TagesWoche_2012_18

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Freitag, 4.5.2012 | Woche 18 | 2. Jahrgang 5.– 18 tageswoche.ch Zeitung aus Basel Aus der Community: «In einem liberalen Staat gibt es keinen Platz für Zwangsarbeit, und nichts anderes ist die Dienstpflicht.» Stefan Helmers zu «Soll die allgemeine Dienst- pflicht eingeführt werden?», tageswoche.ch/+axvrx TagesWoche Zeitung aus Basel Gerbergasse 30 4001 Basel Tel. 061 561 61 61 Region Interview Glanzvoll gestartet und nun im Formtief: Der Basler SP-Regierungsrat Hans-Peter Wessels hat unmittelbar nach Amts- antritt viele Projekte aufge- gleist. Doch jetzt wirkt er angeschlagen und unsicher. In einem halben Jahr sind Wahlen, jetzt muss er durch- starten, Seite 15 Niggi Ullrich und die Baselbieter Kultur Der 59-Jährige blickt auf die Kultur-Tagsatzung 2011 zurück und verrät, was ins Kulturleitbild einfliessen wird. Und er sagt, was er vom Kulturstreit zwischen Stadt und Land hält, Seite 30 Sport Der Winzer auf dem Fussballplatz Heiko Vogel hat in seiner ersten Saison als FCB-Trainer reiche Ernte eingefahren. Der Pfälzer vergleicht seine Mannschaft mit einem Weinberg: tolle alte Reb- stöcke und eine Erntezeit, die die Trauben voll hat entfalten lassen, «ein schöner Jahr- gang» , Seite 40 Unser fremder Nachbar Das Elsass wählt anders als das übrige Frankreich. Und auch sonst ist vieles anders, Seite 6 Foto: Mark Niedermann

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Freitag, 4.5.2012 | Woche 18 | 2. Jahrgang 5.–

18

tageswoche.chZeitung aus Basel

Aus der Community:

«In einem liberalen

Staat gibt es keinen

Platz für Zwangsarbeit,

und nichts anderes ist

die Dienstpflicht.»

Stefan Helmers zu «Soll die allgemeine Dienst -pflicht eingeführt werden?», tageswoche.ch/+axvrx

TagesWoche Zeitung aus Basel Gerbergasse 30 4001 Basel Tel. 061 561 61 61

Region

Interview

Glanzvoll gestartet und nun im Formtief: Der Basler SP-Regierungsrat

Hans-Peter Wessels hat

unmittelbar nach Amts-

antritt viele Projekte aufge-

gleist. Doch jetzt wirkt er

angeschlagen und unsicher.

In einem halben Jahr sind

Wahlen, jetzt muss er durch-

starten, Seite 15

Niggi Ullrich und die Baselbieter Kultur Der 59-Jährige blickt auf die

Kultur-Tagsatzung 2011

zurück und verrät, was ins

Kulturleitbild einfliessen

wird. Und er sagt, was er

vom Kulturstreit zwischen

Stadt und Land hält, Seite 30

Sport

Der Winzer auf dem FussballplatzHeiko Vogel hat in seiner

ersten Saison als FCB-Trainer

reiche Ernte eingefahren.

Der Pfälzer vergleicht seine

Mannschaft mit einem

Weinberg: tolle alte Reb-

stöcke und eine Erntezeit, die

die Trauben voll hat entfalten

lassen, «ein schöner Jahr-

gang», Seite 40

Unser fremder Nachbar

Das Elsass wählt anders als das

übrige Frankreich. Und auch

sonst ist vieles anders, Seite 6

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Editorial 4. Mai 2012

3TagesWoche 18

Das sind ja ganz Besondere, diese Elsässervon Urs Buess, Co-Redaktionsleiter

Urs Buess

Der fremde Nachbar Lesen Sie unsere Titelgeschichte über das Elsass ab Seite 6 und diskutieren Sie mit auf tageswoche.ch

Freunde aus Zürich, Bern oder einem anderen Gebiet jenseits des Juras kann man immer wieder verblüffen, indem man sich mit ihnen ins 10er-Tramm setzt. Richtung Roders-dorf. Man steigt in Leymen aus und sagt beiläufig, das sei Frankreich – sofern dies die Freunde nicht schon selbst erkannt haben. Das Erstaunen ist jeweils gross: mit dem Tram ins Ausland! Naja, bitte sehr – wir sind hier in der Region Basel, wir denken über die Grenzen hinaus, unser Flughafen liegt ja auch im Aus-land, man ist weltoffen.

Denkste! Auf den Flughafen bei Blotzheim fährt man hinter hohen Grenzzäunen, und wo sich die mehr oder weniger grüne Grenze vom Bachgraben in Basel bis nach Rodersdorf erstreckt, wachsen virtuelle Mauern. Irgend-wie wird uns das Gebiet hinter der Grenze – der Sundgau und das ganze Elsass – immer fremder, unbekannter als auch schon.

Dem hin und wieder Durchreisenden, Durchwandernden und Durchradelnden gefällt die Landschaft, und er kehrt gern in den immer seltener werdenden Restaurants ein. Aber irgendwie scheint das Leben in den

Elsässer Dörfern zu erstarren, Beizen ver-schwinden, Läden sowieso, Leute sieht man kaum auf den Dorfstrassen und Gassen.

Und auch in der Schweiz begegnet man Elsässern seltener. Je stärker die deutsche Sprache im Elsass zurückgedrängt wird, desto schwieriger wird es für Grenzgänger, in der Schweiz Arbeit zu finden. Kurz: Das Elsass mit all seinen Merkwürdigkeiten entschwindet langsam unserer Wahrnehmung – ausser, wenn die Leute dort dann wieder mal für Schlagzeilen sorgen wie vor zehn Tagen.

Nirgends in Frankreich stimmt die Bevölke-rung so geschlossen für Staatspräsident Nico-las Sarkozy, so zahlreich für den Front Natio-nal und so ungern für die Sozialisten wie im Elsass. Warum sind die Elsässer anders als die übrigen Franzosen? Stimmen sie am kommen-den Wochenende wieder so eigenwillig? Zwei Schweizer, die seit 40 respektive 20 Jahren im Elsass leben – der Schriftsteller Alain Claude Sulzer und der Journalist Felix Maise – haben für die TagesWoche nach Antworten auf diese Fragen gesucht.

Gesehen von Tom Künzli

Tom Künzliist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 37-Jährige wohnt in Bern.

Lesen Sie uns auch online:Die TagesWoche berichtet täglich aktuell im Web. Das sind unsere Online-Schwerpunkte der kommenden Tage:

Jazzfestival: Das SchlussbouquetNach zwei Wochen geht am Sonntag das Basler Jazzfestival zu Ende. Zum Abschluss erwarten uns noch einmal echte Leckerbissen: Spinnler/Stiefel und Feigenwinter 3 spielen am Freitag in der Kaserne, am Samstag treten mit Ama-dou und Mariam zwei absolute Weltstars

der World Music auf. Die Kritiken sind tags darauf auf tageswoche.ch zu lesen.

Der «Clásico» im Letzigrund:Es wird der vielleicht belangloseste «Clásico» aller Zeiten. Denn das Resul-tat kann beiden egal sein. Doch wenn der FCB auf den FCZ trifft, ist immer Herzblut im Spiel. Auch unsere Repor-ter sind mit Leib und Seele dabei. An-pfiff im Letzigrund ist am Sonntag um 16 Uhr. Die TagesWoche berichtet live.

Frankreich hat gewählt:Hollande oder Sarkozy? Am Sonntag-abend wissen wirs. Lesen Sie die Analy-se und den Kommentar von Frankreich-Korrespondent Stefan Brändle.

Blutsauger auf Zelluloid:In Tim Burtons neustem Streifen «Dark Shadows» spielt Johnny Depp einen Vampir. Für uns ein willkommener An-lass, die schrecklichsten und kultigsten Blutsauger der Kinogeschichte zu küren. Am 7. Mai im «Listomania»-Blog.

Das grüne Dreieck markiert Beiträge aus der Web-Community und lädt Sie ein, sich einzumischen.

tageswoche.chAktuell im Netz

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Page 4: TagesWoche_2012_18

Gefordert: Bruno Dürrenberger

Eine Stadt in Rotblau. Wenn es auf den Sommer zu-geht und der FCB vorzeitig Meister wird, werden die Hob-by-Sprayer und -Maler aktiver. Sind öffentliche Gebäude oder Gegenstände von ihrem Drang zum Sprayen betrof-fen, kommt eine Spezial-Equipe der Stadtreinigung zum Zug: die Equipe der Sprayereien-Entfernung.

Bruno Dürrenberger gehört dazu. Er ist gelernter Maler mit Spezialisierung auf Graffiti-Entfernung. Seit 30 Jah-ren ist er schon in der Reinigungsbranche. Am meisten zu tun haben er und seine Kollegen momentan mit den Aus-wüchsen der Meisterfeier des FCB. Er sei zwar selbst ein FCB-Fan, jedoch müsse nicht die ganze Stadt im FCB-Te-nue erscheinen, meint er mit einem Augenzwinkern.

Dürrenberger ist in der ganzen Stadt im Einsatz. Mo-mentan gäben die rotblau verschmierten Verteilerkästen am meisten zu tun, aber auch viele Ampeln, vor allem rund um das Joggeli, sind rotblau. Hinzu kommen die Aufkleber, die teilweise gleich neben oder auf Sprayereien angebracht wurden. Manchmal werde man zu einem Ort gerufen und finde dann mehr vor, als gemeldet wurde. Einen der zahlreichen verschmierten Verteilerkästen von

Sprayereien zu reinigen, kostet um die 500 Franken. «Zwei bis drei Stunden sind wir damit jeweils beschäf-tigt», erzählt Bruno Dürrenberger. Seit der Einführung der sogenannten Sauberkeitshotline vor zwei Jahren gibt es etwas mehr Aufträge. «Wir sind immer zu zweit unter-wegs», sagt Dürrenberger. Ein rotblauer Verteilerkasten müsse zum Beispiel mit Lösungsmittel abgeputzt, dann abgewaschen und schliesslich neu gestrichen werden.

Oft würden die Täter nicht erwischt. Manchmal stelle sich heraus, dass es Jugendliche seien. In diesen Fällen müssten oft die Eltern einspringen, um den angerichteten Schaden zu bezahlen. Er habe einmal einen Jugendlichen, der gesprayt hatte und dabei erwischt worden war, bei ei-nem Einsatz dabeigehabt. Dieser sei dazu verpflichtet worden, selbst Sprayereien zu entfernen. «Bis ich dem al-les erklärt und vorgezeigt hatte, war praktisch die ganze Arbeit schon erledigt», schmunzelt Dürrenberger. Er neh-me es inzwischen gelassen, wenn er die Schmierereien sehe. «Es ist niemandem gedient, wenn ich mich bis zum Herzinfarkt darüber aufrege.» Annina Striebel

Foto: Nils Fisch

Im Einsatz für eine saubere Stadt Bruno Dürrenberger von der Stadt-reinigung weiss, wie man Malereien und Sprayereien auf den Pelz rückt.

Persönlich 4. Mai 2012

TagesWoche 18 4

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WOCHENTHEMA

Das Elsass tanzt wieder

einmal aus der Reihe:

Am kommenden Wochenende

wählen die Franzosen ihren

neuen Staatspräsidenten. Eine

besondere Rolle spielen dabei

die Elsässerinnen und Elsässer.

Warum eigentlich? Seite 6

INTERVIEW

TagesWoche: Baselland pro-

fitiert von den Zentrumsleis-

tungen der Stadt, ohne diese

abzugelten.

Niggi Ullrich: Halt! Es ist

nicht so, dass sich Basel-Land-

schaft nicht beteiligt; im schwei-

zerischen Vergleich ist die Sum-

me aus dem Kulturvertrag, 2010

waren es 9,2 Millionen Franken,

respektabel.

TagesWoche: Sie begegnen

uns mit einer Rechtferti-

gungshaltung – dabei haben

wir noch gar keinen richti-

gen Vorwurf an Ihre Adresse

geäussert …

Niggi Ullrich: Das stimmt

– vielleicht weil bei solchen Ge-

sprächen stets der Vorwurf in

der Luft liegt, dass das Basel-

biet in der Stadt zu wenig tut.

Das ganze Interview mit dem

Baselbieter Kulturbeauftragten

Niggi Ullrich ab Seite 30

DIALOGStimmen aus der Community

«Wer hätte gedacht,

dass der Bierlauf

mal als friedliche,

abfallfreie und bei-

nahe organisierte

‹Veranstaltung›

daherkommt.»

Jonas Schwarz zu «Friedlicher und freizügiger Trinkmarsch», tageswoche.ch/+axxxi

«Es tönt fast ein

bisschen enttäuscht,

dass es keine

Krawalle gab.»

Marianne Grauwiler zu «Friedliche 1.-Mai-Feier in Basel», tageswoche.ch/+axxtk

SPORT

FCB-Trainer Heiko Vogel

und die alten Rebstöcke:

Beinahe wäre er Winzer gewor-

den. Darum erstaunt es nicht,

dass Heiko Vogel seine Mann-

schaft auch mal mit einem

Weinberg vergleicht, Seite 40

KULTUR

Das Museum der Kulturen

polarisiert weiterhin:

Nimmt die Stein-Installation

des südafrikanischen Künstlers

Justin Fiske den Sammlungen

des Museums wirklich den

Platz weg? Seite 44

AGENDA

Kultwerk: Vor 15 Jahren ver-

trieben Depeche Mode mit

«Ultra» ihre Krise, Seite 53

Impressum, Seite 34

Bestattungen, Seite 22

REGION

Widersprüchliche StudienExperten verwirren: Plötzlich soll das Bruderholz-Spital erdbebensicher sein

14

SP-Mann im FormtiefRegierungsrat Hans-Peter Wessels wirkt nach blendendem Start verunsichert

15

Nachwuchs gesuchtBasler Handwerker haben Mühe, geeignete Lehrlinge zu finden

16

Zu teure MedikamenteDer Streit um die Medikamentenpreise spaltet vor allem eine Partei – die SP

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GeheimdossierBerichte zu US-Geschäften der Basler Kantonalbank bleiben unter Verschluss

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Polizei-Einsatz:

Muss denn so

viel Härte sein?

Seite 21

SCHWEIZ

Ach, Europa!Seit 1938 begründet die Schweiz den Alleingang, mit wechselnden Argumenten

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WIRTSCHAFT

Selbst ist der KundeAlle reden vom Dienst am Kunden. Doch weit her ist es nicht mit diesem Dienst

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WISSEN

Weltspitze in Sachen LandkartenNapoleon zeigte den Schweizern, wie man gute Karten macht

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DIALOG

Sind die Medikamente zu teuer? Interpharma-Vertreter Roland Schlumpf contra Nationalrätin Jacqueline Fehr

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Gastkommentar Lukas Straumann (Bruno-Manser-Fonds) über Korruption im Tropenholz-Handel

36

Bildstoff Impressionen der Basler Fotografin Annette Fischer vom Wegesrand ihrer Reisen

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KULTUR

Der Prophet aus JamaikaBob Marleys bewegtes und bewegendes Leben in einem neuen Dokumentarfilm

46

5TagesWoche 18

4. Mai 2012Inhalt

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TagesWoche 18 6

Wochenthema 4. Mai 2012

Als wir Mitte der 70er-Jahre ein Haus im Elsass (richtiger: im Sundgau) bezogen, war der Krieg, der mehr als zwei Jahrzehnte zurücklag, noch gegenwärtig. Jene Einheimischen, die über 40 wa-ren, hatten Erfahrungen damit gemacht, die den Menschen jenseits der Grenze, hinter der ich geboren war, erspart geblieben waren: als Evakuierte im un-besetzten Frankreich; als Zwangsarbeiter, die in den Osten umgesiedelt worden waren; als Soldaten in Russland oder als Eltern oder Geschwister von Söh-nen und Brüdern, die nicht von dort zurückgekehrt waren; von den Juden, die deportiert worden waren, gar nicht zu reden (über die redete man auch nicht).

Die liebenswürdige Rückständigkeit

Es war üblich, über diese Zeit zu sprechen, auch wenn es – zumal in Gegenwart von Fremden – nicht üblich war, darüber zu reden, was sich während des Kriegs zu Hause zugetragen hatte. Über Kollaboration mit den Deutschen, über fehlenden oder geleisteten Wi-derstand sprach man vor Fremden nicht. Doch die Schweizer aus Basel und dem Jura (damals noch Kanton Bern), die das Elsass besuchten, kamen nicht, um mit den Elsässern Kriegserfahrungen auszutau-schen, sondern um preiswert Spargel, Steak frites und gebackenen Karpfen, Münsterkäse und Wein zu geniessen. Attraktiver als alle Tafelfreuden aber war die liebenswürdige Rückständigkeit, die dem Sund-gauer Elsass die exotische Note verlieh, die man zu

Hause einfach als Mangel empfunden hätte. Es war nicht französisches Flair, dem man hier begegnete, sondern jene Art pittoreske Entbehrung, die nicht durch Ressentiments gegenüber den wohlhabenden Fremden vergiftet wurde. Wenn die Elsässer über je-manden schimpften, dann über die Franzosen, die Regierung und die Bürokratie, nicht über die Schwei-zer, denen es besser ging.

Diese liebenswerte Gestrigkeit, von der man schon damals ahnte, dass auch sie eines Tages dem Fort-schritt zum Opfer fallen würde, illustrierten bei uns der Bach, der offen durchs Dorf floss, üppige Gemü-segärten, frei laufende Hühner und gepflegte Bäume, die das Obst für den Schnaps lieferten, den man sel-ber brennen durfte. Telefonanschluss hatte nur das Restaurant mit dem grossen Saal, in dem fast jeden Samstag Hochzeitsbankette stattfanden. Rief einen jemand aus Basel an, wurde die Tochter oder der «Dorftrottel» – ja, auch den gab es noch – ausge-schickt, um einen ans Telefon zu holen.

Es gab einen Pfarrer für 300 Einwohner, einen Ausrufer, der offizielle Bekanntmachungen auspo-saunte und statt Läden Bäcker, Metzger und Epiciers, die mehrmals wöchentlich vom aufklappbaren Wa-gen verkauften. Die Bevölkerung bestand mehrheit-lich aus Klein- oder Kleinstbauern, die ein, zwei Milchkühe, ein Schwein, Geflügel und einen Ketten-hund hielten und Äcker und Felder bestellten; doch von den mageren Erträgen allein konnte nie-mand leben.

Elsässer Kontraste: Farbige Hausfassaden und schnelle Vehikel in verschlafenen Dörfern.

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Wochenthema 4. Mai 2012

7TagesWoche 18

Adieu altes ElsassDas Elsass aus unseren Träumen gibt es nicht mehr. Ein Blick auf eine entschlummernde Region.Von Alain Claude Sulzer (Text) und Mark Niedermann (Fotos)

Also arbeiteten die Männer als Hilfsarbeiter im grenznahen Laufen (bei Alusuisse oder in der Kera-mikfabrik), in Sochaux (bei Peugeot), bei Sibir in Hu-ningue oder in der Umgebung von Mülhausen; die kleine Fabrik, die im Dorf angesiedelt war, bot nur ge-rade einem Dutzend Männern Arbeit. Da kaum je-mand ein Auto besass, gab es unzählige Arbeiterbus-se, die die Einheimischen – ausschliesslich Männer – aufsammelten und zu ihrem Arbeitsplatz fuhren. Der Weg dorthin konnte, je nachdem, in welchem Dorf man lebte, viel Zeit in Anspruch nehmen, ent-sprechend lang war der Tag, der mit der Heimkehr nicht beendet war. Zu Hause erwartete einen Arbeit

im Stall und auf dem Feld. Ein Zurücklehnen gab es nicht, allenfalls ein späteres Verdämmern vor dem Fernseher (den besass schon damals jede Familie).

Von diesen beschwerlichen Stunden wussten die Nahtouristen aus der Schweiz, die zu «Bertelé» nach Leymen oder in die «Bonne Auberge» nach Ferrette fuhren (beide haben längst geschlossen), nichts. Die Dörfer, durch die sie fuhren, waren tagsüber wie aus-gestorben, das Landleben fand offenbar woanders,

vielleicht nur in der Köpfen der Städter statt. Der Ver-such, das Land als romantische Vorstellung rustika-len Lebens zu erwecken, wurde den Schweizern über-lassen, die sich «im Elsass ein Haus kauften», weil sie die Rückständigkeit nicht störte, sondern anzog, und weil hier die Grundstücke – verglichen mit der Schweiz – noch erschwinglich waren.

Der Bach fliesst unterirdisch

Im ländlichen Sundgau – dem Hinterland Basels, das einst zum Bistum gehört hatte – war damals fast alles anders als in der Schweiz. Heute sind die Ähnlichkei-ten augenfälliger als die Unterschiede: Der Bach wur-de kanalisiert und fliesst unterirdisch, den Gemüse-gärten sind Gartenzwergkolonien oder blitzblank manikürte «pelouses» gewichen, Hühner gibt es nur noch tot im Supermarkt, Schnaps brennen ein paar übrig gebliebene Hardliner, die meisten Obstbäume wurden gefällt oder fielen von allein um.

Während jedermann Telefonanschluss, Internet und Handy hat, wurde der «Dorftrottel» längst an-derweitig untergebracht; einen Pfarrer gibts höchs-tens alle paar Sonntage (ein einziger ist heute für ein Dutzend Gemeinden zuständig); Kühe besitzen bloss noch die wenigen Grossbauern, die man sich nicht als Krösusse vorstellen darf; die kleine Fabrik hat ihre Tore kürzlich geschlossen. Zu den weit entfernten Ar-beitsplätzen (Basel, Riehen, Reinach) fährt man heu-te mit dem eigenen Pkw; die Endlosschlangen Rich-

tung Basel (morgens) und Richtung Altkirch (abends) haben den Abendfrieden längst aufgehoben. Zu Hau-se erwartet einen keine lästige Stallarbeit mehr, son-dern die Ehefrau, die ebenfalls gerade von der Arbeit – in Basel und Umgebung – kommt, und die Kinder, die in ihrer Abwesenheit von bezahlten Tages- oder unbezahlten Grossmüttern versorgt werden. Der Schreiner, der vor 20 Jahren noch im Familienbetrieb arbeitete, der längst bankrott gemacht hat, ist ebenso als Angestellter in die Schweiz «abgewandert» wie der Maler oder Spenglermeister, der die Nase voll hat-te, sich mit dem französischen Finanzamt herumzu-schlagen, und nun keine unternehmerische Verant-wortung mehr tragen muss. An den wenigen Stammtischen, die es noch gibt, treffen sich haupt-sächlich Rentner. Wer am nächsten Morgen (im Eu-roAirport, bei Novartis, Roche, Migros, Coop oder Manor) arbeitet, verlässt das Haus am Abend nicht; das tun nur die, die Nachtschicht haben. Kein Wun-der, dass die Dörfer in der Dämmerung genauso aus-gestorben wirken wie bei Tag.

Die Schlafdörfer im Sundgau

Nur samstags beleben in den Sommermonaten die Motoren der Rasenmäher die Stille, an die man sich beinahe gewöhnt hat. Nicht anders als in einem Schweizer Dorf. Nur dass es dort einen Flugplatz für Leichtflugzeuge (ULM), wie es ihn in unserem Dorf gibt, nicht gäbe, weil diese Freizeitplage in der

Das Landleben fand wahrscheinlich woanders,

vielleicht nur in den Köpfen der Städter statt.

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TagesWoche 18 8

Wochenthema 4. Mai 2012

Schweiz nicht zugelassen ist, weshalb die Schwei-zer Kundschaft nach Frankreich ausgewichen ist.

Anders als die nördlich gelegenen Winzerdörfer am Fuss der Vogesen, in denen vor Ort im Rebberg gearbeitet wird, sind die Sundgauer Dörfer rund um Basel Schlafdörfer geworden, die sich von städtischen Suburbs nur durch ihre geringeren Dimensionen un-terscheiden. Man arbeitet in der Schweiz, trinkt sein Bier aber zu Hause. Man strebt morgens weg, wohin es einen abends wieder zieht. Das «wahre» Leben fin-det woanders statt als dort, wo man acht Stunden am Tag zubringt. Eheschliessungen zwischen Elsässern und Schweizern sind selten. An freien Tagen fährt man mit den Kindern nicht in den Basler Zoo, son-dern in den Europapark nach Rust. Ob es damit zu tun, dass die Schweiz so teuer ist, oder ob man sich im tiefsten Inneren fremd geblieben ist, weiss ich nicht. Wen soll man fragen?

In letzter Zeit scheint es, als ob auch die Schweizer das Elsass ein wenig vernachlässigen würden (auch wenn die Départementales an warmen Wochenenden auch weiterhin gern als Fahrradwege benutzt werden). Dass «das Elsass» – bei dem es sich natürlich um eine Verallgemeinerung handelt – auf bedenkliche Weise an jener gastronomischen Attraktivität verloren hat, für die es einst so berühmt war, hängt damit zusam-men, dass das Markgräflerland auf eine Weise auf- geholt hat, wie man es sich vor 30 Jahren nicht vor-stellen konnte, wohingegen im Sundgau kaum An-strengungen unternommen werden, sich auf diesem

Gebiet zu erneuern. Restaurants, die einst beliebte Ausflugsziele waren, wurden geschlossen oder sind schlecht besucht, weil sie den Zug der Zeit – leichteres Essen, das eine innovative Küche bedingen würde, die man hier mit der Lupe suchen muss – verpasst haben. Die Kundschaft für schwere Kost aber stirbt aus.

Innovation ist nicht alles, aber am Festgefahrenen festhalten, wie man am AKW Fessenheim festhält, för-dert Gleichgültigkeit. Gleichgültigkeit dem Elsass und den Elsässern gegenüber aber könnte prekäre Folgen

haben. Und wäre es nur die, dass man bloss noch die Strassen benutzte, ohne anzuhalten und einzukehren. Noch schlimmer aber wäre es, nicht zuzuhören, was die anderen sagen, oder nicht zu bemerken, worüber sie schweigen. Die Schweiz bloss als Arbeitgeber zu se-hen, ist ebenso einfältig wie das Elsass lediglich als ei-nen Landstrich zu betrachten, der Arbeitnehmer lie-fert und sonst nichts. Es wäre an der Zeit, den «Baeckeofe» einer Erneuerung zu unterziehen und die öltriefenden Carpes frites für eine Weile von der Karte zu nehmen. Austausch tut not auf allen Seiten, nach al-len Seiten.

Restaurants, einst beliebte Ausflugsziele, wurden

geschlossen, weil sie den Zug der Zeit verpasst haben.

tageswoche.ch/+axxyf

Vorstadtruhe: Ein Autobesitzer repariert seinen Peugeot in Saint-Louis.

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4. Mai 2012

9TagesWoche 18

Konsequent rechtsFrankreich hat genug von Nicolas Sarkozy. Ausser die Elsässer – sie tanzen wieder mal aus der Reihe. Von Felix Maise

keit war stets die Devise, die am besten das Überleben sicherte.

Anders als der Rest Frankreichs hat das Elsass deshalb keine lange demo-kratisch-republikanische Erfahrung. Ein aktives, selbstbewusstes Mitwir-ken in öffentlichen Angelegenheiten ist wenig verbreitet. Ganz speziell gilt das für den noch heute ländlich geprägten Sundgau, wo «Abstention» (Enthal-tung) bei den seltenen öffentlichen Ab-stimmungen bereits als Beweis von Zivilcourage gilt.

Die offene politische Konfrontation gilt als verpönt. So ging etwa auch der Mai 1968 am Elsass weitgehend vorbei, und gestreikt wird hier im Vergleich zum Rest des Landes wenig.

Wenn die Kirche wettert

Eine wichtige Rolle für das wenig aus-geprägte politische Selbstbewusstsein der Elsässerinnen und Elsässer spielt bis heute auch die Kirche. Zwar trennt Frankreich als streng laizistisches Ge-meinwesen Staat und Kirche offiziell streng. Doch im tief katholischen El-sässer Hinterland, zu dem der Sundgau gehört, ist der Einfluss der Kirche bis heute gross. Bei einer Umfrage vor ei-nigen Jahren erwiesen sich die Elsäs-ser national als regelmässigste Kir-chengänger. Findet in einer Sundgauer Gemeinde eine Beerdigung statt, platzt die Kirche aus allen Nähten, und einen Parkplatz im Dorf sucht man vergeb-lich. Von den Kanzeln aber wird sozia-listisches Gedankengut bis heute als kirchenfeindlich diskreditiert.

Geprägt wird die Elsässer Identität auch durch das Gefühl, im Zentralstaat schlecht vertreten und nicht vollwertig anerkannt zu sein. Tatsächlich werden die Elsässer von den übrigen Franzosen bis heute gerne ein wenig belächelt. Nicht nur ihrer Sprache wegen, die übri-gens trotz neuer, gegenteiliger Bestre-bungen am Aussterben ist. Bei französi-schen Beamten etwa gilt eine Versetzung ins Elsass als Strafe. Nur ein Posten in Korsika ist noch schlimmer.

Grenzgänger sind Einzelkämpfer

Gefühle der Unsicherheit, der Schwä-che gibt es auch gegenüber den wirt-schaftlich stärkeren Nachbarn in Deutschland und der Schweiz: Über 60 000 Grenzgänger fahren täglich in die Schweiz und ins Badische zur Ar-beit. Ohne die Elsässer Grenzgänger blieben die Kassen und Regale bei Mig-ros und Coop in Basel leer, die Hand-werksbetriebe und KMU der Nord-westschweiz gerieten in Personalnot. Für die klassischen französischen Ge-werkschaften, bis heute neben den ver-gleichsweise privilegierten Beamten

die treuste Klientel der Sozialisten, sind diese Arbeitnehmer weitgehend verloren. Sie sind kaum zu mobilisie-ren, fühlen sich als einzelkämpferi-sche, fleissige Kleinbürger, die sich dank den höheren Einkommen jenseits der Grenzen ihr Häuschen leisten kön-nen. Aber sie leben immer etwas im Ungewissen. Mit Verwunderung und Empörung nimmt man im Elsass je-weils zur Kenntnis, wie schnell und leicht Schweizer Firmen Arbeitsplätze abbauen können.

Durch ihren persönlichen berufli-chen Aufstieg bekräftigt, wählen die meisten Grenzgänger zwar eher Sarko-zy als den Front National: Sarkozys Versprechen, dass, wer hart arbeite, es

zu etwas bringe, geht für sie individuell oft in Erfüllung. In typischen Grenz-gängergemeinden wie Hegenheim oder Leymen, wo fast alle in der Schweiz ar-beiten, erreichte Sarkozy vor zehn Ta-gen fast 50 Prozent der Stimmen, der FN nur 17 bis 19 Prozent, Hollande ge-rade einmal 10 Prozent. Daran wird sich am kommenden Sonntag kaum et-was ändern.

Absenz der Grünen

Blosse Randfiguren auf der politischen Bühne sind im Elsass trotz Fessenheim einmal mehr die Grünen. Trotz dem grünen Einfluss aus der deutschen und der Schweizer Nachbarschaft gelang es den Grünen im Präsidentschaftswahl-kampf nie, eigene Schwerpunkte zu setzen. Obwohl regional der Wider-stand gegen Fessenheim inzwischen längst über das links-grüne Lager hin-ausgeht, war die französische Atompoli-tik kaum ein Thema: Sarkozy jettete zwar zu einem Blitzbesuch nach Fessen-heim, um zu versichern, dass das Werk am Netz bleibe und Frankreich mit ihm weiter auf die Atomenergie setze. Und Hollande rang sich unter dem Druck der in ganz Frankreich immer noch atom-freundlichen Gewerkschaften mühevoll zum Versprechen durch, wenigstens Fessenheim abzustellen. National aber wurde Frankreichs Atompolitik kaum problematisiert. Dazu mag die unglück-liche Kandidatinnenwahl der Grünen beigetragen haben: Eva Joly schaffte es nie, im Chor der Tenöre wirklich ernst genommen zu werden – auch nicht im Elsass.

Wahlplakate im Elsass: Noch hat Staatspräsident Nicolas Sarkozy die Nase vor Marine Le Pen, der Chefin vom Front National.

Frankreich steht am Sonntag wohl eine Wende bevor: Nach fünf Jahren dürfte der Sozialist François Hollande die Spitze der Grande Nation besetzen. Die Franzosen haben genug von Nico-las Sarkozy. Das Elsass aber dürfte ein-mal mehr anders ticken. In den beiden Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin wählt man traditionell rechts. Im ersten Wahlgang vor zehn Tagen kam UMP-Kandidat Sarkozy auf 33 Prozent der Stimmen, Marine Le Pen vom Front National (FN) auf 22 und der nationale Favorit Hollande auf bloss 19 Prozent. In der Grenzregion Sundgau war die Abneigung gegen den Sozialisten noch grösser: Auf Hollande entfielen nur ge-rade 13 Prozent der Stimmen, auf Le Pen 24 und auf Sarkozy gar 37 Prozent.

Neu ist das nicht: Seit Jahren gilt das Elsass als rechte Hochburg. Schon 1995 hatte Jean-Marie Le Pen, Vater der aktuellen FN-Kandidatin und jah-relang Kopf der Rechtsaus senpartei 25 Prozent der Elsässer Stimmen er-obert und lag damit vor allen anderen Kandidaten. Sozialisten hingegen ha-ben es im Elsass seit jeher schwer: Ein-zig in den Städten Strassburg und Mül-hausen sind sie mehrheitsfähig. In

Mülhausen lag Hollande vor zehn Ta-gen mit 31 Prozent an der Spitze.

Über die Gründe für die Rechtslas-tigkeit des Elsass und die grossen Sym-pathien für den Front National zerbre-chen sich Politologen seit Jahren die Köpfe. Einfache Erklärungen gibt es nicht. So ist das Elsass in Frankreich eine vergleichsweise wohlhabende Re-gion, die weniger Immigration kennt als etwa der Süden Frankreichs mit dem Schmelztiegel Marseille, wo der FN ebenfalls stark ist. Auffallend ist auch, dass der Front National nicht etwa in Mülhausen oder Strassburg be-sonders beliebt ist, wo viele Einwande-rer wohnen und es auch zu sozialen Spannungen kommt, sondern in den Dörfern, wo kaum Immigranten leben.

