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[ t ] akte Das Bärenreiter-Magazin Lebendige Denkmäler der Operngeschichte Francesco Cavallis „Il Giasone“und „L’Artemisia“ Ortloser Ort, zeitlose Zeit Beat Furrers Musiktheater „Wüstenbuch“ Ozeanische Abgründe Philipp Maintz und seine Oper „Maldoror“ 1 I 2010 Informationen für Bühne und Orchester

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[t]akteDas Bärenreiter-Magazin

Lebendige Denkmäler der OperngeschichteFrancesco Cavallis „Il Giasone“und „L’Artemisia“

Ortloser Ort, zeitlose ZeitBeat Furrers Musiktheater „Wüstenbuch“

Ozeanische AbgründePhilipp Maintz und seine Oper „Maldoror“

1I2010Informationen für

Bühne und Orchester

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Francesco Cavalli war einer derberühmtesten Komponistendes 17. Jahrhunderts. Bald vierJahrhunderte später beginntsich die Opernwelt wieder fürden venezianischen Komponis-ten zu interessieren. Neuaus-gaben von „Il Giasone“ und„L’Artemisia“ bei Bärenreiterunterstützen die einsetzendeRenaissance.

„Hamlet“ mitglücklichem AusgangAmbroise Thomas und seineShakespeare-Oper

200 Jahre nach der Geburt vonAmbroise Thomas erscheintseine Oper „Hamlet“ in derReihe „L’Opéra français“. Damitwird eins der wertvollsten Wer-ke der französischen Oper aufverlässlicher editorischerGrundlage verfügbar, Anreizfür eine Renaissance der fran-zösischen Shakespeare-Adapti-on.

Das Weib und das WasserLeos Janáceks Sinfonie„Die Donau“

Aus dem kompositorischenUmfeld von „Katja Kabanova“stammt Leos Janáceks Frag-ment einer Sinfonie „Die Do-nau“. Nicht um eine musika-lisch-pittoreske Ausmalungeiner Flusslandschaft geht esdem Komponisten hier, son-dern um die mythische Verbin-dung von Frauenschicksalenund Wasser.

HimmelsbäumeNeue Kompositionen vonMiroslav Srnka

Drei neue kammermusikali-sche Werke von Miroslav Srnkaerleben im Frühjahr ihreUraufführung: „Coronae“ fürSolohorn, „Tree of Heaven“ fürStreichtrio bei den WittenerTagen für neue Kammermusikund „Escape Routines“ für Kla-rinette, Streichtrio und Harfebeim Prager Frühling.

Oper / Operette

Lebendige Denkmäler derOperngeschichte.Francesco Cavallis „Il Giasone“und „L’Artemisia“ 4

„Hamlet“ mit glücklichemAusgang. Ambroise Thomasund seine Shakespeare-Oper 6

Methusalem liebt Pulcinella.Die turbulente Operette„Prinz Methusalem“ vonJohann Strauss 9

In neuem Licht. Tschaikowskys„Pique Dame“ erstmals ineiner kritischen Ausgabe 10

Orchester / Oratorium

Alterssünde. Rossinis „PetiteMesse Solennelle“ in derursprünglichen Fassung 8

Das Weib und das Wasser.Leoš Janáčeks Sinfonie„Die Donau“ 11

Die Rettung des Streich-orchesters. Das neue Kinder-stück „Ali Baba“ und dievierzig Streicher vonAndreas N. Tarkmann undFranz-Georg Stähling 26

Neue Musik

Das Wichtigste ist die Melodie.Erinnerung an Giselher Klebe(1925–2009) 12

Himmelsbäume.Neue Kompositionen vonMiroslav Srnka 13

Salomos Garten.Matthias Pintschers neueWerke 18

Wendepunkt. Dieter Ammannbeim Lucerne Festival 20

Charlotte Seither – aktuell 21

Neue Musik

Überschreibungen.Neue Kompositionen vonManfred Trojahn 22

Thomas Adès und ColinMatthews. Neue Musik vonder Insel 23

Frédéric Durieux undClemens Gadenstätter.Neu beim italienischenMusikverlag RAI Trade 25

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[Premiere] (Deutsche Erstaufführung) -> [[Uraufführung]] ]

Titelbild: Beat FurrersMusiktheater „Begehren“am 12.2.2010 beim Festival„Eclat“ in Stuttgart, Dar-steller: Sibylle Canonica,Stefan Hunstein, PetraHoffmann (Sopran),Torsten Müller (Stimme),Ensemble Modern, SWR-Vokalensemble Stuttgart,Musikalische Leitung: BeatFurrer, Regie: ThierryBruehl, Lichtinstallationund Raum: rosalie(Foto: Wolf-Dieter Gericke)

Ortloser Ort, zeitlose ZeitBeat Furrers Musiktheater„Wüstenbuch“ für Basel

Die Wüste steht im gedank-lichen Brennpunkt von BeatFurrers neuem Musiktheater-projekt, das am 15. März inBasel uraufgeführt wurde – dieWüste als Ort des vollkommenFremden, des Nicht-Seins, derErinnerungslosigkeit, des To-des. Beat Furrer öffnet Fensterzu diesem „ortlosen Ort“.

Ozeanische AbgründeDer Dichter des Bösen: PhilippMaintz und seine Oper„Maldoror“

Mit den „Chants de Maldoror“schuf Isidore Ducasse aliasLautréamont eine Figur desabsolut Bösen. Ins Zentrum sei-ner Oper „Maldoror“ für dieMünchner Biennale stellt Phi-lipp Maintz den Konflikt zwi-schen dem Dichter und demvon ihm selbst geschaffenenUngeheuer.

Salomos GartenMatthias Pintschers neueWerke

In „Songs from Solomon’s gar-den“ vertont Matthias Pint-scher erneut einen Gesang ausdem „shir ha-shirim“, demHohelied Salomos. „Occul-tation“, den dritten Teil desZyklus „sonic eclipse“, führtdas Klangforum Wien bei denWittener Tagen für neue Kam-mermusik auf.

WendepunktDieter Ammann beim LucerneFestival

Dieter Ammann ist Composerin residence des diesjährigenLucerne Festival. Dabei wird Pi-erre Boulez die Uraufführungvon Ammanns Orchesterkom-position „Turn“ dirigieren, diezusammen mit „Boost“ und„Core“ ein Triptychon bildet.Weitere Konzerte mit WerkenAmmanns kommen hinzu.

Neues Musiktheater

Ortloser Ort, zeitlose Zeit.Beat Furrers Musiktheater„Wüstenbuch“ für Basel 14

Ozeanische Abgründe.Der Dichter des Bösen.Philipp Maintz und seineOper „Maldoror“ 16

Gegenwärtigkeit und Abwe-senheit. Michael Jarrells „LePère“ nach Heiner Müller fürdie Schwetzinger Festspiele 24

Publikationen

Neue Bücher 30

Neue CDs und DVDs 32

Termine / Impressum

Festspielsaison 2010 28

Termine (Auswahl) 33

Impressum 36

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[t]akteFrancesco Cavalli war einer der berühmtesten Kom-ponisten des 17. Jahrhunderts. Bald vier Jahrhunder-te später beginnt sich die Opernwelt wieder für denvenezianischen Komponisten zu interessieren. Neu-ausgaben von „Il Giasone“ und „L’Artemisia“ beiBärenreiter unterstützen die einsetzende Renaissance.

Lebendige Denkmälerder OperngeschichteFrancesco Cavallis „Il Giasone“ und „L’Artemisia“

Il Giasone

Il Giasone von Francesco Cavalli (1602–1676) nach einemLibretto von Giacinto Andrea Cicognini (1606–1650) warwohl die erfolgreichste Oper des gesamten 17. Jahrhun-derts. Ihre Premiere fand Karneval 1649 in Venedig amTeatro San Cassiano statt, dem ältesten der vier aktivenOpernhäuser der Stadt. Zu jener Zeit waren in Venedigdie öffentlichen Opernaufführungen bereits seit übereinem Jahrzehnt ein gut laufendes Geschäft. 1637 hatteeine kleine reisende Gruppe im Umfeld der Karnevals-feiern eine Oper in San Cassiano produziert, die für die-sen Anlass von der Eigentümerfamilie von einem Pro-sastück zu einem „theatro de musica“ umgearbeitetworden war. 1639 wurde ein zweites Opernhaus eröff-net, dann ein drittes (1640) und ein viertes (1641). Inner-halb weniger Jahre war die Oper zu einem regelmäßi-gen Ereignis im Karneval geworden. Weitere Theaterkamen hinzu, so dass am Ende des Jahrhundertsinsgesamt neun Opernhäuser bespielt wurden.

Von 1639 an steuerte Cavalli in jeder Saison regelmä-ßig Opernpartituren bei. Als er schließlich 1668 seineTheateraktivitäten beendete, hatte er über 30 Opern fürfünf verschiedene Theater komponiert und einige davonauch selbst geleitet. Dabei hatte er mit über einem Dut-zend verschiedener Librettisten zusammengearbeitet.Cavallis Opern hatten seinen Ruhm weit über Venedighinaus verbreitet.

Von all seinen Opern war Il Giasone, die zehnte, diesicherlich erfolgreichste. Tatsächlich war sie so erfolg-reich, dass das Libretto allein in der ersten Saison fünfverschiedene Ausgaben erfuhr; eine Wiederaufnahmewar für das Frühjahr geplant. Bezeichnenderweise reis-te diese Oper im darauf folgenden Jahrzehnt die italie-nische Halbinsel herauf und herunter und wurde ir-gendwann nach 1651 vielleicht sogar in Wien aufgeführt.In unterschiedlichen Fassungen konnte sie auch nochin den 1660er- und 70er-Jahren gehört werden. EineWiederaufnahme in Brescia 1690 unter dem Titel Me-dea in Colco war die letzte bekannte Produktion einerCavalli-Oper im 17. Jahrhundert. In der zweiten Hälftedes Jahrhunderts hielt die Öffentlichkeit Giasone für dasBeste, was die venezianische Oper zu bieten hatte.

