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INHALT THEMENHEFT „Flurbereinigung“ Vorwort der Redaktion ........................................................................................ 1 Grages, K. L.: Die Flurbereinigung und ihre rechtsstaatlichen Defizite .......... 2 Friedrich, W.-D.: Die Unternehmensflurbereinigung – Probleme in der Praxis ... 9 Kleinschnittger, A.: Die Berücksichtigung öffentlicher Belange im verein fachten Flurbereinigungsverfahren ........................................13 Hardenberg, W.v.: Bevollmächtigte und Beistände im Regel- und im Unternehmensflurbereinigungsverfahren ...............................19 Bitjukov, E.: Wirtschaftswegekonzepte als Basis für Anforderungen an ländliche Wege ..................................................................... 22 Grimm, U.: Das Bodenordnungsverfahren nach Abschnitt 8 des LwAnpG und die Kompetenzen der Flurbereinigungsbehörde – Fluch oder Segen? ......................................................................... 25 Thiemann, K.-H. Flurbereinigung zur nachhaltigen Kulturlandschaftsentwicklung ............................................................................................... 29 Ewald, W.: Produktionssteigerung war gestern, was leistet die Flurbereinigung heute oder braucht die Landentwicklung neue Instrumente? ................................................................ 39 Kötter, Th.: Möglichkeiten der Flurbereinigung zur Reduzierung des Flächenfraßes ....................................................................... 42 Seminare ............................. 48 Das Verzeichnis der Aufsätze und Gerichtsentscheidungen aller WF- Jahrgänge steht im Internet unter www.svkonline.de/WF/wf_liste.htm

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INHALT

THEMENHEFT „Flurbereinigung“

Vorwort der Redaktion ........................................................................................ 1

Grages, K. L.: Die Flurbereinigung und ihre rechtsstaatlichen Defizite .......... 2

Friedrich, W.-D.: Die Unternehmensflurbereinigung – Probleme in der Praxis ...

9 Kleinschnittger, A.: Die Berücksichtigung öffentlicher Belange im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren ........................................13

Hardenberg, W.v.: Bevollmächtigte und Beistände im Regel- und imUnternehmensflurbereinigungsverfahren ...............................19

Bitjukov, E.: Wirtschaftswegekonzepte als Basis für Anforderungen anländliche Wege ..................................................................... 22

Grimm, U.: Das Bodenordnungsverfahren nach Abschnitt 8 des LwAnpGund die Kompetenzen der Flurbereinigungsbehörde – Fluchoder Segen? ......................................................................... 25

Thiemann, K.-H. Flurbereinigung zur nachhaltigen Kulturlandschaftsentwicklung............................................................................................... 29

Ewald, W.: Produktionssteigerung war gestern, was leistet dieFlurbereinigung heute oder braucht die Landentwicklungneue Instrumente? ................................................................ 39

Kötter, Th.: Möglichkeiten der Flurbereinigung zur Reduzierung desFlächenfraßes ....................................................................... 42

Seminare 48

Das Verzeichnis der Aufsätze und Gerichtsentscheidungen aller WF-Jahrgänge steht im Internet unter www.svkonline.de/WF/wf_liste.htm

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Vierteljahreszeitschrift, herausgegeben vom Sachverständigen-Kuratorium fürLANDWIRTSCHAFT, FORSTWIRTSCHAFT, GARTENBAU, LANDESPFLEGE, WEINBAU, BINNENFISCHEREI, PFERDE

37. Jahrgang WF Heft 1 1. Quartal 2019

Lieber Leser,die 8. Diskussionstagung im Oktober 2018 fand einmal mehr alsgemeinschaftliche Veranstaltung, dieses Mal mit dem Agricola-Verlag GmbH – Herausgeber des Seehusen/Schwede-Standard-kommentar zum Flurbereinigungsgesetz und der ZeitschriftRecht der Landwirtschaft – statt. Anlass der Tagung war, nebendem Erscheinen der 10. Auflage des Kommentars und der Über-nahme des Verlags durch die Familie Grages, die Erkenntnis,dass über das Thema Flurbereinigung im Agrarbereich wenigbekannt und aus diesem Grund wenig gesprochen wird. Wie im-mer bei den Diskussionstagungen war auch dieses Mal das For-mat so gewählt, dass ein breites Themenfeld zum in der Öffent-lichkeit kaum diskutierten Thema Flurbereinigung auf derAgenda stand. Den Veranstaltern ist es gelungen, einen Teil derwenigen sich mit dem Thema beschäftigenden Fachleute nachKünzell zu holen, sodass sich schon mit dem ersten Vortrag vonDr. Grages eine angeregte Diskussion entwickelte.Tatsächlich bietet die Flurbereinigung, wenn man sich einmalintensiver mit ihr auseinandersetzt, Anlass zu einer breiten kon-troversen Diskussion. Ist man zudem als Praktiker in einzelneVerfahren involviert, sei es als Gutachter für Teilnehmer oderals Gutachter bei der Wertermittlung, erhält man einen intensi-ven Einblick in die Für und die Wider.Unter den „Fürs“ sind die klare Strukturierung des Flurbereini-gungsgebietes für die optimierte land- und forstwirtschaftlicheNutzung, der notwendige Wegebau und die Gestaltung derLandschaft als bedeutendste Punkte zu nennen. Wo wären wirin der modernen, leistungsstarken Landwirtschaft der alten Bun-desländer ohne die Nachkriegs- Flurbereinigungsverfahren? Si-cher, seit der Einheit Deutschlands wissen wir, dass man „Flur-bereinigung“ auch anders, nämlich im Wege der Zwangskollek-tivierung der fünfziger bis siebziger Jahre erreichen kann. Ge-rade diese Art der Flurbereinigung lehrt uns aber auch, wie sichländliche Räume entwickeln, wenn die allgemeine Landeskulturund die Landentwicklung, die beide gleichrangig neben der Ver-besserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in derLand- und Forstwirtschaft im § 1 des Flurbereinigungsgesetzesenthalten sind, außen vor bleiben. Ganze Landstriche vereinsa-men und bieten so der Landwirtschaft „reichlich Platz zur Ent-faltung”. In diesen Regionen sind mitunter die landwirtschaftli-chen Betriebe die größten Arbeitgeber. Aber was bedeutet schonGröße mit Blick auf die Entwicklung dieser Regionen, wenn auf300-500 ha eine landwirtschaftliche Arbeitskraft kommt, die dieFlächen in ihrer Regelarbeitszeit von ca. 1.700 Jahresstundenprofessionell und in aller Regel nachhaltig bewirtschaftet? Zwarhat mittlerweile die Politik den ländlichen Raum als Strategie-ansatz entdeckt und erkannt, dass die Attraktivität der ländli-

chen Räume – unter denen ich definitiv nicht die S-Bahn-Ein-zugsbereiche um München, Frankfurt, Köln oder Berlin ver-stehe – von essentieller Bedeutung für die Volkswirtschaft ist.An probaten Mitteln zur Umsetzung fehlt es jedoch. Man denkenur an die dilettantisch, hilflos geführte Landarzt-Diskussionoder die Versäumnisse beim Ausbau des Internets selbst in mit-telgroßen Städten. Natürlich haben Ewald und Thiemann recht,dass durch die integrierte ländliche EntwicklungGroßartiges fürden Erhalt der Natur, die Gestaltung des ländlichen Raums undeine starke Landwirtschaft geleistet wurde und wird. Kritischbetrachtet, und damit bin ich bei den „Wider”, muss man sichjedoch die Frage stellen, für wen das alles? Kann, will niemanddie einfachen Dinge erkennen? Wenn schon die Politik keineAntworten bereitstellt, muss es nicht wundern, dass selbst erfah-renste und von mir geschätzte Flurbereiniger um die wichtigenZukunftsthemen des § 1 FlurBG, die Förderung der allgemeinenLandeskultur und der Landentwicklung, gekonnt einen themati-schen Bogen schlagen, ja gar den sprichwörtlichen Bürgersteigwechseln, wenn man sie darauf anspricht.Moderne Flurbereinigung des 21. Jahrhunderts muss sich weni-ger um die Landwirte als mehr um den Erhalt lebenswerter länd-licher Räume bemühen. Landwirte sind heute durchaus in derLage, bilateral Flächen untereinander so zu tauschen, dass leis-tungsfähige Bewirtschaftungseinheiten entstehen. Ein Blick indie Kommentierung des § 1 FlurBG des aktuellen Seehusenlohnt. Schon bei der Novelle des FlurBG 1975wurde das Gesetzals das zentrale Instrument für die Entwicklung des ländlichenRaumes etabliert, freilich ohne dass dies bis heute gelebt wird,gelebt werden kann. Dazu bedürfte es eines Systemwandels inden Flurbereinigungsorganisationen der Flächenländer, begin-nend bei dem Berufsbild der Flurbereiniger und deren Selbst-verständnis, über das teilweise nicht nachvollziehbare Rechts-gebaren (Grages, Grimm) der Behörden bis zu, sicherlich poli-tisch motivierten, behördlichen Zugriffen auf die Flurbereini-gung zur Durchsetzung öffentlicher Belange (Kleinschnittger).Ein weiteres, das Selbstverständnis der Flurbereinigung doku-mentierendes Desaster stellt die von der DWA veröffentlichteneue Wegebaurichtlinie (RLW 16, Teil 1) dar, an der viele Flur-bereiniger, aber kein einziger praktizierender Landwirt mitge-wirkt haben. Meine Kritik stellt darauf ab, dass die RL sich denAnforderungen der modernen Landwirtschaft am Ausbauzu-stand des künftigen Wegenetzes verweigert und Antworten aufdie Koexistenz der die Wege für die Bewirtschaftung ihrer Flä-chen benötigenden Landwirte und den Freizeitaktivitäten betrei-benden Erholungssuchenden schuldig bleibt (s. a. Lorig WF2/18). Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel der Plattformwww.wirtschaftswegekonzept.de. Mit dieser webbasierten GIS-Technologie ist eine öffentliche Plattform geschaffen, über die

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sich die betroffene Landbevölkerung interaktiv und zeitaktuellüber den Stand der Planung des Wegenetzes der Gemeinde in-formieren und über den sich die Bürger an dem Planungsdialogbeteiligen können (Bitjukow). A la bonheur würde der Berlinersagen.Das Fehlen solcher Dialogebenen ist ein maßgeblicher Verursa-cher juristischer Auseinandersetzungen innerhalb laufenderFlurbereinigungsverfahren. Meine Erfahrung zeigt, dass die denNeuverteilungsplan erarbeitenden Behördenmitarbeiter oftmalssubjektiven Einflüssen ausgesetzt sind und häufig die Themati-ken der Betroffenen nicht verstehen oder nicht verstehen kön-nen. Worin liegt in Zeiten modernster Computer- und satelliten-gestützter Technologien das Problem, ein Flurbereinigungsver-fahren transparent und zügig (kleiner 10 Jahre) digital abzuwi-ckeln? Kann mir jemand den Grund verraten, warum Planungenvom Verband der Teilnehmergemeinschaften auszuführen sind,wenn diese personell gar nicht in der Lage sind, zeitnah Aufträ-ge abzuwickeln? Und warum erhalten Widerspruchsführerwichtige Statistikinformationen erst von der Oberen Spruch-kammer in der mündlichen Anhörung „um die Ohren gehauen”,wenn man solche Dinge schon vorher liefern könnte, um dasLeben der Widerspruchsführer zu erleichtern. Spannend auchdie Frage, die Wingerter in seinem Kommentarteil zu § 2 Abs. 2„dem Beschleunigungsgrundsatz“ zur zeitlichen Umsetzung derRegelflurbereinigung aufwirft und dabei von mehr als nur ei-nem unverbindlichen Programmansatz spricht und einmal mehrdie BTDrucks. zitiert. Kann man daraus schließen, dass über-lange Verfahrensdauern wegen zu geringer finanzieller Ausstat-tung oder einem Mangel an geeignetem Fachpersonal justitiabelsind?Um eine zukunftsorientierte „Flurbereinigung“ zu erreichen,muss man sich, muss sich die Politik den Wortlaut der Geset-zesbegründung zum 3. Ziel „Landentwicklung“ vor Augen füh-ren: Ländliche Entwicklung umfasst die Planung, Vorberei-tung und Durchführung aller Maßnahmen, die dazu geeig-net sind, die Wohn-, Wirtschafts- und Erholungsfunktionbesonders des ländlichen Raums zu erhalten und zu verbes-sern, um damit für die Förderung und die dauerhafte Verbesse-rung der Lebensverhältnisse außerhalb der städtischen Gebietezu sorgen. Was bitteschön ist an diesem Satz nicht zu verstehen?Wahrscheinlich ist es der Umstand, dass man diese allumfassen-den Maßnahmen – Infrastruktur, Sicherstellung der Grundver-sorgung, Teilhabe am allgemeinen Lebensstandard usw. – ebennicht mit den herkömmlichen Mitteln des Vermessungswesenslösen kann?Also fangen wir klein an. Mit den herkömmlichen Mitteln derFlurbereinigung lässt sich flächendeckend ein wichtiger Beitrag

zum Schutz des Gewässerkörpers, der Biotopvernetzung, derArtenvielfalt, dem Ansehen der Landwirtschaft und der Lebens-qualität der Menschen auf dem Land leisten. Ich denke mit Blickauf die WLLR und den von mir erwähnten nationalen Wasser-dialog (Vorwort WF 4/18) daran, Gewässerrandstreifen aus derlandwirtschaftlichen Produktion zu nehmen, ohne damit ein-zelne Landwirte über Gebühr zu belasten. Eine derartige Maß-nahme strukturiert die Landschaft, bietet Möglichkeit der Aus-gleichs- und Ersatzmaßnahmen für landwirtschaftliche oderDrittobjekte, reduziert die Eintragsgefährdung von Wirtschafts-dünger und Pflanzenschutzmitteln in die Gewässerkörper aufNull und schafft Grünlandumbruchpotenzial an anderer Stelle.Einen weiteren Ansatz zur Nutzung der Potentiale der Flurbe-reinigung zeigt Kötter auf, wenn er sich mit der Frage auseinan-dersetzt, wie mit den Möglichkeiten der Flurbereinigung der„Flächenfraß“ eingeschränkt werden kann. Auch hierbei han-delt es sich um eines der wesentlichen Ziele der Flurbereini-gung, nämlich den Erhalt und die Förderung der Landeskultur.Trotz aller Kritik und Defizite, die die heutige Flurbereinigungaufweist, ist sie ein für den ländlichen Raum und seine Entwick-lung wichtiges, ja essentielles Entwicklungsinstrument. Aufdieser Erkenntnis darf sie sich nicht ausruhen und sich schon garnicht als elitär darstellen. Die Flurbereinigung muss sich wan-deln, sie muss sich neuen Herausforderungen stellen, sich dazuselbstkritisch beleuchten und sich als Dienstleister präsentieren,der die Sprache der Landwirte und der ländlichen Bevölkerungspricht. Gelingt dieser Blick, wird die Flurbereinigung, viel-leicht unter neuem, griffigerem Namen „Ländliche Entwick-lung“, einer interessanten und aufregenden Zukunft entgegen-gehen. Schließlich, was gibt es Schöneres, Belebendes als dasLeben und Arbeiten auf dem Land, wo man die vier Jahreszeitenbewusst erlebt.Das Fazit der Tagung war durchweg positiv. Einhellig berichte-ten die anwesenden Flurbereiniger, dass es keine vergleichbareDialogtagung aus Landwirten, Agrarjuristen, Flurbereinigernund Wissenschaftlern im deutschen Sprachraum gibt. Überein-stimmend gelobt wurde die offene, sicherlich teilweise kontro-verse Diskussion, die allen Teilnehmern neue Impulse im Um-gang mit der Flurbereinigung und den Beteiligten geben konnte.Wen wundert es da noch, dass es einhellige Meinung war, dasseine Fortsetzung nicht ausgeschlossen sein sollte.Ihr

Menges D.

Die Flurbereinigung und ihre rechtsstaatlichen Defizite

von Karl-Ludwig Grages

Geleistet werden soll ein Diskussionsbeitrag. Er will bewusstein Stück weit provozieren, tut das auch bereits mit der Um-schreibung des Themas. Es geht indes nicht um die Provokationals solche. Die in dem Thema mitschwingende Wertung(„rechtsstaatliche Defizite“) beruht aus der Sicht des Verfassersauf durchaus belastbaren rechtlichen und tatsächlichen Umstän-den, so wie sie der Verfasser in einer mittlerweile fast vier Jahr-zehnte währenden Tätigkeit gerade auch in Flurbereinigungs-

verfahren kennengelernt hat. Sie lassen sich vorab in einer poin-tierten Behauptung zusammenfassen:

Das 1953 in Kraft getretene FlurbG atmet an zahlreichen Stellenbis heute den Geist des Obrigkeitsstaats. Manche seiner Vorga-ben und vor allem auch die Praxis etlicher Flurbereinigungsbe-hörden sind mit dem aktuellen Stand des wesentlich auch ver-fassungsrechtlich, mittlerweile im übrigen unionsrechtlich ge-prägten allgemeinen Verfahrensrechts schwerlich vereinbar.

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Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass dem Flurbereinigungs-verfahren zahlreiche Vorteile eignen können, dass vor allem dasUnternehmensflurbereinigungsverfahren zuweilen geradezu„ein Segen ist“.

Es gilt, die behaupteten rechtsstaatlichen Defizite in einem„Gang durch das FlurbG“ deutlich zu machen:

I. Anordnungsbeschluss (§§ 4 ff. FlubG)1. Wir alle wissen: Das Verwaltungsverfahrensrecht geht vomGrundsatz des Suspensiveffekts aus, so wie er in § 80 Abs. 1VwGO zum Ausdruck gekommen ist. Rechtsbehelfe und -mittelhaben prinzipiell aufschiebende Wirkung. Davon gehen selbst-redend auch die Flurbereinigungsrechtler1 aus.

Der Gesetzgeber hat an diesem Grundsatz auch nicht gerüttelt,obwohl es mittlerweile zahlreiche Vorschriften gibt, die denGrundsatz durchbrechen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO; s.z. B. §§ 17e Abs. 2 FStrG, 18e Abs. 2 AEG). Die Flurbereini-gungspraxis jedoch hat diesen Grundsatz des Gesetzgebers aufden Kopf gestellt; nach meiner Erfahrung werden inzwischendie Mehrzahl der Flurbereinigungsbeschlüsse mit der Anord-nung des Sofortvollzugs versehen. Das trifft auf das weitestge-hende Verständnis jedenfalls der Flurbereinigungsgerichte, zuwelchen das BVerwG bekanntlich nicht zählt.2

Unmittelbar einschlägige Rechtsprechung des BVerwG (zwarkein Flurbereinigungsgericht, aber gleichwohl Revisionsinstanzin Flurbereinigungssachen) dazu kenne ich nicht. Das verwun-dert nicht, denn: Im Aussetzungsverfahren gem. § 80 Abs. 5VwGO ist das Flurbereinigungsgericht, also das OVG/derVGH, nicht nur erste, sondern auch letzte Instanz. Die Verfas-sungsbeschwerde (ohnehin kein Rechtsmittel, sondern außer-ordentlicher Rechtsbehelf), ist rechtlich (außerordentlich hoheAnforderungen an Zulässigkeit und Begründetheit) und tatsäch-lich (Erfolgsquote) in der Praxis ein stumpfes Schwert. Das giltfür Bund und Land, in Hessen z. B. für die Grundrechtsklagegem. §§ 43 ff. StGHG.

Folge ist: Der Praktiker legt – wenn der Fall sich eignet – wohlnoch Widerspruch gegen den Flurbereinigungsbeschluss ein, er-hebt evtl. auch nach negativem Widerspruchsbescheid nochKlage. Den gerichtlichen Aussetzungsantrag aber stellt er regel-mäßig nicht, es sei denn, Anordnung und/oder Zuschnitt desVerfahrensgebiets grenzen an Willkür.

Mit der Rechtsprechung des BVerwG wollen sich die Verwal-tungspraxis und die Rechtsprechung der Flurbereinigungsge-richte für mich nicht zusammenreimen. Man muss sich nur dieFälle ansehen, in denen das BVerwG – außerhalb des Flurberei-nigungsrechts – Eingangsinstanz ist, also auch über Ausset-zungsanträge gem. § 80 Abs. 5 VwGO entscheidet. Nehmen wirz. B. den Beschluss des BVerwG vom 01.03.20123 in den Blick,um festzustellen: Das BVerwG setzt sogar kraft Gesetzes sofortvollziehbare fernstraßenrechtliche Planfeststellungsbeschlüsseaus bzw. erwartet, dass die Behörde von selbst aussetzt, wennnach dem Bauablaufplan während eines längeren Zeitraums(dort: rd. 17 Monate seit Beschlussdatum) keine baulichen Voll-zugsmaßnahmen, sondern lediglich die Umsetzung punktuellernaturschutzfachlicher Vorabmaßnahmen, vom Vorhabenträgerbeabsichtigt sind.

1 Wingerter/Mayr, 10. Auflage, Rn 13 zu § 4 FlurbG.2 Vgl. Weiß RdL 2018, 253. Ich verweise nur beispielhaft aufBayVGH, Beschluss vom 08.05.2013, 13 AS 13.406; HessVGH, Be-schluss vom 09.11.2017, 23 C 1257/17 und OVG NRW, Beschlussvom 07.12.2015, 9a B 1030/15.G.3 9 VR 7/11.

Dabei wissen wir doch alle: 17 Monate mögen für das BVerwGein sehr langer Zeitraum sein. Auch der Durchschnittsbürgerwird kaum einsehen, dass etwas sofort vollziehbar sein soll, wasdie Behörde erst in nahezu 1½ Jahren ins Werk setzen will. Fürden „Flurbereiniger“, der in vielen Jahren, zuweilen in Dekadendenkt, sind 17 Monate aber ein kurzer Zeitraum.

Meine Meinung ist: Die mehr oder weniger flächendeckendeAnordnung des Sofortvollzugs von Flurbereinigungsbeschlüs-sen sowie die durchgängige Billigung dieser Praxis durch dieFlurbereinigungsgerichte sind rechtsstaatlich bedenklich. DasBVerwG hat doch – wie gesagt – sogar zur gesetzlich angeord-neten sofortigen Vollziehung eines fernstraßenrechtlichen Plan-feststellungsbeschlusses entschieden, dass kein überwiegendesöffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung in sei-nem vollen Umfang besteht, wenn der Vorhabenträger währendder vorgenannten rd. 17 Monate keine baulichen Vollzugsmaß-nahmen beabsichtigt.

Muss das nicht „umso mehr“ in den Fällen gelten, in denen vonGesetzes wegen (§ 80 Abs. 1 VwGO) der Grundsatz des Sus-pensiveffektes gilt? Ist es wirklich vermessen, die diesen Grund-satz schlichtweg ignorierende, ja ihn geradezu umkehrende Ver-waltungspraxis und die weitgehende Billigung der Praxis durchdie Flurbereinigungsgerichte als rechtsstaatlich defizitär (aufden Punkt gebracht: rechtswidrig) anzusehen? Treffen Behörde/Gericht hier nicht eine Entscheidung, die allein dem Gesetz-geber zusteht?

2. Ein weiteres Beispiel für ein m. E. rechtsstaatliches Defizitoffenbaren die Verwaltungspraxis und die Rechtsprechung, diedem Pächter kein Anfechtungsrecht wegen des Flurbereini-gungsbeschlusses zubilligen, so jedenfalls in der Regelflurbe-reinigung, anders hingegen in der Unternehmensflurbereini-gung.4 Kann man diesen Standpunkt ernsthaft noch vertreten?Ich meine, dass das nicht angängig ist, wenn man in den Blicknimmt:

– Die tatsächlichen Verhältnisse haben sich seit 1953 drama-tisch geändert. Seinerzeit wirtschafteten die Landwirte ganzüberwiegend auf Eigentumsflächen; Zupacht war ein unterge-ordnetes Thema. Heute hingegen macht der Anteil der Pachtflä-chen in den alten Bundesländern gegen 50 % oder auch mehr,in den neuen Bundesländern 70–90 % der Betriebsflächen aus5.

– Es ist natürlich richtig, dass sich das Pachtrecht an der Be-sitzeinweisungsfläche und letzthin auch an der wertgleichenLandabfindung des Eigentümers fortsetzt,6 jedenfalls in der Re-gelflurbereinigung. Daraus zu schließen, dem Pächter „könnedeshalb nichts Negatives widerfahren“, wäre aber nicht richtig.Jedenfalls die Besitzeinweisung trifft ihn sogar ungleich härterals den Eigentümer als Verpächter, denn nicht dieser, sondernder Pächter hat sich mit der Besitzeinweisungsfläche, auch de-ren Widrigkeiten, abzufinden. Ihn treffen als ersten auch dieNachteile der Landabfindung, und zwar ganz konkret in derenBewirtschaftung. Weshalb soll er sich deshalb nicht ebenso wieder Eigentümer – für den das völlig außer Streit ist – bereits ge-gen die Anordnung der Flurbereinigung wehren können?

– Die Altvorderen waren, was den Rechtsschutz des Pächtersangeht, ganz rigider Auffassung. Sie billigten ihm Rechtsschutzweder gegenüber dem Bebauungsplan noch dem Planfeststel-

4 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 15 zu § 4 und 2 zu § 10 FlurbG sowieRn 14 zu § 87 FlurbG.5 Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft undForsten 2017, S. 29.6 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 17 zu § 68 FlurbG; vgl. im Übrigen§§ 70, 71 FlurbG.

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lungsbeschluss noch der Baugenehmigung zu. Das hat sich inden letzten Jahrzehnten geändert. Der Pächter kann einen Nor-menkontrollantrag gem. § 47 VwGO7 stellen, kann den Plan-feststellungsbeschluss anfechten,8 dies alles selbstredend nur,wenn und soweit ihn diese Entscheidungen in eigenen Rechtenverletzen (können). Nur bei der Baugenehmigung soll es sich(noch) anders verhalten.9 Warum soll das dem Grundsatz nach,so wie er sich zur Normenkontrolle und zum Planfeststellungs-recht durchgesetzt hat, nicht auch auf der ersten Stufe des Flur-bereinigungsverfahrens so sein?

– Das alles ist rechtsstaatlich auch deshalb bedenklich, weilsich der Flurbereinigungsbeschluss durchaus bereits regulierendauf Eigentum und Besitz auswirkt. Schon mit seiner Bekannt-gabe (nicht etwa seiner Unanfechtbarkeit10) soll z. B. die Ver-änderungssperre gem. § 34 FlurbG greifen.

II. Wertermittlung (§§ 27 ff. FlurbG)Vorab: Der Pächter soll als Nebenbeteiligter Einwendungen er-heben können, als anfechtungsberechtigt (Widerspruch, Klage)sieht ihn die Literatur wohl ebenfalls an.11 Im Übrigen, vor al-lem also auch beim Eigentümer, offenbart sich aber hier vor al-lem die das FlurbG durchziehende Tendenz, Entscheidungsvor-gänge in sich abzustufen und damit – so sehe ich das – denRechtsschutz zu erschweren, ganz eindeutig.

Das FlurbG ist – so lautet meine These – durch die Tendenz ge-kennzeichnet, das Gesamtverfahren in Art einer „Salami-Tak-tik“ abzuschichten. Auf dieser Linie liegt es auch, dass der Ge-setzgeber selbst das Wertermittlungsverfahren eigenständigausgestaltet hat und dass die Feststellung der Wertergebnissegem. § 32 FlurbG Verwaltungsakt ist, der, wenn er nicht recht-zeitig angefochten wird, in Bestandskraft erwächst. Damit wirdder Teilnehmer gezwungen, prinzipiell das gesamte Flurberei-nigungsgebiet auf die Richtigkeit der Wertermittlung abzuprü-fen. Wenn das und ein sich anschließender Widerspruch, wiedas die Regel ist, unterbleiben, schallt es dem Teilnehmer – inden letzten Jahrzehnten von mir zahlreich erfahren – entgegen,mit der festgestellten Wertermittlung „müsse er nun leben“. Siesei in Bestandskraft erwachsen. Einschlägige, also wertbezo-gene Argumente, mit denen sich ein Teilnehmer gegen Besitz-einweisung und/oder Flurbereinigungsplan wendet, seien aus-geschlossen.

Die wenigsten Teilnehmer, auch längst nicht alle Berater wis-sen, dass das zwar grundsätzlich richtig, aber längst nicht „dieganze Wahrheit ist“. Die Rechtsprechung hat insoweit, wie dieEingeweihten wissen, nämlich die schlimmsten Auswüchse be-seitigt, indem sie (sinngemäß und verkürzt) die „Prüfungs-pflicht“ des Teilnehmers letzthin beschränkt auf die von ihmeingelegten Grundstücke, auf die von ihm als Zuteilung ge-wünschten Grundstücke und schließlich auf die Grundstücke,bei denen er nach Lage der Dinge damit rechnen musste, dasssie ihm zugeteilt werden könnten.12 Im Gesetz steht das aller-dings ausdrücklich nirgendwo, und mancher, insbesondere nicht

7 Z. B. BVerwG, Urteil vom 05.11.1999 i.S. 4 CN 3/99, und Gies-berts in BeckOK VwGO, Stand Juli 2018, Rn 41 zu § 47 VwGO.8 Z. B. BVerwG, Urteil vom 01.09.1997, 4 A 36.96 und Neu-mann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl., Rn 98 f. zu § 74VwVfG.9 Z. B. BVerwG, Beschluss vom 20.04.1998, 4 B 22/98; Kemper inBeckOK Bauordnungsrecht Nds., Stand Mai 2016, Rn 72 zu § 70BauNVO.10 Vgl. Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 8 zu § 34 FlurbG in einem m.E.nicht zweifelsfreien Analogieschluss aus § 115 FlurbG.11 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 2 ff. zu § 32 FlurbG; Rechtsprechung

fachkundig begleiteter Teilnehmer lässt sich von der Behörde„bluffen“.

Was spricht dagegen, § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, wonach beider Bemessung der Landabfindung die nach den §§ 27 bis 33ermittelten Werte zugrunde zu legen sind, bürgerfreundlich soauszulegen (oder das Gesetz ausdrücklich so zu ändern), dassder Betroffene sich auf das konzentrieren kann, was er letzthinin Besitzeinweisung und/oder als Landabfindung bekommt?WINGERTER/MAYR13 weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass das „früher auch anders war“; nach § 38 RUO warenEinwendungen gegen die Wertermittlung fremder Grundstückeauch später noch zulässig, z. B. bei der Anhörung zum Umle-gungsplan. Würde das Gesetz, so bedürfte es auch nicht dermühseligen, vor allem aber auch risikobehafteten (Ermessens-entscheidung!) Argumentation über das dem sonstigen Verwal-tungsrecht unbekannte Rechtsinstitut der Nachsichtgewährung(§ 134 Abs. 2 und 3 FlurbG).

III. Veränderungssperre (§ 34 FlurbG)Sie soll – wie schon erwähnt – greifen von der Bekanntgabe desFlurbereinigungsbeschlusses bis zur Unanfechtbarkeit desFlurbereinigungsplans, und zwar mit den in § 34 Abs. 1 Nr. 1,2 und 3 FlurbG genannten und jedenfalls teilweise erheblichenEinschränkungen in den Nutzungsmöglichkeiten des Eigentü-mers, aber auch des Pächters. Für sich genommen anfechtbar istsie nur, wenn sie gesondert erlassen wird; ansonsten soll sie mitdem ersten Tag der Bekanntmachung einsetzen (§ 115 FlurbGanalog). Das ist dann ggf. „für Jahrzehnte so“. Es gibt zahlreicheFlurbereinigungsverfahren, die deutlich länger als zehn Jahregedauert haben bzw. dauern; nicht wenige Flurbereinigungsver-fahren haben, während ich sie für Teilnehmer bearbeitete, „dieSilberhochzeit gefeiert“, ohne dass der Flurbereinigungsplanunanfechtbar geworden wäre. Das sind keine Ausreißer, son-dern ist flächendeckend so; vgl. z. B. das Flurbereinigungsver-fahren Lauterbach-Allmenrod im hessischen Vogelsbergkreis(F 975): 16,5 Jahre vom Flurbereinigungsbeschluss in 1991 biszur vorläufigen Besitzeinweisung in 2007; Planvorlage in 2013;Schlussfeststellung erwartet für 2018 = 27 Jahre Verfahrens-dauer. THOMAS14 nennt Verfahrensdauern in Niedersachsen vonbis zu 37 Jahren.

Wir alle kennen doch aber die (anderen) Fachgesetze, die dieDauer von Veränderungssperren auf max. vier Jahre „deckeln“(z. B. § 17 BauGB), nach vier Jahren aber jedenfalls in die Ent-schädigungspflicht hineinwachsen lassen (z. B. § 9a Abs. 2FStrG). Das beruht auf einer letzthin verfassungsrechtlichenVorgabe15, auch wenn der Gesetzgeber dann nicht die drei, son-dern vier Jahre als Obergrenze angesehen hat. In diesem Zusam-menhang: Das BVerwG hat zu der bauplanungsrechtlichenVeränderungssperre wiederholt ausgeführt, dass für den Regel-fall davon auszugehen sei, dass eine Bebauungsplanung nachdrei Jahren abgeschlossen werden könne.

Wenn das16 „dort so ist“ (und man bedenkt, wie komplex, ge-rade auch zeitaufwendig Bauleitplanverfahren sein können),

zu dem Punkt kenne ich nicht.12 Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15.10.1974, V C 56.73; vgl. weiterWingerter/Mayr a.a.O. Rn 11 zu § 32 FlurbG.13 A.a.O. Rn 10 zu § 32 FlurbG.14 Rechtsfragen und Praxis des Flurbereinigungsrechts, Agricola-Verlag 2011, S. 151 f.15 BGH, Urteil vom 25.06.1959, III ZR 220/57: „Jede Bausperre, dielänger als drei Jahre dauert, wirkt sich von dem Ablauf des 3. Jahresab immer als Enteignung aus.“16 Z. B. BVerwG, Urteil vom 10.09.1976, IV C 39/74.

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drängt sich die Frage auf: Weshalb kann das nicht auch in derFlurbereinigung „so sein“?

Selbst im strukturell vergleichbaren städtebaulichen Umle-gungsrecht, das scheinbar ebenfalls unbefristete Veränderungs-sperren entschädigungslos zulässt (§ 51 BauGB), hat die Recht-sprechung zeitliche Grenzen gezogen, jenseits derer die Fortgel-tung der Sperre von der Konkretisierung der Sozialpflichtigkeitdes Eigentums in die (entschädigungspflichtige) Enteignungumschlägt.17

Wer dem entgegenhalten will, die unbestritten außerordentlichlange durchschnittliche Dauer von Flurbereinigungsverfahrensei nicht nur deren Komplexität, sondern auch einer unzu-reichenden Ausstattung der Ämter mit Personal- und Sachres-sourcen geschuldet, möge sich vor Augen halten: Nirgendwo„muss“ eine Flurbereinigung zwingend durchgeführt werden,jedenfalls nicht als Regelflurbereinigung. Sie mag zuweilen not-wendig, häufig auch sinnvoll sein; es besteht aber gewiss keinePflicht, zwingend eine bestimmte Anzahl von (Regel-) Flurbe-reinigungsverfahren, gar alle derzeit anhängigen oder in derEinleitung begriffenen, anzuordnen und durchzuführen. Mankönnte deshalb in dem Punkt auch gut entgegnen: Vernünftiger-weise nimmt man nur so viel Arbeit an, wie man auch in zumut-baren Zeiträumen bewältigen kann. Das würde z. B. jedem An-walt entgegnet, wenn er sich darauf berufen würde, er habe be-stimmte Fristen nicht einhalten können, weil er überlastet sei,nämlich zu viele Mandate angenommen habe. Weshalb sollteman die Flurbereiniger mit einer solchen Argumentation ver-schonen?

M. E. gebietet Art. 14 GG sozusagen als Mindeststandard derAuslegung/der Anwendung des § 34 FlurbG,– nach Ablauf von vier Jahren den Teilnehmer zu entschädi-gen, wenn er an der Umsetzung von Vorhaben durch § 34FlurbG gehindert wird,– in Einzelfällen auch vorläufigen Rechtsschutz zu ermögli-chen, wenn die an sich geschuldete Zustimmung der Flurberei-nigungsbehörde nach § 34 FlurbG verweigert wird18.

IV. Plan der gemeinschaftlichen und öffentlichenAnlagen (§ 41 FlurbG)

Dieser, landläufig als Wege- und Gewässerplan bezeichnet, istverfahrensrechtlich ein Planfeststellungsbeschluss, also einrechtsgestaltender und damit prinzipiell anfechtbarer Verwal-tungsakt. Er regelt (§ 41 Abs. 5 Satz 2 FlurbG) alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabensund den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend.

Gleichwohl soll dieser Verwaltungsakt (mit ausdrücklicher Be-willigung des BVerwG19) für den Teilnehmer nicht anfechtbarsein. Das soll nur für die Teilnehmergemeinschaft und – im Fallder Unternehmensflurbereinigung – für den Vorhabenträger an-ders sein.20

§ 41 Abs. 5 FlurbG entspricht wörtlich § 75 Abs. 1 VwVfG.Dort (VwVfG) hat indes niemand einen Zweifel daran, dass der

17 Vgl. z. B. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, 13. Aufl., Rn 11 zu§ 51 BauGB; Schriever in Brügelmann, Stand Januar 2018, Rn 19 ff.zu § 51 BauGB.18 Insoweit ablehnend Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 9 zu § 34 FlurbGunter Berufung auf eine Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz aus1981.19 Vgl. z. B. dessen Urteil vom 06.02.1986 i.S. 5 C 40.84, RdL 1988,131.20 Vgl. Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 38 ff. zu § 41 FlurbG, und zwarauch zu den in unserem Zusammenhang nicht interessierenden Aus-nahmen.

Planfeststellungsbeschluss für jeden Betroffenen anfechtbar ist.Weshalb soll es, wo doch der Wege- und Gewässerplan nach§ 41 Abs. 5 FlurbG Planfeststellungsbeschlüsse nach Fachpla-nungsrecht, auch wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligun-gen und schließlich auch Baugenehmigungen ersetzt, anderssein als bei den ersetzten = also mitumfassten öffentlich-recht-lichen Zulassungen? Ich erachte es deshalb für naheliegend, mitGLITZ21 die einschränkende Rechtsprechung (die sich im Geset-zeswortlaut unmittelbar ja auch gar nicht festmachen lässt, son-dern hier allenfalls durch einen Umkehrschluss zu § 41 Abs. 6FlurbG einen Ansatz hat) zu überdenken.

Der Hinweis des BVerwG,22 der Rechtsschutz des Teilnehmerslaufe nicht leer, weil er ja mit dem Planwiderspruch gem. § 59FlurbG die Rechtmäßigkeit seiner Abfindung auch wegenNachteilen aufgrund des Wege- und Gewässerplans rügenkönne, leuchtet jedenfalls mir nicht ein. Dies schon einmal nichtwegen der Zeitspanne, die in der Praxis diese Pläne nach §§ 41,58 FlurbG trennt. Sie begegnet darüber hinaus einem rechtssys-tematischen Bedenken: Der Planwiderspruch nach § 59 FlurbGkann schwerlich etwas an dem dann – in der Praxis: seit etlichenJahren – bestandskräftigen Plan nach § 41 FlurbG ändern. Erkann im Zweifel nur dazu führen, dass sich die Abfindung än-dert, aber jedenfalls nicht die Grundzüge des Wege- und Gewäs-serplans. Die Bedenken wiegen allemal schwer, wenn manschließlich in den Blick nimmt, wie hoch die Hürden für eineneinstweiligen Rechtsschutz gem. § 123 VwGO gegen den Vor-ausbau nach § 42 Abs. 1 Satz 2 FlurbG gesetzt sind.23

V. Grundsätze der Abfindung (§ 44 FlurbG)Die Vorschrift begründet in ihrem Abs. 1 Satz 1 den im Flurbe-reinigungsverfahren zentralen Grundsatz der wertgleichen Ab-findung, der nur im Unternehmensflurbereinigungsverfahrenzwar nicht aufgehoben ist (was m. E. immer wieder verkanntund Beteiligten von Behörden zu Unrecht entgegengehaltenwird, bei Lichte betrachtet aber gerade auch vom BVerwG nie-mals so ausgesprochen worden ist), indes sicher erheblichenEinschränkungen unterliegt. Konkret geht es mir um den Satz 3in § 44 Abs. 1 FlurbG: Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem derneue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt (§ 61Satz 2).

Danach kommt es für die Bemessung der Wertgleichheit also(§ 61 Satz 2 FlurbG) grundsätzlich auf die Wertgleichheit imZeitpunkt der Ausführungsanordnung an. Das ist plausibel undrechtlich unbedenklich, wenn nicht sogar – wofür ich halte –geboten, denn: Das ist der Zeitpunkt, in dem sich die Eigen-tumsverhältnisse materiell-rechtlich umschichten (auch bereitsaußerhalb des Grundbuchs24). An diese klare, rechtsstaatlicheinwandfreie Regelung schließt sich der Satz 4 in § 44 Abs. 1FlurbG an, an dem ich mich reibe: In den Fällen der vorläufigenBesitzeinweisung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem diesewirksam wird.

Das war nicht „immer so“; erst 1976 wurde dieser Satz in dasGesetz eingefügt. Ich erachte ihn für hoch problematisch, und

21 AgrarR 1981, 183; vgl. auch Thomas, Rechtsfragen … a.a.O., S.192: Auch dem Teilnehmer muss ein Widerspruchs- und Klagerechtgegen den Plan nach § 41 FlurbG zustehen.22 Urteil vom 06.02.1986, 5 C 40.84; vgl. dazu auch im einzelnenWingerter/Mayr a.a.O. Rn 36 ff. zu § 41 FlurbG.

23 Vgl. die Nachweise bei Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 37 zu § 41FlurbG.24 Vgl. dazu Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 3 zu § 61 FlurbG.

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zwar bereits vor folgendem Hintergrund: Jedenfalls von der Ge-setzestechnik her ist die vorläufige Besitzeinweisung die Aus-nahme.25 Praktisch ist sie heute zur Regel geworden, wobei diePraxis diese Umkehrung des Willens des Gesetzgebers nochdadurch „krönt“, dass sie Widerspruch und Anfechtungsklageentgegen dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO flächende-ckend26 die aufschiebende Wirkung nimmt, indem sie den So-fortvollzug anordnet und damit bei den Flurbereinigungsgerich-ten in aller Regel „auch durchkommt“.

Um auf den Kern zurückzukommen: Ist es mit Art. 14 GG, alsoder Gewährleistung gerade auch des Grundeigentums, verein-bar, die Wertgleichheit der Abfindung nicht per dem Tag zu be-messen, an dem das Alteigentum verloren geht und das Neu-eigentum an dessen Stelle tritt? Ist der Rechtsprechung desBVerwG, die dies billigt27, nicht mit HOECHT28 und STOROST29

entgegenzuhalten: Die Wertgleichheit der Abfindung, die nuneinmal im Eigentum erfolgt, muss denknotwendig an dem Stich-tag gegeben sein, an dem die Eigentumsverhältnisse umge-schichtet werden? Ist es nicht „entlarvend“, wenn sich diejeni-gen, die die Verfassungsmäßigkeit des § 44 Abs. 1 Satz 4FlurbG bejahen, auf enteignungs- bzw. entschädigungsrechtli-che Grundsätze, insbesondere die sog. Vorwirkung der Enteig-nung berufen?30 „Entlarvend“ deshalb, weil die Regelflurberei-nigung doch nun aber gerade keine Enteignung sein soll,31 undzwar anders als die Unternehmensflurbereinigung.32 Ist es nichtmit der von der Verfassung vorgegebenen Eigentumsordnungunvereinbar, wenn es in der amtlichen Begründung für die Ge-setzesnovelle 1976 heißt: In diesen Fällen sind die Teilnehmerzwar noch Eigentümer ihrer Einlagegrundstücke, Verfügungenüber den nur noch grundbuchmäßig vorhandenen Altbesitz ha-ben aber nur noch formale Bedeutung. Das Recht auf Besitz undNutzung besteht an den Abfindungsgrundstücken, wirtschaftlichfühlen sich die Teilnehmer bereits als Eigentümer dieser Grund-stücke?