Ducken statt aufmucken

Die Anziehungskraft rechtsnationaler Ideen für viele Elsässerinnen und El-sässer ist am ehesten historisch zu er-klären: Seit Jahrhunderten waren sie ein Spielball fremder Mächte, fremdbe-stimmt. Allein zwischen 1871 und 1945 wechselte die Herrschaft über die Re-gion viermal. Anpassung an die Obrig-

Für Frankreichs Beamte ist nur ein Posten in Korsika noch schlimmer.

tageswoche.ch/+axxyg

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TagesWoche 18 10

Wochenthema 4. Mai 2012

Von Auto zu Auto

Mit Unterstützung aus Basel kämpfen die Elsässer Sozialisten um den Wahlsieg. Von Renato Beck

Daniel Goepfert wirkt verdutzt,

aber auch ein bisschen belustigt, als er

am Zoll Saint-Louis-Grenze versucht,

Wahlwerbung an den Mann zu brin-

gen. «Bei den 4x4-Kästen musst du es

gar nicht erst probieren», sagt der

Grossratspräsident der Basler SP und

winkt ab, als ein Geländewagen an-

rollt, wie es sie im Elsass so viele gibt

und die offenbar vor allem von Rechten

gelenkt werden.

Goepfert ist früh aufgestanden, um

seinen französischen Genossen beizu-

stehen im Kampf um Stimmen vor der

entscheidenden zweiten Runde der

französischen Präsidentschaftswahlen.

Gemeinsam mit der Parti Socialiste

(PS) aus dem anliegenden Département

Haut-Rhin wollen sie Grenzgänger auf

dem Weg in die Schweizer Firmen und

Fabriken abfangen und für François

Hollande gewinnen. Ein Dienst im Zei-

chen der internationalen Solidarität.

Die Aktion läuft schleppend. Irgend-

wann drückt Goepfert gegenüber den

französischen Kollegen seine Verwun-

derung über die Humorlosigkeit der Sar-

kozy-Anhänger aus. «Sie sind nervös ge-

worden und aggressiv», erklärt Patricia

Schillinger, Senatorin der PS in Paris,

Bürgermeisterin von Hégenheim – und

Kind einer Arbeiterfamilie. Sie nennt

ein persönliches Erlebnis: Am Wochen-

ende habe eine PS-Wahlhelferin im Zen-

trum von Saint-Louis geheiratet, eine

Algerierin. Als der Umzug am Rathaus

vorbeikam, sei eine Vertreterin von Ni-

colas Sarkozys UMP brüllend herausge-

sprungen: «Dégagez! Haut ab hier!»

Die französische Linke hat auch im

erzkonservativen oberen Elsass Erfol-

ge erzielt. In Saint-Louis stimmten im-

merhin 23 Prozent für Hollande. Es

sind hart erkämpfte Anteile. Schillin-

ger und ihre Kollegen gingen von Tür

zu Tür – die Sozialisten haben das im

ganzen Land gemacht. 1500 Haushalte

hätten sie in Saint-Louis besucht, sagt

Schillinger. Ein Drittel davon habe

schliesslich Hollande die Stimme gege-

ben. Ein Annäherungsversuch der von

den Eliten geprägten französischen

Linken, der sich als gangbarer Weg he-

rausstellte, sich neben dem lärmigen

Sarkozy und der rechtsextremen Mari-

ne Le Pen Gehör zu verschaffen.

Die Frontistin ist Schillingers

Schreckgespenst. Sie hat ihren Namen

oft gehört, wenn die Türe aufging, vor

allem bei jungen Wählern. «Es hiess

immer Marine, Marine, Marine. Sie ist

wie eine Freundin für all die Einsamen

und Enttäuschten.» Trotz des sich ab-

zeichnenden Wahlsieges macht sie sich

deshalb Sorgen: «Wir müssen die

nächsten Jahre nutzen, die Jugend zu-

rückzugewinnen, sonst gibt es bei den

nächsten Wahlen eine Katastrophe.»

Schillinger glaubt daran, dass die

Ideen der Sozialisten bei der Jugend

verfangen. Bei manchen Älteren hat sie

keine Hoffnung. Als Daniel Goepfert

eine Kombi-Fahrerin ermutigen will,

das Fenster runterzulassen, legt sie

ihm die Hand auf den Arm: «Lass es,

das ist meine Nachbarin. Die wählt aus

Prinzip Sarkozy.»

Blick ins Sarkozy-Land: Im Sundgau (hier Huningue mit der neuen Fussgängerbrücke über den Rhein) hat der Staatspräsident immer noch eine Mehrheit hinter sich.

tageswoche.ch/+axxyh

Page 11: TagesWoche_2012_18

Aux armes citoyens Formez

vos bataillons Marchons, mar-

chons Qu’un sang impur Ab-

reuve nos sillons

Wochenthema 4. Mai 2012

11TagesWoche 18

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«Allons enfants de la Patrie!»Wie Serge Gainsbourg einst die Elsässer Nationalisten austrickste. Von Marc Krebs

Für das politische Frankreich ist das Elsass zur Bastion der Rechtskon-servativen geworden, seit Jean-Marie Le Pen in dieser Region bei den Präsi-dentschaftswahlen 1995 im ersten Wahlgang als stärkster Kandidat ab-schnitt. Doch schon 15 Jahre zuvor wur-de den weltoffenen Parisern klar, dass das Elsass nicht nur geografisch am äussersten rechten Rand des Landes liegt: 1979 veröffentlichte Serge Gains-

wagen, die Hymne als Reggae zu «ver-hunzen». Die Gewaltandrohungen zeig-ten hier Wirkung: Gainsbourgs jamai-kanische Begleitmusiker retteten vor dem Auftritt ihre Haut und flohen nach Brüssel. Der Sänger selbst beharrte da-rauf, sich den Leuten zu zeigen.

«Leichenblass betrat er die Bühne», erinnert sich seine damalige Gattin Jane Birkin, «in den vordersten Reihen blickten ihn etliche Fallschirmjäger grimmig an.» Im Publikum warteten rund 100 Uniformierte darauf, Gains-bourg den Kopf abzureissen. Doch er überraschte sie, indem er die Revolu-tionshymne in der Originalversion zu singen begann. Die rechtsextremen Nationalisten waren verdutzt. Die auf-rechte Version der Hymne zwang sie, aufzustehen, Haltung an- und Bérets abzunehmen und zu salutieren – aus-gerechnet in die Richtung ihres gros-sen Feindes. Gainsbourg wiederum streckte ihnen am Ende der Hymne zwei Finger entgegen, als ob er ihnen mitteilen wollte: «Verpisst euch.» Be-schützt von einem Bodyguard, verliess er Strassburg schliesslich heil.

Nach diesem Auftritt wurde Gains-bourg in Paris als Held gefeiert, weil er – der sich stets als unpolitischer Quer-kopf sah – die rassistische Rechte aus-getrickst und ihr die Stirn geboten hat-te. Gainsbourg war dies noch nicht genug: Um zu zeigen, wer der bessere Patriot war, erwarb er zwei Jahre später das Originalmanuskript der «Marseil-laise», welches Claude Rouget de Lisle 1792 verfasst hatte. «Es trieb mich fast in den Ruin», gestand er später, «aber es war einfach eine Frage der Ehre.»

bourg, der Agent provocateur unter den Chansonniers, das erste französische Reggae-Album: «Aux armes et caetera».

Dieses löste in patriotischen Kreisen einen Sturm der Empörung aus, hatte es Gainsbourg doch gewagt, die fran-zösische Nationalhymne «Marseillai-se» im jamaikanischen Kingston neu aufzunehmen. Dass «eine Horde Ras-tas» (Kommentar in der konservativen Zeitung «Le Figaro») die Landeshymne im Reggae-Groove einspielte, sorgte für einen noch grösseren Skandal als zuvor die Liebesseufzer in «Je t’aime …moi non plus».

Auftrittsverbote, Bombendrohung

Das Album verkaufte sich eine Mil lion Mal – und als Gainsbourg bekanntgab, mit den jamaikanischen Musikern (aus dem Umfeld von Bob Marley und Black Uhuru) auf Tournee zu gehen, waren die Säle proppenvoll. Doch während Fans begeistert waren, sahen Kriegs-veteranen und Rechts extreme die Ehre des Landes beschmutzt. Vergeblich ver-suchten sie Auftrittsverbote zu erwir-ken. Täglich trafen Bombendrohungen ein. Immer wieder mussten die Musi-ker aus ihren Hotels evakuiert werden, wie sich der jamaikanische Bassist Robbie Shakespeare in einer Gains-bourg-Biografie erinnert.

Die grösste Gefahr drohte beim Auf-tritt in Strassburg. In der elsässischen Hauptstadt, wo die «Marseillaise» 1792 bei der Kriegserklärung an Österreich geschrieben worden war, war der Wi-derstand am vehementesten. Kriegs-veteranen und Nationalisten drohten mit Anschlägen, sollte Gainsbourg es

«Leichenblass» vor dem Strassburger Publikum: Serge Gainsbourg.Foto: Claude Truong-Ngoc

tageswoche.ch/+axxyi

Page 12: TagesWoche_2012_18

Die Wochenzeitung, die täglich erscheint.

Die TagesWoche lässt auch Ihnen

einfallen.Neues etwas

Und was uns besonders freut: Am 25. Mai 2012 erscheint unsere erste eigene Beilage.(Anzeigenschluss: 11. Mai 2012)

Page 13: TagesWoche_2012_18

Region 4. Mai 2012

13TagesWoche 18

Sechs Monate TagesWoche

«Blogposting der Woche» von Dani Winter

Dani Winter ist Redaktor und Online-Koordinator der Tages-Woche. In der Online-Version dieses Artikels finden Sie Links zu den genannten Beiträgen.

Auch das noch

Tattoo unter viel Vorbehalten

Besorgte «Glaibasler» stören die Tattoo-Harmonie. Foto: Keystone

Sorgenfalten zeichnen sich ab auf den Stirnen der Komitee-Mit-glieder «Heb Sorg zum Glaibasel». Sorgenfreies Spielen und Ver-weilen auf dem Rasen- und Spielplatz auf der Kaserne, so ihre Furcht, sei durch das Basel Tattoo gefährdet. Mit einem Rekurs bei der Baurekurskommission beabsichtigt der Präsident des Komitees, das Tattoo dieses Jahr in seinen gegenwärtig geplan-ten Ausmassen zu stoppen. Dafür sorgt die aufschiebende Wir-kung eines Rekurses, welchen die Heb-Sorg-Glaibasler einge-reicht haben. Wenn man es genau betrachtet, kommt diese aufschiebende Wirkung einem Aufbauverbot gleich. Nun hat Tattoo-CEO Erik Julliard reagiert, indem er seiner-seits gegen die aufschiebende Wirkung rekurriert. Das dürfte dazu führen, dass die aufschiebende Wirkung der Heb-Sorg-Glaibasler aufgeschoben wird, was dem Tattoo möglicherweise die Gelegenheit gibt, doch noch pünktlich mit dem Aufbau be-ginnen zu können, wenn auch unter dem Vorbehalt, dass der Aufbau unter einem gewissen Vorbehalt stattfindet. Nun sorgt der Verein «Zur Unterstützung des Basel Tattoo auf der Kaserne im Kleinbasel» für neuen Gesprächsstoff. Er ver-leiht seiner Fürsorge für das Tattoo Ausdruck, indem er vorsorg-lich eine Facebook-Gruppe gründete: «Heb Sorg zum Tattoo». Gemäss dem Motto «Den Heb-Sorg-Glaibasler besorgen wirs». Am 16. Mai werden die Tattoo-Freunde über geplante Aktionen informiert. Hebet Sorg zunenand! Von Annina Striebel

Sechs Monate TagesWoche – das war für einige Medien Anlass für eine Zwi-schenbilanz: Hält die TagesWoche, was man sich von ihr versprochen hat? Eine kleine Presseschau:

Der «KleinReport» befragte Co-Re-daktionsleiter Remo Leupin zur Ent-wicklung der Leserzahlen. Die ver-kaufte Auflage der Wochenzeitung liegt aktuell bei rund 14 000 Exempla-ren, wovon etwa 3500 jeweils im Ein-zelverkauf weggehen. Leupin, heisst es weiter, halte das Erreichen von rund 20 000 Abonnenten für realistisch, «wir sind uns aber bewusst, dass die zweiten 10 000 Abos schwieriger zu gewinnen sind als die ersten 10 000».

Wie sich die TagesWoche entwickelt, wollte man natürlich auch am 2. Schweizer Forum für Lokaljournalis-mus in Bern wissen, zu dem das Me-dienausbildungszentrum MAZ geladen hatte. Die TagesWoche war eines von drei «Best Practice»-Beispielen. Neben den Verkaufszahlen interessierte in Bern für einmal auch das Konzept. Ei-nen Bericht inklusive Video von der Veranstaltung gibt es auf der Website des MAZ. Ein weiteres Interview gibt es bei der «Drehscheibe» aus Berlin.

Auch auf Telebasel war die Tages-Woche Thema: Im «7vor7» vom Sonn-tag kamen Geschäftsführer Tobias Faust und Co-Redaktionsleiter Urs Buess zu Wort. Kurz darauf disku-tierte der «Salon Bâle», unter anderem mit Patrik Müller («Der Sonntag»), über die TagesWoche.

In «Der Sonntag» liess Autor Chris-tian Mensch Medienvertreter und Guy Krneta von «Rettet Basel!» zu Wort kommen. Das Fazit: Richtig schlecht findet uns niemand, aber unerfüllte Wünsche und Erwartungen sind durchaus noch vorhanden.

Geht uns übrigens genauso. tageswoche.ch/+axxst

Richtig schlecht findet uns niemand, unerfüllte

Erwartungen gibt es aber durchaus.

ZahlenspielWir lassen uns nicht nur von blumigen Namen, sondern

auch von nüchternen Zahlen zum Kauf beeinflussen. Bären profitieren davon aber wenig.

Von Malena Ruder

Zahlen sind die seriösen Partner der Worte, sie wirken vertrauenerwe-ckend, sind ernst zu nehmen, hieb- und stichfest. Ein jedes Argument lässt sich mit einer Zahl untermauern, auch wenn diese Mauer dann eher auf tönernen Füssen steht. (85 Prozent der Schweizer wünschen sich zum Beispiel laut einer Umfrage des WWF, dass noch viel mehr Bären in die Schweiz einwandern würden. Wenn die Bären dann aber wirklich kämen und in der gleichen Strasse wohnen würden, dann ginge das Geschrei los, das ist abzusehen.)

Vom Wissen über die Anziehungs-kraft von Zahlen profitiert Chanel; be-reits das erste Parfum trug eine Num-mer, die 5, und bis heute ist es höchst erfolgreich. Eine komplizierte Marke-tingstrategie lag der Entscheidung für diesen unkonventionellen Namen nicht zugrunde, sondern ein gutes Ge-spür: Coco Chanel, gläubige Numero-login, erkor im Jahr 1920 die Duftpro-be mit der Nummer 5 aus zwei Serien zum ersten unter ihrem Namen ver-kauften Duft. (Übrigens verlassen sich 55 Prozent der Männer und 71 Prozent der Frauen laut einer Umfrage des Forschungsinstitutes Konso auf ihr Bauchgefühl.)

Der Duft war und ist ein Erfolg, und wohl nicht nur wegen des überzeugen-den, wenn auch für heutige Nasen et-was madamigen Duftes, der Name spielt sicher auch eine Rolle: Ich bin nicht die Nummer 1, ich bin einer un-ter vielen, aber ich bin gut. So gut, dass niemand mir einen blumigen Fantasienamen geben musste, nein, ich trage eine Nummer. Und du trägst mich, und sonst nichts, basta. Glückli-cherweise gilt für den Umsatz anderer Marken: 51 Prozent der Schweizer Frauen besitzen laut Link nicht nur ei-nes, sondern bis zu fünf Parfums. (Ein kürzlich in die Schweiz eingewander-ter Bär trägt ja auch eine Nummer als Namen, M13, und auch er erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit, er hat schon 336 Freunde auf Facebook.)

Auch eine gute Nummer von Chanel: «N°19 Poudré», Eau de Parfum mit Iris und weichem Moschus, ab 130 Fran-ken, erhältlich bei Hyazinth, Douglas, Marionnaud, Globus und Manor.

Weitere Informationen: www.chanel.com

Malenas Welt

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TagesWoche 18 14

Angst vor Erdbeben ist plötzlich verflogenDas Bruderholzspital sei unsicher. Darum brauche es einen Neubau, sagte die Regierung. Nun gibts aber dennoch eine billigere Lösung. Von Michael Rockenbach

So sicher wie eine Bank? Oder doch eher so unsicher wie ein klappriger Stuhl? Die Standfestigkeit des Bruderholzspitals wird sehr unterschiedlich beurteilt. Foto: Hans-Jörg Walter

Ein neues Spital auf dem Bruder-holz könne sich der Kanton Baselland nicht leisten. Das sagen die Kritiker, al-len voran die Baselbieter Grünen, seit Jahren. Immer und immer wieder.

Alle Einwände und Hinweise auf die schlechte Finanzlage waren der Basel-bieter Regierung bisher egal. Sie wollte unbedingt ein neues Spital. Ein Presti-geprojekt, hoch erhaben über der Stadt Basel. Ein majestätisches Zeichen der Baselbieter Unabhängigkeit.

Regierung muss aufgeben

Vor vier Jahren wurde das Grosspro-jekt sogar noch grösser: Die Regierung kündigte damals an, dass sie neben das neue Spital – zusammen mit Basel-Stadt – auch noch ein Zentrum für Akutgeriatrie und Rehabilitation mit der schönen Abkürzung ZAR hinstel-len lassen möchte.

Irgendwann musste aber auch der Regierungsrat einsehen, dass diese Megaprojekte fürs Baselbiet viel zu gross und vor allem zu teuer wären.

Ende April war es so weit: Kleinlaut teilte der Baselbieter Gesundheitsdi-rektor Peter Zwick (CVP) den Verzicht auf den Spitalneubau und das ZAR mit. Beides zusammen hätte gemäss neus-ten Berechnungen gegen eine Milliarde Franken gekostet.

Nach diesem Eingeständnis will in der Direktion Zwick niemand mehr et-was über die weiteren Pläne fürs Bru-derholz sagen. Infolge der kürzlich be-schlossenen Verselbstständigung der Baselbieter Spitäler sei das nun Sache der neuen Organisation Kantonsspital Baselland (KSBL), sagt Rolf Wirz, Sprecher der Gesundheitsdirektion, dazu nur.

Mit anderen Worten heisst das: Ge-schäftsführer Heinz Schneider und der KSBL-Verwaltungsrat sollen in weni-gen Monaten schaffen, was die Basel-bieter Regierung während Jahren nicht fertiggebracht hat – eine vernünftige Spitalplanung. Eine Aufgabe, die zu-mindest die neuen Verantwortlichen offenbar für nicht allzu schwierig hal-ten. Der Verwaltungsrat will jedenfalls

bereits Mitte Jahr seine Strategie prä-sentieren. Und schon jetzt sagt Schnei-der, dass das Bruderholzspital saniert werden soll. Dank des Umbaus werde das Haus «längerfristig» betrieben werden können.

Schwerwiegende Mängel

Eine überraschende Aussage. Vor fünf Jahren wurde das Bruderholzspital noch als grosses Sicherheitsproblem hingestellt. Und zwar nicht von irgend-einem unzufriedenen Patienten, son-dern von der Baselbieter Regierung, die sich bei ihrer Aussage erst noch auf eine Expertise berief.

«Eine Prüfung der Bauingenieure hat ergeben, dass das bestehende Bet-tenhochhaus die verschärften Vor-schriften nicht mehr einhalten kann», schrieb der Regierungsrat 2007 in sei-ner Vorlage zum Projektierungskredit für das neue Bruderholzspital.

Und tatsächlich hatte das engagierte Expertenteam ein gravierendes Prob-lem entdeckt: ausgerechnet jenes Haus, das im Notfall möglichst viele Verletzte aufnehmen sollte, ist «nicht erdbeben-tauglich» – und das in einem der ak-tivsten Erdbebengebiete im deutsch-sprachigen Raum. Weitere Erkenntnis der Experten: Bei einer «erdbebensi-cheren Sanierung» würden «erhebli-che Verstärkungsmassnahmen» nötig. Massnahmen, die den Betrieb allzu stark beeinträchtigen und sich auch finanziell nicht lohnen würden.

Ein starkes Argument für einen Neubau. Kein Wunder, stimmte der Landrat dem Projektierungskredit von

27 Millionen Franken trotz einiger Vor-behalte klar zu. Dieses Geld ist spätes-tens nach Zwicks Verzichtserklärung zu einem erheblichen Teil verloren.

Glaubt man Schneider, hätte man sich die Ausgaben sparen können. Er ist jedenfalls überzeugt, dass ein teurer Neubau gar nicht nötig ist. «Das Bru-derholzspital wird nach der Sanierung so sicher wie möglich sein, auch bei ei-nem Erdbeben», sagt Schneider.

Tönt beruhigend; fragt sich nur, wa-rum die Regierung das Gegenteil be-hauptet hat. Eine Frage, die Zwick gar nicht und Schneider nur ausweichend

beantwortet: «Vielleicht hat man sich früh auf den Neubau festgelegt und die Alternative nicht mehr ernsthaft wei-terverfolgt», sagt er.

Für die Widersprüchlichkeiten gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder versuchte die Regierung das Spital un-sicher zu reden, um ihr teures, allzu teures Prestigeprojekt durchzuboxen, anstatt mit Basel eine gemeinsame, grosse und günstige Lösung anzustre-ben. Oder aber: Die neue Spitalleitung redet das Spital sicher, weil für den ei-gentlich nötigen Neubau kein Geld vor-handen ist.

Vertrauenserweckend ist keine der beiden Versionen.

So gibt es weiterhin zwei Versionen – Vertrauen weckt

keine.

tageswoche.ch/+axwdt

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Das Lachen ist ihm ein bisschen vergangen

Vielversprechend startete Hans-Peter Wessels in seine erste Amtszeit. Nun wirkt er etwas müde. Von Yen Duong

Es ist noch nicht lange her, da war Hans-Peter Wessels voller Tatendrang, voller Euphorie. Glanzvoll startete der Sozialdemokrat im Februar 2009 in seine erste Legislatur als Basler Regie-rungsrat. Man konnte es spüren, das Feuer in ihm, wenn er von seinem neuen Job als Bau- und Verkehrsdirek-tor sprach. Hin und weg war er. Dieser Mann wollte Bäume ausreissen, Basel verändern. Und ein bisschen ist ihm das am Anfang auch gelungen.

Unmittelbar nach seinem Amtsan-tritt schaffte «Hampe», wie ihn viele nennen, die Bewilligungspflicht für Velohäuser in Vorgärten ab (überhaupt machte er den Velofahrern das Leben einfacher – für sie gelten Einbahnstras-sen nicht mehr), kämpfte beim Bund gegen die oberirdische Erweiterung der Osttangente und liess den neu ge-gründeten Verein Fümoar wohlwollend qualmen. Politisch wehte im Bau- und Verkehrsdepartement ein neuer Wind: Plötzlich war dort nach der Ära Barba-ra Schneider (SP) alles möglich.

Mit seiner unkomplizierten Art und seinem schallenden, mittlerweile le-gendären Lachen machte er sich schnell bei vielen beliebt – selbst bei den Bür-gerlichen. Man hörte nichts Negatives über ihn. Alles war perfekt.

Klares Profil fehlt

Es waren zwei brillante Jahre für Wes-sels. Vor einem Jahr aber begann die perfekte Fassade zu bröckeln. Etwa, als er den Schrebergärtnern im Hinblick auf die Familiengarten-Abstimmung so weit entgegenkam, dass er selbst in seiner eigenen Partei für heftiges Kopf-schütteln sorgte. Etwa, als er im Streit um die Solarpanels am Lonza-Hoch-haus im April 2011 die eigene Stadt-bildkomission, die das Gesuch abge-lehnt und damit den Zorn der halben Stadt auf sich gezogen hatte, öffentlich von Schanghai aus kritisierte (ohne die Fakten zu kennen). Etwa, als er im Mai 2011 – ein Jahr nach Inkrafttreten des Rauchverbots in Basel – plötzlich doch beschloss, er müsse beim Verein Fü-moar hart duchgreifen. Mit der Be-gründung, es würden sich schliesslich zunehmend mehr Leute bei ihm be-schweren.

Solche Vorfälle machen Hans-Peter Wessels unberechenbar. Dem Ost-schweizer fehlt ein klares Profil. Es kommt nicht selten vor, dass er nicht weiss, was er will. Über Nacht kann sich bei ihm alles ändern. Entscheide,

die er zuvor mit viel Überzeugung ver-treten hatte, können dann über Bord geworfen werden. Aus dem Nichts kann der SP-Regierungsrat das Ande-re, das Gegenteil wollen, und zwar ge-nauso überzeugt davon.

Der gelernte Biochemiker schwimmt gerne mit dem Strom, er scheut Kon-flikte, will die totale Harmonie. Um je-den Preis möchte er von allen geliebt werden. Selbst in seiner Partei wird der ehemalige Wirtschaftsförderer und Va-ter zweier Kinder mittlerweile als «Po-pulist» bezeichnet. Ein Wort, das ihm «keine Mühe» macht. Schön formuliert und mit dem üblichen breiten Grinsen hört sich das bei ihm so an: «Ich bin nicht dazu geneigt, auf Konfrontations-kurs zu gehen. Ich suche lieber den Kompromiss. Man muss schliesslich Lösungen finden, die ingesamt einen positiven Effekt haben.»

Etwas angeschlagen wirkt der 49-Jährige inzwischen, etwas lustlos, unsicher. Zu schaffen machte ihm of-fenbar die «Zungenaffäre» (seine aus dem Zusammenhang gerissene heraus-gestreckte Zunge in einem Telebasel-Beitrag, die die «Basler Zeitung» dazu veranlasste, einen Artikel mit dem Ti-tel «Ein grosser Junge spielt Regie-rungsrat» zu publizieren).

Vorsichtiger geworden

Dieser Vorfall habe Schaden bei ihm hinterlassen, sagen hohe Mitarbeiter aus seinem Departement hinter vorge-haltener Hand. Seither ist es etwas ru-higer um ihn geworden. Er achtet mehr auf sein Aufreten, ist vorsichtiger ge-worden und hat sich ein bisschen zu-rückgezogen. Darauf angesprochen, gerät er ins Stocken. «Ich handle nicht bewusst so. Ich habe nicht den Ein-druck, dass ich zu wenig in den Medien bin, vielleicht hat man sich einfach an mich gewöhnt», sagt er.

Um seine Wiederwahl im Oktober 2012 muss er nicht fürchten. Doch er hatte schon bessere Zeiten, der «Ham-pe». Etwas Glanz hat er verloren. Vor allem aber lodert sein Feuer bedeutend sachter.

Wessels will um jeden Preis von

allen geliebt werden.

Der Basler Regierungsrat Hans-Peter Wessels scheut Konflikte. Selbst in der SP bezeichnet man ihn mittlerweile als «Populisten». Foto: Hans-Jörg Walter tageswoche.ch/+axwds

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TagesWoche 18 16

Region 4. Mai 2012

HandwerkumwirbtNachwuchs

Noch nie haben sich die Berufsverbände so um Lehrlinge bemüht wie heute. Bisher mit mässigem Erfolg.Von Monika Zech

Der Schweizerische Schreiner-meisterverband feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen und will mit verschiedenen Aktionen der Öffent-lichkeit wieder einmal zeigen, was ein Schreiner alles kann. Zum Beispiel morgen Samstag, den 12. Mai, den der Verband zum «Schreiner Happy Day» erklärt hat – zum Tag der offenen Tü-ren in den Mitgliederfirmen (siehe auch Bildlegende). Schliesslich geht es darum, den stetig wachsenden Billig- möbel-Ketten die Stirn zu bieten, res-pektive auf die Vorzüge handwerkli-cher Qualität aufmerksam zu machen. Aber nicht zuletzt auch darum, für den Schreinerberuf die Werbetrommel zu rühren. Denn wie andere handwerkli-che Branchen muss sich auch diejenige der Schreiner mehr um Nachwuchs be-mühen als auch schon.

Basel ist ein hartes Pflaster

«Jetzt kommen die geburtenschwachen Jahrgänge in die Ausbildung», sagt Ro-main Rosset, Bereichsleiter Berufsbil-dung beim Schweizerischen Schreiner-meisterverband, ausserdem sei die Tendenz, ins Gymnasium zu gehen, statt eine Lehre zu machen, nach wie vor sehr stark. «Das betrifft alle Branchen.» Und die Region Basel sei ein besonders har-tes Pflaster, sagt Rosset. Tatsächlich hat der Kanton Basel-Stadt mit durch-schnittlich fast 40 Prozent die höchste Gymnasialquote in der Deutschschweiz, oft sind es die Eltern, die ihre Kinder auf den gymnasialen Weg drängen.

Das sagen ausser Rosset auch andere Bildungsfachleute. In der Annahme, das sei der beste Weg zu einer erfolgrei-chen Zukunft. Die meistgehörte Eltern-frage zur Lehre laute, sagt Rosset: «Was kann man nachher machen?» Es herr-sche immer noch das Vorurteil, dass man als Schreiner nicht weiterkomme. «Unsere Antwort lautet: bis zum Mas-ter.» Die Berufsmatura machts möglich. Und weil der Schreinermeisterverband ein vitales Interesse an gut ausgebilde-tem Nachwuchs hat, bezahlt er seinen Mitgliedern seit letztem Herbst sogar die Lohnausfälle für das Mehr an Schu-le, das die Lehrlinge für die Berufsma-tura zu absolvieren haben.

Doch trotz aller Bemühungen der Verbände sei dieses duale Bildungssys-

Dieses Bild entstand im Atelier 111 auf dem Wolf 41 in Basel, einer der Schreinerwerkstätten, die das Publikum am Samstag zur Jubiläumsfeier einlädt. Auch wenn das Atelier bisher keine Probleme gehabt hat, Lehrlinge zu finden. Foto: Christopher Cedric Merki

Page 17: TagesWoche_2012_18

Liebeauf den ersten BlickSAMMLUNG WÜRTH27.4.2012–6.1.2013

APPEL BALKENHOL BAUMEISTER

BECKMANN BONNARD BOTERO BOU-

DIN BRETON CHRISTO DALÍ ELU-

ARD ERNST HOCKNEY HOFLEHNER

HUGHES KATZ KIEFER KLEE KOSS-

OFF LICHTENSTEIN LIEBERMANN

MASSON PICASSO RICHTER SOTO

TINGUELY VASARELY WOTRUBA

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Region 4. Mai 2012

17TagesWoche 18

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Auch ein Schreiner kann einen

Masterabschluss machen.

tem schwierig zu vermitteln, sagt Reto Baumgartner, Leiter der Abteilung Be-rufsbildung beim Basler Gewerbever-band. In Migrantenfamilien etwa. «Sie können nur schwer den Wert einer Maurer- oder Malerlehre verstehen.» In ihren Ursprungsländern jobbe je-mand einfach auf dem Bau, ohne Aus-bildung und entsprechend ohne gesell-schaftliche Anerkennung. Dabei wünschten sich gerade Migranten für ihre Kinder, dass sie es einmal besser haben sollten als sie selber.

Kategorie «sexy» oder «unsexy»?

«Das Handwerk hat jedoch nach wie vor einen goldenen Boden, aber es hat in manchen Branchen ein Imageproblem – auch bei den Jugendlichen.» Metzger zum Beispiel hätten grosse Nachwuchs-sorgen, da nütze auch die inzwischen neue Bezeichnung Fleischfachmann nichts. «Etwas salopp gesagt: Dieser Be-ruf gehört für die Jungen in die Katego-rie ‹unsexy›.» Generell die Lebensmit-telbranche, sagt Baumgartner. Das zeige sich im Detailhandel sehr deutlich, wo eine Lehre im Textilbereich als viel at-traktiver gelte als eine im Lebensmittel-bereich. «Dabei hat ein Metzgerlehrling mit gutem Lehrabschluss sehr gute Kar-rieremöglichkeiten – es braucht in jeder Branche gute Kaderleute.»

Einst waren Handwerker hoch ange-sehene Leute, wohlhabend und – in

Zünften organisiert – politisch und ge-sellschaftlich einflussreich. Eine Hand-werker-Ausbildung machen konnte nicht jeder. Sprösslinge armer Familien konnten es sich schon wegen des Lehr-gelds nicht leisten, aber auch mit ande-ren Bedingungen hielten die Handwer-ker ihre Zünfte «sauber». So hatte ein uneheliches Kind keine Chance auf ei-nen Ausbildungsplatz, verboten war die

Mitgliedschaft bei einer Zunft auch für Juden. Zünfte gibt es zwar heute noch, und immer noch versammeln sich dort einflussreiche Leute. Aber mehr zur nostalgischen Pflege eines längst über-holten Männerkränzchens denn zum wirtschaftlichen Nutzen der Handwer-kergilde. Denn von diesen sind nicht mehr so viele dort vertreten. Reich sind heute andere. Mit der Industrialisie-rung im 19. Jahrhundert und dem stetig zunehmenden Import von Produkten wurde die Konkurrenz für den Hand-werker immer grösser und sein Ein-kommen kleiner. Einige Berufe sind ganz verschwunden, andere wie Sattler oder Küfer zählen zu den Raritäten, und dann gibt es noch diverse Hand-

werker aus dem Kunstgewerbe, die als Kleinstbetriebe zu überleben versu-chen. Klar, dass bei dieser Entwicklung der Beruf eines Handwerkers manchen Jugendlichen wenig zukunftsträchtig erscheint. Aber es werden immer noch Strassen und Häuser gebaut und reno-viert, Gärten gepflegt, Lebensmittel hergestellt, Maschinen entwickelt – und dafür braucht es entsprechend qualifizierte Berufsleute.

In einigen Wochen ist für viele Ju-gendliche die obligatorische Schulzeit zu Ende. Wer jetzt noch keine Lehrstel-le habe, so heisst es, für den sei dieses Jahr der Zug abgefahren. Obwohl der Lehrstellennachweis beider Basel noch diverse offene Stellen auflistet. Wieso melden sich diejenigen ohne Lehrstelle nicht? Wollen sich die heutigen Jugend-lichen nicht mehr die Hände schmutzig machen, sind sie zu faul zum Arbeiten, wie manche behaupten?

