Symmetriegruppen und Reflexionsgruppen · im Sommersemester 2010 Zusammenfassung ... zur...

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(M 1 ,d 1 ) (M 2 ,d 2 ) f : M 1 M 2 d 1 (x, y)= d 2 (f (x),f (y)) M 1 M 2 d 1 = d 2 f

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Symmetriegruppen und Reflexionsgruppen

in Ebene und Raum

Benjamin Busam

Technische Universität München

Seminar: Kombinatorische und Algebraische Strukturen in der Geometrie

Prof. Dr. Dr. Jürgen Richter-Gebert

Dipl.-Inf. Martin von Gagern

im Sommersemester 2010

Zusammenfassung

Die mathematische Analyse hochgradig symmetrischer, periodischer Muster der eukli-dischen Ebene und des Raumes ist nicht allein nur anwendungsfremder Geistesgegenstandeiner stringenten Logik, sondern per se immanent in physikalischer und chemischer Untersu-chung von Substanzen mit regelmäÿiger Atom- oder Molekülanordnung: den Kristallen. UmAussagen über Materialverhalten und spezi�sche Eigenschaften kristalliner Körper tre�enzu können und experimentelle Beobachtungen zu erklären, bedarf es deshalb einer detail-lierten Auseinandersetzung mit dieser Thematik.Ziel der anstehenden Ausführungen soll deshalb sein, einerseits einen kompakten Überblicküber die theoretisch-algebraischen Strukturen dieses Themenkomplexes zu geben, anderer-seits auch einige kombinatorische Elemente unter anwendungsorientiertem Blickwinkel ge-nauer zu untersuchen. Ausgehend vom Begri� der Isometrie betrachten wir zunächst ins-besondere Szenarien im zweidimensionalen, um schlieÿlich auch auf den dreidimensionaleneuklidischen Raum zu blicken.

Keywords: Symmetriegruppe, Re�exionsgruppe, Isometrie, kristallographische Gruppen, kristal-logra�sche Gruppen, Kristallographie, Kristallogra�e, ebene Parkettierung, periodische Muster,translative Zelle, Translationszelle, Elementarzelle, Fundamentalzelle, Orbifold-Notation, Funda-mentalpolygone, Raumgruppen

1 Algebraischer Background

Nachdem wir die Intention der vorliegenden Ausarbeitung nun schon aus physikalisch-chemischerSicht motiviert haben, wollen wir beginnen, ein mathematisches Fundament für die nachstehen-den Theorien zu konstruieren; hierfür betrachten wir den algebraischen Begri� der Isometrienäher.1

De�nition 1 (Isometrie)

Seien (M1, d1) und (M2, d2) zwei metrische Räume, so nennt man eine Abbildung

f : M1 →M2 mit der Eigenschaft d1(x, y) = d2(f(x), f(y)) Isometrie.

Eine Isometrie ist also per De�nition eine metrikerhaltende Abbildung zwischen zwei metrischenRäumen. Sie erhält damit im Spezialfall des euklididschen Raumes Winkel, Flächen und Volu-mina. Sind die Räume M1 und M2 identisch und gilt zudem d1 = d2, so heiÿen zwei durch fbijektiv aufeinander abgebildete Objekte kongruent. Ebenjene Kongruenzsituation soll nun Aus-gangspunkt für weitere Betrachtungen sein.

1Vgl. hierzu [FIS], S.303.

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Dazu bedienen wir uns folgender De�ntion:

De�nition 2 (Symmetriegruppe eines geometrischen Objektes)

Die Symmetriegruppe eines geometrischen Objektes ist die Gruppe aller Kongruenzabbildun-

gen eines Objektes auf sich selbst zusammen mit der Abbildungsverkettung.

Man spricht also von der Symmetriegruppe eines geometrischen Objektes dann, wenn man dieGruppe aller Isometrien betrachtet, welche eine Figur invariant lassen und die Komposition die-ser Abbildungen als Verknüpfung wählt.

Abbildung 1: Symmetriegruppe eines regelmäÿigen Dreiecks

Betrachtet man beispielsweise die Symmetriegruppe eines gleichseitigen Dreiecks, wie in Abbil-dung (1) dargestellt, so erhält man sechs Elemente: drei Spiegelungen an den Achsen S1, S2, S3

sowie Drehungen um den Achsenschnittpunkt mit 0◦, 120◦ und 240◦.