Weiter: Ist es zielführend, in dem Zusammenhang33 zur Recht-fertigung auf den Umstand zu verweisen, dass bei einem zivil-rechtlichen Tausch die Gefahr des zufälligen Untergangs undder zufälligen Verschlechterung mit der Übergabe der verkauf-ten Sache auf den Käufer übergeht? Dort, also im Zivilrecht,kontrahieren Vertragsparteien „auf Augenhöhe“ und vereinba-ren ggf. (oder eben gerade auch nicht), dass es auf die Eigen-schaften der Tauschgegenstände bereits bei Besitzübergang an-kommen soll. Im Flurbereinigungsrecht hingegen erfolgt geradekeine freihändige Veräußerung, auch kein freihändiger Tausch,sondern steht die Eigentumsumschichtung „von hoher Hand“ inRede.

Schließlich: Muss man nicht in diesem Zusammenhang auch be-rücksichtigen, wie rigoros die Gerichte den Rechtsschutz desTeilnehmers gegen eine vorläufige Besitzeinweisung einschrän-ken? Sie ist doch – solange bestimmte Formalien beachtet sind,was in der Praxis die Regel ist – für einen Teilnehmer nur an-fechtbar, wenn und soweit sie (kurzgefasst und vereinfacht) ihnexistenzgefährdend trifft. Das sind relativ sehr seltene Fälle.Wenn eine Besitzeinweisung diesen rudimentären Anforderun-gen genügt, erwächst sie in Bestandskraft, spätestens im gericht-

25 BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, VI C 236.65, RdL 1970, 20:„Verfahrenshilfe für Notfälle“.26 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 21: „Als gesetzestechnische Aus-nahme, praktisch-statistisch aber als Regelfall“.27 Urteil vom 12.07.2007, 9 B 18.07, RdL 2007, 271.28 AgrarR 1985, 273.29 RdL 2000, 282.30 Z. B. Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 25 zu § 44 FlurbG.31 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 1 zu § 44 FlurbG mit Nachweisen.

lichen Verfahren. Sie mag unter mehreren Gesichtspunkten,u. U. sogar signifikant, hinter dem Gebot der wertgleichen Ab-findung zurückbleiben. Darauf soll es nicht ankommen, sonderndas soll erst mit dem Planwiderspruch gerügt werden können.Und gleichwohl soll der Zeitpunkt für die Prüfung der Wert-gleichheit gem. § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG vorverlagert sein?

Kann das – worauf auch immer beruhende – Unvermögen derFlurbereinigungsbehörde, der „vorläufigen“ Besitzeinweisungzeitnah den Plan und die Ausführungsanordnung folgen zu las-sen, Rechtfertigung dafür sein, einen Alteigentümer, der wo-möglich in langer Familientradition wegen des Einlagegrund-stücks steht, desWertes vorteilhafter Entwicklungen (Bauland,Windenergie u. a. m.) zu berauben und diesen einem „vorläufi-gen“ Besitzer zuzuordnen? Hat der Gesetzgeber nicht ohnehinim eigenen Ansatz „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“, in-dem er vom Zeitpunkt der Ausführungsanordnung gleich aufden der vorläufigen Besitzeinweisung gesprungen ist? Wärenicht – gerade im Lichte des Art. 14 GG – eine abfedernde Lö-sung vorzuziehen gewesen, die in § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG an-stelle der vorläufigen Besitzeinweisung auf die Planvorlage(§§ 58, 59 FlurbG) abstellt?

VI. Flurbereinigungsplan (§§ 58 ff. FlurbG)1. Der Flurbereinigungsplan ist unstreitig Verwaltungsakt.Verwaltungsakte sind (§ 39 VwVfG) zu begründen. Für denFlurbereinigungsplan soll das jedoch nicht gelten.34 Ist es wirk-lich zielführend, in diesem Zusammenhang auf § 39 Abs. 2Nr. 4 VwVfG abzuheben, wonach es einer Begründung (aus-nahmsweise) nicht bedarf, wenn sich dies aus einer Rechtsvor-schrift ergibt?

Welches könnte diese Rechtsvorschrift auch nur sein? Sie hatbislang – soweit ich das überblicke – noch niemand nennen kön-nen, so dass man in diesem Zusammenhang darauf verwiesenwird, dass sich der Begründungsausschluss auch aus dem Sinneiner Rechtsvorschrift ergeben könne.

Mit STELKENS35 halte ich das für problematisch. Dies gilt zumalin Anbetracht des Umstands, dass die in dem Zusammenhanghäufig zitierte Gesetzesbegründung36 in der BT-Drs. 7/910 Seite60 f. zum seinerzeitigen § 35 VwVfG mit der Behauptung er-folgt, dort seien gerade Flurbereinigungspläne vom Begrün-dungszwang ausgenommen. Vom „Flurbereinigungsplan“ istebenda aber nichts zu lesen.

Insoweit abschließend: Wie – dies vor allem – lässt sich die Ab-weichung vom Begründungserfordernis des § 39 Abs. 2 Nr. 4VwVfG vor dem Hintergrund der Verwaltungspraxis rechtferti-gen, der es tagtäglich gelingt, vom Sachverhalt und der Rechts-lage her schwierigste Planfeststellungsbeschlüsse mit einerVielzahl von Einwendern und sonst Beteiligten auf vielen Sei-ten zu begründen?

2. Als Unikum erweist sich, wenn man das sonstige Verfah-rensrecht durchmustert, § 59 Abs. 2 Satz 1 FlurbG, wonach Wi-dersprüche gegen den bekanntgegebenen Flurbereinigungsplan

32 Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24.03.1987, 1 BvR 1046/85 – „Box-berg“, RdL 1987, 177.33 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 25 a.E. zu § 44 FlurbG.34 Vgl. Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 7 zu § 58 FlurbG; ausdrücklichanders beim Flurbereinigungsbeschluss, § 4 letzter HS FlurbG.35 Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Auflage 2018, Rn 101 zu § 39 VwVfG.36 BT-Drs. 7/910 Seite 60 f.; OVG NRW, Urteil vom 26.07.1989, 9G 23/87.

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zur Vermeidung des Ausschlusses allein in einem Anhörungs-termin vorgebracht werden können.

Das soll grundsätzlich bundesweit so sein, wobei allerdingsBayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen (vgl.die dortigen AG FlurbG) Ausnahmen gemacht haben, auchwenn diese hinter dem sonstigen Standard des Verwaltungs-rechts immer noch zurückbleiben. In den übrigen elf Bundes-ländern, davon jedenfalls acht „Flächenländern“, gilt die sonstnirgendwo gesetzte Vorgabe, dass ausschließlich an einem Tagund dann auch noch in der häufig für die Bekanntgabe einesFlurbereinigungsplans allein anberaumten einen TerminstundeWiderspruch eingelegt werden kann. Ich kann dazu jedenfallszwei Beispiele beisteuern, in denen Teilnehmer aufgrund vonUnwettern die dort anberaumte jeweils eine Terminstunde ver-säumten (allerdings die Behörden auch Nachsicht gem. § 134Abs. 2 und 3 FlurbG gewährten).

Mir ist keine auch nur ansatzweise vergleichbare rigide Ein-schränkung der Widerspruchsmöglichkeit bekannt. Man kannsich nur schwer vorstellen, dass das verfassungsrechtlich zuläs-sig sein, gar unionsrechtlich vom EuGH37 „eingesegnet werdenkönnte“. In der letztgenannten Entscheidung sind sogar Präklu-sionsvorschriften, die an die Versäumung einer sechswöchigenÄußerungsfrist anknüpften, als unionsrechtswidrig verworfenworden. Auch wenn das konkrete Thema („Widerspruchsein-legung in einer Terminstunde“) dort nicht anstand, bin ich mirsicher: Der EuGH wird diese Rechtsbehelfs- und damit mittel-bar gerade auch Rechtsmittelbeschränkung nicht billigen; erwird sie vielmehr als mit den unionsrechtlichen Grundsätzendes Zugangs zu den Gerichten und der Gewährung effektivenRechtsschutzes unvereinbar erklären.

An dem Befund ändern auch die zu erwartenden Gegenargu-mente nichts,– wonach zum allein möglichen Widerspruchstermin mit 2-Wochen-Frist geladen werden muss, und zwar unter Beifügungeines Auszuges aus dem Flurbereinigungsplan (§ 59 Abs. 3FlurbG), wobei auch das im Übrigen auf eine Frist hinausläuft,die allein zwei Wochen und einen Tag beträgt,– schließlich auch nicht § 134 Abs. 2 FlurbG, der allein einein das pflichtgemäße Ermessen der Flurbereinigungsbehördegestellte Wiedereinsetzungsmöglichkeit eröffnet.

Auch das genügt m.E. aktuellen rechtsstaatlichen Anforderun-gen an die faire Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrensrechtsnicht.

VII. vorläufige Besitzeinweisung (§ 65 FlurbG)Gedacht war die vorläufige Besitzeinweisung einmal als Ver-fahrenshilfe für Notfälle, so ausdrücklich noch das Urteil desBVerwG vom 30.04.1969.38 Von dem Instrument sollte also nurausnahmsweise Gebrauch gemacht werden. Die Praxis küm-mert das nicht. Es gibt wohl kaum ein Flurbereinigungsverfah-ren, in dem nicht der Planvorlage die vorläufige Besitzeinwei-sung gem. § 65 FlurbG (flächendeckend) vorgeschaltet wird. Je-denfalls ist die vorläufige Besitzeinweisung von der Ausnahmezur Regel geworden.39 Damit indessen nicht genug:

Weit verbreitet, inzwischen wohl ebenfalls die Regel ist, dassdie Flurbereinigungsbehörde die vorläufige Besitzeinweisungfür sofort vollziehbar erklärt, also unter Durchbrechung des

37 Vgl. z. B. dessen Urteil vom 15.10.2015 i.S. Rs. C-137/14, RdL2016, 72.38 BVerwG VI C 236.65, RdL 1970, 20.39 Vgl. auch Thomas, Rechtsfragen … a.a.O., S. 36 FN 167.40 So auch Thomas ebenda, S. 37 und 203 ff.

Grundsatzes des § 80 Abs. 1 VwGO den Sofortvollzug gem.§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anordnet. Das setzt bekanntlich abervoraus, dass der Sofortvollzug im öffentlichen Interesse oder imüberwiegenden Interesse von Beteiligten geboten ist.

Die Flurbereinigungspraxis verkehrt also gleich zwei Regelvor-gaben des Gesetzgebers in ihr Gegenteil. Die vorläufige Besitz-einweisung ist „Standard“, und der Suspensiveffekt des § 80VwGO wird flächendeckend durchbrochen. Die Verwaltungsetzt sich an die Stelle des Gesetzgebers. Es ist erstaunlich, mitwelchem Großmut die Flurbereinigungsgerichte diese faktischeRechtsetzung durch die Exekutive ohne Ermächtigung des Ge-setzgebers hinnehmen, ja vor ihr kapitulieren.40

Das alles wäre womöglich noch zu akzeptieren, wenn nicht –wie die Praxis lehrt – zwischen der Anordnung der vorläufigenBesitzeinweisung und der Planvorlage nicht nur viele Monate,sondern in aller Regel Jahre, zuweilen sogar Jahrzehnte verstrei-chen würden.41 Das ist besonders misslich und rechtsstaatlichäußerst bedenklich, wenn man in dem Zusammenhang die gra-vierende Einschränkung des Rechtsschutzes bedenkt, so wie siedie Flurbereinigungsgerichte mit Billigung des BVerwG prakti-zieren. Sie vertreten bekanntlich die Auffassung, dass die An-ordnung der vorläufigen Besitzeinweisung – ausgenommen be-stimmte Verfahrensfehler, die ausnahmsweise erheblich sind –nur dann angegriffen werden kann, wenn die Besitzeinweisungfür den Teilnehmer unzumutbar ist. Das wiederum ist nach derständigen Rechtsprechung des BVerwG42 nur dann der Fall,wenn für die Besitzeinweisungszeit offensichtlich ein grobesMissverhältnis zum Wert der Einlage besteht oder die Behördemit ihr unzumutbar in die Struktur des Betriebes eingreift.

Das hat zur Folge, dass Widersprüche vor der Behörde bzw. derSpruchstelle (soweit nicht – wie z. B. in Niedersachsen – ohne-hin abgeschafft), aber auch Klagen und vor allem Aussetzungs-anträge gem. § 80 Abs. 5 VwGO vor den Flurbereinigungsge-richten in aller Regel scheitern. Deshalb rät der Praktiker häufigschon vom Widerspruch ab. Wenn er ihn trotzdem einlegt odernach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhebt, tut erdies in der Regel wiederum nur aus taktischen Erwägungen: Esist vielmals die einzige Chance, mit der Flurbereinigungsbe-hörde ernsthaft in das Gespräch zu kommen, und zwar mit demZiel, die Dinge zu einigen. Entscheiden lassen wird der erfah-rene Praktiker die Flurbereinigungsgerichte über eine vorläufigeBesitzeinweisung nur in Ausnahmefällen. Ansonsten weiß er:„Dabei kommt nichts heraus“.

Damit ist der Rechtsschutz in einem bedenklichen Maße einge-schränkt, denn die Dinge laufen regelmäßig wie folgt ab: DieFlurbereinigungsbehörde nimmt die vorläufige Besitzeinwei-sung vor und weiß genau, dass das Schwert des Teilnehmers,mit dem er sich dagegen wehren kann, relativ sehr stumpf ist.Man „schuldet“ dem Teilnehmer noch lange nicht die wertglei-che Abfindung, sondern allein eine nicht grob unverhältnismä-ßige und ihm noch zumutbare Besitzeinweisungsfläche. Dem-entsprechend grob ist das „Zuteilungsmuster“ im Verfahrennach § 65 FlurbG.

Der Teilnehmer (oder sein Pächter), die – wenn in diesem Zeit-punkt der Plan auf dem Prüfstand stünde – nicht wertgleich ab-gefunden wären, versuchen nun – wenn Rechtsbehelfe/ Rechts-mittel aussichtslos sind und Gespräche nicht fruchten – natür-lich mit der Fläche gleichwohl „zurechtzukommen“. Sie versu-

41 Thomas ebenda, S. 195 f.: bis zu 17 Jahre, durchschnittlich 3,4Jahre in einem Amtsbezirk in Niedersachsen.42 Beginnend mit dem Urteil vom 31.10.1966 i.S. IV B 2.66, u.a.RdL 1967, 219, dem die Flurbereinigungsgerichte bis heute folgen;vgl. dazu Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 20 zu § 65 FlurbG.

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chen, alle Mängel, die die Abfindungsfläche jetzt noch aufweist,möglichst schnell zu beheben, indem sie Bodenverbesserungs-maßnahmen vornehmen, Unkrautbekämpfungsmaßnahmen er-greifen, unterlassene Grunddüngungen aus Vorjahren nachho-len usw. So „ruckeln sich die Dinge zurecht“, und zwar in einemZwischenzeitraum, der durchaus bis zu 17 Jahren im Einzel-fall43 dauern kann. Erfolgt dann nach Jahr und Tag endlich diePlanvorlage, haben sich die Wogen geglättet und hat sich man-cher Teilnehmer weitgehend mit dem abgefunden, was ihm vorJahr und Tag bei weitem nicht als wertgleich erschien, was eraber während dieses langen Zeitraums als „noch zumutbar“ hin-nehmen musste (und was er oder sein Pächter mittlerweile müh-sam nachgebessert haben) oder aber er ist schlichtweg „mürbegeworden“.

Dabei kann sich der Praktiker des Eindrucks nicht erwehren,dass die Flurbereinigungsbehörden häufig die „Salami-Taktik“,die ihnen das FlurbG in der Auslegung der Gerichte ermöglicht,auch hier ganz bewusst anwenden.

Dass vorübergehende Wertunterschiede nach § 51 FlurbG aus-gleichspflichtig sein können, ist in dem Zusammenhang einschwacher Trost, zumal der Ausgleich erst mit dem Flurberei-nigungsplan oder einem Nachtrag zu diesem „geschuldet“ ist.44

Es ist der Behörde zwar möglich, über Ansprüche nach § 51FlurbG vorab zu entscheiden; ob sie das tut, steht allerdingsnach § 67 FlurbG in ihrem Ermessen. Häufig wird die Behördeauch gar nicht gewillt sein, eine Entschädigung zuzusprechen,weil sie sich als von der Rechtmäßigkeit ihres Handelns über-zeugt gibt. Dann ist der Teilnehmer gehalten, ihr mit Fach-und/oder Rechtsbeistand (unter Aufwendung von Kosten) „vor-zurechnen“, dass die Dinge anders liegen.

VIII. UntätigkeitsklageNach § 75 VwGO setzt die Untätigkeitsklage nur voraus, dassüber einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahmeeines Verwaltungsakts in angemessener Frist nicht entschiedenworden ist. Ist das der Fall, in der Regel also nach fruchtlosemVerstreichen der in § 75 Satz 2 VwGO genannten 3-Monats-Frist, so ist die Möglichkeit der Untätigkeitsklage für einen be-liebigen Zeitraum eröffnet. Es gibt keine Frist, in der sie erho-ben sein muss.

Auch hier hält das FlurbG, was längst nicht jedem Teilnehmer,auch nicht jedem seiner rechtlichen Berater, bekannt ist, eineBesonderheit bereit: Nach § 142 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ist dieFrist, die § 75 Satz 2 VwGO nennt und die „an sich“ auch imFlurbereinigungsverfahrensrecht gelten würde, erst einmal ge-streckt auf sechs Monate, wenn es um die Anfechtung des Flur-bereinigungsplans (§ 59 Abs. 2 FlurbG) geht, sogar auf ein Jahr.Doch damit nicht genug: Ist die Möglichkeit der Untätigkeits-klage danach eröffnet, muss sie binnen weiterer drei Monateauch tatsächlich erhoben sein. Lässt ein Teilnehmer diese Frist(bewusst oder unbewusst, weil er sie nicht kennt) verstreichen,„so war es das“. Die Möglichkeit der Untätigkeitsklage ist ihmzukünftig vollends verschlossen.

Wenn man nun noch hinzunimmt, dass nach der Rechtspre-chung über diese flurbereinigungsspezifischen Besonderheiten

43 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 22 zu § 65 FlurbG; Thomas, Rechts-fragen … a.a.O., S. 195 f.44 Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 15 zu § 51 FlurbG unter Berufung aufRechtsprechung des BayVGH.45 Nachweise bei Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 17 zu § 142 FlurbG.46 So ausdrücklich Thomas AUR 2015, 208.47 Winterger/Mayr a.a.O. Rn 16 zu § 242 FlurbG.48 OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.07.2010, 9 S C 11349/09:

nicht einmal in den Rechtsbehelfsbelehrungen zu belehren ist,45

so ist die Ausschlussfrist des § 142 Abs. 2 FlurbG wohl kaummit der Rechtsschutzgarantie des Art 9 Abs. 4 GG vereinbar.46

Die dagegen47 angeführten Erwägungen48 überzeugen schwer-lich. Dies allemal dann nicht, wenn man in den Blick nimmt,dass § 75 VwGO allgemein als eine durch Art. 19 Abs. 4 GGgewährleistete Klagemöglichkeit begriffen wird, die dem Bür-ger den Gang zu den Gerichten ermöglicht, wenn eine Behördeüber Gebühr untätig bleibt49.

IX. Besetzung des FlurbereinigungsgerichtsDas Flurbereinigungsgericht entscheidet (anders als dasBVerwG, für dessen Besetzung keine Besonderheiten gelten)mit zwei Richtern des Oberverwaltungsgerichts/des Verwal-tungsgerichtshofs und drei ehrenamtlichen Richtern, wobei(§ 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG) für einen der drei ehrenamtlichenRichter gilt: Er muss zum höheren Dienst der Flurbereinigungs-behörden befähigt und mindestens drei Jahre in Flurbereini-gungsangelegenheiten tätig gewesen sein; ernannt wird er aufVorschlag der für die Landwirtschaft zuständigen obersten Lan-desbehörde.

Dieser sog. Fachbeisitzer gehört, wie die langjährige Praxislehrt, im Regelfall aktiv dem höheren Vermessungs- bzw. Flur-bereinigungsdienst an (oder war vor seinem Ruhestand dement-sprechend tätig). Eine Grenze zieht die Rechtsprechung50 demnur für aktive Beamte der Flurbereinigungsverwaltung, dienicht als ehrenamtliche Richter am Flurbereinigungsgericht des-selben Landes amtieren dürfen.51 Im Nachbarland (z. B. nieder-sächsischer Beamter im Bundesland LSA) soll das aber zulässigsein. Desgleichen akzeptiert die Rechtsprechung früher aktiveBeamte spezifisch der Flurbereinigungsverwaltung im Flurbe-reinigungssenat auch desselben Landes.52 Dementsprechendtrifft der Praktiker im Flurbereinigungssenat häufig auf Ruhe-standsbeamte der Flurbereinigungsverwaltung desselben Lan-des, ansonsten auf aktive Bedienstete der Flurbereinigungsver-waltung aus einem Nachbarland.

Obwohl die Rechtsprechung das anders sieht, scheint mir daskaum mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung, so wie er in Art.20 Abs. 2 Satz 2 GG zum Ausdruck gekommen ist, vereinbar.Das gilt allemal dann, wenn man – wie so mancher Praktiker –den häufig herzlichen kollegialen Umgang beobachtet, der sol-che Fachbeisitzer in der Regel mit dem beklagten Amt verbin-det. Jedenfalls mich will auch nicht überzeugen, dass ein solcherFachbeisitzer wegen der erweiterten Prüfungskompetenz desFlurbereinigungsgerichts von entscheidender, die Rechtsfin-dung fördernder Bedeutung ist. Das BVerwG kommt – wennauch als Revisionsinstanz – ohne einen solchen Fachbeisitzeraus und auch ansonsten entscheiden Verwaltungsgerichte überkomplizierteste Sachfragen ohne „Fachbeisitzer“, ggf. eben mitHilfe von Sachverständigen.

Dieser Streifzug durch das FlurbG, auch wenn er aus der Sichtder Beratung Betroffener erfolgt, offenbart, dass das Flurberei-nigungsverfahren und das flurbereinigungsgerichtliche Verfah-ren sich erheblich vom sonstigen Standard, den das Gesetz fürVerwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren vorschreibt,

schafft Rechtssicherheit in den Fällen, in denen Unklarheit darüberbesteht, ob überhaupt Widerspruch eingelegt wurde.49 Vgl. z. B. Kopp/Schenke, 24. Auflage, Rn 1 zu § 75 VwGO.50 BVerwG, Urteil vom 06.12.1956, I C 75.55, RdL 1957, 110.51 Vgl. auch Wingerter/Mayr a.a.O. Rn 5 zu § 139 FlurbG.52 BVerwG, Urteil vom 02.11.1988, BVerwG 5 CB 7.85, RdL 1989,45.

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unterscheiden, und zwar durchweg mit einer Tendenz, die sichgegen den Teilnehmer richtet. Das werden Mitarbeiter der Flur-bereinigungsbehörden und Flurbereinigungsrichter jedenfallsteilweise anders sehen. Manches wäre auch aus meiner Sichthinzunehmen, wenn zu diesen zahlreichen „Besonderheiten“des Flurbereinigungsrechts nicht eine unter rechtsstaatlichenGesichtspunkten geradezu unerträgliche Verwaltungspraxisträte, was die Verfahrensdauer von Flurbereinigungsverfahren,teilweise auch von flurbereinigungsgerichtlichen Verfahren an-geht. Flurbereinigungsverfahren sind nahezu flächendeckenddurch überlange, ansonsten nirgendwo (jedenfalls nicht flächen-deckend) vorkommende Verfahrensdauern gekennzeichnet. Siesind für sich genommen (und unabhängig davon, dass einzelneMitarbeiter der Flurbereinigungsbehörden diese verfestigtenVerfahrensdauern sich ganz bewusst zu eigen machen, um ihreSicht der Dinge „durchzudrücken“) nicht zu akzeptieren.

Die Verwaltungspraxis, und zwar konkret die Dauer der Ver-fahren, „schlägt“ bereits dem Grundsatz des Gesetzes selbst, sowie er in § 2 Abs. 2 Satz 1 FlurbG zum Ausdruck kommt, gera-dezu „in das Gesicht“. Ebenda heißt es bekanntlich: Die Durch-führung der Flurbereinigung ist von den Ländern als eine be-sonders vordringliche Maßnahme zu betreiben.

WINGERTER/MAYR a. a. O. meinen in der Rn 4 zu § 2 FlurbG,darin komme ein „Beschleunigungsgrundsatz“ zum Ausdruck,der mehr sei „als nur ein unverbindlicher Programmsatz“. DieLänder hätten dafür zu sorgen, dass die Flurbereinigungsver-waltung mit Personal und Sachmitteln so ausgestattet wird, dasseine wirksame Aufgabenerfüllung möglich ist.

Ich will hinzufügen: Die Flurbereinigungsverwaltung hat, wasjedenfalls bei den Regelflurbereinigungsverfahren ohne grund-sätzliches Problem möglich ist, auch nur solche Aufträge anzu-nehmen, die sie mit ihren personellen und sachlichen Ressour-cen alsbald bewältigen kann.

Wie eingangs bereits gesagt: Die Mitarbeiter der Flurbereini-gungsverwaltungen denken nicht – wie andere Behörden – inMonaten oder auch nur Jahren, sondern in Dekaden. Davonweiß jeder, der sich mit der Praxis auskennt, „ein Lied zu sin-gen“. Wenn man einmal die „Messlatte“ anlegt, die anderwärtsgilt, wird jedermann klar, dass das rechtsstaatlich zumindestzweifelhaft ist:

Der EGMR hatte die Bundesrepublik Deutschland bekanntlichverpflichtet, wirksame Rechtsbehelfe gegen überlange Ge-richtsverfahren einzuführen, und zwar bis Ende 2011.53 Ergeb-nis war das am 03.12.2011 in Kraft getretene Gesetz über denRechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfah-ren.54 Seitdem begründet z. B. § 198 GVG in der ordentlichenGerichtsbarkeit einen Entschädigungsanspruch des Verfahrens-beteiligten, dessen Gerichtsverfahren unangemessen lange dau-ert. Dabei geht es in unserem Zusammenhang nicht um die Ent-schädigung, sondern allein darum, einen Vergleichsmaßstab da-für zu gewinnen, wann ein Verfahren durch eine „überlangeDauer“ gekennzeichnet ist. Das ist natürlich eine Frage, die sichin dem individuellen Rechtsgebiet stellt, etwa in einem Straf-rechtsverfahren anders zu beurteilen ist als in einem zivil- oderverwaltungsgerichtlichen Verfahren.55 Durchmustert man dieRechtsprechung zur überlangen Dauer von Gerichtsverfahren,so erhält man eine relativ große Bandbreite noch nicht über Ge-bühr langer Verfahren. Auch danach ist aber nur schwer vor-stellbar, dass die durchschnittlichen Laufzeiten von Flurbereini-gungsverfahren noch angemessen sein könnten. Dies gilt alle-mal dann, wenn man die Vorgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 FlurbGbedenkt und zusätzlich in den Blick nimmt,wie zurückhaltendder Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Flurbereini-gungsbehörde ausgestaltet ist bzw. von den Flurbereini-gungsgerichten gewährt wird, dies alles indessen bei vom ers-ten Tag an greifenden, im Falle der Unternehmensflurbereini-gung sogar unbestritten enteignend wirkenden Eingriffen in dasGrundeigentum und im übrigen (Stichwort wiederum: geradeauch beim Pächter) in den eingerichteten und ausgeübten land-wirtschaftlichen Betrieb, so wie er im Zusammenklang der Art.14, 12 GG ebenfalls von Verfassungs wegen gewährleistet ist.

Verfasser: Dr. Karl-Ludwig Grages,Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hildesheim

53 Vgl. dazu z. B. Althammer/Schäuble, NJW 2012, 1 ff.; vgl. auchbereits 2011 Thomas, Rechtsfragen … a.a.O., S. 210 zu einer Ent-scheidung des EGMR vom 23.04.1987 i.S. 17/1986/115/163 = NJW1989, 650.54 BGBl. I S. 2302.55 Vgl. zu der gebotenen Einzelfallbetrachtung BVerwG, Urteil vom11.07.2013, 5 C 23/12 D.

Die Unternehmensflurbereinigung – Probleme in der Praxis

von Wolf-Dieter Friedrich

1. Durch DEGES betreuter Grunderwerb,einschließlich Flurbereinigungsverfahren

1.1 Grunderwerb gesamtAls bundesweit tätige Projektmanagementgesellschaft betreutdie DEGES eine Vielzahl von öffentlichen Baumaßnahmen,hauptsächlich Bundesfernstraßen- und Landesstraßenprojekte.Wesentlicher Unternehmensgegenstand der DEGES ist die Pla-nung und Baudurchführung (Bauvorbereitung und Bauüber-wachung) einschließlich Grunderwerb, von Verkehrsinfrastruk-turprojekten, die von den Gesellschaftern auf die DEGES über-

tragen werden (Gesellschafter der DEGES: 12 Bundesländerund der Bund).

Die Gesamtlänge der für den Grunderwerb relevanten Projektebeläuft sich gegenwärtig auf ca. 2.300 Kilometer. Für die Flä-chensicherung von Trasse und Ausgleichs- und Ersatzmaßnah-men werden gegenwärtig insgesamt ca. 34.400 Hektar mit ca.81.000 Flurstücken, die auf ca. 57.000 Eigentümer entfallen, imGrunderwerb bearbeitet.

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1.2 Übersicht über Flurbereinigungsverfahren –Stand 2018

Von dem Gesamtflächenbedarf von 34.400 Hektar entfällt eineFläche von ca. 6.000 Hektar auf Flurbereinigungsverfahren (imWesentlichen Verfahren nach § 87 FlurbG, s. Übersicht unten.

2. Unternehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbG2.1 VoraussetzungenInsbesondere bei der Umsetzung von großen Straßenbauvorha-ben, wie z.B. dem Neubau von Bundesfernstraßen, hat die Un-ternehmensflurbereinigung erhebliche Bedeutung. Das spiegeltsich für die DEGESauch in der vorliegenden Übersicht zu Flur-bereinigungsverfahren wider, in der die Verfahren nach §§ 87 ffFlurbG deutlich überwiegen.

Ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren kann eingeleitetwerden, wenn die Enteignung für umfangreiche Großbauvorha-ben zulässig ist (z. B. der Neubau von Bundesfernstraßen ge-mäß § 19 FStrG), ländliche Grundstücke in großem Umfang inAnspruch genommen werden (Flächenbedarf i. d. R. größer als5 Hektar), der durch das Bauvorhaben entstehende Landverlustauf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt werden (umz. B. Existenzgefährdungen zu vermeiden) oder die durch dasUnternehmen hervorgerufenen Nachteile für die allgemeineLandeskultur (wie z. B. Durchschneidungen) vermieden werdensollen und ein Planfeststellungsverfahren oder ein entsprechen-des Verfahren eingeleitet wurde. Schließlich bedarf es einesAn-trags der Enteignungsbehörde.

Die Unternehmensflurbereinigung dient in erster Linie der Ver-wirklichung eines im öffentlichen Interesse liegenden Vorha-bens. Wie der Übersicht zu entnehmen ist, treffen wir im Zugeunserer Baumaßnahmen jedoch auch auf Regelflurbereini-gungsverfahren.

Kann somit nicht auch ein Regelflurbereinigungsverfahren dieUmsetzung von öffentlichen Bauvorhaben unterstützen?

2.2 Verfassungsrechtliche Abgrenzung zurRegelflurbereinigung nach §§ 1, 37 FlurbG

2.2.1Regelflurbereinigung keine EnteignungWie unterscheidet sich die Regelflurbereinigung von der Unter-nehmensflurbereinigung? Es handelt sich bei der Regelflurbe-reinigung nach §§ 1, 37 FlurbG um eine Inhaltsbestimmung desEigentums und keine Enteignung. Sie ist darauf ausgerichtet,ländliche Grundstücke zur Verbesserung der Produktions- undArbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie zurFörderung der allgemeinen Landeskultur und Landentwicklungneu zu ordnen. Sie dient dem Ausgleich privater Interessen, soden Eigentümern, die regelmäßig besser zu bewirtschaftendeGrundstücke als gerechten Ausgleich erhalten. Die Regelflurbe-reinigung ist daher Inhalts- und Schrankenbestimmung des Ei-gentums im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG (s. Be-schluss des BVerfG vom 22.5.2001, NVwZ 2001, 1023).

2.2.2Umsetzung von öffentlichen Baumaßnahmen auchdurch Regelflurbereinigung?

Nach § 40 Satz 1 FlurbG kann Land in verhältnismäßig gerin-gem Umfang für öffentliche Anlagen, wie z. B. Straßen im Re-gelflurbereinigungsverfahren bereitgestellt werden. Ein An-spruch des Baulastträgers auf Zuteilung der benötigten Flächenbesteht in der Regelflurbereinigung allerdings nicht. Die Flä-chen für öffentliche Anlagen haben die Flurbereinigungsteil-nehmer durch Landabzüge nach § 47 FlurbG (nach dem Ver-hältnis des Wertes ihrer alten Grundstücke zu dem Wert allerGrundstücke des Flurbereinigungsgebietes) aufzubringen. Beiden Abzügen von verhältnismäßig geringem Wert handelt essich um eine Sozialbindung des Eigentums und keine Enteig-nung. Sie sind Ausgleich für die Werterhöhung, die die Grund-stücke der Teilnehmer z. B. durch eine bessere Erschließung er-fahren. Um den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit desFlächenumfangs zu genügen, dürfen deshalb nur kleinere Stra-ßenbaumaßnahmen, wie Kurvenbegradigungen oder der Bauvon Radwegen einbezogen werden. Für den Ausbau einer Au-tobahn dürfte dies wohl nur dann gelten, wenn Ersatzflächendurch den Baulastträger aufgebracht werden, damit jeder Teil-nehmer mit Land von gleichem Wert abgefunden werden kann.Als Maßstab für den verhältnismäßig geringen Umfang gilt dasVerhältnis zwischen dem Wert der bereitzustellenden Fläche fürdie öffentliche Anlage und dem Wert der Gesamtfläche desFlurbereinigungsverfahrens.

Auch wenn die Regelflurbereinigung gemäß § 37 Abs. 2 FlurbGdie Aufgabe hat, den Belangen des öffentlichen Verkehrs Rech-nung zu tragen, würde der Flächenbedarf für den Neubau einerAutobahn das zulässige Maß übersteigen und dem Sinn undZweck der Regelflurbereinigung widersprechen.

Es können demzufolge auch in der Regelflurbereinigung Flä-chen für Straßen bereitgestellt werden, sofern es sich um klei-nere Straßenbaumaßnahmen handelt.

2.3 Verfassungsrechtliche Einordnung derUnternehmensflurbereinigung nach §§ 87 ff FlurbG

2.3.1Unternehmensflurbereinigung ist EnteignungDas Aufbringen von Land in großem Umfang ist dem Unterneh-mensflurbereinigungsverfahren nach §§ 87, 88 FlurbG zuge-wiesen. Im Gegensatz zur gemeinnützigen Regelflurbereini-gung dient die Unternehmensflurbereinigung in erster Linie derVerwirklichung eines im öffentlichen Interesse liegenden Vor-habens, d. h. der Beschaffung von Grundstücken für den Unter-nehmensträger. Die Unternehmensflurbereinigung dient nichtdem Interesse der Beteiligten und ist somit fremdnützig. Nachdem Boxberg-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist dieserZweck kennzeichnend für eine Enteignung im Sinne des Art. 14Abs. 3 GG (Urteil des BVerfG vom 24.3.1987, DVBl 1987,466). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in der Unternehmens-flurbereinigung auch Eigentümer von Grundstücken enteig-nungsbetroffen sind, die außerhalb des eigentlichen Vorhabens-gebietes liegen, die aber im Rahmen der solidarischen Aufbrin-

gung der für das Vorhaben benötigten Grundstü-cke einen Landabzug hinnehmen müssen. Auchsie müssen den Zugriff auf ihr Grundstück zurVerwirklichung eines dem öffentlichen Interessedienenden Vorhabens dulden.

Für die Beurteilung der Unternehmensflurberei-nigung als Enteignung ist es ohne Belang, ob undin welchem Umfang eine Landabfindung stattfin-det. Das gilt auch dann, wenn die Landabfindungohne Flächenabzug erfolgt, denn die Eigentums-garantie sichert den konkreten Bestand in der

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Hand des Eigentümers. Die Frage der Landabfindung betrifftdemgegenüber Art und Ausmaß der nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2und 3 GG gebotenen Entschädigung (so BVerwG, Urteil vom29.1.2009, BVerwGE 133, 118 und Urteil des OVG Lüneburgvom 25.4.2013, Fundstellen juris, RdL 2013, 217). Die Unter-nehmensflurbereinigung ist gekennzeichnet durch den staatli-chen Zugriff auf den konkreten Eigentumsbestand und somiteine Enteignung, unabhängig davon, ob die betroffenen Eigen-tümer eine gleichwertige Landabfindung ohne Flächenabzug er-halten (so auch SCHWANTAG/WINGERTER, Flurbereinigungsge-setz, 8. Auflage, Vorb. zu §§ 87-90, Rd.Nr. 2).

Da die für das Unternehmen benötigten Flächen von den Teil-nehmern durch anteilige Landabzüge nach § 88 Nr. 4 FlurbGaufgebracht werden müssen, hat in der Unternehmensflurberei-nigung – im Unterschied zur Regelflurbereinigung – kein Teil-nehmer Anspruch auf wertgleiche Abfindung nach § 44 FlurbG(BVerwG, Urteil vom 24.4.1970, RdL 1970, 211 = RzF 107 zu§ 87 Abs. 1, SCHWANTAG/WINGERTER a.a.O., § 87, Rd.Nr. 9).Anders als in der Regelflurbereinigung hat der Unternehmens-träger jedoch einen Anspruch auf Zuteilung der planfestgestell-ten Flächen und auf eine vorläufige Besitzregelung nach § 88Nr. 3 i. V. m. § 36 FlurbG.

2.4 Einleitung eines Unternehmensflurbereinigungs-verfahrens – häufig wiederkehrende Probleme

2.4.1Zulässigkeit der Enteignung nach FachrechtNach § 87 Abs. 1 FlurbG setzt die Einleitung eines Unterneh-mensflurbereinigungsverfahrens voraus, dass die Enteignungnach dem für das Unternehmen geltenden Fachrecht zulässig ist.Rechtsgrundlage für Bundesfernstraßen ist § 19 FStrG (für Be-triebsanlagen der Eisenbahn § 22 AEG). Danach ist die Enteig-nung zur Ausführung eines planfestgestellten Vorhabens zuläs-sig, d. h. für die Zulässigkeit der Enteignung muss ein bestand-kräftiger oder sofort vollziehbarer Planfeststellungsbeschluss(bzw. Plangenehmigung) vorliegen. Das Flurbereinigungsver-fahren kann allerdings bereits mit Einleitung des Planfeststel-lungsverfahrens angeordnet werden. Für die Anordnung der Un-ternehmensflurbereinigung sind die besonderen Enteignungs-voraussetzungen nur in genereller und nicht einzelfallbezogenerSicht zu prüfen. Die Enteignungsbehörde hat daher nicht für dieEinzelgrundstücke die Zulässigkeit zu prüfen. Denn die konkre-ten Voraussetzungen nach den jeweiligen Landesenteignungs-gesetzen werden durch die Regelungen der §§ 87 ff FlurbG er-setzt. Der Vollzug der Enteignung erfolgt somit im Rahmen derUnternehmensflurbereinigung. Damit muss – wie nach den Lan-desenteignungsgesetzen vorausgesetzt – für die Einleitung einesUnternehmensflurbereinigungsverfahrens nicht versucht wor-den sein, die Grundstücke freihändig zu erwerben. Der Versucheines einvernehmlichen Erwerbs muss stattdessen bis zur Be-kanntgabe des Flurbereinigungsplans oder der vorläufigen Be-sitzeinweisung nach § 65 FlurbG, d. h. vor der Landabfindungunternommen werden (s. BVerwG, Urteil vom 6.7.1989,BVerwGE 82, 205).

2.4.2Abgrenzung des FlurbereinigungsgebietesDie §§ 87 ff. FlurbG enthalten keine Vorschriften über eine un-mittelbare Begrenzung des Flurbereinigungsgebietes. Es findensich jedoch Grundlagen im Flurbereinigungsrecht, die bei derAbgrenzung zu berücksichtigen sind. So ist nach § 7 Abs. 1 Satz2 FlurbGund nach der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichts das Flurbereinigungsgebiet durch die Flurbereini-gungsbehörde so zu begrenzen, dass der Zweck der Flurbereini-gung (wie die Verteilung des Landverlustes auf einen größerenKreis von Eigentümern und die Abwendung von Nachteilen fürdie allgemeine Landeskultur) möglichst vollkommen erzielt

wird (s. BVerwG, Urteile vom 21.10.2009, BVerwGE 135, 110und vom 6.7.1989 BVerwGE 82, 205, SCHWANTAG/WINGER-TER a.a.O. § 87Rd.Nr. 24). Dies spricht für die Ausweisung vongroßen Flurbereinigungsgebieten.

Andererseits ist bei der Begrenzung zu beachten, dass es sichbei der Unternehmensflurbereinigung gegenüber einer Ein-zelenteignung grundsätzlich um das mildere Mittel handelt. Dadie Unternehmensflurbereinigung sich auch auf Eigentümer er-streckt, die von dem planfestgestellten Flächenbedarf nicht un-mittelbar betroffen wären, dürfen die Flurbereinigungsgebieteaus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht zu weit ausgedehnt wer-den.

Die Größe des Flurbereinigungsgebietes hat zudem wesentli-chen Einfluss auf die Höhe der vom Unternehmensträger zu tra-genden Ausführungs- und Verfahrenskosten. DEGESals Unter-nehmensträger hat daher ein großes Interesse an der Auswei-sung von möglichst schlanken Verfahrensgebieten.

Schließlich hat die Flurbereinigungsverwaltung das Ausmaß derVerteilung des Landverlustes nach § 87 Abs. 1 Satz 2 FlurbGim Einvernehmen mit der Landwirtschaftlichen Berufsvertre-tung zu regeln. Dieses Einvernehmen kann aber nicht von derEinhaltung einer prozentualen Obergrenze für den Landabzugnach § 88 Nr. 4 FlurbG abhängig gemacht werden. Es reichtvielmehr aus, wenn sich das Einvernehmen auf die räumlicheAbgrenzung des Flurbereinigungsgebietes erstreckt. Die Land-wirtschaftliche Berufsvertretung kann deshalb nicht verlangen,dass durch den Erwerb von Einlagegrundstücken der Landabzugnach § 88 Nr. 4 FlurbG bei Null liegt. Die Erklärung des Ein-vernehmens ist auch keine Voraussetzung für die Anordnungdes Flurbereinigungsverfahrens, sondern kann bis zu Bekannt-gabe des Flurbereinigungsplans oder bis zur vorläufigen Besitz-einweisung nach § 65 FlurbG hergestellt werden.

Hierfür spricht auch, dass das Einvernehmen die zumutbare Be-lastung mitbestimmen soll. Diese realisiert sich aber erst mitdem Flurbereinigungsplan bzw. der vorläufigen Besitzeinwei-sung. Daher kann die Verringerung des Landabzugs durch zu-sätzlichen Flächenerwerb bis zu diesem Zeitpunkt berücksich-tigt werden (ThürOVG, Urteil vom 25.10.2000, 7 F 587/99,OVG BB, Urteil vom 17.9.2003, NuR 2004, 183, SCHWAN-TAG/WINGERTER, a.a.O., § 87 Rd.Nr.15).

Sind aber genügend Einlageflächen beschafft worden, so dasses zu keinem Landabzug kommen wird, ist das Einvernehmenwegen Wegfalls des Schutzzwecks nicht erforderlich(BayVGH, Urteil vom 18.9.2006, BayVBl 2007, 180, SCHWAN-TAG/WINGERTER a.a.O. § 87 Rd.Nr. 14).