Das Libretto bezieht seinen historischen Hintergrundvon den Ereignissen um Jasons sagenumwobener Su-che nach dem Goldenen Vlies, die mit neu ausgedach-ten Sachverhalten und Charakteren erweitert wurde,um die Fülle an Intrigen und das Happy End zu liefern,das vom venezianischen Publikum erwartet wurde. Derdem üblichen Standard folgende Handlungsstrang kon-zentriert sich auf zwei Paare adliger Liebender – Giaso-ne/Isifile und Medea/Aegeus –, die aufgrund verschie-dener Verwicklungen voneinander getrennt, aberschließlich wieder vereint werden. Die Liebenden wer-den von einer Schar komischer Diener unterstützt und

angestiftet, insgesamt fünf, die viele der Standard-Cha-raktere verkörpern: die Kammerfrau (Alinda), die selbstdem Liebeswerben frönt, der geile Edelmann (Orestes),der sich, Leporello-ähnlich, über seine Dienerschaft be-klagt, der Mitwisser und Handlanger (Bessus), die der-be, alte Amme, die ihrer verlorenen Jugend nachtrauert(Delpha) und der stotternde Bucklige (Demos, Tenor).

Dadurch, dass antike Momente mit rührenden Sze-nen kombiniert werden, ermöglicht die große und le-bendige Besetzung jede nur denkbare Komplikation, diein der Handlung einer Auflösung entgegen steht. DenZuschauern werden viele Szenen- und Arientypen ge-boten, die sie erwarten: eine Beschwörung, verschiede-ne Lamenti, drei verschiedene Schlafszenen, eine Wahn-sinnsszene sowie einige Bühnenlieder.

Vielleicht ist die musikalisch-dramatische Überzeu-gung das bemerkenswerteste Merkmal von Giasone, dieBalance, die das Werk zwischen Rezitativen und Arienerreicht, zwischen Gesprochenem und Gesang, Aktionund Gedanke. In diesem Werk machen Rezitative vorallem dann Arien Platz, wenn die Handlung dies erfor-dert. Tatsächlich ist Il Giasone eines der letzten Werkedes späten 17. Jahrhunderts, das jene Art der Verbindungvon Musik und Drama darstellt, die die erfolgreichstenMonumente der Operngeschichte auszeichnet.

Ellen Rosand(Übersetzung: Jutta Weis)

L’Artemisia

„Ich habe mich um nichts anderes bemüht, als euch dieEigenschaften der menschlichen Leidenschaften auf na-türliche Weise darzubieten“: Dies schrieb Cavallis Lib-rettist Nicolò Minato im Vorwort zu L’Artemisia an dasTheaterpublikum, um dann den Wunsch anzuschließen,

Francesco CavalliIl Giasone. Dramma musicaleLibretto von Giacinto Andrea Cicognini.Hrsg. von Ellen RosandErstaufführung nach der Neuausgabe: 24.4.2010Chicago Opera Theater, Musikalische Leitung:Christian Curnyn, Inszenierung: Justin WayPersonen: Sole (Sopran), Amore (Sopran), Giasone(Alt), Ercole (Bass), Besso (Bass), Isifile (Sopran),Oreste (Bass), Alinda (Sopran), Medea (Sopran),Delfa (Alt), Rosmina (Sopran), Egeo (Tenor), Demo(Tenor), Giove (Bass), Eolo (Alt), Zeffiro (Sopran)Chor: Götter, Argonauten, Soldaten, SchifferInstrumente: Streicher (3-st., im Prolog 5-st.), BassocontinuoVerlag: Bärenreiter. Aufführungsmaterial leihweise

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Francesco CavalliL’Artemisia. Dramma per musica di Nicolò MinatoHrsg. von Hendrik Schulze.Erstaufführung nach der Neuausgabe: 26.6.2010Hannover-Herrenhausen (Festwochen), La Vene-xiana, Leitung: Claudio Cavina, Inszenierung:Paolo Reggiani; Französische Erstaufführung:24.7.2010 Montpellier (Festival de Radio France)Personen: Artemisia, Königin von Caria (Sopran),Meraspe, Prinz von Kappadokien (Alt), Oronta,Prinzessin von Zypern (Sopran), Alindo, Prinz vonBitinia (Alt), Artemia (Sopran), Ramiro (Sopran),Eurillo (Sopran), Niso (Alt), Erisbe (Tenor), Indamo-ro (Basso), Der Schatten des Mausolos (Bass), Echo I(Sopran), Echo II (Sopran)Instrumente: 2 Violinen, [Viola], Basso continuoVerlag: Bärenreiter. Aufführungsmaterial leihweise

das Publikum möge die Oper doch lieber auf der Bühnesehen, anstatt nur das Libretto zu lesen.

Diesem Wunsch wird das Publikum um so lieber Fol-ge geleistet haben, als die Musik der Oper von keinemGeringeren als von dem seinerzeit berühmtesten undbeliebtesten Opernkomponist überhaupt stammte.Francesco Cavalli war überdies besonders an der Dar-stellung der Leidenschaften, wie überhaupt der Charak-teristika seiner Figuren interessiert; und so erwies er sichin der Tat als idealer Partner Minatos in der Vertonungder Oper. Mit Artemisia hatten die beiden ohnehin eineüberaus geeignete Person für ihre Vorstellungen ge-wählt, galt sie doch im 17. Jahrhundert als Emblem ei-ner starken und unabhängigen, dabei ihrem GattenMausolos besonders treuen Frau, die diesem auch nachseinem Tod noch so ergeben blieb, dass sie sogar seineAsche getrunken haben soll, um weiterhin mit ihm ver-bunden zu bleiben.

Was nun, so fragten sich Cavalli und Minato, wennsich eine solche Frau mit einer neuen Liebe konfrontiertsieht, noch dazu zu einem sozial tieferstehenden Mann?Und wenn sich dieser Mann dazu noch als derjenigeentpuppte, der ihren Ehemann umgebracht hat? Vor die-se Probleme gestellt, muss sie sich mit ihrem Selbstbildund mit ihrer Rolle als Königin auseinandersetzen, wasCavalli meisterhaft dazu nutzt, die inneren Konflikteund ihren Persönlichkeitswandel musikalisch darzustel-len. Am Ende steht dann die Erkenntnis „Vergib meinenFeinden“; Kriege werden abgesagt, Gegner beschwich-tigt und – schließlich ist man im Barock – Ehen geschlos-sen.

Die Handlung wird belebt durch das ganze barockePersonal aus eifersüchtigen Liebhaberinnen und Lieb-habern, lautstark auftretenden und dann wieder klein-mütigen Generälen, einem Gespenst, aufsässigen und

unzuverlässigen Dienern und ihrer verlorenen Jugendnachtrauernden Ammen, das Cavalli und Minato auf ori-ginelle Weise in die Handlung einzuweben wissen.Dabei sind, ähnlich wie in den Komödien Shakespeares,ernste Themen stets humorvoll, komische Szenenimmer auch mit einem gewissen Ernst vorgetragen, sodass das Publikum gleichermaßen unterhalten und ge-rührt wird.

Dies geschieht musikalisch in Cavallis ausdrucksstar-ker Tonsprache, die mit kleinsten Mitteln größte Effek-te zu erzielen vermag. Die Vielfalt der Leidenschaftenund insbesondere deren Wechsel wird in der Musik vonder Reichhaltigkeit der Ausdrucksformen gespiegelt, diezwischen trockenstem Rezitativ und großer Arie eineBandbreite an Möglichkeiten bereithält, wie sie in derOperngeschichte wohl einmalig ist. Gegenüber denheutzutage üblicherweise aufgeführten früheren OpernCavallis (wie etwa La Didone, Giasone oder La Calisto)zeichnet sich Artemisia vor allem durch eine noch grö-ßere Souveränität in der Gestaltung und dem Gebrauchvon Arien aus, die der Komponist dazu nutzt, Personenund Situationen liebevoll und genau darzustellen. Die-se eher reflektierende Funktion seiner Arien weiß erallerdings geschickt in den Handlungsstrang zu inte-grieren, so dass zwischen Arie und Rezitativ keinerleiinhaltliche Brüche zu erkennen sind. So stehen auch gro-ße Arien nicht für sich, sondern sind Teil des Ganzen –wie etwa auch die Arie „Ardo, sospiro, e piango“, diedurch Raymond Leppards vielbeachtete Calisto-Auffüh-rung in Glydebourne im Jahr 1970 und gesungen vonDame Janet Baker bekannt geworden ist.

L’Artemisia wurde im Januar 1657 in Venedig urauf-geführt und erwies sich – nach allem, was wir wissen –als ein großer Erfolg. Die moderne Erstaufführung wirdam 26. Juni 2010 beim Festival in Hannover-Herrenhau-sen durch Claudio Cavina und La Venexiana stattfinden.Sie liegt nun erstmals in moderner Edition vor.

