Literatur sind beim SWR

Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellungen über Telefon:

07221/929-26030

SWR 2 Feature können Sie auch als Live-Stream hören im SWR 2 Webradio unter

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00 O-Ton Bürgermeister Mihály Orosz:

És üzenjük azoknak a mocskos liberálisoknak, akik Magyarországot tönkre teszik a saját sötét

ideológiájukkal ...

Sprecher Bürgermeister:

Wir haben eine Botschaft an die dreckigen Liberalen, die Ungarn mit ihrer dunklen Ideologie

zugrunde richten ...

01 Atmo/O-Ton Bürgermeister:

Aki ebbe a hazába él, annak kötelezettsége azt a hazát szeretni (0´05)...

Sprecher Bürgermeister:

Wer in dieser Heimat lebt, der muss sie auch lieben. Hier bei uns im Dorf ist das Pflicht.

Wem das nicht gefällt, der soll zu den Liberalen und zu Aufmärschen der Schwuchteln gehen.

(Kinder lachen)

01 Atmo/O-Ton Bürgermeister:

... (megkérjük, hogy ö menjen akkor a liberálisokhoz, menjen fel a buzifelvonulásra...

02 Atmo: Grundschulkinder singen alte ungarische Hymne

03 O-Ton Bürgermeister: Mindig a renden keresztül a közösségi érdekérvényesítést is fontosnak gondoljuk ...

Sprecher Bürgermeister:

Wir setzen das kollektive Interesse durch, indem wir Ordnung schaffen. Ordnung ist das

Wichtigste im Modell von Érpatak. Ordnung ist die Seele von allem.

... a rend a lelke mindennek..

04 O-Ton Marianna Losonszky:

Vannak a rombolók meg vannak az építök. Akik a rombolók, nem mondtunk le róluk sem

igazából, hanem próbáljuk öket is felhúzni erre a szintre ...

Sprecherin Losonszky:

Es gibt Zerstörer und Erbauer. Wir versuchen die Zerstörer auf unser Niveau zu heben. Wir

sind die Frontkämpfer und zeigen, wie man eine Gemeinschaft aufbaut. Wir stehen vereint da

und geben allen ein Beispiel.

... tehát oda állunk és egy emberként próbáljuk ezt a példát adni.

05 O-Ton Mariann Úr: Sokan úgy hívnak, hogy múmus, mert mióta ide kerültem azt mondják, nagyon, nagyon

szigorúan Érpatakon a közmunka ...

Sprecherin Úr:

Viele nennen mich „das Ungeheuer“. Sie sagen, dass ich sehr streng bin. Aber die Regeln

müssen eingehalten werden. Anderswo drücken sie sich vor der Arbeit und schwänzen. Das

gibt es bei uns nicht.

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... mert sokfelöl halljuk a közmunkaprogramban nagyon sokat kinlodnak, olyanok az

emberek, nem bírnak vele, hát, itt azért ilyen nincs.

06 O-Ton Bürgermeister: Az épitök nem kell félni, mert maximálisan segítjük, támaszt nyújtunk, védelmet próbálunk

adni ...

Sprecher Bürgermeister:

Die Erbauer brauchen sich nicht zu fürchten. Wir helfen ihnen und schützen sie. Die Zerstörer

aber sollen sich nicht nur fürchten. Sie sollen in tiefster Angst erzittern.

... de nekik azért nem kell félni mert nekik meg rettegni kell Érpatakon.

02 Atmo: Grundschulkinder singen alte ungarische Hymne

Sprecher:

Das Modell von Érpatak

Wie ein rechtsextremer Bürgermeister Ungarn verändert

Ein Feature von Keno Verseck

Kapitel eins: Der Bürgermeister

07 Atmo: Kinder singen patriotisches Lied

Autor:

Érpatak, ein kleines Dorf im äußersten Osten Ungarns, abseits der Hauptverkehrsstraßen.

1.800 Einwohner, flaches Land, keine Sehenswürdigkeiten. Viele Bewohner sind bitterarm,

ein Fünftel der Menschen im Dorf Roma.

Morgens im großen Saal der Grundschule. Wie jeden Tag vor Unterrichtsbeginn singen die

Kinder die Nationalhymne „Gott segne den Ungarn“ und patriotische Lieder.

Sprecher:

„Die Heimat steht nicht zum Verkauf. Sie ist in dich eingemeißelt seit tausend Jahren.

Tausendjähriger Glaube. Du selbst bist die Heimat.“

Autor:

Es folgt das Ungarische Glaubensbekenntnis. Im autoritären Horthy-Ungarn der

Zwischenkriegszeit war dies das offizielle Staatsgebet.

08 Atmo: Kinder sagen ungarisches Glaubensbekenntnis auf

Sprecher:

„Ich glaube an den einen Gott, an die eine Heimat und an die eine göttliche Gerechtigkeit. Ich

glaube an die Auferstehung Ungarns! Amen!“

09 Atmo: Bürgermeister Mihály Orosz, ruft Jungs zu sich

Autor: Das obligatorische Beten hat der Bürgermeister Mihály Orosz eingeführt. Manchmal

erscheint er zu Besuch. Er ruft die kleinen Schuljungen zu sich und fragt sie, was man nicht

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über das Dorf bringe. „Schande.“, antworten die Jungen. Der Bürgermeister lobt sie und sagt,

wer sich gute benehme, sei sein Freund.

09 Atmo: Dialog Bürgermeister – Schuljungen:

Fiatalemberek, jöjjenek majd és fogjanak velem kezet...

Sprecher Bürgermeister:

„Kommt her, Jungs, gebt mir die Hand! Was bringen wir nicht über Érpatak?“

„Schande.“

„Richtig, so ist es fein. Und wer sich gut benimmt, ist mein Freund, nicht wahr?!“

„Ja.“

„Fein so!“

... akik jól viselkednek, azok nekem barátaim, ugye?! – Igen. – Így, így!

09 Atmo: Bürgermeister spricht

Autor:

Mihály Orosz, 44 Jahre, millimeterkurz geschorenes Haar, Kleidung: eine folkloristische

Fantasieuniform – schwarze Jacke und schwarze Weste mit aufgenähten Kordeln und

silbernen Knöpfen, darunter weißes Bauernhemd, weite schwarze Stiefelhose, schwarze

Nagelstiefel, schwarzer Hut mit Kranichfeder. Ursprünglich Mathe- und Physiklehrer, als

Bürgermeister gewählt im August 2005, jetzt dritte Amtszeit. Parteilos, in Ungarn bekannt als

militanter Rechtsextremer und als Erfinder des so genannten „Modells von Érpatak“. Der

Bürgermeister hat es als Instrument zur sozialen und ideologischen Disziplinierung

geschaffen. Für die Dorfgemeinschaft legt es ein verbindliches Wertemodell fest, dessen

Grundregeln lauten: Ordnung, Arbeits- und Gemeinschaftssinn, nationale Brauchtumspflege.

Wer die Regeln einhält, gehört zu den „Erbauern“, alle anderen sind „Zerstörer“. Ihnen droht

Kürzung der Sozialhilfe, Ausgrenzung, sogar Vertreibung aus dem Dorf. Lange Zeit war das

„Modell von Érpatak“ nur ein lokales Kuriosum. Das änderte sich mit dem Amtsantritt der

rechtskonservativ-nationalistischen Regierung des Ministerpräsidenten Viktor Orbán im

Frühjahr 2010. Orbán und seine Regierungsmehrheit krempelten Staat und Gesellschaft um

und ließen sich dabei vielfach von der Programmatik rechtsextremer Gruppen inspirieren –

auch durch das „Modell von Érpatak“, das landesweit für Schlagzeilen sorgt.

10 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecher:

„Beauftragter für Menschenrechte über Érpatak: Institutionalisierte Willkür“

Sprecherin:

„Geistiger Amoklauf in Érpatak: Bürgermeister will Exempel statuieren“

Sprecher:

„Érpatak: Bürgermeister lässt Europafahne entfernen“

Sprecherin:

„Bürgermeister von Érpatak hetzt vor Grundschülern gegen Schwule“

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Sprecher:

„Érpatak, ein Muster für Ungarn“

11 Atmo: Kampfsport in der Turnhalle, Schreie, Stockschläge

Autor:

Vormittags in der Turnhalle, Schulkinder und Jugendliche üben den alten ungarischen

Kampfsport baranta, eine Mischung aus Ringen, Kickboxen und Stockkampf. Der

Bürgermeister Mihály Orosz schaut mit Wohlgefallen zu. Später steht Knallen mit der

Reitpeitsche auf dem Programm, auch der Bürgermeister macht mit.

12 Atmo: Bürgermeister knallt mit der Peitsche

13 O-Ton Bürgermeister: Az oktatásnak is igyekeztünk a tengelyébe ezt tenni, tehát, a nép- és elsösorban a nemzeti

hagyományörzést, ez fólyik az ovódában is és az iskolában is ...

Sprecher Bürgermeister:

Die Säule unserer Bildung ist die Bewahrung der Volks- und nationalen Traditionen. Das

beginnt im Kindergarten und setzt sich in der Schule fort. Wir lernen unsere ungarischen

Traditionen kennen und lieben, ehren und respektieren. Wir streben danach, sie in unserem

Alltag anzuwenden, in unserer Kleidung, in unserem Denken, überall.