Die Bestimmung der Größe der Verfahrensgebiete macht des-halb regelmäßig größere Abstimmungen mit der Flurbereini-gungsbehörde notwendig.

3. Zusammenarbeit zwischen Flurbereinigungs-behörde bzw. Teilnehmergemeinschaft (TG) undVorhabenträger

3.1 Frühzeitige Abstimmung, insbesondere bei großenBauvorhaben

Neben der Klärung von möglichen rechtlichen Streitpunkten istes für die Vorbereitung von Großbaumaßnahmen unerlässlich,dass Flurbereinigungs- und Straßenbauverwaltung möglichstfrühzeitig ihre Planungen abstimmen. Ziel sollte es sein, durcheinen laufenden Informationsaustausch eine möglichst rei-bungslose Planung und Realisierung der Baumaßnahme zu er-zielen und gleichzeitig die eingriffsbedingten Folgen für die Be-troffenen und den ländlichen Raum zu verringern oder ganz zubeseitigen und hieraus Arbeitsplanungen zu entwickeln. Die Ar-

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beitsplanungen von Straßenbau- und Flurbereinigungsverwal-tung sollten dann in regelmäßigen Besprechungen abgeglichenwerden.

Es ist daher zweckmäßig, bereits im Rahmen der Varianten-untersuchung und der Linienbestimmung nach Unterstützungs-möglichkeiten für die geplanten Straßen durch die Flurbereini-gung und nach Lösungen zur Vermeidung bzw. Verminderungvon Beeinträchtigungen für die Agrarstruktur zu suchen. Des-halb sollten in der Vorplanung, aber auch im Rahmen der Ent-wicklung des Vorentwurfs (für die Planfeststellung) die Auswir-kungen des Unternehmens auf die landwirtschaftlichen Betriebeoder auf das landwirtschaftliche Wegenetz gemeinsam zwi-schen Flurbereinigungsverwaltung und Baulastträger untersuchtwerden. Auf der Grundlage dieser frühzeitigen und engen Ab-stimmungen könnten Teile des Entwurfs desWege- und Gewäs-serplans nach § 41 FlurbG bereits in den Planfeststellungsbe-schluss für die Straße integriert werden (s. hierzu ausführlich dieHinweise der FGSV für die Zusammenarbeit von Straßenbau-und Flurbereinigungsbehörde bei der Vorbereitung und Durch-führung von Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz, Aus-gabe 2016 und die Empfehlungen zum Flurbereinigungsverfah-ren unter Anwendung der §§ 87 bis 89 FlurbG des Bundesmi-nisteriums für Landwirtschaft und Forsten vom 23.8.1977,GMBl 77, 428, überarbeitet 1982, GMBl 82, 39).

3.2 Wege- und Gewässerplan mit landschafts-pflegerischemBegleitplan gem. § 41 FlurbG

Nach § 41 FlurbG stellt die Flurbereinigungsbehörde im Beneh-men mit dem Vorstand der TG einen Plan auf über die gemein-schaftlichen und öffentlichen Anlagen. Dieser Plan bildet fürdas Verfahrensgebiet die Grundlage für die Neugestaltung desFlurbereinigungsgebietes und legt das Wege- undGewässernetzfest. In der Unternehmensflurbereinigung enthält der Plan nach§ 41 FlurbG Maßnahmen zur Verminderung der agrarstruktu-rellen und landeskulturellen Nachteile der Straße, so die Neu-einteilung des Flurbereinigungsgebietes oder neue Wegeverbin-dungen zur Verringerung der Zerschneidungswirkung durch dieStraße. Es handelt sich bei dem Wege- und Gewässerplan umeine echte Planfeststellung mit Konzentrationswirkung. In derRegel wird die Planfeststellung für die Straße durch den Plannach § 41 FlurbG ergänzt. Bei der Aufstellung des Plans nach§ 41 FlurbG hat die Flurbereinigungsbehörde bzw. die TG einPlanungsermessen (planerische Gestaltungsfreiheit).

3.3 Grenzen der planerischen GestaltungsfreiheitEs fragt sich, ob die Flurbereinigungsbehörde bzw. die TG auf-grund ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit die straßenrechtli-che Planfeststellung uneingeschränkt überplanen darf.

Zunächst ist zu untersuchen, wie weit die Regelungskompetenzder Flurbereinigungsbehörde reicht. Da die Feststellung desWege- und Gewässerplans gemäß § 41 Nr. 5 FlurbG Konzen-trationswirkung entfaltet, können auch kleinere Straßenbau-maßnahmen durch den Wege- und Gewässerplan mit verbindli-cher Wirkung festgestellt werden, sofern sich der Plan nach § 41FlurbG nur auf solche öffentlichen Anlagen erstreckt, die inner-halb des Flurbereinigungszweckes liegen. Es kann deshalb diePlanung für kleinere Anlagen, für die z. B. nach § 40 FlurbGLand in verhältnismäßig geringem Umfang bereitgestellt wer-den kann, mit planfestgestellt werden.

Handelt es sich hingegen um Planungen, durch die Grundstückein großem Umfang in Anspruch genommen werden, übersteigt

dies den Flurbereinigungszweck. Solche komplexen Planungenbedürfen einer straßenrechtlichen Planfeststellung. Der Wege-und Gewässerplan kann insoweit keine Konzentrationswirkungim Unternehmensflurbereinigungsverfahren entfalten.

Nach § 87 Abs. 1 FlurbG darf ein Unternehmensflurbereini-gungsverfahren nur eingeleitet werden, wenn eine Enteignungaus besonderem Anlass zulässig ist. Da die straßenrechtlichePlanfeststellung (nach Inhalt und Umfang) die Zulässigkeitsvor-aussetzung der Enteignung bildet, ist der straßenrechtlich fest-gestellte Plan (nach § 19 Abs. 1 FStrG) für die Unternehmens-flurbereinigung maßgebend. Hat der straßenrechtliche Planfest-stellungsbeschluss für das Vorhaben eine vollständige Regelunggetroffen, ist die Unternehmensflurbereinigung an diesen Plan-feststellungsbeschluss gebunden. Die Flurbereinigungsbehördedarf deshalb nicht durch den Plan nach § 41 FlurbG die Auswei-sung von planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmenändern. Solche Planänderungen wären nur im Einvernehmenmit der Planfeststellungs- und der Straßenbaubehörde zulässig(s. KASTNER, DVBl 1987, 73). Unproblematisch ist hingegen,wenn es sich um eine unwesentliche Änderung der straßenrecht-lichen Planfeststellung handelt (Belange Anderer werden nichtberührt, oder Betroffene stimmen den Änderungen zu).

Demzufolge endet die Gestaltungsfreiheit der Flurbereinigungbzw. der Teilnehmergemeinschaft am straßenrechtlichen Plan-feststellungsbeschluss.

Deutet sich bereits im Vorfeld der straßenrechtlichen Planfest-stellung die Notwendigkeit der Anpassung von Ausgleichs- undErsatzmaßnahmen im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrensan, halte ich die Aufnahme eines Ergänzungsvorbehalts in diestraßenrechtliche Planfeststellung für sinnvoll und zulässig. DieAufnahme eines Vorbehalts ist aber nur in engen Grenzen mög-lich. So gebietet der Grundsatz der Problembewältigung, alledas Vorhaben tangierenden öffentlichen und privaten Belangein der straßenrechtlichen Planungsentscheidung abzuwägen undzu regeln. Im Hinblick auf den Grundsatz der Problembewälti-gung ist ein Vorbehalt und damit eine Verlagerung der Pro-blemlösung auf die Flurbereinigung wohl nur dann zulässig,wenn die Maßnahmeregelung durch den Wege- und Gewässer-plan als hinreichend sicher angesehen werden kann (z. B. wenndas Flurbereinigungsverfahren bei Erlass des Planfeststellungs-beschlusses bereits angeordnet ist; insoweit enger BVerwG, Ur-teil vom 18.12.1988, UPR 1988, 180, wonach an einer Lösungdurch die Unternehmensflurbereinigung nicht mehr zu zweifelnist, wenn im Wesentlichen nur noch die Bekanntgabe des Flur-bereinigungsplans aussteht).

Fazit:Es hat sich in der Praxis als sehr sinnvoll erwiesen, wenn sichStraßenbau- und Flurbereinigungsverwaltung über ihre Planun-gen sehr früh und sehr eng austauschen und Planfeststellungs-und Flurbereinigungsverfahren koordinieren. Die Abstimmun-gen sollten darauf ausgerichtet sein, die durch das Bauvorhabenhervorgerufenen Probleme für die Agrarstruktur und die Lan-deskultur soweit wie möglich bereits durch den straßenrechtli-chen Planfeststellungsbeschluss zu lösen und deshalb auch dasWege- und Gewässernetz dort zu regeln – sofern eine abschlie-ßende Entscheidung zu diesem Zeitpunkt bereits möglich ist.

Verfasser: Wolf-Dieter FriedrichAbteilungsleiter Grunderwerb bei DEGES Deutsche Einheit

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH

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Die Berücksichtigung öffentlicher Belange im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren1

von Annette Kleinschnittger

I. Flurbereinigung vor neuen Aufgaben?1

Flurbereinigungsrecht ist ein Rechtsgebiet, unter dem sich in ei-nem nach wie vor eher industriell geprägten Bundesland wieNordrhein-Westfalen in meinem beruflichen und privaten Um-feld nur wenige etwas vorstellen können. Während Sinn undVorteile der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbGnoch vergleichsweise leicht zu vermitteln sind, wenngleich Au-tobahnneubauten, die landwirtschaftliche Nutzflächen erstmalszerschneiden, nun auch nicht mehr an der Tagesordnung sind,folgt auf die Erläuterung der Anwendungsbereiche eines klassi-schen Flurbereinigungsverfahrens nach § 1 FlurbG unweiger-lich die Frage, ob und ggf. was denn noch zu tun bleibe, ob dennnicht inzwischen beispielsweise alle Folgen realer Erbteilungenaufgearbeitet und alle Grundstücke im ländlichen Raum ord-nungsgemäß erschlossen und vermessen seien. Nach etlichenJahrzehnten gelebter Flurbereinigung mögen zwar in Deutsch-land nicht alle Flächen, in denen objektiv ein Flurbereinigungs-bedarf besteht, neu geordnet sein. Gleichwohl stellt sich dieseFrage sicherlich auch dem kundigen Thebaner. Hier kommtschnell ins Spiel, dass die Flurbereinigung auch Projekte desUmwelt- und Naturschutzes auf effektive Weise begleiten undsogar ermöglichen kann. Das Instrumentarium der Flurbereini-gung garantiert in seiner privatnützigen Idealform des § 1FlurbG jedem Teilnehmer eine wertgleiche Abfindung und ver-mittelt darüber hinaus allen einen zusätzlichen Flurbereini-gungsvorteil in Form von sinnvoller Erschließung, zeitgemäßerVermessung und nicht zuletzt betriebswirtschaftlich sinnvollerFlächenarrondierung. Da nach § 37 FlurbG zugleich öffentlicheBelange zu berücksichtigen, sogar nach § 40 FlurbG Flächen füröffentliche Zwecke bereitgestellt werden können, bietet dieFlurbereinigung – konkret wohl wegen des örtlich eher begrenz-ten Zielgebiets: das vereinfachte Verfahren nach § 86 FlurbG –einen besonderen Charme, wozu der Gesetzgeber mit der Neu-fassung des § 86 Abs. 1 FlurbG im Jahre 1994 erheblich undsicherlich nicht unbeabsichtigt beigetragen hat. Nach meiner –nicht repräsentativen und auch statistisch nicht belegten –Wahrnehmung werden seit einiger Zeit, nicht nur in NRW, ver-mehrt Flurbereinigungsverfahren eingeleitet, bei denen die öf-fentlichen Umweltbelange zumindest stark in den Vordergrundzu treten scheinen, so dass sich die Frage aufdrängt, ob dieseEntwicklung mit dem geltenden Recht noch zu vereinbaren ist.

Hierzu bedarf es zunächst einer Untersuchung der maßgebli-chen Rechtsvorschriften des Flurbereinigungsgesetzes und ei-ner – nicht nur aus meiner Sicht2 – gebotenen (Rück-) Besin-nung auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 GG.

1 Bei dem Beitrag handelt es sich um das Manuskript des am18.10.2018 in Fulda auf der vom Agricola-Verlag und dem SVK e.V.veranstalteten Diskussionstagung „Flurbereinigung – Auch Gutesdarf kritisch hinterfragt werden“ gehaltenen Vortrages.1

2 Vgl. etwa Weiß, Zur Definition der Privatnützigkeit und Fremd-

II. Rechtsrahmen für die Berücksichtigung öffentlicherBelange im (vereinfachten) Flurbereinigungs-verfahren

Öffentliche Belange finden im Flurbereinigungsgesetz an zahl-reichen Stellen ausdrücklich oder sinngemäß Erwähnung. Zuunterscheiden sind insoweit Regelungen, die den Anwendungs-bereich eines Flurbereinigungsverfahrens eröffnen, und solche,die den Handlungsrahmen der Flurbereinigungsbehörde nachEinleitung des Verfahrens regeln.

1. Anwendungsbereich des vereinfachtenFlurbereinigungsverfahrens

§ 86 Abs. 1 FlurbG in der seit dem 1.9.1994 geltenden Fassungregelt den Anwendungsbereich des Verfahrens wie folgt:

Ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren kann eingeleitetwerden, uma) Maßnahmen der Landentwicklung, insbesondere Maßnah-men der Agrarstrukturverbesserung, der Siedlung, der Dorf-erneuerung, städtebauliche Maßnahmen, Maßnahmen des Um-weltschutzes, der naturnahen Entwicklung von Gewässern, desNaturschutzes und der Landschaftspflege oder der Gestaltungdes Orts- und Landschaftsbildes zu ermöglichen oder auszufüh-ren,b) Nachteile für die allgemeine Landeskultur zu beseitigen, diedurch Herstellung, Änderung oder Beseitigung von Infrastruk-turanlagen oder durch ähnliche Maßnahmen entstehen oder ent-standen sind,c) Landnutzungskonflikte aufzulösen oderd) eine erforderlich gewordene Neuordnung des Grundbesitzesin Weilern, Gemeinden kleineren Umfanges, Gebieten mit Ein-zelhöfen sowie in bereits flurbereinigten Gemeinden durchzu-führen.

Absatz 2 verhält sich im Wesentlichen zu – der Vereinfachungdienenden – Verfahrensregeln, wobei allerdings Abs. 2 Nr. 2(„Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren kann auch einge-leitet werden, wenn ein Träger von Maßnahmen nach Absatz 1die Flurbereinigung beantragt.“) und Abs. 2 Nr. 3 („Der Trägerder Maßnahme nach Absatz 1 ist Nebenbeteiligter (§ 10Nr. 2).“) schnell verdeutlichen, dass Anlass für und Interesse andem vereinfachten Flurbereinigungsverfahren gegenüber derRegelflurbereinigung Besonderheiten bieten.

Dies wird ergänzt durch Abs. 3, nach dessen Satz 1 der Trägervon Maßnahmen nach Absatz 1 an die Teilnehmergemeinschaftdie von ihm verursachten Ausführungskosten (§ 105) zu zahlenhat; ein entsprechender Beitrag ist ihm durch den Flurbereini-gungsplan aufzuerlegen. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 sol-

nützigkeit in Planung und Bodenordnung nach dem Flurbereini-gungsgesetz, RdL 2010, 1 ff; ders., Zur Bewältigung von Landnut-zungskonflikten durch Bodenordnungsmaßnahmen nach dem Flur-bereinigungsgesetz, RdL 2017, 57 ff., sowie die weiteren Literatur-nachweise bei Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 86.

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len dem Träger der Maßnahme die Ausführungskosten entspre-chend den durch die Herstellung, Änderung oder Beseitigungder Anlage entstandenen Nachteilen auferlegt werden, soweitdie Nachteile in einem Planfeststellungsverfahren nach anderengesetzlichen Vorschriften nicht berücksichtigt und erst nach derPlanfeststellung erkennbar geworden sind.

Der Wortlaut des § 86 FlurbG, insbesondere dessen Abs. 1Nr. 1, kann für sich genommen zu der (Fehl-)Vorstellung füh-ren, dass ein solches Verfahren eingeleitet werden könnte, ummit den Instrumenten des Flurbereinigungsrechts Projekte –Städtebau, Umweltschutz, Renaturierung von Gewässern,Landschaftspflege – zu realisieren, die jedenfalls prima facieeher im öffentlichen Interesse liegen als im privaten Interesseder Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens. Dazu mag diegesonderte Erwähnung der Landnutzungskonflikte in Abs. 1Nr. 3 FlurbG beitragen.

Das ist jedoch nicht so. § 86 FlurbG stellt sich vielmehr eindeu-tig – wie schon der gesetzliche Wortlaut belegt und die Geset-zessystematik3 unterstreicht und im Übrigen auch die Gesetzge-bungsgeschichte belegt4 – als Unterfall der Regelflurbereini-gung dar. Er sieht lediglich – begrenzt auf den in Abs. 1 umris-senen Anwendungsbereich – Verfahrensvereinfachungen vor,wie sie vor der Neufassung im Jahr 1994 im Wesentlichen nurfür sog. Zweitflurbereinigungen vorgesehen waren. Das heißt:Auch hier geht es – oder besser: muss es gehen – vor allem umdie Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- undForstwirtschaft sowie die Förderung der allgemeinen Landes-kultur und Landentwicklung (vgl. § 1 FlurbG); die Flurbereini-gung muss erforderlich, d. h. geeignet sein, in dem Flurbereini-gungsgebiet insoweit Verbesserungen zu bewirken, und bei ob-jektiver Beurteilung im Interesse der Beteiligten sein (§ 4FlurbG).

Ebenso wie die Regelflurbereinigung stellt die vereinfachteFlurbereinigung trotz ihrer Einwirkung auf den Schutzbereichdes Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Unterschied zur Unterneh-mensflurbereinigung (§ 87) keine Enteignung i. S. d. Art. 14Abs. 3 GG dar, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestim-mung, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.5 Die Enteignung ist auf denEntzug konkreter subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GGgewährleisteter Rechtspositionen gerichtet, mit denen ein be-stimmtes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vor-haben durchgeführt werden soll.6 Während die fremdnützigeUnternehmensflurbereinigung dem Unternehmensträger die fürsein Vorhaben benötigten Grundstücke zu beschaffen hilft,dient der mit der privatnützigen Flurbereinigung bewirkte Ent-zug von Rechtspositionen einem Ausgleich privater Interessender Rechtsinhaber. Das die Regelflurbereinigung und das ver-einfachte Flurbereinigungsverfahren prägende Merkmal vorran-giger Privatnützigkeit bedeutet, dass beide zwar auch Rücksichtauf öffentliche Interessen nehmen, deren Verfolgung sich abernicht zu den privatnützigen Flurbereinigungszwecken in Wider-spruch setzen darf. 7

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts8 ist ge-klärt, dass die Anordnung eines vereinfachten Flurbereini-

3 Vgl. nicht zuletzt § 88 Nr. 10 FlurbG, wonach das vereinfachteFlurbereinigungsverfahren in der Unternehmensflurbereinigung ge-rade nicht zur Anwendung kommt.4 Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13.4.2011 – 9 C 1.10 –, BVerwGE139, 296, juris Rn. 17 unter Hinweis insbesondere auf die BT-Drucks.12/8138, S. 5.5 Zum vergleichbaren Verfahren der Baulandumlegung vgl.BVerfG, Beschluss vom 22.5.2001 - 1 BvR 1512/97, 1 BvR 1677/97–, BVerfGE 104, 1 ff.6 Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.4.2011 - 9 C 1.10 –, BVerwGE 139,296, juris Rn. 13 m.w.N. zur Rspr. des BVerfG.

gungsverfahrens nach § 86 FlurbG in erster Linie privatnützigenZwecken dient, hinter denen fremdnützige Zwecke im Konflikt-fall zurücktreten, und dass ein objektives Interesse der Teilneh-mer im Sinne des § 4 FlurbG bestehen muss. Mit dem Erforder-nis überwiegender Privatnützigkeit ist es nicht vereinbar, einevereinfachte Flurbereinigung anzuordnen, um in erster LinieLand für ein im Interesse der Allgemeinheit liegendes Vorhabenzu beschaffen. Dieses Anliegen ist vielmehr der fremdnützigenUnternehmensflurbereinigung vorbehalten, die mit einer Ent-eignung i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG einhergehen kann.

Privatnützigen Zwecken dient die Flurbereinigung nach derRechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann,wenn sie durch Verwirklichung eines Naturschutzgroßprojektserst entstehende Landnutzungskonflikte im Sinne der Landwirt-schaft auflösen soll.9 Auch ein Verfahren, das durch Zweckeveranlasst ist, die primär fremdnützig sind, kann dem Privatnüt-zigkeitserfordernis entsprechen, etwa wenn durch das Flurberei-nigungsverfahren Maßnahmen der Landschaftspflege (§ 86Abs. 1 Nr. 1 FlurbG) ermöglicht werden sollen, um Konfliktezwischen sich wechselseitig störenden Nutzungen aufzulösenoder eine konfliktfreie Neuordnung der Grundstücksnutzung zuschaffen. Solche Landnutzungskonflikte hält das Bundesver-waltungsgericht schon bei Einleitung des Flurbereinigungsver-fahrens für gegeben, wenn sich die betroffenen Flächen im Be-reich von Landschaftsschutz-, Naturschutz-, Vogelschutz- undFFH-Gebieten befinden und bereits deswegen naturschutzrecht-lichen Nutzungsvorgaben unterliegen.

Dazu bedarf es – worauf in diesem Zusammenhang klarstellendhinzuweisen ist – keiner Enteignungsregelung. Denn die Fest-setzung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten und die da-mit verbundenen Nutzungseinschränkungen stellen keine Ent-eignung i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG dar. Regelungen in einemNaturschutzgesetz oder einer Naturschutzverordnung, die dieNutzbarkeit eines Grundstücks situationsbedingt einschränken,sind Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentumsim Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG10. Das gilt aber nur,wenn und soweit eine Fläche – zumindest als Pufferzone11 – vonvornherein schutzwürdig ist.

Eine (Re-)Naturierung von nicht (mehr) schutzwürdigen Flä-chen, beispielsweise als (Ersatz-)Habitat für einen anderswo ge-oder zerstörten schutzwürdigen Lebensraum, ließe sich hinge-gen kaum als Inhalts- und Schrankenbestimmung rechtfertigen.Demgemäß wird sich – auch wenn sich die Interessen der Land-wirtschaft und des Umweltschutzes entgegen einer nicht seltenanzutreffenden Auffassung keineswegs zwingend ausschließenmüssen – keine rechtliche Verpflichtung der Landwirtschaftkonstruieren lassen, gesamtgesellschaftlich zu bewältigendeUmweltaufgaben durch Bereitstellung von Flächen zu ermögli-chen und zu finanzieren. Das gilt namentlich für die in § 1Abs. 1 BNatSchG genannten Aufgaben, den „Schutz von Naturund Landschaft auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grund-lage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verant-wortung für die künftigen Generationen im besiedelten und un-besiedelten Bereich“, wobei der Gesetzgeber unter „Schutz“

7 Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.4.2011 – 9 C 1.10 –, BVerwGE 139,296, juris Rn. 13 ff., m.w.N.8 So BVerwG, Urteil vom 13.4.2011 – 9 C 1.10 –, BVerwGE 139,296; Beschluss vom 18.11.2014 – 9 B 30.14 –, juris Rn. 4.9 Beschluss vom 18.11.2014 – 9 B 30.14 –, juris Rn. 5.10 Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 31.1.2001 – 6 CN 2.00 –,BVerwGE 112, 373, 376.11 Zur Zulässigkeit von Pufferzonen vgl. schon BVerwG, Beschlussvom 13.8.1996 – 4 NB 4.96 –, NuR 1996, 600.

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auch die „dauerhafte Sicherung, die Pflege, die Entwicklungund, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur undLandschaft“ versteht.

Ausgehend davon, dass die Schutzwürdigkeit eines Gebiets, diedessen landschafts- oder naturschutzrechtliche Unterschutzstel-lung rechtfertigt, diesem gleichsam anhaftet, und die normativeUnterschutzstellung der vorgefundenen Tatsachenlage nurRechnung trägt, wie es etwa dem Verständnis beim sog. fakti-schen Vogelschutzgebiet entspricht, ist nachvollziehbar, dassdas Bundesverwaltungsgericht die Anordnung des Flurbereini-gungsverfahrens nicht erst dann als zulässig ansieht, wenn dasNaturschutzgebiet „rechtssatzmäßig bereits festgestellt“ ist.Hierfür spricht nicht zuletzt der Wortlaut des § 86 Abs. 1 Nr. 1FlurbG, wonach das Verfahren auch zur Ermöglichung von ge-nannten Maßnahmen – z. B. von städtebaulichen Maßnahmenund solchen des Naturschutzes – eingeleitet werden kann.12 Diebeabsichtigte Maßnahme muss aber spätestens zum Zeitpunktder Widerspruchsentscheidung sicher zu erwarten und hinsicht-lich ihres Flächenbedarfs so klar abgegrenzt sein, dass nicht zu-letzt das Verfahrensgebiet sachgerecht abgegrenzt werden kann.

2. Handlungsrahmen der FlurbereinigungsbehördeIst der Anwendungsbereich der vereinfachten Flurbereinigungerst einmal eröffnet, ergibt sich der Handlungsrahmen der Flur-bereinigungsbehörde aus den Einzelvorschriften im Dritten Teildes Gesetzes unter der Überschrift „Neugestaltung des Flurbe-reinigungsgebietes“, die der Berücksichtigung öffentlicher,nicht zuletzt Umweltinteressen – entgegen einer hoffentlichnicht allzu weit verbreiteten Annahme13 – durchaus weitenRaum belassen, der nach meiner Kenntnis von den Behördenauch verantwortungsvoll genutzt wird.

Zu den Vorschriften, die (nur) den Handlungsrahmen der Flur-bereinigung betreffen, zählt insbesondere § 37 FlurbG.14 DieseVorschrift regelt in ihrem Absatz 1 Satz 1 zunächst den Auftrag,das Flurbereinigungsgebiet unter Beachtung der jeweiligenLandschaftsstruktur – auch hierin mag man schon die Pflicht zurErhaltung vorhandener Landschaftsstrukturen erkennen – neuzu gestalten, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interes-sen der Beteiligten sowie den Interessen der allgemeinen Lan-deskultur und der Landentwicklung entspricht und wie es dasWohl der Allgemeinheit erfordert. Zusätzlich normiert § 37Abs. 2 FlurbG, dass die Flurbereinigungsbehörde bei derDurchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 die öffentlichenInteressen zu wahren hat, vor allem den Erfordernissen derRaumordnung, der Landesplanung und einer geordneten städte-baulichen Entwicklung, des Umweltschutzes, des Naturschut-zes und der Landschaftspflege, des Denkmalschutzes, der Erho-lung, der Wasserwirtschaft einschließlich Wasserversorgungund Abwasserbeseitigung, der Fischerei, des Jagdwesens, derEnergieversorgung, des öffentlichen Verkehrs, der landwirt-schaftlichen Siedlung, der Kleinsiedlung, des Kleingartenwe-sens und der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes sowieeiner möglichen bergbaulichen Nutzung und der Erhaltung undSicherung mineralischer Rohstoffvorkommen Rechnung zu tra-gen hat. Den Schutz natürlicher Gewässer vor Veränderungenbetont § 37 Abs. 3 FlurbG nochmals ausdrücklich. Diese Rege-lung entspricht der Rechtsnatur des Flurbereinigungsverfahrens,das als Planfeststellungsverfahren die Probleme des Plangebiets

12 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.6.1998 – 11 B 28.98 –,RdL 1998, 209, juris Rn. 13 ff.13 Vgl. etwa Wikipedia zum Suchwort „Flurbereinigung“ (Stand:1.10.2018): „Nach Ansicht von Kritikern haben Flurbereinigungenauch nachteilige Auswirkungen: Verluste an Biodiversität durch Ro-dung von Hecken, Vernichtung von Ackerrandstreifen oder Kanali-

möglichst umfassend bewältigen soll. Dem wäre nicht genügt,wenn unmittelbar nach Abschluss eines Flurbereinigungsver-fahrens weitere Planungsmaßnahmen angegangen und umge-setzt werden müssten, etwa, weil in der Flurbereinigung land-wirtschaftlicher Wegebau unter Ausklammerung von Verkehrs-sicherheitsaspekten erfolgt wäre oder gar in Widerspruch zu an-deren öffentlich-rechtlichen Vorgaben stünde.

Ob und wie weit die Teilnehmer bei der Umsetzung derartigeröffentlicher Planungsvorgaben in Anspruch genommen werdendürfen, regelt § 37 FlurbG nicht; hierzu ergibt sich auch aus § 86FlurbG nichts von den allgemeinen flurbereinigungsrechtlichenGrundsätzen Abweichendes. Mithin bleibt es bei den in den§§ 44 ff. FlurbG geregelten Grundsätzen der Abfindung: JederTeilnehmer ist für seine in das Verfahren eingebrachten Grund-stücke unter Berücksichtigung der nach § 47 vorgenommenenAbzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden (§ 44 Abs. 1Satz 1 FlurbG). Nur unvermeidbare Mehr- oder Minderauswei-sungen von Land sind in Geld auszugleichen (§ 44 Abs. 3 Satz 2FlurbG). Das stellt den entscheidenden Unterschied zur Unter-nehmensflurbereinigung dar, bei der die für das Unternehmenbenötigten Flächen von den Teilnehmern aufzubringen und die-sen hierfür eine Geldentschädigung nach dem einschlägigenEnteignungsrecht zu gewähren ist (vgl. § 88 Nr. 4 und Nr. 6FlurbG).

Die in § 47 FlurbG geregelten Landabzüge sind – ausgehendvon dem Verständnis des privatnützigen Flurbereinigungsver-fahrens als bloße Inhalts- und Schrankenbestimmung – unprob-lematisch, soweit es um die Deckung des Flächenbedarfs für ge-meinschaftliche Anlagen geht, typischerweise Wege, die dererstmaligen oder besseren Erschließung land- und forstwirt-schaftlich genutzter Flächen dienen.

Verfassungsrechtlich problematisch erscheint hingegen die Ein-ordnung des in § 47 FlurbG genannten Landbeitrags „zu öffent-lichen Anlagen nach § 40“. Diese Vorschrift lautet:1„Für Anlagen, die dem öffentlichen Verkehr oder einem ande-ren öffentlichen Interesse dienen, wie öffentliche Wege, Stra-ßen, Einrichtungen von Eisenbahnen, Straßenbahnen und sons-tigen Unternehmen des öffentlichen Verkehrs, Wasserversor-gungs-, Energieversorgungs-, Abwasserverwertungs-, Abwas-serbeseitigungs-, Windschutz-, Klimaschutz- und Feuerschutz-anlagen, Anlagen zum Schutze gegen Immissionen oder Emis-sionen, Spiel- und Sportstätten sowie Anlagen, die dem Natur-schutz, der Landschaftspflege oder der Erholung dienen, kannLand in verhältnismäßig geringem Umfange im Flurbereini-gungsverfahren bereitgestellt werden. 2Durch den Flurbereini-gungsplan wird bestimmt, wem das Land zu Eigentum zugeteiltwird. 3Soweit eine Anlage nicht zugleich dem wirtschaftlichenInteresse der Teilnehmer dient, hat der Eigentümer der Anlagefür das Land und entstehende Schäden einen angemessenen Ka-pitalbetrag an die Teilnehmergemeinschaft zu leisten.“

Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung mag – vielleichtnicht nur auf den ersten Blick – zweifelhaft erscheinen, weil sieden Eindruck vermitteln kann, dass die Teilnehmer zu einemLandbeitrag herangezogen und insoweit auf einen finanziellenAusgleich verwiesen werden können für Anlagen, die ausdrück-lich nicht ihren Interessen dienen.15 Unabhängig davon hat dasBundesverwaltungsgericht ohnehin ausdrücklich offen gelas-

sieren von Bächen (Auwald) sowie die anschließende konventionelleLandnutzung.“14 Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.9.1988 – 5 C 8.85 –, juris Rn. 10.15 Weiß, Zur Definition der Privatnützigkeit und Fremdnützigkeit inPlanung und Bodenordnung nach dem Flurbereinigungsgesetz, RdL2010, 1, 2.

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sen, ob die Vorschrift im vereinfachten Flurbereinigungsverfah-ren überhaupt anwendbar ist.16 Die verfassungsrechtlicheRechtfertigung der Landbereitstellung nach § 40 FlurbG wird inder Literatur darin gesehen, dass sie einen Ausgleich für die all-gemeinen Flurbereinigungsvorteile darstelle, die den Teilneh-mern über den Anspruch auf wertgleiche Abfindung hinaus inGestalt von betriebswirtschaftlichen Verbesserungen zugute-kommen; als Inhalts- und Schrankenbestimmung sei die Rege-lung allerdings am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.17

Abgesehen von der Frage, ob diese Argumentation verfassungs-rechtlich tragfähig ist, taugt die Vorschrift jedenfalls nicht alsRechtsgrundlage für die Beschaffung von Land zu – allein – öf-fentlichen Zwecken, weil diese sich nicht als Pendant zu denallgemeinen flurbereinigungsrechtlichen Vorteilen darstellen.18

Wie auch immer man die Grenze, bis zu der man – in Abgren-zung von einer Inanspruchnahme ländlicher Grundstücke „ingroßem Umfange“ (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) – eine Be-reitstellung von „Land in verhältnismäßig geringem Umfange“i. S. v. § 40 FlurbG annehmen will, muss jedenfalls gewährleis-tet sein, dass der Anspruch der Teilnehmer auf wertgleiche Ab-findung in Land unangetastet bleibt und nicht zugunsten einesFlächenbedarfs der öffentlichen Hand in einen finanziellen Aus-gleichsanspruch umgewandelt wird.19 Der Enteignungsbegriffdes Grundgesetzes kennt keine Bagatell- oder Geringfügigkeits-grenze. Eigentumsrechtlich geschützt ist der konkrete Bestandin der Hand des einzelnen Eigentümers. Der Entzug dieserRechtsposition für ein im öffentlichen Interesse stehendes Vor-haben hat enteignenden Charakter unabhängig davon, ob derEingriff durch eine gleichwertige Landabfindung oder nur durchGeldentschädigung kompensiert wird.20 Nicht auf die Größe derentzogenen Fläche, sondern auf den Zweck der Landbereitstel-lung kommt es an.

Das heißt letztlich: Der Landabzug nach § 40 darf zu Lasten derTeilnehmer – d. h. ihren Anspruch auf wertgleiche Abfindungin Land mindernd – nur erfolgen, soweit die Bereitstellung derFlächen zugleich ihren privaten Interessen dient. Dazu gehörenauch Flächen, auf denen beispielsweise naturschutzrechtlicheAusgleichsmaßnahmen für im Interesse der Land- und Forst-wirtschaft vorgenommene Eingriffe realisiert werden. Dazudürften auch Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicher-heit auf für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung erforderli-chen Wegen und Straßen gehören. Einen Landabzug für aus-schließlich im öffentlichen Interesse bereitgestellte Flächenwird man hingegen bei der gebotenen verfassungskonformenAuslegung entweder schon als tatbestandlich nicht erfasst, je-denfalls als bei pflichtgemäßer Ausübung des der Flurbereini-gungsbehörde eingeräumten Ermessens („kann … bereitgestelltwerden“) nicht zulässig ansehen müssen.

III. Verfassungsrechtlich gebotene Abgrenzung vonfremd- und privatnütziger Flurbereinigung

Die vorstehenden Überlegungen legen nahe, dass das verein-fachte Flurbereinigungsverfahren durchaus dazu geeignet ist,den zukünftig immer drängender werdenden Umweltbelangendurch Bodenordnungsmaßnahmen Rechnung zu tragen, ohne

16 BVerwG, Urteil vom 13.4.2011 – 9 C 1.10 –, BVerwGE 139, 296,juris 27, und BVerwG, Beschluss vom 18.6.1998 – 11 B 28.98 –,RdL 1998, 209.17 Vgl. Held, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Landbereit-stellung für öffentliche Anlagen nach § 40 FlurbG, RdL 2012, 310.18 Vgl. Thiemann, Die Lösung der Bodenfrage im ländlichen Be-reich über § 86 FlurbG, RdL 2017, 241, 244.19 Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 40 Rn. 7.20 Vgl. BVerfG, Urteil vom 24.3.1987 – 1 BvR 1046/85 (Boxberg) –,

dass dem ländlichen Raum – de lege ferenda – Sonderopfer inForm von Enteignungen und begleitender Unternehmensflurbe-reinigung abzuverlangen sind.

Verfahren können aber nur dann rechtssicher zum Abschlussgebracht werden, wenn die Abgrenzung der im Gesetz geregel-ten Verfahrensarten schon bei Einleitung des Verfahrens ein-deutig vorgenommen und im Folgenden stringent befolgt wird.Kaum etwas richtet unerfreulicheren „Flurschaden“ an als einfehlerhaft eingeleitetes Verfahren, das unter Umständen nachlängerem Rechtsstreit rückabgewickelt werden muss, nachdemwomöglich schon aufwendige Vorarbeiten geleistet wordensind und die Beteiligten wegen der Rechtsunsicherheit von nö-tigen Investitionen abgesehen haben.

Das rückt die Notwendigkeit einer näheren Konturierung derAbgrenzung von Privatnützigkeit und Fremdnützigkeit in denFokus.21

Die in der Rechtsprechung verwendeten Formulierungen vonder „überwiegenden“ Privatnützigkeit oder dass fremdnützigeZwecke „nicht im Vordergrund“ stehen dürfen, mögen richtigsein, helfen aber dem Rechtsanwender nicht immer verlässlichweiter. Eine darüberhinausgehende abstrakte Klärung durch dasBundesverwaltungsgericht ist – soweit mir bekannt – derzeitnicht absehbar. Die Frage, nach welchen Kriterien und unter Zu-grundelegung welcher Umstände zu prüfen ist, ob ein verein-fachtes Flurbereinigungsverfahren nach § 86 Abs. 1 FlurbG „inerster Linie privatnützigen Zwecken“ dient, hat das Bundesver-waltungsgericht im Beschluss vom 13. September 2018 – 9 B40.17 – (juris) als einzelfallbezogen und einer fallübergreifen-den Klärung nicht zugänglich angesehen.

Meine Gedanken zu dieser Frage möchte ich an einigen exem-plarischen Fällen erläutern.

1. In den wohl bekanntesten Entscheidungen zum „GrünenBand“, einem entlang der früheren innerdeutschen Grenze alsTeil der Grenzanlagen der DDR angelegten Kolonnenweg, lagdie Abgrenzung für die Gerichte m. E. ziemlich klar auf derHand. Das Bundesverwaltungsgericht22 hat in seinem die Vor-instanz23 bestätigenden Urteil maßgeblich darauf abgestellt,dass die dauerhafte rechtliche Absicherung des ehemaligen Ko-lonnenwegs allein im öffentlichen Interesse lag, keinem Er-schließungsinteresse zugunsten der Landwirtschaft diente undsogar die Besitzzersplitterung verfestigt hätte, so dass die Ein-leitung des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens rechts-widrig war.

Hier war also klar, dass das öffentliche Interesse den Haupt-zweck des Verfahrens darstellte und dass die privaten Interessender Teilnehmer gegenüber diesem öffentlichen Interesse zu-rücktreten sollten. Die lediglich im Tatbestand des Revisionsur-teils referierte Argumentation der Behörde, dass von den imEinleitungsbeschluss ausdrücklich benannten acht Gründendoch sieben privatnützig seien, hat das Bundesverwaltungsge-richt – was auch eine Würdigung darstellt – in seinen Entschei-dungsgründen nicht weiter angesprochen.

BVerfGE 74, 264, juris Rn. 44, 48.21 Vgl. nachdrücklich Weiß, Zur Bewältigung von Landnutzungs-konflikten durch Bodenordnungsmaßnahmen nach dem Flurbereini-gungsgesetz, RdL 2017, 57 ff.22 BVerwG, Urteil vom 13.4.2011 – 9 C 1.10 –, BVerwGE 139, 296.23 Thür. OVG, Urteil vom 20.10.2009 – 7 F 761/07 –,ThürVGRspr 2012, 49.

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2. In dem Verfahren betreffend ein Naturschutzgroßprojekt inRheinland-Pfalz24 wurde die Privatnützigkeit des Flurbereini-gungsverfahrens auch mit Blick darauf bejaht, dass bereits beidessen Einleitung Landnutzungskonflikte bestanden, weil sichdie für das Projekt benötigten Flächen im Gebiet von Land-schafts- und Naturschutz- sowie FFH- und Vogelschutzgebietenbefanden und darüber hinaus mit dem Ankauf weiterer Flächenzu rechnen war. Die Durchführung des Naturschutzprojektshing nach den tatsächlichen Feststellungen des Flurbereini-gungsgerichts nicht davon ab, dass das Flurbereinigungsverfah-ren durchgeführt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat be-tont, dass die Frage der Privatnützigkeit sich nicht nach den mitdem Naturschutzprojekt verfolgten Zielen beantworte, sondernnach den Zielen, die mit dem Flurbereinigungsverfahren ver-folgt werden.

Vereinfacht gesagt: Das Projekt wird auch ohne Flurbereini-gung stattfinden. Zudem sprachen für das Flurbereinigungsge-richt ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das begleitendeFlurbereinigungsverfahren, dem im Übrigen schon in den1990er Jahren eine agrarstrukturelle Vorplanung vorausgegan-gen war, die ohnehin schon bestehenden und durch den in jenemVerfahren sicheren Ankauf weiterer Flächen anwachsendenNutzungskonflikte so weit wie möglich aufzulösen hilft. Hierverstärkt die räumliche Ausdehnung der Schutzgebiete das –nach den Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts überdiesschon aufgrund des Zuschnitts der Ackerflächen bestehende –Bedürfnis nach einer an den Interessen der Landwirte orientier-ten Flächenneuordnung. Die privatnützigen und die fremdnützi-gen Ziele des Flurbereinigungsverfahrens stehen so gesehennicht in Widerspruch, sondern liegen sogar parallel.25

3. Das Niedersächsische Flurbereinigungsgericht hat in sei-nem Urteil vom 25.9.2017 – 15 KF 19/16 – (n. v.)26 zu einemvereinfachten Flurbereinigungsverfahren, in dem es neben einerVerbesserung des Wegenetzes und der Arrondierung zersplitter-ten Grundbesitzes um die Wiedervernässung und Renaturierungvon Hochmoorflächen ging, betont, dass bei der Beurteilung,welche Zwecke mit einem angeordneten Flurbereinigungsver-fahren vorrangig verfolgt werden, in erster Linie auf das abzu-stellen sei, was die Behörden in Erfüllung ihrer Begründungs-pflicht im Einleitungsbeschluss (und Widerspruchsbescheid) alsZwecke angegeben haben. Gehe es in erster Linie um Landbe-schaffung (für Dritte), sei dies der fremdnützigen Unterneh-mensflurbereinigung vorbehalten. Gehe es darum, bestehendeKonflikte aufzulösen, etwa dadurch, dass der Staat das Eigen-tum an einem feuchten Naturschutzgebiet zugeteilt bekommeund die Eigentümer im landwirtschaftlichen Umfeld lediglichwertgleich arrondiert und abgefunden werden, sei das Verfahrenprivatnützig. Anhaltspunkte dafür, dass die privatnützigenAgrarstrukturverbesserungsmaßnahmen nur „vorgeschoben“seien, hat das OVG im konkreten Fall nicht gesehen. Für eineüberwiegende Privatnützigkeit sprach aus Sicht des Flurbereini-gungsgerichts auch, dass das Moorgebiet nur einen Bruchteilder Gebietsfläche (56 ha des 1.417 ha umfassenden Verfahrens-gebiets, also gut 3 %) ausmacht.

Das letztgenannte Argument dürfte sich kaum für eine Verall-gemeinerung eignen. Selbst bei einer Unternehmensflurbereini-gung aus Anlass eines Straßenbauprojekts wird der prozentualeAnteil der allein für die Straße benötigten Fläche je nach Zu-schnitt des Flurbereinigungsgebiets nicht allzu hoch sein. Den-noch ist die Fremdnützigkeit des Verfahrens im Fall eines Stra-

24 OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.1.2014 – 9 C 10644/13 –, Rdl2015, 65, nachgehend BVerwG, Beschluss vom 18.11.2014 – 9 B30.14 –, ZUR 2015, 290.25 So OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.1.2014 – 9 C 10644/13–, juris Rn. 29.