Schulsack ist oft zu klein

Nein, sagt Urs Hasler, Inhaber eines Malerbetriebs und als Präsident der Be-rufsbildungskommission häufig in Bas-ler Schulen unterwegs: «Viele von ihnen haben einen zu kleinen Schulsack, sind schlecht im Rechnen, haben Mühe mit Schreiben, können sich nicht konzent-rieren.» Mit den zweijährigen Attest-lehren für die eher schwächeren Schul-abgänger könne man aber nicht alles tageswoche.ch/+axwtm

abdecken, die Betriebe bräuchten auch solche mit guten Zeugnissen. «Aber eben, die Eltern sehen ihre Kinder am liebsten alle auf der Universität.»

Dabei, so Hasler, stimme der elterli-che Berufswunsch oft nicht mit dem Leistungsausweis ihrer Kinder über-ein. Er sieht aber noch einen anderen Grund, weshalb manche gar nicht an einen handwerklichen Beruf denken: «Das Handwerk ist aus unserem Leben verschwunden, ist nicht mehr so sichtbar wie früher.» Besonders in städtischen Gebieten. Als Kind sei er auf dem Weg zur Schule immer an ei-ner Schreinerwerkstatt vorbeigegan-gen, heute seien die Werkstätten ir-gendwo ausserhalb, an den Rändern.

Es komme letztlich eine Vielzahl von Mosaiksteinchen zusammen, sagt Reto Baumgartner vom Gewerbever-band, weshalb die Berufslehre heute einen schweren Stand habe. Eines da-von wurde bis jetzt noch kaum er-wähnt, wie Margrit Stamm, Professo-rin für Erziehungswissenschaften an der Universität Freiburg, in ihrem Blog schreibt: «Wer eine Lehrstelle will, muss viel mehr und Umfassenderes leisten als diejenigen, die den Sprung ins Gymnasium schaffen wollen.» Nämlich: «Schnupperlehre, Bewer-bungen schreiben, sich in Vorstellungs-gesprächen bewähren, Multi- und Ba-sischecks absolvieren.»

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TagesWoche 18 18

Region 4. Mai 2012

Jahr für Jahr entzündet sich der gleiche StreitSind die Medikamentenpreise zu hoch – und wenn ja, wie stark sollen sie reduziert werden? Die Frage spaltet nicht nur Prämien-zahler und Pharmaindustrie, son-dern auch eine Partei wie die SP. Von Gerd Löhrer

Medikamente sind in der Schweiz zu teuer. Die Preise müssen runter. Also verordnet der zuständige Bundesrat Alain Berset (SP) den Herstellern eine entsprechende Preissenkung. Es folgt der unvermeidliche Aufschrei, der im-mer ertönt, wenn im Gesundheitswesen irgendwer irgendwo irgendeine Verän-derung an die Hand nimmt.

Die üblichen Player, allen voran der Verband der Pharmaunternehmen, malen den Untergang der Schweizer Pharmaindustrie an die Wand – oder sie prophezeien doch wenigstens deren unverzügliche Auswanderung in weni-ger wirtschaftsfeindliche Regionen dieser Erde. Oder zumindest den Rück-gang von Forschung und Entwicklung am Standort Basel.

Sie erhalten in aller Regel Sukkurs von wirtschaftsfreundlichen bürgerli-chen Politikern. In den Standortkanto-nen der Pharamindustrie sogar von so-zialdemokratischen. Dazu gehören die Ständeräte der beiden Basler Halbkan-tone, Anita Fetz und Claude Janiak, sowie Regierungsrat Christoph Brut-schin, Vorsteher des Wirtschaftsde-partements Basel-Stadt.

Auch bei den Gegnern das Übliche

Auf der Gegenseite finden sich ebenfalls die üblichen Kontrahenten: die Interes-senvertreter der Bürger, denen die ste-tig steigenden Krankenkassenprämien langsam die Luft abschnüren – von der schweizerischen SP über den Preisüber-wacher bis zu den Konsumentenschüt-zern. Und dazu der Verband der Kran-kenkassen, die nur ungern den Schwarzen Peter für noch stärkere Prä-mienerhöhungen übernehmen. Wie dieses Spiel abläuft, konnte man in den letzten Tagen und Wochen den Medien

entnehmen (die TagesWoche berichtete online laufend darüber).

Was dabei herauskommen wird, ist am ehesten ein Kompromiss: etwas moderatere Preissenkungen, als Alain Berset vorhatte, etwas weniger Spar-möglichkeiten für die Krankenkassen. Alle Beteiligten wahren das Gesicht – jeder hat nachgegeben, aber nicht voll-ständig. Die Medikamentenpreise wer-den zwar zurückgehen, aber immer noch deutlich höher liegen als im Aus-land. Und der Normalbürger wird fest-stellen, dass deshalb seine Kranken-kassenprämien nun doch ein wenig steiler ansteigen, als man es ihm ver-sprochen hatte. Also business as usual.

Welche Differenz liegt drin?

Dabei ist der Fall eigentlich völlig klar. Medikamente sind in der Schweiz zu teuer. Zumindest kosten sie deutlich mehr als im benachbarten Ausland. Darüber besteht keine Meinungsver-schiedenheit.

Das Problem ist nur: Wie gross ist der Unterschied und wie gross dürfte er sein? Im vergangenen Jahr betrug die Preisdifferenz zum Ausland für patentgeschützte Arzneimittel 19 Pro-zent. Gemessen wird dabei ein ver-gleichbarer Warenkorb in sechs ver-gleichbaren Ländern, umgerechnet wird mit dem durchschnittlichen Fran-ken-Euro-Kurs des vergangenen Jah-res, in diesem Fall 1.26 Franken. Hätte man vor sechs Jahren ebenfalls einen Euro-Kurs von 1.26 Franken in Rech-nung gestellt, hätte die Preisdifferenz damals 36 Prozent betragen. Zum da-maligen Wechselkurs (1.54 Franken) betrug sie 19 Prozent, genau so viel wie heute. Daraus kann man zwei diamet-ral entgegengesetzte Schlüsse ziehen.

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Erstens: Die Preisdifferenz bleibt gleich, egal, wie sich der Wechselkurs bewegt. Zweitens: Wäre der Wechsel-kurs heute gleich hoch wie vor sechs Jahren, wäre die Preisdifferenz ver-schwunden oder hätte sich sogar um-gekehrt – das bedeutet: In der Zwi-schenzeit ist durchaus Bewegung in die Medikamentenpreise gekommen.

Interessant an der gegenwärtigen Debatte ist weniger, dass sie stattfin-det. Verblüffend ist eher der Verlauf der Front: Die geht nämlich mitten durch die Sozialdemokratische Partei. Während die schweizerische Mutter-partei eindeutig hinter ihrem Bundes-

rat steht und das Lobbying der Phar-maindustrie als «unglaublich» und «dreist» bezeichnet, haben einige sozi-aldemokratische Politiker aus der Nordwestschweiz diesem angeblichen «Einschüchterungsversuch der Phar-malobby» offenbar Gehör geschenkt.

«Erpresserischer Charakter»

Einige, aber nicht alle. Susanne Leu-tenegger Oberholzer, Baselbieter SP-Nationalrätin, macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube: Der Drohung mit Stellenabbau als Folge verordneter Preissenkungen spricht sie «erpresse-rischen Charakter» zu.

Dass die Pharmaindustrie sich ge-gen Versuche wehrt, in ihre Preispoli-tik einzugreifen, ist verständlich. Schliesslich trägt die Hochpreispolitik

nicht nur dazu bei, dass man For-schung und Entwicklung in der Region Basel ausreichend finanzieren kann. Die überhöhten Preise sorgen auch für die Gewinne, welche die überdurch-schnittlichen Managerlöhne und die üppigen Saläre auf der Topetage si-chern. Das Jammern über wirtschaftli-chen Druck, der aus verordneten Preis-senkungen erwachsen könnte, findet «auf sehr hohem Niveau» statt, wie die SP Schweiz festhält.

Transparent und überprüfbar

Wichtig, sagt Susanne Leutenegger Oberholzer, sollten für Politiker immer gesamtwirtschaftliche Überlegungen sein, auch dann, wenn es um regionale Anliegen geht. Wenn sich aus solchen Überlegungen Standortförderung für bestimmte Branchen aufdränge, dann könne man das durchaus machen, aber das müsse «transparent und überprüf-bar» sein.

Die darin enthaltene Kritik richtet sie auch an ihre regionalen Partei-freunde: Die Senkung von überhöhten Medikamentenpreisen mit dem Argu-ment zu bekämpfen, so etwas gefährde den Forschungsstandort und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Region Ba-sel, ist gemäss Leutenegger Oberholzer unzulässig. Wenn der Forschungs-standort aber der finanziellen Förde-rung bedürfte, dann sollte das deutlich deklariert, beantragt, von den zu- ständigen Stellen geprüft, in einem or-dentlichen politischen Prozess be-schlossen, nach ganz klaren Kriterien umgesetzt und aus Steuergeldern fi-nanziert werden – «transparent und überprüfbar» eben. Wahrscheinlich würde sich bei einer solchen Evaluati-on ohnehin herausstellen, dass der Pharmastandort Basel gar keiner spe-ziellen Förderung bedarf.

Die überhöhten Preise irgendwie in die Gesundheitskosten und damit letz-ten Endes in die Krankenkassenprämi-en einfliessen zu lassen, ist für alle Be-teiligten bequem: Der Pharmaspitze beschert das einen netten Extrage-winn, die Politiker enthebt es der müh-samen Pflicht, allfällige Ausgaben vor ihren Wählern rechtfertigen zu müs-sen. Nur: Transparent ist das nicht, und bezahlen müssen es die Kunden respektive die Patienten.

Generika: Noch drastischer

Wer glaubt, die zunehmende Verwen-dung von billigeren Generika würde am Problem der überhöhten Medika-mentenpreise irgendetwas ändern, täuscht sich gewaltig. Hier ist die Preis-differenz zum Ausland gemäss der letzten Erhebung mehr als doppelt so hoch als bei den patentgeschützten Arzneimitteln, nämlich 45 Prozent.

Standortförderung müsste klar und deutlich

deklariert werden.

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Regierung reicht heisses Eisen BKB weiterBerichte zu den US-Geschäften der Basler Kantonalbank bleiben unter Verschluss. Von Renato Beck

Die Aufklärung der gefährlichen US-Geschäfte der Basler Kantonal-bank (BKB) bleibt blockiert. Die BKB hatte bis April 2009 Gelder in unbe-kannter Millionenhöhe von US-ameri-kanischen UBS-Kunden übernommen, die sich vor dem Zugriff der Steuer-fahnder schützen wollten. Seit mehr als einem Jahr steht die BKB deshalb in den USA im Fokus von Ermittlungen. Nun hat der Regierungsrat entschie-

den, einen Rekurs der TagesWoche in einem Verfahren um Akteneinsicht nach dem Öffentlichkeitsprinzip nicht zu behandeln. Es geht um ein Begeh-ren, Einblick in die Berichte zu erhal-ten, die zwischen der BKB und dem Fi-nanzdepartement hin- und hergegangen sind – und in denen die US-Geschäfte thematisiert wurden.

Es dürfte sich um zentrale Doku-mente handeln für die Klärung von

Verantwortlichkeitsfragen: Wann in-formierte die BKB die Regierung über ihre Risikostrategie? Wie reagierte SP-Finanzdirektorin Eva Herzog auf die Kunde, dass die Basler Staatsbank auf Beutefahrt in den unbeherrschbaren Offshore-Bereich geht? War sie sich der Risiken bewusst? Warnte sie davor? Warum liess sie die Bank schliesslich gewähren, obwohl die Zeichen aus den USA unmissverständlich waren, keine Schwarzgeldaufnahme dulden zu wol-len?

Die Antworten auf diese Fragen dürften auf sich warten lassen. Nach-dem die Verwaltung bereits in erster Instanz klargemacht hat, dass sie unter keinen Umständen bereit ist, Einsicht in die Berichte zu gewähren, geht der Regierungsrat nicht einmal auf den Re-kurs der TagesWoche ein. Er reicht den Fall nach einem Beschluss von Regie-rungspräsident Guy Morin an das Bas-ler Appellationsgericht weiter.

Angst vor den Wahlen

Juristen bewerten das Vorgehen als ungewöhnlich und erklären es sich mit dem hohen politischen Druck vor den anstehenden Erneuerungswahlen im Oktober. Offenbar wollen sich weder Morin noch Herzog die Finger verbren-nen. Mit einem Gerichtsentscheid vor den Wahlen ist nicht zu rechnen.

Regierung und Verwaltung berufen sich auf das Geschäftsgeheimnis der

Bank, das mit einer Veröffentlichung verletzt würde. Eine solche würde aus-serdem die Verhandlungsposition der BKB gegenüber den USA schwächen. Auf den Vorschlag eines Vergleichs, alle rechtlich heiklen Passagen einzu-schwärzen, ist das Finanzdepartement nicht eingegangen.

Um die Basler Kantonalbank (BKB) ist es ruhig geworden. Seitdem das Par-lament in Bern Anfang März eingewil-ligt hat, Gruppenanfragen der US-Steuerfahnder zuzulassen, geht das

Seilziehen in aller Diskretion weiter. Über den Stand der Verhandlungen werde nicht informiert, um einen Er-folg nicht zu gefährden, teilt BKB-Sprecher Michael Buess mit.

Klar ist einzig: Die BKB versucht auf zwei Wegen, die amerikanischen Be-hörden zur Beilegung des Rechtsstreits zu bewegen. Einerseits über ein Glo-balabkommen, das alle betroffenen Schweizer Banken einschliesst und das von Staatssekretär Michael Ambühl ausgehandelt werden soll, andererseits auf einer einzelnen Schiene mit dem Ziel einer BKB-Sonderlösung.

Es geht um zentrale Fragen: Was wusste

Finanzdirektorin Eva Herzog?

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Wie die Basler Regierung überreguliert und -reagiert

Womöglich gibt es Leute, die begeistert sind von all den politischen Aktivitäten, die den öffentlichen Raum in Basel betreffen. Ich gehöre nicht dazu. Dass neuerdings improvisierten Festen mit Kampfmontur begegnet wird, halte ich für unvernünftig.

Das offizielle Basel, man wird den Eindruck nicht los, pflegt einen ver-krampften, widersprüchlichen Um-gang mit seiner Urbanität – nicht nur bei unbewilligten Partys. Auf der einen Seite haben die Behörden das Bedürfnis nach Freiräumen erkannt, sie estimieren den positiven Schwung, den das nt/Areal zehn Jahre lang der Stadt verliehen hat. Deshalb darf der kreative Wildwuchs in unserer Stadt, die geografisch stark begrenzt ist, in diesem Sommer durch Zwischennut-zungen neu im Hafen spriessen.

Verhältnismässigkeit

Zugleich hat die Basler Regierung aber auch Gottfried Kellers Seldwyla für sich entdeckt und eine neue Regelung betreffend Strassenmusik verabschie-det. «Überlauter Gesang» scheint ihr ein so grosses Problem, dass dieser verboten werden musste. Wurde das an der Meisterfeier auf dem Barfüsser-platz auch konsequent durchgesetzt? Nein. Muss ja nicht sein. Ist doch eine Frage der Verhältnismässigkeit. Nur scheint der Basler Regierung das Ge-spür für Verhältnismässigkeit ein biss-chen abhanden gekommen zu sein. So begegnet sie unbewilligten Festivitä-ten mit unverhohlenen Drohgebärden. Schon im letzten Jahr fuhren Kasten-wagen in den Langen Erlen vor, um zwischen Wald und Wiese einige Tan-zende einzukesseln. Fertig lustig!

Kleine, unbewilligte Veranstaltun-gen wurden auch in den letzten Wochen aufgelöst. Mal unter freiem Himmel, mal in einer alten Abbruch-garage. Uniformierte traten den Feiernden mit Schäferhund und Gummi schrot entgegen. Bei der Gross-

peter-Kreuzung sollen sich drei, vier Party gänger vermummt, die vor- rückenden Beamten bedroht und ei-nen Polizisten mit einem Laserpointer verletzt haben. Ein Polizist wiederum soll aus nächster Nähe Gummischrot auf einen jungen Mann abgefeuert haben. Beides ist unschön. Beides ist unnötig. Und beides ist eine Folge der neuen Polizeistrategie: Machtdemons-tration statt Deeskalation.

Weshalb fährt Basel-Stadt so harsch ein? Will man denen in Liestal zeigen, dass Schäferhunde so effekt-voll eingesetzt werden können wie Su-perpuma-Helikopter (ein solcher über-wachte 2010 einen Harassenlauf)?

Aufgeschreckt durch die Besetzung des alten Kinderspitals und eine Open- air-Party auf der Voltawiese 2011, scheint ausgerechnet Regierungsrat Hanspeter Gass, der ja gar nicht erst wiedergewählt werden möchte, zum

Schluss gekommen zu sein, dass nach 30 Jahren wieder Jugendunruhen stattfinden. Seither greift die Polizei bei unbewilligten und spontanen Ver-anstaltungen repressiv durch. Einige Politiker hatten das gefordert, nach-dem die Lokalredaktion der BaZ, die man zwar nachts nie vor Ort antraf, die aber dennoch stets genau wusste, was geschehen war und wer schuld war, mächtig gepoltert hatte. «150 Cha-oten» zählte die BaZ in der Voltanacht, unsereiner sah – vor Ort – primär friedlich tanzende Jugendliche und an-stelle eines «riesigen Feuers» ein paar Bretter, die loderten. Dass Schaufens-terscheiben zu Bruch gingen, ist dest-ruktiv und bedauerlich. Ein paar Leute mit wenig Hirn und viel Hormonen wollten London spielen. Aber versank Basel deshalb im Chaos? Nein. Zürich brannte 2011 stärker und hat reagiert: Die Limmatstadt testet derzeit eine «Jugend bewilligung für Outdoor-Par-tys», um Ausschreitungen vorzubeu-gen. Deeskalation pur.

In Basel hat die Polizei eine andere Idee: Repression und Provokation. Das ist eine neue Stossrichtung, zuvor be-schränkte sich die Polizei jahrelang klug und bedacht auf die Rolle von Beobachtern, etwa an der «Village Sauvage» in Riehen, wo sich 2009 rund

2000 Menschen trafen, um zwei Näch-te lang in Abrisshäusern zu tanzen, bei günstigem Bier und guten Konzerten. Ein paar Fenster gingen in Bruch, ein paar Riehener verbrachten eine unru-hige Nacht. Niemand kam zu Schaden. Man verzieh den Übermut. Zu Recht. Man kann nicht verlangen, dass junge Leute aus der Geschichte gelernt ha-ben. Denn sie blicken ja noch gar nicht auf eine solche zurück. Ganz im Unter-schied zu den grau melierten Politi-kern, die dabei sind, Ordnung nach al-ter Schule zu erzwingen. Als hätte sich in ihren eigenen Jugendjahren erwie-sen, dass dies sinnvoll sei (1968! 1980!)

Zauberwort «Duldung»

Improvisierte Partys hat es seit den 80er-Jahren immer gegeben, veritable Jugendunruhen hingegen nicht. Am 1. Mai klirrten in Basels Innerstadt nur Klarinetten. Und im Baselbiet be-cherten einige junge Harassenläufer, begleitet von fast gleich viel Polizisten. Ist die neue politische Stossrichtung also nicht unverhältnis mässig? An den Freiluftfesten, die ich zuletzt erlebt

habe, wurden Bebbi-Säcke verteilt und keine Backsteine. Den teuersten Van-dalismus der vergangenen Monate hat Basel am letzten Wochenende erlebt: Als der FCB Meister wurde, die Regie-rung eine Freinacht ausrief und Fans ihrer Begeisterung mit Spraydosen Ausdruck verliehen. Stundenlang ha-ben Putztrupps die Spuren dieser amt-lich bewilligten Feier beseitigt. Das wars der Stadt wert. Wie kann solches Geld eingespart werden? Indem künf-tig ein DJ, der mit Freunden unter ei-ner Brücke steht, total geschröpft wird? Nein. Der Stadtkanton sollte bei einer improvisierten Party das Gum-mischrot und die abgerichteten Hunde im Revier einparken und wieder die vermittelnde Rolle einnehmen. So, wie es sich bewährt hat. «Duldung» laute-te früher das Zauberwort des Polizei-sprechers Klaus Mannhart.

Das Korps wird andernorts sowieso viel stärker gebraucht. Nur ein Bei-spiel: Die Frauen, die ich kenne, füh-len sich nachts in Basel an einer unbe-willigten Party bedeutend wohler und sicherer als auf dem Heimweg danach.

Öffentlicher Raum und repressive Politik

An den Freiluftfesten, die ich zuletzt erlebt habe, wurden Bebbi-Säcke

verteilt, nicht Backsteine.

Von Marc Krebs

Machtdemonstration statt Deeskalation: Die Basler Polizei erinnert mit ihrer Strategie an die bewegteren 80er-Jahre. Ob das schlau ist? Foto: Claude Giger

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Bestattungs-Anzeigen Basel-Stadt und Region

BASEL

Ammann, Edith Julia, geb. 1928, von Basel BS (Falkenstei-nerstrasse 30). Wurde bestattet.

Brunner-Mountford, Fritz, geb. 1930, von St. Peterzell SG (Fur-kastrasse 8). Trauerfeier Mitt-woch, 9. Mai, 13.15 Uhr, Friedhof am Hörnli.

Costa, Daniele, geb. 1967, von Italien (Froburgstrasse 25). Trau-erfeier Freitag, 4. Mai, 15.15 Uhr, Friedhof am Hörnli.

Erb-Jäger, Helen, geb. 1916, von Basel BS (Zürcherstrasse 143). Trauerfeier Montag, 7. Mai, 14 Uhr, Alterszentrum Alban Breite.

Fabian, Helmut Philipp, geb. 1925, von Deutschland (Schüt-zenmattstrasse 43). Trauerfeier Dienstag, 8. Mai, 15.15 Uhr, Fried-hof am Hörnli.

Ferrari-Ruetsch, Romeo Livio, geb. 1949, von Bellinzona TI (Haltingerstrasse 27). Wurde bestattet.

Halbeisen, Claudia Veronika, geb. 1956, von Dittingen BL (Sar-nerstrasse 11). Trauerfeier Frei-tag, 4. Mai, 11.15 Uhr, Friedhof am Hörnli.

Harris-Felber, Daisy Fanny, geb. 1931, von Basel BS (Horburgstrasse 54). Wurde bestattet.

Herren, Peter, geb. 1951, von Basel BS und Mühleberg BE (Riehenring 17). Wurde bestattet.

Hiss-Häfeli, Franz Paul, geb. 1935, von Basel BS (Nonnen- weg 3). Wurde bestattet.

Hoch-Leipnitz, Georges, geb. 1941, von Liestal BL (Grienstras-se 108). Wurde bestattet.

Meier-Kellenberger, Elsa Maria, geb. 1929, von Zürich ZH (Volta-strasse 83). Wurde bestattet.

Meier-Vollmeier, Werner Adolf, geb. 1925, von Kriens LU (Mag-nolienpark 4). Wurde bestattet.

Moor-Flükiger, Werner, geb. 1933, von Brittnau AG (Missions-strasse 50). Wurde bestattet.

Morf, Dijana, geb. 1968, von Ba-sel BS, Serbien (Rosengarten-weg 2). Wurde bestattet.

Müller-Wetzstein, Berta, geb. 1913, von Basel BS (Kohlenberg-gasse 20). Trauerfeier Mittwoch, 9. Mai, 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli.

Oeler, Jakob Anton, geb. 1924, von Altstätten SG (Allschwiler-strasse 6). Wurde bestattet.

Plüss, Elsa Meta, geb. 1933, von Basel BS (Klingentalstrasse 58). Wurde bestattet.

Schneider-Studer, Pierre Vic-tor, geb. 1928, von Basel BS (St.Alban-Anlage 49). Trauerfei-er im engsten Familienkreis.

Schnyder-Bubendorff, Edy, geb. 1927, von Basel BS (Lehen-mattstrasse 310). Trauerfeier Freitag, 4. Mai, 14.30 Uhr, St. Ja-kobskirche Basel.

Senn-Merelli, Annetta, geb. 1926, von Buchs SG (Birsstrasse 226). Wurde bestattet.

Siegrist-Ruzzunenti, Jürg Beat, geb. 1951, von Basel BS (Krachen-rain 55). Trauerfeier Montag, 7. Mai, 15 Uhr, Bruder Klaus Kirche, Bruderholzallee 140.

Steiger, Lilly, geb. 1920, von Ba-sel BS (Socinstrasse 55). Trauer-feier im engsten Familienkreis.

Strub, Werner Johann, geb. 1932, von Basel BS (Hammer-strasse 33). Wurde bestattet.

Tschanz, Walter, geb. 1928, von Basel BS (Rebgasse 16). Wurde bestattet.

Uehlinger, Hildi, geb. 1932, von Basel BS (Innere Margarethen-strasse 9). Trauerfeier Montag, 7. Mai, 10.45 Uhr, Friedhof am Hörnli.

Wilhelmi-Brack, Erika Elisa-beth, geb. 1925, von Basel BS (Giornicostrasse 144). Trauerfei-er im engsten Familienkreis.

Windler-Gwerder, Rosa Doro-thea , geb. 1923, von Basel BS (Farnsburgerstrasse 58). Wurde bestattet.

Wolf-Henzi, Paul Georg, geb. 1915, von Basel BS (Falkenstei-nerstrasse 30). Trauerfeier im engsten Familienkreis.

RIEHEN

Kaiser-Hunziker, Margrit, geb. 1928, von Willisau Stadt und Land LU (Inzlingerstrasse 230). Trauerfeier im engsten Familien-kreis.

Offizieller Notfalldienst Basel-Stadt und Basel-Landschaft061 261 15 15Notrufzentrale 24 h. Ärzte, Zahnärzte, Kostenlo-se medizinische Beratung der Stiftung MNZ

Notfalltransporte: 144Notfall-Apotheke: 061 263 75 75Basel, Petersgraben 3. Jede Nacht: Mo–Fr ab 17 h, Sa ab 16 h, Sonn- & Feiertage durchgehend offen.

Tierärzte-Notruf: 0900 99 33 99(Fr. 1.80/Min. für Anrufe ab Festnetz)

Öffnungszeiten der Fried-höfe Hörnli und Wolf: Sommerzeit: 7.00–19.30 Uhr Winterzeit: 8.00–17.30 Uhr

Schmutz-Felix, René, geb. 1930, von Eptingen BL (Obertor-weg 22). Wurde bestattet.

Voigt-Schröter, Anita, geb. 1927, von Allschwil BL (Mues-mattweg 33). Trauerfeier und Beisetzung Freitag, 11. Mai, 15 Uhr. Besammlung Kapelle Friedhof Allschwil.

Werdenberg-Büchi, Marlise, geb. 1945, von Allschwil BL (Bas-lerstrasse 31a). Trauerfeier und Beisetzung im engsten Familien- und Freundeskreis.

MÜNCHENSTEIN

Gigandet-Witschi, Louis Beat, geb. 1955, von Münchenstein BL (Heiligholzstrasse 66). Ab-schiedsfeier Freitag, 4. Mai, 14.30 Uhr, Kirchgemeindehaus der reformierten Kirche, Lärchenstrassse 3.

Probst-Grossenbacher, Ros-marie, geb. 1934, von Basel BS und Müncheinstein BL (Klusstras-se 26). Abschiedsgottesdienst Montag, 7. Mai, 14 Uhr, Dorfkirche Friedhof Münchenstein.

Reichert-Wyss, Mathilde Jo-sefina, geb. 1929, von Reinach BL und Luzern LU (Pumpwerk-strasse 3). Abdankung und Be-stattung Freitag, 11. Mai, 14 Uhr, Friedhof Fiechten, Reinach.

MUTTENZ

Bänninger-Gusset, Hedwig, geb. 1933, von Embrach ZH (Mittlere Strasse 15, Basel). Ur-nenbeisetzung Dienstag, 8. Mai, 15.30 Uhr, Friedhof Muttenz.

Tschudin-Meyer, Ruth Irene, geb. 1922, von Lausen BL und Basel BS (Donnerbaumstrasse 6). Urnenbeisetzung Dienstag, 8. Mai, 14 Uhr, Friedhof Muttenz, anschliessend Trauerfeier in der ref. Kirche St. Arbogast, Muttenz.

NUNNINGEN

Brun-Dietlin, Rosalia Ida, geb. 1919, von Sursee LU (Stäglen-weg 15). Wurde bestattet.

PRATTELN

Ackermann-Oberholzer, Maria Luisa, geb. 1924, von Mels SG (Bahnhofstrasse 37, c/o APH Madle). Abdankung und Beiset-zung im engsten Familienkreis in Therwil.

REINACH

Werthmüller-Nobs, Brigitta, geb. 1939, von Reinach BL (Thiersteinerstrasse 24). Trauer-feier Dienstag, 8. Mai, 14 Uhr, Friedhof Fiechten.

ZEGLINGEN

Rickenbacher-Pümpin, Fritz, geb. 1916, von Zeglingen BL (Wi-senstrasse 1, mit Aufenthalt im APH Mülimatt Sissach). Urnen-beisetzung mit anschliessendem Trauergottesdienst Dienstag, 8. Mai, 14 Uhr, Friedhof Kilchberg.

Todesanzeigen und Danksagungen: Lukas Ritter, 061 561 61 51 [email protected]

22TagesWoche 18

4. Mai 2012Bestattungen

Remane, Brigitte Helene Emi-lie, geb. 1933, von Deutschland (Im Glögglihof 15). Trauerfeier Freitag, 11. Mai, 13.45 Uhr, Fried-hof am Hörnli.

AESCH

Schwendimann-Goetsch-mann, Johann, geb. 1927, von Ebikon LU (Neumattstrasse 2). Bestattung Donnerstag, 10. Mai, 14 Uhr, kath. Kirche Aesch.

ALLSCHWIL

Frey-Stump, Margrit, geb. 1930, von Densbüren AG (Lan-genhagweg 28). Beisetzung im engsten Familien- und Freundes-kreis.

Gatschet-Sahrholz, Liselotte, geb. 1918, von Ins BE (Muesmatt-weg 33). Beisetzung im engsten Familienkreis.

Hartter, Heidi, geb. 1922, von Basel BS (Rosenbergweg 12). Trauerfeier und Beisetzung Dienstag, 8. Mai, 13.45 Uhr. Be-sammlung Kapelle Friedhof All-schwil.

Ruffieux-Böttcher, Lisbeth, geb. 1913, von Düdingen FR (Muesmattweg 33). Trauerfeier und Beisetzung Mittwoch, 9. Mai, 15 Uhr. Besammlung Kappelle Friedhof Allschwil.

ARLESHEIM

Parra-Salinas, Luisa Beatriz, geb. 1947, von Chile (Mattweg 71). Wurde bestattet.

Pinösch-Stein, Verena Anna Maria, geb. 1919, von Ardez GR und Ftan GR (Eichenstrasse 8). Trauerfeier und Beisetzung fin-den im engsten Familien- und Freundeskreis statt.

Sägesser, Bruno Paul, geb. 1943, von Messen SO, Brunnen-thal SO und Bannwil BE (Basel-strasse 104). Wurde bestattet.

BIRSFELDENIsch, Jakob, geb. 1921, von Brügglen SO (Hardstrasse 26). Abdankung Montag, 7. Mai, 14 Uhr. Besammlungsort Friedhof Birsfelden.

BUCKTEN

Gysin-Degen, Paul, geb. 1930, von Buckten BL (Hauptstras-se 27). Abschiedsfeier im engs-ten Familien- und Freundeskreis.

LAUFEN

Engel-Werder, Elisabeth, geb. 1924, von Eggiwil BE (Gründli-rainstrasse 3). Bestattung Diens-tag, 8. Mai, 14 Uhr, Gottesdienst in der ev.-ref. Kirche Laufen.

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TagesWoche 18 23

Das Verhältnis der Schweiz zu Europa ist seit jeher ein kompliziertes. Ein Rückblick in Zitaten. Von Philipp Loser

70 schwierige Jahre

In ihrer Unübersichtlichkeit, Kom-plexität und Grösse ist sie kaum zu fas-sen. Und gerade darum ist es jene Fra-ge, die die Schweiz im nächsten Jahrzehnt politisch am meisten be-schäftigen wird. Wie stellen wir uns zu Europa? Wie bringen wir den stei-genden Druck, den die europäischen Institutionen auf die Schweizer Politik ausüben, in Einklang mit dem gross und grösser werdenden Widerwillen der Bevölkerung gegenüber der EU? Und wie lässt sich die auf vielen ver-schiedenen Ebenen stattfindende Dis-kussion so bündeln, dass sie nicht in Fachsimpeleien der Technokraten aus-franst, sondern zu einem Ideenaus-tausch unter gleichberechtigten Bür-gern wird?

Vielleicht mit einem Blick zurück. In die Zeit der klaren Verhältnisse. Die kleine Zusammenstellung soll helfen, etwas besser zu verstehen, wie wir in die ungemütliche Lage von heute ge-langen konnten. In der alle wissen,

dass es nicht so weitergehen kann. Aber es niemand zu sagen wagt.

«Der Kampf der gegensätzli-chen politischen Systeme in andern Ländern berührt unsern Staat nicht.» Bundespräsi-dent Johannes Baumann, 21. März 1938

Es ist das Drama einer aussterbenden Generation. Die kleine Schweiz im Sturm der Welten, bedroht von allen Seiten, ungeschützt. Österreich liess sich eben jubelnd den Nazis anschlies-sen und die Schweizer Bevölkerung er-wartet von ihrer politischen Führung ein Signal. Sie erwartet Haltung.

Die Erklärung des Bundespräsiden-ten vom März 1938 (und die gemeinsa-me Antwort aller Fraktionen) ist die-ses Signal. Es ist ein weitreichendes: Mit der Erklärung von Johannes Bau-mann wurde die Schweizer Aussenpo-litik nicht nur für die Kriegszeit, son-dern auch weit darüber hinaus

Deutlich wie selten hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im März die Schweiz und mit ihr Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf kritisiert. Der Druck aus der EU ist dabei nur die letzte Episode einer langen Geschichte der Missverständnisse. Foto: Keystone

definiert. Die Schweiz als Sonderfall mitten in Europa, als unberührtes Gebiet aufrechter und wackerer Eidge-nossen. Es war dies der kleinste gemeinsame Nenner der geistigen Lan-desverteidigung: wir gegen alle ande-ren.

