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Der Rückumlaut – Ein Phänomen der schwachen Verbkonjugation

Sylvia Paetzold & Denise Pollmann

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1. DER MITTELHOCHDEUTSCHE UMLAUT1.1 PRIMÄRUMLAUT1.2 SEKUNDÄRUMLAUT

2. DER RÜCKUMLAUT3. SCHWACHE VERBEN

3.1 DREI SCHWACHE VERBKLASSEN

4. PRÄSENS4.1 PRÄTERITUM4.2 PARTIZIP PRÄTERITUM

5. KLASSE DER JAN-VERBEN5.1 KURZWURZLIGE JAN-VERBEN5.2 LANGWURZLIGE JAN-VERBEN

6. ENDRESULTAT DER WANDLUNGEN7. MERKSPRÜCHE

Gliederung

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1. DER MITTELHOCHDEUTSCHE UMLAUT

Veränderung derjenigen Vokale, auf die eine Beugungs- oder Ableitungssilbe folgt(e), welche den Vokal /i/ oder den Halbvokal /j/ enthält

Bestimmung als qualitativer, historischer und kombinatorischer Lautwandel nach Jacob Grimm

Wichtigstes Umlautbeispiel ist der i-Umlaut (Palatalumlaut)

Zwei historische Phasen des i-Umlauts1) Primärumlaut (a > e vor i, î, j der Folgesilbe) 2) Sekundärumlaut (alle übrigen umlautfähigen Vokale)

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1. DER MITTELHOCHDEUTSCHE UMLAUT

Zu beachtenVerlust der umlautbewirkenden Folgesilbenvokale im Althochdeutschen durch Nebensilbenabschwächung Umstand verhindert NICHT Sekundärumlaut

Erklärung dieses Zusammenhangsdurch zwei Entwicklungsschritte

Erster Schritt der UmlautbildungBildung von komplementär verteilten Allophonen durch Ein-wirkung von /i, î, j/ auf velare Vokale der vorhergehenden Silbe

Zweiter Schritt der Umlautentwicklung Phonemisierung von Allophonen

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1. DER MITTELHOCHDEUTSCHE UMLAUT Umlaut als Phonemisierung von Allophonen (Kurzvokalbereich) im Mittelhochdeutschen

Ahd. Mhd. Nhd. Lexem Graph Phon Phonem Lexem Graph Phon Phonem Lexem gast <a> [a ] /a / gast < a > [a ] / a / Gast

gesti <e> [e ] /e / geste < e > [e ] / e / Gäste

maht <a> [a ] /a / maht < a > [a ] / a / Macht

mahti <a> [ ] mæhte < æ > [ ] / æ / Mächte

brunno <u> [u ] /u / brunne < u > [u ] / u / Brunnen

brunia <u> [ü ] brünne < ü > [ü ] /ü/ Brusthar nisch

(nach: F. Simmler, in: Besch/Reichmann/Sonderegger, Sprachgeschichte, Bd.I,2, 1985, S.1131)

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1. DER MITTELHOCHDEUTSCHE UMLAUT Im Mittelhochdeutschen [u] und [ü] werden zu verschiedenen Phonemen wenn eine Abschwächung der umlautbedingenden Folgevokale eintritt Phonemisierung zieht Umlautschreibung <ue> nach sich Beispiel:Differenzierung von Adverb vs. Adjektiv im Alt- und Mittelhochdeutschen ahd. scôni (Adj.) ‑ scôno (Adv.)mhd. schœne (Adj.) ‑ schône (Adv.)

Einschränkung der Einheitlichkeit dieser Erklärung durch Faktum, dass Primärumlaut bereits in ahd. Zeit verschriftlicht wurde (s.o.: gast – gesti )

Zusammenfall des Umlauts /e/ mit altem /ë/ < germ. /e/, ABER: Verschiedenheit in der Vokalqualität (/ë/: mittlerer Öffnungsgrad, /e/: geschlossener e-Laut)

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1.1 PRIMÄRUMLAUT Erscheinung des germ. /a/ als ahd. /e/ vor /i, i, j/ in Folgesilbe: ahd. kraft : kreftig (Adj.) ahd. lamb : lembir (Pl.) ahd. farn ('ich fahre') : feris ('du fährst')