ßenbauprojekts keinen Zweifeln ausgesetzt. Auch der rechneri-sche Anteil der für Naturschutzmaßnahmen vorgesehenen Flä-chen lässt sich durch eine großzügige Abgrenzung des Verfah-rensgebiets ohne Weiteres verschieben; man könnte auch sagenmanipulieren. Die geringe Größe der zu schützenden bzw. zuentwickelnden Flächen dürfte auch mit der Eigenheit der hier inRede stehenden Maßnahme zu erklären sein. Jedenfalls eineverallgemeinernde Aussage dergestalt, dass der Anteil der Na-turschutzflächen maximal einen gewissen Prozentsatz betragendürfe, wäre irreführend und liefe dem Gesetzeszweck wohl auchzuwider. Je raumgreifender Natur- und Landschaftsschutzge-biete in einem etwaigen Verfahrensgebiet ausgewiesen sind,desto größer wird der Anteil der von der geplanten naturschutz-rechtlichen Maßnahme potentiell betroffenen Flächen. Dasheißt aber nicht zugleich, dass der Nutzungskonflikt, den dieFlurbereinigung lösen soll, unlösbar wäre oder gar eine Aufgabeder landwirtschaftlichen Nutzung erfordern würde. So ist bei-spielsweise in einem nahezu das gesamte Verfahrensgebiet ab-deckenden Vogelschutzgebiet, das durchaus in der Größenord-nung von Quadratkilometern zu bemessen sein kann, denkbar,dass bereits die vergleichsweise wenig Raum beanspruchendeAnlegung von Hecken als Rückzugsort für bestimmte bedrohteArten (Neuntöter, Raubwürger) oder Verschiebungen zwischenGrünland- und Ackernutzung (z. B. in einem Rotmilan-Habitatim unmittelbaren Umfeld von Windkraftanlagen) positive Wir-kungen entfalten können.

Aus den Entscheidungsgründen des Niedersächsischen Flurbe-reinigungsgerichts ergibt sich im Übrigen nicht näher, wie derweitere Flächenbedarf des Naturschutzprojekts, also Flächen,die durch die geplante Wiedervernässung einer landwirtschaft-lichen Nutzung ganz oder teilweise entzogen werden sollen, ge-deckt werden soll. Die öffentliche Hand verfügte zum Zeitpunktder Einleitung des Verfahrens nur über 15 ha; das Moorgebietumfasst aber 56 ha. Immerhin hatte die Behörde erklärt, dass dieMaßnahmen nur auf öffentlichen Flächen stattfinden sollen, sodass wohl nicht davon auszugehen war, dass die nicht zum Ver-kauf ihrer in der Zielkulisse des Naturschutzprojekts liegendenFlächen bereiten Eigentümer mit deren Vernässung und damitunfreiwilligen Nutzungseinschränkungen rechnen müssen.

4. Im Grenzbereich des Anwendungsbereichs von § 86 Abs. 1FlurbG mag sich auch die vereinfachte Wald-Flurbereinigungbewegt haben, über die das OVG NRW im Jahr 2016 zu ent-scheiden hatte.27 Neben eindeutig privatnützige Zwecke – Ver-besserung der Flächenstruktur, anderweitige Zuteilung derdurch die Wegeführung abgeschnittenen und unwirtschaftlichenRestflächen sowie eine Verbesserung der Erschließung – trat indiesem Verfahren die beabsichtigte Förderung eines Erholungs-schwerpunkts an dem angrenzenden Stausee, insbesonderedurch einen geringfügigen Ausbau der bereits vorhandenenStraße, die außer von Ausflüglern (u. a. mit Bussen) auch vonHolztransportern genutzt wird, aber keinen Geh- oder Radweghat. Das Grundstück, auf dem die an dem See liegende Gast-stätte errichtet ist, gehört ebenso wie der zugehörige (Bus-)Park-platz einem öffentlich-rechtlichen Verband, der zugleich auchals Eigentümer großer Waldflächen Teilnehmer des Verfahrensist. Auch wenn die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrensfaktisch von dem Wunsch der Gemeinde nach einem Ausbauder Straße veranlasst war, hat der Senat die Privatnützigkeit be-jaht. In dem betreffenden Waldgebiet lagen Missstände (Flä-chenzuschnitt, Mängel desKatasters, fehlende rechtliche Absi-

26 Nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 13.9.2018 – 9 B 40.17 –,juris.27 OVG NRW, Urteil vom 5.7.2016 – 9a D 58/15.A –, juris.

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cherung der vorhandenen Waldwirtschaftswege) vor, die fürsich genommen ausreichten, die Privatnützigkeit zu begründen,auch wenn sich der im Einleitungsbeschluss angeführteschlechte Zustand der Forstwirtschaftswege im gerichtlichenOrtstermin nicht bestätigte. Der Annahme einer Privatnützigkeitstand nicht entgegen, dass auch – aus Sicht der zahlreichen För-derer des Projekts wohl in erster Linie – die Förderung einesErholungsschwerpunkts geplant war. Denn auch die Erholungs-funktion des ländlichen Raumes zählt zu den in § 86 Abs. 1Nr. 2 FlurbG genannten Maßnahmen der Landentwicklung.Hinzu kam, dass der Verband selbst große Flächen in das Ver-fahren eingebracht hatte. Das Ziel, die Verkehrssituation auf derzu forstwirtschaftlichen Zwecken von Lkw und Bussen sowiePKW genutzten Straße durch eine „Entflechtung der Verkehrs-ströme“ zu verbessern, d. h. nicht zuletzt wohl gewisse Aus-weichflächen zu schaffen, hätte objektiv sowohl den Forstwir-ten und den (wenigen) Anwohnern als auch dem Tourismus ge-nützt, so dass insoweit letztlich keine erkennbare Interessenkol-lision bestand. Den etwa noch verbleibenden Zweifeln an derPrivatnützigkeit des Verfahrens konnte der Beklagte mit derPrognose begegnen, dass durch die Neuordnung des Katastersund den geplanten Wegeneubau nur ein Landverlust von 1 % –was für eine Waldflurbereinigung recht wenig ist – entstehenwürde, und durch die weitere Zusage, dass ein etwaiger Flä-chenbedarf für den Straßenausbau nicht erfolgen würde, weildieser allein von dem dadurch begünstigten Eigentümer und derGemeinde getragen würde.

Anders wäre dieses Verfahren wohl zu bewerten gewesen, wenn– etwa durch einen Rückbau in Bezug auf Kurvenradien etc. –eine Sperrung der Straße für Langholztransporter beabsichtigtgewesen wäre und ohne adäquaten Ausgleich an anderer Stelleeine Einschränkung der forstwirtschaftlichen Nutzbarkeit zu be-fürchten gewesen wäre. Dieses Beispiel zeigt meines Erachtens,dass es bei der Feststellung der überwiegenden Privatnützigkeiteines Verfahrens letztlich nicht auf den Umfang der für öffent-liche Zwecke in Anspruch genommenen Flächen ankommt unddass ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren mangels Pri-vatnützigkeit rechtswidrig sein kann, ohne dass überhaupt aufFlächen der Teilnehmer zugunsten einer Fremdplanung zuge-griffen wird.

5. Die vorstehenden Beispielsfälle deuten darauf hin, dass eseine einfache, auf alle denkbaren Fallgestaltungen passende Ab-grenzungsregel wohl nicht gibt.

Da ein nicht als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu rechtfer-tigender Entzug von Eigentumsflächen für öffentliche Zweckevon § 86 FlurbG nicht gedeckt ist, und insoweit auch keine ir-gendwie zu bemessende Bagatellschwelle besteht, muss in je-dem Fall schon bei Einleitung des Verfahrens gewährleistetsein, dass sich die privaten Interessen im Konfliktfall gegenübergegenläufigen öffentlichen Interessen durchsetzen können. Dasbedeutet – plastisch gesprochen –, dass ein Verfahren nichtschon dann „überwiegend“ privatnützig ist, wenn sich die pri-vaten Interessen in einer Abwägung mit öffentlichen Interessenmit einem Gewicht von 60 % zu 40 % durchsetzen, sondern diesmuss durchgängig der Fall sein, so dass der Anspruch auf wert-gleiche Abfindung in Land keinen weitergehenden Einschrän-kungen unterliegt als in einem „rein“ privatnützigen Flurberei-nigungsverfahren nach § 1 FlurbG.

Auch wenn zur Klärung der Frage, welchen Zwecken ein Flur-bereinigungsverfahren dient, maßgeblich auf die Begründung

28 Vgl. schon Thiemann, Das Landentwicklungsverfahren nach§ 86 FlurbG als Inhaltsbestimmung des Eigentums, RdL 2008, 257,260.

des Einleitungsbeschlusses abzustellen ist, weshalb die Flurbe-reinigungsbehörde das wohlverstandene Interesse der Beteilig-ten an den Verfahrenszielen ausführlich darlegen sollte,28 müs-sen aber stets ergänzend die weiteren Unterlagen in den Blickgenommen werden, auch um die Plausibilität der gegebenen Be-gründung zu prüfen und prognostisch zu bewerten, ob das ange-gebene Ziel überhaupt erreichbar ist.

Die von der Flurbereinigungsverwaltung zu erstellenden Unter-lagen müssen vor allem Aufschluss darüber geben, (1.) ob undaus welchen Gründen in dem Gebiet ein Bedarf an einer pri-vatnützigen Bodenneuordnung besteht, sowie darüber, (2.) dassein etwaiger Flächenbedarf des möglicherweise konkurrieren-den, im öffentlichen Interesse liegenden Projekts ohne Zugriffauf die Gesamtheit der von den Teilnehmern eingebrachten Flä-chen erfolgen kann und das Projekt grundsätzlich durchführbarist. Fehlt es daran, darf das Verfahren nach § 86 FlurbG nichtzur Anwendung kommen.

Die Ermittlung des in dem Gebiet bestehenden Bodenordnungs-bedarfs wird regelmäßig eine agrarstrukturelle Bestandserhe-bung und -vorplanung umfassen müssen, die dem Gericht wich-tige Erkenntnisse über Defizite vermittelt, die durch Flurberei-nigung behoben werden können, insbesondere über bereits be-stehende Nutzungskonflikte, nicht erst solche, die beispiels-weise durch ein Naturschutzprojekt erst verursacht werden. Dasist bei schon festgesetzten Unterschutzstellungen vergleichs-weise leicht darzulegen. Soweit das Bundesverwaltungsgerichtauch eine (noch) nicht rechtssatzmäßig abgesicherte Unter-schutzstellung ausreichen lassen will, wird die Darlegung derSchutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit für die Flurbereini-gungsbehörde allerdings eine große Herausforderung darstellen.

Nicht zuletzt im Rahmen der Kostenplanung, die schon Gegen-stand der Aufklärung der Teilnehmer vor der Anordnung desVerfahrens ist (vgl. § 5 Abs. 1 FlurbG),29 wird die Flurbereini-gungsbehörde plausible Angaben dazu machen müssen, dass diefür die Realisierung der anlassgebenden Fremdplanung (z. B.Umweltprojekt) vorgesehenen Maßnahmen nicht von den Teil-nehmern zu finanzieren sind und dass der Flächenbedarf durchfreihändigen Erwerb seitens des Projektträgers bzw. der öffent-lichen Hand gedeckt wird, aber nicht im Wege des Landbeitragsvon den Teilnehmern bereitgestellt werden muss. Das klingtvordergründig einfach, erfordert aber schon in diesem frühenVerfahrensstadium eine sorgfältige Abgrenzung getrennt zuhaltender Kostenblöcke, nämlich der Kosten des Umweltpro-jekts einerseits und der Kosten sonstiger Maßnahmen, etwaAusgleichsmaßnahmen für den Neu- und Ausbau landwirt-schaftlicher Wege, andererseits.

Nicht näher aufgeschlüsselte Angaben zu Kosten für „Land-schaftsgestaltung inklusive Grunderwerb“ in der Kalkulationder Ausführungskosten sind aus Sicht des nordrhein-westfäli-schen Flurbereinigungsgerichts30 (nicht nur) unter dem Aspektder formell ordnungsgemäßen Aufklärung der Teilnehmer prob-lematisch.

Nachvollziehbar zu erläutern ist ferner, worin der angestrebteprivatnützige, insbesondere betriebswirtschaftliche Erfolg derFlurbereinigung im Übrigen liegt. Bietet das Verfahren außerdem faktischen Entzug von Flächen für ein Naturschutzprojektkeine flurbereinigungstypischen Vorteile, ist es i. S. d. § 4FlurbG nicht erforderlich.

29 Vgl. OVG NRW, (Eil-) Beschluss vom 19.1.2017 – 9a B 149/16.A–, juris Rn. 37 ff.30 OVG NRW, (Eil-) Beschluss vom 19.1.2017 – 9a B 149/16.A –,juris Rn. 53.

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IV. ZusammenfassungIm Flurbereinigungsverfahren sind gemäß § 37 FlurbG öffentli-che Belange zu berücksichtigen. Das entspricht der Rechtsnaturdes Flurbereinigungsverfahrens, das als Planfeststellungsver-fahren die Probleme des Plangebiets umfassend bewältigen soll.

Eine Möglichkeit, um Flächen für die Realisierung öffentlicher,insbesondere Umweltschutzprojekte zu erlangen, die sonst –ohne Enteignung – nicht zu erlangen wären, ist die vereinfachteFlurbereinigung nach § 86 FlurbG ebenso wenig wie die Regel-flurbereinigung nach § 1 FlurbG. Ein Flächenabzug nach § 40FlurbG zu Lasten der Teilnehmer für öffentliche Zwecke, denenkeine flurbereinigungsrechtlich relevanten Vorteile der Teilneh-mer gegenüberstehen, ist verfassungsrechtlich nicht zulässigund läuft auf eine Umgehung des § 87 FlurbG hinaus.

Art. 14 GG erfordert eine klare Abgrenzung zwischen privatnüt-zigen Flurbereinigungsverfahren (§§ 1, 86 FlurbG), bei denenes sich um eine bloße Inhalts- und Schrankenbestimmung desEigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt, undfremdnützigen Flurbereinigungsverfahren (§ 87 FlurbG), diemit einer Enteignung verbunden sind und eine einschlägige Ent-eignungsnorm voraussetzen. Es gibt keine Geringfügigkeits-oder Bagatellschwelle, bis zu der ein Flächenentzug, der im Üb-rigen die Merkmale einer Enteignung erfüllt, im Rahmen einesprivatnützigen Flurbereinigungsverfahrens tolerabel wäre.

Das bedeutet – plastisch gesprochen –, dass ein Verfahren nichtschon dann „überwiegend“ privatnützig ist, wenn sich die pri-vaten Interessen in einer Abwägung mit öffentlichen Interessenmit einem Gewicht von 60 % zu 40 % durchsetzen, sondern diesmuss durchgängig der Fall sein, so dass der Anspruch auf wert-gleiche Abfindung in Land keinen weitergehenden Einschrän-kungen unterliegt als in einem „rein“ privatnützigen Flurberei-nigungsverfahren.

Die von der Flurbereinigungsverwaltung zu erstellenden Unter-lagen müssen vor allem Aufschluss darüber geben, (1.) ob undaus welchen Gründen in dem Gebiet ein Bedarf an einer pri-vatnützigen Bodenneuordnung besteht, sowie darüber, (2.) dassein etwaiger Flächenbedarf des möglicherweise konkurrieren-den, im öffentlichen Interesse liegenden Projekts ohne Zugriffauf die Gesamtheit der von den Teilnehmern eingebrachten Flä-chen erfolgen kann.

Auch unter Berücksichtigung dieser Maßgaben warten auf dieFlurbereinigung in der Zukunft noch vielfältige Aufgaben, beidenen private Interessen und öffentliche Belange berücksichtigtund schonend miteinander in Einklang gebracht werden können.

Verfasserin: Dr. Annette Kleinschnittger, MünsterVorsitzende Richterin des 9a Senats des OVG NRW

(Flurbereinigungsgericht)

Bevollmächtigte und Beistände im Regel- und im Unternehmensflurbereinigungsverfahren:Rechtsanwälte, Sachverständige, Steuerberaterverfahrensrechtliche Stellung und Kostenerstattung

von Wichard Graf von Hardenberg

Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens holen häufig denRat fachkundiger Dritter ein, insbesondere den von landwirt-schaftlichen Sachverständigen und/oder Rechtsanwälten. Siesind auch vielfach objektiv auf solchen Fach- und/oder Rechts-beistand angewiesen, um mit der Flurbereinigungsbehörde aufAugenhöhe diskutieren zu können. Dies gilt allemal, wenn esum schwierige Fragen der Bewertung von Einlage und/oder Ab-findung oder um Fragen des formellen und/oder materiellenRechts im vom Gesetzgeber mit vielen Besonderheiten geregel-ten Flurbereinigungsverfahren geht. Dann stellt sich vor allemdie Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen/in welchemUmfang die Kosten solcher Fach- und Rechtsbeistände von derFlurbereinigungsbehörde bzw. der Teilnehmergemeinschaft zuerstatten sind. Für die Antwort auf die Frage gilt es, das Re-gel- vom Unternehmensflurbereinigungsverfahren zu unter-scheiden und weiter nach den jeweiligen Verfahrensstadien zudifferenzieren. So ergibt sich folgendes Gesamtbild:

I. Verfahrensrechtliche StellungZu unterscheiden ist (vgl. § 120 FlurbG) zwischen Bevollmäch-tigten und Beiständen. Beide Personengruppen kann der Teil-nehmer hinzuziehen. Der Bevollmächtigte vertritt ihn, der Bei-

1 Wingerter/Mayr, 10. Auflage, Rn 4 zu § 120 FlurbG.

stand steht ihm zur Seite. Rechtsanwälte sind in der Regel Be-vollmächtigte, Sachverständige und Steuerberater Beistände.

Allein der Bevollmächtigte „vertritt“; der Beistand tritt nebenden Teilnehmer bzw. dessen Bevollmächtigten und ergänzt sei-nen Vortrag. Der Bevollmächtigte kann demgemäß auch allein,anstelle des Teilnehmers, erscheinen, der Beistand nur mit ihm.

Für den Bevollmächtigten ist selbstverständlich, dass das vonihm Vorgetragene als von dem Teilnehmer vorgebracht gilt; dasgilt nach Maßgabe des § 120 Abs. 2 FlurbG grundsätzlich auchfür den Beistand. Der Bevollmächtigte benötigt eine – auf Ver-langen öffentlich oder amtlich zu beglaubigende – schriftlicheVollmacht nach Maßgabe der §§ 123 ff. FlurbG; es gibt – abge-sehen von §§ 1429, 1454 BGB – kein allgemeines Vertretungs-recht des Ehegatten,1 auch nicht von Abkömmlingen. Für denBeistand gilt das Vollmachtserfordernis jedenfalls solangenicht, wie er dem Teilnehmer nur zur Seite steht, also z. B. ge-meinsam mit ihm auftritt.

Bevollmächtigte dürfen nur unter Beachtung des Rechtsdienst-leistungsgesetzes (RDG) tätig werden. Das läuft in der Regeldarauf hinaus, dass nur Rechtsanwälte taugliche Bevollmäch-tigte sind; das Steuerberater-Beratungsprivileg (§ 3 StBerG)wird selten greifen. Die Einzelheiten finden sich in §§ 6 bis 8

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sowie 10 ff. RDG geregelt. Dabei verdient § 7 Abs. 1 Satz 1RDG eine besondere Erwähnung; danach brauchen berufsstän-dische oder ähnliche Vereinigungen für ihre Mitglieder keinegesonderte Erlaubnis/Registrierung nach §§ 10 ff. RDG. Sie un-terliegen allerdings der Einschränkung, dass sie Rechtsdienst-leistungen nur durch eine Person mit Befähigung zum Richter-amt oder unter Anleitung einer solchen Person erbringen dürfen(§ 7 Abs. 2 RDG). Diese Vorschrift (§ 7 RDG) ist relevant fürdie berufsständischen Vereinigungen, etwa die Landvolk- bzw.Bauernverbände2.

Für das Verfahren vor dem Flurbereinigungsgericht (einem spe-ziellen Senat beim jeweiligen Oberverwaltungsgericht/Ver-waltungsgerichtshof) ist die anwaltliche Vertretung für denTeilnehmer vorgeschrieben, desgleichen vor dem BVerwG(§ 67 Abs. 4 VwGO).

Im allgemeinen Verwaltungsverfahren regelt § 16 VwVfG, ggf.in Verbindung mit den Verwaltungsverfahrensvorschriften derLänder, die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen. Erwird3 durch § 119 FlurbG als Sondervorschrift verdrängt (Aus-nahme: freiwilliger Landtausch; § 103 Abs. 2 FlurbG). Die Vor-schrift gewährleistet – durch die vom örtlich zuständigen Be-treuungsgericht vorzunehmende Vertreterbestellung – dieDurchführung des Flurbereinigungsverfahrens auch dann, wennTeilnehmer unbekannt/nicht auffindbar/verhindert sind; darüberhinaus ermöglicht sie Regelungen auch für herrenlose Grund-stücke und regelt sie schließlich den Fall, dass gemeinschaftlichberechtigte Eigentümer sich nicht auf einen Vertreter verständi-gen können.

Die Vertretung durch den Teilnehmer persönlich eng verbun-dene Personen (z. B. Ehegatte, Kinder) ist nur eingeschränktprivilegiert (§ 6 Abs. 2 RDG); auch solche Personen müssen si-cherstellen, dass spezifische Rechtsdienstleistungen durch einePerson mit Befähigung zum Richteramt oder aber unter Anlei-tung einer solchen Person erbracht werden. Der Beistand, der –wie ausgeführt – nicht vertritt, unterliegt diesen Beschränkun-gen nicht.

Bevollmächtigte und Beistände unterliegen grundsätzlich auchden besonderen Regelungen gem. § 117 Abs. 2 bis 4 sowie§ 121 FlurbG. Rechtsanwälte sind davon allerdings ausdrück-lich ausgenommen (§ 122 FlurbG).

II. RegelflurbereinigungsverfahrenVon diesem Begriff sollen für unsere Zwecke auch die beson-deren Verfahrensarten (vereinfachtes Verfahren gem. § 86FlurbG, Zusammenlegungsverfahren gem. §§ 91 ff. FlurbG undfreiwilliger Landtausch gem. §§ 103a ff. FlurbG) umfasst sein.Nur das Unternehmensflurbereinigungsverfahren (§§ 87 ff.FlurbG) bleibt einer gesonderten Betrachtung (nachfolgendZiff. III) vorbehalten.

1. VerwaltungsverfahrenDas ist das Verfahren vor der Behörde bis zu seinen jeweils ab-schließenden, in eine Mehrzahl von Verwaltungsakten münden-den Entscheidungen, also ggf. bis zum Flurbereinigungsbe-schluss gem. §§ 4 ff. FlurbG, bis zur Feststellung der Wert-ermittlungsergebnisse gem. § 32 FlurbG, zum Erlass vorläufi-ger Anordnungen gem. § 36 FlurbG usw.

2 Wingerter/Mayr ebenda Rn 2 zu § 122 FlurbG.3 Wingerter/Mayr ebenda Rn 1 zu § 119 FlurbG.4 Vgl. z. B. Wingerter/Mayr ebenda Rn 11 ff. zu § 147 FlurbG.

Hier gilt, was allgemein im Verwaltungsverfahrensrecht fürrichtig erachtet wird: Der Beteiligte trägt die Kosten seinesFach- und Rechtsbeistands prinzipiell selbst.4 Anders kann esnur in dem Einzelfall sein, in dem die Behörde sich ein Ver-säumnis vorhalten lassen muss, sei es, dass sie mit Zahlungen inVerzug geraten ist, sei es, dass ihr gar eine Amtspflichtverlet-zung anzulasten und sie nach § 839 BGB, Art. 34 GG schadens-ersatzpflichtig ist.

Ansonsten soll von dem Grundsatz auch dann keine Ausnahmegelten, wenn die anstehenden Sach- und/oder Rechtsfragenschwierig gelagert sind.

2. WiderspruchsverfahrenHier finden sich ausdrückliche Regelungen– für das isolierte Vorverfahren, in dem sich der Teilnehmermit dem Widerspruch ganz oder teilweise durchsetzt, in § 80VwVfG,– für den Fall, dass der Teilnehmer im Widerspruchsverfahrenzunächst erfolglos bleibt, dann aber ganz oder teilweise im Kla-geverfahren obsiegt in § 162 VwGO.

Hat der Widerspruch im Fall des isolierten Vorverfahrens ganzoder teilweise Erfolg, ist der Kostenfestsetzungsantrag bei derBehörde, die ganz oder teilweise abgeholfen hat, ansonsten beider Widerspruchsbehörde zu stellen. Im Klageverfahren ent-scheidet das Flurbereinigungsgericht, auch über die Erstattungs-fähigkeit der Vertretungskosten im Vorverfahren.

Besteht danach ein Kostenerstattungsanspruch dem Grundenach, so sind dem Teilnehmer stets die zur zweckentsprechen-den Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigenAufwendungen zu erstatten. Wenn die Hinzuziehung einesRechtsanwalts im Vorverfahren (dem Grunde nach) notwendigwar, sind dessen Kosten dabei stets (in gesetzlichem Umfang)zu erstatten. Die Gerichte folgen dabei dem Grundsatz, dass dieZuziehung eines Anwalts im Vorverfahren in aller Regel erfor-derlich ist.5 Dementsprechend erklären die Behörden die Zuzie-hung eines Rechtsanwalts durchgängig gem. § 80 Abs. 2VwVfG für notwendig, entscheiden die Flurbereinigungsge-richte regelmäßig genauso bei der Anwendung des § 162 Abs. 2Satz 2 VwGO. Dabei muss der Antrag des Rechtsanwalts, seineZuziehung durch den Mandanten für dasVorverfahren für not-wendig zu erklären, nicht zwingend bereits mit der Klage vordem Flurbereinigungsgericht oder auch nur bis zum Ende dermündlichen Verhandlung gestellt werden. § 162 Abs. 2 Satz 2VwGO bestimmt keine Fristen, so dass der Antrag, die Hinzu-ziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären,auch noch nach der mündlichen Verhandlung, sogar nach Erle-digung des Hauptsacheverfahrens gestellt werden kann, also„jederzeit“6.

Der Teilnehmer darf also davon ausgehen, dass ihm die gesetz-lichen Gebühren eines Rechtsanwalts für das Widerspruchsver-fahren stets erstattet werden, soweit er sich durchsetzt, mag dasbereits vor den Flurbereinigungsbehörden, mag das ansonstenim Klageverfahren sein. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nurdann, wenn es an einem vernünftigen Anlass fehlt, überhauptjuristischen Rat einzuholen.

Deutlich schwerer ist es, im Regelflurbereinigungsverfahren dieKosten von Fachbeiständen, insbesondere eines landwirtschaft-lichen Sachverständigen, erstattet zu bekommen. Insbesondere

5 Wingerter/Mayr ebenda Rn 18 zu § 147 FlurbG.6 Vgl. z. B. Kunze in BeckOK VwGO, Stand 01.10.2018, Rn 82 zu§ 162 VwGO.

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WINGERTER/MAYR7vertreten insoweit unter Berufung auf OVGRheinland-Pfalz8 eine restriktive Auffassung. Danach sollenSachverständigenkosten regelmäßig nicht erstattungsfähig sein.Das erscheint bereits für den vom OVG Rheinland-Pfalz ent-schiedenen Fall zweifelhaft, ging es doch dort um vom Teilneh-mer gerügte Nachteile „durch die Lage der Landabfindung, an-dere Nutzungsarten, schlechtere Bodengüte, größeres Querge-fälle, mangelnde Erschließung und schlechten Bewirtschaf-tungszustand“. Das sind zwar Nachteile, die der selbstwirtschaf-tende Teilnehmer als solche empfindet und artikulieren kann(sonst würde er sich nicht gegen die Wertgleichheit der Abfin-dungwenden), die er aber in ihrer betriebswirtschaftlichen Aus-wirkungen nur sehr eingeschränkt „vorrechnen“ kann, die erohne sachverständige Hilfe häufig auch nicht in den Gesamtzu-sammenhang des § 44 Abs. 1 FlurbG zuverlässig einordnenkann. Jedenfalls taugt die Entscheidung und taugen die sie tra-genden Gründe schwerlich für eine Verallgemeinerung.

M. E. ist die extrem zurückhaltende Entscheidungspraxis derBehörden und der Flurbereinigungsgerichte zu überdenken, undzwar nicht nur für den Sachverständigen, sondern auch für an-dere Sonderfachleute, etwa den Steuerberater. Das Flurbereini-gungsverfahren ist nicht nur durch zahlreiche verfahrensrechtli-che Besonderheiten gekennzeichnet, sondern es lassen sich be-stimmte Verfahrensschritte für den unbedarften Teilnehmerhäufig nur mit sachverständiger Hilfe abarbeiten. Das gilt inson-derheit dann, wenn im Rahmen der §§ 27 ff. FlurbG Bewer-tungsfragen anstehen oder sich im Flurbereinigungsplan dieFrage der Wertgleichheit der Abfindung (§ 44 FlurbG) stellt.Die Schwierigkeiten beginnen in der Wertermittlung schon beider Bewertung nach rein landwirtschaftlichen Gesichtspunkten,nämlich der Entscheidung darüber, ob und welche Abweichun-gen von der Reichsbodenschätzung geboten sind (§ 28 Abs. 1FlurbG). Die Bewertung wird noch komplizierter, wenn außer-landwirtschaftliche Werte in Rede stehen (Bedingungsflächen,unter denen etwa ein Bodenschatz ansteht; „begünstigtes Agrar-land“ bzw. die an die Stelle dieses Begriffs getretenen Bezeich-nungen für die unterschiedlichen Wert-Entwicklungszuständevon angestammtem Agrarland; Bau- und Gewerbeerwartungs-flächen). Das setzt sich bei der Diskussion des Flurbereini-gungsplans fort, gilt doch für die Beurteilung der Wertgleichheitvon Einlage und Abfindung – kurzgefasst – eine Art „Saldo-theorie“. In die saldierende Betrachtung fließen dabei zahlreicheKomponenten ein (etwa Zusammenlegungsvor- oder aber auch-nachteile, Entfernungsvor- oder auch -nachteile). All das kannauch bereits der gut ausgebildete praktische Landwirt nicht imDetail überblicken, noch weniger der nicht tagtäglich mit derLandwirtschaft befasste Verpächter.

Es mag sein, dass gleichwohl an dem Grundsatz gem. vorste-hendem Abschnitt 1. nicht zu rütteln ist, dass also im Flurberei-nigungsverfahren grundsätzlich kein Anspruch darauf besteht,die Kosten von Bevollmächtigten und/oder Beiständen erstattetzu bekommen. Das kann m. E. aber nicht (mehr) richtig sein,wenn es um das Rechtsbehelfs-, hier also um das Widerspruchs-verfahren geht. Die Kostenerstattung greift doch über § 80VwVfG, ggf. i. V. m. § 162 VwGO ohnehin nur, wenn und so-weit sich der Teilnehmer gegen die Ausgangs- und/oder Wider-spruchsbehörde durchsetzt, die Behördenentscheidung also un-richtig war. Allemal dann aber gebietet der Grundsatz der Waf-fengleichheit, die notwendigen, also für die Begründung des

7 A.a.O. Rn 19 zu § 147 FlurbG.8 Urteil vom 15.10.2015, 9 C 10538/15.OVG, RdL 2016, 36.9 Vgl. z. B., wenn auch allesamt nicht zum FlurbG ergangen:BVerwG, Beschluss vom 24.07.2008, 4 KSt 1008/07; Nds. OVG, Be-schluss vom 09.04.2018, 13 OA 9/18; OVG NRW, Beschluss vom23.05.2018, 8 E 86/18.

Rechtsbehelfs sinnvollerweise aufzuwenden Kosten des Sach-verständigen für erstattungsfähig zu erklären. Der Rechtsbehelfhat – mit Hilfe ggf. eines Fachbeistands – ja gerade dazu ge-führt, die Entscheidung der fachkundig besetzten Behördenganz oder teilweise „zu kassieren“.

3. Gerichtliche VerfahrenEs gelten erst einmal §§ 154, 155 VwGO. Unterliegt die Be-hörde ganz oder teilweise, so trägt sie voll oder anteilig die Kos-ten des Verfahrens. Dazu rechnen stets die Rechtsanwaltskosten(§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Was die Kosten von Fachbeistän-den, insbesondere eines Privatgutachters angeht, ist die Recht-sprechung durch eine sehr zurückhaltende Tendenz gekenn-zeichnet; sie erkennt die Kosten für die Privatgutachter nur aus-nahmsweise als erstattungsfähig an.9 Die dafür spezifisch imHinblick auf das FlurbG angeführten Erwägungen,– es gälte der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 VwGO),– das Flurbereinigungsgericht sei sachverständig besetzt,so wie dies bei WINGERTER/MAYR10 unter Berufung vor allemauf das OVG Rheinland-Pfalz11 nachzulesen ist, überzeugen indieser Absolutheit nicht. Gerade auch flurbereinigungsgericht-liche Verfahren sind häufig durch schwierige Taxationsfragengeprägt, zu denen selbst Vollerwerbslandwirte, indessen schongar nicht andere Teilnehmer aufgrund eigener Sachkunde vor-tragen und Beweiserhebungen beantragen können, auch nicht(allein) mit Hilfe eines Rechtsanwalts. Man denke nur an diekomplexen Anforderungen, die an die Gesamtschau gestelltwerden, in der sich die Wertgleichheit von Einlage und Abfin-dung erst herausstellt. Wie soll ein „einfacher“ Teilnehmer inder Lage sein, z. B. „vorzurechnen“, wie sich Entfernungsnach-und -vorteile in ihrer jeweiligen Herleitung für die einzelnenEinlage- und Abfindungsgrundstücke ergeben und dann in dieBewertung der Wertgleichheit der Abfindung einfließen?

Erkennen sie die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privat-gutachters dem Grunde nach erst einmal an, geben sich die Flur-bereinigungsgerichte, was die Höhe der Sachverständigenbe-gutachtung angeht, generöser. Der Teilnehmer soll dann nichtzwingend darauf verwiesen sein, dass die Sachverständigenkos-ten „wie bei gerichtlicher Bestellung“ (JVEG) erstattet werden,solange die Überschreitung dieser gesetzlichen Vergütungshö-hen nicht offensichtlich unangemessen ist.12

III. UnternehmensflurbereinigungsverfahrenDiesem geht in der Regel ein öffentlich-rechtliches Zulassungs-verfahren, in der Praxis häufig ein Planfeststellungsverfahrennach Fachplanungsrecht, voraus. Für dieses gelten die vorste-hend zu Ziff. II 1., 2. und 3. dargestellten Grundsätze. Dabeiwird ein Widerspruchsverfahren allerdings kaum jemals eineRolle spielen, jedenfalls nicht bei Planfeststellungsbeschlüssen,gegen die der betroffene Bürger sogleich Klage zu erheben hat(§ 70 VwVfG). Auf dieser vorgelagerten bzw. ersten Stufe derUmsetzung eines öffentlichen Infrastrukturprojekts sind also dieKosten von Bevollmächtigten und Beiständen regelmäßig vombetroffenen Bürger selbst zu tragen. Anders liegen die Dinge in-dessen im Unternehmensflurbereinigungsverfahren selbst.

Die Unternehmensflurbereinigung ist ein spezielles Enteig-nungsverfahren13. Das war früher streitig. Auch die Rechtspre-

10 A.a.O. Rn 13 zu § 147 FlurbG.11 Vgl. FN 8.12 OVG NRW, Beschluss vom 28.03.2017, E 572/16.13 Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 01.06.2017, 9 C 4.16, RdL 2017,341.

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chung nahm lange an, die Unternehmensflurbereinigung sei wiedie Regelflurbereinigung kein Enteignungsverfahren. Das istfür die Regelflurbereinigung (wie auch die städtebauliche Um-legung) auch heute noch Konsens. Für die Unternehmensflurbe-reinigung ist ebenso eindeutig geklärt: Sie ist eine spezielle Aus-prägung des Enteignungsverfahrens.14 Denn dem Teilnehmer inder Unternehmensflurbereinigung droht – anders als in der Re-gelflurbereinigung – insbesondere der allgemeine Landabzugnach § 87 Abs. 1 FlurbG. Er muss ihn in seinem jeweiligen Um-fang gegen Entschädigung hinnehmen (§ 89 FlurbG). Es giltalso Enteignungs- und damit Entschädigungsrecht, und zwar ge-rade auch wegen der Erstattungsfähigkeit der Kosten von Be-vollmächtigten und Fachbeiständen (z. B. landwirtschaftlicherSachverständiger, Steuerberater). Im Entschädigungsrecht ist esnämlich allgemeine Auffassung, dass in den einschlägigen spe-zialgesetzlichen Regelungen, wie sie sich in § 121 BauGB undden Landesenteignungsgesetzen (z. B. § 42 NEG) finden, eineverallgemeinerungsfähige Aussage getroffen ist. Danach sinddem Enteignungsbetroffenen die Kosten zu erstatten, die einvernünftiger Enteignungsbetroffener zur Wahrung seinerRechte in der gegebenen Situation aufwendet, um sich rechtlichund/oder sonst fachkundig durch einen Rechtsanwalt und/oderSachverständigen vertreten/beraten zu lassen.15 Danach sindRechtsanwaltskosten praktisch stets erstattungsfähig (ausge-nommen allein ganz einfache Fälle), Sachverständigenkostenjedenfalls in schwierigeren Fällen.16

Diese Grundsätze (Rechtsanwalt, Sachverständiger) gelten ge-rade auch im Unternehmensflurbereinigungsverfahren.17 BeiAUST/JACOBS/PASTERNAK18 findet sich zwar zunächst ausge-führt, dass die Kosten eines im Umlegungs- oder Flurbereini-gungsverfahren, also im Regelverfahren zugezogenen Rechts-anwalts/Sachverständigen – außer im Rechtsbehelfsverfahren –grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Wörtlich wird ebendaaber fortgefahren:

Anders ist es dagegen bei der Unternehmensflurbereinigungnach §§ 87 ff. FlurbG, da dies ein wirkliches Enteignungsver-fahren zugunsten eines Unternehmensträgers ist.

Ein Teil der Flurbereinigungsbehörden tut sich schwer, diese ansich ganz eindeutige Rechtslage anzuerkennen/zu praktizieren.

Jedenfalls trifft der Praktiker immer wieder auf Behördenmit-arbeiter, die diese Rechtslage in Abrede nehmen. Das scheinthäufig darauf zurückzuführen sein, dass sich in den Köpfen derFlurbereiniger noch nicht festgesetzt hat, was seit dem vorge-nannten Boxberg-Urteil indessen feststeht: Unternehmensflur-bereinigung ist Enteignung.

Für den Praktiker sei abschließend angemerkt: Im Unterneh-mensflurbereinigungsverfahren werden häufig einvernehmlicheRegelungen getroffen, die dann in eine Verhandlungsnieder-schrift der Flurbereinigungsbehörde münden. Jedenfalls in sol-chen Fällen sollte der Berater vorsorglich das Urteil des BGHvom 08.12.201619 in den Blick nehmen. Hier findet sich – kurz-gefasst – ausgesprochen, dass im Fall des freihändigen Grund-erwerbs, in dem also „nur“ zum Zwecke der Abwendung derEnteignung – aber eben letzthin doch freiwillig – verkauft wird,ausdrücklich vereinbart werden muss, dass die Kosten von Be-vollmächtigten/Fachbeiständen erstattet werden. Das ergibt sichnach Auffassung des BGH – anderer Auffassung waren in je-nem Rechtsstreit beide Vorinstanzen – nicht schon „automa-tisch“ aus einer Analogie zu den Kostenerstattungsvorschriftenim Falle des durchgeführten Enteignungsverfahrens (also z. B.§ 121 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 110 BauGB).

Verfasser: Wichard Graf von HardenbergRechtsanwalt und Fachanwalt für Agrarrecht, Elze

14 Boxberg-Urteil, BVerwG, Urteil vom 24.03.1987, 1 BvR 1046/85,RdL 1987, 177.15 Aust/Jacobs/Pasternak, Enteignungsentschädigung, 7. Aufl., Rn843 f., 808, 829; Büchs, Handbuch des Enteignungs- und Entschä-digungsrechts, 3. Aufl., Rn 3750 - 3752, 3798; Krohn/Löwisch, Ei-gentumsgarantie, Enteignung, Entschädigung, 3. Aufl., Rn 322.16 Aust/Jacobs/Pasternak, a.a.O., Rn. 875; Büchs a.a.O., Rn. 3756,3798; BGH BRS 19 Nr. 131 = WM 1964, 968: wenn zur sachgerech-ten Interessenwahrnehmung im konkreten Einzelfall erforderlich.17 Aust/Jacobs/Pasternak, a.a.O., Rn 760, 843 ff., 877; Quadflieg,Recht der Flurbereinigung, Rn 101 zu § 88 FlurbG; März WF 1985,1, 3; Krohn/Löwisch, a.a.O., Rn 246.18 A.a.O. Rn 887.19 III ZR 407/15.

Wirtschaftswegekonzepte als Basis für Anforderungen an ländliche Wege

von Eugen Bitjukov

ZielsetzungLändliche Wege erfüllen vielfältige Funktionen. Sie dienen alsVerbindung von Gemeinden, Gemeindeteilen und kleinerenSiedlungseinheiten oder zur Anbindung an das überörtlicheVerkehrsnetz. Sie erschließen die land- und forstwirtschaftlichgenutzten Flächen oder unterstützen die naturnahe Erlebbarkeitder landschaftlichen Vielfalt zur Freizeit und Erholung. Sie sol-len eine gute und ganzjährige Erreichbarkeit der Wohn- und Ar-beitsorte der Bevölkerung und eine witterungsangepasste Land-nutzung gewährleisten und die Grundlage für eine intakte Kul-turlandschaft bilden.

Die ländlichen Wegenetze sind ein wesentlicher Infrastruktur-baustein, um ländliche Räume zu erschließen und zu entwi-ckeln. Sie stellen die Lebensadern der kommunalen Außenbe-reiche dar.

Daneben erfüllen sie mit ihren Rainen auch wichtige Funktio-nen als linienhafte Landschaftselemente, die die Kulturland-schaft gliedern und beleben. Raine und Wegerandstreifen gren-zen häufig auf ganzer Länge an landwirtschaftliche Flächen undbilden ein wichtiges naturnahes Biotop. Auf Wegrainen lebenzahlreiche Tier- und Pflanzenarten, für welche diese ungenutz-ten, ganzjährig verfügbaren Lebensräume besonders wichtigsind. Eine vielfältige Struktur aus Gräsern, Stauden, kleinen Ge-

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büschen oder Einzelbäumen bietet dort Nischen für eine großeArtenvielfalt.

Die heutigen Wegenetze wurden im Wesentlichen in den 1950erbis 1970er Jahren für die seinerzeit vorherrschenden Besitz- undBewirtschaftungsverhältnisse geplant und gebaut. Inzwischenhaben sich Betriebsgrößen, Besitz- und Produktionsweisen gra-vierend verändert und außerlandwirtschaftliche Nutzungen er-heblich zugenommen. Für die daraus resultierenden, deutlichgeänderten Anforderungen weisen die vorhandenen ländlichenWegenetze oftmals funktionale und qualitative Defizite auf, dieobjektive Entwicklungshemmnisse für die Leistungsfähigkeitder Land- und Forstwirtschaft sowie vielerorts für die Erschlie-ßung von Gemeinden und Ortschaften bedeuten.

Ziel der Erarbeitung ländlicher Wegenetzkonzepte (Wirt-schaftswegekonzepte) ist es, den Städten und Gemeinden unterEinbeziehung der relevanten örtlichen Akteure die Planung zu-kunftsfähiger und bedarfsgerechter Wegenetze zur Entwicklungdes gemeindlichen Freiraums zu ermöglichen. Die Wegenetzesollen an der verkehrlichen Bedeutung ausgerichtet sein undNatur- und Landschaftselemente berücksichtigen. Abschlie-ßend sollen sich Handlungsoptionen für Investitionsentschei-dungen und für die dauerhafte Unterhaltung der Wege ableitenlassen.