Hendrik Schulze

Venedig, Vedute von Canaletto

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Ambroise ThomasHamlet. Opéra en cinq actesLibretto von Michel Carré und Jules BarbierHrsg. von Sarah Plummer-Hanrahan und HughMacdonald. Reihe „L’Opéra français“Personen: Claudius, König von Dänemark (Bass),Königin Gertrude (Mezzosopran), Hamlet(Bariton), Polonius (Bass), Ophélie (Sopran),Laertes (Tenor), Horatio (Bass), Marcellus (Tenor),Der Schatten des verstorbenen Königs (Bass),1. Totengräber (Tenor), 2. Totengräber (Bariton) –Chor und BallettOrchester: 3 (Picc),2 (2Eh), 2, BKlar, Sax (A), Sax(Bar), 4 – 4, 2 Cornets à Piston, 2,3, BSaxHn – Pk,Schlg – 2 Hfe – Str; Bühnenmusik: Fl, Klar, Hn,6 Trp, 4 Pos, BSaxHn, Schlg, 2 HfeVerlag: Bärenreiter; Partitur käuflich (2013),Klavierauszug (2011), Aufführungsmaterialleihweise vorab erhältlichErstaufführung nach der Neuausgabe:Juni 2011, Opéra du Rhin Straßburg

200 Jahre nach der Geburt von Ambroise Thomaserscheint seine Oper „Hamlet“ in der Reihe „L’Opérafrançais“. Damit wird eins der wertvollsten Werkeder französischen Oper auf verlässlicher editorischerGrundlage verfügbar, Anreiz für eine Renaissanceder französischen Shakespeare-Adaption.

„Hamlet“ mitglücklichem AusgangAmbroise Thomas und seine Shakespeare-Oper

1859 komponierte Gounod eine Oper nach GoethesFaust, 1866 schrieb Thomas Mignon nach Wilhelm Meis-ter; Gounod vollendete Romeo und Julia (1867), alsoschrieb Ambroise Thomas Hamlet (1868). Alle vier Opernbasieren auf Libretti von Jules Barbier und Michel Car-

ré, den seinerzeit erfolgreichstenLibrettisten, und alle vier dominier-ten die französischen Bühnen amEnde des 19. Jahrhunderts und wa-ren überall auf der Welt wohlbe-kannt. Im 20. Jahrhundert verblass-te ihre Beliebtheit ein wenig, aberkeine verlor je ihren Charme undReiz.

Ambroise Thomas widmeteder Komposition seines Hamletmindestens sechs Jahre, er fühltezweifellos die gewaltige Aufgabe,die das neue Werk darstellte. Abernicht die Aufgabe, ShakespearesMeisterwerk in Musik umzusetzen,sondern die Pariser Opéra selbst inder anerkannten Welthauptstadtder Oper war die Herausforderung.

Das Werk war für Thomas nicht die erste künstlerischeBegegnung mit der Opéra: Nach frühreifen Erfolgen alsStudent – er gewann 1832 im Alter von 21 Jahren den Prixde Rome – schuf er zwischen 1839 und 1842 ein Ballettund zwei kurze Opern, aber sie wurden Misserfolge, sodass er sich der Opéra-comique zuwandte. Seine folgen-den zwölf Opern wurden alle für dieses Haus geschrie-

ben, drei von ihnen waren sogar sehr erfolgreich undgipfelten in Mignon (1866), der beliebtesten leichtenOper in Paris am Ende des Jahrhunderts.

Thomas hätte sich nicht damit zufriedengegeben,dass die Nachwelt ihn nur der Scherze der Opéra-co-mique wegen in Erinnerung behalten würde, auch wenndie Vielfalt dieser Gattung – nicht zuletzt dank seinereigenen Anstrengungen – stark zunahm. Er strebte nachernsthafterer Anerkennung; ohne Zweifel angetriebendurch die Erinnerung an sein Scheitern 25 Jahre zuvor.Hamlet sollte ein prächtiger Erfolg im Hinblick auf dasZiel sein, die Opéra mit einem fünfaktigen Werk zu ver-sorgen, das seinen Sängern und Zuhörern Erfolg undErfüllung für viele Jahre geben sollte.

Für die Opéra zu komponieren brachte eigene Regelnund Traditionen mit sich. Das Libretto musste vom Ma-nagement und der offiziellen Zensur befürwortet wer-den, wobei man immer empfindlich auf Entthronungvon Königen und Ermordung von Hochstaplern reagier-te. Das Werk musste fünfaktig angelegt werden, überein Libretto in Versform verfügen und durchgehend ge-sungen werden. Szenisch sollte es abwechslungsreichund prachtvoll sein. Reichlich Chöre, Ballett und Orches-ter waren selbstverständlich, und die Musik musste zuden Sängern passen, die den Rollen zugeteilt wurden.Darüber hinaus musste ein angemessenes Gleichge-wicht zwischen Solo-Airs, Duetten und größeren En-sembles herrschen. Das Werk musste, wenn möglich,den Kritikern, den Snobs und den Rängen gefallen – kurzallen auf einmal. Es musste nicht seinen literarischenWurzeln treu bleiben.

Wie sehr entsprach Hamlet diesem Modell einer gu-ten Oper? Die Librettisten, Jules Barbier und Michel Car-ré, waren geschickte Anwender literarischer Klassikervon Ovid bis Goethe und flinke Lieferanten gereimterVerse dieser Art:

Voici la riante saison,Le doux mois des nids et des roses!Le soleil brille à l’horizon,Et nos portes ne sont plus closes!

Zusammen schrieben sie über 30 Opernlibretti. FürHamlet verwendeten sie Ducis’ bekannte Shakespeare-Übersetzung als Ausgangspunkt. Die dramatischeStruktur ist deutlich und knapp und arbeitet die Haupt-stränge der Handlung gut heraus. Laertes, der einzigeTenor, hat nur einen sehr kleinen Part, und sein VaterPolonius einen noch kleineren. Aber die verwobenen Be-ziehungen von Hamlet, Claudius mit Königin Gertrudeund Ophelia werden sorgfältig und gründlich exponiert,vor allem in den Duetten und Trios. Zuerst gibt es einDuett für Hamlet und Ophelia, dann ein Duett für Clau-dius und die Königin, dann ein Trio für Hamlet, Opheliaund die Königin, was zu einem Höhepunkt am Ende des

Ambroise Thomas (1811–1896)

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dritten Aktes führt, mit dem großen diskursiven Duettzwischen Hamlet und der Königin. Der vierte Akt sorgt,wie so oft in der Pariser Oper, für etwas Unterhaltungund Entspannung von der dramatischen Handlung,während der fünfte Akt die Auflösung bringt: Opheliaist tot, ertrunken in ihrer Umnachtung, der gewalttäti-ge König wurde von Hamlet auf Geheiß des Geistes ge-tötet, die heimtückische Königin wurde ins Kloster ver-bannt und Hamlet wird als König gefeiert. Es gab nichtsin diesem Werk, was die Schutzherren der französischenOpéra hätte enttäuschen oder stören können.

Die Partitur setzt Musiker mit großem musikalischenKönnen und Geschick voraus, vor allem in den für Eng-lischhorn, Klarinette, Flöte und Posaune geschriebenenSoli – und einem Solo für Saxophon. Für den Chor gibtes als Lords und Ladies, Soldaten, Schauspieler, Dienerund dänische Bauern reichlich zu tun. Im vierten Aktgibt es eine größere Ballettszene von über 20 Minuten,die nichts zur dramatischen Entwicklung beiträgt – ge-nau das, was die Opéra verlangte. Kunstfertige Musikund ihre Möglichkeiten für verschiedene Tanzschritte,bunte Kostüme und szenisches Vergnügen passen ex-akt in die klar definierte französische Tradition. Es gibtprunkvolle Szenen am Beginn und im dritten Akt, wennein dänischer Marsch die Schauspielerszene vorbereitet,zudem Möglichkeiten für spezielle Bühneneffekte mitden Auftritten des Geistes in den Festungsmauern amEnde des ersten Aktes, am Ende des dritten Aktes und,ganz entscheidend, in der Schlussszene. Komödianti-sches, wie es vielleicht in der Totengräberszene durch-scheint, hält man sich streng vom Leib.

Alles in allem war es eine vielfältige und ausgegli-chene Oper. Die Kritiker waren sowohl von der Auffüh-rung als auch von dem Werk selbst hingerissen. DasPublikum verehrte sie. Bis 1914 wurde sie über 300-malallein in der Opéra aufgeführt und war 1938 noch immerim Repertoire. Für die Londoner Erstaufführung 1869verfasste Thomas eine Schlussvariante: Als Tribut an dieenglische Empfindsamkeit lässt er Hamlet am Ende ster-ben. Die neue Ausgabe wird beide Schlussvarianten ent-halten.

Und Shakespeare? Thomas’ Publikum kannte dieWerke des Dichters Shakespeare und ließ sich durch dielyrische Adaption nicht stören. Nach zwei Generationengeistigen Purismus’ können wir heute vielleicht wiederverstehen, dass die erste Verpflichtung einer Oper nichteinem schon lange toten Dichter gebührt, sondern eherden Librettisten, dem Komponisten und dem modernenZuschauer, der sie sich anhören muss. Wir erduldenvielleicht widerwillig 20 Minuten Ballettmusik, wennunsere Protagonisten psychologische Qualen erleiden,wir können uns mit weniger zufrieden geben als mitden Prachtkulissen, die noch 1868 erwartet wurden, undwir können mit Sicherheit einen Hamlet ohne philoso-

Eugène Delacroix: Hamlet und Horatio auf dem Friedhof (1839). Louvre, Paris

phische Grübeleien und eine gewisse Anzahl Leichenzum Schluss akzeptieren. Wie das? Die Antwort liegt inder Musik, die von Beginn bis zum Ende so unglaublicheinfallsreich ist.