2 Kristallogra�sche Gruppen im R2

Nun blicken wir im Speziellen auf Symmetriegruppen periodischer Muster im Zweidimensionalen.Wir untersuchen die Eigenschaften spezi�scher Parkettierungen der euklidischen Ebene. Hierfürbenötigen wir zunächst folgende De�nition:

De�nition 3 (Ebene kristallogra�sche Gruppen)

Eine ebene kristallogra�sche Gruppe2 ist eine diskrete Symmetriegruppe der euklidischen

Ebene mit mindestens zwei linear unabhängigen Translationen.

Die Diskretheit sichert in diesem Fall eine im Einzelnen gute Unterscheidbarkeit, wie im vor-angegangenen Dreieck-Beispiel. Unendlich viele Symmetrien eines beschränkten Objektes wiebeispielsweise Drehungen und Spiegelungen an Achsen um den Mittelpunkt in Kreisen sollendadurch jedoch unterbunden werden.Insgesamt ergeben sich durch diese Forderung unter Identi�kation isomorpher Anordnungen ex-akt 17 verschiedene Gruppen, die man ebene kristallogra�sche Gruppen nennt. Mit im Weiterenangeführten Konzepten über die Struktur von Mustern der euklidischen Ebene können grundle-gende Gemeinsamkeiten aller möglichen 2-dimensionalen �Parkettierungsbaupläne� ausgemachtwerden. Somit werden die schematisch frei variierbaren Strukturen innerhalb der Muster auf einMinimum dezimiert und die Veri�kation der exakten Anzahl an Variationen ermöglicht.3

Die zugehörigen Muster sind durch gewisse Grundoperationen beziehungsweise Elementarsym-metrien aufgebaut, welche im einzelnen sind:4

• Translationen

• Achsenspiegelungen

• Gleitspiegelungen

2Im Englischen: �wallpaper group�.3Zum detaillierten Beweis der Gruppenanzahl vgl. [CO1], S.80f. Hierfür ist insbesondere das Konzept der

Invarianz der Euler-Charakteristik von Bedeutung.4Vgl. hierzu [CO1], S. 29�.

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• Rotationen

� 2,3,4,6-zählige Drehungen

Zu bemerken ist, dass periodische Muster auch Kombinationen jener Symmetrieelemente auf-weisen können; lediglich die beiden Translationen sind per de�nitionem garantiert. Unter einerGleitspiegelung versteht man die Kombination aus Achsenspiegelung und Translation, wie sieAbbildung (2) zeigt.

Abbildung 2: Gleitspiegelung im R2

Die Zähligkeit einer Drehung bestimmt sich daraus, wie häu�g es bei einer Rotation um 360◦

zur vollständigen Überdeckung kommt; demgemäÿ sind 6-zählige Drehungen auch 2- oder 3-zählig und eine 2-zählige Drehungen fungiert als Punktspiegelung. Konventionsgemäÿ betrach-ten wir hier die maximale Zähligkeit. Bezüglich der Rotationen fällt insbesondere auf, dass keine5-zähligen Drehungen zulässig sind, was daran liegt, dass es unmöglich ist, die Ebene mit gleich-seitigen Fünfecken vollständig zu bedecken.5

Translative Zellen

In einem derartig erzeugten Parkettierungsmuster der Ebene �nden sich Bereiche, welche durchiterative Translation das gesamte Muster erzeugen können: Diese nennt man translative Zellenoder Translationszellen.

Abbildung 3: Translative Zellen6 der Gruppe ◦1

Wie Abbildung (3) zeigt, sind Translationszellen nicht eindeutig. In der Gra�k stellt sowohl derblau hervorgehobene Kasten, als auch eine der kleinen, grauen Rauten eine mögliche translativeZelle dar. Schon intuitiv wird klar, dass es so etwas, wie einen minimalen beschränkten Zellbe-reich gibt, welcher durch Anwendung der Symmetrieoperationen das gesamte Muster erzeugt.Hier ist es die angesprochene Raute, jedoch muss diese Elementarzelle nicht notwendig auch eineTranslationszelle sein, wie Abbildung (4) entnommen werden kann.

5Bei einer aperiodischen sogennanten �Penrose-Parkettierung� der Ebene kann es jedoch zur fün�achen Rota-tionssymetrie kommen. Vgl. hierzu mit der Seminarausarbeitung von Julia Hörmann.

6Bild nach der Vorlage von [MOR].7Bild nach der Vorlage von [MOR].