Die Erstellung von ländlichen Wegenetzkonzepten, sog. Wirt-schaftswegekonzepten, ist ein komplexes Vorhaben. Es erfor-dert neben hohem fachlichem Know-how auch umfangreicheKenntnisse der lokalen Besonderheiten. Von herausragenderBedeutung ist dabei vor allem die Einbeziehung der Bürgerin-nen und Bürger in solch umfassende, auf die Zukunft ausgerich-tete Projekte.

Es geht bei der Erstellung von ländlichen Wegenetzkonzeptenschließlich um die objektive Beantwortung wichtiger Zukunfts-fragen: Welche Wege/Brückenbauwerke werden perspektivisch

noch benötigt? Welche Wege/Brückenbauwerke können ggf. entfallen

bzw. auf Dritte übertragen werden? Welche Wege/Brückenbauwerke sind zu ertüchtigen? Welche Wege/Brückenbauwerke können ggf. zukünftig im

Standard gesenkt werden? Wo besteht Optimierungsbedarf?

BestandsanalyseVor dem Hintergrund der vielen zu beantwortenden Fragen istes erforderlich, zunächst eine umfassende Erfassung und Ana-lyse des Bestandes und des Bedarfes durchzuführen, um daraufaufbauend ein zukunftsfähiges Wirtschaftswegenetz zu entwi-ckeln.

Das Thema Wegenetzkonzept ist geprägt von regionaltypischenProblemen und Besonderheiten, gerade bei kleinen und mittle-ren Kommunen. Zukünftige Mobilitätsstrategien und eine sichwandelnde Gesellschaft sowie sich ändernde strukturelle Bedin-gungen erfordern eine Anpassung und Optimierung der heuti-gen Wegenetze, vor allem in den ländlichen Räumen.

Zur systematischen Erfassung als Basis für ein Wegenetzkon-zept muss das gesamte zusammenhängende Wegenetz unter-sucht werden. Zur wirtschaftlichen Erfassung der zahlreichenInformationen und Attribute sowie zur Dokumentation muss derFeldvergleich mit geländegängigen Fahrzeugen erfolgen. Durchden Einsatz einer Spezial-Kamera-Technik, mit der die jewei-lige örtliche Situation objektiv und detailliert erfasst wird, ergibtsich ein realitätsgetreues Bild der Örtlichkeit, auf das – auchspäter – jederzeit zurückgegriffen werden kann. Dabei erfolgt

die Bilddokumentation im GPS-gestützten Geoimaging-Verfah-ren und bietet einen erheblichen Mehrwert und steigert die Qua-lität der Leistungen maßgeblich. Mit diesem Verfahren lassensich die Bilder „punktgenau“ den digitalen Karten zuordnen unddienen unter anderem im Rahmen der Bürgerbeteiligung alswichtige Arbeitsgrundlage.

SOLL-Konzept mit HandlungsempfehlungenDie Wege sind oft in die Jahre gekommen und weisen vielfachbauliche Mängel auf, die Netzzusammenhänge sind häufig zuumfangreich oder nicht mehr bedarfsgerecht. Typische Heraus-forderungen sind etwa, dass landwirtschaftliche Fahrzeuge in-zwischen erheblich schwerer und breiter sind, so dass die beste-henden Wege den heutigen und vor allem zukünftigen Anforde-rungen nicht mehr genügen.

Zunehmend werden Wege im Außenbereich multifunktional,d. h. von vielen verschiedenen Nutzern in Anspruch genommen.Das führt häufig zu Begegnungsverkehren und nicht selten zuKonflikten. Des Weiteren kann im Erarbeitungsprozess festge-stellt werden, dass bestimmte Wegeflächen bereits heute nichtmehr als solche genutzt werden und ggf. zukünftig entbehrlichwerden (Stichwort: „unter den Pflug genommen“). Vielfachwerden öffentliche Wege nur von einzelnen Nutzern genutztund können perspektivisch privatisiert werden.

Unter dem Gesichtspunkt der Nutzer und der Nutzungshäufig-keiten werden die Wege nach ihrer Verkehrsbedeutung einge-stuft und kategorisiert. Es erfolgt eine konzeptionelle Betrach-tung, ausgerichtet auf den zukünftigen Bedarf unter Berücksich-tigung der Finanzierbarkeit.

Abschließend ist zu klären, welche Ausbaustandards (Wege-breiten und Befestigungsarten) notwendig sind, um dem zu-künftigen Bedarf gerecht zu werden. Dabei sollte die Richtliniefür den ländlichen Wegebau (RLW) als Basis dienen und dielokalen Gegebenheiten und Besonderheiten unbedingt Berück-sichtigung finden. Beispielhaft sollte die Frage, ob Deckschich-ten ohne Bindemittel (DoB), sog. wassergebundene Befestigun-gen, anstatt bituminöser Befestigungen ausreichen und zur Ver-kehrslenkung in manchen Fällen nicht sogar besser geeignetsind, umfassend geprüft werden.

BürgerbeteiligungBei der Entwicklung eines Wegenetzkonzeptes sind viele Ak-teure und Interessen betroffen. Dazu gehören beispielsweiseLand- und Forstwirtschaft, Polizei und Feuerwehr, aber auchWirtschaftsförderung und Touristik sowie ÖPNV. Es ist dahervon besonderer Bedeutung, alle Interessenvertreter in solchkomplexe Überlegungen und Prozesse intensiv einzubinden undderen Wissen zu nutzen.

Passgenaue Lösungen müssen gemeinsam mit den Menschenvor Ort erarbeitet werden. Die Bewohner und Nutzer vor Ortkennen die örtliche Wegesituation genau und haben einen gro-ßen Wissensschatz, den es zu nutzen gilt. Nicht selten haben sieauch schon Ideen entwickelt, die von Nutzen sein können. DieEinbeziehung ist wichtig, um weitere Aspekte wie etwa Multi-funktionalität, Verkehrssicherheit, Wegerandstreifenthematik,Flächenentsiegelung oder systematische Erhaltungsstrategiensowie Fördermöglichkeiten richtig bewerten zu können.

Beteiligungsverfahren mittels Web-GISEntscheidend für eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung istdie praktizierte Transparenz. In diesem Zusammenhang hat sichgezeigt, dass ein öffentliches Online-Portal für den Bürgerdia-

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log von großem Vorteil ist. Mit der von der Ge-Komm GmbHentwickelten Plattform www.wirtschaftswegekonzept.de stehtein zeitgemäßes Instrument zur Bürgerbeteiligung zur Verfü-gung, das die Möglichkeiten moderner, webbasierter GIS-Tech-nologie ausschöpft.

Ein webbasiertes Bürgerdialog-Portal ersetzt ganz bewusstkeine Bürgerversammlungen, ergänzt und unterstützt diese aberzeitgemäß. Damit gehört das Auslegen von Papierplänen in Rat-häusern (oder das Verteilen von geplotteten Karten) zur Ein-sichtnahme der Vergangenheit an. Gleiches gilt auch für dasbloße Veröffentlichen von starren PDF-Plänen im Internet.

Das Bürgerdialogportal www.wirtschaftswegekonzept.de ist in-teraktiv gestaltet und besitzt ein dynamisches Konzept, das im-mer die aktuellsten und umfassendsten Informationen bietet undzur Verfügung stellt. Alle Beteiligten werden damit umfassendund permanent aktuell über den jeweiligen Projektstand auf demLaufenden gehalten. Allgemeine und weiterführende Informati-onen können von den Nutzern in flexiblen, individuell gestalt-baren Ansichten abgerufen werden. Zudem lassen sich Stellung-nahmen in Form von Kommentaren abgeben. Die Internetplatt-form www.wirtschaftswegekonzept.de trägt maßgeblich zurStärkung der modernen Beteiligungskultur für komplexe Zu-sammenhänge im Bereich der ländlichen Wegenetzkonzeptebei.

Neben diesen Vorteilen ergeben sich insbesondere für die Kom-munen erhebliche weitere Vorteile: Die Verwaltungen berichtenetwa von einer deutlichen Reduzierung der (arbeitsintensiven)direkten Bürgeranfragen. Dieses bedeutet für die Mitarbeiter inden Verwaltungen eine spürbare Entlastung gegenüber her-kömmlichen Bürgerbeteiligungsverfahren. Ebenfalls wird sehrgeschätzt, dass keine eigene EDV-Infrastruktur und deren Ad-ministration verwaltungsseitig aufgebaut und vorgehalten wer-den muss. Diese Leistungen werden komplett extern von derGe-Komm GmbH als Dienstleister erbracht und ermöglichen soeine Beteiligung rund um die Uhr an sieben Tagen in der Wo-che. Auch für den Fall, dass sich eine dringende Frage einesNutzers außerhalb der regulären Arbeitszeit ergibt, gibt es eineLösung.

Somit wird auch eine deutliche Erhöhung der Akzeptanz vonkomplexen Gesamtprojekten ermöglicht. Darüber hinaus isteine GIS-basierte Beteiligungsform auch eine gute Gelegenheitfür die kommunalen Verwaltungen, sich auf öffentlichkeits-wirksame Art und Weise als fortschrittlich zu präsentieren undnicht nur über „Digitalisierung“ zu reden.

Zusammenfassung und AusblickDie Erstellung des ländlichen Wegenetzkonzeptes ist eine realeKategorisierung von Wirtschaftswegen für deren zukünftigeNutzung. Dabei spielt die praktische Nutzungsmöglichkeit alsanzustrebendes Ziel eine übergeordnete Rolle. Technische Aus-

baustandards können vor dem Hintergrund der historischen Ent-wicklung keine verpflichtende Vorgabe sein. Deutlich wird dasauch daran, dass Wegeabschnitte in gleichen Kategorien unter-schiedliche Qualitäten aufweisen können.

Das von verschiedenen Interessengruppen, insbesondere jedochmit den Nutzern undGrundstückseigentümern im Außenbereicherarbeitete ländliche Wegenetzkonzept ist mit Blick auf die zu-künftigen Möglichkeiten von großer Bedeutung. Den Kommu-nen soll mit einem Wirtschaftswegekonzept eine umfassendeDatenbasis für zukünftige Entscheidungen vorgelegt werden,die von der breiten Mehrheit akzeptiert wird. Auf dieser Basislassen sich zukünftige Planungen effizient und passgenaudurchführen und die notwendigen Entscheidungen herbeifüh-ren. Handlungsoptionen für Investitionsentscheidungen und fürdie dauerhafte Unterhaltung der Wege lassen sich so ebenfallsbesser aufzeigen und einleiten.

Das Konzept bildet die Grundlage für weitere Schritte wie dieErarbeitung eines Maßnahmenkataloges mit Aufstellung vonPrioritäten, Maßnahmenbeschreibungen, eines Zeitplanes zurUmsetzung und einer Kostenermittlung. In jedem Fall sollte dasabgestimmte Wirtschaftswegekonzept zukünftig konsequentangewendet und permanent fortgeführt werden. Aufgrund derzu erwartenden Entwicklung hinsichtlich Strukturwandel undFlächennutzung bedarf das Konzept einer kontinuierlichen An-passung an die Veränderungen der Zukunft. Nur auf Basis aktu-eller Datengrundlagen lassen sich die richtigen und sinnvollenEntscheidungen treffen.

Die während der Erstellung des ländlichen Wegenetzkonzeptespraktizierte Transparenz und Einbeziehung der Interessen- undBürgervertreter sollte unbedingt auch bei der Umsetzung desKonzeptes und bei weiteren Planungsschritten angewendet wer-den. Insbesondere in Bezug auf die Themen Agrarstruktur undBiodiversität ist eine solch transparente Vorgehensweise wich-tig. Es wird auch wichtig sein, das Konzept weiterhin in bürger-freundlicher Art und Weise für die Betroffenen einsehbar zumachen. Hierzu kann das Bürgerdialog-Portal auch weiterhineine gute Variante darstellen.

Aufgabe der Kommune ist es und bleibt es auch zukünftig, dasWirtschaftswegenetz zu unterhalten und bei Bedarf den anste-henden sinnvollen Ausbau oder auch Rückbau vorzunehmen.Mit Hilfe eines ländlichen Wegenetzkonzeptes sind Prioritätenzu setzen. Damit ist das Ziel, die vorhandenen Mittel effizienteinzusetzen, besser zu erreichen.

Das Erfordernis und Sinnhaftigkeit solcher ganzheitlichen kon-zeptionellen Betrachtungen im Zuge von Wirtschaftswegekon-zepten wird bereits sinnvollerweise in einigen Bundesländernzur Voraussetzung einer anschließenden Wegebau-Förderunggemacht. NRW fördert z. B. die Erstellung kommunaler Wirt-schaftswegekonzepte mit 75 % der Kosten (max. 50.000 €).Ausschließlich Kommunen, die über ein Wirtschaftswegekon-zept unter Einbeziehung der Öffentlichkeit (Bürgerbeteiligung)verfügen, erhalten im Anschluss eine 60 %-Förderung zur Mo-dernisierung der ländlichen Infrastruktur.

Ein solches Verfahren ermöglicht einen passgenauen Mittelein-satz, statt Fördergelder „mit der Gießkanne“ zu verteilen. Diesermöglicht Einsparungen und einen effizienten Mitteleinsatz.Zudem wird eine nachhaltige Stärkung der ländlichen Infra-struktur in den kommunalen Außenbereichen ermöglicht.

Verfasser: Eugen BitjukovGeschäftsführer/ Gesellschafter Ge-Komm GmbH

Gesellschaft für kommunale Infrastruktur, 49324 Mellewww.ge-komm.de www.wirtschaftswegekonzept.de

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Das Bodenordnungsverfahren nach Abschnitt 8 des LwAnpGund die Kompetenzen der Flurbereinigungsbehörde – Fluch oder Segen?

von Ursel Grimm

Auch 28 Jahre nach der Deutschen Einheit sind in den NeuenBundesländern noch längst nicht alle aus dem „DDR-Recht“ re-sultierenden Grundstücksprobleme gelöst. Daraus resultierenderechtliche und tatsächliche Probleme führen für einige Be-troffene zu „schicksalhaften“ Einschnitten in deren persönlicheLebensverhältnisse.

Im 8. Abschnitt des LwAnpG wird das Verfahren zur Feststel-lung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse geregelt. DieZielstellung dieses Gesetzes ergibt sich aus § 3 des LwAnpG.Dort heißt es: „Dieses Gesetz dient der Entwicklung einer viel-fältig strukturierten Landwirtschaft und der Schaffung von Vor-aussetzungen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbe-werbsfähiger Landwirtschaftsbetriebe, um die in ihnen tätigenMenschen an der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung zubeteiligen.“

Diese Zielstellung unterscheidet sich daher wesentlich von derZielstellung der Flurbereinigung nach dem Flurbereinigungsge-setz, sie ist wesentlich enger gefasst. Der Gesetzgeber – dies warnoch die Volkskammer der ehemaligen DDR – hatte bei derVerabschiedung des Gesetzes am 29.06.1990 die Vorstellung,dass das auf der Grundlage der Rechtsvorschriften in der ehe-maligen DDR auseinanderfallende Gebäude- und Bodeneigen-tum mit Hilfe dieser Regelungen in BGB-konforme Rechtsver-hältnisse überführt werden könnte. Das Eigentum der LPG anden Gebäuden, welche überwiegend auf fremdem Grund undBoden standen, sollte geschützt und in einer Hand zusammen-geführt werden. Dabei sollte das dörfliche Erscheinungsbild be-rücksichtigt werden, attraktive Standortbedingungen für Unter-nehmen waren das Ziel. Während man zunächst primär die Ge-bäude und Anlagen ehemaliger LPG „im Auge“ hatte, wurdendann auch die im ländlichen Bereich errichteten Eigenheimevom Geltungsbereich des § 56 LwAnpG erfasst. Durch dieRechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist geklärt,dass der Begriff des Gebäudes im Sinne von § 64LwAnpG auchEigenheime umfasst. Dabei ist allerdings zu beachten, dass derräumliche Geltungsbereich des § 3 LwAnpG auf dörfliche Be-reiche – im Unterschied zu städtisch geprägten Bereichen – be-schränkt ist. Dies bedeutet andererseits, dass in dörflich gepräg-ten Bereichen ein Bodenordnungsverfahren zur Zusammenfüh-rung von getrenntem Boden- und Gebäudeeigentum zulässigwar und ist, im städtischen Bereich hingegen eher nicht. Aller-dings sind mir aus der Praxis Probleme, wie wir sie bei der Zu-sammenführung von Grund und Boden mit dem Gebäudeeigen-tum im dörflichen Bereich zu klären hatten, aus dem städtischenBereich nicht bekannt geworden. Dies hängt meiner Meinungnach wohl primär mit der Eigentumssituation zusammen. DerGrund und Boden, der im ländlichen Bereich zu DDR-Zeitenbebaut worden ist, verblieb eigentumsmäßig bei den natürlichenPersonen, also bei „Privatleuten“, die entweder LPG-Mitgliedwurden oder – aus den unterschiedlichsten Gründen – die DDRverlassen haben. Diese Grundstückseigentümer kämpfen nachdem 03.10.1990 um jeden Quadratmeter, den sie an die „Häus-lebauer“ hergeben sollen. Dabei werden nicht selten sachfremde

Konflikte ausgetragen, und es erfolgt in diesen Auseinanderset-zungen oftmals eine „Aufarbeitung der Rechtswirklichkeit inder ehemaligen DDR“ in ihrer gesamten Vielgestaltigkeit.

Dort, wo die Eigenheimbesitzer oder Gewerbebetreibendevolkseigenen Grund und Boden auf der Grundlage von verlie-henen Nutzungsrechten bebaut haben, verlief die Zusammen-führung – im Vergleich zu den Streitigkeiten im ländlichen Be-reich – relativ „vernünftig“ und in einem überschaubaren Zeit-raum ab. Hier ging es primär um die Preisgestaltung.

Wer führt die Bodenordnungsverfahren durch?In Sachsen waren dies zunächst die Ämter für ländliche Neu-ordnung, die sich später dann in Ämter für staatliche Entwick-lung unbenannt haben. Diese Ämter haben nach hier gemachtenErfahrungen insbesondere auf dem Gebiet des sogenannten frei-willigen Landtausches einen wesentlichen Beitrag dazu geleis-tet, dass in einer Vielzahl von Fällen BGB-konforme Rechtsver-hältnisse hergestellt worden sind und es gelungen ist, zwischenGebäudeeigentümer und Bodeneigentümer vernünftige einver-nehmliche Lösungen herbeizuführen.

Mit der Kreisreform wurden die Aufgaben in Sachsen auf dieLandkreise und Kreisfreien Städte übertragen. Es liegt in derNatur der Sache, dass die ungeklärten Probleme, die nunmehrGegenstand von Bodenordnungsverfahren sind, ein hohes Kon-fliktpotenzial aufweisen, weil ja zunächst der freiwillige Land-tausch gescheitert sein muss. Erst wenn alle Möglichkeiten ei-ner einvernehmlichen Lösung – bis hin zur Bereitstellung vonErsatzland – ausgeschöpft sind, wird die Bodenordnung ange-ordnet.

Ist einmal ein Bodenordnungsverfahren angeordnet, scheiterteine einvernehmliche Lösung, und es wird erbittert durch die„Instanzen“ gestritten. Die Schwerpunkte dieses Streites in Bo-denordnungsverfahren – aus meiner Praxis – möchte ich im Fol-genden aufzeigen:

1. Welche Rechtsvorschriften sind auf das Boden-ordnungsverfahren nach Abschnitt 8 des LwAnpGanwendbar?

Das Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaftan die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deut-schen Demokratischen Republik – Landwirtschaftsanpassungs-gesetz – vom 29.06.1990 regelte unter § 63 „Anwendungsbe-stimmungen“ in Abs. 2 Folgendes:

„Für die Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhält-nisse sind im Übrigen die Vorschriften des Flurbereinigungsge-setzes der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung der Be-kanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 546) zuletzt ge-ändert durch Gesetz vom 3. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2191),sinngemäß anzuwenden.“

Die vom bundesdeutschen Gesetzgeber ca. ein Jahr später ein-gefügte Regelung des § 63 Abs. 3 LwAnpG, die wie folgt lautet:

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„Ein Bodenordnungsverfahren kann ganz oder in Teilen desVerfahrensgebietes als ein Verfahren nach dem Flurbereini-gungsgesetz fortgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen da-für vorliegen“, wurde deshalb eingeführt, weil mit dieser Rege-lung den Behörden die Möglichkeit gegeben werden sollte, dasBodenordnungsverfahren nach dem Landwirtschaftsanpas-sungsgesetz mit einem Verfahren nach dem Flurbereinigungs-gesetz zu verbinden (vergleiche BVerwG Urteil vom14.12.2005; Az. 10 C 7.04). In dieser Entscheidung hat der Se-nat auch ausgeführt, dass nach einer von ihm geführten Umfragein den neuen Bundesländern ein praktisches Bedürfnis für dieseVorgehensweise gesehen wurde und drei der fünf neuen Bun-desländer (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thü-ringen) auch entsprechend verfahren. Die Länder Sachsen undSachsen-Anhalt vertreten hingegen die Auffassung, dass dasFlurbereinigungs- und das Bodenordnungsverfahren verschie-dene Zielsetzungen verfolgen. Das Bundesverwaltungsgerichthat deshalb die Zulässigkeit einer Verbindung von Flurbereini-gungs- und Bodenordnungsverfahren für zulässig erachtet.

Bei den von mir im Folgenden dargestellten „Problemfällen“handelt es sich allerdings um reine Bodenordnungsverfahrennach § 56 LwAnpG, d. h. eine Überleitung dieser Bodenord-nungsverfahren in ein Flurbereinigungsverfahren erfolgte nicht.Es stellt sich somit die Frage, welche Rechtsvorschriften auf dasnach § 56 LwAnpG durchgeführte Bodenordnungsverfahrenanzuwenden sind und wie demzufolge die Regelung des § 63Abs. 2 LwAnpG, wonach die Vorschriften des Flurbereini-gungsgesetzes „sinngemäß“ anzuwenden sind, auszulegen ist.

Dazu folgender praktischer Fall:Es wurde in einem Landkreis des Freistaates Sachsen 2003 einBodenordnungsverfahren angeordnet, nachdem ein freiwilligesLandtauschverfahren gescheitert war. Die Anordnung des Bo-denordnungsverfahrens erfolgte ausschließlich gemäß § 56LwAnpG. Das Verfahrensgebiet ist ca. 41 ha groß. Auf diesemGebiet befinden sich lediglich Eigenheime. Das Bodenord-nungsverfahren trägt auch die Bezeichnung „Bodenordnungs-verfahren … (Eigenheime)“.

Die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens ist bestandskräf-tig, weil keiner der Beteiligten gegen die Anordnung des Bo-denordnungsverfahrens ein Rechtsmittel eingelegt hat. Damitkann juristisch auch nicht mehr die Frage diskutiert werden, obdie Anordnung dieses Bodenordnungsverfahrens unter Beach-tung des räumlichen Geltungsbereiches des § 3 LwAnpG (länd-licher Bereich) überhaupt hätte erfolgen dürfen, weil es sich beidem Verfahrensgebiet nicht um ein ländliches Gebiet, sondernum ein städtisch geprägtes Gebiet handelt. In dem Verfahrens-gebiet befindet sich kein landwirtschaftliches Unternehmenmehr.

Mein Mandant ist als Grundstückseigentümer betroffen, nichtetwa weil sein Gebäude noch auf fremdem Grund und Bodensteht – dies hatte er bereits privatrechtlich zusammengeführt –,sondern weil sein Grundstück benötigt wird, um ein dahinterlie-gendes „Eigenheimgrundstück“ wegemäßig zu erschließen. Dervon dem Vater unseres Mandanten vor dem 03.10.1990 als Zu-fahrt zu seinem Grundstück selbst gebaute Weg bzw. die vonihm als Hoffläche hergestellte Fläche vor dem Haus soll Teileines öffentlichen Weges werden, um das dahinterliegende Ei-genheimgrundstück wegemäßig zu erschließen. Bei diesemEigenheim handelt es sich allerdings zwischenzeitlich um einnicht mehr bewohntes und verwahrlostes Grundstück. (Die Ge-bäudeeigentümerin ist zwischenzeitlich verstorben, der Nach-lass war überschuldet – Erbe ist der Freistaat Bayern als Fiskus.)

Die Flurneuordnungsbehörde argumentiert damit, dass auch imBodenordnungsverfahren – genauso wie im Flurbereinigungs-

verfahren – die Vorschrift des § 44 Abs. 3 S. 2 FlurbG gilt unddemzufolge neu gebildete Grundstücke durch Wege zugänglichgemacht werden müssen. Die Flurbereinigungsbehörde über-nimmt damit im Bodenordnungsverfahren die wegemäßige Er-schließung eines am Bodenordnungsverfahren beteiligtenGrundstückes. Für den begünstigten Bodeneigentümer, der da-mit ein erschlossenes Grundstück zurückerhält, ist diese Kom-petenz der Flurbereinigungsbehörde sicherlich ein Segen. Erspart sich die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit demNachbarn um die Zuwegung, und er erspart sich auch anderwei-tige Erschließungskosten, denn er erhält im Rahmen des Boden-ordnungsverfahrens ein wegemäßig erschlossenes Grundstück.Der betroffene Grundstückseigentümer hingegen, der zuvor zi-vilrechtlich sein Eigenturm durch Vereinbarung mit dem Bo-deneigentümer komplettiert hat, wird de facto nachträglich „ent-eignet“, er verliert einen wichtigen Teil seines Grundstückesund verliert im Übrigen auch erheblich an Lebensqualität. Fürihn ist die Kompetenz der Flurbereinigungsbehörde ein „Fluch“.

Seit 2012 werden zu dieser Problematik gerichtliche Auseinan-dersetzungen geführt. Der Grundstückseigentümer kämpft umden Erhalt seines (gesamten) Grundstückes, die Flurbereini-gungsbehörde will um jeden Preis die wegemäßige Erschlie-ßung über dieses Grundstück vornehmen. In diesem Zusam-menhang muss darauf hingewiesen werden, dass platztechnischwegemäßige Alternativvarianten vorhanden sind, die jedochaufgrund der Beschaffenheit äußerst kostenaufwendig als Weghergestellt werden müssten.

Rechtlich stellt sich die Frage, ob mit der Regelung in § 63Abs. 2 LwAnpG, wonach die Anwendung der Vorschriften desFlurbereinigungsgesetzes sinngemäß zu erfolgen hat, die Vor-aussetzungen von Art. 14 Abs. 3 GG erfüllt sind, wonach dieEnteignung nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes er-folgen darf. Das OVG Bautzen war in einer ersten Entscheidungzu diesem Komplex 2013 zu der Auffassung gelangt, dass dieEinbeziehung des Flurstückes der Kläger zur Bildung einerStraßenfläche rechtswidrig ist und der Bodenordnungsplan des-halb aufzuheben ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Er-gebnis einer von der Flurbereinigungsbehörde eingelegten Re-vision die Entscheidung des OVG Bautzen aufgehoben (Urteilvom 10.12.2014, Az. 9 C 11.13). Es hat darauf hingewiesen,dass in einem Bodenordnungsverfahren auch solche Grundstü-cke einbezogen werden können, die zwar für sich allein die Vor-aussetzungen der Zusammenführung nicht erfüllen, ohne dieaber eine sinnvolle Lösung des zugrundeliegenden sachenrecht-lichen Konfliktes nicht zu erreichen wäre. In dieser Entschei-dung vom 10.12.2014 hat das Bundesverwaltungsgericht auchden Grundsatz des § 58 LwAnpG und damit auch seine Grund-satzentscheidung vom 17.12.1998 – Az. 11 C 5.97 – „aufge-weicht“, indem es die Minderausweisung gemäß § 44 Abs. 3 S.2 FlurbG für zulässig erachtet hat. Damit ist der Grundsatz –Land gegen Land – nicht mehr allgemein gültig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit über § 63 Abs. 2LwAnpG die direkte Anwendung von § 44 (3) FlurberG für zu-lässig erachtet. Es hat insoweit ausgeführt, dass anderenfallsdieser umfassende Neuordnungsauftrag in zahlreichen Fällennicht erreicht werden kann, weil genau wertgleiche Abfindungs-flächen vielfach nicht zur Verfügung stehen würden. Das Bun-desverwaltungsgericht hat sich damit wohl offensichtlich denpraktischen Erfordernissen, wie sie möglicherweise aus derSicht der Flurbereinigungsbehörden dargelegt worden sind, ge-beugt.

Mit der Zielstellung des § 3 LwAnpG hat dies aus meiner Sichtjedoch nicht mehr ansatzweise etwas zu tun. M. E. fehlt für einesolche Rechtsprechung die gesetzliche Ermächtigung. Über§ 63 Abs. 2 LwAnpG und der sinngemäßen Anwendung von

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Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes kann einem Grund-stückseigentümer kein Land entzogen werden. Dies ist nachmeinem Dafürhalten eine Enteignung.

Ungeachtet dessen hat die Flurbereinigungsbehörde die Kom-petenz dazu, den Bodenordnungsplan entsprechend aufzustellenund zu gestalten und im Rahmen dieser Gestaltung darauf zuvertrauen, dass gegebenenfalls auftretende Probleme im Rah-men der Rechtsprechung zu Gunsten der Flurbereinigungsbe-hörde entschieden werden. Dem betroffenen Grundstückseigen-tümer bleibt dann nur der Weg über das zuständige Oberverwal-tungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht, um seineInteressen durchzusetzen. In Anbetracht der Rechtsprechungdes Bundesverwaltungsgerichtes muss allerdings die Erfolgs-aussicht eines solchen Vorgehens in realistischer Weise als äu-ßerst „gering“ eingeschätzt werden. Hinzu kommt, dass es sichca. 28 Jahre nach der politischen Wende um sogenanntes „aus-laufendes Recht“ handelt und kein Gericht wirklich an derGrundsatzklärung solcher Probleme noch interessiert ist.

Das LwAnpG nimmt im Abschnitt 8 Einzelverweisungen aufdas Flurbereinigungsgesetz vor. So wird in § 55 Abs. 3LwAnpG auf die sinngemäße Anwendung der Vorschriften der§§ 103a – 103i des Flurbereinigungsgesetzes verwiesen. In § 60LwAnpG erfolgt die Verweisung auf den 10. Teil des Flurberei-nigungsgesetzes. Wenn der Gesetzgeber aber einzelne Verwei-sungen vornimmt, stellt sich für mich schon die Frage, ob esdann gerechtfertigt ist, sämtliche Vorschriften des Flurbereini-gungsgesetzes sinngemäß anzuwenden oder – wie es dasBVerwG tat – sogar direkt anzuwenden. Damit bleibt aus mei-ner Sicht allerdings nach wie vor unklar, welche konkreten Vor-schriften des Flurbereinigungsverfahrens auf das Bodenord-nungsverfahren überhaupt Anwendung finden und wo dieGrenze für eine sinngemäße Anwendung zu finden ist. Nach denderzeit gemachten praktischen Erfahrungen gibt es überhauptkeine Grenzen, was aus meiner Sicht nicht im Sinne des Gesetz-gebers ist.

2. Wer ist zur Zahlung des imBodenordnungsverfah-ren festgelegten Abfindungsbetrages verpflichtetund wie kann der Begünstigte (hier der weichendeBodeneigentümer) diesen Betrag durchsetzen?

Dazu folgender praktischer Fall:In einem Bodenordnungsverfahren wurde für den weichendenBodeneigentümer eine Geldabfindung festgelegt. In der von derAmtsleiterin des zuständigen Landkreises unterzeichneten „Zu-sammenfassung der Abfindungsberechnung“ ist Folgendes aus-geführt: „Die Auszahlung dieses Betrages an Sie wird von Amtswegen veranlasst.“

Es gibt eine Ausführungsanordnung, nach der der neue Rechts-zustand am 09.07.2015 eintritt. Der Landkreis als zuständigeFlurbereinigungsbehörde hat die Auszahlung nicht vorgenom-men, weil der Verpflichtete seinerseits aus Liquiditätsgründennicht gezahlt hat. Grund für die Weigerung der Flurbereini-gungsbehörde auf Auszahlung des Betrages an den Berechtigtenwaren wohl primär haushaltspolitische Erwägungen. Der Land-kreis wollte keine Zahlungen vornehmen, solange dem keineentsprechenden Einnahmen gegenüberstehen. Praktisch bestanddann das Problem, wie der weichende Bodeneigentümer zu sei-nem Geld kommt und wer zahlungsverpflichtet ist.

Bei der Durchsetzung der Forderungen aus dem Bodenord-nungsverfahren stellen sich zunächst folgende Fragen:

Ist der Bodenordnungsplan ein vollstreckbarer Titel?Das zuständige Landratsamt hat damit argumentiert, dass derBodenordnungsplan kein Vollstreckungstitel im Sinne von§ 168 Abs. 1 VwGO sei, weil diese dort abschließend aufge-

zählt sind. Dort wird der Bodenordnungsplan nicht genannt, die-ser sei auch nicht als eine gerichtliche Entscheidung zu qualifi-zieren. Damit scheidet eine Vollstreckung direkt aus dem Bo-denordnungsplan zu Gunsten des Berechtigten aus. Dieser Auf-fassung hat sich das OVG Bautzen angeschlossen und den vomBerechtigten gestellten Antrag auf Vollstreckung gegen die öf-fentliche Hand als unzulässig zurückgewiesen. Diese Rechts-folge wird wohl hinzunehmen sein.

Was bleibt demBerechtigten nun noch für eineMöglichkeit,seine Forderung durchzusetzen?Er müsste wohl Leistungsklage erheben. Im LwAnpG ist inso-weit nichts geregelt. Zu fragen ist daher, welche Vorschriftensinngemäß über § 63 Abs. 2 LwAnpG anzuwenden sind. Über§ 63 Abs. 2 LwAnpG und § 140 FlurbG käme man dann zur Be-gründung der Zuständigkeit des Flurbereinigungsgerichtes.

Damit stellt sich aber die zweite Frage, nämlich: „Wer ist pas-siv legitimiert für diese Leistungsklage?“Aus dem Bodenordnungsverfahren und den dazu erlassenenVerwaltungsakten ergibt sich lediglich die Festlegung „vonAmts wegen zu zahlen“. Der zuständige Landkreis – im Übrigenmit Billigung des zuständigen Ministeriums – argumentierte da-mit, dass die festgesetzten Beiträge von der Teilnehmergemein-schaft zu leisten seien und nicht von der Flurbereinigungsbe-hörde, der Landkreis deshalb nicht Schuldner der im Verfahrenfestgesetzten Zahlungen wäre. Damit ergibt sich jedoch dasProblem, ob die Beteiligten eines Bodenordnungsverfahrens imSinne von § 56 LwAnpG, welches nicht als Flurbereinigungs-verfahren gemäß § 63 Abs. 3 LwAnpG fortgeführt wird, eineTeilnehmergemeinschaft im Sinne von § 16 FlurbG bilden.

Die Bildung einer Teilnehmergemeinschaft ist im LwAnpGnicht vorgesehen, so dass sich hier wiederum die Frage stellt, obman über die Anwendung von § 63 Abs. 2 LwAnpG überhauptzur Anwendung von § 16 FlurbG käme. Das OVG für das LandBrandenburg hat in seinem Urteil vom 11.12.1997; Az. 8 D45/96.G, die Anwendung von § 16 FlurbG für zweifelhaft ge-halten, wenn das Bodenordnungsverfahren nicht als Verfahrennach dem Flurbereinigungsgesetz gem. § 63 Abs. 3 LwAnpGfortgeführt wird. Diese Schlussfolgerung halte ich für zutref-fend und sachgerecht.

In Sachsen sind die Landkreise und Kreisfreien Städte, nachdem Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes undzur Bestimmung von Zuständigkeiten nach dem Landwirt-schaftsanpassungsgesetz (AGFlurbG), die zuständigen Flurbe-reinigungsbehörden. Der Bodenordnungsplan ist von der zu-ständigen Amtsleiterin des entsprechenden Landkreises unter-zeichnet worden und nicht etwa vom Vorstandsvorsitzenden ei-ner Teilnehmergemeinschaft. Die Schlussfolgerung, dass ein„lediglich“ nach § 56 LwAnpG angeordnetes Bodenordnungs-verfahren zu einer „Teilnehmergemeinschaft“ als Körperschaftöffentlichen Rechts führt und diese passiv für die Forderung ei-nes Berechtigten legitimiert sei, ist m. E. unzutreffend. Die Be-teiligten eines Verwaltungsaktes müssen doch zumindest ausdiesem Verwaltungsakt selbst ersichtlich und erkennbar sein.Im Land Brandenburg beispielsweise, in welchem das Boden-ordnungsverfahren als Flurbereinigungsverfahren gemäß § 63Abs. 3 LwAnpG fortgeführt wird, ist „Absender“ des Verwal-tungsaktes die Teilnehmergemeinschaft des Bodenordnungs-verfahrens. Der Verwaltungsakt wird vom Vorsitzenden derTeilnehmergemeinschaft – und nicht vom Amtsleiter – unter-zeichnet.

Eine solche Regelung gibt es in Sachsen nicht, weil hier das Bo-denordnungsverfahren nicht als Flurbereinigungsverfahren fort-geführt wird. Damit ist aber die Flurbereinigungsbehörde unddamit der zuständige Landkreis passiv legitimiert für die Zah-

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lung der im Bodenordnungsplan festgelegten Abfindungen, undnicht eine „Teilnehmergemeinschaft“. Nach meiner Überzeu-gung müsste die Flurbereinigungsbehörde die Zahlungen auchdann vornehmen, wenn sie ihrerseits – z. B. wegen Vermögens-losigkeit des Verpflichteten – keine Einnahmen generierenkann. Der Gesetzgeber hat in § 56 LwAnpG zwingend dieDurchführung eines Bodenordnungsverfahrens geregelt. DieseAufgaben sind in Sachsen von den Landkreisen und KreisfreienStädten wahrzunehmen. Dies bedeutet dann auch, dass die da-mit verbundenen finanziellen Aufwendungen vom Land zu tra-gen sind.Auch dieser Sachverhalt macht deutlich, dass die Kompetenzder Flurbereinigungsbehörde hier für den weichenden Boden-eigentümer ein „Fluch“ ist. Er erhält einerseits wegen der Kom-plettierung zum Zeitpunkt der Ausführungsanordnung kein Nut-zungsentgelt mehr für die Nutzung seines Grundstückes und be-kommt andererseits von der Flurbereinigungsbehörde auchnicht die festgelegte Abfindung. Er verliert also sein Land underhält auch die ihm zugesagte Abfindung nicht. Eine solche Lö-sung kann und darf nicht Ziel eines Bodenordnungsverfahrenssein.

3. Laufdauer eines Bodenordnungsverfahrens und diedamit verbundenen nachteiligen Folgen für denGebäudeeigentümer

Nach den hier gemachten praktischen Erfahrungen haben dieBodenordnungsverfahren eine Laufdauer von bis zu 20 Jahren.Die Beteiligten haben in der Regel so gut wie keine Einfluss-möglichkeit auf die Arbeitsweise der Flurbereinigungsbehör-den, insbesondere auf den zeitlichen Ablauf dieses Verfahrens.Die Beteiligten können vom Prinzip nur „abwarten“. Währendder Laufdauer eines Bodenordnungsverfahrens ist der Gebäude-eigentümer jedoch verpflichtet, gemäß Art. 233 § 2a EGBGBein Nutzungsentgelt zu zahlen. Je länger das Bodenordnungs-verfahren dauert, umso mehr muss der Gebäudeeigentümer einNutzungsentgelt zahlen, und der Bodeneigentümer generiert aufdiese Art und Weise Einnahmen. Der Halbteilungsgrundsatz,d. h. der Vorteil des Gebäudeeigentümers, die Fläche zum hälf-tigen Bodenwert anzukaufen, wird durch die lange Bearbei-tungszeit de facto „ausgehebelt“. Obwohl der Gebäudeeigentü-mer von Kosten und Steuern befreit ist, bringt das Bodenord-nungsverfahren aufgrund der teilweise langen Laufzeit für denGebäudeeigentümer insoweit nicht unerhebliche ökonomischeNachteile. Auch insoweit darf das Bodenordnungsverfahren fürden Gebäudeeigentümer als „Fluch“ gewertet werden, für denGrundstückseigentümer hingegen als „Segen“.

4. Ermittlung der Beteiligten eines Bodenordnungs-verfahrens

Gemäß § 57 LwAnpG hat die Flurneuordnungsbehörde die Be-teiligten auf der Grundlage der Eintragungen im Grundbuch zuermitteln.In den neuen Bundesländern gibt es noch eine Vielzahl von Fäl-len, in denen auf der Grundlage der speziellen Rechtsvorschrif-ten in der ehemaligen DDR Gebäudeeigentum entstanden ist,dafür aber keine Gebäude-Grundbuchblätter angelegt wordensind. Das Eigentum am Gebäude ist demzufolge nicht aus demGrundbuch ersichtlich. Während der Grundstückseigentümerals Beteiligter in der Regel aus dem Grundbuch eindeutig zu er-mitteln ist, gestaltet sich dieser Prozess beim Gebäudeeigentü-mer durchaus wesentlich schwieriger. Wir haben es in denneuen Bundesländern noch relativ häufig mit sogenannten fehl-geschlagenen Umwandlungen zu tun, d. h. die formwechselndeUmwandlung auf der Grundlage der Vorschriften des LwAnpGist gescheitert. Dies hat unter anderem auch zur Folge, dass dasvon den ehemaligen LPG errichtete Gebäudeeigentum im Wege

der Gesamtrechtsnachfolge durch eine formwechselnde Um-wandlung beim Unternehmen neuer Rechtsform „nicht ange-kommen ist“. Das Gebäudeeigentum muss deshalb im Wege derEinzelrechtsnachfolge auf den vermeintlichen Rechtsnachfolgerübertragen werden. Oftmals wurde dieses Gebäudeeigentum je-doch bereits an einen Dritten übertragen.Die Frage der „Beteiligtenstellung“ gewinnt plötzlich – auchjetzt noch – an Bedeutung, weil diese gerade nicht aus demGrundbuch ersichtlich ist und oftmals komplizierte juristischeFragen beantwortet werden müssen, um festzustellen, wer dieRechte aufgrund von Gebäudeeigentum beanspruchen kann.Derjenige, dem das Gebäudeeigentum zusteht, kann darauf ver-trauen, dass die dazu gehörende Fläche vom Bodeneigentümerabgegeben werden muss, einschließlich der dazugehörendenFunktionsfläche. Dieser Grundsatz ist (leider) nach wie vor beiden Flurneuordnungsbehörden die herrschende Praxis. Obwohldie Restnutzungsdauer der Gebäude oftmals bereits abgelaufenist, herrscht die Praxis vor, dass die Flurneuordnungsbehördendem Gebäudeeigentümer die Flächen zuordnen und nicht demBodeneigentümer, z. B. das Gebäude. Auch in diesen Fällen istdie Kompetenz der Flurneuordnungsbehörde kritisch zu hinter-fragen.In einem konkreten Fall vertritt eine Flurbereinigungsbehördefolgende Auffassung: „Die Flurneuordnungsbehörde ist imRahmen des LwAnpG befugt, selbstständiges Gebäudeeigentumzu ermitteln, dieses festzustellen und nach § 64 LwAnpG auchin einen BGB-konformen Rechtszustand zu überführen.“ DieFlurneuordnungsbehörde nimmt sich damit das Recht heraus,mit für alle Beteiligten verbindlicher Wirkung festzustellen,wem das Gebäudeeigentum zusteht.Unter Berücksichtigung der Regelung von Art. 233 § 2 b Abs. 3EGBGB, der wie folgt lautet: „Ob Gebäudeeigentum entstan-den ist und wem es zusteht, wird durch Bescheid des Bundesam-tes für Zentrale Dienste und offene Vermögensfragen festge-stellt. Das Vermögenszuordnungsgesetz ist anzuwenden“ istdiese Vorgehensweise der Behörde rechtswidrig.Ungeachtet dessen ist die Flurneuordnungsbehörde der Auffas-sung, dass mit rechtskräftiger Anordnung des Bodenordnungs-verfahrens auch rechtskräftig entschieden sei, wer Beteiligterdes Verfahrens ist und wer demzufolge auch Gebäudeeigentü-mer ist. Im vorliegenden Fall dürfte für den vermeintlichen Ge-bäudeeigentümer die Kompetenz der Behörde ein „Segen“ sein,weil mit ihrer Kompetenz dem „Gebäudeeigentümer“ eineRechtsstellung verschafft wird, die er auf zivilrechtlichem Wegnie erlangt hätte. Der Bodeneigentümer hingegen, der um denErhalt seiner Fläche kämpft, muss gegebenenfalls einem Drittenseinen Grund und Boden abgeben, der juristisch nie Gebäude-eigentümer geworden ist. Interessanterweise wird mit Hinweisauf § 30 VwVfG die Einsichtnahme in die entsprechenden Un-terlagen dem Bodeneigentümer verweigert, weil diese angeb-lich Geschäftsgeheimnisse seien.