«Let Europe arise!» Winston Churchill, 19. September 1946

Es entbehrt darum nicht einer gewis-sen Ironie, dass ein Engländer (ausge-rechnet) in der Schweiz (ausgerechnet) jene politische Vision skizzierte, die in den kommenden Jahrzehnten in Grundzügen verwirklicht wurde und mit der heutigen Krise wieder infrage gestellt wird. Der britische Premiermi-nister Winston Churchill sprach in der Aula der Uni Zürich (unter grossem Ju-bel der lokalen Bevölkerung) von den «Vereinigten Staaten von Europa», die ausgehend von einem starken Duo Frankreich–Deutschland das darnie-derliegende Europa wiederbeleben sollten.

In diesem Verbund würden kleine Nationen gleich viel wie grosse zählen, sagte Churchill, aber er meinte damit nicht explizit die Schweiz. Dass diese Rede, die allgemein zu den wichtigsten und frühesten Darstellungen der euro-päischen Idee zählt, ausgerechnet in

der Schweiz gehalten wurde – ein Zu-fall.

«La Suisse de toujours doit garder sa vie propre en face du monde et ne pas devenir un petit état absorbé par le Leviathan germano-franco-italien.» Alt-Regierungsrat Albert Picot (LDP), 18. Oktober 1957

Wie schwer sich die Schweiz mit der europäischen Idee tatsächlich tat, zeig-ten die Jahrzehnte nach Kriegsende, als – wie von Churchill vorausgesagt – auf Drängen von Frankreich und Deutschland die europäische Annähe-rung begann. Der Schuman-Plan und die daraus entstandene Montanunion von 1951 (ein Wirtschaftsraum für zoll-freien Handel mit Kohle und Stahl) und die Römischen Verträge von 1957, mit denen die europäische Zusammen-arbeit auf eine breite institutionelle Ba-sis gestellt wurde, wurden in der Schweiz – in den Worten von Histori-ker Georg Kreis – «höchst ungnädig» aufgenommen: «Der Schuman-Plan bot Gelegenheit, ein zentralistisches Feindbild und Gegenmodell zur föde-ralen und vermeintlich ultraliberalen Schweiz zu bilden.»

Ausdruck fand das unter anderem in einem längeren Exposé des ehema-

SCHWEIZ

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Schweiz 4. Mai 2012

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Die Schweiz und Europa – ein andauernder Sonderfall. Auf dem Rütli wurde von General Guisan 1941 die eigenständige Schweiz beschworen (oben), in Zürich skizzierte Winston Churchill nach dem Krieg die Vision eines Vereinigten Europas (unten). Entscheidend für die Schweizer Europa-Politik der jüngeren Zeit sind vor allem zwei Daten: der Mauerfall von 1989 und der erfolgreiche Kampf von Christoph Blocher gegen den EWR 1992. Beide Ereignisse führten zu einer grösseren Isolation der Schweiz in Europa. Fotos: Keystone

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4. Mai 2012Schweiz

seiterin geworden. Als 20 Jahre nach dem Mauerfall die offizielle Schweiz nicht zu den Feierlichkeiten in Berlin eingeladen wurde, schrieb der «Tages-Anzeiger»: «Die Schweiz hat nach dem Fall der Mauer ihre Nische in Europa verloren.»

«Nein!» Christoph Blocher, EWR-Ab-stimmung 1992

Mit grosser Lust und Kraft hat ein Mann am heutigen Status der Schweiz in Europa mitgearbeitet. Christoph Blocher und mit ihm die SVP wurden als politische Kräfte mit der Abstim-mung über den EWR erstmals richtig wahrgenommen. Allein gegen alle brachte Blocher den Beitritt zum Schei-tern. Das war nicht nur der Beginn des Aufstiegs der nationalkonservativen SVP, die Abstimmung war auch Auftakt einer nicht enden wollenden Abwehr-schlacht von selbsternannten «echten Schweizern» gegen alles aus Europa. Das Gefühl von damals hat sich heute noch verstärkt. Die Bevölkerung ist so europakritisch wie wohl noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg.

«Der bilaterale Weg ist der Königsweg.» Bundesrat Johann Schneider-Ammann, Mai 2011, «NZZ am Sonntag»

Es ist das Mantra des bürgerlichen Es-tablishments, die satzgewordene Vertei-digung gegen jegliche Druckversuche aus Brüssel. Und Druck, den gibt es. «Ohne Einigung in institutionellen Fra-gen gibt es keine neuen Verträge mehr», sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Ende März in selten ge-hörter Härte. Das Bild der Schweiz in Europa ist ein schlechtes. Die Anrufung der Ventilklausel aus innenpolitischen Motiven, der unschöne Steuerstreit mit Deutschland, der Kampf um die Perso-nenfreizügigkeit: Immer offener wird die Schweiz als Land der Rosinenpicker bezeichnet, immer lauter werden all jene europäischen Stimmen, die ein Ende der Schweizer Sonderbehandlung fordern. Die Antwort der Schweizer Po-litik: Schweigen.

«Fertig gewurstelt. Die Schweiz muss der EU beitre-ten.» SP-Nationalrat Cédric Wermuth im «Sonntag» vom 31. März 2012

Eine echte Europadebatte, die unser Verhältnis zur EU in diesen schwieri-gen Zeiten ausleuchtet und definiert, die steht in der Schweiz noch an. Solan-ge die Krise in Europa noch andauert, solange auch der Druck der europäi-schen Institutionen nicht nachlässt und die europäischen Staaten selber noch unter grossem Druck sind – so lange wird in der Schweiz allerdings keine vernünftige Debatte möglich sein. Reden wir nicht drüber. Möge es schnell vorbei sein und uns nicht wei-ter belasten. Oder, um es in den Wor-ten von Johannes Baumann zu sagen: «Der Kampf der politischen Systeme in anderen Ländern berührt unsern Staat nicht.»

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ligen Genfer Regierungsrats Albert Picot, der nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge die kulturelle Au-tonomie und die kleinstaatliche Unab-hängigkeit bedroht sah. Bereits zehn Jahre vorher hatte Heinrich Homber-ger, Direktor des «Vororts» (der heuti-gen Economiesuisse) gesagt: «Rein wirtschaftlich gesehen, wird die Ein-spinnung der Schweiz in internationale Organisationen zu einer ungeheuer ge-fährlichen Sache. (...) Wir dürfen es wagen, unsere wirtschaftliche Ge-sundheit mit unseren eigenen Mitteln zu verteidigen.» Diese eigenen Mittel beinhalteten unter anderem die EFTA, das 1960 gegründete Gegengewicht zur EWG. Zehn Jahre lang funktionierte diese alternative Freihandelszone nicht schlecht, zehn Jahre lang war die Schweiz Teil einer grösseren Verbin-dung und profitierte davon. Zu Beginn der 70er-Jahre allerdings verlor die EFTA rasant an Bedeutung, die gröss-ten Mitglieder wechselten zur EG, die Schweiz blieb aussen vor.

«In der Verbesserung der schweizerischen Europafähig-keit liegt ein wichtiger Schlüs-sel für die Bewältigung unserer Zukunft.» Bericht des Bundesrats über die Stellung der Schweiz im europäischen Integrationsprozess, 24. August 1988

Im gleichen Masse, wie Europa zusam-menrückte, entfernte sich die Schweiz von der Union. Die Nachteile des Ab-seitsstehens wurden nun immer offen-sichtlicher und der Bundesrat wollte Abhilfe schaffen. Sein Instrument war der Europabericht von 1988, der zwar keine Integration in die neu entstande-nen Institutionen vorsah und einen EG-Beitritt mit Hinweis auf die eigene Neutralität ablehnte, aber gleichzeitig den Ausbau der «Europafähigkeit» propagierte. Die Chancen der Schweiz, auch unter komplexer gewordenen Umständen erfolgreich zu bestehen, hiess es in den Schlussbemerkungen des Berichts, «sind recht gut». Voraus-setzung dafür sei der starke Produkti-onsplatz und ein möglichst europa-freundlich ausgestaltetes Recht. «Der Bundesrat ist sich bewusst, dass es sich die Schweiz nicht länger leisten kann, in jenen wenigen Fällen, da die EG ein Interesse an der Ausgestaltung unserer Vorschriften hat, deren Wünsche aus innenpolitischen Sachzwängen beisei-te zu schieben.»

«Schliesslich geschieht jeden Tag etwas Wichtiges.» Ungenann-ter Sprecher von Aussenminister René Felber, 10. November 1989

Die Mauer fiel, die Sowjetunion fiel, Europa erhielt ein neues Gesicht, und der Aussenminister schwieg. Das durch den «Tages-Anzeiger» überlie-ferte Zitat ist Ausdruck der Ohnmacht, die seit dem Ende des Kalten Kriegs die Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa kennzeichnet. Plötzlich war man nicht mehr im Zentrum von Europa – die Schweiz war eine Aussen-

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WIRTSCHAFT

Kunde im Dienst

SELBSTBEDIENUNG00400360020060890

le der Fertigungs- und Vertriebskette selber übernimmt, leistet er natürlich dem Anbieter einen Dienst. Aber eben auch sich selber. Produkte, deren End-montage oder Installation dem Kunden überlassen wird, kommen diesen in der Regel günstiger zu stehen – es sei denn, er müsse später dennoch Hilfe in An-spruch nehmen. Dienstleistungen, die sich der Kunde selber mithilfe von Au-tomaten beschafft, funktionieren in der Regel schneller, als wenn er den ent-sprechenden Dienst eines Anbieters er-wartet. Die Automatisierung und Elek-tronisierung des Vertriebs steigert also die Effizienz – und zwar sowohl für den Anbieter als auch für den Kunden. Wer unter dem Strich drauflegt, darüber kann man streiten.

Beratung kostet – von Beginn weg

Etwas anderes geht aber verloren. Erin-nern Sie sich an die goldenen Zeiten, als man «das 111» anrufen konnte und sich dort eine freundliche, meist weibliche Stimme meldete: «Auskunft, Sie wün-schen?» Meist fragte man nach einer Telefonnummer oder Adresse. In mitt-lerweile historischen Zeiten konnte man auch Auskünfte anderer Art be-kommen oder gar einen kleinen Schwatz mit der netten Dame halten. Der Service kostete nichts.

Wollte man mit der Bahn verreisen, begab man sich zum SBB-Schalter, gab seinen Wunsch kund und erhielt zu-sammen mit dem genau passenden Bil-lett womöglich noch die Auskunft, an welchem Perron der nächste Zug in die-se Richtung abfahre – verbunden mit dem freundlichen Wunsch «Eine gute Reise». Ausser den Preis für das Billett musste man nichts bezahlen.

Beide gibt es noch. Die Auskunfts-person beim Telefon nennt heute sogar ihren Namen; sie sucht die gefragte Te-lefonnummer elektronisch, die Verbin-dung kann sofort hergestellt werden. Aber diese Beratung kostet von der ers-ten Sekunde an. Hinter den SBB-Schal-tern sitzen immer noch nette Menschen – nur muss man oft längere Zeit Schlan-

Wir leben in einer Dienst-leistungsgesellschaft. Das ist eine Bin-senwahrheit, die dadurch bestätigt wird, dass in der Schweiz der Anteil der Arbeitsplätze sowohl im primären Sek-tor (Rohstoffgewinnung, Landwirt-schaft) als auch im sekundären Sektor (Industrie) in den letzten Jahrzehnten laufend kleiner geworden ist und längst vom tertiären Sektor (Dienstleistun-gen) überflügelt wurde. Die Frage ist nur, wer in dieser Dienstleistungsge-sellschaft die Dienste für wen leistet.

Wenn man sich bei Starbucks den populären Caffe Latte oder den raffi-nierteren Caramel Macchiato an der Theke abholt, empfängt man dann eine Dienstleistung (Aufbrühen von Kaffee) oder leistet man einen Dienst (als Kell-ner meiner selbst)?

Als Kunde tippt man wahrscheinlich auf Letzteres. Denn bedient wird man heute kaum mehr. Beziehen Sie zum Beispiel am Postomat Bargeld, dann nehmen Sie der Post eine Dienstleis-tung ab. Wenn Sie E-Banking betrei-ben, arbeiten Sie als Bankkassierer und womöglich als Wertpapierhändler (und übernehmen ganz nebenbei einen Teil des Bankier risikos). Wer online Thea-tertickets kauft, übernimmt die Arbeit der Vorverkaufskasse. Und wenn man einen Flug online bucht und so auch die Platzreservation macht, erweist man der Swiss (oder ab Basel meistens Ea-syJet, da fehlt nämlich die Dienstleis-tung von Swiss-Direktflügen weitge-hend) einen Dienst.

Abermillionen Arbeitsstunden

«Nur eine Form der Bedienung funktio-niert reibungslos», spottete die deut-sche Wochenzeitung «Die Zeit» schon vor Jahren, «die Selbstbedienung.» Da sind Abermillionen von Arbeitsstunden im Spiel, die unentgeltlich, meist für bestimmte Unternehmen geleistet wer-den. Und keine Gewerkschaft geht auf die Barrikaden.

Bei allen erwähnten Beispielen gilt, wie häufig in der Ökonomie, auch das exakte Gegenteil. Wenn der Kunde Tei-

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Wirtschaft 4. Mai 2012

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In Sachen Gastfreundlichkeit

ist die Schweiz das Schlusslicht.

Vom Dienst am Kunden reden alle. Doch Automatisierung und Elektronisierung führen eher zum Gegenteil. Einkaufen und Konsumieren werden immer mehr zum Dienst am Anbieter. Von Gerd Löhrer

SELBSTBEDIENUNG00400360020060890

ge stehen, um zu ihnen vorzustossen. Fahrplanauskünfte geben diese an-sonsten freundlichen Menschen nicht mehr, dafür gibt es unter anderem ei-nen telefonischen Dienst – und der kos-tet von der ersten Sekunde an. Die Schlangen werden bewusst in Kauf ge-nommen. Schliesslich wollen die SBB ihre Kunden davon fernhalten und ih-nen demnächst gar elektronische Ti-ckets für den öffentlichen Verkehr auf-oktroyieren. Als Kunde gerät man dann den SBB nur noch in Gestalt eines Chips in einer Plastikkarte unter die elektro-nischen Augen. Als Mensch erst, wenn man reklamiert.

Menschen sind das «Fräulein» von der Auskunft und der «Beamte» hinter dem Schalter. Sie sind Gesicht und Stimme des Service public. Genauso wie der Polizist im Strassenverkehr, der Kondukteur in der Bahn und anno dazumal der Billeteur im Tram.

Auch in der privaten Wirtschaft gibt es die Gesichter eines Unternehmens. Das sind immer jene Menschen, denen man als Aussenstehender zuerst begeg-net. Das kann die Dame in der tunlichst hausinternen Telefonzentrale sein; wenn der Kunde merkt, dass er in die Warteschlaufe eines Callcenters gera-ten ist, ist sein Bild des Unternehmens bereits ramponiert. Das kann der Por-tier sein, die Vorzimmerdame des Chefs, der Concierge im Hotel, der Ver-käufer im Geschäft für Unterhaltungs-elektronik, der wirklich ein Kundenbe-rater ist und sich nicht nur so nennt.

Apparate statt Menschen

Dienstleistung ist nämlich vor allem ein Vorgang zwischen Menschen; Apparate können hilfreich sein, wenn auf der Input- wie auf der Output-Seite Men-schen spürbar sind. Wenn ich statt mit einem Menschen nur mit einem Appa-rat zu tun habe, bleibt das Unterneh-men kalt und leblos. Wenn ich mein Bargeld ohnehin nur aus dem Banco-mat be ziehen kann – weshalb sollte es dann ein Rolle spielen, ob ich mein Kon-to bei Raiffeisen, CS, UBS oder Kanto-

nalbank habe? Der Apparat hat keine Identität, der junge Mann am Bank-schalter schon. Er macht für den Kun-den das Wesen dieser Bank aus.

Ich fahre seit Jahrzehnten die gleiche Automarke, nicht weil die wirklich die beste der Welt ist, sondern weil der Werkstattchef der Vertragsgarage mich seit Jahrzehnten zuverlässig begleitet. Die Technik des Autos ist auswechsel-bar, dieser Mechaniker nicht.

Versuchen Sie einmal, in Basel ein Paar Schuhe der Grösse 48 zu finden. Die häufigste Antwort lautet: «Wir ha-ben nur bis Grösse 46/47.» Mit anderen Worten: «Such doch selber einen Schuh für deine grossen Flossen!» Es geht auch anders. Wenn man etwa ein Schuhgeschäft im Nachbarort Lörrach aufsucht. Dort heisst es: «Das haben wir wahrscheinlich nicht am Lager, aber wir können Ihnen fast jedes Mo-dell in dieser Grösse bestellen.

»»»»»Kundendienst ist Dienst für den

Kunden – schon wieder eine Binsen-wahrheit. Heute hat man aber in vielen Bereichen den Eindruck, Kundendienst bedeute «Dienst des Kunden». Dass das nicht einfach aus der Luft gegriffen ist, zeigt eine Befragung des Online-Reise-portals Zoover bei seinen Kunden in 23 Ländern: Betreffend «Gastfreund-lichkeit» erscheint die Schweiz auf Rang 23. Für ein Fremdenverkehrsland ein vernichtendes Urteil.

Das heisst nun nicht, dass alle Anbie-ter alle Automaten entsorgen und ab so-fort einen Kunden-Streichelzoo einrich-ten sollen. Sie sollen nur das tun, was sie stets zu tun behaupten: den Interessen und Bedürfnissen der Kunden nach-kommen. Und die sind halt unterschied-lich. Für viele Kunden, wo möglich sogar für eine Mehrheit, sind tatsächlich Preis

und schnelle Ver füg barkeit die ent-scheidenden Kaufkrite rien. Sie schät-zen den direkten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen über elektroni-sche Medien – und ihnen ist es auch egal, wenn sie selber viel zum Gelingen des Handels beitragen müssen.

Andere Menschen wiederum haben andere Vorstellungen von Dienstleis-tung: Vorstellungen, in denen ein Kauf auch ein zwischenmenschliches Ereig-nis ist, ein Vorgang, bei dem man bera-ten und betreut wird. Solche Menschen stehen nicht gerne im Supermarkt vor fünf Regalmetern Joghurt: ratlos, weil sie es versäumt haben, sich zuvor im In-ternet oder – besser noch – in einem Studium der Ernährungswissenschaft kundig gemacht zu haben. Sie möchten dem Anbieter eigentlich gerne vertrau-en, was sie aber angesichts der fünf Laufmeter dann doch lieber nicht tun.

Service ist für viele zentral

Diese Kunden werden auch nicht gerne von 30 Öko-Labels behelligt (Zählung der Konsumentenschützer), die jeweils von sich behaupten, sie seien die einzig zuverlässigen – sie empfinden das als einfältige Vielfalt. Menschen, die so einkaufen möchten, sind möglicherwei-se eine Minderheit. Aber eine zahlungs-kräftige. Und vermutlich sogar eine wachsende. Das lässt sich zum Beispiel daraus schliessen, dass sogar im Schnäppchen-bewussten Deutschland offenbar die Zahl der bedienten Tank-stellen wieder zunimmt.

Vielleicht hat ja gerade das dazu bei-getragen, dass es an der Lörracher-strasse in Riehen immer noch eine Tankstelle gibt, an welcher der Tank-wart das Benzin nachfüllt, die Scheiben reinigt, fragt, ober er Pneudruck, Öl- und Wasserstand überprüfen soll und dann «gute Fahrt» wünscht. Zugege-ben, hier ist das Benzin ein paar Rap-pen teurer als an Selbst bedienungs-tank stellen. Die bezahle ich aber gerne. Sie wissen schon aus der Kosmetikwer-bung: «Weil ich es mir wert bin.»

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TagesWoche 18 28

WISSEN

Napoleons KartenSchweizer Landkarten gehören weltweit zu den genausten. Napoleon war einer der Ersten, der unser Land präzise vermessen liess – um seine Feldzüge genau planen zu können. Von Martin Stohler

Reisenden, die Mitte des 18. Jahr-hunderts in der Schweiz unterwegs wa-ren, standen nur bedingt zuverlässige Landkarten zur Verfügung. Dies hatte seinen Grund darin, dass Karten hier-zulande bis nach der Französischen Revolution nicht das Resultat einer ex-akten Vermessung der Landschaft wa-ren. Im besten Fall fand bei ihrer Her-stellung ein Augenschein vor Ort statt, ansonsten zog man bereits existieren-de Karten bei oder beschaffte sich In-formationen auf dem Korrespondenz-weg. Es erstaunt daher nicht, dass auch die von Johann Jakob Scheuchzer 1712 publizierte Karte der Schweiz – damals die Schweizerkarte par excellence – nicht frei von Fehlern ist.

Die Unzulänglichkeiten von Scheuch-zers Karte blieben auch dem Aargauer Seidenbandfabrikanten Johann Rudolf Meyer (1739–1813) nicht verborgen. Sein Schweizer Atlas sollte hier Abhilfe schaffen. Auch dieses zwischen 1796 und 1802 veröffentlichte Kartenwerk beruhte noch nicht auf einer Dreiecks-vermessung nach heutiger Vorstellung. Vielmehr schuf Meyers Mitarbeiter Joa chim Eugen Müller vor Ort ein Re-lief der Landschaft, aufgrund dessen dann der Strassburger Ingenieur Jo-hann Heinrich Weiss unter Verwen-dung einer rein grafischen Dreiecks-konstruktion die Karte zeichnete.

Heimatliebe und Wirtschaft

Hinter Meyers Schweizer Atlas standen Heimatliebe und landeskundliches In-teresse, er war aber auch als kommerzi-elles Unternehmen gedacht, was ange-sichts der Entstehungskosten des Werks nicht erstaunt. Meyer hoffte auch, dass mithilfe seiner Karten Salzvorkommen ausfindig gemacht werden könnten.

Der Aargauer Unternehmer war nicht der Einzige, der sich von guten Karten einen Nutzen für die Wirtschaft unseres Landes erhoffte. In der 1759 gegründeten Ökonomischen Gesell-schaft Bern hegte man gegen Ende des 18. Jahrhunderts in dieser Hinsicht möglicherweise noch höhere Erwar-tungen als Meyer. Zu den treibenden Kräften einer Vermessung und Kartie-rung des Kantons Bern nach neusten

Methoden gehörten damals Philipp Al-bert Stapfer, der Sekretär der Ökono-mischen Gesellschaft und spätere hel-vetische Minister, sowie der mit ihm befreundete Berner Professor für Ma-thematik und Physik, Johann Georg Tralles. Aus verschiedenen Gründen kam das Berner Vorhaben aber kaum über die Projektphase hinaus.

Ein Bedürfnis nach exakten Karten gab es auch auf Seiten der Militärs. So liess der König von Frankreich, das zu jener Zeit in der Landvermessung und Kartierung führend war, von 1779 bis 1781 den Grenzbereich zur Schweiz im grossen Massstab vermessen und kar-tieren. Dabei arbeiteten die französi-schen Ingenieure auch auf Schweizer Boden und vermassen beträchtliche

Teile unseres Territoriums. Auch wenn französische Diplomaten bei den be-troffenen Kantonen die Erlaubnis dazu eingeholt hatten, verlief nicht immer alles ganz glatt. So beschwerte sich ein französischer Offizier, der 1781 an der Vermessung des Basler Abschnitts be-teiligt war, darüber, dass ihm «zu Bot-mingen grosser Schimpf zugefügt wor-den, er auch drey Stunden lang im Schloss eingeschlossen gehalten wor-den ist, indem er mit obrigkeitlicher Erlaubnis beschäftigt war einen Plan über die Grenzen zu verfertigen».

Napoleons Kartenhunger

Dieser Vorfall macht deutlich, so das Fazit des Kartenhistorikers Martin Ri-ckenbacher, «dass die Vermessungstä-tigkeit französischer Genieoffiziere auf schweizerischem Territorium von der einheimischen Bevölkerung aufmerk-sam beobachtet und als nicht selbst-verständlich empfunden wurde».

Im Sog der Französischen Revolu-tion wurde die Schweiz 1798 ein Teil des französischen Einflussbereichs. 1801 erteilte Napoleon, der immer das

bestmögliche Kartenmaterial zur Hand haben wollte, um seine Feldzüge optimal planen und seine Truppen rasch verschieben zu können, seinem Kriegsminister den Auftrag, eine Schweizerkarte erstellen zu lassen. Philipp Albert Stapfer, der damals als helvetischer Gesandter in Paris weilte, bekam von der Sache Wind und setzte sich für ein französisch-helvetisches Gemeinschaftsunternehmen ein. Nach längerem Hin und Her einigten sich die französische und die helvetische Re-gierung schliesslich über das weitere Vorgehen und die Finanzierung des Vorhabens.

Die französisch-helvetische Koope-ration sollte dennoch nicht zustande kommen. Als die französischen Inge-nieure des Bureau topographique Fran-çais de l’Hélvetie 1803 in der Schweiz

eintrafen, mussten sie feststellen, dass ihnen hier die Partner fehlten. Die Hel-vetische Republik, mit der Frankreich über das Vorhaben verhandelt hatte, gab es nicht mehr: nach Staatsstreichen und inneren Wirren war dieser Zent-ralstaat in der Zwischenzeit gemäss Na-poleons Wunsch durch einen Staaten-bund der Kantone ersetzt worden. Letztere hatten offensichtlich kein In-teresse, sich an der Kartierung zu betei-ligen. Darauf entschied Napoleon, die Karten auf französische Kosten im Al-leingang erstellen zu lassen.

Ganzes Baselbiet kartiert

In der Folge operierte das Bureau topo-graphique Français de l’Hélvetie von Strassburg aus und machte sich ab 1804 in einer Reihe von Kampagnen an

Man erhoffte sich von guten Karten

auch wirtschaftlichen Nutzen.

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Wissen 4. Mai 2012

29TagesWoche 18

die Vermessung und Kartierung der

Schweiz und angrenzender Gebiete.

Auf Schweizer Boden erhoben die fran-

zösischen Ingenieure letztmals im Jahr

1813 Daten. Im selben Jahr erlitt Napo-

leon in der «Völkerschlacht» bei Leip-

zig eine vernichtende Niederlage, die

das Ende seiner Herrschaft und damit

auch das Ende der französischen Do-

minanz einläutete.

Bis zu jenem Zeitpunkt hatten die

französischen Ingenieure eine ansehn-

liche Fläche in der West- und Nord-

schweiz aufgenommen, darunter auch

das ganze Baselbiet und die entspre-

chenden Karten in je einem Exemplar

gezeichnet. Publiziert wurden grosse

Teile der damals erhobenen Daten al-

lerdings erst in der Zeit von 1818 bis

1821, als die Franzosen die Karte von

Schwaben, die Carte topographique de

l’ancienne Souabe 1:100 000, drucken

liessen.

Für sein ansprechendes Buch «Na-

poleons Karten der Schweiz» hat Mar-

tin Rickenbacher dieses bisher nicht

beachtete Kapitel der Kartengeschichte

minutiös untersucht. Neben den histo-

rischen Zusammenhängen gilt sein In-

teresse auch der Frage, welche Exakt-

heit bei der Erfassung der Landschaft

jeweils erreicht wurde.

Erstaunlich genau

Anders als Scheuchzers Schweizerkar-

te ist Meyers Atlas der Schweiz zwar

schon erstaunlich präzis, schneidet

aber doch deutlich schlechter ab als die

französischen Karten. Trotz ihrer Prä-

zision fanden die als Teil der «Carte de

l’ancienne Souabe» veröffentlichten

Arbeiten des Bureau topographique

Français de l’Hélvetie in der Schweiz

aber kaum Beachtung – zu gross war

offenbar der Groll gegen die Franzosen

und gegen die Verheerungen, die ihre

Armeen angerichtet hatten.

Kommt hinzu, dass die Vermessung

und Kartierung unseres Landes nach

modernen Verfahren erst wieder auf

die Tagesordnung gesetzt wurde, als

die Anhänger eines Bundesstaates in

den 1830er-Jahren an Boden gewan-

nen. Als man sich dann ans Werk

machte, kam in der Person des Genfer

Kantonsingenieurs Guillaume-Henri

Dufour französisches Know-how zum

Tragen. Der General des Schweizer

Sonderbundkriegs von 1847 hatte sein

Ingenieurswissen an der Ecole poly-

technique in Paris und an der Ecole su-

périeure d’application du génie in Metz

Auf der 1712 von Johann Jakob Scheuchzer veröffentlichten Schweizerkarte ist die Basler Landschaft noch nicht in den richtigen Proportionen dargestellt. Foto: Kartensammlung swisstopo

Die ins Reine gezeichnete Karte 1:50 000 eines napoleonischen Ingenieur-Geografen von 1806 zeigt die hohe Qualität der französischen Aufnahmen. Foto: Service historique de la défense – Département de l’armée de terre (Vincennes)

erworben und war von 1811 bis 1817 im

Dienst der französischen Armee ge-

standen. Seine Topographische Karte

der Schweiz im Massstab 1:100 000 be-

gründete nicht nur den Weltruf der

schweizerischen Kartografie, sondern

stärkte auch das nationale Zusammen-

gehörigkeitsgefühl der Schweizer.

Martin Rickenbacher: Napoleons Karten der Schweiz. Landes-vermessung als Machtfaktor 1798–1815. Verlag hier+jetzt, Baden 2011. 352 Sei-ten, 129 Abbildungen. 78 Franken.Das Buch wurde in Dortmund mit dem

Eratosthenes-Preis 2011 ausgezeichnet.tageswoche.ch/+axwsf

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INTERVIEW

Der Baselbieter Kulturbeauftragte Niggi Ullrich über Kulturförderung, Geldstreitigkeiten zwischen Stadt und Land, seine Rolle als «Kulturkönig» – und über seine Zukunftspläne. Interview: Marc Krebs und Remo Leupin, Fotos: Stefan Bohrer

«‹Baselbieter Kultur› ist ein Phantom»

In Basel haben sich in den letzten zwanzig Jahren viele Kulturdirektoren die Klinke in die Hand gegeben. Niggi Ullrich hingegen, der Leiter von kultu-relles.bl, hält seit 1988 die Stellung. Kulturschaffende nennen den bald 60-Jährigen daher auch mal «Kultur-könig». Sein Wissen über regionale Kultur und Fördermechanismen ist riesig. Und man sagt hinter vorgehal-tener Hand, dass es als Subventions-empfänger vorteilhaft sei, einen guten Draht zum Baselbieter Kulturchef zu haben.

Zuletzt machte Ullrich vor einem Jahr von sich reden als Organisator der «tagsatzung kultur.bl», einer Aus-spracheplattform, an der Kulturschaf-fende, Politiker und die Bürgerinnen und Bürger Wünsche, Ideen und Frust ab laden konnten. Das Resultat dieser Auslegeordnung soll nun in ein neues Baselbieter Kulturleitbild einfliessen.

Herr Ullrich, Sie wohnen in

Arlesheim …

Genau, ein ganz interessanter Fleck Baselbiet. Die Gemeinde ist durch ihre Geschichte und Tradition von katholi-scher Kultur geprägt – an den Sonnta-gen ist der Dom fast bis auf den letzten Platz gefüllt.

Was hat Arlesheim kulturell zu

bieten?

Neben den in dieser Art exklusiven Or-gelkonzerten im Dom auch das Theater auf dem Lande, mit einem Bühnenpro-gramm jenseits des Mainstreams. Zu-dem eine der bestsortierten Gemein de-bibliotheken, das Museum Trotte, auf «Zwischenhalt» das Neue Theater am Bahnhof und eine renommierte Musik-schule. Arlesheim ist in Sachen Kultur eine sehr spezielle Gemeinde, sozusa-gen das «Riehen des Baselbiets» …

Arlesheim hat ja auch eine eigene

«Kunst-Fondation».

Stimmt! In Form des Forums Würth. Und nicht zu vergessen unser «Unique Selling Point»: die Ermitage.

Wie definieren Sie «Baselbieter

Kultur»?

So gefragt gibt es für mich keine plau-sible Antwort – auch wenn andere de-ren Existenz standfest behaupten. Es gibt nur Kultur im Baselbiet, und die ist so vielfältig wie andernorts auch.

Vor allem, wenn Geldstreitigkei-

ten mit Basel-Stadt anstehen …

Halt! Zwischen den Kantonsregierun-gen gibt es in der Kulturpolitik keine inhaltliche Debatte. Die Geldfrage ist eine andere Ebene. Die übertrieben stark kolportierte Kontroverse über die sogenannte «Baselbieter Kultur» stammt aus dem Landrat, als 2009 über das neue Kulturgesetz debattiert wurde – was wenig zielführende Er-kenntnisse brachte. Am ehesten könn-ten noch unsere Trachtenvereine in Anspruch nehmen, sie repräsentierten so etwas wie Baselbieter Kultur. Doch tun sie das öffentlich ebensowenig wie der Kleinhüninger Jodlerchor, der auch nicht behauptet, er stehe für die «Basler» Kultur. Der Reinacher Autor Heinrich Wiesner hat mal gesagt, das Baselbiet sei der einzige «Heimatkan-ton ohne Grenzen» – für mich eine zu-treffende Charakteristik, weil sie die historisch verbriefte, kulturelle Offen-heit des Baselbiets benennt.

Vor einem Jahr haben Sie mit viel

Tamtam die «tagsatzung kultur.bl»

organisiert. Da ging es auch dar-

um auszuloten, was es mit Basel-

bieter Kultur auf sich hat.

Ja, aber aus den zahlreichen Inputs hat sich klar ergeben, dass der Begriff «Baselbieter Kultur» ein Phantom ist, weil sich kaum jemand darauf berufen will. Kultur orientiert sich an Inhalten oder Formen, aber nicht über kantonal abgegrenzte Räume.

Was hat die «Tagsatzung» sonst

noch ergeben? Können Sie uns ein

paar Geheimnisse verraten?