... vagy ruhákat készítünk, kórok stilúsával, gondolkódásmódjával megismerkedünk, tehát, ez

egy nagyon fontos.

14 O-Ton Bürgermeister: A magyar kultúra dominanciáját kell biztosítani a magyar iskolában és ...

Sprecher Bürgermeister:

In der ungarischen Schule muss die ungarische Kultur dominieren. Patriotische Erziehung ist

sehr wichtig.

Jeder soll seine Heimat lieben, jeder soll für sie arbeiten, sich für sie aufopfern und wenn es

sein muss, auch für sie sterben. Das ist die Richtung, die wir brauchen. So werden wir einen

seelisch und mentalitätsmäßig gesunden Menschen schnitzen und eine gesunde Gemeinschaft

erzeugen.

... ezt az irányvonalat kell, és akkor egy sokkal egeszségesebb lelkületü, mentalitású embert

faragunk, és egy sokkal egeszségesebb mentalitású közösséget hozunk létre.

15 O-Ton Bürgermeister: Mi a cigányintegrációt is ezen keresztül próbáljuk megvalósítani, tehát, itt is a

cigányszármazású személyek részére is a magyar hagyományok megismerését gondoljuk a

legfontosabbnak. Ezt ajanljuk fel. ...

Sprecher Bürgermeister:

Auf diese Weise versuchen wir auch, die Zigeunerintegration zu verwirklichen. Wir meinen,

dass für die Menschen zigeunerischer Abstammung in Ungarn die ungarischen Traditionen

die besten sind. Die organische ungarische Kultur mit ihren universellen Werten ist für die

Zigeuner die Garantie ihres Aufstiegs und dafür, dass sie den universellen menschlichen

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Werten näher kommen und nützliche Mitglieder der Gesellschaft werden können, in Ungarn,

Europa und in der ganzen Welt.

... tagjaivá válhatnak a társadalomnak, Magyarországnak, Európának és a világnak.

16 Atmo: Bürgermeister streitet mit zwei Frauen einer Roma-Familie

Autor:

Nach dem Schulbesuch: Der Bürgermeister marschiert in sein Büro gegenüber der Schule.

Vor dem Amtsgebäude warten Frauen aus zwei Roma-Familien, die zwischenzeitlich

woanders wohnten und nun ins Dorf zurückkehren wollen. Sie erkundigen sich bei Orosz

danach, ob die Gemeinde derzeit Häuser zu günstigen Preisen vermietet.

Dialog Bürgermeister-Frauen:

Bürgermeister:

Sprecher Bürgermeister:

Erst in ein anderes Dorf gehen, dort sein Glück versuchen und wenn es nicht klappt, wieder

zurückkommen, also, man kann nicht tausendmal... Ja, wir haben einige Häuser zu vermieten,

aber dafür haben sich Dutzende Leute beworben, und natürlich werde ich sie denjenigen

geben, die uns gegenüber noch nicht ihre Ehre verloren haben und die sich einordnen.

Frau I: Also, derjenige, der woanders hinzieht und wieder zurückkommt, verliert seine Ehre?

Bürgermeister: Ja, weil...

Frau II: Ich bin eine ehrbare Frau, ich habe meine Ehre nirgendwo verloren, ich bin Mutter, habe

Kinder und kann meine Ehre überall gut bewahren.

Bürgermeister: Das freut mich...

Frau II: Wir wollten Sie nicht um Millionenalmosen bitten, sondern um Hilfe, ein Haus zu mieten.

Bürgermeister:

Wir helfen, aber nicht fünfzigmal!

18 O-Ton Bürgermeister: A liberalizmusnak az individualista önzését és a profitéhségét középpontba allító szemléletbe

a közösségi érdek sajnos elsorvadt ...

Sprecher Bürgermeister:

Der Liberalismus stellt den persönlichen Eigennutz und die Profitgier in den Mittelpunkt.

Dadurch verkümmert der Geist der Gemeinschaft. Wir wollen das kollektive Interesse

durchsetzen, indem wir Ordnung schaffen. Ordnung ist das Wichtigste im Modell von

Érpatak. Ordnung ist die Seele von allem.

... hogy ha egy mondattal akarjuk, akkor mindig így mondjuk, hogy a rend a lelke mindennek.

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19 O-Ton Bürgermeister: A meritokratikus, tehát az érdemelvü igazságosságot valljuk mi, és ez egy nagyon, nagyon

fontos, hogy van egyébként egy nagyon ösi ilyen jogi elv, hogy „suum cuique tribuere“, tehát

mindenkinek megadni a magáét ...

Sprecher Bürgermeister:

Wir bekennen uns zur verdienstbasierten Gerechtigkeit. Es gibt diesen uralten

Rechtsgrundsatz „Jedem das Seine gewähren“. Wir wenden das so an, dass der Erbauer mit

Hilfe und materieller Unterstützung belohnt und anerkannt wird. Der Zerstörer hingegen wird

sanktioniert und bestraft, denn er hat keine Verdienste. Unterschiedslose Belohnung, also,

dass sowohl jemandem, der arbeitet, als auch jemandem, der faulenzt, gleichermaßen eine

Sozialwohnung zusteht – das gibt es bei uns nicht.

... van aki henyél és nem hajlandó semmi eröfeszítést tenni, de mondjuk, neki is jár a lakás.

20 O-Ton Bürgermeister: Kétezer elött olyan közbiztonsági állapotók voltak, amik, azt mondom, katasztrófalisak, és

akkor erre mondtam, hogy volt Hollichnének a meggyilkolása, megölése, mondom, nem

tudom, pár liter bort elvittek, meg megittak, tehát, azt mondom, megeröszakolták, megölték ...

Sprecher Bürgermeister:

Vor meiner Wahl 2005 war die öffentliche Sicherheit im Dorf katastrophal. Es gab eine

Vergewaltigung und einen Mord an einer alten Frau wegen ein paar Liter Wein, Lehrer

wurden verprügelt, Einbrüche und Überfälle nicht aufgeklärt, es herrschte permanenter

Terror, es gab Drohungen, Schlägereien, Rowdytum, dann natürlich die Diebstähle, Hühner-,

Schweine-, und Werkzeugdiebstahl, Einbrüche in Scheunen, Schinkendiebstahl an Ostern und

so weiter und so weiter. Alles das gab es.

... disznólevágás, ellopás, akkor, mit tudom én, húsvétkor a sonka elvitele, tehát ez minden

volt.

21 O-Ton Bürgermeister: Egy idö mulva már olyan szinten lezülött a rendöri munka is, hogy mit tudom én kilencvenöt

százalék ötszázalékos volt a feldérítési arány, tehát ...

Sprecher Bürgermeister:

Irgendwann war die Arbeit der Polizei so miserabel, dass die Aufklärungsquote nur noch fünf

Prozent betrug, und die kamen auch nur so zustande, dass zum Beispiel bei Diebstählen

meistens die geschädigten Eigentümer herausfanden, wer die Täter waren, nicht die Polizei.

Die Täter waren überwiegend Zigeuner. Das hat man gesehen, als man sie schnappte. Es gab

welche, die gestanden 70 Diebstähle, an viele weitere konnten sie sich nicht mehr erinnern.

Das ist die Frucht einer herabgesunkenen Gemeinschaft, die vom Neoliberalismus produziert

wird.

... a neoliberalizmus által lezüllesztett közösség azt termi az ország különbözö helyén ezeket a

gyümölcsöket.

22 O-Ton Bürgermeister: Pozitiv példát akarunk allítani, tehát ezt mondom, hogy mindig ezt mondom a kollégaimnak,

hogy mi próbáljunk egy ilyen normareprezentánsok ...

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Sprecher Bürgermeister:

Wir, die Führung im Dorf, stellen das positive Beispiel dar. Ich sage meinen Mitarbeitern

immer, dass wir die Normen repräsentieren, also sie selbst einhalten müssen. Zugleich passen

wir andere Menschen an diese Normen an und messen sie an ihnen.

... amikor a munkánkat végezzük, akkor a normahoz igazítjuk és mérjük az embereket.

23 O-Ton Bürgermeister: Churchillnek volt ez a nagy mondása, hogy nem jó ez a demokrácia, de nem találtak ki jobbat.

De kitaláltak jobbat, a fény diktatúráját. ...

Sprecher Bürgermeister:

Churchill sagte diesen berühmten Satz, dass die Demokratie nicht gut sei, aber man noch

nichts Besseres erfunden habe. Doch, man hat etwas Besseres erfunden, die Diktatur des

Lichtes. In der irdischen Welt kämpfen immer Licht und Dunkel gegeneinander, Gott und der

Teufel, die Tradition und die Anti-Tradition. Mein Leben besteht darin, dass ich auf der Seite

des Lichtes, der Gerechtigkeit und der Ordnung, auf der Seite Gottes aktiv bin, niemals auf

der Seite des Dunkels, des Chaos´, des Aufruhrs und der Anti-Tradition. Das ist meine Norm,

und sie vertrete ich unter allen Bedingungen.

... tehát az én peldául, ez egy norma az én szempontom hogy ez kell minden, minden

körülmény közt képviselnem.