Eine Neuedition dieser bedeutenden Oper ist drin-gend erforderlich, da alle vorhandenen Partituren aufdas Jahr 1860 zurückgehen. Die gedruckten Quellen, einePartitur und ein Klavierauszug, stimmen weder unter-einander noch mit dem Autograph überein, in beidenfehlen einzelne Szenen, darunter das alternative Fina-le, in dem Hamlet stirbt. Sowohl die umfangreichen Skiz-zen und Entwürfe als auch die autographe Partitur, diein der Bibliothèque nationale de France und der Biblio-thèque-Musée de l’Opéra liegen, stellen weiteres Mate-rial bereit, das zuvor nicht verfügbar war.

Hugh Macdonald(Übersetzung: Jutta Weis)

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[t]akteAlterssündeRossinis „Petite Messe Solennelle“ in derursprünglichen Fassung

Nur wenige Werke komponierte Rossini noch in sei-nen letzten Lebensjahren. Dazu zählt die „Petite Mes-se Solennelle“, die er privat aufführen ließ. Diesekammermusikalische Fassung mit zwei Klavierenund Harmonium ist in zwei Versionen überliefert. Siewerden nun erstmals in einer Edition präsentiert.

Rossini komponierte die PetiteMesse Solennelle überwiegend1863 in seiner Villa in Passy(damals ein Vorort von Paris). ImZusammenhang mit der Messe,dem wichtigsten Werk seiner spä-ten Pariser Jahre (1855–1868),spricht er von seiner „letzten alters-bedingten Todsünde“. Das autogra-phe Manuskript der Messe, das inder Fondazione Rossini in Pesaroaufbewahrt wird, enthält eine Wid-mung an Gräfin Louise Pillet-Willsowie zwei weitere Aufschriften,die sich direkt an Gott richten.

Diese Widmung lautet:

„Buon Dio, Eccola terminata questa po-vera piccola Messa. Ho scritto Musica

Sacra o piuttosto una Musica Maledetta? Ero nato per l’operacomica, tu lo sai bene. Non molta scienza un po’ di cuore,tutto qui. Sia Tu dunque benedetto e concedimi il Paradi-so.“

„Gütiger Gott. Hier ist sie, vollendet, diese ärmliche, kleineMesse. Habe ich Geistliche Musik geschrieben oder eherVerdammte Musik? Ich wurde geboren, um komische Opernzu schreiben, du weißt es nur zu gut! Nicht viel Wissen-schaft, ein kleines Herz, das ist alles. Sei gesegnet und ge-währ mir einen Platz im Paradies.“

Für zwölf Stimmen angelegt (vier Solisten, die auchgemeinsam mit dem Chor singen, und acht zusätzlicheChorsänger) und für zwei Klaviere und Harmonium ge-setzt, wurde die Messe mit einem geringfügig größerenChor am 14. März 1864 vor geladenem Publikum urauf-geführt. Hiermit wurde die Einweihung des prächtigen,neuen Heims des Grafen und der Gräfin Alexis und Lou-ise Pillet-Will in der Rue de Moncey 12 gefeiert. Rossiniwohnte dieser halböffentlichen Aufführung nicht bei,nahm aber am Nachmittag zuvor an der Generalprobevor einem kleineren Publikum teil.

Die Petite Messe Solennelle wurde im nächsten Jahrnoch einmal im Haus der Pillet-Wills aufgeführt. DieGeneralprobe wurde wieder an einem Sonntagnachmit-tag abgehalten, Rossini war anwesend. Die eigentlicheAufführung fand am nächsten Abend, dem 24. April1865, statt. Vokalsolisten, Instrumentalisten und Diri-gent waren dieselben wie 1864.

Dank des kürzlich entdeckten und sich immer nochim Besitz der Pillet-Will-Familie befindlichen Manus-kripts, wird nun deutlich, dass sich die Musik, die 1864und 1865 aufgeführt wurde, in vielerlei Hinsicht von derMusik unterscheidet, die wir heute von Rossinis auto-grapher Handschrift in der Fassung für zwei Klaviereund Harmonium kennen. Nicht nur, dass darin das So-pransolo „O Salutaris“ nicht enthalten ist, auch die er-

öffnenden instrumentalen Zwischenmusiken undNachspiele zu vielen Abschnitten sind kürzer, und ein-zelne Phrasen werden weniger stark betont. So fehlenbeispielsweise die ersten sieben, hoch chromatischenTakte des „Qui tollis“ im „Gloria“: Die Musik beginntsofort mit der wichtigsten Begleitfigur. Ebenso fehlt das20-taktige instrumentale Nachspiel zum „Quoniam“,mit seinen kunstvollen Modulationen in die Tonart des„Cum sancto spiritu“: Stattdessen beschließen zwei Tak-te auf der Tonika diesen Abschnitt. Der instrumentaleSchluss des Credo ist im Pillet-Will-Manuskript wenigerausgedehnt und rhetorisch nicht so eindringlich.Kurzum, das Werk wurde im wahrsten Sinne mehr imHinblick auf eine Aufführung als „Kammermusik“ ein-gerichtet. Die neue Bärenreiter-Ausgabe enthält beideFassungen, wobei die Pillet-Will-Fassung zum erstenMal veröffentlicht wird.

Als Rossini sich entschloss, die Messe zu orchestrie-ren, nahm er Revisionen vor. Auch wenn er vielleichtbereits kurz nach der Uraufführung über eine Orches-terfassung nachgedacht haben mag, gibt es keine Be-weise dafür, dass er diese Arbeit vor 1866 aufgenommenhat. Im April 1867 war das Werk vollendet. Nachdem erdiese Mühen auf sich genommen hatte, wollte er sicher-stellen, dass kein anderer eine weitere Orchesterfassungerstellen würde. So ließ der Komponist die autographenManuskripte beider Versionen der Petite Messe Solenn-elle verschwinden: die Version für zwei Klaviere undHarmonium (in der Form, die vermutlich der Orches-trierung zugrunde lag) und die Version mit großem Or-chester. Zu Lebzeiten erlaubte er keine weiteren Auffüh-rungen dieser beiden Versionen.

Die Musik, die er ursprünglich für die Pillet-Willskomponierte, ist heutigen Interpreten nun wieder zu-gänglich. Philip Gossett

(Übersetzung: Jutta Weis)

Gioachino RossiniPetite Messe Solennelle. Fassungen für zweiKlaviere und HarmoniumHrsg. von Patricia B. Brauner und Philip GossettWorks of Gioachino Rossini, Band 2.Bärenreiter-Verlag. Partitur Leinen, KritischerBericht (bereits erschienen); Dirigierpartitur,Klavierauszug und Stimmen erscheinen imMai 2010.

Works of Gioachino Rossini: Die nächsten Bände:– Music for Band (Ende 2010)– La cambiale di matrimonio (2011)– Songs for voice and piano (2011)

Gioachino Rossini

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1I2010Methusalemliebt PulcinellaDie turbulente Operette „Prinz Methusalem“von Johann Strauss

Ende April wird „Prinz Methusalem“ an der Staats-operette Dresden Premiere haben. Es ist die ersteAufführung nach der Neuedition aus der NeuenJohann Strauss Gesamtausgabe. Mit ihr ist die cha-otische Quellenlage geklärt.

Prinz Methusalem ist Strauss’ fünfte Operette, kompo-niert 1876 im Anschluss an die großen Erfolge der Fle-dermaus und des Cagliostro in Wien.

Nachdem eine Aufführung der Fledermaus in Parisam Widerstand der Textdichter Meilhac und Halévy ge-scheitert war, konnte Johann Strauss nur mit La ReineIndigo, der von Wildér und Delacour verfassten franzö-sischen Fassung seines Operettenerstlings, an der Sei-ne reussieren. Diesen Erfolg erhoffte er, mit Prinz Me-thusalem zu steigern. Die neue Operette sollte in fran-zösischer Sprache komponiert und in Paris zur Urauf-führung gebracht werden. Das Wiener Carltheater woll-te das Stück nachspielen. Zu einer Aufführung in Parissollte es allerdings nie kommen. Das Stück wurde da-her eiligst ins Deutsche übersetzt und am 3. Jänner 1877am Carltheater herausgebracht.

Zum Inhalt: Eigentlich ist für die beiden Herrschervon Rikarak und Trocadero alles ganz einfach: PrinzMethusalem von Rikarak soll Pulcinella, Tochter desFürsten von Trocadero, heiraten, die Länder werden ver-einigt und die Zukunft ist gesichert.

Doch als ganz so einfach erweist sich die Realitätnicht: Methusalem und Pulcinella verlieben sich nichtnur ineinander, sondern sie beginnen auch noch, ihre

eigenen Wünsche durchzu-setzen. Und die sehen völliganders aus als die Pläne derVäter. Als dann auch nochin beiden Ländern die Be-völkerung revoltiert, kom-men die beiden Herrscherin eine missliche Lage …

Die wenigen erhaltenenSeiten von Strauss autogra-pher Partitur spiegeln diechaotische Planung wider.Einen Teil der Nummernkomponierte Strauss aufdie französischen Verse. Wodie Librettisten mit der Lie-ferung des Textes säumigwaren, trug Strauss ledig-lich die als Violinstimmekonzipierte Melodie ohneText in die Singstimmenein. Zu guter Letzt wurdedas Ganze mit der deutschen Übersetzung unterlegt, diehäufig nicht auf den Gestus der bereits komponiertenMusik passte.

Die mit der Abschrift der Partitur betrauten Kopistenwaren nicht in der Lage, diese Widersprüche zu lösen,was zu einer Unzahl von Ungereimtheiten in der einzi-gen vollständigen Partiturabschrift führte. Der Erst-druck des Klavierauszuges interpretierte die Unklarhei-ten auf andere, ebenso widersprüchliche Weise undträgt daher zur Klärung der Missverständnisse nicht bei.Dass an dem Werk bis zur Uraufführung und auchdanach noch mehrere Umarbeitungen vorgenommenwurden, erhöht die Komplexität der Probleme nochmals.