Kein Primärumlaut auf gesamtem ahd. Gebiet:

vor Konsonantenverbindungen /ht/ und /hs/ sowie vor einfachem /h/:ahd. maht – mahti (mhd. mähte) ahd. wahsit (mhd. wähset)

a)

b) vor /r/ + Kons. (rw, rh) und vor /lh/: ahd. gar(a)wen (<*garwjan) 'bereiten' ahd. wal(a)h > mhd. walhisch (wälhisch, welsch)

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1.1 PRIMÄRUMLAUT

vor Flexionsendung -iu (Nom. Sg. Fem. und Nom. u. Akk. Neutr.): ahd. langiu, starkiu; aber: ellio neben elliu.

c)

d) vor Ableitungssuffixe –lîch/lîh und ‑lîn: ahd. faterlîh, faterlîn ahd. gar(a)wen (<*garwjan) 'bereiten' ahd. wal(a)h > mhd. walhisch (wälhisch, welsch)

e) bei Formen mit Bewirkung des Umlauts von zweitfolgender Silbe(Angleich des Vokals der zweiten Silbe) ahd. magadi > mhd. mägede

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1.2 SEKUNDÄRUMLAUT

ahd. /a/ > mhd. /ä/ (betrifft a-Laute, die nicht beim Primärumlaut erfaßt worden sind): ahd. mahti > mhd. mähte ahd. gar(a)wen > mhd. gärwen ahd. magadi > mhd. mägede ahd. faterlîh > mhd. väterlich

a)

b) ahd. /â / > mhd. /æ/ ahd. nâmi> mhd. næme ahd. mari > mhd. mære

c) ahd. /u/ > mhd. /ü/ ahd. kunni > mhd. künneahd. turi > mhd. türe (Umlauthemmung in Stellung vor lt, ld; im Obd. vor gg, ck, pf, tz; gt vor Nasal + Kons.)

ausgelöst durch /i, î, j/ der Folgesilbe bei:

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1.2 SEKUNDÄRUMLAUT

ahd. /o/ > mhd. /ö/ Fehlen des /o/ im Ahd., jedoch Gewinnung aus /u/ vor /a, e, u/ in Folgesilbe ('Brechung' oder 'a-Um laut'),gilt nicht vor Nasal + Kons. (got. brunna ‑ ahd. brunna ) und /i, î, j/ der Folgesilbe (Germ. *furhtjan ‑ ahd. furhten ) Entstehung des Umlauts -ö durch Analogie (oder in Neubildungen und Lehnwörtern): ahd. got, gutinna > mhd. got, gütinne, götinne, nhd. Gott ‑ Göttin vgl. ähnlich: mhd. horn ‑ hörner (pl.); mhd. hof ‑ hövesch/hübesch

d)

e) ahd. /û/ > mhd. /ü/ ahd./mhd. hût > ahd. hûti / mhd. hiute [ü](außer bei labialen Konsonanten)

f) ahd. /ô/ > mhd. /œ/ ahd. hôhi > mhd. hœhe

ausgelöst durch /i, î, j/ der Folgesilbe bei:

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1.2 SEKUNDÄRUMLAUT

ahd. /iu/ [iu] > mhd. /iu/ [ü:] ahd. liuti > mhd. liute (außer vor r und w)

g)

h) ahd. /uo/ > mhd. /üe/ ahd. gruoni > mhd. grüene

i) ahd. /ou/ > mhd. /öu/ ahd. loufit > mhd. löufet (außer vor w, b, m, gg)

ausgelöst durch /i, î, j/ der Folgesilbe bei:

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2. DER RÜCKUMLAUTDer Rückumlaut ...

bezeichnet das Nichteintreten des Umlauts im Präteritum

Jacob Grimm: Eintreten des Umlauts durch /i/ im Präteritum der langwurzligen Verben, Rückgang des Umlauts vor Beginn der ältesten deutschen Überlieferung

Bezeichnung „Rückumlaut“ falsch aufgrund der Synkope des /i/ bevor Lautwandel des Umlauts wirksam wurde