24 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecher/Zitat:

„In Ungarn wachsen ganze Generationen auf, die noch niemals gesehen haben, wie ihre Eltern

frühmorgens aufstehen und arbeiten gehen. Sie bleiben zuhause und warten auf Sozialhilfe.

Das muss sich ändern. Das Ende der westlichen Wohlstands- und Konsumgesellschaft ist

gekommen, wir brauchen statt dessen eine Ordnung, die auf Arbeit basiert. Man kann in

dieser neuen Epoche nur dann einen erfolgreichen Staat aufbauen, wenn hinter ihm eine eine

selbstbewusste Gemeinschaft, ein starkes Volk und eine starke Nation stehen.“ Viktor

Orbán, ungarischer Ministerpräsident in einer Rede am 23. Juli 2011

24 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecher/Zitat:

„Der Turul-Vogel ist das Urbild der Ungarn. Es gehört zum Blut und zum Heimatboden. Es

ist das Symbol für die nationale Identität aller jetzt lebenden, aller toten und aller künftig

geborenen Ungarn. Jeder Ungar ist jedem Ungarn Rechenschaft schuldig. Damit wir eine

starke politische Gemeinschaft bilden können, müssen wir unseren Zusammenhalt stärken.

Wir, die Ungarn des nationalen Zusammenhaltes, müssen mit unserer Liebe, unserer

Dienstwilligkeit und unserem Frohsinn alles Schlechte und alle Uneinigkeit aus dem

ungarischen Leben herausdrängen.“ Viktor Orbán, ungarischer Ministerpräsident in einer

Rede am 29. September 2012

Kapitel zwei: Die Feldwächter

25 Atmo: Feldwächter gehen über Maisfeld

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Autor:

Péter Bakti und Krisztián Oláh gehen durch eine Schneise in einem Maisfeld. Jemand ist hier

mit einem Traktor durchgefahren, der Bauer, dem das Feld gehört, hat Anzeige erstattet. Bakti

und Olah machen Fotos, suchen nach Anhaltspunkten, wer der Täter gewesen sein könnte.

Die beiden Männer, 40 und 36 Jahre, sind so genannte Feldwächter. Sie bewachen das

Gemeindeland von Érpatak, 3.000 Hektar Wiesen, Wald, Äcker und Brachflächen. Sie sollen

Ordnungswidrigkeiten und Straftaten aufklären. Bakti und Oláh tragen Tarnanzüge und haben

kahlgeschorene Köpfe. Bakti ist der Ältere und der Chef, ein stämmiger, muskulöser Mann

mit tätowierten Unterarmen. Nebenbei betreibt er eine Kampfsportschule.

26 O-Ton Péter Bakti: Most ez a negyedik év lesz, hogy èrpatakon dolgozunk mezöör feladata külterületek

tisztántartása, külterület megóvása (0´09) ...

Sprecher Bakti:

Wir sind seit vier Jahren hier im Dorf. Wir kontrollieren, ob alle, die auf dem Gemeindeland

arbeiten, Genehmigungen haben, zum Beispiel zum Holzeinschlag, wir kontrollieren

Transporte und Lieferungen, und wir versuchen natürlich Diebstähle zu verhindern.

... Megpróbáljuk, hogy minél kevesebb lopás történjen a területen.

27 O-Ton Péter Bakti: Azt mondom, hogy ha havi szinten olyan hetven intézkedésünk van, az intézkedés azt jelenti,

hogy hetven emberrel szemben igazoltatunk ...

Sprecher Bakti:

Wir ergreifen monatlich etwa 70 Maßnahmen. Wir kontrollieren die Ausweise und sonstigen

Dokumente von Personen, durchsuchen ihre Autos. Dazu haben wir auf dem Gemeindeland

auch das Recht und die gesetzliche Vollmacht.

... mezöörként végezzünk a feladatunkat, és az feljogosít arra, hogy külterületen.

28 O-Ton Péter Bakti: Azokkal szemben, akikkel szemben intézkednünk kell, azoknak nem biztos, hogy örülnek

nekünk ...

Sprecher Bakti:

Diejenigen, gegen die wir vorgehen, freuen sich sicher nicht über uns, denn Leute, die

stehlen, behandeln wir sehr streng. Klar, dass sie uns nicht mögen. Aber unsere Aufgabe ist

auch nicht, gemocht zu werden, sondern Wächter zu sein. Unsere Arbeit dreht sich nicht um

Gewissensfragen.

... úgy hogy nem csinalunk lelkiismeretei kérdés a munkánkból.

29 O-Ton Péter Bakti: Hát, akkor még ilyen, akkor még dolgoztam itt elsö napja, úgy hogy ez egy vizsgafeladat volt.

Krumpliföldet próbáltak megdézsmálni, útána mentm motorral ...

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Sprecher Bakti:

Gleich an meinem ersten Arbeitstag musste ich eine Art Prüfung bestehen. Einige Leute

versuchten, ein Kartoffelfeld zu plündern. Ich folgte ihnen mit meinem Motorrad bis nach

Hause und versuchte, ihre Ausweise zu kontrollieren. Als ich vor ihrem Haus anhielt, griffen

sie mich an. Den ersten streckte ich gleich nieder, dann kamen die anderen mit Heugabeln und

Sensen. Einer rammte mir eine Hacke in die Schulter. Ich schlug zurück, klar. Ich habe sie

alle umgenietet, kein Thema. Leider war ich es, der wegen Rowdytums und schwerer

Körperverletzung angeklagt wurde. Ich bekam drei Jahre auf Bewährung. Das ist die

Rechtssprechung in diesem Land.

... garázdaság és súlyos testi sértés kisérlete miatt, kaptam érte három éve próbaidöre

bocsátva. A magyar jogalkotás ezt így értékelte.

30 Atmo: Motor wird angelassen, Autofahrt im Wald

Autor:

Die beiden Feldwächter auf Patrouillenfahrt in einem alten, weißen VW Golf, sie halten

Ausschau nach Dieben, nach illegal abgeladenen Müllhaufen. Vor allem Bakti macht viele

unbezahlte Überstunden, das Benzin für die Autofahrten zahlt er aus eigener Tasche,

manchmal zeltet er nachts irgendwo im Gestrüpp und lauert Gesetzesbrechern auf. Seine

Augen blicken permanent unruhig und misstrauisch. Feldwächter zu sein, ist ein schlecht

bezahlter Job, aber Bakti macht ihn seit fünfzehn Jahren aus Leidenschaft.

In Ungarn arbeiten in den meisten Städten und Dörfern so genannte Bürger- und Feldwachen

– eine Hilfspolizei, die Kriminalität vorbeugen und die öffentliche Sicherheit verbessern soll.

Es gibt etwa 80.000 Bürger- und Feldwächter, Tendenz steigend. Im Gegensatz zu den

ehrenamtlichen Bürgerwächtern werden Feldwächter bezahlt und haben mehr Kompetenzen,

sie dürfen beispielsweise Waffen tragen. Die Rechte der Bürger- und Feldwachen wurden in

den letzten Jahren gesetzlich gestärkt, ein Zugeständnis an rechtsextreme Stimmungsmacher

wie in Érpatak.

30 Atmo: ab 1:41 Feldwächter halten an, steigen aus, begrüßen Arbeiter

Autor:

Die beiden Feldwächter steigen aus dem Auto aus und begrüßen zwei Sozialhilfeempfänger

aus dem Dorf, die im Wald kommunale Arbeit verrichten – sie müssen Gestrüpp am

Wegesrand abschneiden und einsammeln.

30 Atmo/Dialog:

Feldwächter: Hallo.

Arbeiter: Hallo.

Feldwächter: Wir haben euch gesehen.

Arbeiter: Ja, wir müssen hier neben dem Weg einen Meter Gestrüpp beseitigen.

Feldwächter: Das ist die Vorschrift?

Arbeiter: Ja, so ist das vorgeschrieben. Damit nicht alles zuwächst.

Feldwächter: Habt ihr Alkohol getrunken?

Arbeiter: Klar, einen ganzen Liter!

Feldwächter: Also, im Ernst! Bier getrunken oder so was?

Arbeiter: Nein, wir trinken beide überhaupt nichts. Wir hassen Säufer.

Pause.

Feldwächter: Gutes Wetter heute ...

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31 Atmo: Arbeiter hackt Strauch ab

Autor:

Einer der Arbeiter beginnt wieder, Gestrüpp und kleine Bäume abzuhacken, er möchte

offenbar nicht, dass es so aussieht, als faulenze er. Überhaupt wirken die beiden

eingeschüchtert. Sie wollen eigentlich nichts ins Mikrofon sagen und schon gar nicht ihre

Namen nennen. Auf die Frage nach dem Bürgermeister von Érpatak und nach seinem Modell

zwinkert einer der beiden schließlich lächelnd und sagt:

32 O-Ton Arbeiter:

Ich habe keine Meinung dazu. Alles ist gut, wie es ist. Die Ordnung ist gut, die Sicherheit ist

auch gut. Mehr gibt es nicht zu sagen.