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Abbildung 4: Elementarzelle7 der Gruppe ∗∗

Orbifold-Notation8

Eine derartige Fundamentalzelle existiert immer und ist charakteristischer Repräsentant derbetrachteten Kristallgruppe. Aus diesem Grund liegt der Gedanke nahe, diese auf eine mög-lichst elegante Weise zu klassi�zieren, um so auch eine Benennung der einzelnen Gruppen zuermöglichen. Wir betrachten hiefür die Orbifold-Notation, welcher folgendes Bennenungsschemazugrunde liegt:

• n aus {2, 3, 4, 6}: maximale, n-zählige Rotation

• ∗ Spiegelachse

� Zi�ern vor ∗ abseits der Spiegelachse� Zi�ern nach ∗ auf der Spiegelachse

• × Gleitspiegelung

• ◦1 keine Symmetrie auÿer Translationen

Da darüberhinaus zwei Translationen in jeder Gruppe vorkommen, werden diese nicht explizitgenannt. Um anschlieÿend die Besonderheiten und Eigenschaften der Orbifold-Notation besserverstehen zu können, betrachten wir zunächst noch ein anderes Konzept.

Fundamentalpolygone

Wir beschäftigen uns nun weiter mit Darstellungsweisen geometrischer Objekte.Das �topologische Klebemuster� einer im topologischen Sinn geschlossenen Fläche kann immerdurch ein Polygon gerader Seitenzahl mit paarweise identi�zierten, respektive verklebten Seitendargestellt werden. Ein solches Schittmuster nennt man Fundamentalpolygon. Dazu betrachtenwir das Beispiel aus Abbildung (5); die Pfeilrichtungen sollen hier die Orientierung der Verkle-bung andeuten.

Abbildung 5: Fundamentalpolygon

Verklebt man nun die identi�zierten Seiten miteinander, erhält man einen Torus, wie man Ab-bildung (6) entnehmen kann.

8Nach [CO3], S.247�.

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Abbildung 6: Vom Fundamentalpolygon zum Torus

Solche Verklebungen sind jedoch nicht immer ohne Selbstdurchdringung im R3 realisierbar. Demgeneigten Leser sei hier der Versuch überlassen, im oben abgebildeten Polygon einen Pfeil um-zukehren: Man erhält eine Kleinsche Flasche.Im nächsten Schritt fusionieren wir nun die beiden vorgestellten Konzepte.

Orbifolds9

De�nition 4 (Orbifold einer kristallogra�schen Gruppe)

Eine Elementarzelle zusammen mit der Identi�kation ihrer Seiten liefert das Fundamentalpo-

lygon für die zugehörige Orbifold.

Entsprechend der De�nition untersuchen wir nun eine konkrete Situation in der Gruppe 2222näher.

Abbildung 7: Translationszelle10 der Gruppe 2222

Zunächst betrachten wir die markierte Translationszelle schematisch, sowie sie Abbildung (8)zeigt. Dabei ist der zugehörige Fundamentalbereich gelb abgebildet abgetragen.

Abbildung 8: Translationszelle11 der Gruppe 2222 schematisch

Nun Verkleben wir die Seiten der Elementarzelle entsprechend ihrer Orientierung und erhaltenals Orbifold die in Abbildung (9) dargestellte Sphäre.

9Vgl. [CO1], S.109�.10Bild nach der Vorlage von [MOR].11Bild nach der Vorlage von [MOR].

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Abbildung 9: Vom Fundamentalpolygon zur Orbifold der Gruppe 2222

Schlieÿlich wollen wir festhalten, dass eine konkrete kristallographische Gruppe (so wie hier dieebenen kristallographischen Gruppen allgemein eingeführt wurden) lediglich einen Vertreter vonunter Isomorphie äquivalenten Gruppen repräsentiert. Die komplette zugehörige Äquivalenzklassewird in der Literatur zuweilen auch als abstrakte kristallographische Gruppe bezeichnet.12 Derar-tige Sammlungen isomorpher Symmetriegruppen zeigen insbesondere keine eindeutigen Musterauf; so liegen beispielsweise zwei Gruppen mit Orbifold-Bezeichnung ◦1 aber unterschiedlichenTranslationsvektoren der Fundamentalzelle in derselben Äquivalenzklasse, sind jedoch nicht iden-tisch.Des Weiteren verfügt jede kristallographische Gruppe immer über einen beschränkten Funda-mentalbereich, dessen Bilder den gesamten zweidimensionalen euklidischen Raum ausfüllen.Diese Zusammenhänge kann man sich durch die Bedienung eines Applets zum Zeichnen in denkristallogra�schen Gruppen auf anschauliche Weise verinnerlichen.13

3 Re�exionsgruppen

Weiterführend wollen wir insbesondere dem �∗� aus der Orbifold-Notation Aufmerksamkeit schen-ken. Dazu betrachten wir zunächst folgende De�nition:

De�nition 5 (Re�exionsgruppe)

Eine Re�exionsgruppe ist eine durch Spiegelungen erzeugte diskrete Gruppe im endlichdi-

mensionalen euklidischen Raum.