Beibehaltung des Grimmschen Begriffs aus Mangel an besserer Bezeichnung

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Ursprung der ,rückumlautenden’ Verben bei gotischen jan-Verben; Beispiel: got. *satjan

e - a ü - u æ - â oe - ô üe - uo iu - û

INFINITIV

setzen zünden vælen hoenen grüezen briunen

INDIKATIV PRÄSENSSG.123PL.123

setzesetzestsetzetsetzensetzetsetzent

zündezündestzündetzündenzündetzündent

vælevælestvæletvælenvæletvælent

hoenehoenesthoenethoenenhoenethoenent

grüezegrüezestgrüezetgrüezengrüezetgrüezent

briunebriunestbriunetbriunenbriunetbriunent

KONJUNKTIV PRÄSENSSG. 12 3PL. 12 3

setzesetzestsetzesetzensetzetsetzen

zündezündestzündezündenzündetzünden

vælevælestvælevælenvæletvælen

hoenehoenesthoenehoenenhoenethoenen

grüezegrüezestgrüezegrüezengrüezetgrüezen

briunebriunestbriunebriunenbriunetbriunen

Schwache Verben mit Rückumlaut

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INDIKATIV PRÄTERITUM

SG. 12 3PL. 12 3

satztesatztestsatztesatztensatztetsatzten

zuntezuntestzuntezuntenzuntetzunten

vâltevâltestvâltevâltenvâltetvâlten

hôntehôntesthôntehôntenhôntethônen

gruoztegruoztestgruoztegruoztengruoztetgruozten

brûntebrûntestbrûntebrûntenbrûntetbrûnten

KONJUNKTIV PRÄTERITUM

SG. 12 3PL. 12 3

satztesatztestsatztesatztensatztetsatzten

zuntezuntestzuntezuntenzuntetzunten

vâltevâltestvâltevâltenvâltetvâlten

hôntehôntesthôntehôntenhôntethônten

gruoztegruoztestgruoztegruoztengruoztetgruozten

brûntebrûntestbrûntebrûntenbrûntetbrûnten

IMPERATIV

SG. 2

PL. 12

setze

setzensetzet

zünde

zündenzündet

væl

vælenvælet

hoene

hoenenhoenet

grüeze

grüezengrüezet

briune

briunetbriunen

PARTIZIP

Präs. setzende zündende vælende hoenende grüezende briunende

Prät. gesetzt,gesatzt

gezündet, gezunt

gevælet, gevâlt

gehoenet, gehônt

gegrüezet,gegruozt

gebriunet,gebrûnt

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3. SCHWACHE VERBEN

Entstehung

im (ältesten) Germanischen

sekundäre Neubildungen (= sekundäre Verben), abgeleitet von starken Primärverben (Deverbativa) oder Nomina (Substantiven oder Adjektiven, Denominativa)

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3.1 DREI SCHWACHE VERBKLASSEN1) jan-Verben Germ. Stammbildungssuffix -ja- 2) ôn-Verben Germ. Stammbildungssuffix -ô-3) ên-Verben Germ. Stammbildungssuffix -ê-

im Althochdeutschen Klasse 1: * hailjan > heil – en Klasse 2: salb – ôn Klasse 3: tag – ên

im Mittelhochdeutschen Zusammenfall der Endungen nach Endsilbenabschwächung Klasse 1: heilen Klasse 2: salben Klasse 3: tagen

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4. PRÄSENS

Bildung im Indikativ mit Primärendungen, im Konjunktiv mit Sekundärendungen

Sekundär langwurzlige jan-Verben durch Konsonantengemination

Ausgleich im Althochdeutschen

Formen mit einfacher Konsonanz (von Konsonantengemination nicht betroffen): Ausgleich nach geminierten Formen

Formen mit Doppelkonsonanz: Ausgleich nach nicht geminierten Formen

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4. PRÄSENS

Umlaut und Konsonantengemination durch das /j/Affrikataverschiebung

Umlaut bei umlautfähigen Vokalen: a > e, u > ü, â > æ, ô > œ, o ö, uo üe, ou

öu, û > iu Keine Alternanzen im Wurzelvokalismus(Hebung bzw. Senkung/Brechung)

Zusammenfall der Klassen II und III durch lautliche Entwicklung im Mittelhochdeutschen

kein Unterschied zwischen Verba der Klasse I und Verben der Klassen II und III

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4.1 PRÄTERITUMBildung mithilfe des Dentalsuffixes –t