33 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecher:

„Strenge und Ordnung: Neues Strafgesetzbuch in Kraft getreten“

Sprecherin:

„Ab sofort: Zwölfjährige strafmündig“

Sprecher:

„Ein Jahr für Verleumdung der Heiligen Stephanskrone, zwei Jahre für Haschischrauchen“

Sprecherin: „Regierung stolz: `Wir haben Europas strengstes Strafgesetzbuch´“

Sprecher:

„Heute tritt das neue Strafgesetzbuch in Kraft“, meldet die staatliche ungarische

Nachrichtenagentur MTI am 1. Juli 2013. „Die wichtigsten Verschärfungen: Bei Mord,

Totschlag, lebensgefährlicher Körperverletzung und Raub können Täter ab dem 12.

Lebensjahr bestraft werden. Bei lebenslänglichen Haftstrafen kommen Verurteilte frühestens

nach 25 Jahren statt wie bisher nach 20 Jahren frei. Das Recht auf bewaffneten Selbstschutz

wird ausgedehnt, er ist künftig nicht nur bei Angriffen auf Personen straffrei, sondern auch

bei Einbrüchen und Landfriedensbruch. Die Verleumdung der Nationalhymne, der

Nationalfahne und der Heiligen Stephanskrone kann mit einem Jahr Haft, Drogenkonsum mit

bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Mildernde Umstände für Drogenabhängige wurden

abgeschafft.“

Kapitel drei: Die Aufseherin und die Arbeiterin

34 Atmo: Arbeiter pflücken Gurken, werfen sie in Eimer, Stimmen

Autor:

Im gemeindeeigenen Gemüsegarten von Érpatak: Hier lässt der Bürgermeister Kohl,

Tomaten, Paprika und Zwiebeln anbauen, es wird – frisch oder eingelegt – im Kindergarten

und in der Schule verwendet oder auf Märkten verkauft. Die Einnahmen fließen an die

Gemeinde. An diesem Tag pflücken Männer und Frauen aus dem Dorf Gurken und werfen sie

in Eimer.

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Alle, die hier arbeiten, sind eigentlich Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose. Noch

vor einigen Jahren hatten sie in Ungarn keine generelle Arbeitspflicht. Allerdings besaßen

Lokalbehörden bei der indviduellen Gestaltung der Sozialhilfevergabe einen gewissen

Spielraum. Érpatak war eine der ersten Gemeinden im Land, in denen Sozialhilfeempfänger

kommunale Arbeit verrichten mussten. Das Beispiel machte unter zahlreichen Gemeinden

Schule. Zugleich wurde die Sozialhilfegesetzgebung in den letzten Jahren Stück für Stück

verschärft. 2012 führte die Regierung von Viktor Orbán eine Vollzeitarbeitspflicht für alle

Sozialhilfeempfänger ein. Derzeit beträgt der Sozialhilfesatz umgerechnet etwa 160 Euro

monatlich.

35 Atmo: Aufseher kontrollieren Arbeiter auf Alkoholkonsum

Sprecher/Dialog:

Aufseher (barsch): „Blasen, blasen, blasen, blasen, blasen, blasen!“

Arbeiterin: „Genug?“

Aufseher (barsch): „Los, weiterblasen!“

Arbeiterin bläst

Aufseher: „Ok, auch null.“

Autor:

Alkoholkontrolle. Die beiden Arbeitsaufseher des Dorfes, Mariann Úr und János Gagna,

kontrollieren, ob die Arbeiter und Arbeiterinnen im Gemüsegarten getrunken haben. An

diesem Tag haben alle null Promille. Glück für sie. Wer mit dem geringsten Alkoholrest

erwischt wird, bekommt eine Verwarnung. Bei der dritten Verwarnung folgt der Ausschluss

aus dem kommunalen Arbeitsprogramm für ein Jahr – und damit entfällt in diesem Zeitraum

auch der Anspruch auf Sozialhilfe. Dasselbe droht, wenn jemand zu wenig arbeitet oder

unerlaubt Pause macht. Solche Sanktionen liegen im Ermessenspielraum von Lokalbehörden.

In Érpatak hat der Bürgermeister maximale Strenge angeordnet. Die beiden Aufseher sind

ständig unterwegs, um die Arbeiter heimlich zu filmen oder zu kontrollieren. Mariann Úr

nimmt ihre Aufgabe sehr ernst. Die 33jährige ist klein, äußerst sportlich und hat einen

Bürstenhaarschnitt.

36 O-Ton Mariann Úr: Hát, gondolom, hogy több lenne a logás, a pihenö meg nem olyan a munka minösége ...

Sprecherin Úr:

Wenn ich nicht kontrollieren würde, dann würden mehr Leute schwänzen, dauernd Pausen

machen und die Qualität der Arbeit wäre schlechter. Ich komme immer unvorhergesehen, sie

wissen das, und sie haben allen Anlass, mich zu fürchten. Die Kontrollen sind notwendig.

Wer sich nicht anpasst, fliegt raus.

... és ezért van erre szükség, hogy járjak és nézzem és tényleg aki nem idevaló azt kiszorjuk.

37 O-Ton Mariann Úr: Sokan úgy hívnak, hogy múmus, mert mióta ide kerültem azt mondják, nagyon, nagyon

szigorúan Érpatakon a közmunka ....

Sprecherin Úr:

Viele nennen mich „das Ungeheuer“. Sie sagen, dass ich sehr streng bin. Aber die Regeln

müssen eingehalten werden. Anderswo drücken sie sich vor der Arbeit und schwänzen. Das

gibt es bei uns nicht.

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... mert sokfelöl halljuk a közmunkaprogramban nagyon sokat kinlodnak, olyanok az

emberek, nem bírnak vele, hát, itt azért ilyen nincs.

38 O-Ton Mariann Úr:

Örülök neki, hogy a polgármester velem meg van elégedve, lehet hogy a munkások nem

örülnek

Sprecherin Úr:

Ich freue mich, dass der Herr Bürgermeister mit mir zufrieden ist. Die Arbeiter freuen sich

gewiss nicht. Aber so ist das eben. Ich kontrolliere, das ist mein Job, und ihre Sache ist es, zu

arbeiten. Wer schwänzt, zuviel pausiert und trinkt, fliegt raus.

... akkor egyértelmü, hogy azonnal elbocsátjuk, úgy hogy, mert, én úgy gondolom, hogy ez

nem idevaló.

39 O-Ton Mariann Úr: Polgármester urat szászszázalékosan támogatom, mindenben, akár a cigányság kérdésében

vagy tegyjük fel ezt a közmunkát. Én szászszázalékosan melette állók ...

Sprecherin Úr:

Ich unterstütze den Herrn Bürgermeister hunderprozentig und in allem. Ob in der

Zigeunerfrage oder bei der kommunalen Arbeit. Bevor er Bürgermeister wurde hatten wir

Angst vor Diebstählen und Einbrüchen, jetzt nicht mehr. Wir haben auch keine Angst mehr

vor den Zigeunern. Der Bürgermeister ist streng und weiß, wie er mit ihnen umgehen muss.

Er arbeitet viel mit der Polizei zusammen und macht bestimmt auch vieles im Hintergrund,

worüber wir gar nichts wissen. Ich kann jedenfalls nur sagen: Was er macht, macht er gut.

... még sok minden, ami mi nem is tudunk igazán, biztos rengeteg van a háttérben. Legalább

én azt mondom, hogy amit csinál azt jól csinálja.

40 Atmo: Arbeiter pflücken Gurken

Autor:

Die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen im Gemüsegarten sind Roma. Sie möchten nicht mit

uns sprechen. Sie sagen, dass alles in Ordnung sei und dass es keine Probleme im Dorf gäbe.

Nur Ildikó Farkas spricht. Sie besteht sogar darauf. Sie ist 49 Jahre alt, eine kleine, schlanke

Frau mit langen schwarzen Haaren, die viel lächelt und mit fester Stimme spricht.

41 O-Ton Ildikó Farkas:

Nem polgármesternek való, nem a megfelelö ember a polgármester. Fajgyülölö ist, ez a

legfontosabb, hogy fajgyülölö. Félemlíti és megzsarol is. ...

Sprecherin Farkas:

Ich finde, dass der Bürgermeister für sein Amt ungeeignet ist. Er ist ein Rassist. Er schüchtert

uns Roma ein, wenn wir nicht so tanzen, wie er musiziert. Er sondert uns nicht direkt ab, aber

er geht gegen diejenigen Roma vor und erpresst sie, die sich ihm nicht völlig unterwerfen. Er

kürzt ihnen finanzielle Unterstützungen. Er findet immer irgendeinen Vorwand, unter dem er

das machen kann. Er macht irgendein kleines Gesetz, und dann sagt er, das muss jetzt von

allen eingehalten werden.

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... hogy ez ezért nem jár, az azért nem jár, amit ö csak úgy magának alkot egy kis törvényt,

két, és azt be kellene tartani mindenkinek.

42 O-Ton Ildikó Farkas:

Hát, ez úgy zajlik, például, megisznak egy felest vagy egy sört. Tudjuk, hogy nem lehet. ès

akkor kapunk egy kérdöívet, hogy mi a véleményünk, milyen szankciót alkalmaznánk ...