Dem Bodeneigentümer wird damit die Klärung der Frage, wemeigentlich das Gebäudeeigentum de facto zusteht, fast unmög-lich gemacht, zumindest aber wesentlich erschwert. Für diesenBodeneigentümer ist die Kompetenz der Flurneuordnungsbe-hörde daher ein „Fluch“.

Zusammenfassend muss daher aufgrund der geschilderten Er-fahrungen die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Kom-petenzen der Flurneuordnungsbehörde sowohl „Fluch“ als auch„Segen“ sind. Welche Einschätzung auf den jeweiligen Betei-ligten zutrifft, hängt allerdings entscheidend von den subjekti-ven Auffassungen und Entscheidungen sowie dem verfolgtenZweck der Flurneuordnungsbehörden ab.

Verfasserin: Rechtsanwältin Ursel Grimm, Chemnitz

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Flurbereinigung zur nachhaltigen Kulturlandschaftsentwicklung

von Karl-Heinz Thiemann

1. Vorbemerkung und EinführungUnter Kulturlandschaft versteht man die vom Menschen gestal-tete und bewirtschaftete Landschaft im Gegensatz zur Natur-landschaft als einer weitestgehend unberührten Landschaft. Na-turlandschaften finden sich in Deutschland nur noch in den Ge-birgsregionen und Küstenbereichen; fast der gesamte Raum istKulturlandschaft, wozu auch die Städte als urbane Landschaftengehören.

Der folgende Beitrag soll sich nur mit der freien Landschaft(Feldflur) beschäftigen und auch den Wald ausklammern, ob-wohl die Waldflurbereinigung im Zuge der Holzmobilisierungzur Roh- und Energiestoffgewinnung sowie des dringend not-wendigen Waldumbaus zu klimaresistenten Mischbeständenseit etwa zehn Jahren eine Renaissance erfährt. Dies würde je-doch den Umfang des Beitrags sprengen, so dass auf die Doku-mentation des Seminars „Waldneuordnung“ der Gesellschaftfür Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement am 12.und 13. Mai 2014 in Würzburg (s. DVW 2014) sowie die 29.Bundestagung der Deutschen Landeskulturgesellschaft „Lan-deskultur – Motor der Waldentwicklung“ vom 15. bis 17. Okto-ber 2008 in Gummersbach (s. DLKG 2009) und die Vier-Län-der-Infrastrukturtagung zum Internationalen Jahr der Wälder„Wertschöpfung durch Waldflurbereinigung und ländliche In-frastrukturen“ am 2. und 3. November 2011 in Mainz (s. DLKG2012) verwiesen werden soll. Ferner wird auf die Dorfflurberei-nigung nicht weiter eingegangen, weil auch dieses Spezialthemazu weit führen würde. Vielmehr sollen die gewöhnliche Flurbe-reinigung und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaftsentwick-lung näher beleuchtet werden. Dazu ist zunächst auf die aktuel-len Entwicklungstrends, d. h. die Treiber der Kulturlandschafts-entwicklung, näher einzugehen.

2. Aktuelle Trends der Kulturlandschaftsentwicklung inDeutschland

In Deutschland lassen sich, stark vereinfacht, folgende Flächen-nutzungen mit ihren prozentualen Anteilen an der Gesamtflächevon rd. 36 Mio. ha unterscheiden:

52 % Landwirtschaftsfläche einschließlich Moor- und Hei-defläche,

31 % Waldfläche, 14 % Siedlungs- und Verkehrsfläche (SuV), ~2 % Wasserfläche, <2 % Fläche anderer Nutzungen (Militärgelände, Abbau-

land und Abraumhalden).

Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes (s. DBV 2015)nahmen im Zeitraum von 1992 bis 2012 die Siedlungs- und Ver-kehrsfläche um rd. 792.000 ha, die Waldfläche um 343.000 haund die Wasserfläche um 80.000 ha zu, während die landwirt-schaftlich genutzte Fläche um 865.000 ha und die sonstige Flä-che um 350.000 ha abnahmen. Letzteres ist jedoch vor allem aufdie Neuausrichtung der Bundeswehr und die Reduzierung derTruppenstärke in diesem Zeitraum von fast 500.000 Mann auf

nunmehr 180.000 Soldatinnen und Soldaten zurückzuführen,die mit der Aufgabe vieler Bundeswehrstandorte und derenKonversion verbunden war. Damit ist festzustellen, dass derFlächenbedarf für Siedlungs- und Verkehrszwecke fast aus-schließlich zu Lasten der landwirtschaftlich genutzten Flächegeht.

Die Umwidmungsrate, für die vielfach auch die BezeichnungFlächen- oder Landschaftsverbrauch üblich ist, wird in der Re-gel als Mittelwert über die letzten vier Jahre angegeben, um wet-ter- und wirtschaftsbedingte Schwankungen in der Baubranchezu glätten und die langfristige Entwicklung besser erkennen zukönnen. Der gleitende Vierjahresdurchschnitt erreichte im Jahr2000 mit 129 ha pro Tag den Höchstwert und liegt heute (2015)bei 66 ha pro Tag. Betrachtet man diese Entwicklung, ist fest-zustellen, dass die Abnahme beachtlich ist und die berechtigteHoffnung besteht, dass das sog. „30 ha minus X-Ziel“ der Deut-schen Nachhaltigkeitsstrategie bis zum Jahr 2030 durchaus er-reicht werden kann (s. Bundesregierung 2017, S. 38 undS. 159). Neben dieser positiven Entwicklung ist seit etwa15 Jahren ein starker Anstieg der Flächennutzungsansprüche inanderen Bereichen festzustellen, der jedoch differenziert zu be-trachten ist.

Die Energiewende umfasst vor allem die regenerativen QuellenGeothermie, Wasser- und Windkraft sowie Solarstrahlung undBiomasse. Da die Geothermienutzung unterirdisch erfolgt undaus gewässerökologischen Gründen kaum weitere Wasserkraft-werke möglich sind, haben nur die Nutzung der Wind- und Son-nenenergie sowie der Anbau von Energiepflanzen Auswirkun-gen auf die Kulturlandschaft. Sie wurden in einer Betrachtungdes voraussichtlichen Endausbauzustands 2050 bereits zusam-menfassend dargestellt (s. THIEMANN 2013), so dass hierauf zu-rückgegriffen werden kann. Bezüglich der bisherigen Entwick-lung, aktuellen Situation und absehbaren Trends kann auch aufdie Analysen der Deutschen Landeskulturgesellschaft verwie-sen werden (s. DLKG 2011 und DLKG 2014).

Danach ist festzustellen, dass der Ausbau der Windenergie vorallem ein landschaftsästhetisches Problem darstellt. Um dieAusbauziele zu erreichen, muss sich nach den vorliegendenPrognosen die Anzahl der Windkraftanlagen an Land von der-zeit rd. 30.000 auf über 100.000 vervielfachen. Die einzelneWindkraftanlage benötigt für die Zuwegung, das Fundamentund die weiteren Nebenanlagen im Durchschnitt nur eine ver-siegelte Fläche von 0,4 ha, so dass ein Flächenbedarf von40.000 ha oder rd. 0,2 % der landwirtschaftlich genutzten Flä-che von rd. 17 Mio. ha (12 Mio. ha Acker- und 5 Mio. ha Grün-land) entsteht. Berücksichtigt man, dass auch in Waldgebieteneine Windenergienutzung möglich ist, verringert sich der Flä-chenbedarf in der freien Landschaft entsprechend. Innerhalb dersog. Freihaltefläche von rd. 15 ha für die heute üblichen 3 Me-gawatt-Anlagen mit 100 m Nabenhöhe und 50 m Rotorhalb-messer wird die landwirtschaftliche Nutzung nicht weiter beein-trächtigt. Es stellt sich daher die Frage, welche Prioritäten(Landschaftsästhetik versus nachhaltige Stromerzeugung) die

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Gesellschaft in Zukunft setzt und wie Akzeptanz in der Bevöl-kerung durch Information und Beteiligung an der Wertschöp-fung erzeugt werden kann.

Beim Ausbau der Sonnenenergienutzung ist die Situation ähn-lich. Für die angestrebten Ausbauziele wird nach den heutigenPrognosen unter Berücksichtigung der Leistungssteigerungenbei den Solarzellen durch den technischen Fortschritt eine über-spannte Fläche von rd. 40.000 ha für Photovoltaikanlagen undrd. 30.000 ha für Solarthermieanlagen notwendig sein. InDeutschland ist etwa jedes fünfte Dach für die Sonnenenergie-nutzung geeignet, was ein Flächenpotenzial von fast 250.000 haergibt. Der Ausbau der Solarenergienutzung könnte also rein ge-bäudebezogen durchgeführt werden, ohne dass Freiflächen-solarkraftwerke in Deutschland notwendig wären. Auch hierstellt sich die Frage der Prioritätensetzung, denn zweifelsohnehaben Solaranlagen durch die Verspiegelungseffekte erheblicheAuswirkungen auf das Erscheinungsbild der Städte und Dörfer.

Beim Energiepflanzenanbau muss zwischen Biosprit und Bio-gas unterschieden werden. Nach allgemeiner Einschätzungwer-den bei den herkömmlichen Biokraftstoffen mittel- bis langfris-tig keine relevanten Entwicklungen mehr zu erwarten sein. DieMärkte für reine Biokraftstoffe (Biodiesel und Bioethanol) sinddurch die Einführung der Besteuerung ab dem 1. Januar 2007mittlerweile zusammengebrochen, und eine Anhebung derZwangsbeimischungen zu den herkömmlichen Kraftstoffen(B 7 bzw. E 10) ist derzeit nicht realisierbar. Daher stagnierendie abgesetzten Mengen. Hinzu kommt, dass auch in Zukunfttrotz EU-Maßnahmen zur Eindämmung der Biodiesel- und Bio-ethanol-Importe eine Einfuhr aus Ländern mit Wettbewerbsvor-teilen nicht zu verhindern sein wird. Daher dürfte die Anbauflä-che für Öl-, Zucker- und Stärkepflanzen (Raps, Zuckerrübenund Weizen) für Biokraftstoffe eher ab- als zunehmen. Die Ent-wicklung von Biokraftstoffen der zweiten Generation durch di-rekte Verflüssigung von Biomasse aus der Landschaftspflegeoder der Rest- und Abfallstoffverwertung (Biomass-to-Liquid,BtL) steht trotz intensiver Forschung erst am Anfang.

Beim Biogas macht sich die mit dem Gesetz zur Reform desErneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und zur Änderung wei-terer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21. Juli2014 (BGBl. I, Nr. 33, S. 1066) eingeführte Absenkung derFörderung für die Biogaserzeugung aus Energiepflanzen deut-lich bemerkbar. Hierdurch sollte das Ziel erreicht werden, denweiteren Ausbau vor allem auf Gülle sowie Rest- und Abfall-stoffe zu konzentrieren. Diese Entwicklung ist mittlerweile aberschon wieder überholt, denn mit der Änderung des EEG vom13. Oktober 2016 (BGBl. I, Nr. 49, S. 2259) ist auf DrängenBayerns das sog. Ausschreibungsverfahren auch für die Strom-erzeugung aus Biomasse zum 1. Januar 2017 eingeführt worden.Dies hat zur Folge, dass in Zukunft wieder mit einem leichtenAnstieg der Anbauflächen für Biogas zu rechnen ist.

In diesem Kontext ist jedoch hervorzuheben, dass die Landwirt-schafts- und Agrarstrukturentwicklung bis vor etwa zehn Jahrenvon einem Überschuss an Fläche geprägt war. So wurde in derEU im Anbaujahr 1988/89 zunächst die freiwillig und ab demAnbaujahr 1993/94 die obligatorische Flächenstilllegung mit ei-nem Satz von 15 % (bezogen auf die Getreide- und Ölsaatenflä-che als Referenzfläche zur Berechnung der betriebsindividuel-len Stilllegungsrate) eingeführt. Diese wurde zur Vereinfachungim Jahr 2005 auf 10 % der gesamten Ackerfläche bezogen, wasdazu führte, dass in den Ackerbauregionen mit hohen Gemüse-,Kartoffel- und Zuckerrübenanteilen der Umfang der stillgeleg-ten Flächen stark anstieg. Wie bekannt, wurde die Flächenstill-legung im Jahr 2008 erstmals ausgesetzt und ab 2009 ganz ab-geschafft. Hierdurch konnte dem zunehmenden Flächenbedarffür Energiepflanzen entsprochen werden, der in den letzten Jah-

ren von 1,1 Mio. ha (2005) auf heute rd. 2,5 Mio. ha angestiegenist und sich mittlerweile auf diesem Niveau eingependelt hat.Agrarstrukturell konnte der erhöhte Bedarf für den Biomasse-anbau also durch den Wegfall der Flächenstilllegung weitestge-hend kompensiert werden.

Bei der Klimaanpassung geht es heute vor allem um den Hoch-wasserschutz, d. h. große steuerbare Flutpolder an den Strömenund Flüssen sowie kleine dezentrale Maßnahmen zur Wasser-rückhaltung in der Fläche. Hinzu kommen die Vorhaben zurUmsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL),also die Renaturierung von Fließgewässern und Flussauen so-wie die Anlage von begleitenden Gewässerschutzstreifen, wel-che als natürliche Retentionsräume ebenfalls zum Hochwasser-schutz beitragen. Für diese landeskulturellen Maßnahmen ist inder Bevölkerung und auch bei den Landwirten breite Akzeptanzvorhanden, weil in den Flutpoldern die landwirtschaftliche Nut-zung weitergeführt werden kann und die dezentrale Wasser-rückhaltung auch unmittelbar vor Ort wirkt und damit denGrundstückseigentümern und Flächennutzern selbst zugutekommt.

Besondere Bedeutung gewinnt in Zukunft der Bodenschutz (s.DVW 2010). Denn infolge des Klimawandels ist eine Verschie-bung der Niederschlagsmengen um bis zu 40 % von den Som-mermonaten in die Wintermonate zu erwarten. Dies führt dazu,dass in den zunehmend milderen Wintern ohne Schnee als Nie-derschlagspuffer und bodenschützende Decke die Gefahr desBodenabtrags durch Wasser stark zunehmen wird. Daher sindfast flächendeckend Maßnahmen zur Minderung der Bodenero-sion notwendig, wie sie schon seit jeher in der Flurbereinigungmit großem Erfolg durchgeführt werden (s. OBERHOLZER 1985).Zu nennen sind insbesondere die höhenlinienparallele Ausrich-tung der Bewirtschaftung (Konturnutzung), die Verkürzung dererosionswirksamen Hanglänge und Anlage von Erosionsschutz-streifen (Hecken und Raine) zwischen den Bewirtschaftungs-einheiten quer zum Hang.

Größte Akzeptanzprobleme bereitet die Inanspruchnahme vonLandwirtschaftsflächen für naturschutzrechtliche Ausgleichs-und Ersatzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Siedlungs-und Infrastrukturausbau (s. DLKG 2016). Hier ist mit demneuen Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vom 29. Juli 2009(BGBl. I, Nr. 51, S. 2542) die im Baurecht seit Mitte der 1990erJahre bewährte räumliche, zeitliche und instrumentelle Tren-nung von Eingriffen und deren Kompensation (Ökokonto) nunin das allgemeine Planungsrecht übernommen worden (s.§ 16 BNatSchG). Anzumerken ist, dass dieses Vorgehen auchschon vorher nach dem Raumordnungsgesetz (ROG) möglichwar, wenn in der Regionalplanung zur Freiraumstruktur gere-gelt wurde, dass unvermeidbare Beeinträchtigungen von Naturund Landschaft, die durch Großbauvorhaben verursacht wer-den, an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs ausgeglichen, er-setzt oder gemildert werden können (s. heute § 13 Abs. 5 Satz 2ROG).

So wurde etwa beim Bau der Küstenautobahn A 20 (Lübeck–Uckermark, auch Ostseeautobahn genannt) schon ab 1992 inMecklenburg-Vorpommern überaus erfolgreich von dieser Re-gelung Gebrauch gemacht, indem nur wenige trassenbeglei-tende Ausgleichsmaßnahmen im landwirtschaftlichen Gunst-raum der Küstenregion durchgeführt wurden, sondern überwie-gend Gewässer- und Moorrenaturierungen sowie Grünland-extensivierungen als Ersatzmaßnahmen auf Flächen, die ohne-hin für die Landwirtschaft weniger geeignet waren. Auf dieseArt entstand zum Beispiel zwischen Franzburg und Richtenbergseit 2006 durch Wiederaufstauung der 130 ha große Richtenber-ger See aus einem Gewässer, das 1936 durch den Reichsarbeits-dienst trockengelegt worden war.

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Die in der Bauleit- und Regionalplanung mit großem Erfolgpraktizierte räumliche Trennung von Eingriffen und deren Aus-gleich bzw. Ersatz ist durch das neue BNatSchG nun zumMainstream erhoben worden. Sie ermöglicht die Integration derKompensation in die landwirtschaftliche Nutzung und derenOptimierung aus landschaftsökologischer und agrarstrukturellerSicht. Gleichzeitig können weitere Inwertsetzungen der Kultur-landschaft insbesondere für Freizeit, Erholung und Tourismuserzeugt werden, was zu multifunktionalen Landnutzungskon-zepten führt (s. weiterführend DLKG 2016). Ihre Umsetzung er-fordert in der Regel Maßnahmen der Bodenordnung.

3. Grundsätzliches zur ländlichen BodenordnungUnter dem Begriff der ländlichen Bodenordnung werden heuteüblicherweise die Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz(FlurbG) und dem achten Abschnitt (§§ 53–64b) des Landwirt-schaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) zusammengefasst. Da-rüber hinaus gibt es in einigen Bundesländern weniger bekannteBodenordnungsverfahren, wie zum Beispiel die Eigentumsrege-lung beim Bau neuer Straßen und Wege nach dem Grenzberei-nigungsgesetz (GrenzberG) in Hessen oder die Zusammenle-gung von Waldgenossenschaften nach dem Gemeinschafts-waldgesetz (GemWaldG) in Nordrhein-Westfalen. Da dieseVerfahren bundesweit eher eine untergeordnete Bedeutung ha-ben, sollen sie im Folgenden unberücksichtigt bleiben.

Das LwAnpG ist partielles Bundesrecht für das Beitrittsgebietund regelt im achten Abschnitt (§§ 53–64b LwAnpG) die „Ver-fahren zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhält-nisse“ zur Bereinigung der Eigentumsprobleme, die infolge derkollektiven Bodennutzung durch die Landwirtschaftlichen Pro-duktionsgenossenschaften (LPGen) zu DDR-Zeiten entstandensind und nach der Wende zu Tage traten. Die Verfahren werdengemäß der Begriffsbestimmung in § 53 Abs. 3 LwAnpG auchals „Flurneuordnung“ bezeichnet und gliedern sich in die aufeinzelne Gebäude bezogenen Zusammenführungsverfahrennach § 64 LwAnpG zur Beseitigung des selbstständigen Gebäu-deeigentums (s. hierzu weiterführend THIEMANN 2016a) und diesog. Flächenverfahren nach § 53 Abs. 1 und 2 LwAnpG zur um-fassenden Eigentumsregelung in den Orts- und Feldlagen einerGemeinde (s. THIEMANN 2006; präzisiert vor dem Hintergrunddes Beschlusses der Bundesverwaltungsgerichts vom 29. De-zember 2010 [RdL 2011, S. 157 f.] und des Urteils des Oberver-waltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. November 2012 – 8K 5/11 durch THIEMANN 2014).

Während die Zusammenführungsverfahren entweder als frei-williger Landtausch (§ 54 LwAnpG) oder als hoheitliches Bo-denordnungsverfahren (§ 56 LwAnpG) durchgeführt werden,erfolgt die Anordnung der Flächenverfahren stets nach § 56LwAnpG. Auf die Einzelheiten der ländlichen Bodenordnungnach §§ 53 ff. LwAnpG soll hier ebenfalls nicht weiter einge-gangen werden, weil für die Feststellung und Neuordnung derEigentumsverhältnisse neben dem LwAnpG gemäß § 63 Abs. 2LwAnpG im Übrigen die Vorschriften des FlurbG sinngemäßanzuwenden sind. Somit gelten die zur Flurbereinigung ge-troffenen Aussagen zur nachhaltigen Kulturlandschaftsentwick-lung durch Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes, Flächen-bereitstellung und Unterstützung der Umsetzung von PlanungenDritter auch für die Flächenverfahren nach §§ 53 und 56LwAnpG.

Das FlurbG ist gemäß Art. 125a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)fortgeltendes Bundesrecht und nach Art. 8 des Einigungsvertra-ges (EV) am 3. Oktober 1990 auch im Beitrittsgebiet in Kraftgetreten. Es regelt fünf verschiedene Verfahrensarten (Regel-flurbereinigung nach §§ 1, 4 und 37 FlurbG, vereinfachtes Flur-bereinigungsverfahren zur Landentwicklung nach § 86 FlurbG,

Unternehmensflurbereinigung nach §§ 87–90 FlurbG, be-schleunigtes Zusammenlegungsverfahren nach §§ 91–103FlurbG und freiwilliger Landtausch nach §§ 103 a–k FlurbG).Bis auf das Verfahren zur „Bereitstellung von Land in großemUmfange für Unternehmen“, allgemein auch als Unternehmens-flurbereinigung bezeichnet, sind alle anderen Verfahren pri-vatnützig, d. h. mit der Neuordnung müssen in erster Linie Zieleverfolgt werden, die im wohlverstandenen, objektiven Interesseder Beteiligten liegen (s. § 4 FlurbG).

Zur ländlichen Bodenordnung im weiteren Sinn gehört auch derPflugtausch in Eigenregie der landwirtschaftlichen Betriebe (s.THIEMANN 2016b) und der freiwillige Nutzungstausch (FNT)als Bodenordnung auf Pachtbasis (s. SCHÄUBLE 2007). Entge-gen den Erwartungen Anfang der 2000er Jahre konnte sich derFNT jedoch nicht durchsetzen und hat nur noch eine unterge-ordnete Bedeutung. So wurden zum Beispiel im Jahr 2016 le-diglich zehn Verfahren mit zusammen 719 ha durchgeführt (s.Übersicht 1, drei Verfahren in Bayern mit 442 ha und siebenVerfahren in Rheinland-Pfalz mit 277 ha).

4. Fremdnützige Bodenordnung für GroßbauvorhabenDer Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle auch auf die sog.Unternehmensflurbereinigung nach §§ 87 ff. FlurbG eingegan-gen werden. Sie dient dem Zweck, das von öffentlichen Groß-bau- und anderen Infrastrukturvorhaben beanspruchte Land zurVerfügung zu stellen und die verursachten landeskulturellenSchäden (insbesondere Durchschneidungsschäden in derGrundstücks- und Infra- und Biotopstruktur) zu beseitigen.

Die Unternehmensflurbereinigung ist mit dieser Zielstellungfremdnützig, weil es in erster Linie um die Umsetzung von Pla-nungen Dritter geht, hinter der die Interessen der Grundstücks-eigentümer und Flächennutzer im Konfliktfall zurücktretenmüssen. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dassdem jeweiligen Unternehmensträger auf Antrag die nach demPlanfeststellungsbeschluss für den Baubeginn erforderlichenFlächen über vorläufige Anordnungen zur Regelung von Besitzund Nutzung nach § 36 FlurbG zur Verfügung zu stellen sind(§ 88 Nr. 3 FlurbG) und die endgültig für das Vorhaben ein-schließlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigtenFlächen durch den Flurbereinigungsplan gemäß § 88 Nr. 4FlurbG zu Eigentum zuzuteilen sind (s. hierzu weiterführendFEHRES 2014). Diese vorläufige und endgültige Landbereitstel-lung ist als Vollzug der Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3GG zu werten, weshalb neben den genannten Verfahrenszielenals weitere Anordnungsvoraussetzung die generelle Zulässig-keit der Enteignung für das jeweilige Vorhaben gegeben seinmuss und die Unternehmensflurbereinigung nur auf Antrag derEnteignungsbehörde durchgeführt werden kann.

Der Unternehmensträger hat für den Nutzungsausfall in Folgeder vorzeitigen Flächenbereitstellung, für die Flächen selbst so-wie für die von ihm verursachten Ausführungskosten zur Behe-bung der Durchschneidungsschäden und anderer Nachteile derTeilnehmer eine Geldentschädigung an die Teilnehmergemein-schaft zu leisten. Ferner muss er sich an den Verfahrenskostenbeteiligen. Hierzu wurde zuletzt im Jahr 2011 ein Pauschalbe-trag vom 550 € pro ha zwischen dem Bundesministerium fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVB) und dem Bundes-ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz neu festgelegt. Der Betrag gilt bis Ende 2019 für Maß-nahmen im Zuständigkeitsbereich des BMVB, wird aber auchin anderen Bereichen, wie der Wasserwirtschaft oder dem Lan-desstraßenbau, angewendet. Der jeweilige Unternehmensträgererspart sich durch die Unternehmensflurbereinigung den eige-nen Grunderwerb und erhebliche Kosten, weil die landeskultu-rellen Schäden in der Flurbereinigung mit den Möglichkeiten

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der umfassenden Neugestaltung des Verfahrensgebietes we-sentlich kostengünstiger beseitigt werden können. Mit der Be-seitigung der landeskulturellen Nachteile werden im Zuge derNeuordnung in der Regel auch agrarstrukturelle Vorteile für dieGrundstückseigentümer erzielt. Dies ist ein durchaus ge-wünschter Nebeneffekt, soweit sich diese Vorteile aus dem Ver-ursacherprinzip des Maßnahmenträgers ergeben. Vielfach ge-lingt es sogar, durch Rückgriff auf Fiskalvermögen der öffentli-chen Hand und Landabfindungsverzichtserklärungen einzelnerTeilnehmer (§ 52 FlurbG) einen gesonderten Landabzug für dasUnternehmen nach § 88 Nr. 4 FlurbG ganz zu vermeiden.

Die Unternehmensflurbereinigung kann bei entsprechendenVoraussetzungen auch als sog. kombiniertes Verfahren nach§§ 1 und 87 FlurbG durchgeführt werden. In diesem Fall sorgtsie mit ihren Instrumenten der Koordination, Planung und Flä-chenbereitstellung sowie Erschließung und Grundstücksneuord-nung nicht nur dafür, dass die Großbauvorhaben eigentums-,nutzungs- und landschaftsverträglich in den Gesamtraum einge-bunden, sondern in einem ganzheitlichen Ansatz gleichzeitigauch strukturelle Defizite im ländlichen Raum behoben werden.Denn wie in jedem Regelflurbereinigungsverfahren gehört esauch zu den Aufgaben der kombinierten Verfahren, ein bedarfs-gerechtes Wegenetz zu schaffen, die wasserwirtschaftlichenVerhältnisse zu ordnen, einen flächendeckenden Biotopverbundaufzubauen und alle Grundstücke nach Lage, Form und Größezweckmäßig zu gestalten und dabei auch Maßnahmen des Bo-den- und Gewässerschutzes zu realisieren.

Nach einer repräsentativen Erhebung in fünf unterschiedlichenVerfahren in Nordrhein-Westfalen (s. BMS Consulting 2005),die in etwa das Anwendungsspektrum der Unternehmensflurbe-reinigung abdecken, weisen allein die in Geld fassbaren Wert-schöpfungsbeiträge einen Wirkungsfaktor von durchschnittlich153 % auf (s. HELLE 2006). Dies bedeutet, dass der monetärquantifizierbare Nutzen die Aufwendungen aus den Verfahrens-(persönliche und sachliche Kosten der Flurbereinigungsbehör-den) und Ausführungskosten (Aufwendungen für die investivenMaßnahmen im Verfahren) um mehr als das 1,5-fache über-steigt.

Hinzu kommt die nicht in der Kosten-Nutzen-Analyse enthal-tene subjektive Effektivität der Bodenordnung, d. h. die Qualitätund Wirkung der Neuordnung aus Sicht der Betroffenen. Aufeiner Notenskala von 1 bis 5 bewerten die Träger öffentlicherBelange die für sie erbrachten Leistungen und ihre daraus resul-tierende Zufriedenheit mit der Durchschnittsnote 1,3 sowie dieverschiedenen Projektträger und die Vorstände der Teilnehmer-gemeinschaften mit 1,4 und die Grundeigentümer mit 2,1. DieseBeurteilung bringt deutlich zum Ausdruck, dass die Unterneh-mensflurbereinigung ihrem Anspruch voll und ganz gerechtwird, die verschiedensten Infrastrukturvorhaben eigentums-,nutzungs- und landschaftsverträglich in den Raum einzubindenund die Neugestaltung des Verfahrensgebietes gleichzeitig füreine nachhaltige Entwicklung der Gemeinden zu nutzen. DieUnternehmensflurbereinigung trägt in einem dicht besiedeltenund hoch industrialisierten Land wie der BundesrepublikDeutschland maßgeblich zur Erhaltung und Gestaltung der Kul-turlandschaften bei. Andere Länder kennen dieses Instrumentnicht, und Deutschland wird hierum geradezu beneidet. ImMittel der letzten Jahre liefen deutschlandweit rd. 500 Verfah-ren mit einer Gesamtfläche von 500.000 ha.

5. Privatnützige Bodenordnung im Interesse derGrundstückseigentümer

Die Vorbereitung und Einleitung einer Flurbereinigung erfolgtheute entweder im Rahmen von Prozessen der integrierten länd-lichen Entwicklung (ILE bzw. LEADER) und deren Regional-

management oder durch projektbezogene Untersuchungen (PUbzw. Agrarstrukturelle Entwicklungsplanungen) und intensiveVorgespräche der Flurbereinigungsbehörde mit den voraus-sichtlich betroffenen Grundstückseigentümern, landwirtschaft-lichen Betrieben, Gemeinden und Trägern öffentlicher Belangegemäß § 5 FlurbG (s. weiterführend DLKG 2006). Bereits indieser Phase erfolgt eine enge Abstimmung und Koordinationder unterschiedlichen Planungen, Vorhaben und Interessen, umsie sachgerecht im Flurbereinigungsverfahren berücksichtigenzu können. Dabei stellt sich der Einsatz der verschiedenen Ver-fahren wie folgt dar:

Der freiwillige Landtausch (kurz FLT) nach §§ 103a ff.FlurbG bzw. §§ 54 f. LwAnpG ist die einfachste und schnellsteArt der ländlichen Bodenordnung, indem im Einvernehmen al-ler Beteiligten, d. h. der Grundstückseigentümer und betroffe-nen Rechtsinhaber, möglichst ganze Grundstücke zur Verbesse-rung der Agrarstruktur oder aus Gründen des Naturschutzes undder Landschaftspflege zwischen den Grundeigentümern ausge-tauscht werden. Verweigert ein Beteiligter – aus welchen Grün-den auch immer – sein Einverständnis zum Tauschplan, ist dasVerfahren gescheitert und kann nicht durchgeführt werden. Diesschränkt die Anwendung des freiwilligen Landtausches starkein, so dass er in der Regel nur für kleine Gebiete mit wenigenGrundstücken und Tauschpartnern in Frage kommt. Zur Lösungkonfliktbehafteter oder komplexer Bodenordnungsaufgaben istder FLT daher ungeeignet, weil überzogene oder egoistischeForderungen Einzelner nicht durch hoheitliche Planfestsetzun-gen überwunden werden können. Mithin sieht § 103c Abs. 1FlurbG vor, dass ein freiwilliger Landtausch bei der Flurberei-nigungsbehörde zu beantragen ist und dabei glaubhaft darzule-gen ist, dass sich seine Durchführung verwirklichen lässt, alsoschon weitestgehend Einvernehmen zwischen den Beteiligtenbesteht.

Das beschleunigte Zusammenlegungsverfahren (kurz BZV)nach §§ 91 ff. FlurbG verfolgt das hauptsächliche Ziel, ohnegrößere investive Maßnahmen (Wege-, Gewässer- und Land-schaftsbau) in einem einfachen Verfahren eine schnelle Verbes-serung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land-und Forstwirtschaft zu erreichen. Aus diesem Grund soll auchdie Wertermittlung auf einfache Weise vorgenommen (§ 96FlurbG) und die Abfindung der Teilnehmer möglichst auf derGrundlage von Vereinbarungen festgelegt werden (§ 99FlurbG). Ferner ist kein Wege- und Gewässerplan mit land-schaftspflegerischem Begleitplan nach § 41 FlurbG aufzustel-len. Mit dieser Zielstellung und Maßnahmenbefugnis hat derGesetzgeber das BZV vor allem für eine schnelle Grund-stücksarrondierung in Gebieten mit weitgehend intakter Infra-struktur (Wege- und Gewässernetz) möglichst durch Tauschganzer Grundstücke konzipiert, was den Anwendungsbereichnatürlich stark einschränkt.

Ein BZVkann nach § 91 FlurbG auch durchgeführt werden, umnotwendige Maßnahmen des Naturschutzes und der Land-schaftspflege zu ermöglichen, wenn die Zusammenlegung zu-gleich dem Interesse der betroffenen Grundstückseigentümerdient (§ 93 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Typischer Anwendungsfallist die Nutzungsentflechtung für Naturschutzprojekte, indemdie privaten Grundstücke innerhalb der Gebietskulisse mit wo-anders liegenden Grundstücken im Eigentum der öffentlichenHand ausgetauscht werden. Dabei ist auch ein Grundstücks-erwerb nach § 52 FlurbG über Landabfindungsverzichtserklä-rungen einzelner Teilnehmer zugunsten des Projektträgers mög-lich. Die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Neuordnung sind je-doch stark eingeschränkt, denn für die schnelle Durchführungdes BZV sollen möglichst bestehende Grundstücke ausge-tauscht werden, deren Grenzen sich aber nur selten mit den Ab-

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grenzungen der geplanten Naturschutz- und Landschaftspflege-maßnahmen decken dürften. Dies gilt insbesondere für die rela-tiv schmalen, aber langgestreckten Gewässerrenaturierungeneinschließlich der Ausweisung von Uferrandstreifen zur Umset-zung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Das BZV istdaher trotz der ausdrücklichen Zweckbestimmung in § 91FlurbG nur sehr begrenzt für die Umsetzung von Planungen desNaturschutzes und der Landschaftspflege geeignet. Hinzukommt, dass das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren nach§ 86 FlurbG dieselben Vereinfachungs- und Beschleunigungs-möglichkeiten wie das BZVbietet, jedoch für alle Flurbereini-gungsaufgaben einsetzbar ist. So erklärt es sich, dass im Jahr2016 nur drei beschleunigte Zusammenlegungsverfahren mit ei-ner Gesamtfläche von lediglich 381 ha neu angeordnet wurden.

Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren nach § 86FlurbG wurde im Jahr 1994 grundlegend novelliert. Das Ver-fahren umfasst seitdem im Wesentlichen das gleiche Anwen-dungsspektrum wie das Regelverfahren nach § 1 FlurbG, ist je-doch stärker auf die Landentwicklung und die Lösung von Nut-zungskonflikten ausgerichtet. Dabei ermöglichen es die Rege-lungen in § 86 Abs. 3 FlurbG, die von Vorhaben Dritter verur-sachten Ausführungskosten den jeweiligen Vorhabenträgerndurch entsprechende Regelungen im Flurbereinigungsplan auf-zuerlegen. Ferner stellt die Option, auf die Aufstellung einesWege- und Gewässerplans mit landschaftspflegerischem Be-gleitplan (§ 41 FlurbG) verzichten zu können (§ 86 Abs. 2 Nr. 5FlurbG), eine wesentliche Vereinfachungs- und Beschleuni-gungsmöglichkeit in Neuordnungsgebieten mit weitgehend in-takter Infrastruktur dar. So verwundert es nicht, dass das verein-fachte Flurbereinigungsverfahren zur Landentwicklung inzwi-schen die am häufigsten angeordnete Verfahrensart ist und dasRegelverfahren abgelöst hat. Denn das Verfahren bietet alleMöglichkeiten des Regelverfahrens, zusätzlich aber auch die in§ 86 Abs. 2 FlurbG genannten optionalen Vereinfachungsmög-lichkeiten zur Beschleunigung.

Entsprechend den Regelungen in § 86 Abs. 1 FlurbG lassen sichfolgende Ziele unterscheiden, die bei Vorliegen der Vorausset-zungen natürlich auch miteinander kombiniert werden können,insbesondere nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 FlurbG: ganzheitliche Neuordnung zur Planung und Ausführung von

Maßnahmen zur Agrarstrukturverbesserung und zur Ermög-lichung bzw. Umsetzung von Maßnah-men der Landentwicklung (§ 86 Abs. 1Nr. 1 FlurbG),

Trägerverfahren zur Beseitigung derlandeskulturellen Nachteile von Infra-struktur- und vergleichbaren Maßnah-men Dritter (§ 86 Abs. 1 Nr. 2FlurbG),

Verfahren zur Auflösung von Land-nutzungskonflikten, die aus der Ge-mengelage unterschiedlicher Nutzun-gen oder aus konkurrierenden Flächen-ansprüchen resultieren, (§ 86 Abs. 1Nr. 3 FlurbG) und

agrarisches Kleinverfahren zur Neu-ordnung des ländlichen Grundbesitzes,insbesondere als sog. Zweitbereini-gung bereits früher flurbereinigter Ge-biete (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 FlurbG).

Im Rahmen der integrierten ländlichenEntwicklung ist das Flurbereinigungs-verfahren nach § 86 FlurbG mit seinerZielstellung, Maßnahmen der Landent-wicklung zu ermöglichen bzw. auszufüh-

ren (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG) und Landnutzungskonflikte auf-zulösen (§ 86 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG), von besonderer Bedeutung.Es verfolgt in der Praxis die Behebung agrarstruktureller Män-gel durch Schaffung einer bedarfsgerechten Infrastrukturaus-stattung und Arrondierung des ländlichen Grundbesitzes beigleichzeitiger Unterstützung von Vorhaben Dritter mit denMöglichkeiten der Abstimmung, Planung und Flächenbereit-stellung. Damit einher geht die Lösung von Landnutzungskon-flikten im Interesse aller Beteiligten. Mit dieser Zweckbestim-mung ist das § 86-Verfahren überwiegend privatnützig ausge-richtet und stellt somit eine Inhalts- und Schrankenbestimmungdes Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, die sich imRahmen der Sozialpflichtigkeit gemäß Art. 14 Abs. 2 GG be-wegt, sofern die Bodenordnung insgesamt noch überwiegend imInteresse der Beteiligten liegt, die wertgleiche Landabfindungaller Teilnehmer sichergestellt ist und sie nicht mit Kosten derLandentwicklung als solcher belastet werden (s. WINGER-TER/MAYR 2018, § 1, Rd.-Nr. 7).

Das Regelverfahren nach § 1 FlurbG verfolgt mit der Zweck-bestimmung, die Produktions- und Arbeitsbedingungen in derLand- und Forstwirtschaft zu verbessern sowie die allgemeineLandeskultur und die Landentwicklung zu fördern, eine ganz-heitliche Neuordnung des jeweiligen Verfahrensgebiets. Ob-wohl jede der drei genannten Aufgaben für sich allein oder inbeliebiger Kombination Zweck eines Regelflurbereinigungsver-fahrens sein kann (s. WINGERTER/MAYR 2018, § 1, Rd.-Nr. 2),wird es gewöhnlich nur für umfassende Neuordnungsaufgabeneingesetzt, während für begrenzte Zielstellungen das verein-fachte Flurbereinigungsverfahren zur Landentwicklung nach§ 86 FlurbG Anwendung findet. Letzteres wird aber auch fürkomplexe Bodenordnungsaufgaben genutzt, so dass heute vonder Anzahl und Fläche her etwa doppelt so viele Verfahren nach§ 86 FlurbG als wie nach § 1 FlurbG eingeleitet werden.

Übersicht 1 stellt die aktuelle Flurbereinigungstätigkeit für dasBerichtsjahr 2016 zusammenfassend dar. Mit über 3.500 Ver-fahren und einer involvierten Fläche von über 2,6 Mio. ha um-fasst die ländliche Bodenordnung regional unterschiedlich 10 %bis 15 % des Landes. Die Zahlen verdeutlichen, dass die Flur-bereinigung nach wie vor eines der wichtigsten Instrumente zurErhaltung und Gestaltung der ländlichen Räume ist (s. weiter-führend FEHRES/THIEMANN 2012). Dabei lassen sich in Bezug

Übersicht 1

Verfahrensstatistik zur ländlichen Bodenordnung in Deutschland (BMEL 2018)

Ende des Jahres 2016laufende Verfahren

im Jahr 2016beendete Verfahren

im Jahr 2016angeordnete Verfahren

Verfahrensart Anzahl Fläche Anzahl Fläche Anzahl Fläche

Regelverfahren 1 454 519 114 ha 64 17 129 ha 34 13 536 ha

Landentwicklungs-verfahren 1 366 867 442 ha 86 36 969 ha 55 19 941 ha

Unternehmens-flurbereinigung 531 466 283 ha 27 15 110 ha 18 19 148 ha

BZV – Zusammen-legungsverfahren 158 154 419 ha 19 8 107 ha 3 381 ha

Flurneuordnung inden neuen Ländern 419 612 458 ha 30 30 676 ha 8 9 112 ha

Gesamt 3 519 2 619 716 ha 226 107 991 ha 114 62 118 ha

FLT – FreiwilligerLandtausch 630 18 544 ha

FNT – FreiwilligerNutzungstausch 10 719 ha

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auf die Kulturlandschaftsentwicklung drei grundsätzliche Ty-pen von Agrarlandschaften unterscheiden, die die Handlungser-fordernisse und das Potenzial der ländlichen Bodenordnung ver-deutlichen. Dies soll in den nachfolgenden Planspielen näher er-örtert werden.

6. Bodenordnungsbedarf zur nachhaltigenKulturlandschaftsentwicklung

Bei aller Unterschiedlichkeit der Landschaften in Deutschlandlassen sich drei repräsentative Agrarlandschaftstypen identifi-zieren, die einen Großteil des ländlichen Bodenordnungsbedarfsabdecken. Die Klassifizierung beruht auf einer Erhebung vonSCHÄUBLE (2007, S. 35 ff.), in der die Agrarstrukturen inDeutschland aus landwirtschaftlicher Sicht näher analysiertwerden. Nicht mit einbezogen sind lediglich die traditionellenbäuerlichen Kulturlandschaften, wie Geest-, Heide-, Moor- undHeckenlandschaften, die Gebiete mit Sonderkulturen (Wein-,Hopfen-, Spargel-, Obst- und Gemüseanbau) sowie die Grün-landregionen im Alpenvorland mit ihren speziellen Handlungs-erfordernissen zur Erhaltung und Gestaltung der Kulturland-schaft.

6.1Typ 1: Ungeordnete und durch intensive Nutzungausgeräumte AgrarlandschaftenVorwiegend in Südwestdeutschland (insbesondere Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg), aber auch imsüdlichen Nordrhein-Westfalen und vereinzelt in Niedersachsenfindet man intensiv genutzte Agrarlandschaften vor, in denenbisher keine neuzeitliche Flurbereinigung stattgefunden hat.