Vier wichtige Erkenntnisse kann ich nennen. Erstens: Der Kanton Basel-Landschaft hat dank den Gymnasien und Musikschulen eine eigenständige, junge Szene, ist eine Kulturschmiede von Kreativen, die später in der Stadt oder sonstwo in der Welt ihren Weg machen. Zweitens: In Basel-Stadt gibt es starke, einzigartige Kulturleistun-gen, die auf das Baselbiet ausstrahlen. Ein Grossteil des Publikums wohnt im Baselbiet, ist im Schnitt jünger, mobil, flexibel, verdient gut und findet für seine kulturellen Bedürfnisse auch in Basel Erfüllung. Man kann keine zeit-gemässe Baselbieter Kulturpolitik for-mulieren, ohne dies anzuerkennen und einzubeziehen. Drittens …

… eine Zwischenfrage, Herr Ull-

rich …

Ja, aber wir dürfen diesen dritten Punkt auf keinen Fall vergessen, der ist ganz wichtig!

Versprochen. Der Zusatzkredit

für das Theater Basel wurde 2011

abgelehnt, obschon ein Grossteil

des Publikums im Baselbiet

wohnt. Für Sie muss es ärgerlich

sein, dass es in diesem Kanton

zwei Parteien gibt: eine, die das

Theater stärken möchte, und eine,

die nichts davon wissen will.

Natürlich ist das für mich ärgerlich. Aber: Sie reden erneut von Finanzpoli-tik. Mit dem Inhalt von Kulturpolitik hat die Abgeltung von Zentrumsleis-tungen wenig zu tun. Übrigens: Im 20. Jahrhundert haben in Basel-Stadt vier Theaterabstimmungen stattgefun-den. Drei davon gingen hochgradig bachab, eine einzige wurde ganz knapp angenommen. Die letzten Basler Kul-turabstimmungen – über den Stadtca-sino-Neubau und das Multiplex-Kino an der Heuwaage – wurden von der Bevölkerung mit einem Stimmenver-hältnis 2:1 abgelehnt. Trotzdem kann man nicht daraus schliessen, dass die Kulturleistungen in Basel unbedeutend seien. Unsere äusserst knapp verlorene Theaterabstimmung, auf die Sie an-spielen, ging auch nicht wie immer be-hauptet im Oberbaselbiet verloren, sondern in den stadtnahen Agglomera-tionsgemeinden. Hart, aber wahr.

Wie gehen Sie als Baselbieter Kul-

turbeauftragter mit dem Dilemma

um, dass Basels Anspruch auf Ab-

geltung seiner Zentrumsleistun-

gen legitimiert ist, aber eine

Mehrheit der Baselbieter das ein-

fach nicht akzeptieren will?

Dieses Dilemma gehört zum kulturpo-litischen Alltag. 1997 hat der Baselbie-ter Souverän – während einer Finanz-krise notabene – den Kulturvertrag mit einem Stimmenanteil von 60 Pro-zent bewilligt! Die Erfahrung zeigt, dass Abstimmungen über kulturelle Partikularinteressen – etwa über das Theater – meistens keine Mehrheit fin-den. Das ist in Basel nicht anders. Der Stadtcasino-Neubau wurde verworfen, weil er primär der klassischen Musik-szene und deren Publikum gedient hät-te. Ganz anders beim Plebiszit über

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Interview 4. Mai 2012

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«Die Gemeinden müssen sich wahrnehmbarer engagieren, auch über ihre Grenzen hinweg.» Niggi Ullrich spricht über Erkenntnisse nach der «tagsatzung kultur.bl».

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Niggi Ullrich

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Interview 4. Mai 2012

den Kulturvertrag, wo es als Folge Nutzniesser aus allen Kultursparten gab und die Stimmbürger etwas für die Mehrheit tun wollten.

Das haben Sie und der damalige

Regierungsrat Peter Schmid ganz

schön schlau eingefädelt …

Ich weiss nicht, ob das «schlau» war. Die Erfahrung zeigt halt, dass nur mit dieser Strategie solche Abstimmungen zu gewinnen sind. Übrigens: In der Kulturstadt Basel, die ihre eigenen, nicht gewonnenen Theaterabstimmun-gen scheinbar vergessen hat und die sich mit dem Baselbieter Nein zur er-höhten – nicht zu verwechseln mit ei-ner gesenkten! – Theatersubvention verständlicherweise schwer tut, muss-te in den letzten Jahren zweimal über Partikularinteressen inklusive Folgen abgestimmt werden. Und da ging es «nur» um Schrebergärten!

Trotzdem, Baselland profitiert

von den Zentrumsleistungen der

Stadt, ohne diese abzugelten.

Halt! Es ist nicht so, dass sich Basel-Landschaft nicht beteiligt; im schweize-rischen Vergleich ist die Summe aus dem Kulturvertrag, 2010 waren es 9,2 Millionen Franken, respektabel, ebenso in Prozenten unseres Kultur-budgets (30 Prozent). Der Konflikt ent-zündet sich wie bei der Uni oder den Spitälern an der Bemessung der Abgel-tung in Franken und Rappen. Das ist nicht eine Kultur-, sondern eine Finanzfrage.

Sie begegnen uns mit einer Recht-

fertigungshaltung – dabei haben

wir noch gar keinen richtigen

Vorwurf an Ihre Adresse ge-

äussert …

Das stimmt – vielleicht weil bei sol-chen Gesprächen stets der Vorwurf in der Luft liegt, dass das Baselbiet zu wenig in der Stadt tut. Für mich und auch für die städtische Kulturabtei-lung gibt es diese Grenzen im regiona-len Kulturalltag weder inhaltlich noch funktional. In Rümlingen existiert eine der innovativsten Plattformen für Neue Musik, und Kleinhüningen hat einen der besten Jodlerchöre. Aber was ist damit bewiesen? Dass im Kul-turbereich eine verstärkte Kooperation der beiden Basel wünschenswert wäre? Diese gibt es in der zeitgenössi-schen Kunstförderung über alle Spar-ten bereits. Fast immer paritätisch und in partnerschaftlicher Aufgabenteilung.

Ihr Chef, Regierungsrat Urs

Wüthrich, hat kürzlich das Pratt-

ler Rocklokal Z7 als kulturellen

Leuchtturm des Baselbiets be-

zeichnet – das ist mutig.

Ja, kann man so sehen. Ich spreche beim Z7 lieber von einem Kompetenz-zentrum mit spezifischem Know-how und komplementärem Charakter. Das Z7 ist ein interessanter Ort, der in der Stadt so gar nicht existieren könnte: Wo gibt es eine Halle für 1500 Zu-schauer mit genügend Parkplätzen, wo ist die Miete so günstig?

Gut, Sie müssen das Z7 ja auch

nicht subventionieren.

Stimmt. Aber hier herrschen ideale Rahmenbedingungen.

Ihr Budget ist zudem nicht zu über

90 Prozent fix an «Leuchttürme»

wie die Museen, das Theater und

die Orchester gebunden.

Auch das stimmt. Im Falle von Basel ist es sicher richtig, von Leuchttürmen zu sprechen. Solche haben wir – mit Ausnahme von Augusta Raurica – nicht. Dafür können wir gezielt Pro-jekte mit Campus-Charakter fördern. Zum Beispiel das Rockfact-Zentrum in Münchenstein. In Basel versucht man seit Jahren, Übungsräume zu bauen. Die Bands, die dort mal proben, müs-sen dreimal so berühmt werden wie die Rolling Stones, damit das Ganze einmal amortisiert wird! In München-stein ist das billiger und einfacher rea-lisierbar. Vermutlich bekommen wir bei uns für den Subventionsfranken mehr als in der Stadt – aber wir müs-sen wirklich über Punkt drei reden ...

Bitte.

(lacht) Vielen Dank. Es gibt im Basel-biet eine vielfältig-aktive Kultur vor Ort, in unmittelbarer Nähe der Bevöl-kerung. Viele Leute sind Publikum und Kulturakteure zugleich. Von die-sen Aktivitäten profitiert auch die ur-bane Kultur in Basel. Es ist wenig

sinnvoll, sich unter «Dorfkultur» nur Musikvereine und Chöre vorzustellen, ohne ihr Repertoire oder ihre Inhalte zu kennen. Es gibt alle Stile und Spar-ten, im Kleinen und Grossen. Sie gehö-ren gleichfalls ins Portefeuille unserer regional ausgerichteten Kulturpolitik.

Von den 86 Baselbieter Gemein-

den haben 82 kein Kulturkonzept.

Oft sind die Bereiche Kultur,

Sport und Freizeit zusammenge-

legt – hier agieren Sie quasi auf

der grünen Wiese.

Die Gemeinden pochen in ihrem Zu-ständigkeitsbereich auf Autonomie, was immer das heisst. Trotzdem un-terstützen wir Aktivitäten in den Ge-meinden, vor allem, wenn sie über die kommunalen Grenzen hinauswirken.

Pochen die Gemeinden auf ihre

Autonomie, um gar nichts zu tun?

Ja, in Einzelfällen vielleicht. Das Hauptproblem ist aber, dass viele Ge-meinden zu klein sind, um eine eigen-ständige, wahrnehmbare Kulturpolitik zu betreiben, die diesen Namen ver-dient. Immerhin hat die Theaterab-stimmung im Unterbaselbiet die Dis-kussion über die kulturpolitische Rolle der Gemeinden neu lanciert. Mal schauen, mit welchen Auswirkungen.

Die «Tagsatzungs»-Erkenntnisse

fliessen nun in ein neues Kultur-

leitbild – was wird drin stehen?

Anders als in Basel-Stadt, wo die Kol-legen ganz konkret formuliert haben, was in Zukunft materiell Sache ist, geht es bei uns um eine Grundausrich-tung, um die Bestimmung der Flughö-he unserer Kulturpolitik im Zusam-menspiel mit den Akteuren, Gemeinden und dem Kanton.

Die Fortsetzung des Bisherigen.

In vielem sicher, denn unsere Kultur-politik wird von vielen Akteuren nicht grundsätzlich infrage gestellt.

Dann hätte es die «Tagsatzung»

eigentlich gar nicht gebraucht.

Eben doch! Denn es stand der Vorwurf im Raum, dass viel zu viel Geld nach Basel fliesse – quasi auf Kosten der Ortskultur, wo eine grosse Misere herrsche. Dieser Befund wurde ein-deutig widerlegt. Vielmehr hat sich herauskristallisiert, und das ist der vierte Erkenntnispunkt, dass sich die Gemeinden unter regionalen Gesichts-punkten wahrnehmbarer engagieren müssen, auch über ihre Grenzen hin-weg. Die Förderung der Kultur vor Ort ist ihre primäre Zuständigkeit. Der Kanton kann sie nicht dazu zwingen, aber bei Bedarf subsidiär unterstüt-zen. Die Kulturpolitik des Kantons hat aber andere Prioritäten: professionel-les Kunstschaffen, Bereitstellung von Infrastruktur, Kompetenzzentren und

In seinem Büro in der Liestaler Altstadt hängen Pläne von Augusta Raurica und Programme des Gare du Nord oder des Stimmen-Festivals: Niggi Ullrich (59) hat nicht nur den Überblick über die regionale Kultur, er befeuert sie auch oft mit eigenen Ideen. Kein Wunder, war er vor seinem Ein-stieg als Leiter von kulturelles.bl (1988) doch als Kulturschaffender aktiv: Nach der Matur arbeitete er als Regieassistent er am

Theater Basel, während seines Studiums (Deutsch, Englisch und Geschichte) war er künstlerischer Leiter des Basler «Jahr-marktfestivals im Dalbeloch» und 1973 Mitgründer des joli-théâtre, einer der ers-ten «freien Gruppen» im Raum Basel. Ull-rich war zudem als Lehrer und Journalist tätig und ist heute im Nebenamt Präsident der SRG Region Basel. Der Vater von sie-ben Kindern lebt in Arlesheim.

Page 33: TagesWoche_2012_18

Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW umfasst neun Hochschulen. An der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik, Institut Architektur, ist zum nächst möglichen Termin folgende Stelle mit Arbeitsort Muttenz und Basel zu besetzen:

Ihre Aufgaben: Halten von einführenden (Bachelorstufe) und vertiefenden (Masterstufe) Vorlesungen sowie Angebot weiterer Lehrveranstaltungen; Begleitung studentischer Projekt- und Vertiefungsarbeiten; Betei ligung am fächer-übergreifenden Projektunterricht; Entwicklung von Forschungsthemen in Zusammenarbeit mit anderen Dozierenden sowie wissensch. Mitarbeitenden; Akquisition und Begleitung von Forschungsprojekten

Ihr Profil: Hochschulabschluss im Bereich Architektur, Landschaftsarchitektur, Sozialwissenschaften, Städtebau und -planung oder in einem verwandten Fachgebiet; ausgewiesene Lehr- und Forschungserfahrung; ausgeprägtes fach-liches Interesse an Themen rund um die Begriffe Haus, Siedlung, Landschaft sowie an der Vermittlung von Wissen; Bereitschaft zur Arbeit in interdisziplinären Teams

Ihre Bewerbung lassen Sie uns bitte bis zum 19.05.2012 vorzugsweise online über die gewünschte Ausschreibung unter www.fhnw.ch/offene-stellen zukommen. Alternativ können Sie Ihre Unterlagen auch direkt an Heiner Christ, HR-Verantwortlicher, Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW, Gründenstrasse 40, 4132 Muttenz, senden. Nähere Aus künfte erteilt Ihnen gern Prof. Matthias Ackermann, Leiter Institut Architektur, T +41 61 467 42 72.

www.fhnw.ch

Dozent/in Kulturlandschaft (50!70 %)

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Interview 4. Mai 2012

33TagesWoche 18

«In der Kulturstadt Basel (…) musste in den letzten Jahren

zweimal über Partikular-interessen

inklusive Folgen abgestimmt

werden. Und da ging es ‹nur› um

Schrebergärten!»

grossen Projekten respektive Instituti-

onen in der Region.

Warum haben die Kantone nicht ein gemeinsames Kulturleitbild verfasst? Schön und sinnvoll wäre es. Aber der

Zeitpunkt der beiden Prozesse liess

dies nicht zu.

Was halten Sie vom neuen Basler Kulturleitbild?Die Stossrichtung finde ich inhaltlich

überzeugend und zeitgemäss. Nicht

ganz unproblematisch scheint mir al-

lerdings, dass die Laienkultur explizit

von der Förderung ausgeschlossen ist.

Die Schnittstellen zwischen Laien und

Profis sind heute alles andere als

scharf. Es ist ganz wichtig, dass wir

auch Laienkultur fördern, damit Kul-

turschaffende am Anfang ihrer Lauf-

bahn über den lokalen, regionalen und

nationalen Rahmen hinauswachsen

können. Man denke an die Aufgabe

des Rockfördervereins oder die Bio-

grafie der Sängerin Anna Rossinelli.

Nicht alle Künstler schaffen den Durchbruch, viele sind vom Tropf von Niggi Ullrich abhängig. Ihnen geht der Ruf des Baselbieter Kul-turkönigs voraus, mit dem man sich besser nicht zerstreitet.Diese Problematik kennen alle in dem

Job. Bei uns hängt aber niemand am

Tropf – und nicht jede Meinungsver-

schiedenheit führt zwangsläufig zu

Streit oder Ungnade. Wer glaubt, wir

können frei schalten und willkürlich

walten, überschätzt unsere faktischen

Kompetenzen. Wir sind Teil einer öf-

fentlichen Ordnung, eines politischen

Auftrags, dessen Regeln bekannt sind.

Sie engagieren sich auch als Thea-terregisseur. Was sind Sie mehr, Künstler oder Kulturmanager?Letzteres. Als Regisseur war ich zu

wenig erfolgreich, um längerfristig

künstlerisch bestehen zu können. Mei-

ne spannende Aufgabe als Kulturbe-

auftragter definiere ich aber als die ei-

nes Impresarios, der Ideen ermöglicht

und Leute zusammenbringt.

Seit 1988 dirigieren Sie kulturel-les Baselland – wie lange noch?Ich werde in diesem Jahr sechzig.

Fünf vermutlich an- und aufregende

Jahre habe ich noch vor mir. Ich will

sie nicht missen.

Und danach?Würde ich gerne zwei Jahre lang als

Kanalschleusenwärter in Frankreich

arbeiten. Nachdem ich viel auf Achse

war und viel bewegen konnte, fände ich

es reizvoll, wenn die Welt für eine be-

stimmte Zeit an mir vorbeiziehen wür-

de und ich darüber berichten könnte.

Mal schauen, ob ich das aushalte.

tageswoche.ch/+axxta

Page 34: TagesWoche_2012_18

«Abschied vom Familienquartier», tageswoche.ch/+axvop

Anfänger-StadtplanungDas Luftbild der Erlenmatt zeigt ein

Z-förmiges Gebäude, das in keinerlei

Bezug zu seiner Umgebung steht.

Darum herum gruppieren sich Drei-

und Vierecke, die vielleicht einen

3DUN�RGHU�HLQH�DQGHUH�)UHLÀlFKH�darstellen sollen. Das Ganze sieht aus

wie der Entwurf eines erstsemestrigen

Stadtplaners, der mit einer 3

grosszügig benotet wäre.In jeder

anderen Stadt würde diese Arbeit im

Papierkorb landen. Basel aber tickt

anders: Das Baudepartement setzt

diese um und ruiniert nach dem

nördlichen St. Johann das nächste

Quartier.

Martin Brändle

Soll die allgemeine Dienstpflicht eingeführt werden? tageswoche.ch/+axvrx

Rechte und PflichtenIch denke, es wird Zeit, dass die Frauen

nicht nur dieselben Rechte haben wie

die Männer, sondern auch die gleichen

3ÀLFKWHQ��2E�QXQ�GHU�0LOLWlUGLHQVW�das Richtige ist, sei dahingestellt. Ich

persönlich bin für eine Gleichstellung

zwischen dem Zivildienst und dem

Militärdienst. Jeder soll das machen

können, was ihm besser entspricht.

CB Berger

So nichtSolange es für Männer nicht selbst-

verständlich ist, sich neben Beruf und

Karriere im Haushalt zu betätigen,

Kinder grosszuziehen und betagte El-

WHUQ�]X�SÀHJHQ��VR�ODQJH�EUDXFKHQ�ZLU�QLFKW��EHU�HLQH�'LHQVWSÀLFKW�I�U�Frauen zu diskutieren.

Brigitte Heilbronner

Unnötiger Umweg'LHQVWSÀLFKW�I�U�)UDXHQ�LVW�GRFK�HLQ-

fach ein unnötiger Umweg zum ei-

gentlichen Ziel: der Abschaffung der

DOOJHPHLQHQ�:HKUSÀLFKW�Adil Koller

Grün 80 am 1. Mai geschlossen tageswoche.ch/+axwcb

Runder TischVielleicht könnte man ja mal einen

runden Tisch mit den trotzigen

Harrassenläufern und den ebenso un-

nachgiebigen Behörden ins Leben

rufen, damit die normale Bevölkerung

an einem freien Tag ihre Spaziergänge

XQG�$XVÀ�JH�PDFKHQ�NDQQ��GLH�6HQLR-

ren ihren Tanztee feiern und die Po-

lizistInnen das Überstundenkonto ab-

bauen können. Dieser ganze Streit

NHQQW�HLJHQWOLFK�QXU�HLQ�©2SIHUª��GLH�Unbeteiligten.

Christine Valentin

Runder Tisch – mit wem?Da nicht konkret bekannt ist, wer

gedenkt teilzunehmen, resp. sich kein

©2UJDQLVDWRUª�RXWHW��Z�UGH�GLHVHU�7HLO�an einem runden Tisch fehlen. Abge-

sehen davon fanden in der Vergangen-

KHLW�PLW�SRWHQ]LHOOHQ�2UJDQLVDWRUHQ�Gespräche statt.

Adrian Baumgartner

Die Zeit wird knapp für Basel Tattoo 2012 tageswoche.ch/+axuyj

50 Millionen UmsatzBasel Tattoo ist das zweitwichtigste

Tattoo weltweit (nach Edinburgh). Dies

ist ein immens wichtiger Anlass für un-

sere Stadt Basel. Im Sommerloch

werden unzählige Gäste in Basel über-

QDFKWHQ�XQG�VLFK�YHUSÀHJHQ��'HU�*H�samtumsatz beläuft sich auf ca. 50 Mil-

lionen Franken. Dazu kommen Über-

tragungen vom Fernsehen SF, welche

garantiert Hunderttausende von Zu-

schauern anlocken, die Basel im besten

Licht sehen. Wo bleibt die Reaktion von

Basel Tourismus und dem Stadtpräsidi-

um? Es kann nicht sein, dass eine klei-

ne Gruppe einen Weltanlass dieser

Grössenordnung zu verhindern ver-

sucht. Auch wir tragen Sorge zu unse-

rem Quartier und sind deshalb stolz auf

das Basler Tattoo im Kleinbasel.

Claude F. Beranek

«Was ist in Ihren Augen herausragend, Herr Bischof?» Korrigendum

In der Print-Ausgabe der TagesWoche

haben wir leider von den 50 Unter-

zeichnern des offenen Briefes an den

Kulturbeauftragten Philippe Bischof

fünf unterschlagen. Den Brief eben-

falls unterzeichnet haben: Gertraud

Wiggli, Lyrikerin, Daniel Zahno, Au-

tor, Ivo Zanoni, Autor, Kathy Zarne-

gin, Autorin, und Martin Zingg, Pub-

lizist. Wir bitten um Verzeihung.

Die Redaktion

Dass das Erlentor als erratischer Block wahrgenommen wird,

hat viel damit zu tun, dass die Vivico bei der Bebauung dieses

ersten Baufeldes mit der Publica ganz auf einen Besitzer und

einen Investor gesetzt hat. Die Begleitgruppe Bevölkerung hatte

eine kleinteiligere Parzellierung mit unterschiedlichen Eigen-

tumsverhältnissen favorisiert. Habitat hat sich entschlossen,

den Bebauungsplan neu zu interpretieren, gut so. Bleiben die

Baufelder von Bricks am Riehenring. Fordern wir also vom

Baudepartement, dass den Mängeln der Planung Rechnung

getragen wird und auf den verbleibenden Baufeldern nicht

einfach die geplanten Kuben verbaut werden, sondern die

grossflächigen Strukturen aufgelöst werden – architektonisch

durchdacht, aber auch sozial.

Leserbriefe an die Redaktion

Leserbrief der Wochevon Antoinette Voellmy zu «Abschied vom

Familienquartier», tageswoche.ch/+axvop

TagesWoche2. Jahrgang, Ausgabe Nr. 18Auflage: 18 000 Exemplare

Gerbergasse 30, 4001 BaselKooperationspartner:

«The Guardian» (London), «Der Freitag» (Berlin)

Herausgeber Neue Medien Basel AG

Abo-Service:Tel. 061 561 61 61

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Redaktion Tel. 061 561 61 61

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VerlagTel. 061 561 61 61

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GeschäftsleitungTobias Faust

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RedaktionDavid Bauer, Renato Beck, Yen Duong, Karen N. Gerig,

Tara Hill, Christoph Kieslich, Matieu Klee, Jana Kouril

(Praktikantin), Marc Krebs, Philipp Loser, Amir Muste-

danagic, Florian Raz, Michael

Rockenbach, Martina Rutsch-mann, Peter Sennhauser,

Annina Striebel (Praktikantin), Dani Winter, Monika Zech

BildredaktionHans-Jörg Walter,

Michael Würtenberg

KorrektoratCéline Angehrn,

Noëmi Kern, Martin Stohler, Dominique Thommen,

Andreas Wirz

Layout/GrafikCarla Secci, Petra Geiss mann,

Daniel Holliger; Designentwicklung:

Matthias Last, Manuel Bürger

Anzeigen Andrea Obrist

(Leiterin Werbemarkt), Lukas Ritter

DruckZehnder Druck AG, Wil

Abonnemente Die TagesWoche erscheint

täglich online und jeweils am Freitag als Wochenzeitung.

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sich inklusive 2,5 Prozent Mehrwertsteuer

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34TagesWoche 18

4. Mai 2012Dialog

Page 35: TagesWoche_2012_18

Die Wochendebatte

Medikamente kosten in der Schweiz deutlich mehr als im benachbarten Ausland. Doch als der Bundesrat Ende März die Medikamentenpreise dem schwachen Eurokurs anpasste und die Preise für 800 Medikamente um 240 Millionen Franken senkte, ging ein Aufschrei duch die Reihen der Pharmafirmen. Die Kosten für die Forschung seien gerade wegen der Franken-stärke stark gestiegen, beklagte die Branche. Kritik erntete der Bundesrat auch von Krankenkassen und Konsumentenschüt-zern, weil er nicht den vollen Währungsunterschied berück-sichtigt, die Pharma also geschont habe. Und Preisüberwacher Stefan Meierhans etwa kritisierte: «Es gibt keinen einsehbaren Grund, warum dieselbe Pille von den Schweizer Prämienzah-lenden zehn, zwanzig oder noch mehr Prozent teurer bezahlt werden sollte als von den Nachbarn im angrenzenden Ausland.» tageswoche.ch/wochendebatte

Es war eine provokative Forderung, die der Baselbieter Sicherheitsdirektor Isaac Reber gestellt hat: eine Dienstpflicht für alle, auch für Frauen. Es wäre ein ganz neues System, ein Gemeinschaftsdienst, der in sozialen Institutionen ebenso wie im Militär oder Zivilschutz geleistet werden könnte. Ein System auch, das vom Bund nun tatsächlich geprüft wird. Zu Recht, wie Priska Grütter, Oberleutnant und SP-Gemeindepolitikerin, in der Debatte schrieb. Nur schon wegen der Gleichberechtigung. Dagegen schrieb die ehemalige Grünen-Natio-nalrätin Anita Lachenmeier an. Ihr geht es vor allem um die Frage, ob die Wehr-pflicht noch zeitgemäss ist. Ihre Antwort: nein. Ihr Gegenmodell: ein freiwilliger, primär sozialer Dienst. Eine Haltung, die die TagesWoche-Community teilte, wenn auch nur knapp: mit 56 Prozent lehnt sie einen allgemeinen Dienst ab.

Braucht es eine allgemeine Dienstpflicht? Die Wochendebatte vom 27. April:

Braucht die Schweiz tiefere

Preise für Medikamente?

Das Geld, das die Pharmaindustrie in die politische Lobbyarbeit steckt, zahlt sich aus. Um dem neuen Gesund-heitsminister von Beginn an klar zu machen, wer in Bern das Sagen hat, scheut Interpharma keine Mittel. Eif-rige Gehilfen für diese politischen Ein-schüchterungsversuche findet Chef-Lobbyist Thomas Cueni in manchen Parlamentsmitgliedern aus der Region Basel. Diese lasen in der nationalrätli-chen Gesundheitskommission von der Pharmalobby vorgefertigte Argumen-tarien Wort für Wort vom Blatt ab und fanden es nicht einmal peinlich.

Worum geht es in der Sache? Wäh-rend sich Tourismus, Detailhandel oder Maschinenbauindustrie laufend dem starken Franken anpassen muss-ten, profitierte die Pharmaindustrie dank der regulierten Preise in den letzten Jahren von einer fetten Wäh-rungsdividende. So zahlten wir bis Ende April für rezeptpflichtige Medi-kamente einen Preis, der auf einem Euro-Wechselkurs von 1.58 basierte.

Per 1. Mai hat der Bundesrat eine teilweise Anpassung zugunsten der Prämienzahler vorgenommen. Um der Pharmaindustrie entgegenzukommen, verzichtete er dabei auf eine vollstän-dige Anpassung an den aktuellen Wechselkurs. Stattdessen sollen die Preise nur für ein Drittel der Medika-mente angepasst werden, und zwar nicht an den tatsächlichen Kurs von 1.20 Franken, sondern von 1.29. Statt den Prämienzahlerinnen und -zahlern die volle Währungsdividende von rund 800 Mio. Franken weiterzuge-ben, beschränkte der Bundesrat diese auf 240 Mio. Wir zahlen also weiterhin weit über 500 Mio. Franken zu viel für Medikamente. Das entspricht beinahe drei Prämienprozenten.

Ob eine Branche, die ihren Chefs Saläre in schwindelerregender Höhe zahlt, die Aktionäre mit 20 Prozent Dividende befriedigt und zweistellige Gewinnsteigerungen erzielt (Novartis machte im letzten Jahr einen Reinge-winn von 10 Milliarden Franken!), wirklich in Gefahr ist, lasse ich hier of-fen. Klar ist jedoch, dass wir nicht mit Krankenkassenprämien die Standort-förderung bezahlen dürfen. Die Medika-mentenpreise müssen deshalb weiter sinken.

Jacqueline FehrSP-Nationalrätin, Kanton Zürich

Roland SchlumpfGeschäftsleitungsmitglied Interpharma

«Die Pharmaindustrie ist längst ein Sonderfall»

Die Diskussion über Medikamenten-preise ist geprägt von Irrtümern. Irrtum Nummer 1: Die Pharmaindust-rie ist gegen tiefere Medikamenten-preise. Die Pharmaindustrie wehrt sich nicht gegen eine Senkung der Me-dikamentenpreise, sondern nur gegen das Ausmass. Sie ist gegen den rein fi-nanzgetriebenen Wechselkurs als Ver-gleichsgrundlage. Um den realwirt-schaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, schlägt sie einen Kaufkraft-kurs vor.

Irrtum Nummer 2: Medikamente werden in der Schweiz immer teurer. Seit 2005 sind die Arzneimittelpreise in der Schweiz um 20 Prozent gesun-ken, während sie in Deutschland um 15 Prozent, in Grossbritannien um 7 Prozent und in Frankreich um 2 Pro-zent gestiegen sind.

Irrtum Nummer 3: Die Medika-mentenpreise sind schuld an den stei-genden Krankenkassenprämien. Die Pharmaindustrie hat in den vergange-nen Jahren zu verschiedenen freiwilli-gen Preissenkungsrunden Hand gebo-ten und damit als einziger grösserer Bereich des Gesundheitswesens einen substanziellen Sparbeitrag geleistet. Der Anteil der Medikamente an den gesamten Gesundheitsausgaben liegt bei knapp 10 Prozent. Er war in den vergangenen Jahren kontinuierlich rückläufig und ist im internationalen Vergleich gering.

Irrtum Nummer 4: Die Pharmain-dustrie profitiert vom starken Franken. Die Pharmaindustrie ist mit knapp ei-nem Drittel aller Ausfuhren die wich-tigste Schweizer Exportbranche. Dabei leidet sie unter dem starken Franken wie alle anderen Exporteure. Die hohe Präsenz in der Schweiz – 35 000 Be-schäftige, Forschungsausgaben von über 6 Milliarden Franken – verteuer-te sich durch die Aufwertung des Fran-kens innert Jahresfrist um 20 Prozent.

Irrtum Nummer 5: Keine Extra-wurst für die Pharmaindustrie. Unter den wichtigen Branchen ist die Phar-maindustrie längst schon ein Sonder-fall. Nur ihr diktiert der Staat die Preise. Keiner anderen Branche, etwa der Maschinenindustrie, wird vorge-schrieben, die Preise im Inland zu senken, nur weil der Franken stärker geworden ist.

«Wir zahlen über 500 Millionen zu viel»

JA NEIN

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35TagesWoche 18

4. Mai 2012Dialog

Page 36: TagesWoche_2012_18

Über 90 Millionen US-Dollar Schmiergel-der hat sich Musa Aman, Regierungschef des malaysischen Bundesstaats Sabah, von Holz-konzernen auf geheime Konti bei der UBS in Hongkong einzahlen lassen (www.stop-tim-ber-corruption.org). Im Gegenzug vergab der korrupte Politiker in den Jahren 2006 bis 2008 Konzessionen für die Abholzung des tropischen Regenwaldes im Norden von Borneo. Laut Unterlagen der ermittelnden Antikorruptionsbehörde von Hongkong hatte Musa Aman auch ein UBS-Konto in Zürich. Die Bundesanwaltschaft bestätigt, dass die Schweiz Rechtshilfe geleistet hat.

Leider ist dies kein Einzelfall. Im benachbarten malaysischen Bundesstaat Sarawak, wo der Bruno-Manser-Fonds seit 20 Jahren tätig ist, hat Regierungschef Taib Mahmud in den drei Jahrzehnten seiner Herrschaft Milliarden Dollar an Schmiergeldern aus dem Tropen-holzbusiness gelöst. Das Geschäftsmodell ist so einfach wie kriminell: Wer die begehrten Harthölzer aus dem Regenwald von Sarawak schlagen will, muss Taib 15 Prozent des ge-schätzten Bruttoertrags auf den Tisch legen. Ein zweites Mal kassiert der Potentat beim Export der edlen Hölzer, die vor allem nach Japan, Indien und China geliefert werden.

Im letzten Jahr hat der Bruno-Manser-Fonds (www.bmf.ch) die weltweiten Vermögen von Potentat Taib Mahmud systematisch recherchiert. Das Resultat ist erschreckend: Die Taib-Familie kontrolliert über 400 Unter-nehmen in 25 Staaten und Offshore-Finanz-

plätzen; allein der Taib-Anteil an 14 malaysi-schen Unternehmen beträgt 1,4 Milliarden US-Dollar. Und dies ist nur die Spitze des Eisbergs.

Eine besondere Vorliebe zeigen die Taibs für Immobilien. Das Hilton-Hotel im australischen Adelaide, Bürotürme in Kanadas Hauptstadt Ottawa und Luxusimmobilien im Zentrum von London gehören zu ihrem Besitz. Besonders irritierend: Sowohl in Kanada als auch in den USA ist die öffentliche Hand Mieterin. Sogar das amerikanische FBI mietet ihr Field Office

in Seattle von der Taib-Familie!Möglich wurde die massive

Korruption in Sarawak nur, weil Taib Mahmud von der malaysi-schen Bundesregierung in Kuala Lumpur seit drei Jahrzehnten protegiert und vor Strafverfol-

gung geschützt wird. Doch auch westliche Staaten und Firmen sind an Taibs Raubzug auf den Regenwald beteiligt.