Sprecherin Farkas:

Wenn jemand ein Bier oder ein Glas Schnaps getrunken hat und erwischt wird, müssen wir

auf unserer wöchentlichen Versammlung schriftlich dazu Stellung nehmen: Was unsere

Meinung ist, welche Sanktionen wir gegen den Beschuldigten anwenden würden und ob wir

etwas zu seiner Entlastung sagen können. Aber was geht uns das denn an?! Alle in der

Gruppe sind erwachsen, jeder weiß, was erlaubt ist und was nicht und kann selbst

entscheiden. Ich weigere mich jedesmal, das aufzuschreiben. Zur Strafe bekomme ich keinen

Lohnvorschuss oder muss Arbeit verrichten, die mich körperlich überfordert.

... és akkor az a büntetésünk, hogy nem kapunk elöleget, vagy esetleg olyan munkát kapok,

ami meghaladja már a képességem vagy sokkal nehezebbet.

43 Atmo: Ildiko Farkas zuhause in der Küche, wäscht ab

Autor:

Nach der Arbeit bei Ildikó Farkas zuhause. In einer kleinen Schüssel spült sie Kaffeetassen

ab. Die Familie Farkas lebt in bitterarmen Verhältnissen in einem so genannten Cs-Haus

(sprich: Tscheeh), – die Abkürzung steht für das Wort „geringwertig“. Im Realsozialismus

wurden solche kleinen Häuser und Wohnungen mit minimaler Ausstattung massenhaft

gebaut, vor allem für Roma.

Ildikó Farkas ist hier im Dorf aufgewachsen, ist hier acht Jahre in die Schule gegangen, hat

sechs Kinder großgezogen und vor 1989 in einer Landwirtschaftskooperative gearbeitet. Nach

der Wende wurde sie arbeitslos. Sie ist eine stolze Frau, sie sagt, sie und ihre Familie würden

bescheiden, aber ehrlich und anständig leben, das ist ihr wichtig.

44 O-Ton Ildikó Farkas:

Nem fogom be a szájamat, amit már jelzett, hogy nyifantsak le a nyelvemböl. Ugyan a

munkatársaim se merik magukat megvédeni mert féltik a munkahelyüket és én azért néha

kinyítom elég jól a kicsi szájamot ...

Sprecherin Farkas:

Ich halte meinen Mund nicht. Der Bürgermeister sagt, ich soll meine Zunge zügeln. Meine

Arbeitskollegen wagen meistens nicht, zu protestieren, sie haben Angst, dass sie rausfliegen.

Ich mache eben manchmal meinen Mund auf, deshalb bin ich in den Augen des

Bürgermeisters eine Zerstörerin und eine verdammte Bürgerrechtlerin. Er wirft mir vor, dass

ich mich nicht einordnen kann. Er sagt, ich soll erst gar nicht versuchen, ihn um irgendetwas

zu bitten, er würde mir sowieso keine Unterstützung gewähren.

... tehát ne is adjak be kérelmeket különbözö segélyekre, mert nem adja meg.

45 O-Ton Ildikó Farkas:

Nem veszi fel a férjemet, mondván, hogy egy családból egy dolgozhat, holott tudom, ez nem

így van. Pedig tudom, felvehetné dolgozni, mivel van, vannak házaspárok is ...

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Sprecherin Farkas:

Der Bürgermeister nimmt zum Beispiel meinen Mann nicht ins Programm für kommunale

Areit auf. Er sagt, es kann aus einer Familie nur eine Person aufgenommen werden. Aber das

stimmt nicht. Bei uns arbeiten auch Eheleute oder Eltern und Kinder. Immer wenn ich ihn

frage, sagt er, er diskutiert das jetzt nicht, und so hält er mich hin.

... tehát mindig így elküld a pokolba.

46 O-Ton Ildikó Farkas:

Teljesen mindegy, ki lesz a polgármester, csak ez az ember ne legyen. Ez az ember tünjön el

Érpataknak a szineröl is ...

Sprecherin Farkas:

Mir ist es völlig egal, wer ansonsten Bürgermeister wird, nur er soll verschwinden. Er hat das

Dorf in Erbauer und Zerstörer gespalten, in Zigeuner und Ungarn. Er versucht uns

gegeneinander aufzubringen, und ich habe Angst, dass irgendwann etwas Schlimmes passiert.

Dieser Mann soll einfach ein für alle mal aus dem Dorf verschwinden!

... tünjön el Érpatak, vég-, végérvényesen tünne el.

47 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecher/Zitat:

„Jeder ist genau das wert, was er hat. Wer es im Leben zu nichts gebracht hat, ist auch genau

so viel wert.“ János Lázár, Kanzleichef des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor

Orbán.

Sprecher: Die neue Sozialhilfegesetzgebung sieht vor:

Sprecherin:

Kommunale Arbeit für Lohnersatz- und Sozialhilfeempfänger ist ab dem 16. Lebenjahr

verpflichtend.

Sprecher:

Die Arbeitszeit beträgt bis zu 40 Wochenstunden ganzjährig.

Sprecherin:

Bei schlechter Arbeitsleistung kann die Sozialhilfe gekürzt werden.

Sprecher:

Sozialhilfeempfänger können zur kommunalen Arbeit außerhalb ihres Wohnortes eingesetzt

werden.

Sprecherin: Die Sozialhilfe kann gekürzt oder gestrichen werden, wenn Empfänger nicht in einem

geordneten, hygienischen Wohnumfeld leben.

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Kapitel vier: Der Familienhilfsdienst

48 Atmo: Schritte, Marianna Losonszky kommt ins Büro

Autor:

Marianna Losonszky hat einen Hausbesuch bei einer Familie gemacht, jetzt kommt sie kurz in

ihr Büro, um sich zusammen mit ihrer Kollegin auf den nächsten Besuch vorzubereiten.

49 Atmo: Marianna Losonszky spricht mit ihrer Kollegin, blättert in Akte

Autor:

Marianna Losonszky arbeitet in Érpatak beim Familienhilfsdienst, eine Abteilung der

ungarischen Sozial- und Vormundschaftsbehörde. Losonszky beaufsichtigt im Dorf Familien

mit Problemen – arme Familien, solche, in denen sie das Kindeswohl gefährdet sieht, deren

Kinder nicht regelmäßig in den Kindergarten oder in die Schule gehen, die schlecht

angezogen oder ungewaschen sind. Die 42jährige ist klein, wohlgenährt und sorgfältig

gekleidet, sie hat rötlich blondiertes Haar und tritt sehr entschlossen auf.

50 O-Ton Marianna Losonszky:

Közösséget próbáljunk építeni. Így van, hogy ugye vannak a rombolók meg vannak az építök,

tehát, mi szinte mint frontharcosok

Sprecherin Losonszky:

Wir probieren eine Gemeinschaft aufzubauen. Ja, es gibt Erbauer und Zerstörer. Wir sind die

Frontkämpfer, die mit gutem Beispiel vorangehen und die anderen mitziehen. Wir zeigen, wie

man aufbaut. Wir stehen vereint da und geben allen ein Beispiel.

... tehát oda állunk és egy emberként próbáljuk ezt a példát adni.

51 O-Ton Marianna Losonszky:

A nem jogköveto magatartás, például, az alapvetö, hogy a jogszabályokat nem tartják be,

hogy rossz példát mutatnak, alkoholizálnak, esetleg ...

Sprecherin Losonszky:

Jemand ist Zerstörer, wenn er Gesetze nicht einhält, ein schlechtes Vorbild ist, zu viel

Alkohol trinkt, stiehlt, sich auf den Weg der Kriminalität begibt. Das versuchen wir zu

verhindern, auch gemeinsam mit der Polizei und mit Experten, denn es ist für alle wichtig,

dass wir den Kindern und den Familien helfen.

... mindannyiunk számára fontos ez, ugye, így tudjuk a gyerekeket is seg´teni és ezáltal ugye a

családokat.

52 O-Ton Marianna Losonszky:

Akik a rombolók, nem mondtunk le róluk sem igazából, hanem próbáljuk öket is felhúzni erre

a szintre ...

Sprecherin Losonszky:

Wir geben die Zerstörer nicht auf. Wir versuchen, sie auf unser Niveau zu heben. Wir

versuchen, ihre Herangehensweise an die Dinge zu ändern, indem wir ihnen klarmachen, wie

sie ihr Schicksal verbessern können und was die Dinge sind, die sie tun müssen, damit ihre

Familie besser funktioniert und sie sich besser um ihre Kinder kümmern.

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... jobban müködhessen a család, a gyerekekkel való foglalkozás.

53 O-Ton Marianna Losonszky:

Maximálisan azonosulni tudok az érpataki modellel. Nekem ezek zsigerböl jönnek, tehát, amit

beszéltek itt azelöbb a kolléganömmel, hogy a magyar nép hagyományának az ápolásán ...

Sprecherin Losonszky:

Ich identifiziere mich maximal mit dem Modell von Érpatak, es ist mir in Fleisch und Blut

übergegangen. Dem Bürgermeister gebührt Ehre und Respekt dafür, dass er die ungarische

Traditionspflege so stark betont. Die Zahl der Ungarn sinkt immer mehr, die Ungarn sterben

langsam aus, und wir haben die Pflicht, unseren Kindern die Traditionen beizubringen, nach

denen wir leben. Überhaupt müsste man größeres Gewicht auf die Lehre der ungarischen

Geschichte legen.