Es handelt sich überwiegend um ehemalige Realteilungsgebietemit stark zersplittertem und zerstreutem Grundbesitz. DieAcker- und Grünlandgrundstücke sind gemischt verteilt, zu-meist sehr klein (< 1 ha), unförmig und schlecht erschlossen. Inbewegten Lagen ist dasAckerland oft durch eine starke Neigungund zumeist ungünstige Furchenrichtung in Gefällrichtung ge-kennzeichnet und daher sehr erosionsgefährdet. Die Wege sindunregelmäßig angelegt, in manchen Bereichen liegt eine Über-erschließung vor. Im Allgemeinen ist das Wegenetz jedoch zugrobmaschig, kaum ausgebaut und in einem äußerst schlechtenUnterhaltungszustand. Die Gewässer sind in der Regel begra-digt, ohne Uferbepflanzung und von der unmittelbar angrenzen-den Ackernutzung stark beeinträchtigt. Die Feldlage ist auf-grund der intensiven Nutzung weitgehend ausgeräumt, so dassnaturnahe Elemente mit Ausnahme der schmalen Ackerrainekaum vorhanden sind. Als Fazit ist festzuhalten, dass die Land-schaften den heutigen Anforderungen einer modernen Land-wirtschaft in keinster Weise entsprechen und sowohl ihre öko-logischen Funktionen (Boden- und Gewässerschutz, Biotopver-

netzung) als auch ihre ästhetische Wertigkeit für Freizeit undErholung weitestgehend verloren haben. Notwendig ist dahereine ganzheitliche Neugestaltung der Kulturlandschaft (s. Plan-spiel in Abb. 1, linkes Bild).

Das Planspiel in Abb. 1 (mittleres Bild) verdeutlicht, dass einebefriedigende Lösung über die Landschaftsplanung (§ 11BNatSchG) und freiwillige Bodenordnung nicht zu erreichenist, weil dabei die vorhandenen Wege-, Gewässer- und Grund-stücksstrukturen als gegeben angehalten werden müssen. So be-steht zum Beispiel aus landespflegerischer Sicht im Wesentli-chen nur die Möglichkeit, Baumreihen entlang der Wege zupflanzen, Ufergehölze innerhalb der Grenzen des Gewässer-grundstücks anzulegen und Schutzstreifen durch Nutzungsver-einbarungen aus der Bewirtschaftung zu nehmen sowie einzelneGrundstücke anzukaufen und durch Bepflanzung aufzuwerten.Die Wege können lediglich auf den vorhandenen Trassen in-standgesetzt und die Bewirtschaftungseinheiten über einenPachtflächentausch bedingt vergrößert werden. Eine überzeu-gende Gesamtlösung kann auf diese Weise nicht erreicht wer-den. Sie erfordert vielmehr eine umfassende Landschaftsgestal-tung mit folgenden Schwerpunkten, um eine nachhaltige undzukunftsfähige Landnutzung zu erreichen:

Landwirtschaft: Ausbau eines bedarfsgerechten Wegenet-zes und Arrondierung der Grundstücke.

Bodenschutz: standortangepasste Flächennutzung, insbe-sondere Grünland im Hang- und Auenbereich, Verkürzungder erosionswirksamen Hanglänge durch Drehen der Be-wirtschaftungsrichtung (Konturnutzung) und Anlage vonErosionsschutzhecken.

Gewässerschutz: Renaturierung der Fließgewässer ein-schließlich der Ausweisung von Gewässerschutzstreifenund einer Grünlandnutzung im Auenbereich.

Arten- und Biotopschutz: Waldrandneugestaltung undAufbau eines raumgreifenden Biotopverbunds.

Das Planspiel in Abb. 1 (rechtes Bild) stellt eine mögliche Neu-ordnungsvariante dar, die die genannten Zielkriterien und Maß-nahmenbündel weitgehend umsetzt. Für die landwirtschaftli-chen Betriebe ist damit eine moderne Acker- und Grünlandbe-wirtschaftung auf großen (5–15 ha), gut geformten und ausrei-chend erschlossenen Schlägen möglich. Die Erosionsgefähr-dung ist auf ein vertretbares Maß reduziert und damit die Bo-denfruchtbarkeit auf Dauer gewährleistet.

Im Zusammenhang mit diesen Flurbereinigungsvorteilen ist je-doch zu beachten, dass bei steigender Tendenz schon jetzt über50 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Westdeutschlandnicht eigengenutzt, sondern langfristig verpachtet sind. Für dieGrundstückseigentümer und Verpächter bringt die Bodenord-nung zunächst eine nachhaltige Werterhaltung ihres Grundver-

Abb. 1 (links): Landschaftstyp der ungeord-neten und durch intensive Nutzung ausge-räumten Agrarlandschaft(Oberholzer 2000, S. 82)

Abb. 1 (Mitte): Weiterentwicklung in denvorhandenen Wege-, Gewässer- undGrundstücksstrukturen ohne umfassendeBodenordnung (Oberholzer 2000, S. 85)

Abb. 1 (rechts): Ganzheitliche Neugestal-tung der Kulturlandschaft durch Flurberei-nigung (Oberholzer 2000, S. 87)

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mögens. Die optimierten Agrarstrukturen sorgen dafür, dasseine flächendeckende Landbewirtschaftung auf Dauer gewähr-leistet und die Gefahr des Brachfallens von unrentabelenKleinstgrundstücken beseitigt ist. Die Eigentümer haben inFolge der Bodenordnung nunmehr Grundstücke, die auch in Zu-kunft zu angemessenen und tendenziell steigenden Zinsen si-cher verpachtet werden können.

Wie auch immer die Neuordnung des Verfahrensgebiets im Ein-zelnen aussehen mag, sie ist in jedem Fall nur über eine umfas-sende Neugestaltung der Wege-, Gewässer- und Grundstücks-strukturen effektiv möglich. Dabei sind im Flurbereinigungs-verfahren für jeden Teilnehmer die bekannten Gestaltungs-grundsätze nach § 44 Abs. 3–5 FlurbG (Erschließungspflicht,Zusammenlegungsauftrag, Entsprechungsgebot und Struktur-änderungsverbot) anzuhalten und umzusetzen. Ansonsten stehtder Flurbereinigungsbehörde unter gerechter Abwägung alleröffentlichen und privaten Interessen an die Landnutzung (s. § 37Abs. 1 Satz 1 und § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG) ein großerGestaltungsspielraum zu, der ja erst eine, wie in Abb. 1 (rechtesBild) skizzierte, ganzheitliche Neuordnung möglich macht.

In diesem Zusammenhang dürfen, wie SEUFFERT (2011a, b) nä-her ausführt, nicht einzelne alte Grundstücke mit einzelnenneuen Grundstücken verglichen werden, sondern ist für jedenTeilnehmer die Gesamtheit des alten gegenüber dem neuenGrundeigentum maßgeblich. Der einzelne Teilnehmer hat zu-dem keinen Anspruch auf Zuteilung bestimmter Grundstücke inbestimmter Lage. Vielmehr ist unter Abwägung aller Interesseneine großzügige Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neu-zeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzuneh-men (s. § 37Abs. 1 Satz 2 und § 44Abs. 3 Satz 1 FlurbG). Hier-bei kann auch ein Weniger an Qualität durch ein Mehr an Flächeund umgekehrt ausgeglichen werden. Es ist also eine saldie-rende Betrachtungsweise möglich, die der Flurbereinigungsbe-hörde erst den notwendigen Planungs- und Gestaltungsspiel-raum eröffnet. Wertgleich ist eine Abfindung dann, wenn derWert des gesamten neuen Besitzes in Bezug auf den erzielbarenErtrag sowie den Benutzungs- und Verwendungsmöglichkeitendem Wert des gesamten Altbesitzes entspricht (s. WINGERTER/MAYR 2016, § 44, Rd.-Nr. 8).

Dies verdeutlicht, dass – sofern die wertgleiche Landabfindungnach § 44 FlurbG im vorbeschriebenen Sinn für alle Teilnehmersichergestellt ist – die für öffentliche Zwecke (Ausbau der örtli-chen Infrastruktur, Gewässer-, Biotop- und Artenschutz, land-schaftsbezogene Erholung etc.) erworbenen Flächen im Rah-men der ohnehin notwendigen umfassenden Neugestaltung desVerfahrensgebietes an die jeweils benötigte Stelle gelegt wer-den können, ohne dass in die Abfindungsansprüche der Teilneh-mer eingegriffen wird. Zweckmäßigste Verfahrensart ist zwei-felsohne die ganzheitliche Neuordnung zur Planung und Aus-führung von Maßnahmen zur Agrarstrukturverbesserung undzur Ermöglichung bzw. Umsetzung von Maßnahmen der Land-entwicklung nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG, eventuell in Kom-bination mit § 86 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG zur Auflösung von Land-nutzungskonflikten, die aus der Gemengelage unterschiedlicherNutzungen oder aus divergierenden Flächenansprüchen resul-tieren.

Die benötigten Flächen sind zunächst aus dem eigenen Flächen-pool der jeweiligen Vorhabenträger zu nehmen. Reicht diesnicht aus, ist das Land über Abfindungsverzichtserklärungennach § 52 FlurbG zu besorgen, was bei den ohnehin mit jedemTeilnehmer zu führenden Planwunschgesprächen (§ 57 FlurbG)realisiert werden kann. Erfahrungsgemäß begrüßen viele Eigen-tümer, die keinen Bezug zur Landwirtschaft mehr haben, oftauch nicht am Ort wohnen und somit ihr Grundeigentum eherals Belastung empfinden, gerade in den ehemaligen Realtei-

lungsgebieten die Möglichkeit, ihren Grundbesitz gegen eineangemessene Geldabfindung im Flurbereinigungsverfahren aufeinfache Weise abgeben zu können. Erst wenn diese Möglich-keiten ausgeschöpft sind, kommt eine Flächenbereitstellungüber § 40 Satz 3 FlurbG in Betracht (s. weiterführend THIE-MANN 2012). Dabei sind 1,5 % des Wertes der gesamten Ver-fahrensflächen ohne weiteres vertretbar, weil der allgemeineFlurbereinigungsvorteil in Gebieten mit den eingangs skizzier-ten Voraussetzungen praktisch immer höher ist (s. WINGERTER/MAYR 2008, § 40, Rd.-Nr. 7).

Wie eine ältere, jedoch für den hier betrachteten Landschaftstypund der umfassenden Neuordnung des Verfahrensgebiets immernoch repräsentative Erhebung in Baden-Württemberg zeigt, be-trägt der Landabzug nach § 47 FlurbG im Mittel 5,4 %, wovon3,1 % für gemeinschaftliche Anlagen, 1,8 % zum Ausgleich imSinne von § 44 Abs. 2 FlurbG und nur 0,5 % für öffentliche An-lagen, die nicht zugleich dem wirtschaftlichen Interesse derTeilnehmer dienen, benötigt werden (s. OBERHOLZER 1986).Die Landbereitstellung für öffentliche Zwecke aus demLandbeitrag der Teilnehmer bleibt damit – im Durchschnittbetrachtet – weit unterhalb der rechtlich möglichenHöchstgrenze.

6.2Typ 2: Kleinstrukturierte, einseitig agrarökonomischgestaltete AgrarlandschaftenDie in den 1950er und 60er Jahren durchgeführten Flurbereini-gungen hatten in Westdeutschland das hauptsächliche Ziel, dielandwirtschaftliche Produktion zu steigern und optimale Bedin-gungen für die Landwirtschaft zu schaffen. Vor dem Hinter-grund der Mangelversorgung in der Nachkriegszeit war es biszu Beginn der 1970er Jahre das primäre politische Ziel, die Nah-rungsmittelversorgung zu sichern und alle verfügbaren Flächenmöglichst intensiv zu nutzen (sog. innere Kolonisation). Gleich-zeitig sollten die traditionellen Grundstücksstrukturen (s.Abb. 1, linkes Bild), die den Bedürfnissen einer zunehmend me-chanisierten Landwirtschaft kaum mehr entsprachen, an dieneuen Erfordernisse angepasst und über eine Steigerung derProduktion bei gleichzeitiger Senkung der Arbeits- und Maschi-nenkosten ein adäquates Einkommen für die Landwirtschaft si-chergestellt werden. An Maßnahmen des Naturschutzes und derLandschaftspflege wurde dabei nicht gedacht; im Gegenteil, siehätten einen Flächenverlust zu Lasten der Produktion bedeutet.Auch der Gewässerausbau hatte in dieser Zeit zum Ziel, mög-lichst wenig Fläche zu verbrauchen (Ausbau im sog. Regel-trapezprofil ohne Bepflanzung). Die Gräben und Vorfluter soll-ten in Verbindung mit großflächigen Dränagen das nutzungsbe-hindernde Wasser möglichst schnell aus der Landschaft brin-gen. Im bewegten Gelände wurde der Erosion damals wenigBe-achtung geschenkt, da im Vergleich zu heute der Maisanbau we-nig verbreitet war.

Das Ergebnis der damaligen Neuordnungsverfahren sind ausge-räumte Intensivagrarlandschaften, die für heutige Maßstäbe je-doch eine zu kleinteilige Grundstücksstruktur und ein zu engesWegenetz aufweisen (s. Abb. 2, rechtes Bild). Naturnahe Land-schaftselemente, wie Gehölze und Raine, machen lediglich 1–2 % der Fläche aus und sind in der Regel auf unproduktiveRandflächen an Wegen und Gewässern beschränkt. Im beweg-ten Gelände fehlen in der Regel notwendige Erosionsschutzvor-kehrungen.

Notwendig ist daher nach objektiven Kriterien eine Weiterent-wicklung der Kulturlandschaft unter ökonomischen und ökolo-gischen Aspekten, um die Fehler der einseitigen Neuordnung zukorrigieren und den gewandelten Ansprüchen an die Landnut-zung gerecht zu werden. Hieraus ergeben sich folgende Schwer-punkte der Neuordnung:

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Landwirtschaft:Ausdünnung des Wegenetzes und Ausbauder Wege auf alter Trasse sowie Arrondierung der Grund-stücke.

Bodenschutz: Verkürzung der erosionswirksamen Hang-länge und Drehen der Bewirtschaftungsrichtung.

Gewässerschutz: Renaturierung der Fließgewässer ein-schließlich Bepflanzung und der Anlage von Uferrandstrei-fen.

Arten- und Biotopschutz: Aufbau eines raumgreifendenBiotopverbunds mit den Fließgewässern als Kernelement.

Das Planspiel in Abb. 2 stellt eine Ausgangssituation (s. linkesBild) und deren mögliche Neuordnung dar, die die Maßnahmenin den einzelnen Handlungsfeldern umsetzt (s. rechtes Bild).Zweckmäßigste Verfahrensart ist in einfachen Fällen das agra-rische Kleinverfahren nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 FlurbG, ansonstendas Verfahren nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG.

Die Bodenordnung bringt für die landwirtschaftlichen Betriebedie schon beschriebenen Vorteile, wobei der Effekt auf Grundder besseren Ausgangssituation wesentlich geringer ist. Glei-ches gilt auch für die Grundstückseigentümer und Verpächter.Im Gegensatz zum Landschaftstyp der ungeordneten und aus-geräumten Agrarlandschaft ist bei der Zweitbereinigung die re-gelmäßige Struktur des Wege- und Gewässernetzes weitgehendanzuhalten und um die neuen Bodenschutz- und Biotopflächenzu ergänzen, wodurch sich die Zuteilungsblöcke ergeben. DieErosionsschutzhecken und naturnah umgebauten Gewässer sindzweifelsohne gemeinschaftliche Anlagen (§ 39 FlurbG) und da-her problemlos zu realisieren. Die Uferschutzstreifen an den Ge-wässern, vor allem aber die Biotopverbundelemente sind öffent-liche Anlagen (§ 40 FlurbG) und können deshalb nur in demUmfang angelegt werden, wie eigenes Land der Maßnahmen-träger vorhanden ist oder Flächen über § 52 FlurbG besorgt wer-den können. Denn eine Erhöhung des Landbeitrags gegen Geld-ausgleich an die Teilnehmergemeinschaft gemäß § 40 Satz 3i. V. m. § 47 Abs. 1 FlurbG scheidet bei der vorgegebenen Situ-ation weitgehend aus, da die Flurbereinigungsvorteile der ein-zelnen Teilnehmer schon von den Geld- und Landbeiträgen zurRealisierung der Erosionsschutz-, Wege- und Gewässerbau-maßnahmen aufgezehrt sein dürften. Aus diesem Grund bleibtauch der Biotopverbund im Planspiel lückenhaft, obwohl wei-tere Elemente an den Wegen ohne Grundstückserschließungs-funktion (insbesondere parallel zum Gewässer) prinzipiellmöglich wären.

Damit verdeutlicht das Planspiel die Grenzen der Landbereit-stellung für öffentliche Zwecke in der Flurbereinigung: § 40Satz 3 FlurbG ist nur soweit anwendbar, wie es durch die Flur-

bereinigungsvorteile des jeweiligenVerfahrens gerechtfertigt ist, wobeidie Geld- und Landbeiträge zurSchaffung der gemeinschaftlichenAnlagen (§ 39 FlurbG) natürlich mitzu berücksichtigen sind (s. WINGER-TER/MAYR 2008, § 40, Rd.-Nr. 8).Bei Bodenordnungsverfahren mitvergleichsweise schwachen Vortei-len, aber hohen Aufwendungen imWegebau sowie im Boden- und Ge-wässerschutz scheidet die Anwen-dung von § 40 Satz 3 FlurbG damitweitgehend aus. Die Landbereitstel-lung muss dann über eigene Flächender Vorhabenträger bzw. Abfin-dungsverzichtserklärungen einzel-ner Teilnehmer (§ 52 FlurbG) erfol-gen.

Maßgeblich und zu beachten ist ferner die benötigte Lage. Dennaus § 44 Abs. 2 Halbsatz 2 FlurbG geht i. V. m. § 40 FlurbG in-direkt hervor, dass in Land auszugleichende Unformen als di-rekte Folge der Flächenbereitstellung für öffentliche Anlagen,die nicht zugleich dem wirtschaftlichen Interesse der Teilneh-mer dienen, unzulässig sind. Vor allem bei Zweitbereinigungenin Gebieten mit regelmäßigem Wege- und Gewässernetz, wie estypischerweise in Abb. 2 (linkes Bild) dargestellt ist, können dieFlächen für öffentliche Zwecke daher nur im Gerüst der vorge-gebenen Blockstruktur ausgewiesen werden.

6.3Typ 3: Agrarlandschaften mit Großflächen-bewirtschaftung in OstdeutschlandDie Bodenreform (1945–49) umfasste in der sowjetisch besetz-ten Zone von den 9,3 Mio. ha land- und forstwirtschaftlich ge-nutzter Fläche 3,3 Mio. ha, wovon 1,1 Mio. ha in Volkseigen-tum verblieben und 2,2 Mio. ha überwiegend an Neubauern(Umsiedler), Landarbeiter und landarme Betriebe verteilt wur-den. Hierdurch entstand vor allem in den Ländern Mecklenburg,Brandenburg und Sachsen-Anhalt eine extrem kleinbäuerlicheAgrarstruktur mit Betriebsgrößen von 5–10 ha und Grund-stücksflächen von 1–2 ha. In Thüringen und Sachsen war dieAgrarverfassung seit jeher kleinbäuerlich geprägt mit einer re-gional sehr unterschiedlichen Größe der Haupterwerbsbetriebevon durchschnittlich 10–20 ha. 1950 existierten in der DDR rd.855 000 landwirtschaftliche Privatbetriebe mit einer Durch-schnittsgröße von nur 7,2 ha (sic!). Die dadurch bedingte klein-strukturierte und breit gestreute Eigentumsverfassung bestehtnoch heute, ist jedoch von der durch die LandwirtschaftlichenProduktionsgenossenschaften (LPGen) geschaffenen großflä-chigen Nutzungsstruktur überlagert.

Nach Abschluss der Kollektivierung (1952–60) bewirtschafte-ten die LPGen fast 90 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen,der Rest entfiel im Wesentlichen auf Volkseigene Güter (VEG)und die individuellen Hauswirtschaften von 0,5 ha Größe, diejeder Genossenschaftsbauer auf eigene Kosten und eigenen Nut-zen bewirtschaften durfte. Aufgrund ihrer umfassenden unddauernden Nutzungsbefugnis (s. § 8 Abs. 1 LPG-Gesetz 1959bzw. § 18 LPG-Gesetz 1982) führten die LPGen schon ab Mitteder 1960er flächendeckend Flurmeliorationen durch, die das Er-scheinungsbild der Kulturlandschaft grundlegend veränderten.Um die Großflächenbewirtschaftung zu ermöglichen, wurdenKleinstrukturen, Gewässer, Hecken und Feldgehölze sowie einGroßteil des alten Wegenetzes entfernt. Bei den Meliorationengalten 30 ha als untere Schlaggröße; sofern die Topographie eszuließ, wurden Schläge von bis zu 300 ha Größe und mehr ge-

Abb. 2 (links): Landschaftstyp der einseitigagrarökonomisch gestalteten Agrarlandschaftmit zu kleinteiliger Nutzungsstruktur (Oberholzer2000, S. 114)

Abb. 2 (rechts): Weiterentwicklung mit Hilfe derFlurbereinigung (Oberholzer 2000, S. 117)

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schaffen. Nach der Wende mussten sich die Agrarbetriebe inden vorhandenen Strukturen einrichten, so dass die Großflä-chenbewirtschaftung der kollektiven Landwirtschaft zu DDR-Zeiten weitgehend erhalten blieb. Dies zeigt sich sehr deutlichan der durchschnittlichen Schlaggröße, die heute regional unter-schiedlich zwischen rd. 30 ha und über 50 ha liegt.

Gerade durch die Beseitigung der zahlreichen unbefestigtenWege liegt die Mehrheit der vergleichsweise kleinen Grundstü-cke heute inmitten der Großschläge und hat keine Zuwegungmehr. Da auch die Abmarkung schon in der Anfangsphase derKollektivierung systematisch zerstört wurde, sind die einzelnenGrundstücke in der Örtlichkeit nicht mehr auffindbar. Danebenwurden viele Grundstücke durch die Infrastrukturmaßnahmender LPGen, wie Straßen, Wege, Gewässer und Windschutz-hecken, überbaut und dadurch weitgehend entwertet. Vor die-sem Hintergrund gewährt § 53 Abs. 1 f. LwAnpG den betroffe-nen Grundstückseigentümern und Agrarbetrieben einen Rechts-anspruch auf Lösung ihrer aus der kollektiven Bodennutzung zuDDR-Zeiten entstandenen Eigentumsprobleme.

Eine Hauptaufgabe der ländlichen Bodenordnung besteht alsodarin, jedem Eigentümer seinen Grundbesitz wieder zur Verfü-gung zu stellen, um so das Grundrecht auf Eigentum im Sinnevon Art. 14 GG auch für die Inhaber ländlicher Grundstücke inder freien Feldlage wieder herzustellen. Dies geschieht, indemnach Klärung und Feststellung aller Eigentumsverhältnisse dieBesitzstände aus den vorhandenen Unterlagen (Liegenschafts-kataster und Bodenschätzung der Finanzverwaltung) wertmäßigerfasst und unter Einpassung in die bestehenden und neu ange-legten Infrastrukturen und anderen Landschaftselemente soweitwie möglich arrondiert so zugeteilt werden, dass eine ortsübli-che Erschließung (§ 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG) gesichert und dieindividuelle Nutzung (Eigenbewirtschaftung, Verkauf oderVerpachtung) jederzeit möglich ist. Dadurch wird die in fast40 Jahren kollektiver Bodennutzung verloren gegangene Über-einstimmung zwischen Örtlichkeit und Grundstücksnachweiswieder hergestellt. Für die landwirtschaftlichen Betriebe entste-hen zudem gesicherte Eigentums- und Flächennachweise, dieden Pachtverwaltungsaufwand deutlich reduzieren, die Antrag-stellung im Rahmen der Agrarförderung wesentlich erleichternund einen gezielten Flächenerwerb zur dringend notwendigenErhöhung des Eigentumsanteils ermöglichen. Hinzu kommt diebedarfsgerechte Erschließung aller Nutzflächen durch den länd-lichen Wegebau und die Beseitigung ökologischer Schäden inder Landschaft, vor allem in Bezug auf den Boden- und Gewäs-serschutz. Damit ergeben sich primäre folgende Handlungsfel-der:

Eigentumssicherung: Feststellung und Neuordnung der Ei-gentumsverhältnisse zur Beseitigung der Folgen der kol-lektiven Bodennutzung.

Landwirtschaft: Instandsetzung des vorhandenen Wege-netzes, Regulierung der Eigentums- und Pachtverhältnisse,Verkleinerung übergroßer Schläge, insbesondere zur Erhal-tung der Bodenfruchtbarkeit.

Bodenschutz: Anlage von Erosionsschutzhecken, Verkür-zung der Hanglängen und Umsetzung der Konturnutzung.

Gewässerschutz: Rückbau von Verrohrungen, Renaturie-rung der Fließgewässer, Anlage von Uferschutzstreifen,Umsetzung der Wasserrückhaltung in der Fläche.

Arten- und Biotopschutz: Nutzung der Erosionsschutz-maßnahmen und Gewässerbepflanzungen für die Biotopver-netzung.

Das Planspiel in Abb. 3 (s. linkes Bild) stellt eine Ausgangssi-tuation dar, bei der die Landwirte bereits versucht haben, mitihren Mitteln die überdimensionierten Schläge zur besseren Ge-staltung der Fruchtfolgen und aus Gründen des Bodenschutzeszu verkleinern. Das gesamte Handlungsspektrum kann jedochnur über eine Bodenordnung realisiert werden, insbesondere dieEigentumsregelung sowie der Boden- und Gewässerschutz(s. Abb. 3, rechtes Bild). Zweckmäßigste Verfahrensart ist ineinfachen Fällen das Flächenverfahren nach § 56 LwAnpG undbei umfangreicheren Vorhaben das Landentwicklungsverfahrennach § 86 Abs. 1 Nr. 1 u. 3 FlurbG in Kombination mit der Ziel-stellung nach § 53 Abs. 1 u. 2 LwAnpG (s. hierzu Urteil desBVerwG vom 14. Dezember 2005, RzF 1 zu § 56 LwAnpG).

Die Bodenordnung bringt durch den ländlichen Wegebau unddie Eigentumsregulierung direkte einzelbetriebliche Vorteilefür die landwirtschaftlichen Betriebe. Sie führt ferner zu einerInwertsetzung der Landschaft für die regionale und gemeindli-che Entwicklung (Ausbau der örtlichen Verkehrsinfrastruktur),den Tourismus und die Naherholung (Erschließung und Bele-bung des Landschaftsbildes) sowie den Ressourcenschutz (Bo-den- und Gewässerschutz). In vielen Verfahren erklären sich da-her die Gemeinden und/oder die Agrarbetriebe bereit, die Ei-genleistungen (Geldbeiträge) der Teilnehmer nach § 19 Abs. 1FlurbG zu übernehmen. Denn während vor allem die Gemein-den und die landwirtschaftlichen Betriebe erheblich von der Bo-denordnung in der Feldlage profitieren, ist ein unmittelbarerwirtschaftlicher Vorteil für die Grundstückseigentümer kaumgegeben. Für sie ist die Bodenordnung in der Ortslage wesent-lich wichtiger.

In den neuen Ländern haben die Agrarbetriebe einen durch-schnittlichen Eigentumsanteil von rd. 25 %, d. h. rd. 75 % derFlächen befinden sich in der Hand von Eigentümern mit 5–

Abb. 3 (links): Landschaftstyp der einseitig agrarökonomisch gestal-teten Agrarlandschaft mit Großflächenbewirtschaftung (Oberholzer2000, S. 118)

Abb. 3 (rechts): Weiterentwicklung mit Hilfe der ländlichen Boden-ordnung nach dem LwAnpG bzw. FlurbG (Oberholzer 2000, S. 121)

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15 ha Grundvermögen, die ihre Flächen in der Regel zu denortsüblichen Konditionen nach den Katasterangaben langfristigverpachtet haben. Da die Kollektivierung vor nunmehr fast70 Jahren begann, hat kaum ein Eigentümer seinen Grundbesitzin eigener Bewirtschaftung gehabt, so dass hierüber keine Be-ziehung zum Eigentum entstehen konnte. Dennoch ist festzu-stellen, dass vielfach eine starke emotionale Bindung besteht,das Grundvermögen im Familienbesitz zu halten. Diesem An-liegen wird durch die Feststellung und Neuordnung der Eigen-tumsverhältnisse entsprochen, indem die Grundstücke nachLage, Form und Größe zweckmäßig gestaltet wieder zur Verfü-gung gestellt und so die Folgen der kollektiven Bodennutzungdurch die LPGen beseitigt werden.

Andererseits ist aber auch eine hohe Verkaufsbereitschaft vor-handen, die für den gezielten Flächenerwerb nach § 52 FlurbGgenutzt werden kann. So verwundert es nicht, dass die für öf-fentliche Vorhaben benötigten Flächen in den neuen Ländern imAllgemeinen freihändig beschafft werden können. In der ländli-chen Bodenordnung ist ein bestehender Pachtvertrag dabei keinHindernis, da der Pächter nach § 73 FlurbG i. V. m. § 49 Abs. 1und 3 sowie § 53 Abs. 2 Satz 1 FlurbG eine Auflösung desPachtverhältnisses gegen Geldentschädigung hinnehmen muss.Zu beachten ist jedoch die benötigte Lage. Wie oben für dieZweitbereinigung dargestellt, können die Flächen für öffentli-che Zwecke nur in Übereinstimmung mit der vorgegebenenBlockstruktur ausgewiesen werden.

7. Zusammenfassung und abschließendes FazitDer Beitrag beschränkt sich auf die Kulturlandschaftsentwick-lung in der Feldflur durch ländliche Bodenordnung. Die Ana-lyse der aktuellen Entwicklungstrends zeigt, dass die Klima-anpassung der Agrarlandschaften zu den drängendsten Zu-kunftsaufgaben gehört. Hier ist neben dem Gewässer- undHochwasserschutz vor allem der Bodenschutz zu intensivieren.Daher gewinnen die klassischen landeskulturellen Aufgaben derFlurbereinigung in Zukunft erheblich an Bedeutung. Sie lassensich mit der ohnehin notwendigen Feststellung und Neuordnungder Eigentumsverhältnisse in Ostdeutschland sowie der Erstbe-reinigung und Weiterentwicklung bereits flurbereinigter Ge-biete in Westdeutschland zur Behebung von agrarstrukturellenMängeln in der Grundstücks- und Erschließungsstruktur verbin-den.

Gefragt sind in Zukunft vor allem integrale Neuordnungsver-fahren, die die Verbesserung der Agrarstruktur mit dem Boden-,Gewässer-, Biotop- und Landschaftsschutz kombinieren unddamit in erster Linie den Interesse der Grundstückseigentümerund landwirtschaftlichen Betriebe als Flächennutzer dienen, alsuntergeordneten Nebenzweck aber auch öffentliche Interesseneiner nachhaltigen Kulturlandschaftsentwicklung und Klima-anpassung verfolgen. Daneben ist die Unternehmensflurbereini-gung zur eigentums-, nutzungs- und landschaftsverträglichenUmsetzung von Großbauvorhaben nach wie vor ein wichtigesAufgabenfeld der ländlichen Bodenordnung. Für alle Neuord-nungsaufgaben bietet das FlurbG eine überaus bewährte und er-folgversprechende gesetzliche Grundlage, die über § 63 Abs. 2LwAnpG auch in den sog. Flächenverfahren der Flurneuord-nung nach §§ 53 und 56 LwAnpG anzuwenden ist.

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Verfasser: Univers.Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz ThiemannUniversität der Bundeswehr München, Professur für

LandmanagementWerner-Heisenberg-Weg 39, 85577 Neubiberg

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Produktionssteigerung war gestern, was leistet die Flurbereinigung heuteoder braucht die Landentwicklung neue Instrumente?

von Wolfgang Ewald

Der viel zitierte ländliche Raum ist einzigartig: Er bietet denMenschen ein hohes Maß an Lebensqualität, und seine gepfleg-ten, abwechslungsreichen Kulturlandschaften prägen maßgeb-lich das Gesicht unseres Landes. Nicht nur die Bewohner desländlichen Raumes, sondern in besonderem Maße auch die Ein-wohner der sogenannten Metropolregionen und Ballungsge-biete wissen dies vermehrt zu schätzen.

Lebensqualität und Kulturlandschaft sind eng mit der Land- undForstwirtschaft verbunden. Nur wenn es gelingt, Wiesen, Äckerund Wälder nachhaltig zu bewirtschaften und unsere Dörfer zustärken, werden sich diese Werte auf Dauer sichern lassen undden ländlichen Raum vor einem Verlust an Qualität und Attrak-tivität bewahren. Die Landentwicklung kann mit ihren Instru-menten immer schon wirksam dazu beitragen. Und heute sogarmehr denn je: Längst sind die Zeiten vorbei, als Flurbereinigungnur ein Instrument für die Landwirtschaft war. Durch verändertegesellschaftspolitische Rahmenbedingungen und Zielsetzungenkommen die Maßnahmen der Flurbereinigung bzw. derLandentwicklung immer mehr dem ländlichen Raum und dergesamten Gesellschaft zu Gute.

Damit stellt sich die Frage, was oder besser für wen genau leistetdie Landentwicklung heute einen Beitrag? An erster Stelle wärehier natürlich unverändert die Land- und Forstwirtschaft zunennen.

Land- und ForstwirtschaftDie klassische Flurbereinigung hilft den Land- und Forstwirten,ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die Verringerung von Arbeits-zeiten zu verbessern und somit Kosten zu sparen. Mit dem In-strument der Bodenordnung werden die Wirtschaftsflächennach Lage, Form und Größe an die aktuellen betrieblichen Er-fordernisse angepasst und zur Erschließung dieser Flächen einneues Wegenetz konzipiert und gebaut.

Angesichts des großen Pachtflächenanteils geht jedoch derTrend zu großen, langandauernden Regelflurbereinigungsver-fahren zurück. Hier sind schnelle Lösungen, die in kurzer Zeitohne viel Aufwand Lösungen bringen, wie zum Beispiel dasPachtflächenmanagement, gefragt. Steht jedoch eine Erneue-rung oder umfassende Verbesserung des Wegenetzes an, soführt kein Weg an einem Flurbereinigungsverfahren vorbei. ImVordergrund steht dabei das Vereinfachte Flurbereinigungsver-fahren nach § 86 FlurbG.

Dabei ist die Verbesserung des Wegenetzes in den letzten Jah-ren noch mehr in den Mittelpunkt gerückt. Hintergrund dafürist, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft zu neuen orts-und gemeindeübergreifenden Pachtbeziehungen und damit zuveränderten Anforderungen an das Wegenetz führt. Diesen An-forderungen müssen sich auch unsere Wegenetze anpassen. Invielen Kommunen sind die Gemeindeverbindungsstraßen und

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Wirtschaftswege in die Jahre gekommen. Die Wege sind Jahr-zehnte alt, gerade einmal 3 m breit und nur für Achslasten von5 t ausgelegt. Diese Voraussetzungen genügen für die hochleis-tungsfähigen Maschinen von Landwirten, Lohnunternehmenund Maschinenringen heute bei weitem nicht mehr. ModerneAnhänger können bis zu 11,5 t Einzelachslast und zusammenmit der Zugmaschine ein Gesamtgewicht von 40 t haben.60 km/h schnelle Schlepper mit 350 PS und mehr sind dabeiStandard. Um diesen Anforderungen zu genügen, sehen dieneuen Richtlinien für den ländlichen Wegebau (RLW) für sol-che Maschinen Hauptwirtschaftswege mit 3,5 m Fahrbahnbreiteplus Seitenstreifen und Entwässerungsgraben vor.

Aus diesen Gründen setzen derzeit immer mehr Landentwick-lungsverwaltungen einen neuen Schwerpunkt im Bereich derErtüchtigung der Agrarinfrastruktur. Bei der Schaffung von so-genannten Ländlichen Kernwegenetzen geht es um eine ge-meindeübergreifende und multifunktional angelegte Ertüchti-gung des Hauptwirtschaftswegenetzes. Das neue Wegenetz sollweitmaschiger, d. h. mit weniger Wegen, aber dafür mit höhererAusbauqualität konzipiert werden. Der Ausbau erfolgt weitge-hend auf bestehenden Wegtrassen und dadurch flächenscho-nend. Zur Unterstützung einer ganzheitlichen Gemeindeent-wicklung wird das neue Wegenetz in Bayern in eine interkom-munale Gesamtplanung eingebunden.

Zur Umsetzung des Wegenetzes bzw. einzelner Wege darauskommen unterschiedliche Strategien zum Einsatz. So kann dieUmsetzung über– Vereinfachte Flurbereinigungsverfahren (§ 86 FlurbG)– Wegebau außerhalb der Flurbereinigung (wenn kein oder

nur geringer Bodenordnungsbedarf) oder den

– Einsatz von Drittmittelnerfolgen. Wichtigster Faktor bei der Umsetzung des LändlichenKernwegenetzes ist in der Regel die Flächenverfügbarkeit. DieBodenordnung im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrenskann auch hierbei der Schlüssel zum Erfolg sein. Aufgrund desimmensen Umfangs an ländlichen Wegen wird die Umsetzungzu einer Daueraufgabe der Landentwicklung.

Für die KommunenVitale Gemeinden und Dörfer sind das Rückgrat des ländlichenRaumes. In Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortli-chen, den Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren Akteurenwerden die Gemeinden und Dörfer fit für die Zukunft gemacht.Durch die Dorferneuerung werden die Standortqualität undLebensverhältnisse in den Gemeinden und Dörfern gestärkt. Mitder Ausrichtung auf die bauliche und soziale Innentwicklungsowie der Einführung der Fördermöglichkeit vonKleinstunternehmen ist die Dorferneuerung das zentraleInstrument der Landentwicklung für die Entwicklung derDörfer.

In den sogenannten Integrierten Ländlichen Entwicklungen(ILE), also einem interkommunalen Zusammenschluss mehre-rer Kommunen, versuchen die Gemeinden, gemeinsam Lösun-gen zu aktuellen ökonomischen, ökologischen oder sozialenAnforderungen und Aufgabenstellungen zu finden. Gerade fürkleinere Gemeinden bietet die ILE die Chance, unter dem Motto„Zukunft durch Zusammenarbeit“ auch Problemlösungen anzu-gehen, für die sie selbst zu klein sind.

Für die öffentliche HandGroßprojekte der öffentlichen Hand wie z. B. neue Autobahnen,Eisenbahnstrecken, Ortsumfahrungen oder Flutpolder führenoft zu massiven Eingriffen in die Landschaft, die Infrastrukturund den Grundbesitz. Um Enteignungen und existenzbedro-hende Eingriffe zu vermeiden und den Landverlust auf mög-lichst vielen Schultern zu verteilen, ist immer noch die Unter-nehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbG das adäquate Mittelder Wahl. Durch ein Unternehmensverfahren werden die Nach-teile für Grundeigentümer vermieden oder ausgeglichen und diebenötigten Flächen ohne Enteignung im Tauschwege bereitge-stellt. Die Großbaumaßnahme kann dadurch schnell umgesetztwerden. Zudem können unternehmensbedingten Nachteile wieDurchschneidungsschäden bei landwirtschaftlichen Flächen,aber auch mit den Infrastruktureinrichtungen verbundene Um-wege mittels Bodenordnung ausgeglichen werden. Letztendlichwird durch die durchgeführten Maßnahmen der Wert derGrundstücke erhalten oder gesteigert. Damit profitieren von ei-nem Unternehmensverfahren sowohl die öffentliche Hand (Un-ternehmensträger) als auch die privaten Grundeigentümer.

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Für die GesellschaftGleichzeitig hilft Flurbereinigung aber auch mit, die Landschaftim öffentlichen Interesse zu gestalten und so z. B. Hilfestellungfür– den Naturschutz,– den Klimaschutz,– den Hochwasserschutz,– den Schutz des Bodens, der Gewässer und des

Grundwassers sowie– bei Freizeit und Erholungzu geben.

NaturschutzStanden sich vor einigen Jahrzehnten Naturschützer und Flur-bereiniger/Ländliche Entwickler noch als Gegner gegenüber, sosind beide heute zu Partnern geworden. In den Planungen derLandentwicklung sind der Schutz und die Entwicklung vonNatur und Landschaft Grundanliegen, die mit den ökonomi-schen Zielen von Flurbereinigungsverfahren und Infrastruktur-projekten zu vereinbaren sind. Die Sicherung einer gesundenUmwelt, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Bodenund Wasser sowie der Erhalt der biologischen Vielfalt sind beiProjekten der Landentwicklung seit Jahrzehnten wichtigeAnliegen. Mehr noch: Mit den Instrumenten der Landentwick-lung, insbesondere dem Flächenmanagement und der Boden-ordnung in Flurbereinigungsverfahren, können die Belange desNaturschutzes eigentums- und flächenschonend sowie hochef-fizient unterstützt werden.

Dass dem so ist, zeigen allein schon verschiedenste Flurbereini-gungsverfahren mit ökologischem Schwerpunkt.

KlimaschutzAufgrund der Rekordtemperaturen im Sommer 2018 ist derKlimaschutz wieder besser in den Fokus der Bevölkerunggerückt. Auch auf diesem Sektor leistet die Landentwicklungihren Beitrag, meist in Zusammenarbeit mit der Naturschutz-verwaltung und den anerkannten Verbänden. Die Wieder-vernässung der vor allem im 19. und 20. Jahrhundert trocken-gelegten Moorlandschaften tragen dazu bei, die Moore alsriesigen CO2-Speicher zu erhalten bzw. zu reaktivieren. Mitdem Flächenmanagement können Landnutzungskonfliktezwischen Naturschutz einerseits und Landwirtschaft undTorfabbau andererseits gelöst und die Vielfalt, Eigenart undSchönheit der Moore nachhaltig gesichert werden.

Als Beispiel dafür sei das Murnauer Moos am Rand der Alpengenannt. Mit rd. 7000 Hektar ist es das größte zusammen-hängende, noch weitgehend ursprüngliche Moorgebiet Mittel-europas.

HochwasserschutzDie zunehmenden Starkregenereignisse und wiederkehrendenHochwässer der letzten Jahre haben den dringenden Bedarf anMaßnahmen zum vorbeugenden Hochwasserschutz aufgezeigt.Auch hier kann die Flurbereinigung mit ihrem Flächenman-agement punkten und zur Lösung bzw. zur Entschärfung derSituation beitragen. Wesentliches Ziel ist es dabei, den Abflussdes Oberflächenwassers zu verlangsamen und so zur Vermei-dung bzw. Verringerung von Hochwasser im Flurbereini-gungsgebiet selbst und in den „tiefer liegenden“ Gebietenbeizutragen.

So können/sollen bereits die Grundsätze zur Neugestaltung desVerfahrensgebietes (§ 38 FlurbG) und die Projektbeschrei-bungen Aussagen zum vorbeugenden Hochwasserschutz ent-halten, insbesondere über den erkennbaren Bedarf und die sichergebenden Möglichkeiten. Bei der Planung der gemeinschaft-lichen und öffentlichen Anlagen (§ 41 FlurbG) sowie bei derenUmsetzung können Maßnahmen zur Verringerung des Ober-flächenwasserabflusses ergriffen werden. Die Maßnahmenreichen dabei von der Aufweitung und Renaturierung vonGewässern über die Anlage von kleinen dezentralen, abfluss-hemmenden Rückhaltebecken bis hin zur Erhöhung von We-gedämmen, um so landschaftsverträgliche Rückstaumöglich-keiten zu schaffen.

In der Bodenordnungsphase gilt es, bei der Neueinteilung desGrundbesitzes alle Möglichkeiten ausschöpfen, durch ergän-zende Maßnahmen wie z. B. die Pflanzung von Hecken und dasAnlegen von Ranken und eine geeignete Bodenordnung mithangparalleler Bewirtschaftung zum vorbeugenden Hochwas-serschutz beizutragen.

Auch in den durch die Landentwicklung unterstützten interkom-munalen Entwicklungsprozessen kann gemeindeübergreifendzur Erstellung und Umsetzung von Hochwasserschutzkonzep-ten beigetragen werden.