Die Schweiz als global bedeutender Finanz-platz trägt eine hohe Verantwortung, wenn es darum geht, Korruption und Geldwäscherei von Erträgen aus illegaler Abholzung der Tropenwälder zu stoppen. Deshalb verlangt der Bruno-Manser-Fonds vom Bundesrat, die Potentatenvermögen aus Malaysia einzufrie-ren. Und unsere international tätigen Finanz-dienstleister sind gefragt, ihre Sorgfaltspflich-ten besser wahrzunehmen als bisher.

Wenn wir die Korruption nicht stoppen können, ist der Regenwald nicht zu retten. Der Anreiz für die Politiker zur Abholzung ist schlicht zu gross.

Schmiergeld aus dem Handel mit Tropenholzvon Lukas Straumann

Aus der Community www.tageswoche.ch/dialog

Boris Meyer

«Bisher konnte ich mit den Sachen von Love-bugs wenig anfangen. Aber nach dem Anhören von ‹Truth Is› bin ich positiv über-rascht …» zu «Weg vom Radio, hin zur Bühne», tageswoche.ch/+axwjx

Klaus Kirchmayr

«Es braucht auch das Engagement der

‹Gleichgültigen›, um eine veränderungsbereite

Gemeinschaft zu erhalten.»

zu «Soll die allgemeine Dienstpflicht eingeführt werden?»,

tageswoche.ch/+axvrx

René Reinhard

«Nicht was geredet wird, ist wichtig, son-dern was getan wird.»

zu «Avanti Popolo – und mehr Gerechtigkeit!», tageswoche.ch/+axwsq

Lukas Straumann ist Geschäftsleiter des Bruno-Manser-Fonds

Wer den Regenwald schützen will, muss auch die Korruption bekämpfen

Die Familie von Taib Mahmud kontrolliert

über 400 Unternehmen in 25 Staaten.

Das grüne Dreieck markiert Beiträge aus der Web-Community – und lädt Sie ein, sich einzumischen.

36TagesWoche 18

4. Mai 2012Dialog

tageswoche.ch/+axwdl

Page 37: TagesWoche_2012_18

Bildstoff: Das Projekt «By The Way» der Basler Fotografin Annette Fischer entsteht am Rande ihrer kommerziellen Foto-Auftragsarbeit in aller Welt. Es sind beiläufig gesammelte, impressionistische Musterbeispiele fotografischen Sehens.

TagesWoche 18 37

Ort und Zeit spielen keine zentrale Rolle in Annette Fischers Fotoserie «By The Way».

Page 38: TagesWoche_2012_18

TagesWoche 18 38

Bildstoff im Web Aussergewöhnliche Bildserien, -techniken und -geschichten von Amateuren und Profis (eigene Arbeiten bitte vorschlagen via [email protected]): jede Woche im TagesWoche-Fotoblog «Bildstoff».

tageswoche.ch/+ +axxyw

Spiegelungen, Öffnungen, Abbild der Realität am Wegesrand.

Farben und Formen, aktuell ohne Funktion.

Page 39: TagesWoche_2012_18

39TagesWoche 18

Zeitlos, stimmungsvoll und Geschichten provozierend.

Page 40: TagesWoche_2012_18

TagesWoche 18 40

SPORT

Page 41: TagesWoche_2012_18

Sport 4. Mai 2012

41TagesWoche 18

Seit dem 13. Oktober 2011 Cheftrainer des FC Basel: der 36-jährige Heiko Vogel. Foto: Basile Bornand

Wie Heiko Vogel die Mannschaft des FC Basel sanft auf den Kopf gestellt hat, von wem er sich inspirieren lässt und warum ihm Berater gestohlen bleiben können. Einsichten und Ansichten des Meistertrainers.Interview: Christoph Kieslich

«Der FC Basel ist ein idealer Weinberg»

Heiko Vogel, wie fühlt es sich mit etwas Abstand an, mit dem FC Basel Meister geworden zu sein?Das eindrücklichste Gefühl ist Dank-

barkeit. Sehr viel Dankbarkeit auf

ganz vielen Ebenen.

Wacht man nach der Meisternacht morgens etwas verkatert auf, schaut in den Spiegel und klopft sich selbst auf die Schultern?Nein. Das alles, die Verarbeitung, wird

wahrscheinlich erst im Urlaub noch

mal hochkommen.

Als stärksten emotionalen Moment haben Sie das zweite Tor gegen Manchester United, den Abpfiff dieses Spiels und damit das Weiter-kommen in der Champions League bezeichnet. Da seien Sie den Trä-nen am nächsten gewesen. Wie war es am Sonntag, als die Meister-schaft endgültig vollbracht war?Im Moment auf dem Balkon habe ich

gedacht: Schön, dass alle da sind. Da

ist mir klar geworden, dass ich ganz

vielen Leuten zu danken habe, stellver-

tretend den 20 000 auf dem Barfüs-

serplatz. Das war ein enormes Bild.

Mal abgesehen davon, dass der FC Basel seinen Co- zum Cheftrainer gemacht hat: Was ist das span-nendste Experiment, das in den letzten fünf Jahren auf Fussball-plätzen versucht worden ist?Puh, was sind Experimente? Jede Zu-

sammenarbeit eines Trainers mit einer

Mannschaft ist ein Experiment. Egal,

ob auf höchstem Niveau oder angefan-

gen bei den Kleinsten. Das erfolg-

reichste Experiment der letzten Jahre

war für mich Pep Guardiola mit dem

FC Barcelona.

Das kommt jetzt aus Ihrer Fan-Perspektive. War Mourinho bei Inter Mailand nicht auch ein Ex-periment?Doch, er hat mit seiner Mannschaft im

Champions-League-Final gezeigt, wie

ästhetisch man verteidigen kann.

Oder Klopp und Dortmund?Finde ich sehr, sehr schön. Jürgen

Klopp hat eine tolle Aura, mit der er

junge Spieler nicht nur begeistern kann

dafür, was sie ohnehin schon am liebs-

ten tun, sondern er kann sie für sich

und seinen Plan gewinnen. Er hat eine

tolle Vorstellung von Fussball, und was

die Mannschaft spielt, das ist Klopp.

Und das finde ich schön: Wenn man

einen Stil zuordnen kann. Das ist

nachhaltig. Sagen zu können: Das ist

Barcelona unter Guardiola oder Athle-

tic Bilbao unter Marcelo Bielsa. Das ist

ein grosses Kompliment für einen Trai-

ner. Aber es geht ja ums spannendste

Experiment. Was Guardiola mit der

Mannschaft zustande gebracht hat,

hat weltweit viele Menschen in den

Bann gezogen, Fans wie sogenannte

Experten.

Was sagen Sie zu seinem Rück-tritt?Ich kann es verstehen, so wie es er-

klärt wird. Ich glaube, er hat unheim-

lich viel Energie investiert.

Die Nachfolgeregelung mit Co-Trainer Francesc «Tito» Vilanova müsste Ihnen sympatisch sein.(lacht). Das ist schön, das passt zu

Barcelona.

Welche historische Revolution auf dem Rasen prägt den Fussball bis heute?Arrigo Sacchi hat das Spiel grundle-

gend verändert. Weil er konsequent in

der Raumdeckung gespielt hat. Und

dadurch hat der Fussball eine fantasti-

sche Entwicklung genommen, hat die

Athletik an Bedeutung gewonnen und

die spielerische Qualität aller Spieler

auf dem Feld zugenommen. Es gibt

keine Wadenbeisser mehr, die dem

Stürmer bis aufs Klo hinterherrennen.

Heute spielt jeder im Raum.

Sie haben kürzlich mal gesagt, wenn man glaubt, der FCB spiele ein 4-4-2-System, dann lassen Sie die sogenannten Experten in die-sem Glauben.Fussball ist einfach, weil es nur drei

Situationen gibt, auf die sich ein Spie-

ler einstellen muss: Du hast den Ball,

ein Mitspieler hat den Ball oder der

Gegner hat den Ball. Und wenn du den

Ball hast, dann: a) schiess ein Tor, b)

ist das nicht möglich, geh dahin, wo du

ein Tor schiessen kannst und c) spiel

den Ball dahin, wo ein Mitspieler ein

Tor schiessen kann.

So viel muss man also gar nicht verstehen?Nein. Es hat aber schon etwas mit der

Anordnung zu tun, im 4-4-2 stehen

hinten vier und vorne zwei. Und wie

sich die Mittelfeldspieler verhalten,

das ist Interpretation des Trainers.

Für mich war das grösste Problem bei

der Übernahme: Wie schaffe ich einen

sanften Umbruch, der eigentlich ein

Auf-den-Kopf-Stellen ist, ohne dass es

die Mannschaft merkt?

Auffallend ist, dass der FCB unter Ihnen weniger Gegentore erhält.Wir sind einmal Meister geworden mit

46 Gegentoren und einmal mit 44.

Wenn man auf andere Ligen schaut,

dann sieht man: Mit einem Eins-Kom-

ma-Schnitt an Gegentoren wird man

normalerweise nicht Meister. Ich wollte

Wege finden, um Worst-Case-Fälle ab-

zusichern. Deshalb steht bei mir nur

ein Aussenverteidiger hoch und einer

der Innenverteidiger immer in der Mit-

te. Wir haben den Spielaufbau verän-

dert, wenn die beiden Flügelspieler

links weg sind, lässt sich ein Mittelfeld-

spieler fallen, weil die Seite immer ge-

schlossen sein muss. So bekommt man

eine Balance. Wir haben andere

Schwerpunkte gelegt. Ich bin viel an-

spruchsvoller, die Spieler haben bei mir

Stress im Training. Sie müssen immer

denken, völlig unabhängig von der Po-

sition, bei jeder Übung, bei jeder Spiel-

form. Wir sind viel variabler geworden.

Wie viele Schritte oder Pässe hin-tereinander können als Angriffs-variante einstudiert werden?Wir studieren da wenig ein. Es ist kei-

ne Passfolge vorgeschrieben. Ich ver-

suche, die Spieler zu positionieren,

ihnen Freiheit zu geben ...

Was jetzt: Freiheit oder Position halten?Das ist das Gleiche: die Freiheit, sich

zu positionieren.

Hat das etwas mit der holländi-schen Fussballschule, dem Fuss-ball total zu tun?Nein, den finde ich sehr statisch. Es

geht um Überzahl und Unterzahl, und

ich will überall auf dem Platz Überzahl

haben – in beiden Phasen des Spiels,

egal ob bei eigenem Ballbesitz oder bei

Ballbesitz des Gegners.

«Ich bin anspruchsvoller. Bei mir haben die Spieler

Stress im Training. Sie müssen immer denken.»

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Sport 4. Mai 2012

TagesWoche 18 42

Etwas, was Barcelona perfektio-niert hat?Nicht nur, auch Athletic Bilbao oder Borussia Dortmund. Die schaffen es, unmittelbar nach Ballverlust ins Ge-genpressing zu gehen. Es gibt Mann-schaften wie Inter Mailand, die haben hinten Überzahl, oder Chelsea, das ist das beste Beispiel ...

... nun ja, die haben sich gegen Barcelona in der Champions League einfach zweimal hinten reingestellt.Aber sie hatten Überzahl.

Ist das nicht das eigentlich Faszi-nierende am Spiel von Barcelona, die Ballrückeroberung?Das ist zwar toll, aber ich ergötze mich eher an gelungenem Ballbesitz.

Und an Spielern wie Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka?Shaqiri spielt jetzt anders. Er ist mein Spielmacher, mein Zehner, ich fordere ihn auf, in die Mitte zu kommen, hin-ter die Spitzen. Da geht kein Aussen-verteidiger mit, aber wer kümmert sich dann um ihn? Einer der beiden Innenverteidiger?

Oder ein Mittelfeldspieler.Aha, aber dann wird einer meiner Mit-telfeldspieler frei.

Ist Shaqiri mit seinen Qualitäten, seinem Tempo, seinen Dribblings zu ersetzen?Grundsätzlich ist keiner eins zu eins zu ersetzen. Schaun mer mal, was kommt. Und was mit den neuen Spie-lern möglich ist. Das sind auch immer Chancen, und das ist mein Job.

Und Xhaka?Er spielt jetzt eine dominantere Rolle. Es ist Teil unseres Spiels, dass er sich die Bälle hinten holt. Er ist Linksfuss und kann neben seiner unglaublichen Ballsicherheit einen wunderbaren Wechsel spielen.

Haben Sie ihn im Plan für kom-mende Saison schon gestrichen?Wenn ich ihn habe, ist das sensatio-nell. Aber man muss realistisch sein, es sind Angebote da, und es sind ja nicht nur Gladbach und der HSV an ihm interessiert.

Wie viel Vogel steckt in dieser FCB-Mannschaft und wie viel Fink ist noch vorhanden?Unsere Philosophien sind sicher nicht komplett unterschiedlich. Wir wollen den Fussball, sprich: den Ballbesitz pflegen. Es gibt die Spielanlage, also die Frage, wie ich etwas erreichen will, und das Ziel – und das ist ziemlich

identisch. Aber es geht um viele De-tails. Sagen wir so: Ich habe es weiter-entwickelt. Ich sage aber nicht, das ich offensiven, attraktiven Fussball spielen lassen will. Nein. Ich will mich auch nicht als Fuchs hinstellen und sagen, wir wollen taktisch hochwertig spielen – es muss letztlich auch erfolgreich sein. Aber es ist besser, wenn die Leute gerne kommen, um uns zuzuschauen.

Wieso sind Sie nicht mit ihm nach Hamburg?Es gab kein entsprechendes Angebot von ihm. Wir haben uns sehr gut er-gänzt, aber eine solche Ergänzung muss nicht dauerhaft sein und ein Le-ben lang halten. Wir haben uns gutge-tan, es war auch sehr erfolgreich, es hat gepasst. Ich habe auch einiges gelernt, wie man es anders machen kann. Und irgendwann gibt es Chancen und Zeit-punkte, wo man getrennte Wege gehen kann und man sich weiterentwickelt.

Die Führungscrew des FCB, Sie eingeschlossen, ist vom Profifuss-ball nicht gross beleckt. Im euro-päischen Kontext ist das eher un-gewöhnlich, irgendeiner in den grossen Clubs hat doch immer einige Hundert Ligaspiele oder ein paar Länderspiele im Palmares und ist damit vermeintlich mit den Weihen des Profifussballs ge-segnet. Was sagt uns das?Ach, das sind für mich Ammenmär-chen. Als Spieler lernt man ein biss-chen, wie das Geschäft läuft, man ist vielleicht schon mal in die Falle der Medien getappt. Aber der Beruf Spieler hat doch mit dem Amt Präsident, mit dem Beruf Sportdirektor oder dem Be-ruf Trainer mal so was von gar nichts zu tun. Man bewegt sich im gleichen Metier, wechselt aber die Seite. Also: Diese sagenumwobenen Mythen hat noch niemand verifiziert oder falsifi-ziert. Einer mit über 300 Bundesliga-spielen muss nicht mehr vom Fussball verstehen, und ich sage auch nicht, dass ich ein Riesentrainer werde, aber ich glaube nicht, dass es eine Grund-voraussetzung ist, Profi gewesen zu sein, um erfolgreich zu sein. Mourinho

ist ein erfolgreicher Trainer – nie gross in Erscheinung getreten, Benitez hat mit Liverpool die Champions League gewonnen, und Tuchel in Mainz ist wie ich früh gezwungen worden, sich mit Fussball auf eine andere Art und Weise zu beschäftigen. Ich habe vielen Profis zehn Jahre mehr Berufserfahrung vor-aus. Und ich sage auch: Im Jugendbe-reich wird man als Trainer gut, auch ich habe da viel gelernt.

Zum Beispiel?Am Ende der Saison unbequeme Ent-scheidungen zu treffen. Davor scheue ich mich nicht. Jeder Spieler bekommt von mir eine klare Ansage. Der weiss haargenau, wie mein Plan aussieht. Er kann mitziehen, er kann den Kampf annehmen, oder er kann weggehen. Ich verlange nicht, dass er danach ju-belnd rausgeht. Aber er weiss immer Bescheid. Und da spielt es keine Rolle, ob es ein Jugendspieler ist oder ob ei-ner zwei Millionen verdient.

Herr Vogel, Sie haben mal erzählt, dass aus Ihnen, der von der pfälzi-schen Weinstrasse stammt, auch ein Winzer hätte werden können. Haben Fussball und Weinbau et-was gemeinsam? Und: Was wür-den Sie anbauen?Der Riesling ist die tollste Weisswein-traube, aber ich trinke lieber Rotwein. Im Weinbau wie im Fussball muss man vom Charakter her ähnlich ge-strickt sein. Man muss eine Obsession haben, eine Liebe. Es mag romantisch-verträumt klingen, aber Fussball ist für mich weit mehr als das kommer-zialisierte Geschäft. Für mich existiert Fussball noch als Reinform, als Spiel. Und das Gleiche gibt es im Weinbau auch. Es gab Skandale, es gab die Mengenreduzierung, und jetzt kommt die Liebe zum Eigentlichen, man kommt zum Ursprung zurück und pro-duziert qualitativ tolle Weine.

Und was dem Winzer der Hagel ist, der ihm die Ernte zerstören kann, ist im Fussball der Ball, der vom Innenpfosten wieder ins Feld zurückspringt und über Triumph und Scheitern entscheidet.Schauen Sie Barcelona gegen Chelsea an. Deshalb mag ich den Vergleich.

Okay, wie beschreiben Sie den Jahrgang 2011/12 des FC Basel?Ich habe einen idealen Weinberg. Die Lage und Neigung, die Böden, tolle alte Rebstöcke, die es schon bewiesen haben, und wir hatten eine Erntezeit, die trocken war, das heisst, man hat die volle Entfaltung der Trauben spü-ren können. Ein schöner Vergleich: ein perfekter Jahrgang, in dem alles gepasst hat.

Aber kein grosses Gewächs ohne einen passionierten Kellermeis-ter.Das gehört dazu. Und es ist schon nicht so, dass ich nicht um meine Rolle weiss. Aber ich will sie nicht hervorhe-ben. Der Kellermeister hat mehr Ver-antwortung als andere, aber schon für

«Das eindrücklichste Gefühl ist Dankbarkeit» – Heiko Vogel und sein Captain Marco Streller, der Sensor für den Trainer. Foto: Keystone

«Fink und ich haben uns sehr gut ergänzt,

aber das muss nicht ein Leben lang halten.»

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Sport 4. Mai 2012

43TagesWoche 18

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die Weinlese braucht man gutes Perso-

nal. Und ich sage Ihnen: Im Weinberg

des FCB war kein Vollernter, das war

Handlese.

Und was liegt noch im Keller? Was wird noch besser, je länger man es reifen lässt?Es gibt Reifeprozesse auf verschiede-

nen Ebenen. Die einen können sich

körperlich weiterentwickeln oder tak-

tisch, die Jungen können sich vollends

im Profibereich akklimatisieren. Da-

neben gibt es gestandene Spieler, die

als Führungspersönlichkeiten noch

mehr gereift sind. Nehmen wir unse-

ren Captain, Marco Streller: eine Ide-

albesetzung. Neben seiner öffentlichen

Rolle ist es für mich noch viel wichti-

ger, wie er nach innen wirkt, in der

Mannschaft und gegenüber mir. Und

da ist Pippi ein toller Sensor. Er hat

noch einmal eine Schippe draufgelegt

und ist als Persönlichkeit unheimlich

gereift. Zum Alphatier, zu dem man

aufschauen kann, nicht nur, weil er so

gross ist.

Gibt es einen Fussballtrainer, der so etwas wie Ihr Idol ist?Ich lasse mich inspirieren. Von Guar-

diola, Mourinho oder seit ein paar Mo-

naten von Marcelo Bielsa. Die jeweili-

ge Spielweise der Mannschaften ist

das, was ich beobachte, die zugrunde

liegende Idee des Trainers, die man

dahinter vermutet. Das interessiert

mich. Ich will ja nicht stehen bleiben.

Aber es gibt auch Trainer ausserhalb

des Fussballs, die mich beeinflussen.

Im American Football etwa Vince

Lombardi, der Trainer der Green Bay

Packers in den 50er-Jahren. Der hat

mal was Wunderschönes gesagt: Wenn

ich immer nur schaue, ob ich besser

bin als die anderen, höher und weiter

springen kann, schneller und weiter

laufen kann, bin ich immer besser als

die anderen, aber ich weiss nie, wie

mein eigenes Leistungsvermögen ist.

Darum geht es mir, dahin will ich mei-

ne Spieler bringen. Aber es gibt auch

Persönlichkeiten fern des Sports, die

mich inspirieren ...

... nämlich?Ich finde es sehr erstrebenswert, wie

ruhig und dennoch selbstbewusst, wie

stark und mächtig der Dalai Lama rü-

berkommt. Nach einem 0:7 sich in al-

ler Gelassenheit den Medien zu stellen

– ob ich das kann und ob ich das bin,

weiss ich nicht. Aber ich finde es

bewundernswert.

Wirkt sich Ihre Arbeit in Basel schon irgendwie aus?Es gibt Berater, die rufen an und sa-

gen: Jetzt musst du deinen Erfolg aus-

nutzen. Aber das kann mir alles ge-

stohlen bleiben. Sie sollen mich in

Ruhe lassen, ich brauche keinen Bera-

ter. Ich habe keine Angst vor der Zu-

kunft, ich weiss, was ich kann. Und ich

habe keine Furcht, irgendetwas zu ver-

lieren, wenn ich nicht erfolgreich bin.

Es geht immer weiter.

Wem vertrauen Sie sich an?Für gewisse Dinge habe ich meinen

Mentor, Hermann Hummels, einen vä-

terlichen Freund. Der sagt: Mach es,

mach es nicht. Zum Beispiel an den

Stammtisch bei Sport 1 zu gehen oder

bei Sky als Experte auftreten – das

kam nach ein paar Monaten alles ein

bisschen früh. Ich würde mich da auch

nicht wohlfühlen, weil ich das noch

nicht bin.

Ist die Bundesliga kein Thema?Man muss wissen, wann man für was

reif ist. Ich bin jetzt erfolgreich, seit ei-

nem halben Jahr. Aber das ist noch

nicht nachhaltig. Ich habe noch so viel

zu lernen. Mit Niederlagen umzuge-

hen, mit ein, zwei oder sogar drei. Wir

haben einen Umbruch vor uns, wir

verlieren zwei, drei Stammspieler,

starke Persönlichkeiten und starke Ty-

pen wie Benjamin Huggel oder Scott

Chipperfield.

Der FC Basel geniesst gerade eine Ausnahmestellung in der Schweiz, sportlich wie wirtschaftlich ist die Schere zur nationalen Konkurrenz weiter aufgegangen. Enteilt Basel den anderen auf Jahre hinaus?Überhaupt nicht. Wenn ich das schon

höre: wie wirtschaftlich potent wir

sind. Was macht denn YB? Glauben Sie,

dass Bobadilla und die anderen noch

Geld mitbringen? Da wurde doch viel

mehr investiert als bei uns. Shaqiri und

Xhaka – das ist eigener Nachwuchs. Es

ist wunderbar, dass wir in diesem Be-

reich qualitativ so gut arbeiten, dass

wir Profit daraus machen. Das ist ein

Indiz dafür, dass wir auf allen Ebenen

vieles richtig gemacht haben. Bernhard

Heusler und Georg Heitz finde ich sen-

sationell, auch das Schattenkabinett

dahinter mit Ruedi Zbinden, der ist

klasse, oder Carlos Bernegger, der ein

toller Ausbildner ist. Also: Es wird

nicht die letzte erfolgreiche Saison des

FC Basel sein, und ich glaube auch dar-

an, dass das wiederholbar ist.

Eine noch ausführlichere Version des Ge-sprächs, was Heiko Vogel zu Huggels Kar-riere-Ende sagt, zu Alex Freis Rumtreiber-rolle auf dem Spielfeld, was Vogel wählen würde, wenn er nicht politikverdrossen wäre, was er von anderen Sportarten lernt und wie er seine Popularität erlebt, finden Sie online unter folgendem Webcode:

«Glauben Sie, dass Bobadilla und die anderen

noch Geld mitbringen nach Bern?»

tageswoche.ch/+axwtc

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TagesWoche 18 44

Umdenken erwünschtMuseen müssen nicht allen Erwartungen gerecht werden – sie dürfen ihre Besucher auch gerne herausfordern.Von Karen N. Gerig

Steine haben im Museum der Kulturen das Fliegen gelernt. Sie liegen nicht schwer auf dem Boden, sondern schweben darüber, befestigt an dün-nen, weissen Fäden. Sie hängen absolut still, ein Luftzug reicht nicht, sie in Be-wegung zu versetzen. Erst wenn der Mensch eingreift, heben und senken sie sich oder schwingen hin und her.

Die Installationen des südafrikani-schen Künstlers Justin Fiske kommen für manch einen Besucher des Mu-seums wohl überraschend. Kunst im kulturanthropologischen Museum? Das ist nicht das, was man erwartet. Das ist nicht das, was man kennt. In ein Muse-um der Kulturen gehören Kulturen, ver-anschaulicht an Objekten. Kunst hinge-gen gehört ins Kunstmuseum, so wie ein Naturkundemuseum ausgestopfte Tiere im Repertoire haben muss und ein Antikenmuseum griechische Büsten und römische Vasen.

Doch wer zieht denn diese Grenzen? Sind es die Museumsverantwortlichen, die in ihrem Haus nichts anderes zu-lassen, als der Name vorgibt? Nicht nur. Jahrzehntelang wurde die Tren-nung zwischen den einzelnen Diszipli-nen strikt gelebt und jedes eigene Gärt-lein gehegt und gepflegt.

So lange, bis der Besucher sich so sehr daran gewöhnt hat, dass sein Bild von einem bestimmten Museum derart stark geprägt ist, dass es ihn scho-

ckiert, wenn ein Haus bisherige Gren-zen aufweicht.

Im Basler Museum der Kulturen kann man ein Lied davon singen. Im September 2011 öffnete man nach mo-natelanger Sanierung die Türen zu ei-nem neuen Haus am alten Ort. Alles war anders, nichts wie man es kannte: Sonderausstellungen überall, keine Dauerausstellungen mehr, die wertvol-le Tibetsammlung unsichtbar im Depot verräumt. Den Beteuerungen der Di-rektorin Anna Schmid, dass Daueraus-stellungen geplant seien, schenkte kaum jemand Gehör, die Leserbrief-spalten der «Basler Zeitung» wurden mit empörten Zwischenrufen gefüllt. Eine Debatte über den Sinn und Unsinn

von Museen entbrannte. Interessant daran war, dass kaum neue Ideen für das Museum der Kulturen vorgebracht wurden. Die Emotionen wurden ge-schürt durch Erinnerungen an das Alte, um das sich manch einer betrogen sah.

Jeder, der ein Museum betritt, tut das mit einem Rucksack an Erfahrung

Jeder betritt ein Museum mit einem

Rucksack an Erfahrungen.

KULTUR

und Wissen. Während einige diese im Museum bestätigt sehen wollen, gehen andere hin, um Neues zu lernen, um ihre Erfahrungen anzureichern. Vorgeprägte Sichtweisen wecken Erwartungen in eine bestimmte Richtung. Diesen kann ein Museum gerecht werden, indem es immer wieder das Gewohnte bietet, oder aber es kann sie durchrütteln – und mit ihnen vielleicht auch die Besucher.

Inhaltliche Bewegung

Die Sehgewohnheiten der Menschen haben sich in den letzten Jahren, ge-prägt etwa durch den Umgang mit Neuen Medien, stark verändert. Ein Museum, das sich und seine Besucher ernst nimmt, muss diese veränderten Sehgewohnheiten ebenso zur Kenntnis nehmen, wie es seinen museumsfachli-

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Kultur 4. Mai 2012

45TagesWoche 18

Justin Fiskes Installation im Museum der Kulturen fordert nicht nur ethnografische Objekte, sondern auch die Besucher zum Dialog heraus. Foto: Hans-Jörg Walter

chen Auftrag im Auge behalten muss, Ort der Bewahrung, Erforschung und Vermittlung von Kunst und Kultur zu sein. Während Forschung gut hinter den Kulissen funktioniert, bieten Son-derausstellungen für die Vermittlung den grös seren Spielraum als auf Jahre hin angelegte Dauerausstellungen, die kaum inhaltliche Bewegung zulassen.

Auch das Basler Kulturleitbild sieht diese Veränderung als notwendig an. «Popularisierung und Eventisierung der Kultur haben zu einer Verschiebung von kulturellen Prioritäten geführt. In einer erlebnisorientierten Gesellschaft verlangen Dauerausstellungen nach ei-ner fortlaufenden Aktualisierung, wäh-rend gleichzeitig die Bedeutung von Sonderausstellungen steigt», kann man da nachlesen. Und weiter: «Die aktive Bewirtschaftung der Sammlungsbe-

stände in Form von Ausstellungen und Formaten, die neue Zugänge und Sicht-weisen auf die Bestände eröffnen, ge-winnt an Bedeutung.»

Finanzielle Zwänge

Den Verfassern des Kulturleitbildes geht es dabei jedoch weniger darum, veränderten Sehgewohnheiten gerecht zu werden, als um finanzielle Überle-gungen: Museen müssen rentabler wer-den. Es gibt kaum ein Museum, das heute nicht mit finanziellen Schwierig-keiten kämpft und sich vielleicht gar überlegen muss, ob Sammlungsteile ge-schlossen werden müssen. Beim Histo-rischen Museum Basel ist man schon einen Schritt weiter und hat bereits an-gekündigt, dass das Kutschenmuseum definitiv geschlossen wird.

Bei der Regierung erhofft man sich von der Neuausrichtung einiger staatli-cher Häuser höhere Besucherzahlen. Die Sammlungstätigkeit soll zwar zent-ral bleiben, doch die Vermittlung le-bendiger geschehen. Darf ein Museum somit nicht mehr museal sein? Schliesst man durch die Akzentverschiebung hin zur Eventisierung alles Kontemplative aus? Nein, denn der Umgang mit dem Präsentierten bleibt noch immer den Betrachtern überlassen. Sie sind es, die aus einer Ausstellung das für sich her-ausziehen, was ihnen eine Erkenntnis bringt. Ein Museumsbesuch ist immer eine subjektiv geprägte Erfahrung, und eine Ausstellung kann und muss des-halb nicht für alle funktionieren.

Im Museum der Kulturen werden seit einem halben Jahr neue Ideen er-probt – revolutionär sind sie höchstens

hier in Basel noch, andernorts haben sich thematische Ausstellungen gegen-über regional ausgerichteten längst durchgesetzt. Ein Kulturmuseum hat zudem mehr konzeptionellen Freiraum als ein reines Kunst- oder ein histori-sches Museum. Deshalb kann hier auch die Kunst ihren Raum finden.

Justin Fiskes schwebende Steine kann man so als Parabel auf das ge-samte Museum der Kulturen lesen, als Reaktion gar auf den letzten Herbst – obwohl die Ausstellung natürlich schon vorher geplant war. Doch Fiskes Kunst bringt die Menschen dazu, festgefahre-ne Sichtweisen durch ihr eigenes Ein-greifen über den Haufen zu werfen. Das kann man gut finden oder schlecht.

Aber hey! Steine können schweben. Wer hätte das gedacht.

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TagesWoche 18 46

Kultur 4. Mai 2012

Man glaubt, schon viel zu wissen über Bob Marley. Geht ins Kino. Sieht 144 Minuten lang bewegte Bilder, hört Stimmen, inhaliert Songs. Und reibt sich danach erstaunt Augen und Oh-ren. Was haben all die Bücher, die über ihn erschienen sind, gebracht, wenn sich unsereiner nicht einmal mehr be-wusst war, dass Bob Marleys Vater ein Weisser war? Ein britischer Aufseher, der in den fruchtbaren Hügeln des Ko-lonialstaats Jamaika eine Einheimi-sche kennenlernte, schwängerte und sie ihrem Schicksal überliess?

Ihr Kind, Robert Nesta Marley, er-blickte 1945 das Licht einer Welt, die zunächst nicht auf ihn gewartet zu ha-ben schien: gross die Armut, gross auch die Schüchternheit des Jungen, der sich viele Jahre wie ein Fremdkör-per vorkam: «Er wurde abgelehnt, weil er ein Mischling war», erinnert sich Bunny Wailer, Jugendfreund und mu-sikalischer Wegbegleiter im Dokumen-tarfilm «Marley».

Universal und unsterblich

30 Jahre nach dem Tod des Reggae-Weltstars – Marley starb 36-jährig an Krebs – hat sich der Schotte Kevin Macdonald nach Jamaika aufgemacht, um mit Zeitzeugen zu reden und im Fa-milienarchiv zu stöbern. Das histori-sche Interesse des Filmemachers ma-nifestierte sich bereits in seinen zwei grössten, oscargekrönten Erfolgen: «One Day in September» (Arthur Cohns Produktion über den Terror an den Olympischen Spielen in München) und «The Last King of Scotland». Dar-in dirigierte Macdonald 2006 den Schauspieler Forest Whitaker durch das Leben des ugandischen Diktators Idi Amin.

Bei den Dreharbeiten in Zentralafri-ka sei ihm damals aufgefallen, wie un-sterblich Bob Marley fernab seiner Hei-mat ist, lässt der Regisseur verlauten. Konterfeis und Sprüche wie «Get up, stand up for your rights» seien auf den Strassen Ugandas allgegenwärtig. Wie kam es, dass ein Jamaikaner mit seiner Musik, seinen Texten die Welt erober-te? Was trieb Bob Marley an, unterlegt Für ihn war selbst Fussball mehr als nur ein Spiel: Was immer Bob Marley tat – er gab vollen Einsatz. Foto: Ascot Elite/zVg

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Kultur 4. Mai 2012

47TagesWoche 18

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Der getriebene Prophet aus JamaikaEin neuer Dokumentarfilm gibt tiefe Einblicke in das bewegte und bewegende Leben von Bob Marley.Von Marc Krebs

von karibischen Rhythmen eine uni-versale Botschaft zu vermitteln?

Diesen Fragen ist Macdonald nach-gegangen. Umfassend und eindrück-lich zeigt er auf, wie Marley, ausge-grenzt und arm, aber reich an musikalischem Talent, in der Rastafa-ri-Bewegung Geborgenheit und Akzep-tanz fand – «und sich selber», wie Wit-we Rita erzählt. Mit 18 Jahren liess er sich im Slum von Trenchtown Dread-locks wachsen, himmelte Haile Selas-sie wie einen Vater an und betrachtete Afrika fortan als seine symbolische

Heimat. Ein getriebener, rastloser (vier Stunden Schlaf reichten ihm) und ehr-geiziger Mann machte sich auf, «One Love» unter die Leute zu bringen.