... nekünk itt Magyarorszagon igazából a magyar történelem oktatására kellene nagyobbb

hangsúlyt fektetni.

54 Atmo: Marianna Losonszky und Kollegin besuchen Roma-Familie

Autor:

Zusammen mit einer Kollegin macht Marianna Losonszky einen Hausbesuch bei einer Roma-

Familie im Dorf. Angéla Jonás bittet die beiden Damen in ihr Haus. Sie ist 37 Jahre alt,

Mutter von sieben Kindern und sieht aus wie fünfzig. Ihr fehlen viele Zähne, sie ist klein, fast

dürr. Mit ihrem Mann und ihren sieben Kindern wohnt sie in zwei Zimmern, außerdem gibt es

noch eine Küche. Die Toilette, ein Bretterhäuschen mit Grube, befindet sich im Hof. In den

Zimmern stehen Betten, Stühle und Tische, Bilder hängen an den Wänden nicht.

Angéla Jonás kommt aus einer nahegelegenen Kleinstadt. Zuhause waren sie 17 Kinder, eine

bitterarme Familie. Ihre älteren Geschwister verloren nach der Wende ihre Arbeitsplätze in

Industriebetrieben. Sie selbst ging acht Jahre zur Schule, lernte aber keinen Beruf, sondern

pflegte ihre kranke Mutter bis zum Tod. Vor einigen Jahren wurde sie obdachlos, kam in ein

Wohnheim, das Sorgerecht für ihre Kinder wurde ihr entzogen. Vor zwei Jahren erhielt sie

das kleine Haus in Érpatak zugewiesen. Ihr Mann macht Gelegenheitsarbeiten, außerdem

bekommt die Familie Kindergeld. Weil einige der Kinder noch klein sind, muss Angela Jonás

keine kommunale Arbeit verrichten. Marianna Losonszky lobt sie.

55 O-Ton Marianna Losonszky:

A család egyébként nagyon együttmüködö velünk. A szabályokat nagyon igyekszenek

betartani. Tehát, maximálisan nagyon jó a kapcsolat, a kommunikáció közöttünk ...

Sprecherin Losonszky:

Die Familie kooperiert sehr gut mit uns, sie bemüht sich, alle Regeln genau einzuhalten.

Unsere Kommunikation ist sehr gut, deshalb haben wir eine positive Meinung von dieser

Familie. Es gab dieses Problem damals, dass die Kinder nicht regelmäßig zur Schule und in

den Kindergarten gingen, deshalb wurden sie unter Vormundschaft gestellt. Ansonsten

kümmert sich Angela gut um ihre Kinder und vernachlässigt sie nicht. Diese Familie zählt zu

den Erbauern, nicht zu den Zerstörern, denn sie passt sich wirklich sehr gut an.

... tényleg, hát, az építö család kategoriájába tartoznak, tényleg nagyon alkalmazkodóak.

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Autor:

Angéla Jonás sitzt auf dem Bett, die Hände auf den Beinen. Sie blickt dankbar zu der Frau

vom Amt auf.

57 O-Ton Angéla Jonás:

Nagyon, én, mihozzánk nagyon rendes, semmi probéma nincs vele meg be szokott jönni. Leül

velünk, beszélget, kiszáll a kocsiból, van mikor a feleségével jön ...

Sprecherin Jonás:

Der Bürgermeister ist sehr anständig zu uns. Manchmal kommt er auch her. Er steigt aus

seinem Auto, kommt herein, setzt sich hin und redet mit uns, manchmal kommt auch seine

Frau herein. Sie sind sehr nett, es gibt keine Probleme mit ihnen. Auch mit Frau Marianna

und Frau Erika vom Familiendienst nicht. Ich sehe alles genau wie sie. Uns geht es gut. Wir

machen keine Probleme, wir gehorchen dem Vormundschaftsamt, wir machen alles, was sie

dort sagen, und wir stimmen mit allem überein.

... Nincs semmi baj, hál´ Istennek, szót fogadunk a gyámüygeseknek, amit mondanak, azt

csinálunk, együttértünk mindennnel.

58 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecherin/Zitat:

„Die jetzige Regierung hat das Verhältnis zwischen dem Staat und den Familien

beziehungsweise den Kindern entlang ihrer ureigenen Werteordnung umgestaltet“, sagt

Zsuzsa Ferge, Ungarns prominenteste Soziologin. „Die Regierung betrachtet es als

Aufgabe des Bildungswesens, Werte und Weltanschauung der Kinder so zu formen, wie es

die Verfassung mit ihrem stark konservativen und nationalistischen Geist vorgibt. Die Rolle

des Staates wurde in sehr großem Maße gestärkt, die Essenz des Bildungswesens sind

Ordnung und Disziplin, regelwidriges Verhalten wird strengstens bestraft. Beispielsweise

wurde eine Schulpolizei gegründet, sie hat die Aufgabe, Schulschwänzer aufzugreifen und sie

dem Direktor vorzuführen. Eine solche Verstaatlichung von Familien und Kindern gab es in

ähnlicher Weise in der Zwischenkriegszeit und dann etwa bis 1960. Danach schwächte sich

diese Herangehensweise sehr langsam ab, nach der Wende 1990 wurde sie ganz aufgegeben.

Doch seit dem Machtantritt der Orbán-Regierung 2010 ist Ungarn wieder ein

Disziplinierungs- und Sanktionierungsstaat geworden.“

Kapitel fünf: Der „Zerstörer“

59 Atmo: Gábor Szöllösi kommt nach Hause, begrüßt seine Mutter

Autor: Ein kleines Haus am Rande von Érpatak. Gábor Szöllösi kommt zur Tür herein und begrüßt

seine Mutter. Sie fragt, ob er zu Mittag essen wolle, er bejaht. Während die Mutter den

Essenstisch deckt, wäscht er sich die Hände, dann schneidet er Brot. Zwischendurch berichtet

er ihr in knappen Worten von seiner Arbeit. Szöllösi hilft Menschen im Dorf als eine Art

Rechtsberater – zum Beispiel dann, wenn das Vormundschaftsamt ihnen die Kinder entziehen

will oder sie aus dem Programm für kommunale Arbeit ausgeschlossen werden.

Szöllösi, mittelgroß, schwarzes Haar, ist 28 Jahre alt, in Érpatak aufgewachsen und eigentlich

Grundschullehrer. Nach dem Studium und einer kurzen Zeit als Referendar arbeitete er mal

als Elektriker, mal als Makler. Nebenbei war er Freiwilliger bei der „Gesellschaft für

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Freiheitsrechte“ TASZ (sprich: Tass), der wichtigsten unabhängigen

Bürgerrechtsorganisation in Ungarn. Er dokumentierte Fälle von Grundrechtsverletzungen im

Dorf. Seit Juli 2012 bezahlt ihn TASZ für diese Arbeit und auch dafür, Menschen im Dorf

über ihre Rechte aufzuklären. Die meisten Ärmeren in Érpatak, darunter nahezu alle Roma,

wissen oft nicht, wie sie sich zur Wehr setzen können. Ihnen hilft Gábor Szöllösi. Für diese

Arbeit bekam er im Januar 2014 den ungarischen Raoul-Wallenberg-Menschenrechtspreis,

benannt nach jenem berühmten schwedischen Diplomaten, der in Ungarn 1944/45

zehntausende Juden rettete.

60 O-Ton Gábor Szöllösi:

Polgármester szerint természetesen én vagyok az egyik legnayobb romboló. Szerintem semmi

olyasmit nem tettem, amit a településnek artottam volna ...

Sprecher Szöllösi:

Laut dem Bürgermeister bin ich natürlich einer der größten Zerstörer im Dorf. Aber ich

denke, ich habe nichts getan, womit ich der Gemeinde geschadet hätte. Ich gebe zum Beispiel

vielen bedürftigen Kindern Nachhilfe in Mathe und Physik. Wie ich zum Zerstörer wurde,

muss man den Bürgermeister fragen, nicht mich. Er ist es ja, der die Leute auf willkürlicher

Grundlage als Erbauer oder Zerstörer einstuft. Also, er mag mich als Zerstörer sehen, aber ich

fühle mich nicht als solcher.

... minösít valakit rombolónak vagy építönek, tehát a polgármester szerint romboló vagyok, én

viszont nem érzem annak magamat.

61 O-Ton Gábor Szöllösi:

Én azt mondom, hogy ez egy rettegésben tartott falu, tehát, mindenki érzi legbelül, hogy baj

lehet, tehát vagy kimondja öszintén, hogy baj van vagy érzi, hogy nem stimmel minden ...

Sprecher Szöllösi:

Dies ist ein Dorf, in dem die Leute vor Angst zittern. Alle leben mit dem inneren Gefühl, dass

jederzeit etwas Schlimmes passieren kann, aber niemand wagt es, dieses Angstgefühl offen

zur Sprache zu bringen, alle fürchten, dass sie dann sofort einen Gerichtsprozess oder die

Polizei am Hals haben. Denn der Bürgermeister zeigt alle, die von so etwas sprechen, sofort

wegen Ehrverletzung und Verleumdung an, und natürlich will niemand vor Gericht gezogen

wegen. Ich bekenne mich offen zu dieser Meinung, also, dass dieses Dorf in einem

ungeheuren Angstgefühl lebt. Ob ich dafür nun einen Prozess am Hals habe oder nicht, ist mir

egal. Ich weiß, dass der Bürgermeister mich wegen jedes Satzes anzeigt. Ich stehe dazu.