Damit ergibt sich für den R2 folgende Kategorisierung für Re�exionsgruppen:

• Endliche Gruppen

� Diedergruppe Dn (Isometriegruppen regulärer Polygone)

• Unendliche Gruppen

� 4 Ebene kristallogra�sche Gruppen (mit ∗ beginnend)� 2 Friesgruppen (Bandornamentgruppe)

Die Friesgruppen beinhalten dabei entlang einer Richtung beidseitig unendlich fortgesetzte Mus-ter: die Bandornamente. Die entsprechenden kristallogra�schen Gruppen haben wir im Zuge derKlassi�zierung bereits angesprochen und wollen deshalb nicht weiter darauf eingehen.Den endlichdimensionalen Fall betrachten wir etwas genauer. Die Diedergruppe Dn eines regel-mäÿigen n-Ecks enthält stets 2n Elemente. Da eine Spieglung an nichtparallelen Achsen identischeiner Rotation um das zweifache des eingeschlossenen Winkels im Schnitt ist, lassen sich diesein n Rotationen und n Spiegelungen aufteilen. Abbildung (10) veranschaulicht exemplarisch dieElemente der Gruppe D8.Darüberhinaus sind im endlichen, dreidimensionalen Fall neben den Symmetriegruppen der fünfPlatonischen Körper lediglich die Punktgruppen Cnv und Dnh Re�exionsgruppen. Die beidenLetztgenannten tragen den Namen Punktgruppe, da sie immer mindestens einen Fixpunkt füralle Symmetrieoperationen enthalten.Eine detailliertere Analyse der räumlichen Re�exionsgruppen soll uns hier jedoch nicht weiterbeschäftigen. Stattdessen wollen wir uns vom Eindruck aus Abbildung (11) leiten lassen.

12Vgl. hierzu [GRG], S.2�.13Ein Java-Applet �ndet sich unter http://www.morenaments.de/euc/applet/.

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Abbildung 10: Die Gruppe D8

Abbildung 11: Mehrfachre�exion im Spiegelwürfel

Betrachtet man die vielen Re�exionen im Spiegelwürfel, so entsteht der Eindruck eines Raum-gitters aus sich schneidenden, feinen, weiÿen Linien. Diese Vorstellung soll nun Ausgangspunktsein, die Ergebnisse der Kristallogra�egruppen aus dem R2 in den R3 zu heben und einen groben,physikalisch-chemisch motivierten Überblick über deren Strukturen zu geben.

4 Kristallographische Raumgruppen

Analog zur euklidischen Ebene de�niert man im dreidimensionalen:14

De�nition 6 (Kristallogra�sche Raumgruppen)

Eine kristallogra�sche Raumgruppe ist eine diskrete Symmetriegruppe des euklidischen Raum-

es mit mindestens drei linear unabhängigen Translationen.

Damit hat auch eine kristallogra�sche Raumgruppe einen beschränkten Fundamentalbereich: eindreidimensionales Fundamentalgitter. Die Elementaroperationen verändern sich entsprechend;aus Achsenspiegelungen werden Spiegelungen an Ebenen und Drehungen um Punkte sind nunals Achsendrehungen aufzufassen. Zur Vervollständigung aller vorkommenden Kongruenzen imdreidimensionalen Raum kommen noch Schraubungen (das sind Drehungen eines Objektes umeine feste Achse mit anschlieÿender Translation parallel zu dieser) und Drehspiegelungen hinzu:Drehspiegelungen sind Hintereinanderausführungen von Achsendrehung und Ebenenspiegelungan einer die Achse orthogonal schneidenden Ebene; eine Drehspiegelung mit Winkel π entsprichtdabei einer Punktspiegelung am Schnittpunkt von Spiegelebene und Drehachse.Insgesamt lassen sich so 230 verschiedene Raumgruppentypen klassi�zieren,15 welche die mögli-chen Kristallstrukturen natürlicher Kristalle vollständig beschreiben.16 Entsprechend der Anzahldarin vorhandener Punktgruppen lassen sich auÿerdem 32 Kristallklassen ausmachen, die die

14Im Folgenden vgl. [CO2], S.475�.15In mancher Literatur �nden sich auch 219 unterschiedliche Typen. Das liegt daran, dass es 11 enantiomorphe

Raumgruppen gibt, welche bei Vernachlässigung der Raumorientierung doppelt gezählt würden.16Auch hier kommen keine 5-zähligen Symmetrien vor. Objekte die derartige Symmetrien erfüllen, bezeichnet

man als Quasikristalle. Vgl. hierzu mit der Seminarausarbeitung von Julia Hörmann.