Obschon der Prophet im eigenen Land bald Gehör fand und mit seinen Wailers erste Hits verbuchen konnte, kam Marley viele Jahre nicht recht vom Fleck: Die Plattenindustrie in Ja-maika bootete ihn aus, die Unzufrie-denheit führte ihn nach London, wo Chris Blackwell (Island Records) die kommerziellen Geschicke in die Hand nahm. Dies wiederum spaltete die Band, wie ein Tondokument des Mit-

Reggae fürs Heimkino

1. The Harder They Come (1972)Junger Kerl will Musiker sein, wird aber Gangster: Der erste jamaikanische Filmerfolg trug durch den Hauptdarsteller Jimmy Cliff den Reggae in die Welt hinaus. Grosser Klassiker.

2. Peter Tosh: Stepping Razor (1992)Kein filmisches Meister-werk, aber ein wichtiges Stück Zeitgeschichte: Der Dok-Film beleuchtet das Leben von Bob Marleys militantem Wegbegleiter Peter Tosh, der 1987 er-mordet wurde.

3. Rocksteady (2009)Der Schweizer Filmema-cher Stascha Bader hat in Jamaika vergessene Mu-siklegenden aufgespürt. Sein Film, eine Art Buena Vista Reggae Club, ist eine rührende Hommage an die Pioniere von Ska, Rocksteady und Reggae.

«Marley», der Film von Kevin Macdonald, läuft am 10. Mai in den Deutschschweizer Kinos an.

musikers Peter Tosh verdeutlicht, der Blackwell abschätzig «Whitewell» nennt. Tosh stieg aus, um sich auf den Heimmarkt zu konzentrieren, weitere folgten. Marley setzte seine Mission fort, mit beseeltem Gesang, trancearti-gen Auftritten und tiefgläubigen Tex-ten eine Brücke zwischen Rassen und Kontinenten zu schlagen – nicht ohne Tiefschläge hinnehmen zu müssen.

1976 geriet er erneut zwischen die Fronten, als er ganz oben angekommen war, sein Land aber tief unten, in der Misere, gebeutelt von Kriminalität und Machtspielen der Linken und Rechten: Marley, der Vermittler, wurde 1976 Ziel eines politisch motivierten Mordan-schlags – und stellte sich kurz darauf furchtlos auf eine Bühne in Kingston, um das Land zu einen.

Doch so sehr der charismatische Mann, der todkrank selbst die Pflege-rin einer bayrischen Krebsklinik nach-haltig beeindruckte, Menschen zusam-menbrachte – Macdonald zeigt auch auf, dass dies einen Preis hatte: Die Fa-milie musste ihn teilen, Rita mit ande-ren Frauen, die Kinder (elf die offizielle Zahl) mit Fans und Freunden. Die mu-sikalische Karriere, die grosse Mission stand über allem. Die unausgesproche-ne Erkenntnis am Ende des berühren-den Films: Haile Selassie mag für den Botschafter die Reinkarnation verkör-pert haben. Bob Marley selber aber ist der unsterbliche Auserwählte. One Love.

tageswoche.ch/+axwtn

Beseelter Gesang, tranceartige Auftritte und

tiefgläubige Texte.

Page 48: TagesWoche_2012_18

TagesWoche 18 48

AGENDA

Was läuft wo? Täglich aufdatierte Kultur-

agenda mit Veranstaltungen aus der ganzen Schweiz –

auf tageswoche.ch

Stellen Sie sich vor: Es klingelt an der Wohnungstür. Sie öffnen. Ein Känguru grüsst und bittet um Salz und Eier für ein Omelett. Sie leisten Nachbarschaftshilfe. Es klingelt wieder. Und wieder. Nicht einmal eine Pfanne hat das Känguru. Und ehe sie es sich versehen, ist das Beuteltier bei ihnen eingezogen. Als hätten Sie als phlegmati-scher Kleinkünstler nicht schon genügend Stress, müssen Sie sich fortan mit diesem radikalen Untermieter herumschlagen: Das Känguru zitiert wahlweise Marx, Kurt Co-bain oder sich selber und schmarotzt sich schmatzend durch Ihren Alltag, indem es sich etwa mit Ihren teuer erstandenen Kirsch-Pralinés in einen Rausch schleckt. Klingt absurd? Klingt nach Kling!

Mit seinen «Känguru Chroniken» legte der Berliner Marc-Uwe Kling 2009 ein wun-derbar aufmüpfiges, zum Aufhüpfen komi-sches Literaturdebüt vor. Dem Erfolg zu-grunde lagen jahrelange Erfahrungen als singender Songwriter und Slam-Poet. Auf der Bühne hatte Kling, Jahrgang 1982, für die Wirkung seiner pointierten, kurzen Tex-te die Bestätigung erhalten, dass sein Hu-mor ankam. Dass ihn sein Ideenreichtum aufs Känguru brachte: wunderbar. Dass sich ein Verlag für die Episodensammlung be-

WochenstoppMarc-Uwe Kling

Vom Slam-Poeten zum Satire-Punk: Der Berliner Autor begeistert mit seinen «Känguru»-Geschichten. Von Marc Krebs

Zaubert Känguru-Geschichten aus dem Zylinder: Marc-Uwe Kling. Foto: zVg

geistern liess: nachvollziehbar. Süffig ge-schrieben, voller überraschender Pointen und Kapriolen und zugleich herrlich ge-spickt mit gesellschaftskritischen Ansätzen sind die «Chroniken». Damit hatte Kling dermassen durchschlagenden Erfolg, dass unterdessen bereits die Fortsetzung erschie-nen ist: «Das Känguru-Manifest». Darin ruft das Beuteltier einen Fight Club ins Le-ben und schlägt sich mit seinen Erzfeinden, darunter ein Scooter-hörender Pinguin, herum. Dagegen sind Cartoons wie jene von «Calvin & Hobbes» Kinderkram.

Dass die «Känguru»-Bücher in jeden Beutel gehören, hat sich auch in der Schweiz herumgesprochen. In seiner Heimat wurde Marc-Uwe Kling bereits mehrfach ausge-zeichnet, zuletzt etwa mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 2012. Ganz schöne Luft-sprünge also, die er mit seinem Känguru macht – schön, dass er dennoch auf dem Boden geblieben ist und man ihn ganz nah, im «Parterre», erleben kann. Hinhoppeln!

Live: Parterre, Klybeckstrasse 1b, Basel. Donnerstag, 10. Mai, 20.30 Uhr. www.parterre.net

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FREITAG 4.5.2012AUSSTELLUNGENAnatomisches Museum der Universität BaselUnerwünschte GästePestalozzistr. 20, Basel

Ausstellungsraum KlingentalMMXIIKasernenstr. 23, Basel

BellevueBildZeitBreisacherstrasse 50, Basel

Cartoonmuseum BaselMartial LeiterSt. Alban-Vorstadt 28, Basel

Daniel Blaise Thorens GalerieChristian Peltenburg-BrechneffAeschenvorstadt 15, Basel

Depot BaselSitzgelegenheiten 05Schwarzwaldallee 305, Basel

Galerie CarzanigaWilfrid Moser, Lukas Rapold, Ludwig StockerGemsberg 8, Basel

Galerie EulenspiegelReinhard VossGerbergässlein 6, Basel

Galerie Gisèle LinderIngeborg LüscherElisabethenstr. 54, Basel

Galerie HILTHanspeter KammFreie Str. 88, Basel

Galerie Karin SutterBrigitte Gierlich und Camilla SchulerRebgasse 27, Basel

Galerie MäderTiziana De SilvestroClaragraben 45, Basel

Galerie Ursula HuberTraumlandschaften ... Landschaft als TraumHardstr. 102, Basel

Gallery Guillaume DaeppenRemo Keller (Milk and Wodka)Müllheimerstrasse 144, Basel

Graf & Schelble GalerieOliver KrähenbühlSpalenvorstadt 14, Basel

Kunsthalle BaselAleksandra Domanovic / Latifa Echakhch & David MaljkovicSteinenberg 7, Basel

Kunstmuseum BaselRenoir. Zwischen Bohème und Bourgeoisie / Róza El-HassanSt. Alban-Graben 16, Basel

Laleh June GalerieEarthly DelightsPicassoplatz 4, Basel

Licht Feld GalerieAlexander BagratDavidsbodenstr. 11, Basel

Museum TinguelyKienholz. Die Zeichen der Zeit / Vera IslerPaul Sacher-Anlage 2, Basel

Museum der KulturenChinatownMünsterplatz 20, Basel

Naturhistorisches Museum BaselKnochenarbeitAugustinergasse 2, Basel

Nicolas Krupp Contemporary ArtLone Haugaard MadsenRosentalstr. 28, Basel

Parzelle403Halblegal? Volle Stimmen!Unterer Heuberg 21, Basel

PausenplatzMadeleine JaccardGotthelfstr. 23, Basel

Pep + No NameMonika BrogleUnterer Heuberg 2, Basel

Pharmazie-Historisches Museum BaselKickstart. Coffein im BlutTotengässlein 3, Basel

PhilosophicumHalblegal? Volle Stimmen!St. Johanns-Vorstadt 19–21, Basel

Ramada Plaza BaselIna KunzMesseplatz 12, Basel

Raum für Kunst, Literatur und KünstlerbücherDer Du meine Wege mit mir gehstTotengässlein 5, Basel

StampaHanspeter Hofmann / Monika DillierSpalenberg 2, Basel

Universitätsbibliothek BaselDigitale Kunst in der BibliothekSchönbeinstrasse 18–20, Basel

Von Bartha GarageAndrew BickKannenfeldplatz 6, Basel

balzerARTprojectsGeorgine IngoldRiehentorstr. 14, Basel

dock: aktuelle Kunst aus BaselMumbo jumboKlybeckstrasse 29, Basel

Chelsea GalerieClaudia Eichenberger & Bruno SutterDelsbergerstrasse 31, Laufen

Kulturforum LaufenErnst SchneiderSeidenweg 55, Laufen

Dichter- und StadtmuseumMax SchneiderRathausstr. 30, Liestal

Galerie ArtworksGudrun Sallaberger-PlakolbGerberstrasse 11, Liestal

Kunsthalle PalazzoMinimallinie Bern–BaselBahnhofplatz/Poststrasse 2, Liestal

Museum am BurghofKaltenbach – Aus Lörrach in die WeltBasler Strasse 143, Lörrach

Haus für elektronische Künste BaselCollect the WWWorldOslostr. 10, Münchenstein

Fondation BeyelerPierre BonnardBaselstr. 101, Riehen

Page 49: TagesWoche_2012_18

Agenda 4. Mai 2012

49TagesWoche 18

Die 68er, die heute in Kreisen von jun-gem Gemüse auch gerne mal mit einer sexu-ellen Stellung oder einem Wespentaillenum-fang verwechselt werden, verlieren langsam ihren Glanz. Ausser Betrunkenen setzt sich heute nur noch selten mal einer zu einem Sit-in auf Tramgleise und pfeift sich einen rein. Revolte ist irgenwie uncool, ausser man ist Gangster-Rapper und will Kohle machen.

Im Kino hat die Mythenbildung längst eingesetzt. In die Geschichtsbücher hat ein 68er-Bild Eingang gefunden, das künftige Generationen eher hindern soll, so zu wer-den wie ihre Altvorderen. (Für unsere jun-gen Leser und Leserinnen: Geschichtsbü-cher sind jene eng bedruckten Gewichte, die eure SMS-lesenden Klassenkameraden in der Schule im Sommer hinter die Fenster klemmen, damit der frische Wind ihnen die Ohren kühlen kann.) Flowerpower, Wood-stock und allerlei Drogenfolklore sollen eher darauf hinweisen, dass alles nur so was wie eine aus dem Ruder gelaufene Quartierfete war.

Da kommen die «Black Power Mixtapes» fast etwas ungelegen: 1967–1975 haben schwedische Journalisten jene Zeit doku-mentiert, da der Staatspräsident in Stock-

LichtspieleEinfach voll hip!

Mit den «Black Power Mixtapes» kommen die 68er zurück ins Kino. Von Hansjörg Betschart

Wie war das damals? Die einfachen «coloured folks» machens vor. Foto: Outnow/Praesens Film AG

holm die Bombardements Vietnams mit Na-tionalsozialismus verglich und die USA ihren Botschafter aus Schweden abzogen. Die Schweden haben sich damals in den USA umgesehen – unter Negern, wie man damals die Schwarzen nannte, die man heu-te Afroamerikanerinnen nennt, die sich sel-ber Nigger nennen. Was Harry Belafonte und Angela Davis und andere da von sich geben, ist – einfach voll hip!

30 Jahre ist dieses Material in den Archi-ven verschollen gewesen! Unaufgeregt und klug zeigt sich da eine Bewegung von Bür-gerrechtlerinnen, die beharrlich, mit allen Mitteln des Geistes ihre Würde verteidig-ten. Es sind fast intime Interviews, die die Ikonen von Black Panther da geben, neben einfachen «coloured folks». Wenn man die Augen der afroamerikanischen Kinder von damals sieht und weiss, dass 40 Jahre spä-ter eines von ihnen Präsident der USA sein wird, will man fast vergessen, dass heute vier von fünf Arbeitslosen in den USA Far-bige sind.

Die «Lichtspiele» von Hansjörg Betschart gibt es auch als Blog auf blogs.tageswoche.ch

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Galerie Henze & Ketterer & TrieboldBestiarium. Das Tier in der KunstWettsteinstr. 4, Riehen

Galerie MollwoFranziska Schemel, Thomas SchützGartengasse 10, Riehen

Historisches Museum BernMord und TotschlagHelvetiaplatz 5, Bern

KunsthalleLuigi OntaniHelvetiaplatz, Bern

Kunstmuseum Bern... die Grenzen überfliegen Hodlerstr. 12, Bern

Museum für KommunikationWarnung: Kommunizieren gefährdetHelvetiastr. 16, Bern

Schweizerische Nationalbibliothek BernSapperlot! Mundarten der SchweizHallwylstr. 15, Bern

Kunstmuseum LuzernDas Atelier. Orte der Produktion / Katerina !edá / Raymond PettibonEuropaplatz 1 (KKL Level K), Luzern

Haus KonstruktivKontakt / gehend (Field Recordings 1–3)Selnaustr. 25, Zürich

Kunsthaus ZürichPosada bis AlÿsHeimplatz 1, Zürich

Landesmuseum ZürichSwiss Press Photo 12Museumsstr. 2, Zürich

Museum Rietberg ZürichHelden – ein neuer Blick auf die Kunst AfrikasGablerstr. 15, Zürich

Museum für Gestaltung Zürich100 Jahre Schweizer Grafik / Freitag – Out of the BagAusstellungsstr. 60, Zürich

THEATERAggt mit BluemeBaseldytschi Bihni, Kellertheater im Lohnhof, Im Lohnhof 4, Basel. 20.15 Uhr

Charley’s TanteFörnbacher Theater, Schwarzwald- allee 200, Basel. 20 Uhr

Jimmy TraumgeschöpfGastspiel Recycled IllusionsVorstadttheater, St. Alban- Vorstadt 12, Basel. 20 Uhr

Noises OffThe Gay Beggars Drama GroupTheaterkeller Englisches Seminar, Nadelberg 6, Basel. 20 Uhr

Numme kai Stress!mit dem Fauteuil-EnsembleTheater Fauteuil, Spalenberg 12, Basel. 20 Uhr

Tanz mit VampirenFreies Theater Therwil. Eine Groteske. Frei nach dem Film von Roman PolanskiMehrzweckhalle, Bahnhof- strasse 36A, Therwil. 20 Uhr

AmerikaSchauspielhaus Schiffbau, Schiffbaustrasse 4, Zürich. 19 Uhr

POP!ROCKDead Elvis and his One Man GraveCafe Bar Agora, Feldbergstr. 51, Basel. 21 Uhr

GreisHip-HopMe Love (Album Release Tour). Das Schiff, Westquaistr. 19, Basel. 22 Uhr

Off Beat Jazzfestival BaselFestivalMedeski-Martin-Wood. Aftershow: The Neal Sugarman Boogaloo Stars. «Electric, Acid Jazz»Kaserne, Klybeckstr. 1b, Basel. 20 Uhr

The Country PickersCountrySupport: JunesCellar, Brühlstrasse 47, Lausen. 20 Uhr

Percussion & BytesSchlagzeuger des Sinfonieorchesters Basel. Domenico Melchiorre, in Zusammenarbeit mit dem Haus für elektronische Künste und dem Elektronischen Studio der Hochschule für Musik Basel.Dreispitzhalle, Helsinkistrasse 5, Münchenstein. 19.30 Uhr

PARTY25 Up – Partytime für FortgeschritteneDisco, Funk, House, R&BDJ LukJliteKuppel, Binningerstr. 14, Basel. 22 Uhr

BeforeHouse, R&BThe Venue, Steinenvorstadt 58, Basel. 22 Uhr

D-UnityTechnoDJs D-Unity, Marcos Del Sol, Paul Dakboog, Dominik Auderset, Tony GarciaBorderline, Hagenaustr. 29, Basel. 22 Uhr

Dachterrasse Opening PartyDisco, Funk, SoulDJs Déni Shain, D. Haze the BlazeHinterhof, Münchensteinerstr. 81, Basel. 23 Uhr

Disco vs SalsaDisco, SalsaDJ Carlos RiveraBar Rouge, Messeplatz 10, Basel. 22 Uhr

Friday Is Fame Day80s, Charts, Latin, PartytunesDJ BrancoFame, Clarastr. 2, Basel. 22 Uhr

I Love Hip-HopHip-Hop, R&B, UrbanDJ ChronicSingerhaus, Am Marktplatz 34, Basel. 23 Uhr

Mash Up FridaysCharts, Mash Up, PartytunesDJ D.K.BrownClub en Vogue, Clarastr. 45, Basel. 22 Uhr

Mixer – Early Summer SessionBreakbeats, Dub, FunkDJs Rough J., Ren Le FoxSUD, Burgweg 7, Basel. 22 Uhr

Oriental, House, Hip-Hop, R&B, ReggaetonHip-Hop, House, OrientalDJ DloHarrem, Steinentorstr. 26, Basel. 20 Uhr

Plastic City CD-Release-PartyDJs Miguel, Smalltown Collective, Similar DiscoAtlantis, Klosterberg 13, Basel. 23 Uhr

Page 50: TagesWoche_2012_18

Agenda 4. Mai 2012

TagesWoche 18 50

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C o n c e p t i s P u z z l e s 06010033353

1333122221

2 0 2 0 3 1 2 4 3 3

C o n c e p t i s P u z z l e s 08010002527

SUDOKU So lösen Sie das Sudoku: Füllen Sie die leeren Felder mit den Zahlen von 1 bis 9. Dabei darf jede Zahl in jeder Zeile, jeder Spalte und in jedem der neun 3 x 3-Blöcke nur ein Mal vorkommen.Viel Spass beim Tüfteln!

Auflösung des Kreuzworträtsels in der nächsten Ausgabe. Lösungswort der letzten Ausgabe: NARREN

Auflösungen von SUDOKU und BIMARU in TagesWoche 17

Kreuzworträtsel

BIMARU So lösen Sie Bimaru: Die Zahl bei jeder Spalte oder Zeile bestimmt, wie viele Felder durch Schiffe besetzt sind. Diese dürfen sich nicht berühren, auch nicht diagonal, und müssen vollständig von Wasser umgeben sein, sofern sie nicht an Land liegen.

08010002526

183794256

294658173

675132489

438519762

927486531

561273948

719865324

852341697

346927815

06010033352

SternstundeDJs Oliver K., Adrian Martin, Oscar Niczzo, Francesco BallatoNordstern, Voltastr. 30, Basel. 23 Uhr

Sunset VibesCafé Del Mar, Steinentorstr. 30, Basel. 22 Uhr

Tropical NightAfrican, Latin, OrientalOrisha Club, Steinenbach- gässlein 34, Basel. 22 Uhr

Underground 5Electro, House, MinimalDJs Cem Demir, Tom H., Jaser MushkolajE-Halle, Erlenmattstr. 5-11, Basel. 22 Uhr

I love Friday80s, 90s, Mash Up, PartytunesDJs Intrafic, Fazer, Caipi, Fix, MC X-LargeSprisse Club, Netzibodenstr. 23, Pratteln. 21 Uhr

JAZZ!KLASSIKBasel SinfoniettaStadtcasino, Steinenberg 14, Basel. 19.30 Uhr

Contrapunkt Chor«Djelem, djelem». Lieder und Weisen der fahrenden VölkerAktienmühle, Gärtnerstrasse 46, Basel. 20 Uhr

Evgenij Gunst – russische und französische ChormusikVokalensemble «Camerata vocale Basel», Rolf Hofer (Leitung), Clemens Flämig (Orgel). Werke von Gunst, Rachmaninov, Poulenc u.a.Peterskirche, Peterskirchplatz 7, Basel. 20 Uhr

Orgelspiel zum FeierabendSusanne Kern, Basel. J. S. Bach, W. A. Mozart, F. Mendelssohn. F. LisztLeonhardskirche, Leonhardskirch- platz, Basel. 18.15 Uhr

Freitagsbar + «Trio Infernale»Swingender Old Jazz, Latin, Folk & Blues in KleinstformationQuartiertreffpunkt LoLa, Lothringerstrasse 63, Basel. 21 Uhr

«Invitation à la mélodie» – François Le Roux, Jan SchultszEin Konzert der Musik Akademie Basel der Hochschule für Musik BaselGare du Nord, Schwarzwaldallee 200, Basel. 20 Uhr

Ozmo feat. Pedro LenzAtmosphärischer Sound mit hintersinniger LyrikKulturscheune, Kasernenstrasse 21A, Liestal. 20.30 Uhr

Mischeli-Konzerte«Spring-Jazz» mit Heima: Olivier Picon, E-Horn, Vincent Flückiger, E-Gitarre, und GästeMischeli Kirche, Bruderholzstr. 39, Reinach. 18 Uhr

Jordans DriveMoods, Schiffbaustr. 6, Zürich. 20.30 Uhr

TANZThe Vertiginous Thrill of Exactitude / Duo Concertant / Duo aus 27’52’’ / in SpillvilleEs tanzt das Zürcher BallettOpernhaus, Theaterplatz 1, Zürich. 19.30 Uhr

COMEDYGunkl«Verluste – eine Geschichte»Teufelhof Theater, Leonhards- graben 49, Basel. 20.30 Uhr

Freitag 4.5.2012

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Agenda 4. Mai 2012

51TagesWoche 18

An den ersten Wochenenden im Früh-ling zieht es viele in den Süden. Wir machen das Gegenteil und fahren seit einigen Jahren an Weekends in den Norden. Genau-er gesagt: in die Pfalz, welche auch als die deutsche Toscana bekannt ist. Einige Gründe für unser Schwimmen gegen den Strom: kein Stau vor dem Gotthard, welt-klasse Rieslinge, leckere Spargeln, viel Sonne und wunderschöne Dörfer, die sich der Deutschen Weinstrasse entlang reihen.

Speziell zu empfehlen ist Forst an der Weinstrasse, ein wunderschönes Dörfchen mit nicht einmal 1000 Einwohnern, das zwischen dem bekannten Deidesheim und der Kreisstadt Bad Dürkheim liegt. Im mit Glyzinien überwachsenen Garten geniesst man im Gutsausschank Heinrich Spindler zu den Weinen aus der Toplage Forster ungeheuer leckere Kalbsschnitzel und Spargeln aus der Region.

Als ideales Fortbewegungsmittel stellte sich das E-Bike heraus. Mit diesem kann man sich in Kürze und mit minimaler

Schweissbildung vom einen ins andere Dorf verschieben und sich dabei geschickt durch die Weinberge schlängeln.

So kommt man in nicht mal 30 Minuten von Forst (sofern der Akku noch taugt) ins etwas am Hang gelegene idyllische Dorf Gimmeldingen. Für diejenigen, welche in Forst noch nicht gegessen haben, können wir in Gimmeldingen das Restaurant Spinne bestens empfehlen. Die «Spinne» verfügt über eine tolle Auswahl an grossen Gewächsen aus der Region und überzeugt mit Spezialitäten wie dem Winzerkotelett (ca. 400 g) vom Schwäbisch-Hällischen Bio-schwein oder mit einem Filet vom Hohenlo-her Weiderind.

Was ist eure Alternative zum Stau auf dem Weg in den Süden? Wir freuen uns auf eure Vorschläge im Blog:

LeibspeiseDeutsche Toscana

Diesmal entführen uns die «Montagsplausch»-Blogger Benjamin Leuzinger und Gabriel Tenger in die Pfalz.

Zum Wohl die Pfalz! Foto: Benjamin Leuzinger

Gabriel Tengers und Benjamin Leuzingers «Montagsplausch» finden Sie unter blogs.tageswoche.ch

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Mitgliederversammlung mit Sabine PegoraroMittwoch, 9. Mai 2012. Job Factory, Dreispitz Basel (Eingang Leimgrubenweg, 3. Stock)

19 Uhr Mitgliederversammlung (Gäste willkommen)

20 Uhr Öffentlicher Teil. Regierungsrätin Pegoraro erklärt die Velostrategie des Kantons BL.

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Rolf Schmid«Absolut Rolf»Theater Fauteuil, Spalenberg 12, Basel. 20 Uhr

VORTRAG!LESUNGEvgenij Gunst – russische und französische ChormusikKonzerteinführung mit Prof. Dr. Francine-Dominique Liechtenhan (Paris) und Dr. des. Ilja Karenovics (Basel). Moderation: David RosselUniversität Basel, Petersplatz 1, Basel. 18.30 Uhr

Lunchtalk mit Aino Moongo (Windhoek, Namibia)«Stolen Moments. Namibian Music History Untold» – A Project ReportBasler Afrika Bibliographien, Klosterberg 23, Basel. 12.15 Uhr

Wolfram Malte Fues – Eva Oertle und Karin DornbuschLesung und KonzertGalerie Mollwo, Gartengasse 10, Riehen. 19.30 Uhr

DIVERSESAbendführungen «Pfeiffrösche»Foyer beim Tropenhaus (Haupteingang Spalentor), Schönbeinstrasse 6, Basel. 20.15 Uhr

Circus RoyalRosentalanlage, Basel. 15 Uhr

FilmabendSchatten über dem Kongo – Schreckensgeister der Kolonialherrschaft (Dokumentarfilm)Internetcafé Planet13, Klybeckstr. 60, Basel. 20.30 Uhr

Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen (Goethe)Eine öffentliche Veranstaltung im Rahmen des Mitwirkendentreffens am Philosophicum. Mit Judith Schifferle, Andreas Laudert und Philip KovcePhilosophicum, St. Johanns- Vorstadt 19–21, Basel. 19.30 Uhr

Projekt «Halblegal? Volle Stimmen!»Finissage des Projekts in der Parzelle 403Parzelle403, Unterer Heuberg 21, Basel. 18 Uhr

Verkehrsgarten ErlenmattSonntagsmarktplatz, Erlenstr. 5, Basel. 14 Uhr

Weindegustation – DIVOUnternehmen Mitte, Gerbergasse 30, Basel. 16 Uhr

Circus MontiTournee 2012Zirkuswiese, Arlesheim. 14 Uhr

Circus GOTournee 2012 – Stressfrei!Fussballplatz bei MZH, Lausen. 20 Uhr

SAMSTAG 5.5.2012AUSSTELLUNGENAusstellungsraum KlingentalMMXIIKasernenstr. 23, Basel

BellevueBildZeitBreisacherstrasse 50, Basel

Cartoonmuseum BaselMartial LeiterSt. Alban-Vorstadt 28, Basel

Daniel Blaise Thorens GalerieChristian Peltenburg-BrechneffAeschenvorstadt 15, Basel

Depot BaselSitzgelegenheiten 05Schwarzwaldallee 305, Basel

Filter 4 – Culture AffairsLandunter 01Einfahrt Reservoirstrasse, Basel

Galerie CarzanigaWilfrid Moser, Lukas Rapold, Ludwig StockerGemsberg 8, Basel

Galerie EulenspiegelReinhard VossGerbergässlein 6, Basel

Galerie Gisèle LinderIngeborg LüscherElisabethenstr. 54, Basel

Galerie HILTHanspeter KammFreie Str. 88, Basel

Galerie Karin SutterBrigitte Gierlich und Camilla SchulerRebgasse 27, Basel

Galerie MäderTiziana De SilvestroClaragraben 45, Basel

Galerie Ursula HuberTraumlandschaften ... Landschaft als TraumHardstr. 102, Basel

Fehlt Ihre Ver anstaltung in der Online-

Agenda? Erfassen Sie Ihre Daten auf tageswoche.ch/agenda

Page 52: TagesWoche_2012_18

Agenda 4. Mai 2012

TagesWoche 18 52

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SAMSTAG 5.5.2012Gallery Guillaume DaeppenRemo Keller (Milk and Wodka)Müllheimerstrasse 144, Basel

Graf & Schelble GalerieOliver KrähenbühlSpalenvorstadt 14, Basel

Hebel_121Linda ArtsHebelstrasse 121, Basel

Kunsthalle BaselAleksandra Domanovic / Latifa Echakhch & David MaljkovicSteinenberg 7, Basel

Kunstmuseum BaselRenoir. Zwischen Bohème und Bourgeoisie / Róza El-HassanSt. Alban-Graben 16, Basel

Laleh June GalerieEarthly DelightsPicassoplatz 4, Basel

Museum TinguelyKienholz. Die Zeichen der Zeit / Vera IslerPaul Sacher-Anlage 2, Basel

Museum der KulturenChinatownMünsterplatz 20, Basel

Naturhistorisches Museum BaselKnochenarbeitAugustinergasse 2, Basel

Nicolas Krupp Contemporary ArtLone Haugaard MadsenRosentalstr. 28, Basel

PausenplatzMadeleine JaccardGotthelfstr. 23, Basel

Pep + No NameMonika BrogleUnterer Heuberg 2, Basel

Pharmazie-Historisches Museum BaselKickstart. Coffein im BlutTotengässlein 3, Basel

Ramada Plaza BaselIna KunzMesseplatz 12, Basel

StampaHanspeter Hofmann / Monika DillierSpalenberg 2, Basel

Universitätsbibliothek BaselDigitale Kunst in der BibliothekSchönbeinstrasse 18–20, Basel

Von Bartha GarageAndrew BickKannenfeldplatz 6, Basel

balzerARTprojectsGeorgine IngoldRiehentorstr. 14, Basel

Chelsea GalerieClaudia Eichenberger & Bruno SutterDelsbergerstrasse 31, Laufen

Dichter- und StadtmuseumMax SchneiderRathausstr. 30, Liestal

Galerie ArtworksGudrun Sallaberger-PlakolbGerberstrasse 11, Liestal

Kunsthalle PalazzoMinimallinie Bern–BaselBahnhofplatz/Poststrasse 2, Liestal

Museum am BurghofKaltenbach – Aus Lörrach in die WeltBasler Strasse 143, Lörrach

Haus für elektronische Künste BaselCollect the WWWorldOslostr. 10, Münchenstein

Fondation BeyelerPierre BonnardBaselstr. 101, Riehen

Galerie Henze & Ketterer & TrieboldBestiarium. Das Tier in der KunstWettsteinstr. 4, Riehen

Galerie MollwoFranziska Schemel, Thomas SchützGartengasse 10, Riehen

Historisches Museum BernMord und TotschlagHelvetiaplatz 5, Bern

KunsthalleLuigi OntaniHelvetiaplatz, Bern

Kunstmuseum Bern... die Grenzen überfliegen Hodlerstr. 12, Bern

Museum für KommunikationWarnung: Kommunizieren gefährdetHelvetiastr. 16, Bern

Schweizerische Nationalbibliothek BernSapperlot! Mundarten der SchweizHallwylstr. 15, Bern

Kunstmuseum LuzernDas Atelier. Orte der Produktion / Katerina !edá / Raymond PettibonEuropaplatz 1 (KKL Level K), Luzern

Haus KonstruktivKontakt / gehend (Field Recordings 1-3)Selnaustr. 25, Zürich

Kunsthaus ZürichPosada bis AlÿsHeimplatz 1, Zürich

Landesmuseum ZürichSwiss Press Photo 12Museumsstr. 2, Zürich

Museum Rietberg ZürichHelden – ein neuer Blick auf die Kunst AfrikasGablerstr. 15, Zürich

Museum für Gestaltung Zürich100 Jahre Schweizer Grafik / Freitag – Out of the BagAusstellungsstr. 60, Zürich

Völkerkundemuseum der Universität ZürichDie Kultur der KulturrevolutionPelikanstr. 40, Zürich

THEATERAggt mit BluemeBaseldytschi Bihni, Kellertheater im Lohnhof, Im Lohnhof 4, Basel. 20.15 Uhr

Alice im WunderlandTheater Arlecchino, Amerbach- strasse 14, Basel. 14.30 Uhr

Besen-Arien-Staubwedelein Traumspiel für Sopran und Clown mit G. Freiburghaus und Ch. WirthKleinkunstbühne Rampe, Byfangweg 6, Basel. 20 Uhr

Der Wolf und die sieben GeissleinBasler Kindertheater, Schützengraben 9, Basel. 15 Uhr

Die DreigroschenoperBasler Marionetten Theater, Münsterplatz 8, Basel. 20 Uhr

Jimmy TraumgeschöpfGastspiel Recycled IllusionsVorstadttheater, St. Alban- Vorstadt 12, Basel. 20 Uhr

My WayDie wahre Liebes-Story von Frank Sinatra und Ava GardnerFörnbacher Theater, Schwarz- waldallee 200, Basel. 20 Uhr

Noises OffThe Gay Beggars Drama GroupTheaterkeller Englisches Seminar, Nadelberg 6, Basel. 20 Uhr

Numme kai Stress!mit dem Fauteuil-EnsembleTheater Fauteuil, Spalenberg 12, Basel. 20 Uhr

Zeig!Offene BühneKaserne Basel, Turnhalle, Boxclub, Junges Theater Basel, Parterre, Basel. 21 Uhr

Anissija’s GeschichteDas Neue Theater am Bahnhof, Stollenrain 17, Arlesheim. 20 Uhr

Tanz mit VampirenFreies Theater Therwil. Eine Groteske. Frei nach dem Film von Roman PolanskiMehrzweckhalle, Bahnhof- strasse 36A, Therwil. 20 Uhr

Apropos ... «Gegenteil»Schauspielhaus Schiffbau, Schiffbaustrasse 4, Zürich. 18 Uhr

POP!ROCKAngelo KellyPopOFF ROAD Tour 2012BaZ CityForum, Dufourstrasse 49, Basel. 20 Uhr

Belgrado, Into it. Over it., BlockshotPost PunkRestaurant Hirscheneck, Lindenberg 23, Basel. 22.30 Uhr

Benefizkonzert Jugendrotkreuz BaselActs: Pupkulies & Rebecca, Lafayette, Anja RüegseggerSUD, Burgweg 7, Basel. 20.30 Uhr

Corin CurschellasWorld«La Grischa»Parterre, Klybeckstrasse 1b, Basel. 21 Uhr

Irish Night «Hey Mummy, Look»FolkIrish NightQuartiertreffpunkt LoLa, Lothringerstrasse 63, Basel. 20 Uhr

Off Beat Jazzfestival BaselAmadou & Mariam in Kooperation mit Kaserne Basel «African Night»Kaserne, Klybeckstr. 1b, Basel. 20 Uhr

The Dad Horse ExperienceConcrete, Gospel, Roots MusicCargo Kultur Bar, St. Johanns-Rheinweg 46, Basel. 21 Uhr

PARTY5 Years Fiesta IbericaDancers: PippoDJs Don Juan, El Toro, Samy, DersuBorderline, Hagenaustr. 29, Basel. 22 Uhr

A Night of Fame80s, Charts, House, PartytunesFame, Clarastr. 2, Basel. 22 Uhr

Dachterrasse Opening WeekendDJs Mehmet Aslan, Mario Robles, DiskomurderHinterhof, Münchensteinerstr. 81, Basel. 17 Uhr

GameboysDJs Joyce Muniz, Frqncy, Aaawesome ColorsKuppel, Binningerstr. 14, Basel. 22 Uhr

GroovyLicciousDJs Fred Licci, Ray Jones, -pepeAtlantis, Klosterberg 13, Basel. 23 Uhr

Grosse JubiläumsfeierAlternative, Electro, HouseDJs Trentemøller, 7, Herzschwester, Multitask, Ed Luis, Danielson, Norbert.to, Oliver Aden, Luis Cruz, Simon Lemont, Philipp Weibe, Technik, Claudio CarreraDas Schiff, Westquaistr. 19, Basel. 20 Uhr

Happy Moves @ Sicht-Bar LoungeBlindekuh, Dornacherstr. 192, Basel. 21 Uhr

Haute Glamour – Show Some Class!Crunk, Dirty South, FunkDJs Tomstone, Steve SupremeBar Rouge, Messeplatz 10, Basel. 23 Uhr

Latina LocaOrisha Club, Steinenbachgässlein 34, Basel. 22 Uhr

Latino Night DJ FlowDancing Plaza Club, Riehenring 45, Basel. 22 Uhr

Like WoahDJ SoulchildSingerhaus, Am Marktplatz 34, Basel. 23 Uhr

Mega Full LatinoDJs Moreno, RichiLatin-Club D’Rumba, Freie Str. 52, Basel. 22 Uhr

Oriental, House, Hip-Hop, R&B, ReggaetonDJ DloHarrem, Steinentorstr. 26, Basel. 20 Uhr

Secret SocietyDJs Dixon, Tolgan Fidan, Alex Dallas, Andrea OlivaNordstern, Voltastr. 30, Basel. 23 Uhr

SoulsationCafé Del Mar, Steinentorstr. 30, Basel. 22 Uhr

SportstarpartyHouse, R&BThe Venue, Steinenvorstadt 58, Basel. 22 Uhr

Twenty PlusPartytunesSommercasino, Münchensteinstr. 1, Basel. 22 Uhr

clubDer200 mit Bloody MaryDisco, House, TechnoDJs Bloody Mary, Le Roi, Michael BerczellyHinterhof, Münchensteinerstr. 81, Basel. 23 Uhr

Party Total80s, 90s, Mash Up, PartytunesDJs Caipi, Fix, Intrafic, Fazer, MC X-LargeSprisse Club, Netzibodenstr. 23, Pratteln. 21 Uhr

Page 53: TagesWoche_2012_18

Agenda 4. Mai 2012

53TagesWoche 18

Im Unterschied zu den meisten Bands aus den 80er-Jahren, die den Synthiepop massentauglich gemacht hatten, hatten Depeche Mode den Übergang in ihr zweites Jahrzehnt mit Bravour gemeistert. Dies ge-lang ihnen nicht zuletzt, weil sie ihr Klang-bild erweiterten und ihr Markenzeichen, das Spiel mit Synthesizern und Samples, um akustische Instrumente ergänzt hatten.