... tudom, hogy minden egyes mondatom miatt, mindenért külön-külön feljelent, tehát, én ezt

felvállaltam és egyszerüen nincs is visszaút.

62 O-Ton Gábor Szöllösi: Széthúzásnak, tehát, hogy az ellenfelei annyira egymás gyengítésében látták az elörelépést,

hogy úgy sikerült, most még egyszer megválasztani ...

Sprecher Szöllösi:

Dass sie ihn nun schon zum dritten Mal wiedergewählt haben, liegt auch an der Uneinigkeit

all derer, die seine Gegenkanidaten sein könnten, und davon profitiert er natürlich. Es gibt

auch Gerüchte, dass er Stimmen gekauft habe. Auch die Wirtschaftskrise hat zu seiner

Wiederwahl beigetragen. Es ist bergab gegangen in Ungarn, alle leben schlechter, und die

Roma sind immer die ersten Sündenböcke. Man wirft ihnen vor, sie bekämen zuviel

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Sozialhilfe. Es gibt einen passiven Rassismus im Dorf. Offen bekennt sich niemand dazu,

aber die Leute beobachten mit wohlwollendem Interesse, wie der Bürgermeister die Roma ins

Abseits drängt und diszipliniert. Und sein Wahlkampfmotto lautet ja: „Jedem das Seine!“

... tehát, nem vallják be, hogy rasszisták, mégis érdekli öket, hogy a polgármester, hogy

próbálja a romákat visszaszorítani. Tehát, ö, mondom, mindig ezzel kampányolt, hogy

mindenki azt fogja megkapni, ami jár neki.

63 Atmo: Mann aus dem Dorf bittet Gábor Szöllösi um Rat

Autor:

Nach dem Mittagessen im Zimmer von Gábor Szöllösi: Ein Familienvater aus dem Dorf ist

gekommen, er bittet um Rat. Seine Kinder wurden unter Amtsvormundschaft gestellt, weil

sie, so die Begründung, in unordentlichen Verhältnissen gelebt und Fehlzeiten in der Schule

gehabt hätten. Noch wohnen die Kinder bei den Eltern. Nun möchte der Mann wissen, ob sie

auch in ein Heim eingewiesen werden könnten. Er wirkt sehr niedergeschlagen, wie er vor

Gábor Szöllösi sitzt, klammert sich an dessen Worte. Szöllösi versucht, ihn zu beruhigen. Er

erklärt ihm die Rechtslage und verspricht, juristische Hilfe zu organisieren. Beim Abschied

legt er ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.

Fast täglich hat Szöllösi im Dorf mit solchen Fällen zu tun. Für viele Menschen ist er Anwalt

und Seelsorger in einem. Er selbst und seine Mutter gehen durch seine Arbeit ein hohes

persönliches Risiko ein.

64 O-Ton Gábor Szöllösi:

Elöször kétezertizenkéttö július elején arra ébredtünk föl édesanyámmal, hogy egy három és

fél, négy kilós követ dobtak be az ö ablakán ...

Sprecher Szöllösi:

Anfang Juli 2012 wachten meine Mutter und ich eines Nachts davon auf, dass sie einen

dreieinhalb Kilo schweren Stein durch ihr Schlafzimmerfenster geworfen hatten. Zum Glück

hatte sie gerade ihr Bett umgestellt, es stand nicht mehr unter dem Fenster, sonst hätte sie

vielleicht lebensgefährlich verletzt werden können, auch durch Glasscherben. Danach warfen

sie Anfang Januar 2013 nachts zwei Scheiben ein, eine im Haus, eine im Stall. Im Februar

kam der Bürgermeister mit einem Dutzend Leute vor unser Haus und fing an zu toben und zu

schreien. Die örtliche Polizei war nicht bereit, das zu unterbinden. Daraufhin rief ich die

mobile Einsatzpolizei, die den Aufzug beendete.

... százhetes segélyhívószámra, s akkor kiküldték a kommandosókat, sorra falatalták a járdát,

és úgy lett ez a rendezvény lezárva.

65 O-Ton Gábor Szöllösi:

Kétezertizenhárom marcius tizennegyedikén telefonh´vást kaptam, hogy szeretnének interjút

készíteni a szegedi tudományegyetemröl, tmetöhöz fáradják már ki, szeretnének családokhoz

lemenni ...

Sprecher Szöllösi:

Am 14. März 2013 erhielt ich eine telefonische Interviewanfrage. Mit dem Anrufer

verabredete ich ein Treffen vor dem Eingang zum Dorffriedhof, von dort aus wollten wir zu

einigen Familien hinfahren. Auf dem Weg zum Treffpunkt fing es an zu regnen, deshalb

stellte ich mich an der Bushaltestelle unter. Da kam plötzlich ein Mann mit Schlagring und

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Messer in den Händen auf mich zu, schlug mich ins Gesicht und versuchte auf mich

einzustechen. Ich konnte das Messer wegdrücken und versuchte mich zu verteidigen. Dann

floh er. Im Gerangel hatte er ein kleines Amateurfunkgerät verloren, das heißt, er schien auch

nicht allein zu sein. Auf der Polizeistation im Nachbarort wollten sie keine Fingerabdrücke

davon nehmen. Angeblich hatte auch die Videokamera, die in der Nähe der Bushaltestelle

angebracht ist, nichts registriert. Ich denke, wie in allen vorherigen Fällen werden die

Ermittlungen ergebnislos und mit dem Fazit „Täter unbekannt“ eingestellt.

... kezdetben azt mondták, hogy látszik rajta a támadás. Utána, most, amikor megkerestem

öket, abból se latszott semmi, tehát ugyanúy ismeretlen tettessel le fogják zárni a nyomozást.

66 O-Ton Gábor Szöllösi:

Valamennyire azóta mindig magam mögé fordulok, bárki ilyen interjút kér tölem, azonnal

elöször lenyomoztatom, hogy biztos-e az, akinek kiadja magát. Azért benne van az emberben

az a félelem

Sprecher Szöllösi:

Seit diesem Vorfall drehe ich mich auf der Straße oft um und schaue, ob ich verfolgt werde.

Wenn jemand ein Interview will, dann prüfe ich immer erst einmal, ob er vertrauenswürdig

ist. Ja, die Angst ist in mir. Ich werde dennoch vorläufig hierbleiben. Ich kann die Leute hier

nicht allein lassen. Wenn ich sagen würde, ich ziehe weg, dann würde ich diejenigen im Stich

lassen, denen ich vorher erzählt habe, dass man sich auch wehren kann. Also: Auch wenn ich

bedroht und angegriffen werde, bleibe ich.

... tehát egyelöre az biztos, hogy kitartok és maradok, bármilyen körülmények között,

bármilyen támadások ellenére, és akkor is maradunk.

67 Atmo: Schreibmaschine, angespielt, dann leiser werdend, verklingend

Sprecher/Zitat:

„Die Samen des Modells von Érpatak fallen in Ungarn auf fruchtbaren Boden. Die Innen- und

Sozialpolitik der gegenwärtigen Regierung zeichnet sich durch Autoritarismus aus und ist

stark von polizeilichem Geist durchdrungen. Paralellen zwischen dem Modell von Érpatak

und der Regierungspolitik bestehen in der Unduldsamkeit gegenüber gesellschaftlichen

Gruppen, die den Anschluss verlieren: Arme, Roma, Obdachlose – tendenziell sollen diese

Gruppen kriminalisiert und in Kategorien wie „verschuldet arm“ oder „unverschuldet arm“

eingeordnet werden. Eine Reihe gesellschaftspolitischer Aufgaben aus der Sozial-, Bildungs-

und Beschäftigungspolitik wurde unter die Hoheit des Innenministeriums gestellt. Statt

professionelle Antworten auf gesellschaftspolitische Probleme zu geben, herrscht in Ungarn

ein institutionalisierter Kasernengeist, der rechtsextremen Scharfmachern auf lokaler Ebene

viele Möglichkeiten bietet, ihre Programme umzusetzen. Umgekehrt werden die

einfallsreichen lokalen Methoden solcher rechtsextremen Scharfmacher oft in den Rang von

Gesetzen erhoben.“ Mihály Simon, Sachverständiger für Roma-Politik bei der

Gesellschaft für Freiheitsrechte TASZ

Kapitel sechs: Der Bürgermeister

68 Atmo: Bürgermeister im Gespräch mit Feldwächtern

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Autor:

Nachmittags am Dorfrand von Érpatak. Der Bürgermeister trifft sich mit den Feldwächtern,

die gerade von einer Patrouillenfahrt kommen. Der Bürgermeister will wissen, ob es Vorfälle

gab, dann erkundigt er sich nach der Möglichkeit, auf dem Gemeindeland flächendeckend

versteckte Videokameras anzubringen. Der Feldwächter Péter Bakti erläutert ihm die

Funktionsweise und technischen Möglichkeiten einer winzigen Kamera, die er und sein

Kollege gerade im Freilandeinsatz testen. Der Bürgermeister ist sehr zufrieden.