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Menge an Symmetriegruppen mit einem Fixpunkt repräsentieren.

Bravais-Gitter

Für die einzelnen Fundamentalbereiche lässt sich feststellen, dass diese jeweils in gleichermaÿenangeordneten Einheitszellen liegen. Diese Bereiche in Kristallen bezeichnet man als Bravais-Gitteroder Raumgitter. Abhängig von Winkeln, Kantenlängenverhältnissen und Symmetrieen unter-scheidet man insgesamt 7 Kristallsysteme entsprechend der Symmetriearrangements innerhalbder Gitter. Insgesamt existierten 14 Bravais-Gitter. Stellvertretend illustriert die schematischeZeichnung in Abbildung (12) eines davon.

Abbildung 12: Hexaedrtisches Bravais-Gitter und hexagonale Elementarzelle von Wurtzit

Gegenüberliegende Flächen innerhalb dieser Gitter sind stets parallel und der Rand einer Zellewird mit der entsprechend äquivalenten Stelle in der nächsten direkt und lückenlos verbunden,sodass aus einer derart einfachen Gruppierung durch vielzahlige Iteration der komplette Kristallaufgebaut werden kann, wenn man eine Basisanordnung an Atomen innerhalb des Fundamental-bereichs kennt.Als Beispiel dienen hier die kristallogra�schen Daten von Wurtzit (Chemische Formel: ZnS) ausAbbildung (12). Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem, welches ein regelmäÿiges Sechs-eck als Grund- und Deck�äche besitzt.

5 Ausblick

Wie schon eingangs angesprochen nimmt die mathematische Analyse und Ausarbeitung geradefür die chemischen und physikalischen Untersuchungen bezüglich kristalliner Substanzen eineessentielle Rolle ein, weshalb eine detaillierte Beschäftigung gerade für den R3 gewinnbringendund wichtig ist. Dies würde, setzte man gleiche Maÿstäbe wie für die euklidische Ebene, jedochden Rahmen eines derartigen Seminarvortrags sprengen. Diese Ausarbeitung soll deshalb lediglichdazu dienen, einen Überblick über die einzelnen Punkte zu geben und die groben Zusammenhängeaufzeigen. Die angehängte Literaturliste bietet jedoch genügend Anknüpfungspunkte für einetiefergehende Auseinandersetzung mit der Thematik.

Literatur

[CO1] John H. Conway, Heidi Burgiel, Chaim Goodman-Strauss: The Symmetries of Things, 1.Au�age, Wellesley, Massachusetts, A K Peters, Ltd., Juli 2008

[CO2] John H. Conway, Olaf Delgado Friedrichs, Daniel H. Huson, William P. Thurston: OnThree-Dimensional Space Groups, Beiträge zur Algebra und Geometrie, Volume 42, No. 2,S. 475-507, Heldermann Verlag, 2001

[CO3] John H. Conway, Daniel H. Huson: The Orbifold Notation for Two-Dimensional Groups,

Structural Chemistry, Vol. 13, Nos. 3/4, Plenum Publishing Corporation, August 2002

[FIS] Gerd Fischer: Lineare Algebra, 15., verbesserte Au�age, vieweg, Wiesbaden, August 2005

[GOD] Roe Goodman: Alice through Looking Glass after Looking Glass: The Mathematics of

Mirrors and Kaleidoscopes, The American Mathematical Monthly, S.281-298, April 2004

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[GRG] Martin von Gagern, Jürgen Richter-Gebert: Hyperbolization of Euclide-

an Ornaments, the electronic journal of combinatorics 16(2) (2009), #R12,http://www.combinatorics.org/Volume_16/PDF/v16i2r12.pdf, Stand 01.10.2010

[MOR] Martin von Gagern: Beispieldiagramme von Symmetriegruppen, morenaments.de,http://www.morenaments.de/gallery/exampleDiagrams/, Stand: 15.07.2010

[NIL] Lars Nilse: Classi�cation of 1D and 2D Orbifolds, 14th International Conference on Super-symmetry and the Uni�cation of Fundamental Interactions, Irvine, CA, USA, S. 411-414,Juni 2006

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