Doch obschon ihnen die Alben «Violat-or» (1990) und «Songs Of Faith And Devoti-on» (1993) kommerzielle Höhenflüge be-scherten, landeten die Briten in einem abgründigen Tief. Nachdem er 15 Jahre lang hinter den Kulissen das Programming der Band geprägt hatte, warf Alan Wilder das Handtuch und stieg aus. Es fehlte ihm an bandinterner Wertschätzung. Und Sänger Dave Gahan verlor sich in einer Parallel-welt, in der nicht die Musik, sondern die Flucht in die Sucht den Takt angab. 1995 ging die dramatische Nachricht eines Sui-zidversuchs um die Welt, 1996 war er nach einer Überdosis Heroin und Kokain kurze Zeit klinisch tot. Danach rechnete niemand mehr ernsthaft mit Depeche Mode.

Sogar Keyboarder Andrew Fletcher gab damals in einem Gespräch, das ich für den «Tages-Anzeiger» führen konnte, unum-wunden zu, dass es selbst für ihn so aussah, «als seien wir am Ende. Daves Drogenprob-lem betraf uns alle. Doch der Bandgeist blieb bestehen, wir hielten zusammen, und das hat uns schliesslich durchgebracht.»

Die zum Trio geschrumpfte Band arbeite-te ein Jahr lang an neuen Songs, musste aber aufgrund Gahans gesundheitlicher Pro-bleme immer wieder Pausen einlegen. «Nach all dem, was passiert war, waren wir glücklich, dass wir das Album überhaupt fertigstellen konnten», erklärte Fletcher und fügte hinzu: «Die unglücklichen Umstände

halfen uns, andere Wege einzuschlagen: ‹Ultra› steht für eine Art Neubeginn.»

Tatsächlich gelang es Depeche Mode, aus dieser Krise gestärkt hervorzugehen: Dunk-le, hypnotische Grooves und elektronische Experimente unterfüttern melancholische Melodien. Beklemmende Gefühlszustände kombinierten Depeche Mode mit aufwüh-lender Psychedelik und sanften Hoffnungs-schimmern, besonders herausragend umge-setzt in Liedern wie «It’s No Good», «Barrel Of A Gun» oder «Home». Packend, wie hier existenzielle Themen (Vorbestimmung, Entfremdung, Erlösung) musikalisch ver-dichtet wurden, wie die Band die Gefangen-schaft in einem Käfig schildert und den Ausbruchsversuch wagt, um in innerer Ruhe wieder ein Zuhause zu finden.

15 Jahre später gibt es Depeche Mode noch immer – und wir wissen, dass Krisen ebenso zu ihnen gehören wie Synthesizer und Moll-Akkorde.

In dieser Rubrik stellen wir jeweils ein Kultwerk vor, das in keiner Sammlung fehlen sollte.

Vor 15 Jahren steckten Depeche Mode in einer grossen Krise. Und schufen daraufhin grossartige Musik. Von Marc Krebs

Dunkles Comeback: «Ultra» von Depeche Mode (1997). Fotos: zVg

Kultwerk #28Ultra

Dave GahanDer Mann mit dem warmen Bariton hat dem Synthiepop-Genre die tiefste Stimme verliehen: Dave Gahan. Der Brite hatte sich in 20 Jobs ver-sucht, ehe er mit 18 Jahren in die junge Band Depeche Mode einstieg und zum Weltstar wurde. Am 9. Mai kann er seinen 50. Geburts-tag feiern.

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JAZZ!KLASSIKBamberger SymphonikerAMG Sinfoniekonzert. Herbert Blomstedt (Leitung), Sergey Khachatryan (Violine)Stadtcasino, Steinenberg 14, Basel. 19.30 Uhr

Cantabile Chor & Orchester Liestal«Verbindungen». Leitung: Yaira Yonne, Bernhard DittmannElisabethenkirche, Elisabethen- str. 10–14, Basel. 20 Uhr

Contrapunkt Chor«Djelem, djelem». Lieder und Weisen der fahrenden VölkerAktienmühle, Gärtnerstrasse 46, Basel. 20 Uhr

Sinfonieorchester BaselWer war’s? – Ein Krimikonzert zum Miträtseln. Sinfonieorchester Basel, Irena Müller-Brozovic (Konzept und Moderation Norbert), Steinwarz, (Tanz und Choreografie), Andrea Bettini (Kommissar), Thomas Rösner (Leitung)Theater Basel, Theaterstr. 7, Basel. 15 Uhr

«Relief» – Ensemble Phoenix BaselReihe Ensemble Phoenix BaselGare du Nord, Schwarzwaldallee 200, Basel. 20 Uhr

Evgenij Gunst – russische und französische ChormusikVokalensemble «Camerata vocale Basel», Rolf Hofer (Leitung), Clemens Flämig (Orgel). Werke von Gunst, Rachmaninov, Poulenc u.a.Reformierte Kirche Arlesheim, Stollenrain, Arlesheim. 19 Uhr

Neues Orchester BaselSolist: Wolfram Lorenzen (Klavier), Leitung: Bela Guyas. 5. Abonnementskonzert. 30 Jahre Neues Orchester Basel – Jubiläums-Gala zum GeburtstagReformiertes Kirchgemeindehaus, Pratteln. 20 Uhr

SONNTAG 6.5.2012AUSSTELLUNGENAnatomisches Museum der Universität BaselUnerwünschte GästePestalozzistr. 20, Basel

Ausstellungsraum KlingentalMMXIIKasernenstr. 23, Basel

BellevueBildZeitBreisacherstrasse 50, Basel

Cartoonmuseum BaselMartial LeiterSt. Alban-Vorstadt 28, Basel

Depot BaselSitzgelegenheiten 05Schwarzwaldallee 305, Basel

Kunsthalle BaselAleksandra Domanovic / Latifa Echakhch & David MaljkovicSteinenberg 7, Basel

Kunstmuseum BaselRenoir. Zwischen Bohème und Bourgeoisie / Róza El-HassanSt. Alban-Graben 16, Basel

Museum TinguelyKienholz. Die Zeichen der Zeit / Vera IslerPaul Sacher-Anlage 2, Basel

Museum der KulturenChinatownMünsterplatz 20, Basel

Naturhistorisches Museum BaselKnochenarbeitAugustinergasse 2, Basel

Ramada Plaza BaselIna KunzMesseplatz 12, Basel

Kulturforum LaufenErnst SchneiderSeidenweg 55, Laufen

Dichter- und StadtmuseumMax SchneiderRathausstr. 30, Liestal

Galerie ArtworksGudrun Sallaberger-PlakolbGerberstrasse 11, Liestal

Kunsthalle PalazzoMinimallinie Bern–BaselBahnhofplatz/Poststrasse 2, Liestal

Museum am BurghofKaltenbach – Aus Lörrach in die WeltBasler Strasse 143, Lörrach

Haus für elektronische Künste BaselCollect the WWWorldOslostr. 10, Münchenstein

Fondation BeyelerPierre BonnardBaselstr. 101, Riehen

Historisches Museum BernMord und TotschlagHelvetiaplatz 5, Bern

KunsthalleLuigi OntaniHelvetiaplatz, Bern

Kunstmuseum Bern... die Grenzen überfliegen / Industrious – Marco Grob & hiepler, brunier, / Sean Scully / Yves NetzhammerHodlerstr. 12, Bern

Museum für KommunikationWarnung: Kommunizieren gefährdetHelvetiastr. 16, Bern

Kunstmuseum LuzernDas Atelier. Orte der Produktion / Katerina !edá / Raymond PettibonEuropaplatz 1 (KKL Level K), Luzern

Kunsthaus ZürichPosada bis AlÿsHeimplatz 1, Zürich

Landesmuseum ZürichSwiss Press Photo 12Museumsstr. 2, Zürich

Museum Rietberg ZürichHelden – ein neuer Blick auf die Kunst AfrikasGablerstr. 15, Zürich

Page 54: TagesWoche_2012_18

Agenda 4. Mai 2012

TagesWoche 18 54

Mailand erneuert sich. Wird auch Zeit: 2015 findet hier die Expo statt. Die Touris-tenzone um den Dom wurde schon mal her-ausgeputzt. Etwa mit dem Museo del Nove-cento am Domplatz. Sein Name kann für Missverständnisse sorgen. Das italienische Wort «Novecento» bezeichnet nämlich nicht das 19., sondern das 20. Jahrhundert. So hängen hier unter anderem Werke des bekannten italienischen Malers Giorgio Morandi (1890–1964). Vom Restaurant im obersten Stock, das auch eine tolle Bar beherbergt, blickt man direkt in die gegen-überliegende Einkaufsgalerie Vittorio Ema-nuele sowie auf die wieder eröffnete Bar Camparino. Benannt ist diese nach dem Mailänder Apéroklassiker. Kein Wunder, schlürfen in diesem Saal mit den hübschen Vogelmosaiken an den Wänden alle das rote Getränk. Die Kellner tragen schwarze Flie-gen und sind molto gentile.

Gleich um die Ecke, am Corso Vittorio Emanuele II, befindet sich der neuste Shop-pingtempel der Stadt. Das Excelsior ist ein ehemaliges Kino, wurde von Stararchitekt Jean Nouvel umgebaut und bietet auf vier Stöcken Streetwear, teure Modelabels, Accessoires und in der unteren Etage ein Delikatessengeschäft. Auch im obersten Stock des Warenhauses Rinascente (das übrigens am Sonntag bis 21 Uhr offen ist!) versteckt sich ein Deli-Geschäft. Dazu gibts einen Gratisblick auf die obersten Etagen des Doms.

Neben der Erkundung der höchsten Eta-gen von Warenhäusern, Hotels oder Museen lohnt sich in Mailand auch stets ein Blick in Innenhöfe. Sie sind die best gehüteten Ge-heimnisse der Stadt. Wie der Hof des Palaz-zo Reale neben dem Museo del Novecento. In einem kleinen Restaurant, das zum Palazzo gehört, kann man für weniger als 10 Euro frische Riesensalate, Pasta oder Pa-nini essen und lauschen, wie die Mailänder hier speisend Mittagssitzungen abhalten.

Einer der schönsten Innenhöfe der Stadt ist jener des Concept Store Corso Como gleich beim Bahnhof Garibaldi. Er besteht

Wochenendlich inMailand

Mailand putzt sich für die Expo heraus und lädt zum exquisiten Shopping ein. Von Claudia Schmid

Abseits des Shoppings: Es lohnt sich, auch mal den Blick schweifen zu lassen. Fotos: Claudia Schmid

Anzapfen: Camparino Bar, Gallerie Vittorio Emanuele. www.camparino.itAnschauen: Museo del Novecento, Piazza del Duomo. www.museodelnovecento.orgAusgeben: Excelsior, www.excelsiormilano.com; Corso Como 10. www.10corsocomo.comAnbeissen: Antica Osteria Milanese, Via Cam-perio 12; Pizzeria Fabbrica, Viale Pasubio 12. www.lafabbricapizzeria.it.Ausschlafen: Billig, sauber, okay: Hotel Miner-va, Corso Colombo 15. www.hotelminervamilano.it

aus einer Reihe von Häusern mit bewachse-nen Balkonen, im Hof kann man, umgeben von Topfpflanzen, essen oder einen Espres-so trinken. Auch ein riesiges Geschäft mit Designermode für sie und ihn sowie die grösste Kunst- und Designbuchhandlung der Stadt gehören zum Komplex. Im Buchla-den wird man auch ein kleineres Budget los – falls ein Stella-McCartney-Kleidchen nicht drinliegt. Ein weiteres Paradies ist der Spazio Rossana Orlandi im Westen der Stadt. Die ehemalige Modemacherin Orlan-di verkauft in einer ehemaligen Krawatten-fabrik, die von einem Garten umgeben ist, ausgesuchte Designermöbel.

Wer noch nicht genug Grünes gesehen, aber genug vom Shopping hat, dem sei der Botanische Garten in der Via Brera empfoh-len. Diesen liess Fürstin Maria Teresia von Habsburg vor knapp 240 Jahren mitten im Zentrum Mailands anlegen. Derzeit ist der Garten nahe dem Parco Sempione, Mai-lands «Central Park», in voller Blüte. In der Arena joggen sich die Mailänder den Pastaspeck weg; in der Triennale, dem grössten Designmuseum Italiens am Rande des Parks, bilden sie sich weiter. Die aktuelle Ausstellung über italienische Grafik lohnt sich.

Weitere Fotos und Adressen sowie eine übersichtliche Karte finden Sie online auf tageswoche.ch, indem Sie den grünen Webcode im Suchfeld eingeben.

tageswoche.ch/+axwss

SONNTAG 6.5.2012Museum für Gestaltung Zürich100 Jahre Schweizer Grafik / Freitag – Out of the BagAusstellungsstr. 60, Zürich

Völkerkundemuseum der Universität ZürichDie Kultur der KulturrevolutionPelikanstr. 40, Zürich

THEATERDer Wolf und die sieben GeissleinBasler Kindertheater, Schützengraben 9, Basel. 15 Uhr

Die DreigroschenoperBasler Marionetten Theater, Münsterplatz 8, Basel. 17 Uhr

Jimmy TraumgeschöpfGastspiel Recycled IllusionsVorstadttheater, St. Alban- Vorstadt 12, Basel. 17 Uhr

My WayDie wahre Liebes-Story von Frank Sinatra und Ava GardnerFörnbacher Theater, Schwarz-waldallee 200, Basel. 18 Uhr

Tanz mit VampirenFreies Theater Therwil. Eine Groteske. Frei nach dem Film von Roman PolanskiMehrzweckhalle, Bahnhof- strasse 36A, Therwil. 18 Uhr

POP!ROCKChristian SchenkerSinger/SongwriterLieder für Kinder und solche die es werden wollenTheater Arlecchino, Amerbachstrasse 14, Basel. 11 Uhr

Hellblau-MondMit Pelati DelicatiVollmond Bar, Hafenstrasse 25, Basel. 19 Uhr

Off Beat Jazzfestival BaselRichard Galliano, Biréli Lagrène, Didier Lockwood. «The Magic Trio – Fellini’s Music». The Festival Finale 2012Stadtcasino, Steinenberg 14, Basel. 20.15 Uhr

Oh My DarlingJUFA Basel, Peter Merian Str. 30, Basel. 16 Uhr

The Jon Spencer Blues ExplosionFinissage «The Moment After the Show»Kaserne, Klybeckstr. 1b, Basel. 20 Uhr

Tom TwistGrenzwert Bar, Rheingasse 3, Basel. 21 Uhr

DelainMetalZ7, Kraftwerkstr. 4, Pratteln. 19.30 Uhr

Oli BrownGalery, Rütiweg 9, Pratteln. 20.30 Uhr

PARTYLatino Night DJ FlowHip-Hop, Latin, MerengueDancing Plaza Club, Riehenring 45, Basel. 22 Uhr

Sunday GroovesOpen FormatKult Basel, Steinentorstr. 35, Basel. 21 Uhr

JAZZ!KLASSIKCantabile Chor & Orchester Liestal«Verbindungen». Leitung: Yaira Yonne, Bernhard DittmannElisabethenkirche, Elisabethen- str. 10–14, Basel. 17 Uhr

Contrapunkt Chor«Djelem, djelem». Lieder und Weisen der fahrenden VölkerAktienmühle, Gärtnerstrasse 46, Basel. 15 Uhr

Ensemble FiacordaBegegnung mit Musik im Kleinen Klingental. Werke von Isang Yun, Antonín Dvorák, Georges GershwinMuseum Kleines Klingental, Unterer Rheinweg 26, Basel. 17 Uhr

Neues Orchester BaselSolist: Wolfram Lorenzen (Klavier), Leitung: Bela Guyas. 5. Abonnementskonzert. 30 Jahre Neues Orchester Basel – Jubiläums-Gala zum GeburtstagMartinskirche, Martinskirchplatz 4, Basel. 19 Uhr

«Relief» – Ensemble Phoenix BaselReihe Ensemble Phoenix BaselGare du Nord, Schwarzwaldallee 200, Basel. 20 Uhr

GrumixInvitation to Vacation. Christoph Gisin (tp, flh, blharp), Daniel Däster (git), Dominic Stahl (piano), Otto van Gogh (bass), Wanda Grütter (dr & perc)Theater Palazzo, am Bahnhofplatz, Liestal. 11 Uhr

Connaissez-vous: Innovations FrançaisesManrico Padovani und Thomas Wicky-Stamm, Violinen. Werke von: Jean-Marie Leclair, Arthur Honegger, Eugène Ysaÿe, Sergej ProkofjewDorfkirche, Kirchplatz 5, Riehen. 17 Uhr

COMEDYSissi PerlingerBurghof, Herrenstr. 5, Lörrach. 20 Uhr

DIVERSES15n 2012, Besichtigung ArchitekturBuchner und Bründler ArchitektenWohnturm, Bläsiring 124, Basel. 14 Uhr

Circus RoyalRosentalanlage, Basel. 15 Uhr

Führung «Knochenarbeit»Naturhistorisches Museum Basel, Augustinergasse 2, Basel. 14 Uhr

Gemeindefest Basel WestPauluskirche, Steinenring 20, Basel. 11.15 Uhr

Kleines Konzil-SymposiumAnmeldung willkommen an: [email protected] Bruder Klaus, Bruderholz, Basel. 10.30 Uhr

Offene Bühne für Musik, Poesie und TheaterEngelhofkeller, Nadelberg 4, Basel. 20 Uhr

Circus MontiTournee 2012Zirkuswiese, Arlesheim. 15 Uhr

Circus GOTournee 2012 – Stressfrei!Fussballplatz bei MZH, Lausen. 14.30 Uhr

Bevormundet, vergiftet, verbannt?Verein Frauenstadtrundgang Basel. Frauengeschichte(n) im und ums «Stedtli» LiestalTreffpunkt: Emma Herwegh-Platz, Kantonsbibl., Liestal. 14 Uhr

Frühlingsfest der KlängeLinard Bardill und Bruno Brandenberger: «Was i nid weiss, weiss mini Geiss»Rudolf Steiner Schule Münchenstein, Gutenbergstrasse 1, Münchenstein. 10 Uhr

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Agenda 4. Mai 2012

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Aus dem Foto archiv von Kurt Wyss

Zuerst ein Revolver, dann die Trompete Als dem Jazz noch der Ruf des Verruchten anhaftete, war es doppelt abenteuerlich, nach Freiburg an ein Konzert von Louis «Satchmo» Armstrong zu fahren. Von Georg Kreis

Kein runder Geburtstag. Diesen Star kann man – auch am Rande – jederzeit ins Bild rücken. Und über ihn kann man jederzeit schreiben: Louis Daniel «Satchmo» Arm-strong. Aber wie ihn zeigen und was von ihm, schreibend, hervorheben? Zeigen: nicht ohne seine Trompete. Schreiben: nicht ohne «What a Wonderful World» (1970) erwähnt zu haben.

Im vorliegenden Bild befindet sich der Star in der zweiten Reihe. An der Rampe steht, nur von hinten abgebildet, von einem sie noch mächtiger machenden Schatten assistiert, in ei-ner Art von hingebungsvoller Haltung die Jazz-sängerin Velma Middleton. Jetzt würde man gerne hinhören. Das kann das Musikbild nicht leisten. Es zeigt aber die Performance eines hell erleuchteten Musikertrupps – nicht mehr Big Band, sondern die kleinen Formationen des New-Orleans-Jazz (Klavier, Klarinette, Trom-pete, Schlagzeug und Kontrabass) – hinein in den schwarzen Saal, ins unsichtbare Publikum.

Wo und wann die Aufnahme entstanden ist, das verrät die Bildlegende beziehungsweise der Fotograf: in Freiburg im Breisgau, wohin der Armstrong-Fan Kurt Wyss von Basel aus mit seinem VW-Käfer auf kurvenreichen Landstras-sen fuhr. Dies im Februar 1959, und dies nicht wegen Middleton, sondern wegen Armstrong.

Es bleibt noch Zeit und Raum, ein paar Überlegungen anzustellen: Was hat den Star der zweiten Reihe berühmt gemacht? Was in seinem Leben musste er sich holen, was wurde ihm gegeben? In welcher Mischung standen

Können und Wollen zueinander? L. D. A. stammte bekanntlich, wie man so sagt, aus ein-fachen Verhältnissen: Zeitungsverkäufer mit sieben Jahren, Anstaltskind mit zwölf Jahren, weil er in der Silvesternacht 1912 mit dem Re-volver seines Onkels in die Luft geschossen hat-te. Also doch bald ein 100-jähriges Jubiläum! In der Anstalt – ein Glücksfall? – lernte er Kor-nett (dem wir Trompete sagen) spielen! In einer nächsten Etappe war er Musiker auf einem Mis-sissippi-Dampfer und unterhielt Passagiere auf langen Flussfahrten. Und weiter ging es dann in der Karriere.

Armstrong hatte wie jeder Mensch einen Geburtstag. Aber er nannte oder kannte ihn nicht. Er gab, wie viele Schwarze, den «Forth of July» an und legte sich auf das runde Jahr 1900 fest. Erst 12 Jahre nach seinem Tod ent-deckte man, dass sein wirklicher Geburtstag der 4. August 1901 war. Warum machte er sich ein Jahr älter? Weil er so ein Jahr früher das Alter hatte, das ihm den Eintritt in die Vergnü-gungsmeile von New Orleans gestattete – what a wonderful world!

Was im Leben musste sich Louis Armstrong

holen – was wurde ihm gegeben?

Louis Armstrongs Jazztruppe spielt 1959 mit der Sängerin Velma Middleton in Freiburg im Breisgau auf.

tageswoche.ch/+axwsa

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Agenda 4. Mai 2012

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BaselCAPITOL

Steinenvorstadt 36, kitag.comIron Sky [15/12 J]15.00 DThe Lucky One [12/9 J]15.00/18.00/21.00 E/d/fBattleship [14/11 J]18.00/21.00 D

KULT.KINO ATELIERTheaterstrasse 7, kultkino.chThe Black Power Mixtape 1967–197516.15 Fr/Mo-Mi 12.00 Ov/dMama AfricaFr/So-Mi 12.15 Ov/dBalkan Melodie [13 J]Fr/So-Mi 12.20 Ov/dIntouchables [12 J]14.00/18.15/20.45 F/dL’enfant d’en haut14.00/18.30/20.30 F/dMy Week with Marilyn [12 J]14.15/16.30/18.45/21.00 E/d/fThe Best Exotic Marigold Hotel [12 J]16.00 E/d/fAlpsegenSo 12.00 Dialekt

KULT.KINO CAMERARebgasse 1, kultkino.chMonsieur Lazhar [14 J]Fr/So-Mi 14.15 F/dUn cuento chino [12 J]Fr-Mo/Mi 14.30/19.00/21.00 Di 18.00 Sp/d/fOslo, August 31st [13 J]20.45 Fr/So-Mi 16.15 Sa 15.00 Norw/d/f

Café de Flore [14 J]Fr-Mo/Mi 16.30 Di 15.30 F/dAvé18.45 Ov/d/fShameSo 12.00 E/d/fMessies, ein schönes Chaos [12 J]So 12.15 Dialekt/dStellet LichtDi 20.00 Ov/d

KULT.KINO CLUBMarktplatz 34, kultkino.chAlbert Nobbs [14 J]16.00/20.45 E/d/fThe Iron Lady18.30 So 13.45 E/d/fBombay DiariesSo 11.45 Ov/d

NEUES KINOKlybeckstr. 247, neueskinobasel.chIdi i smotri – Geh und siehFr 21.00 Ov/dO Heroi – The HeroSa 21.00 Ov/d Anschl. Diskussion

PATHÉ ELDORADOSteinenvorstadt 67, pathe.chBel ami [14/11 J]Fr/Di 13.00/17.20/21.45 Sa-Mo/Mi 15.10/19.30 E/d/f Fr/Di 15.10/19.30 Sa-Mo/Mi 13.00/17.20/21.45 DZiemlich beste Freunde – Intouchables [12/9 J]13.00/18.00 DThe Best Exotic Marigold Hotel [13/10 J]15.30/20.20 E/d/f

PATHÉ KÜCHLINSteinenvorstadt 55, pathe.chThe Hunger Games [15/12 J]Fr/Mo/Di 12.30 Fr/Di 21.00 Sa-Mo/Mi 15.20 D Fr/Di 15.20 Sa-Mo/Mi 21.00 E/d/fProject X [16/13 J]15.00 Fr/Mo/Di 13.00 Fr-Di 19.00 Fr-So/Di/Mi 21.00 Fr 23.15 Sa-Mo/Mi 17.00 D Fr/Di 17.00 Sa 23.15 Mo 21.00 Mi 19.00 EThe Lucky One – Für immer der Deine [12/9 J]13.00 Sa-Mo 19.35 So 10.45 D Fr/Di 19.35 E/d/fEinmal ist keinmal – One for the Money [14/11 J]Fr/Mo/Di 13.10 Fr/Di 19.30 Sa-Mo/Mi 15.10 D Fr/Di 15.10 Sa-Mo/Mi 19.30 E/d/fThe Cold Light of Day [16/13 J]Fr/Mo/Di 13.10 Fr/Di 17.15/21.30 Sa-Mo/Mi 15.10/19.20 Sa 23.45 D Fr/Di 15.10/19.20 Fr 23.45 Sa-Mo/Mi 17.15/21.30 Mi 20.45 E/d/fAmerican Pie: Das Klassentreffen [14/11 J]Fr/Mo/Di 13.15 Fr/Di 15.40/20.40 Sa-Mo/Mi 18.10 Sa 23.15 D Fr/Di 18.10 Fr 23.15 Sa-Mo/Mi 15.40/20.40 E/d/fTitanic – 3D [12/9 J]Fr/Di 13.30 Sa-Mo 20.00 E/d/f Fr/Di 20.00 Sa-Mo/Mi 13.30 DThe Avengers – 3D [12/9 J]Fr/Di 14.00/17.00 Fr 23.15 Sa-Mo/Mi 20.00 E/d/f Fr/Di 20.00 Sa-Mo/Mi 14.00/17.00 Sa 23.15 So 11.00 DTürkisch für Anfänger [12/9 J]15.15/17.10/21.30 Fr/Sa 23.50 DBattleship [14/11 J]17.15 So 10.45 D 18.15 E/d/fChronicle – Wozu bist du fähig? [14/11 J]17.40/22.00 Fr/Sa 00.01 DIron Sky [15/12 J]Fr/Sa 00.01 D Fr/Sa 00.01 E/dSpieglein Spieglein [8/5 J]Sa/So/Mi 12.40 So 10.30 DSa/So/Mi 12.50 So 10.30 E/d/f

Fünf Freunde [6/3 J]Sa/So/Mi 13.15 So 11.00 DAlvin und die Chipmunks 3 [6/3 J]Sa/So/Mi 13.15 So 11.00 DDas Haus Anubis – Pfad der 7 Sünden [7/4 J]Sa/So/Mi 13.45 DWe Bought a Zoo [8/5 J]So 11.00 E/d/f Pathé Nuggi Kino Dark ShadowsMi 19.35 E/d/f

PATHÉ PLAZASteinentorstrasse 8, pathe.chWir kaufen einen Zoo [8/5 J]Fr/Di 13.10/18.30 Sa-Mo/Mi 15.50/21.15 E/d/f Fr/Di 15.50/21.15 Sa-Mo/Mi 13.10/18.30 D

REXSteinen 29, kitag.comThe Hunger Games [14/11 J]14.00/17.00/20.00 E/d/fThe Avengers – 3D [12/9 J]14.30/17.30 D Fr-Di 20.30 E/d/fSwisscom Ladies Night: Salmon Fishing in the YemenMi 20.30 E/d/f

STADTKINOKlostergasse 5, stadtkinobasel.chLa notteFr 15.00 So 20.00 I/dHiroshima mon amourFr 17.30 F/e/dLa dolce vitaFr 20.00 I/dIeri, oggi, domaniSa 15.15 Mo 21.00 Mi 18.30 I/dIl bell’AntonioSa 17.30 I/dL’année dernière à MarienbadSa 20.00 Mo 18.30 F/e/dOn connaît la chansonSa 22.15 So 17.30 Mi 21.00 F/dKurzfilm-Programm Alain ResnaisSo 14.00Le notti biancheSo 15.30 I/d

STUDIO CENTRALGerbergasse 16, kitag.comIntouchables [13/10 J]14.30/17.15/20.00 D

FrickMONTI

Kaistenbergstr. 5, fricks-monti.chDie Kinder vom Napf [8/6 J]So 17.00 DialektUn cuento chino [12/10 J]So/Mo/Mi 20.15 Sp/d

LiestalORIS

Kanonengasse 15, oris-liestal.chAmerican Pie: Das Klassentreffen [14/11 J]20.15 Sa/So 17.45 DDas Haus Anubis – Pfad der 7 Sünden [7/4 J]Sa/So/Mi 13.30 DDie Piraten – 3D [6/3 J]Sa/So/Mi 15.30 D

SPUTNIKPoststr. 2, palazzo.chMon pire cauchemar [13 J]Fr-So 18.00 F/dThe Best Exotic Marigold Hotel [13/10 J]20.15 E/d/fDrei Brüder à la carteSo 14.15 Mo-Mi 18.00 DialektMama AfricaSo 16.00 E/d/f

SissachPALACE

Felsenstrasse 3a, palacesissach.chAmerican Pie: Das Klassentreffen [14/11 J]20.30 DL’enfant d’en haut [12/9 J]Sa-Mo 18.00 So 10.30 F/d

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