Bindevokale (zwischen Wurzel und Dentalsuffix) = i, ô, ê im Mittelhochdeutschen zu e geworden

Unterdrückung des Bindevokals (germ. i) in Klasse I bei ursprünglich lang- und mehrsilbigen Verben kein Eintreten des Umlauts im Präteritum, ABER Umlaut im Präsens

Beispiele: hœren – hôrte füeren – fuorte brennen – brante antwürten – antwurte

Mhd. Präteritalformen mit Gemination (dennete) oder Affrikata (satzte) sind Ausgleichsformen zum Präsens

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4.2 PARTIZIP PRÄTERITUMZwei Formen : 1) unflektierte Form mit Endung –(e)t, z.B. geleget

Bewahrung des Bindevokals /i/ UMLAUT 2) flektierte Form mit Endung –ter, z.B. gelegeter

Ausfall des /i/ vor Eintreten des Umlauts RÜCKUMLAUT

Verba mit Bindevokal: denete – gedenet salbete – gesalbet

sagete – gesaget

Unterdrückung des Bindevokals im Part. bei Verben ohne Bindevokal im Präteritum, ABER Erhaltung des Bindevokals in der unflektierten Form mit Umlaut in der WurzelBeispiele: gebrennet, D. gebrantem; gehœret, G. gehôrtes

Part. Präteritum als vorgermanisches Verbaladjektiv Ausgangspunkt der BildungBeispiele im Mittelhochdeutschen: dünken (dûhte, gedûht)

wurken (worhte, geworht)

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5. KLASSE DER JAN-VERBEN (Klasse I)

enthält neben primären Verben Anzahl von Denominativen und Kausativen, Ableitung mithilfe des j-Elementes:

1) von Adjektiven wie zu alt: *altjan > elten alt machen zu voll: *fulljan > füllen

2) von starken Verben wie zu brinnen, brann - *brannjan >brennenbiegen, bouc - *bougjan >böugen nîgen, neic - * neigjan > neigen varn, fuor -füeren

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5. KLASSE DER JAN-VERBEN (Klasse I)im Althochdeutschen Abschwächung des Suffixes –jan zu –en

im Mittelhochdeutschen Verlust des j außer nach r (nerjen neben später herrschendem nern) und nach langem Vokal (sœjen, blüejen neben sœen, blüen)Infinitivendung auf –en In Wurzelgestalt altes j:

1) ë > i Beispiel: rëht, aber rihten 2) Umgelauteter umlautsfähiger Vokal

Beispiel: füllen, hœren, brennen 3) ...

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5. KLASSE DER JAN-VERBEN (Klasse I)im Mittelhochdeutschen 3) Gemination des auslautenden Konsonants, Beispiel: zellen, setzen soweit nicht spätere Vereinfachung eintrat, Beispiel: hœren

-Wechsel in Wurzelgestalt durch Wegfall des j in der 2.3. Sg. Präsens und 2. Sg. Imp. vor dem i der Endung keine GeminationBeispiel: Präsens 1.2.3. ahd. zellu,zelis, zelit, Imp. zeli

mhd. zelle, zelst, zelt, zel, Plur. zellen Folge: Ausgleich und Doppelformen, Beispiel: zellen - zeln

- Verben mit Affrikata: setzen, ër setzt knüpfen, ër knüpft - Ausgleich zur Spirans: sleifen (sleipfen) - Fortbestand der Gemination von germ. k: decken, deckt - Verlust der Gemination von g: legen, lecken

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5.1 KURZWURZLIGE JAN-VERBEN

Bewirkung eines Umlauts in sämtlichen Flexionsformen des Präsens und Präteritums durch das /j/

Vokalisierung des /j/ zu einem /i/ im Präteritum

im Mittelhochdeutschen:

Erhaltung des /j/ bzw. /i/ als Bindevokal /e/ in Präteritalformen

in einigen Fällen Schwund des /e/ durch Synkope bei kurzwurzligen Verben auf r und l

entweder Durchsetzung der synkopierten Form oder Bewahrung der nicht-synkopierten und synkopierten Form

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5.2 LANGWURZLIGE JAN-VERBENUmlaut des Wurzelvokals nur in Präsensformen

Ausfall des Bindevokals /i/ im Präteritum UND kein Bindevokal /i/ im Präteritum möglich

Mögliches Eintreten des Rückumlauts in Präteritalformen: Umlaut im Präsens, kein Umlaut im Präteritum

im Althochdeutschen Zusammenfall mit Verben mit Affrikata, welche im Germanischen noch kurzwurzlig waren Aufweisung des Rückumlauts, AUCH Bewahrung der

ursprünglichen Formen mit Umlaut bis ins Mittelhochdeutsche (oft im unflektierten Part. Prät.)