Mit der kritischen Gesamtausgabe ist es nunmehrgelungen, die Widersprüche aufzulösen und die einzel-nen Fassungen als Fassung A, Fassung B und Fassung Czu definieren, die in der für die Neue Johann Strauss Ge-samtausgabe üblichen Form (siehe den in der Partiturabgedruckten Fassungsartikel) in der Partitur darge-stellt sind. Damit konnte eine bezaubernde Musik, ausder Strauss später solche Highlights wie den BanditenGalopp RV 378 oder den Walzer O schöner Mai RV 375gestaltete, in quellenkritischer und zugleich spielbarerForm vorgelegt werden.

Erschienen ist die Neuausgabe in Form von Partitur,Klavierauszug und Orchesterstimmen in allen Fassun-gen des Werkes. Michael Rot

Johann StraussPrinz Methusalem. Operette in 3 Akten von Victorvan Wildér und Alfred DelacourDeutsch von Carl TreumannHrsg. von Michael Rot. Neue Johann StraussGesamtausgabeErstaufführung nach der Neuausgabe: 23.4.2010Staatsoperette Dresden, Musikalische Leitung:Ernst Theis, Inszenierung: Adriana AltarasPersonen: Sigismund, Fürst von Trocadero (Tenor),Pulcinella, seine Tochter (Sopran), Vulcanio,Zeremonienmeister (Tenor), Carbonazzi, Conceils-Präsident (Bass), Cyprian, Herzog von Ricarac(Bariton), Sophistika, seine Gattin (Mezzosopran),Methusalem, deren Sohn (Tenor), Trombonius,Komponist (Tenor), Mandelbaum, Abgesandtervon Ricarac (Bariton), Feuerstein, Abgesandter vonRicarac (Bariton), Nachtwächter (Bariton), 4 Bravos(Banditen; 2 Tenöre / 2 Bässe), Gasparo, Wirt(Bariton), Spadi, Wachtmeister (Tenor)Orchester: 2,2,2,2 – 4,2,3,0 – Pk, Schlg – StrVerlag: Strauss Edition Wien, Vertrieb: Alkor

Noch kein Methusalem: Johann Strauss

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[t]akte

Mit der kritischen Neuausgabe der Oper Pique Dame istes gelungen, erstmals alle Fassungen des Werkes in ei-nem Band schlüssig darzustellen. Da Tschaikowskys au-tographe Partitur derzeit nicht zugänglich ist, beruhtdiese Ausgabe auf den Erstdrucken der Partitur und desvom Komponisten selbst arrangierten Klavierauszuges,beide erschienen 1891/92 im Verlag Jurgenson. Allebereits publizierten und damit bekannten Details derautographen Partitur wurden in die kritische Revisionmit einbezogen.

Die dargestellten Unterschiede der Fassungen be-schränken sich nicht auf die bekannte Transposition vonHermanns Arie im letzten Bild der Oper, sie umfassenvielmehr vor allem Tschaikowskys Überarbeitung derTempoangaben. Daneben konnte aber auch das eineoder andere interessante Detail neu eruiert werden. Zu-sätzlich wurden Abweichungen zwischen den Fassun-gen festgestellt.

Die abweichenden Fassungen sind, wie in der Ver-lagsgruppe Hermann üblich, im selben Ablauf darge-stellt und mit Sprungzeichen versehen.

In neuem LichtTschaikowskys „Pique Dame“ erstmals in einerkritischen Ausgabe

In Michael Rots Neuausgabe von Peter TschaikowkysMeisteroper „Pique Dame“ sind erstmals alle Fassun-gen des Werks in einem Band zusammengeführt.Viele Details erscheinen in einem neuen Licht undermöglichen so quellenbasierte Aufführungen.

Über die Darstellung der Fassungen hinaus führteneine grundlegende Analyse des Werkes und der Ver-gleich mit zugänglichen Handschriften anderer Werkedes Komponisten zu einer Neubewertung seines Kom-positionsstils und den damit verbundenen Eigenheitenseiner Notation. Die daraus resultierenden Erkenntnis-se lassen viele Details der Partitur in neuem Licht er-scheinen. Dynamische Angaben und Phrasierung wur-den auf Basis der Analyse einer kritischen Revision un-terzogen, tradierte Schreib- und Druckfehler wurdenkorrigiert.

Die kritische Neuausgabe von Pique Dame liegt alsPartitur aller Fassungen mit kongruentem Klavieraus-zug und Orchesterstimmen vor. Partitur und Klavieraus-zug sind in russischer Originalsprache mit Transkrip-tion in deutscher Lautschrift gesetzt.

Michael Rot

Peter TschaikowskyPique DameOper in drei Akten op. 68 (1890). Libretto: ModestTschaikowsky (nach Alexander Puschkins gleich-namiger Novelle von 1833). Hrsg. von Michael Rot(Kritische Neuausgabe)Personen: Gräfin (Mezzosopran), Lisa (Sopran),Paulina (Alt), Gouvernante (Alt), Mascha (Sopran),Hermann (Tenor), Graf Tomski (Bariton), FürstJeletzki (Bariton), Tschekalinski (Tenor), Surin(Bass), Tschaplitski (Tenor), Narumov (Bass),Zeremonienmeister (Tenor); Chor/Statisterie:Wärterinnen, Gouvernanten, Ammen, Spieler,Kinder, Ballett: Amor, Hymen, Schäferinnen,SchäferOrchester: 3(Picc),2(Eh),2,BKlar,2 – 4,2,3,1 – Pk,Schlg– Hfe – Klav – Str; Bühnenmusik: KinderTrp,KinderTr,Trp,TrVerlag: Musikverlag Hermann, Vertrieb: Alkor

Peter Tschaikowsky

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Das Weib und das WasserLeoš Janáčeks Sinfonie „Die Donau“

Aus dem kompositorischen Umfeld von „KatjaKabanova“ stammt Leoš Janáčeks Fragment einerSinfonie „Die Donau“. Nicht um eine musikalisch-pittoreske Ausmalung einer Flusslandschaft geht esdem Komponisten hier, sondern um die mythischeVerbindung von Frauenschicksalen und Wasser.

„Lichtgrüne Wellen der Donau! Es sind ihrer so viele undeine neben der anderen. Sie halten sich ineinander ge-hakt. Sie wundern sich, wo sie hingeraten sind: an tsche-chisches Ufer! Sieh ihnen stromabwärts nach und duhast den Eindruck, dass sie in ihrer Eile nachlassen. Esgefällt ihnen hier. Hierauf stütze ich mich mit meinerSinfonie.“ So beschreibt Leoš Janáček die Idee eines Kom-positionsprojekts, das ihn 1923/24 beschäftigte. Jedochblieb es nach weiteren Arbeiten 1926 unvollendet lie-gen. Seine „Sinfonie“ mit dem Titel Die Donau ist als fort-laufend notiertes, viersätziges Skizzenkonvolut in Par-titurform überliefert. Sie gehörte zu den Werken, die ihnbis zu seinem Tod beschäftigten. Die nun publizierte kri-tische Rekonstruktion der beiden Brünner KomponistenMiloš Štědroň und Leoš Faltus orientiert sich eng am ur-sprünglichen Manuskript.

Ein ganzes Konglomerat von Motiven steht hinter demunvollendeten Werk: Was zunächst wie ein Gegenstückzu Smetanas Die Moldau wirkt, entpuppt sich eben nichtals ein musikalisches Bilderbuch der Donau. Vielmehrdurchzieht die schicksalhafte Verbindung von Frauen-geschicken, Wasser und Tod die Motivwelt des Stücks.

Es scheint kein Zufall zu sein, dass Janáček im Um-kreis der Oper Katja Kabanova, in der die Wolga als tod-bringender Strom eine fast mythische Rolle spielt, eineDonau-Sinfonie plante und diese inhaltlich mit Frauen-schicksalen verband: In den Skizzen fanden sich zweiGedichte, die Anregung für mehrere Sätze der Sinfoniegegeben haben. In die Partitur des zweiten Satzes ko-pierte er „Die Ertrunkene“ von Pavla Křičiková, worin einMädchen bemerkt, dass sie beim Baden in einem Teichvon einem Mann beobachtet wird. Voller Scham springtdie unbekleidete junge Frau ins Wasser und ertrinkt. DieEcksätze gehen ebenfalls auf das Poem einer tschechi-schen Dichterin zurück, „Lola“, von der unter dem Pseu-donym Alexander Insarov publizierenden Sonja Špálo-vá. Es handelt von einer Prostituierten, die sich wün-schen darf, was ihr Herz begehrt: Sie bekommt einenPalast, muss sich dann aber auf eine lange Suche nachihm machen und wird schließlich von niemandem mehrbegehrt. Sie leidet, friert und wünscht sich nur noch ei-nen warmen Ofen. Janáček fügt dem offenen Schlussseinen Vermerk „sie springt in die Donau“ hinzu.

Zu diesen konkreten literarischen Vorlagen kommtdie mündliche Überlieferung Adolf Veselýs, der berich-tet, der Komponist habe „in Dunaj das Weib mit all sei-nen Leidenschaften und Triebregungen“ porträtierenwollen. Der dritte Satz soll die Stadt Wien in Gestalt ei-ner Frau charakterisieren.