69 O-Ton Bürgermeister:

Hatása az néha van, csak ez a probléma, hogy a médianyomás és a médiamegbélyegzés miatt

nem vállalják ...

Sprecher Bürgermeister:

Unser Modell hat eine gewisse Wirkung, aber wegen des Drucks der Medien gibt das

niemand zu. Wenn Leute woanders unsere Methoden übernehmen, aber nicht sagen, woher

sie die haben, dann ist das zwar unehrenhaft, aber es stört mich nicht unbedingt. Mein Ziel ist,

adäquate Problemlösungen zu finden und das in Ungarn zu einem Gemeingut zu machen.

Wenn Gemeinden und die Regierung unser Modell in ihre Praxis und ihr Programm einbauen,

dann haben wir unser Ziel erreicht.

... és beépül önkormányzati gyakorlatokba meg kormányprogramba ez, azt gondolom, hogy ez

nagyon jó és elértük a célunkat.

70 O-Ton Bürgermeister:

Sokkal könyebb lenne ha elismernék meg bátran vállalnák csak ahogy említettük, tehát olyan

médianyomás van a kormányon is meg tehát a közéleten ...

Sprecher Bürgermeister:

Es wäre viel leichter für uns, wenn man unser Modell allgemein und nicht nur heimlich

anerkennen würde. Leider gibt es diesen riesigen Mediendruck. Es gefällt den Medien nicht,

dass wir unsere Ergebnisse mit anderen Methoden als mit denen des Mainstreams erreichen.

Deshalb werden wir kriminalisiert und dämonisiert. Deshalb übernehmen viele unser Modell

nicht offen. Sie fürchten sich vor den Angriffen der Medien. Ich beobachte auch, dass oft nur

Teile unseres Modells übernommen werden. Es wäre natürlich besser, wenn man die tiefere

Philosophie des Modells besser verstehen würde, und wenn das so wäre, dann könnte man die

Gesetzgebung in Ungarn noch angemessener gestalten.

... és hgy ha azt az alapfilozófiát megértenék, akkor azt gondolom, hogy méhg adekvátabb

lehetne a törvényhozás.

71 Atmo: Kinder sagen ungarisches Glaubensbekenntnis auf

Autor:

Nachmittags in der Schule. Die Kinder haben Unterrichtschluss. Wieder singen sie die

Nationalhymne und patriotische Lieder, wieder sagen sie das obligatorische ungarische

Glaubensbekenntnis auf.

Sprecher:

„Ich glaube an den einen Gott, an die eine Heimat und an die eine göttliche Gerechtigkeit. Ich

glaube an die Auferstehung Ungarns! Amen!“

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Autor:

Der Bürgermeister steht dabei und sieht es mit Wohlgefallen. Dann läd er in den Festsaal der

Schule ein. Der ist geschmückt mit Porträts ungarischer Helden, mit Dutzenden ungarischen

Fahnen und Symbolen. Hier hält der Bürgermeister oft Gedenkfeiern ab.

72 O-Ton Bürgermeister:

Van egy pénzimpérium, tehát a világba, ami a világ összes vagyonának a jelentös részét, mit

tudom én, háromszáz család nem tudom már a világ nem tudom vagy annak a kilencven

százalékát saját kézbe tartja, tehát ...

Sprecher Bürgermeister:

Es gibt in der Welt ein Finanzimperium, dem etwa 300 Familien angehören und die über

neunzig Prozent des Vermögens dieser Welt herrschen. Dieses Imperium lenkt unser Land,

Europa, Amerika und den Rest der Welt. Das ist die so genannte private Hintergrundmacht.

Man sieht sie nicht, man sieht nur ihre Auswirkungen und ihre Bedürfnisse. Diese Macht im

Hintergrund mischt sich mit wirtschaftlichen Mitteln permanent in die Angelegenheiten

verschiedener Länder ein. Sie ist unter anderem in geheimen Freimaurer-Logen organisiert.

Dort wird geplant, wie man in Ministerien und Parlamenten Einfluss gewinnen kann. Die von

den Logen in derartigen Institutionen eingesetzten Leute arbeiten dann für die

Hintergrundmacht.

... Az általa beültett emberek próbálják az ö, a háttérlobbiknak megfelelöen müködtetni azokat

az intézményeket amiket megszereztek.

73 O-Ton Bürgermeister:

Mindig ezt mondom egyébként hogy az a naiv dolog, hogy mi itt, mintha Magyarország

szuverén lenne s mi itt vetélkedünk, marakodunk, civakodunk, egyezkedünk, vitatkozunk ...

Sprecher Bürgermeister:

Es ist völlig lächerlich anzunehmen, dass Ungarn souverän ist, dass es einen politischen

Wettbewerb gibt, infolge dessen eine Führungsschicht an die Macht kommt, die den

Interessen der ungarischen Menschen dient und in ihrem Interesse regiert. Die internationale

liberale Finanzelite streckt ihre Hand natürlich auch nach Ungarn aus, sie greift nach unseren

Humanressourcen, den Medien, dem Energie- und Banksektor, und sie will Ungarn wie eine

Kolonie lenken.

... minden bankrendszerre, Magyarország úgymond mint gyarmatnak, mint az iránítására.

74 O-Ton Bürgermeister:

Nincs-e valamilyen gyermekkori nem tudom ilyen élményem vagy ilyen trauma, az nem, nem,

tehát ilyenröl nem tudok, de azt tudom, hogy már az általános iskolás kóromban is meg az

ovódában is mindig, mindig a, tehát az igazságtalanság az nagyon zavart

Sprecher Bürgermeister:

Ich bin schon gefragt worden, ob ich bestimmte Kindheitserlebnisse oder Traumata hatte.

Nein, so etwas gab es nicht. Mich hat aber schon immer Ungerechtigkeit gestört, schon im

Kindergarten und in der Grundschule. Der Geist des Rittertums steht mir am nächsten, das

war schon in meiner Kindheit so, und wenn es eine aktive Organisation kämpfender Ritter

gäbe, wobei ich das jetzt nicht auf Äußerlichkeiten beziehe, dann hätte ich mich ihr

angeschlossen. Aber so eine Organisation, in der auf ritterliche Weise für Recht und

Gerechtigkeit gekämpft wird, gibt es nicht. Als mir das klar wurde, orientierte ich mich in

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Richtung der Mönchsorden. Allerdings ergriff mich ihr Geist nicht so leidenschaftlich, dass

ich meinte, ich könne ihn auch vertreten.

... tehát, mikor megismertük öket, akkor még, tehát, nem tudott úgy megragadni hogy annak a

társaságába azt gondoltam volna, hogy ezt a szellemiséget tudom ápolni.

75 O-Ton Bürgermeister:

Mindig tetszik nekem sokkal jobban a névtelen szentek, a hösöknek az áldozata, tehát mint a

háborúba is, hogy tették a dolgukat a hazájukért ...

Sprecher Bürgermeister:

Am meisten gefällt mir das Opfer der namenlosen Heiligen und Helden. Zum Beispiel im

Krieg: Die Soldaten opfern sich für die Heimat, aber wir wissen nicht, wer sie waren und wo

es geschah. Wenn ich namenlose Soldatengräber sehe, dann erwärmt sich mein Herz, denn

diese Soldaten haben sich als Individuum zurückgestellt und sich der Gemeinschaft

aufgeopfert.

... tehát ilyen szívetmelengetö hogy tehát ö nem azért tette, mert mit tudom én mert ö annira,

tehát az egyéni individumát, hanem ö a közösségért tett.

Autor: Der Bürgermeister beginnt von seinen Lieblingsfilmen zu schwärmen, es sind Filme mit

Geschichten von Rittern, Gladiatoren und Soldaten. Dann kommt er wieder auf seinen

eigenen Kampf und auf das, was er für sein Dorf erreichen will.

77 O-Ton Bürgermeister:

Érpatakon az építö embereknek nem kell félni mert mi maximálisan segítjük, szövetségbe

lepünk vele, amibe tudunk, tehát felkaroljuk, támogatjuk és mindenféle segítséget megadunk.

A romboló embernek, s erre mondtam egy kicsit, mondom, speciálisan fogalmazva, hogy a

rombolónak sem kell félni, mert neki azért nem kell félni, mert neki rettegni kell.

Sprecher Bürgermeister:

Der Erbauer muss sich bei uns nicht fürchten. Wir helfen ihm, vereinen uns mit ihm,

unterstützen ihn. Auch der Zerstörer muss sich nicht fürchten. Nein – der Zerstörer soll in

tiefster Angst erzittern.

46 O-Ton Ildikó Farkas:

Teljesen mindegy, ki lesz a polgármester, csak ez az ember ne legyen. Ez az ember tünjön el

Érpataknak a szineröl is ...

Sprecherin Farkas:

Mir ist es völlig egal, wer ansonsten Bürgermeister wird, nur er soll verschwinden. Er hat das

Dorf in Erbauer und Zerstörer gespalten, in Zigeuner und Ungarn. Er versucht uns

gegeneinander aufzubringen, und ich habe Angst, dass irgendwann etwas Schlimmes passiert.

Dieser Mann soll einfach ein für alle mal aus dem Dorf verschwinden!

... tünjön el Érpatak, vég-, végérvényesen tünne el.