Beispiele: mhd. setzen – sazte – gesazt/gesetzt/gesetzet smecken – smacte – gesmact/gesmecket stepfen – stapfte – gestapft

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5.2 LANGWURZLIGE JAN-VERBEN

Zusammenfall mit Verben, bei denen /l/ oder /t/ auf kurzen Wurzelvokal folgten Doppelformen im Präteritum Beispiele: mhd. zeln – zelte/zalte – gezelt/gezalt

tret(t)en – tretete/tratte – getretet/getrat

Aufweisung eines unveränderten Wurzelvokals im Präsens und Präteritum Kein Rückumlaut

Unterschied jan-Verben zu ôn – und ên-Verben: Konsonantengemination in Wurzelsilbe des Präsens Rückumlaut des Wurzelvokals im Präteritum

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5.2 LANGWURZLIGE JAN-VERBENAnschluss anderer Verba an langwurzlige Verben mit Rückumlaut:

1) Verba auf germ. t, p, k, hd. Präsens: tz, pf, ckBeispiele: mhd. setzen – sazte

knüpfen – knupfte wecken – wahte

Durchführung der Affrikata des Präsens (bei Verben auf Dental und Labial Erhaltung des nicht geminierten Lautes (wakida wahhita wahta, wahte) beim Guttural bis ins Mittelhochdeutsche 2) Verba auf germ. d und l, hd. Präsens tt und ll mit Doppelformen

Beispiele: zellen: zel(e)te und zalte retten: retete und ratte

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6. ENDRESULTAT DER WANDLUNGEN

Ein Unterschied innerhalb der Menge der schwachen Verben:

Verben mit Rückumlaut der alten ersten Klasse Beispiele: brennen, wenden

Verben ohne Rückumlaut: Alte Verba der zweiten und dritten Klasse, Verba ohne umlautsfähigem Vokal sowie alte kurzwurzlige Verba

Beispiele: reden, dienen

1)

2)

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7. MERKSPRÜCHE Schwache VerbenWillst du schwache Verben machen,brauchst du zwei verschied‘ne Sachen:Nimm den Stamm vom starken Verbum - auch ein Nomen ist nicht sehr dumm – und häng einfach hinten dran die Suffixe -ên, -ôn, -jan.

Rückumlaut in zwei Teilen Starke Verben, welche Qual,ändern stets den Stammvokal.Doch zu unserem Verderbentun’s auch manchmal schwache Verben.Jacob Grimm hat sich‘s getrautnannte dies den „Rückumlaut“:erben – arbte, hengen – hancte,küssen – kuste, wenken – wancte.War das jan-Verb wurzel-lang,Gab‘s im Präsens Umlaut-Klang.

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Quellen (Bücher):

•Karl Helm/Ernst A. Ebbinghaus, Abriss der mittelhochdeutschen Grammatik, 4. Auflage, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1973

•Thordis Hennings, Einführung in das Mittelhochdeutsche, Berlin; New York: de Gruyter Studienbuch, 2001

•Hilkert Weddige, Mittelhochdeutsch – Eine Einführung, Verlag C.H. Beck, München, 1996

•Michael Graf, Mittelhochdeutsche Studiengrammatik – Eine Pilgerreise, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2003

•Mittelhochdeutsche Grammatik, Helmut de Boor und Roswitha Wisniewski, 9. Auflage, 1984

•Einführende Literatur: Mettke, S. 59-63, Schweikle, S. 89, 93-95, Paul/Wiehl/Grosse, §32-35

Internetquellen: •http://wikipedia.t-st.de/data/Mittelhochdeutsch

•www.uni-tuebingen.de/mediaevistik/materialien/Merkverse.htm

•http://www.uni-konstanz.de/FuF/litwiss/fs-litling/download/kurzgrammatik.pdf

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