Offensichtlich ist, dass Janáček in seiner Kompositi-on keine naiven Naturlyrismen anstrebt. Der Fluss Do-nau ist im Slawischen männlichen Geschlechts – „tenDunaj“ – und hat im Volkstum eine beinahe mythischeBedeutung, ja oft auch eine todbringende Rolle. Die vierSätze sind motivisch konzipiert. Klangmalerische Ele-

Leoš JanáčekDie Donau. Sinfonie (1923–1928)Hrsg. von Miloš Štědroň und Leoš Faltus. CompleteCritical Edition of the Works of Leoš Janáček H/3Besetzung: Solo-Sopran – 4,2,Eh,3,BKlar,2,Kfag –4,0,3,1 – Pk – Hfe – Str (mit Viola d’amore solo)Dauer: ca. 17 MinutenVerlag: Editio Bärenreiter Praha, Aufführungsma-terial leihweise

mente, kleine wellenartige Figuren im ersten Satz, mo-torisch stampfende Bewegungen im dritten sind offen-kundige Evokationen von Wasser. Und auch die inhalt-liche, die literarische Ebene lässt sich mühelos entde-cken. Das „Tremolo der vier Pauken“, das zu Janáčeksersten Inspirationen zählte, bezieht sich auf den zwei-ten Satz. Unschwer lässt sich darin das Geschick der er-trinkenden Badenden nachvollziehen. „Lamentoso“setzt gegen Ende des Satzes die Oboe über tremolieren-den Pauken ein, ihre sinkende Figur wird von der Flöte,dann den hohen Streichern übernommen und abgrün-dig gesteigert. Das Motiv des Ertrinkens – Lolas Verzweif-lung – kehrt im vierten Satz in der Klarinette wieder,bevor das Werk schroff und dramatisch endet.

Ein besonderer Effekt ist der Einsatz einer Sopran-stimme im motorisch getriebenen dritten Satz, derenVokalisen meist parallel mit der Solooboe geführt sind,aber auch in Dialog mit anderen Stimmen gesetzt wird,sowie der Viola d’amore, die Janáček in mehreren Spät-werken als eine Art „Stimme der Liebe“ einsetzte.

Marie Luise Maintz

(Foto: rachel/www.photocase.com)

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[t]akteKlarheit und Einfachheit waren wichtige Leitlinienfür Giselher Klebe, der im Oktober verstarb. SeineArbeiten, im Zentrum die Opern, waren von einerundogmatischen, aber kritischen Weltsicht geprägt.Als Lehrer war er hoch geschätzt. Eine Erinnerungan einen Großen des 20. Jahrhunderts.

Das Wichtigsteist die MelodieErinnerung an Giselher Klebe (1925–2009)

Am 5. Oktober 2009 ist Giselher Klebe nach schwererKrankheit in Detmold verstorben. Seit Mitte der 1960er-Jahre hatte er seine Werke dem Bärenreiter-Verlag zurPublikation anvertraut, eine nicht alltägliche, über vierJahrzehnte andauernde Zusammenarbeit an einemrund 150 Opusnummern zählenden Œuvre, das neben14 Opern und acht Sinfonien zahlreiche konzertanteWerke sowie Kompositionen aller Gattungen umfasst.

Giselher Klebe wurde 1925 in Mannheim geboren undstudierte in Berlin bei Josef Rufer und Boris Blacher. 1950gelang ihm mit dem Orchesterwerk Die Zwitscherma-schine nach dem gleichnamigen Bild von Paul Klee einerster großer Erfolg bei den Donaueschinger Musikta-gen. Die Kritik stufte seine Oper Die Räuber nach Schil-lers Drama 1957 als „stilistisch konsequenteste und ori-ginellste Opernpartitur“ seit Bergs Wozzeck und Schön-bergs Moses und Aaron ein. Im gleichen Jahr wurde Kle-be als Nachfolger von Wolfgang Fortner Dozent und ab1962 Professor für Komposition und Tonsatz an derHochschule für Musik in Detmold. Dieser Stadt, derenEhrenbürger Klebe war, blieb er treu, wenngleich ihnseine Liebe zu Italien immer wieder gen Süden gezogenhat.

Als hoch geschätzter Lehrer hat er vielen erfolgrei-chen Komponisten, darunter Matthias Pintscher, den erbereits als Jugendlichen in seine Meisterklasse aufge-nommen hatte, das notwendige Handwerkszeug unddie produktive Verunsicherung des kritischen Gesprächsvon Autor zu Autor mit auf den Weg gegeben. Im per-sönlichen Umgang zeichnete sich Klebe durch eine be-sondere Liebenswürdigkeit und Geradlinigkeit aus.

Klebe vertrat einen ausgesprochen undogmatischenästhetischen Standpunkt: „In meiner Musik kannte ichnur eine Leidenschaft: die zur Klarheit, zu der mir größt-möglichen Einfachheit. Im Zentrum meiner Arbeit stehtdie Oper, ausschließlich konzentriert auf die Form, in derder singende Mensch im Mittelpunkt steht.“ Wie weitdie Gattung Oper für Klebe auf anderes ausstrahlt, gehtaus einem Gespräch über das konzertante Genre hervor:„Für mich ist ein Konzert immer – insofern spielt dieOper auch dort hinein – von Anfang an ein dramatischerDialog.“

Ungefähr im gleichen Alter, in dem Verdi seinen Fal-staff schuf, schrieb Klebe 2007 den heiteren DreiakterChlestakows Wiederkehr nach Gogols Der Revisor, derim Landestheater Detmold sehr erfolgreich das Licht derWelt erblickte. Am Ende singt das komplette Ensemble– ganz im Sinne Verdis – „Die ganze Welt ist ein Toll-haus!“

Warum erst so spät eine heitere Oper? „An sich istMusik weder heiter noch traurig, sie ist – ganz nüchtern

formuliert – ein klingender Vorgang, der vielleicht durchbeigefügte Texte zu dem wird, das wir als ,heiter‘, ,trau-rig‘ oder was auch immer bezeichnen. Warum es so ist,vermag ich nicht zu beantworten, doch scheint es offen-sichtlich leichter zu sein, ein elegisches, trauriges Stückzu komponieren als ein heiteres. Das mag auch daranliegen, dass es nicht so viele komponierbare heitere Tex-te gibt. Besonders hier muss man den gesungenen TextSilbe für Silbe verstehen können. Es gehört mit zu denschwersten Aufgaben, einen Text so zu komponieren,dass er auch gesungen verstanden werden kann.“

Am Ende jenes Gesprächs griff Klebe überraschendzu seinem Portemonnaie, um mit großer Vorsicht einschon leicht brüchig gewordenes Papier herauszufin-gern. Auf dem Zettel, den Klebe ganz offensichtlichschon seit vielen Jahren bei sich getragen hatte, war eineMaxime des Komponisten Darius Milhaud zu lesen: „DasWichtigste ist das Vitale, die Melodie, die leicht zu be-halten sein, gesummt und auf der Straße gepfiffen wer-den muss. Ohne dieses fundamentale Element kann dieTechnik in der ganzen Welt nur ein toter Buchstabesein.“

In den letzten Monaten seines Lebens beschäftigteihn – wenn es seine Krankheit zuließ – sein fragmenta-risch hinterlassenes Opernprojekt nach Ödön von Hor-váths Die Unbekannte aus der Seine. Bezeichnend sinddie letzten Worte, die Giselher Klebe vertont hat (es gehtum eine Rose, die die Unbekannte kaufen möchte). DieUnbekannte: „Nur eine. Bei uns draußen wächst dasüberall. Besonders ist da so ein schmaler Weg, der führtzum Friedhof, wo die weißen Blumen blühen.Manchmal sehne ich mich zurück.“ – „Nach dem Fried-hof?“ Michael Töpel

Im Süden: Giselher Klebe (Foto: Sonja Klebe)

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1I2010Drei neue kammermusikalische Werke vonMiroslav Srnka erleben im Frühjahr ihre Urauffüh-rung: „Coronae“ für Solohorn, „Tree of Heaven“ fürStreichtrio bei den Wittener Tagen für neue Kam-mermusik und „Escape Routines“ für Klarinette,Streichtrio und Harfe beim Prager Frühling.

HimmelsbäumeNeue Kompositionen von Miroslav Srnka

Ein Horn,Ein Horn,Ein Horn,Ein Horn,Ein Horn, surreal und vir surreal und vir surreal und vir surreal und vir surreal und virtuostuostuostuostuos

Der Titel Coronae spielt mit dem Wortstamm des Instru-mentennamens „cor“ und suggeriert zugleich Bildervom schimmernden Gold einer Krone, vom Kranz einerSonnenfinsternis – also einem fast unwirklichen Leuch-ten in weiter Ferne. Miroslav Srnkas Komposition fürSolohorn setzt mit verdeckten, weit entfernt klingendenLinien ein. Das Tonmaterial der gesamten Kompositiongewinnt Srnka aus den Obertönen der dritten Oktave,einer eigentümlichen Skala, die mit einer großen Sekun-de beginnt und mit einer kleinen endet. Aus den Linienim vierfachen Pianissimo gehen stärker rhythmisierteBewegungen hervor, tropfend wie Wasser – auch hierheißt die Anweisung „surreal“, bis dann virtuose Kas-kaden das Geschehen in die Nähe holen. Srnka interes-sierte in diesem Stück die klangliche und stilistische„Freiheit“ des Instruments, im Sinne einer natürlichenTongebung: „Unter den Blechinstrumenten ist das Horndas freieste oder natürlichste, da es im Klang am we-nigsten vom wuchtigen romantischen Instrumenten-bau belastet ist, so dass immer das Naturinstrumentdurchscheint.“ Und so kombiniert Srnka die Obertonrei-he über verschiedenen Fundamenttönen und in wech-selnden Registern für eine eigene, spannende Melodik,die fern ist von jeglicher bekannten Semantik, geheim-nisvoll wie ein Scheinen am fernen Himmel. Das Stückist dem Andenken an Milan Slavický gewidmet, den2009 verstorbenen Lehrer Miroslav Srnkas.