Die Flurbereinigung kann neben den eigenen Maßnahmen aberauch bodenordnerische Unterstützung bei Maßnahmen andererTräger wie z. B. der Wasserwirtschaft leisten (z. B. Ausweisungund Bau von Flutpoldern).

Gewässer und GrundwasserschutzBodenabtrag mindert nicht nur die Fruchtbarkeit der Böden, erbelastet zudem die Wegseitengräben und Gewässer bis hin zurVerschlammung ganzer Ortschaften. Die aktuellen klimatischenVeränderungen mit zunehmenden Starkregenereignissen undTrockenphasen erfordern Anpassungen der Landschaftsgestal-tung und Bodennutzung. Neben dem Abtrag von wertvollemHumus spielt aber auch der damit verbundene Eintrag von Nähr-stoffen, Düngemitteln sowie Herbiziden und Pestiziden in dieGewässer und das Grundwasser eine Rolle. Wer erinnert sich

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nicht an die Presseschlagzeile im Juni 2018: „EU verurteiltDeutschland wegen zu viel Nitrat im Grundwasser“. Auch hierkann die Flurbereinigung einen Beitrag zur Besserung derSituation leisten.

In Bayern hat dazu die Verwaltung für Ländliche Entwicklungdie Initiative „boden:ständig“ gestartet, eine Initiative, in derengagierte Gemeinden und Landwirte zusammen mit fachkun-digen Beratern gemeinsam für Boden- und Gewässerschutzaktiv werden. Die Landwirte engagieren sich mit erosionsmin-dernden Bewirtschaftungsmethoden, die Gemeinden an denBächen – und gemeinsam sind sie in der Fläche bei der Anlagevon Puffersystemen aktiv. Kernelement von boden:ständig istdas Prinzip der Freiwilligkeit. Die Umsetzung von Maßnahmenerfolgt dabei im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren oderauch von rein privaten Initiativen. Maßnahmen sind z. B. dieAnlage von Uferschutzstreifen, die Begrünung von Ab-flussmulden oder die Anlage von Sedimentationsbecken.

Freizeit und ErholungVermehrt stellen auch andere Nutzergruppen Ansprüche an dasländliche Wegenetz. Im Gegensatz zu früher hat die Funktio-nalität der Wegenetze zugenommen. Diesem wird bei derPlanung der zuvor bereits erwähnten Kernwegenetze Rechnunggetragen. So integrieren die Kernwegenetze bereits Rad- undWanderwegenetze und ermöglichen so oft den Lückenschluss.

Fazit:Mit den aktuellen bestehenden Möglichkeiten des Flurbereini-gungsgesetzes bzw. des GAK-Rahmenplans (Förderung nichtnur der Flurbereinigung und des ländlichen Wegebaus, sondernauch der Dorfentwicklung sowie von Basisdienstleistungen undKleinstunternehmen zur Grund- und Nahversorgung) ist dieLandentwicklung bestens ausgestattet. Landentwicklungbedeutet heute, Beiträge zur Sicherung der Land- und Forst-wirtschaft, für vitale Dörfer, zum Schutz der Kulturlandschaftund der Natur sowie zum Wohl der Gesellschaft auszuführenoder zu unterstützen. Insbesondere mit der Möglichkeit und derKompetenz zum Flächenmanagement und der Bodenordnungbietet sich die einzigartige Chance, ökonomische undökologische Interessen in Einklang zu bringen. Auf neue,grundlegende Instrumente kann also zum jetzigen Zeitpunktverzichtet werden. Viel wichtiger als neue Instrumente ist es,die personellen und finanziellen Ressourcen der Landentwick-lungsverwaltungen als den Dienstleister zur Entwicklung länd-licher Räume zu stärken.

Verfasser: MR Wolfgang EwaldBayerisches Staatsministerium für Ernährung,

Landwirtschaft und Forsten

Möglichkeiten der Flurbereinigung zur Reduzierung des Flächenfraßes

von Theo Kötter

ZusammenfassungDie Flurbereinigung als integriertes Flächenmanagement kannnicht nur die unterschiedlichen Nutzungsansprüche in den länd-lichen Räumen ordnen und nachhaltig sichern, sondern auch zueiner effizienten Nutzung der Ressource Fläche und folglichzum Erreichen des Nachhaltigkeitsziels Fläche beitragen. In denländlichen Räumen weisen dafür die Verfahren der ländlichenNeuordnung nach dem FlurbG eine zentrale Bedeutung auf, mit

deren Hilfe agrarstrukturell veranlasste Bodenordnungsverfah-ren durchgeführt sowie auch flächenbeanspruchende Drittpla-nungen realisiert und Landnutzungskonflikte aufgelöst oder zu-mindest vermindert werden können. Im vorliegenden Beitragwird ein multikriterieller Bewertungsansatz vorgestellt, mit demsich die Ergebnisse der Bodenordnungsverfahren für beide Ver-fahrenstypen im Hinblick auf Effizienz der Landnutzung syste-matisch analysieren und beurteilen lassen.

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1. Problemfeld FreiflächenverbrauchDie Flächeninanspruchnahme und der Flächennutzungswandelin ländlichen Räumen prägen seit langem den wissenschaftli-chen Nachhaltigkeitsdiskurs. Dabei stehen neben der Frei-raumsicherung die Erhaltung landwirtschaftlicher Nutzflächenzur Sicherung ausreichender Flächen für den Anbau von Nah-rungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen sowie zur Erhal-tung der vielfältigen ökologischen, klimatischen und sozialenFreiraumfunktionen im Fokus.

Mit 184.332 km² (51,6 %) Landwirtschaftsfläche und 109.515km² Waldfläche (30,6 %) stellen die Land- und Forstwirtschaftmit einem Anteil von etwa Vierfünftel (82,2 %) an der Gesamt-fläche des Bundesgebiets die Hauptflächennutzer dar. Diese Bo-dennutzung findet weit überwiegend in ländlichen Räumenstatt, und deren Bedeutung geht weit über die Produktion vonNahrungs- und Futtermitteln sowie nachwachsenden Rohstof-fen wie Biomasse und Holz hinaus. Dabei geraten die freiraum-bezogenen Landnutzungen und deren Funktionsvielfalt durchanhaltende außerlandwirtschaftliche Flächenansprüche immerstärker unter Druck. Vor allem durch das fortgesetzte Wachstumder Siedlungs- und Verkehrsflächen (SuV) als die drittgrößteNutzungsart mit 49.066 km² (13,7 %) der Gesamtfläche verrin-gert sich die Landwirtschaftsfläche in den prosperierendenStadtregionen ganz erheblich. Hinzu kommt der Flächenbedarffür Kompensationsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutz-gesetz. Diese Entwicklung hat aufgrund der gegenwärtigenPhase der Urbanisierung eine neue Dynamik erfahren.

Zu den gegenwärtig wichtigsten gesellschaftspolitischen Anfor-derungen an die Flächennutzung gehören die bedarfsgerechteBereitstellung von Siedlungs- und Verkehrsflächen, die Produk-tion von Nahrungsmitteln, der Ausbau der erneuerbaren Ener-gien sowie die Sicherung der natürlichen Ressourcen. Aus die-

1 T. Kötter (2013). Landnutzung im Wandel. K. Kummer, J. Fran-kenberger (Hrsg.) Das deutsche Vermessungs- und Geoinforma-tionswesen, S. 319 - 350. Berlin.2 Deutscher Bundestag (2017): Fläschenverbrauch in Deutsch-land. Dokumentation WD 7 - 3000 - 163/17,https://www.bundestag.de/blob/538838/79607ff081975e3196cd76588334e2c1/wd-7-163-17-pdf-data.pdf;

sen vier Bereichen ergeben sich die wesentlichen Herausforde-rungen und Probleme sowie die Erfordernisse für die planeri-sche Steuerung der Flächennutzung.1 Zugleich führen die zu-nehmenden Flächenansprüche in allen vier Bereichen zu einemwachsenden Druck auf die Flächen und damit auch auf die länd-lichen Räume. Allein der tägliche Zuwachs der Siedlungsflä-chen hat sich in den letzten Jahren auf einem nahezu gleichblei-benden Niveau bewegt und erfährt durch die Wanderungen indie Städte und die Wanderungsbewegungen einen neuen dyna-mischen Anstieg.

Die Bundesregierung strebt bis zum Jahr 2050 das sogenannteFlächenverbrauchsziel „Netto-Null“ (Flächenkreislaufwirt-schaft) an. Hierbei soll der Anstieg der Siedlungs- und Ver-kehrsfläche (SuV) im Einklang mit der nationalen Nachhaltig-keitsstrategie, die nunmehr alle 17 Sustainable DevelopmentGoals (SDGs) der Vereinten Nationen umfasst, bis 2030 auf„30 ha minus x pro Tag“ reduziert und danach weiter gesenktwerden, so dass spätestens bis zum Jahr 2050 der Übergang zurFlächenkreislaufwirtschaft erreicht ist. Darüber hinaus soll auchder einwohnerbezogene Freiraumverlust verringert und zu-gleich eine Verringerung der Siedlungsdichte vermieden wer-den. In Übereinstimmung mit dem Fahrplan für ein ressourcen-schonendes Europa der Europäischen Kommission soll der Frei-flächenverbrauch so weit reduziert werden, dass bis 2050 nettokein Freiraum mehr in Anspruch genommen wird.2

Zugleich nehmen die Erwartungen an die ländlichen Räume zu,einen Beitrag zu den umweltpolitischen Zielen, insbesonderezur Erhaltung der Biodiversität und zum Artenschutz sowie zumKlima- und Wasserschutz zu leisten. Daher wird angesichts zu-nehmender Flächenansprüche, Nutzungskonkurrenzen und Nut-zungskonflikte der Handlungsbedarf für das Flächenmanage-ment wachsen, um die erforderliche Effizienz der Flächennut-

zung bei konstantem Flächenangebot zusteigern.3 Dazu bedarf es eines Ansatzes, umdie Effizienz der Flächennutzung analy-sieren und bewerten zu können.

2. Flächennutzungsansprüche2.1 Siedlung und VerkehrDie umfangreichsten und irreversiblen Ver-luste von landwirtschaftlichen Flächen ent-stehen durch die Verwirklichung von neuenSuV. Die SuV-Entwicklung in Deutschlandhat sich seit langem mit einem absolutenFlächenzuwachs um ca. 730.000 ha bzw.durchschnittlich 100 ha/Tag innerhalb von20 Jahren (1995–2015) von der Wirtschafts-und Bevölkerungsentwicklung entkoppelt.Das Flächenwachstum hat sich zwar bis auf66 ha/Tag im Jahr 2015 verlangsamt, indes-sen ist keine Trendwende erkennbar. Zuge-nommen haben auch Waldflächen (47 ha/Tag) und Wasserflächen (11 ha/Tag). Imgleichen Zeitraum verringerten sich dielandwirtschaftlichen Flächen um absolut817.800 bzw. 124 ha/Tag, die damit denweitaus überwiegenden Teil der Flächen-nachfrage bereitgestellt hat. Die SuV ist al-

Deutscher Bundestag (2017): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie -Neuauflage 2016, Drucksache 18/10910, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810910.pdf, S. 38, Zugriff 3.4.3018.3 Vgl. J. Fehres, K.-H. Thiemann (2013). Zentrale Handlungsfelderder Bodenordnung und des Landmanagements. K. Kummer, J. Fran-kenberger, Das deutsche Vermessungs- und Geoinformationswe-sen, S. 377-430. Berlin: Wichmann.

Abb. 1: Entwicklungstrend und Entwicklungsziele für die Siedlungs- und Verkehrsflächen inDeutschland

Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/flaeche/siedlungs-verkehrsflaeche#textpart-2, Zugriff 3.4.2018

44 WF 1/19

lerdings nicht mit versiegelter Fläche gleichzusetzen, sondernenthält auch Erholungsflächen, insbesondere Grünanlagen undSportflächen, die im Jahr 2015 mit immerhin 35 ha/Tag erheb-lich zur Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen beigetragenhaben. Wegen der wachsenden Bedeutung müssen auch die Ein-richtungen und Infrastrukturen des Fremdenverkehrs als wichti-ger Treiber des Flächenwachstums beachtet werden. Für die Er-reichung des flächenpolitischen Nachhaltigkeitsziels von „30 haminus x pro Tag“ im Jahr 2030 wäre eine jährliche Reduzierungder Neuinanspruchnahme um ca. 7 % erforderlich; tatsächlichbetrug die durchschnittliche Abnahme 2009–15 lediglich 4 %.Weiterhin erfolgen umfangreiche indirekte Flächeninanspruch-nahmen durch Immissionsbelastungen entlang von Straßen undim Umfeld von gewerblichen und industriellen Standorten. Inqualitativer Hinsicht sind schließlich auch die Zerschneidungund Fragmentierung der Landschaft durch Verkehrs- und Ener-gieinfrastrukturen zu nennen. So hat in den letzten Jahren ins-besondere der Anteil der unzerschnittenen Landschaftsräumeüber 100 km² bundesweit stark abgenommen. In NRW gibt esnoch sechs Einzelflächen mit dieser Mindestgröße, und derenFlächenanteil beträgt 2,7 % der Landesfläche.4

2.2Landwirtschaft und NahrungsmittelproduktionDie Sicherung der Welternährung stellt eine der größtenflächenrelevanten Herausforderungen dar. Die globaleNachfrage nach Nahrungsmitteln wird vor allem durch den An-stieg der Weltbevölkerung beeinflusst, die seit 1998 von rd. 6Mrd. um ca. 13 % auf rd. 7,6 Mrd. Menschen im Jahre 2017gewachsen ist und im Jahr 2023 wahrscheinlich bereits 8 Mrd.umfassen wird. Hinzu kommen die steigende Kaufkraft inSchwellen- und Entwicklungsländern sowie veränderteErnährungsgewohnheiten der Bevölkerung, insbesondere dieverstärkte Nachfrage nach tierischen Produkten, die denFlächenbedarf erhöhen. So wird für die Erzeugung derselbenMenge Nahrungskalorien mit Fleisch im Vergleich zu Getreideetwa die 10-fache Fläche benötigt.5 Der flächenhafteFußabdruck belief sich im Jahr 2010 auf rund 2.700 m²Ackerland pro Einwohner in Deutschland, davon etwa 50 % fürtierische Nahrungsmittel, 25 % für pflanzliche Nahrungsmittelund 25 % für Non-Food-Produkte. Hinzu kommt einGrünlandbedarf von etwa 1.600 m² pro Einwohner für dieTierproduktion. Insgesamt besteht für den Konsum inDeutschland ein Bedarf an 22 Mio. ha Ackerland; davon könnenindessen lediglich 12 Mio. ha im Inland gedeckt werden, so dassdie weiteren benötigten Flächen im Ausland beansprucht wer-den.6

Hinzu kommt der Klimawandel als weiterer Einfluss auf die Er-zeugung von Nahrungsmitteln, der die landwirtschaftlicheNutzbarkeit von Flächen zumindest regional auch in Deutsch-land nach 2030 verändern und teilweise einschränken wird. Dieglobalen Auswirkungen werden die Nachfrage nach landwirt-

4 Vgl. http://uzvr.naturschutzinformationen.nrw.de/uzvr/de/fachinfo/ergebnisse; Zugriff 30.4.20165 Vgl. Koerber et al.(2009): Globale Nahrungssicherung für einewachsende Weltbevölkerung – Flächenbedarf und Klimarelevanzsich wandelnder Ernährungsgewohnheiten, J. Verbr. Lebensm. 4(2009): 174 – 189.6 Vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.) (2017): Entwicklung von konsum-basierten Landnutzungsindikatoren Synthesebericht, Dessau-Roß-lau, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2017-09-06_texte_81-2017_synthesebericht.pdf,Zugriff 3.4.2018.7 Deutscher Bundestag (2017): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie– Neuauflage 2016, Drucksache 18/10910,http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810910.pdf, S. 37,Zugriff 3.4.3018.

schaftlichen Nutzflächen in Mitteleuropa und deshalb auch inDeutschland verstärken.

2.3Erneuerbare EnergienMit der Energiewende soll der Gesamtanteil der erneuerbarenEnergien am Brutto-Endenergieverbrauch auf 18 % bis 2020,auf 30 % bis 2030 und 60 % bis 2050 erhöht werden. Der Anteildes Stroms aus erneuerbaren Energiequellen am Bruttostrom-verbrauch auf mindestens 35 % bis 2020, auf 50 % bis 2030 undauf mindestens 80 Prozent bis 2050 ansteigen.7 Dies führt zuerheblichen Flächenbedarfen für den Anbau von Energiepflan-zen, für die Errichtung von Windkraftanlagen und Freiflächen-photovoltaikanlagen, für die Nutzung der Geothermie sowie fürden Ausbau des Stromnetzes. Biomasse stellt mit Anteilen von5,1 % am Primärenergieverbrauch und 69 % an den erneuerba-ren Energien den bedeutendsten erneuerbaren Energieträger dar,der zugleich die umfangreichsten Flächenansprüche und Nut-zungskonkurrenzen verursacht. Bis 2030 wird nach einer Studiedes Umweltbundesamtes insgesamt ein Anstieg bei der Nach-frage nach landwirtschaftlichen Flächen um 500 m² pro Personerwartet, 90 % davon für nachwachsende Rohstoffe, so dasssich eine erhebliche Diskrepanz zwischen verfügbarer Land-wirtschaftsfläche und dem rechnerischen Flächenbedarf inDeutschland entwickeln könnte.8 Andere Untersuchungen kom-men zu dem Ergebnis, dass die für Biomasseerzeugung genutzteFläche sich in Deutschland von 1,7 Mio. ha (2009) bis 2020 auf4 Mio. ha erhöhen kann, ohne die Produktion von Nahrungsmit-teln zu beeinträchtigen.9 Die Ausweitung der Biomasseproduk-tion schafft zumindest regionale Nutzungskonkurrenzen, verän-dert die historische Kulturlandschaft, verdrängt typische Frucht-folgen, fördert Monokulturen und den Umbruch von Grünlandmit der Folge, dass Treibhausgase (THG) freigesetzt werden.

Im Hinblick auf den erheblichen Bedeutungszuwachs desStroms (Verdopplung des Strombedarfs bis 2050) müssen dieKapazitäten der Wind- und Solarparks stark ausgebaut werden.Dafür werden nach grober Schätzung der ACATECH et al. (2017)zusätzliche rd. 5.000 km² Flächen für Solarparks und rd.7.000 km² für Windparks benötigt, eine Fläche, die mehr als alleWasserflächen Deutschland zusammen umfasst und damit er-hebliche Veränderungen und Konflikte für die Landnutzung mitsich bringt.10

2.4Schutzgebiete und natürliche RessourcenEin wesentliches Ziel der nachhaltigen Raumentwicklung ist dieSicherung der vielfältigen Raumfunktionen durch Erhaltung dernatürlichen Ressourcen und der Entwicklungspotenziale sowiedurch ein aktives Ressourcenmanagement. Dabei stehen Boden,Wasser, Klima und die biologische Artenvielfalt sowie dieLandschaftsqualität im Fokus und sind daher eng mit Art undIntensität der Flächennutzung verknüpft. Flächenansprüche er-

8 Würde die Weltbevölkerung agrarische Güter auf dem Niveauwie in Deutschland konsumieren, so müsste die globale Ackerflächeum bis zu 50 % ausgedehnt werden, vgl. Umweltbundesamt (2009):S. 215 ff.9 Agentur für erneuerbare Energien e. V. und Fachagentur nach-wachsende Rohstoffe e.V. (Hrsg.) (2010), S. 10; BMU und BMELV(2010), S. 7.10 Vgl. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaftene.V., Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina e.V., Unionder deutschen Akademien der Wissenschaften e.V. (Hrsg.) (2017):Energiesysteme der Zukunft, Berlin, http://www.acatech.de/fileadmin/user_upload/Baumstruktur_nach_Website/Acatech/root/de/Publikationen/Kooperationspublikationen/ESYS_Analyse_Sektorkopplung.pdf. Zugriff 3.4.2018.

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geben sich vor allem aus den Bereichen des ökologischen Ge-wässerausbaus und des Gewässerschutzes gemäß Wasserrah-menrichtlinie (WRRL) und des Hochwasserschutzes, des Natur-schutzes und der Landschaftspflege gemäß BNatSchG und eu-ropäischen Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie sowiedurch den naturschutzrechtlichen Ausgleich nach § 13 ff.BNatSchG.

Der ökologische Umbau der Gewässer, der Gewässerschutz so-wie die Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel erfordernumfassende Flächenbereitstellungen. So sind z. B. in Nord-rhein-Westfalen rd. 8 % der Landesfläche von derartigen Maß-nahmen betroffen.11 Die mangelnde Flächenverfügbarkeit hatdazu geführt, dass das Ziel der WRRL für 2015 nicht erreichtwerden konnte.

Im Hinblick auf den Naturschutz und die Landschaftspflegesind die „Natura 2000-Gebiete“ zur Erhaltung gefährdeter odertypischer Lebensräume und Arten von besonderer Bedeutung,die derzeit rd. 20 % der Fläche der EU umfassen. In Deutsch-land werden bereits rd. 15 % des Bundesgebietes durch Schutz-gebiete für ein Netz von Biotopverbünden bereitgestellt.12

Die räumliche und zeitliche Entkopplung von Eingriff und Aus-gleich bei Siedlungsflächen hat dazu geführt, dass häufig einenaturschutzrechtliche Kompensation der Eingriffe im Flächen-verhältnis 1 : 1 erfolgt, so dass aus der Sicht der Landwirtschaftvon einer „doppelten“ Flächeninanspruchnahme die Rede ist.

Bereits diese kursorische Darstellung der vier ausgewähltenTreiber der Landnutzung unterstreicht die fortgesetzten erhebli-chen Flächenansprüche und den Bedarf einer Effizienzsteige-rung in der Nutzung der Ressource Fläche als eine wesentlicheHerausforderung für die nachhaltige Entwicklung ländlicherRäume. Zu diesem Zweck ist ein schlüssiger Bewertungsrah-men zur Beurteilung der Flächeneffizienz und damit zur Opti-mierung von Flurbereinigungsverfahren unverzichtbar.

3. Effizienzansatz der Flächennutzung3.1Multikriterienansatz zur Messung und Bewertung derFlächeneffizienzDie Wirkungen der Flurbereinigung im Hinblick auf eine effizi-ente Landnutzung sollen mit einem multikriteriellen Bewer-tungsansatz erfasst und beurteilt werden. Dabei wird indessenfür gewöhnlich nicht nur das ermittelte Ergebnis dieses Vor-gangs berücksichtigt, sondern sie bezieht auch den Prozess zurHerstellung des Ergebnisses ein. Damit umfasst die Wirkungs-analyse neben dem Ergebnis auch den Prozess dorthin. Im vor-liegenden Fall wird indessen eine gesonderte Prozessanalysedurchgeführt, so dass sich die Wirkungsanalyse auf die Effektevon Flurbereinigungsverfahren auf die Flächennutzung und aufdie Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen und andererTeile des Freiraums beschränken kann. Die Verfahren und In-strumente sind hinsichtlich ihrer qualitativen und quantitativenBeiträge zur effektiven Steuerung der Flächennutzung, zum Flä-chensparen und zur effizienten Flächennutzung zu untersuchen.

Für die Wirkungsanalyse wird die Methode der Multikriterien-analyse angewendet, ein bewährter Ansatz aus der Entschei-dungstheorie. Dabei wird ein hierarchisches Set von Kriterienzur Operationalisierung und Konkretisierung sowie zur Anwen-dung des Ansatzes „Effiziente Flächennutzung“ in folgendenArbeitsschritten aufgestellt.

11 Vgl. H. Helmer (2007): Die (neue) Rolle der Landwirtschaft beider Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Standort – Zeit-schrift für Angewandte Geographie 2/2007, S. 87-90.

(1) Festlegung des Wertebereiches und StandardisierungDie abgeleiteten und begründeten 16 Indikatoren weisen weit-gehend unterschiedliche Einheiten und Skalen auf. Daher ist zu-nächst eine Standardisierung erforderlich, bei der alle Indikato-renmesswerte auf eine Skala mit einem Wertebereich von 0 bis10 transformiert werden. Dabei entspricht „0“ der schlechtestenund „10“ der optimalen Ausprägung eines Kriteriums. Der ori-ginäre Wertebereich der Kriterien wird empirisch nach demMini-Max-Prinzip ermittelt, indem zunächst alle Indikatoren fürdie einzelnen Fallstudien berechnet werden. Der insgesamtbeste Indikatorwert wird dem Maximum 10 und der schlechtesteWert dem Minimum 0 zugeordnet, so dass das Gesamtspektrumfür jeden Indikator verfahrensübergreifend abgebildet wird. So-mit ist sichergestellt, dass alle Fallstudien mit ihren spezifischenErgebnissen auf die standardisierte Skala von 0 und 10 übertra-gen werden können. Dabei wird ein linearer Zusammenhang un-terstellt, da Informationen über andere funktionale Beziehungenzwischen Messwertausprägung und transformierter Skala nichtvorliegen und im Rahmen der Studie auch nicht statistisch z. B.durch Regression abgeleitet werden können.

(2) Gewichtung der KriterienDie Gewichtung der Kriterien untereinander erfolgt mittels derMethode des paarweisen Vergleichs. Dabei werden alle Krite-rien miteinander verglichen, und aus der direkten Gegenüber-stellung wird jeweils eine Präferenz durch Punktevergabe aufder Skala 0, 1 oder 2 festgelegt. Die Kriterien werden im Ver-gleich folgendermaßen beurteilt:

2 Punkte, wenn das Kriterium wichtiger ist als das Ver-gleichskriterium,

1 Punkt, wenn beide Kriterien als gleich wichtig erachtetwerden und

0 Punkte, wenn das Kriterium weniger wichtig ist als dasVergleichskriterium.

Im Anschluss an den paarweisen Vergleich werden die Punkteeines Kriteriums aufsummiert und ins Verhältnis zur Gesamt-punktzahl gesetzt. Die Relation bildet die Gewichtung des Kri-teriums.

Sofern für ein Verfahren einige Kriterien nicht relevant seinsollten, so werden diese nicht berücksichtigt. Da sich die er-reichbare Gesamtpunktzahl entsprechend reduziert, kommt denverbleibenden Kriterien ein höheres Gewicht zu. Somit bleibtdie Vergleichbarkeit aller Verfahren erhalten.

(3) Aggregation und IndexbildungZur Berechnung des Flächeneffizienzindex werden die standar-disierten und gewichteten Indikatorenwerte für die jeweiligenKriterien in zwei Stufen aggregiert. So können zunächst Kenn-zahlen zur Flächeneffizienz für jede Kategorie und als Ergebnisder zweiten Stufe letztlich der Flächeneffizienzindex abgeleitetwerden.

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen,dass es sich um eine relative Bewertung der einzelnen Verfahrenhandelt, die einen Vergleich der Verfahrensergebnisse anhanddes Flächeneffizienzindex ermöglicht.

Die einzelnen Kriterien퐾� werden jeweils gewichtet und tragendaher entsprechend ihrer Bedeutung푔� unterschiedlich zum Ge-

12 Vgl. BMUB, NATURA 2000 https://www.bmu.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/naturschutz-biologische-vielfalt/gebietsschutz-und-vernetzung/natura-2000/, Zugriff 3.4.2018.

46 WF 1/19

samtergebnis bei. Der Flächeneffizienzindex ergibt sichschließlich durch zweistufige Aggregation der gewichteten 푛Kriterien:퐹푙ä푐ℎ푒푛푒푓푓푖푧푖푒푛푧푖푛푑푒푥 =�푔� ∗ 퐾��

���mit Kriterium i:퐾�

Gewicht des Kriteriums i: 푔�Anzahl der Kriterien: n

Mit dem Analyseverfahren kann ein Flächeneffizienzindex er-mittelt werden, mit dem sich die Ergebnisse unterschiedlicherFlurbereinigungsverfahren vergleichen lassen.

3.2Ableitung der Indikatoren zur Ermittlung desFlächeneffizienzindex für Flurbereinigungsverfahren

Der Bewertungsrahmen für die Multikriterienanalyse umfasstzwei Hierarchiestufen. Zunächst werden Kategorien für die Flä-cheneffizienz formuliert, die sodann jeweils durch weitere Kri-terien untergliedert werden. Als Kategorien werden „Menge“,„Qualität“, „Effizienz“ und „Resilienz“ eingeführt. Diese wer-den durch insgesamt 16 Kriterien konkretisiert und schließlichdurch geeignete Indikatoren operationalisiert, d. h. „messbar“gemacht.

Tabelle 1 stellt das Kriterien- und Indikatorenset zusammenfas-send dar. Der Bewertungsrahmen lässt sich für alle Verfahrens-arten nach dem FlurbG einsetzen. Wegen der spezifischen un-terschiedlichen Verfahrenszwecke sind für einige Kriterien jenach Verfahrenstyp (Verfahren nach § 1 oder nach § 86 bzw. 87FlurbG) unterschiedliche Indikatoren zu verwenden, um die je-weiligen primären Verfahrenszwecke sachgerecht zu berück-sichtigen. So sind Verfahren mit primär agrarstruktureller Ziel-setzung hinsichtlich der Flächeneffizienz anders zu beurteilenals Verfahren zur Verwirklichung von außeragrarischenFremdplanungen.

Die einzelnen Kriterien und Indikatoren und deren Zusammen-hänge mit der Flächeneffizienz werden verbal-argumentativ un-ter Berücksichtigung vorliegender Studien und auf Basis vonExperteninterviews abgeleitet. Eine statistische Ableitung z. B.durch Regressionsanalysen erfolgt nicht, da keine entsprechen-den empirischen Daten dafür zur Verfügung stehen.

(a) Kategorie MengeIn der Kategorie Menge werden quantitative Aspekte im Hin-blick auf die Flächeninanspruchnahme und die Beeinträchti-gung der Fläche erfasst. Bei dieser Kategorie erfolgt bei den In-dikatoren eine Unterscheidung zwischen Flurbereinigungsver-fahren mit Umsetzung von Fremdplanungen und Flurbereini-gungsverfahren zum Zweck der Agrarstrukturverbesserung.13Werden Fremdplanungen in einem Flurbereinigungsverfahrenumgesetzt, erfolgt bei jedem Kriterium ein Vergleich der Flä-cheninanspruchnahme mit und ohne Durchführung eines Flur-bereinigungsverfahrens. Die fiktiv unterstellte Alternative„ohne Flurbereinigung“ geht davon aus, dass der Flächenbedarffür die Fachplanung durch Ankauf der benötigten Flurstücke er-folgt. Dabei wird unterstellt, dass bei kleineren, lediglich teil-weise benötigten Flurstücken das gesamte Flurstück erworbenund daher auch der Landwirtschaft entzogen wird. Die Werte

13 Im Folgenden werden fremdnützige Verfahren mit F und Agrar-strukturverfahren mit A bezeichnet.14 Vgl. T. Kötter, B. Groß, C. Pils (2017): Der Beitrag von Boden-ordnungsverfahren nach dem FlurbG zur Reduzierung der Flächen-inanspruchnahme und zur Steigerung der Flächeneffizienz in Nord-rhein-Westfalen. Forschungsvorhaben im Auftrag des Ministeriums

für die Flächeninanspruchnahme ohne Flurbereinigungsverfah-ren werden den Unterlagen der Fachplanung entnommen. DerIndikator als Quotient aus Flächeninanspruchnahme mit / ohneFlurbereinigungsverfahren wird als Messwert (%) verwendet.Bei Verfahren zur Agrarstrukturverbesserung werden die be-trachteten Flächen ins Verhältnis zur gesamten Verfahrensflä-che gesetzt. Ein Vergleich mit einer Vorgehensweise ohne Flur-bereinigung scheint hier nicht zielführend zu sein. Eine einge-hende Beschreibung der Kriterien und Indikatoren, die in derTabelle 1 zusammenfassend dargestellt sind, findet sich in KÖT-TER et al. (2017).14

(b) Kategorie QualitätDie Flächennutzung von Landwirtschaftsflächen soll durch denFlächeneffizienzindex nicht nur in quantitativer, sondern auchin qualitativer Hinsicht beurteilt werden. Der Qualitätsbegriff istindessen für die Flächennutzung weder in der Wissenschaftnoch in der Praxis einheitlich geklärt und entzieht sich auch ei-ner allgemeingültigen Definition. Ob eine Flächennutzung qua-litativ hochwertig ist, hängt von den subjektiven und objektivenZielen für die Landnutzung ab. Aus subjektiver Sicht sind dieZiele der Eigentümer und Nutzer zu betrachten, bei denen über-wiegend betriebswirtschaftliche Aspekte im Vordergrund ste-hen. Aus objektiver Sicht lassen sich die in Gesetzen und Ver-ordnungen sowie rechtsgültigen bodenbezogenen Raumplanun-gen (Regionalplanung, Landschaftsplanung, Bauleitplanungetc.) dargestellten bzw. festgesetzten Ziele und Flächennutzun-gen zur Beurteilung heranziehen. Insgesamt geht es um den Zu-sammenhang von biologischer Diversität, landwirtschaftlicherProduktivität und Intensität der Landnutzung.

In vorliegender Untersuchung werden beide Betrachtungswei-sen berücksichtigt und daher die Nutzungsziele der Landwirt-schaft und des Naturschutzes anhand der nachfolgend erläuter-ten Kriterien thematisiert und mittels Indikatoren quantifiziert.

(c) Kategorie EffizienzIn der vorliegenden Untersuchung wird der Effizienzbegriff ineinem weiteren und einem engeren Sinn verwendet. Der zuvorbeschriebene Effizienzansatz geht vom Effizienzbegriff im wei-teren Sinne aus und wird dieser Untersuchung insgesamt zu-grunde gelegt sowie anhand der Kategorien Menge, Qualität,Effizienz und Vulnerabilität operationalisiert und schließlich zueinem Flächeneffizienzindex verdichtet.

In diesem Abschnitt wird „Effizienz“ im engeren Sinne defi-niert. Der Fokus liegt hierbei auf der effizienten Nutzung derLandwirtschaftsfläche, die angesichts der in Abschnitten 2 und3 dargestellten Trends und gesellschaftspolitischen Ziele hin-sichtlich Umfang und Qualität erhalten und optimal genutztwerden soll. Eine Flurbereinigung verfolgt daher den Zweck,die Nutzbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen zu verbessernund einen Ausgleich von Konflikten mit anderen konkurrieren-den Nutzungen herbeizuführen. Dabei ist die Flurbereinigungals zentrales Instrument ländlicher Strukturpolitik ausgestaltetund hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die vielschichtigenflächenbezogenen Interessen im ländlichen Raum durch einesinnvolle Bodenordnung ausgeglichen werden. Das Flächenma-nagement in der Flurbereinigung soll u. a. die Produktions- undArbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft verbes-sern, ist daher an der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähig-

für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher-schutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Bonn. https://www.usl.uni-bonn.de/pdf/Forschungsbericht%20185.pdf

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keit der land- und forstwirtschaftlichen Betriebeauszurichten und soll zur Produktivitätssteige-rung beitragen. Dieses Ziel kann nur durch eineeffiziente Nutzung der Landwirtschaftsflächenerreicht werden.

Vor diesem Hintergrund werden in der Katego-rie zunächst die „klassischen“ Ziele des Flä-chenmanagements in der Flurbereinigung unter-sucht. Dazu gehören der Grad der Zusammenle-gung und Arrondierung von Flurstücken, dieVergrößerung der einheitlich bewirtschaftetenSchläge sowie die Aufhebung von Zerschnei-dungen und ungünstigen Formen von Landwirt-schaftsflächen. Darüber hinaus sollen angesichtsder wachsenden außerlandwirtschaftlichen Flä-chenansprüche multifunktionale Landnutzun-gen untersucht und bewertet werden. Dabei stehtdie Frage im Vordergrund, inwieweit trotz Nut-zungsüberlagerungen eine ordnungsgemäße undwirtschaftlich tragfähige Agrarproduktion er-möglicht werden kann.

(d) Kategorie ResilienzIn dieser Kategorie wird untersucht, wie robustund anpassungsfähig die durch Flurbereini-gungsverfahren geschaffene Flächennutzungund das Erschließungsnetz gegenüber demWandel der Agrarstruktur, externen physischenÄnderungen und Einflüssen der Umwelt sowiegegenüber Änderungen der rechtlichen undwirtschaftlichen Verhältnisse und Ansprüchenan Grundstücken sind. Die Flächennutzung sollbeispielsweise gegenüber den Folgen des Kli-mawandels mit Temperaturanstieg und vor al-lem Extremwetterereignissen mit Starkregen-ereignissen widerstandsfähig sein. Die verfüg-baren natürlichen Ressourcen sollten nichtdurch eine Übernutzung gefährdet werden. Auf-grund des Agrarstrukturwandels wird es zu einerweiteren Flächenkonzentration auf immer weni-ger Betriebe kommen, die durch Kauf oderPacht erfolgt. Dieser Strukturwandel solltedurch die Struktur der Blöcke sowie das ge-schaffene Wege- und Gewässernetz nicht beein-trächtigt werden. Darüber hinaus werden Flä-chennutzungen dann als resilient in dieser Un-tersuchung verstanden, wenn diese bei den Teil-nehmern des Flurbereinigungsverfahrens unddarüber hinaus auf eine große Akzeptanz stoßenund auch wirtschaftlich tragfähig sind.

Die Ergebnisse der empirischen Anwendung desBewertungsansatzes sind in Tabelle 2 zusam-menfassend dargestellt. Es handelt sich umsechs ausgewählte Fallstudien in Nordrhein-Westfalen, für die jeweils ein Flächeneffi-zienzindex ermittelt wurde.

4. FazitDie pilothafte Anwendung anhand ausgewählterFallstudienanalysen weist die Plausibilität undSchlüssigkeit des entwickelten Bewertungsrah-mens in der Praxis nach. Zugleich hat die An-wendung des Flächeneffizienzindex verdeut-licht, dass wegen der Begrenztheit und Unver-

Tabelle 1

Bewertungsrahmen „Flächeneffizienz“ für Flurbereinigungsverfahren

Kategorie Nr. Kriterium Indikator

Men

ge

1 Verlust landwirtschaft-licher Fläche

F: Flächenverlust mit / Flächenverlust ohneFlurbereinigungsverfahren

A: Flächenverlust / Verfahrensfläche2 Flächenneu-

versiegelungF: neuversiegelte Fläche mit / neuversie-gelte Fläche ohne Flurbereinigungs-verfahren

A: neuversiegelte Fläche / Verfahrensfläche3 Naturschutzrechtliche

KompensationF: Kompensationsflächen mit / Kompensa-tionsflächen ohne Flurbereinigungs-verfahren

A: Kompensationsflächen / Verfahrens-fläche

4 Renaturierung F: Entsiegelte Fläche mit / entsiegelteFläche ohne Flurbereinigungsverfahren

A: Entsiegelte Fläche / Verfahrensfläche5 Kulturlandschaft F: Länge linienhafter Landschaftselemente

mit / ohne Flurbereinigungsverfahren

A: Neue linienhafte Landschaftselemente /entfernte linienhafte Landschaftselemente

Qua

lität

6 Extensivierung F: Extensiv genutzte Flächen nach / exten-siv genutzte Flächen vor derFlurbereinigung

A: Neue extensiv genutzte Flächen nachder Flurbereinigung / umgewidmeteextensiv genutzte Flächen

7 Erschließung F: Rekultivierte befestigte Wege / neuebefestigte Wege

A: Befestigte Wege nach / befestigte Wegevor der Flurbereinigung

8 Bodenqualität derKompensationsflächen

Durchschnittliche Bodenzahl derKompensationsflächen / durchschnittlicheBodenzahl im Verfahrensgebiet

9 KonfliktLandwirtschaft –Kompensation

Anzahl verlegter Kompensationsflächenaufgrund Konflikte mit Landwirtschaft /Anzahl aller Kompensationsflächen

Effiz

ienz

10 MultifunktionaleNutzung

ProduktionsintegrierteKompensation (PIK)

PIK-Fläche / gesamte Kompensationsfläche

Retentionsräume Anzahl zusätzlicher Nutzungen aufRetentionsflächen

11 Zusammenlegungs-verhältnis

Anzahl der Flurstücke nach / Anzahl derFlurstücke vor der Flurbereinigung

12 Zerschneidung Anzahl zerschnittener Flurstücke mit /Anzahl zerschnittener Flurstücke ohneFlurbereinigung

13 Verbesserung derAgrarstruktur

Durchschnittliche Flurstücksgröße nach /vor der Flurbereinigung

Resilien

z

14 Vermeidung vonErosion

Anzahl der Maßnahmen zum Erosions-schutz vor / Anzahl der Maßnahmen zumErosionsschutz nach der Flurbereinigung

15 Akzeptanz durch dieBeteiligten

Anzahl der nicht abgeholfenenWidersprüche / Anzahl der Einwendungenund der Teilnehmeranzahl

16 Robustheit undAnpassungsfähigkeitder Landnutzung

Fragmentierung der Eigentumsverhältnisse:Anzahl der Eigentümer pro ha vor / nachder Flurbereinigung

A: Agrarstrukturverfahren (Verfahren nach 1 und 37 FlurbG)F: Fremdplanung (Verfahren nach 86 oder 87 FlurbG)

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mehrbarkeit der Ressource „Fläche“ bei gleichzeitig rasant stei-genden Flächenansprüchen und zunehmenden Nutzungskon-flikten ein wachsender Steuerungs- und kontinuierlicher Moni-

toringbedarf besteht. Die Möglichkeiten, um die Nachhaltig-keitsziele für die Fläche zu erreichen, werden indessen bislangbei der Umsetzung flächenbeanspruchender Maßnahmen undVorhaben noch nicht ausgeschöpft. Dazu können die Verfahrennach dem FlurbG mit einem professionellen Flächenmanage-ment der Flurbereinigungsverwaltungen einen essentiellen Bei-trag leisten.

Zugleich zeigen die Fallstudien, dass das geltende Instrumenta-rium des Flurbereinigungsrechts aufgrund der agrarstrukturel-len Orientierung und formellen Bindungen an seine Grenzenstößt. In Ergänzung des bestehenden und bewährten Flurberei-nigungsrechts wäre ein integriertes Flächenmanagement mit re-gional agierendem Land Banking zur Schaffung einer effizien-ten Landnutzung in ländlichen Räumen äußerst sinnvoll.

Verfasser: Prof. Dr.-Ing. Theo KötterProfessur für Städtebau und BodenordnungInstitut für Geodäsie und Geoinformation

Universität Bonn, Nußallee 1, 53123 Bonn,[email protected]

Gartenbau- und Dauerkulturseminarvom 3. bis 5. Juni 2019

in Allensbach b. KonstanzLeitung, Programm und Organisation: Andreas Kienast und Hermann Schall

27. HippologentagungSeptember 2019

in Neustadt/DosseLeitung: Dr. Sascha Brückner

Praktische Gehölzwertermittlungam 14. und 15. Oktober 2019

im AugsburgReferenten: Angelika Tiedtke-Crede und Hermann Schall

8. Diskussionstagungam 24. und 25. Oktober 2019im Bäderparkhotel Künzell

Thema: Landwirtschaft und WasserLeitung: Daniel Menges (Vorsitz SVK, landw. Sachv.) und Thomas Dworak (Fresh Thoughts Consulting, Wien)

Weitere Informationen unter www.svkonline.de

Tabelle 2

Flächeneffizienzindex der untersuchtenFlurbereinigungsverfahren

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Menge 5,0 - 7,3 0,5 2,2 3,6Qualität 6,5 - 9,0 - 1,0 5,0Effizienz 5,9 2,1 6,2 6,9 9,3 3,5Resilienz 4,1 6,6 5,3 5,2 7,9 5,2Flächeneffi-zienzindex 5,5 3,6 7,0 4,6 4,7 4,0

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IMPRESSUM

Wertermittlungsforum (WF), Zeitschrift, erscheint vierteljährlich. ISSN 0724-7648

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Herausgeber: SVK, Sachverständigen-Kuratorium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Garten-bau, Landespflege, Weinbau, Binnenfischerei, Pferdehaltung;Geschäftsstelle Angelika Tiedtke-Crede, Schäferbergstraße 7, 30539 Hannover,Telefon (0511) 511 520, Fax (0511) 95 24 626 – [email protected]

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