PsyPsyPsyPsyPsychochochochocholllllogie einer Dreierbeziehogie einer Dreierbeziehogie einer Dreierbeziehogie einer Dreierbeziehogie einer Dreierbeziehungungungungung

„Das Wesentliche am Streichtrio ist für mich die Indivi-dualität der jeweiligen Stimme, anders als im Streich-quartett, das schon ein homogenes Ensemble bildenkann“, sagt Srnka über die Besetzung seines neuenWerks für Violine, Viola und Violoncello. Während esihm im Streichquartett und zuletzt in seinem Klavier-quintett pouhou vlnou um einen Klangstrom ging, umdie Homogenität des Gesamtklangs, macht er in Tree ofHeaven das solistische Prinzip zum Konzept: Die Wel-ten dreier Personen treffen aufeinander und werden imKlang abstrahiert, drei Individuen interagieren, jedeshat seine Stimme. Mithin ist Tree of Heaven ein Stücküber die Psychologie einer Dreierbeziehung – ein Ge-spräch von drei Charakteren mit einem spezifischenSpannungsverlauf. Und über diesen gibt der Titel Aus-kunft: „Es ist ein Baum, den es in China überall gibt. Ei-gentlich ist es paradox, dass der Himmelsbaum einePflanze ist, die überall auf dem Land wächst. Etwas Fried-liches, das sich anbietet, nur gesehen werden muss – unddas die Instrumente in ihrem Gespräch lange nicht ,se-hen‘. Diese Bäume sind allgegenwärtig in Peking, wo icham 4. Mai 2009 das Stück angefangen habe.“

WiederhoWiederhoWiederhoWiederhoWiederholllllungen in schlungen in schlungen in schlungen in schlungen in schleichendem Zereichendem Zereichendem Zereichendem Zereichendem Zerfallfallfallfallfall

In Escape Routines für Klarinette, Harfe und Streichtrio,das Miroslav Srnka im Auftrag der Terezín ChamberMusic Foundation für den Prager Frühling komponiert,herrscht ebenfalls eine Dreierkonstellation: Die Vokali-tät der Klarinette, die Körperlichkeit des Streichtrios unddie Fülle des Harmonieinstruments Harfe werden in ei-nen Ablauf eingebunden, in dem es um Rituale, Wieder-holungsstrukturen geht. „Dieses Stück handelt von derEnergie dessen, was wiederkehrt und doch nie das Glei-che ist. Und es geht schließlich um das Zerbrechen die-ser Wiederkehr, die Erfüllung des Erwarteten oder auchum die Überraschung“. Das Durchbrechen des Bekann-ten ist ein Vorgang, der Katastrophe oder Aufbruch seinkann. Mithin operiert Srnka hier mit Wiederholungen,die schleichend vom Zerfall unterminiert werden undschließlich in einen vollständigen Bruch führen: „DieSicherheit des Verlässlichen geht verloren, und es wirdeine Freiheit gewonnen, die aus einem Zerbrechen vonZwängen gewonnen wird und die anfangs nicht denk-bar war. Mir geht es gerade um die Schönheit des Zer-falls.“ Marie Luise Maintz

Miroslav Srnka – aktuell

Im Rahmen eines Fellowships von AldeburghMusic erarbeitet Srnka zusammen mit dem austra-lischen Regisseur Matt Luttoneine abendfüllende Kammer-oper nach dem Sujet von IsabelCoixets Film The SecThe SecThe SecThe SecThe Secret Life ofret Life ofret Life ofret Life ofret Life ofWWWWWororororordsdsdsdsds. +++ CoronCoronCoronCoronCoronaeaeaeaeae für Solohornwurde von Saar Berger im Kon-zert „30 Jahre Ensemble Modern“in der Alten Oper Frankfurt ur-aufgeführt (16.3.2010). +++ Für dieWittener Tage für neue Kammer-musik komponiert Miroslav Srn-ka das Streichtrio Tree of Hea- Tree of Hea- Tree of Hea- Tree of Hea- Tree of Hea-vvvvvenenenenen, das von Ernst Kovacic, Ste-ven Dann und Anssi Karttunengespielt wird (25.4.2010). +++ AlsAuftrag der Terezín ChamberMusic Foundation und des Festi-vals Prager Frühling 2010 komponiert Srnka EscaEscaEscaEscaEscapepepepepeRouRouRouRouRoutinestinestinestinestines für Klarinette, Violine, Viola, Violoncellound Harfe. Die Uraufführung in Prag spielen Tho-mas Martin (Klarinette), Si-Jing Hang (Violine),Mark Ludwig (Viola), Sato Knudsen (Violoncello)und Kateřina Englichová (Harfe) (28.5.2010).

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[t]akte

Ortloser Ort, zeitlose ZeitBeat Furrers Musiktheater „Wüstenbuch“ für Basel

Die Wüste steht im gedanklichen Brennpunkt vonBeat Furrers neuem Musiktheaterprojekt, das am15. März in Basel uraufgeführt wurde – die Wüsteals Ort des vollkommen Fremden, des Nicht-Seins,der Erinnerungslosigkeit, des Todes. Beat Furrer öff-net Fenster zu diesem „ortlosen Ort“.

Die WDie WDie WDie WDie Wüste – Flüste – Flüste – Flüste – Flüste – Fluchuchuchuchuchtpunkt und Projektitpunkt und Projektitpunkt und Projektitpunkt und Projektitpunkt und Projektionsflächeonsflächeonsflächeonsflächeonsfläche

Alles ist anwesend. Das Drama ist bereits passiert. Mitdramatischen Konzeptionen der Gleichzeitigkeit arbei-tet Furrer seit dem Musiktheater Begehren (2003). DieVorstellung der auf einen Moment komprimierten Er-zählung wird musikalisch in einer komplexen Matrixkomponiert, die gleichsam in Raum und Zeit projiziertwird, Linienfiguren und Bewegungsmodelle, die über-einander gelagert und durch Filter hervorgeholt oderausgeblendet werden. Ein poetisches Bild dafür wurdein Fama (2005) titelgebend: das Bild der mythischen Fi-gur, in deren Haus alle Geschichten der Welt widerklin-gen, ist eine Metapher für das Komponieren und form-gebend für die Konstruktion des musikalischen Erzäh-lens. Mit Wüstenbuch erhält dieses gleichzeitig Anwe-sende allen Geschehens, man könnte auch sagen: Ewi-ge, das Beat Furrer im Übereinanderlegen von textlichenund klanglichen Schichten komponiert, eine neueBildlichkeit. Die Wüste ist Symbol für alles, was nichtist, eine negative Projektionsfläche und ein Fluchtpunktgleichermaßen.

In Wüstenbuch setzt sich die Erzählung einer Reisein die Wüste aus verschiedenen Textschichten zusam-men: Szenen aus Ingeborg Bachmanns gleichnamigemFragment, verschränkt mit einem Text und Szenario vonHändl Klaus und weiteren Texten von Lukrez, Macha-do, Valente, Apuleius und dem Papyrus Berlin 3024.Keimzelle für Furrers Arbeit an Wüstenbuch waren alt-ägyptische Texte, auf die der Ägyptologe Jan Assmannden Komponisten aufmerksam machte. In die Kompo-sition eingeflossen ist schließlich der berühmte Papy-rus Berlin 3024, das „Gespräch eines Mannes mit seinemBa“. Die diesseitige Seele, Ba, die den Menschen zu Leb-zeiten begleitet und ihn im Tod verlässt, diskutiert mitihrem „Ich“, das in größter Verzweiflung von seiner Ein-samkeit berichtet, und versöhnt es mit der Vorstellungvom Tod. Das Gespräch mündet in eine hochpoetischeVision vom Tod als Heimkehr. „Der Tod steht heute vormir, wie wenn ein Kranker gesund wird …“ Die Fragenach dem Tod, der für die Ägypter gleichbedeutend mitdem Vergessen ist, und dem ganz Fremden ist eine derSchichten der Komposition. Die Angst vor dem Verges-sen ließ jene Hochkultur entstehen, deren Monumenteheute noch für uns sichtbar sind – das Reich des Todes,von den Ägyptern auf der westlichen Seite des Nils an-gesiedelt.

Ingeborg Bachmann stellte in einem „Wüstenbuch“betitelten Konvolut Szenen einer 1964 unternommenenReise nach Ägypten zusammen und plante, diese mitEindrücken aus der Großstadtwüste Berlins zu ver-schränken. In weiteren Fassungen werden die Erlebnis-se immer wieder neu ausgearbeitet, etwa einem „Ägyp-tische Finsternis“ überschriebenen Kapitel des Frag-ments Der Fall Franza, und sind Teil ihres großen Ro-

manprojekts Todesarten. Darin werden die „Fälle“ vonFrauen aufgerollt, die im scheinbaren Schutz einer Eheoder Beziehung von ihren Partnern zerstört werden.Bachmann reiste als Kranke, Versehrte, in der Folge desBruchs mit Max Frisch gedemütigte und beinahe zer-störte Frau. Ihre Reise in die Wüste hatte Züge einer Läu-terung und Rückkehr ins Leben. Das dokumentieren Sze-nen wie ihre Reise nach Wadi Halfa im Sudan, unmit-telbar bevor die Stadt für den Assuan-Staudamm geflu-tet wurde, wo ihr elementare Erfahrungen wie Hunger,Durst, ein schweigendes Essen mit anonymen Wohltä-tern ihre Lebendigkeit bewusst machten. Vor allem aberwar ihre Reise eine Begegnung mit Phantomen undOpfern: Die als Leichenschändung empfundene Ausstel-lung von Mumien im Ägyptischen Museum, die Schil-derung einer wahnsinnigen Frau, die wie ein Tier amStrick an ihren eigenen Haaren durch die Stadt gezogenwird, die Begegnung mit dem Phantom am SchwarzenMeer: „Ägypten ist voll zerbrochener Gottesvorstellun-gen …“

NahNahNahNahNahtstelltstelltstelltstelltstelle zwischen Diesseie zwischen Diesseie zwischen Diesseie zwischen Diesseie zwischen Diesseits und Jenseits und Jenseits und Jenseits und Jenseits und Jenseitststststs

Eine weitere Folie von Wüstenbuch ist ein Libretto, dasvon Händl Klaus ausdrücklich als „Geröllhalde“ für BeatFurrer geschaffen wurde. Die Äußerungen finden, soHändl Klaus, gedanklich „an einer Membran zwischenDies- und Jenseits“ statt, in stets größter Bedrohung, Ge-fährdung, hoch gespannt und in gleißender Hitze emp-funden. „An dieser Nahtstelle zwischen Diesseits undJenseits ergibt sich unbedingte Kommunikation – dieSeele ist ‚wesentlich‘ geworden, man ist in einen ‚ent-zündlichen Zustand‘ geraten. Und so ist auch die Spra-che von diesem Empfinden des Drüben an die ‚Grenze‘getrieben, durchlässig.“ Die Dialoge sind ein stark rhyth-misiertes Ineinander von Sätzen oder Satzfragmenten.Die Sprecherinnen nehmen einander das Wort aus demMund. Die Sätze der Männerstimme sind syntaktischverschraubt wie ausformulierte Gedankenwindungen.Die Temperatur der Texte ist hoch, sie sprechen von derGefahr, verwundet zu werden, und von extremen Sin-nesempfindungen: „Mein Gesicht liegt wund, meinMund öffnet sich nicht mehr …“ (Szene VIII).

„Auf der Suche nach dem Fremden, das es eigentlichnicht mehr gibt“, so umreißt Beat Furrer das Thema vonWüstenbuch. „Der Nächste ist der Fremde, der neben Dirwohnt. Aber den Fremden im Sinne von einem Bewoh-ner des anderen Raumes gibt es nicht mehr. Die Wüsteist der Zerfall dieser Struktur, der Nicht-Ort. Der Ort wirdaufgelöst durch das ständige Reisen heute. Für dieseOrtlosigkeit ist die Wüste eine Metapher, für die Auflö-sung sozialer Strukturen. Es war schon bei den Alten so,dass sie den Nicht-Ort, den Tod, auf der anderen Seitedes Nils in der Wüste gesehen haben. Für uns ist es das

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absolute Vergessen sozialer Verantwortung und Struk-turen, die Zerstörung des Raumes. … Immer wieder dieVersuche, sich zu erinnern. In dieser Wüste gibt es eini-ge Fragmente einer vergangenen stabilen Kultur, diediese Raserei und Geschwindigkeit noch nicht gekannthat. Das sind nur noch Fragmente, die wir versuchen, zuentziffern. Die Protagonisten versuchen, etwas zu ent-ziffern, zu lesen, was nicht mehr lesbar ist.“

Als eine Art inneres Szenario von Wüstenbuch kannman eine Reise in zwölf Etappen sehen. Menschen aufder Suche nach dem Fremden, nach den Ursprüngen derKultur, begegnen den Fantasmen der Vergangenheit. DieKomposition vollzieht sich als eine Entwicklung hin zumäußersten Vergessen: Sie gipfelt im Ausgesetztsein in derWüste und dem Verlust jeglicher Erinnerung und imZerfall des Identitätsgefühls. Das Subjekt ist ausgelöscht,Teil eines abstrakten Kosmos, in dem physikalische Teil-chen einen Tanz von Anziehung und Abstoßung voll-ziehen. Im Abgesang scheint die ferne Utopie von einembloßen Miteinander, Menschsein auf.

Doppelgängerfiguren, Phantome gehören zum Per-sonal von Wüstenbuch, musikalisch thematisiert imSpannungsfeld von Gesangs- und Sprechstimme. Mu-sikalischer Prozess ist eine Entwicklung vom Gesproche-nen und dem instrumentierten Gesungenen, also derAbwesenheit der Stimme, über die Kombination vielfäl-tiger vokaler Formen bis hin zum reinen solistischenGesang. Impliziert das Bild der Reise in die Wüste eineformale Prozessualität, so wirken die Szenen doch wieFenster, die sich auf ein Geschehen öffnen. Zeit, dasNacheinander von Ereignissen wird gleichsam verräum-licht. Insofern ist der Blick in ein Haus oder Hotel, dasdie Uraufführungsinszenierung von Christoph Martha-ler eröffnet, ein kongeniales Bild.

„Xenos I„Xenos I„Xenos I„Xenos I„Xenos IIIIIII“:I“:I“:I“:I“: V V V V Versuch über das Fremdeersuch über das Fremdeersuch über das Fremdeersuch über das Fremdeersuch über das Fremde

Im Zentrum des kompositorischen Interesses von BeatFurrer steht „der Weg vom Sprechen zum Singen, derRaum zwischen Sprache und Stimme“. In Xenos III fürStreicher und Schlagzeug, das vom Ensemble Resonanzin Wien uraufgeführt wurde, komponiert Furrer die „In-strumentierung“ eines Textes von Händl Klaus, ein Er-gebnis von Sprachanalysen. Die klangliche Gestalt desTextes, der in sich rhythmisiert eine eigene Art von Me-lodie schafft, fließt in die Komposition ein. Der Strei-chersatz ist in einzelne Stimmen aufgefächert, das so-listische Schlagzeug, die Pauke, wird zum „Sprecher“ undihre Resonanzen gleichsam zu einer eigenen Aura fürden in sich verschränkten Satz. Ein weiterer Versuchüber das „Fremde“, wie die Übersetzung des griechi-schen Worts „Xenos“ lautet. Marie Luise Maintz

Die Zeit wird zum Raum. Szenenfoto aus der Basler Uraufführungs-inszenierung von Beat Furrers „Wüstenbuch“ (Foto: Judith Schlosser)

Beat Furrer – aktuell

Beat Furrers neues Musiktheater WWWWWüstenbüstenbüstenbüstenbüstenbuchuchuchuchuch nachTexten von Händl Klaus, Ingeborg Bachmann u. a.wurde am Theater Basel in der Regie von ChristophMarthaler uraufgeführt (15.3.2010). Bei MaerzmusikBerlin fand die deutsche Erstaufführung statt. (27./28.3.2010) +++ Bei den Wittener Tagen für neueKammermusik 2010 werden Xenos-Szenen fürXenos-Szenen fürXenos-Szenen fürXenos-Szenen fürXenos-Szenen fürChor und EnsemblChor und EnsemblChor und EnsemblChor und EnsemblChor und Ensembleeeee durch das Klangforum Wienanlässlich seines 25-jährigen Jubiläums aufgeführt(25.4.2010). +++ Das Ensemble Contre-champs spieltbeim Festival Acanthes in Metz „Lotófagos“-Szenen„Lotófagos“-Szenen„Lotófagos“-Szenen„Lotófagos“-Szenen„Lotófagos“-Szenenfür zwfür zwfür zwfür zwfür zwei Soprei Soprei Soprei Soprei Soprane und Ensemblane und Ensemblane und Ensemblane und Ensemblane und Ensembleeeee (3.7.2010). +++Beim Musikfest Berlin wird BegehrenBegehrenBegehrenBegehrenBegehren in einer kon-zertanten Fassung mit dem Ensemble Modern undder Schola Heidelberg aufgeführt (7.9.2010). +++ DieAlte Oper Frankfurt veranstaltet bei ihrem Festival„Auftakt 2010“ ein Komponistenporträt Beat Furrer.Die Junge Deutsche Philharmonie bringt dabei einNeues WNeues WNeues WNeues WNeues Werk für Orchestererk für Orchestererk für Orchestererk für Orchestererk für Orchester zur Uraufführung, dasEnsemble Modern spielt BegehrenBegehrenBegehrenBegehrenBegehren. Unter Leitungvon Hans-Klans Jungheinrich findet „Stimmen imRaum. Ein Symposion für und mit Beat Furrer“ statt(17.–26.9.2010). +++ Bei Kairos Music ist eine CD mitFurrers StreichquarStreichquarStreichquarStreichquarStreichquartett Nrtett Nrtett Nrtett Nrtett Nr..... 3 3 3 3 3 mit dem KNM Berlinerschienen.

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[t]akteOzeanische AbgründeDer Dichter des Bösen: Philipp Maintz und seineOper„Maldoror“

Mit den „Chants de Maldoror“ schuf Isidore Ducassealias Lautréamont eine Figur des absolut Bösen. InsZentrum seiner Oper „Maldoror“ für die MünchnerBiennale stellt Philipp Maintz den Konflikt zwischendem Dichter und dem von ihm selbst geschaffenenUngeheuer.

„Seine Seele brannte. Er entdeckte die Hölle in uns, dieHölle, die wir sind, die Hölle der Existentialisten. Vor ihmwar die Hölle der Literaten eine außermenschlich un-terweltlich lokalisierte Bühne, aus Kulissen des Schre-ckens errichtet. (…) Lautréamonts Hölle war nicht hypo-thetisch, sie brauchte die Kulisse nicht, sie war sein Sein,sein Leben und war der uferlose Ozean seines Denkensund seiner Wortmächtigkeit“ (Wolfgang Koeppen).Isidore Ducasse, der 1846 in Montevideo geboren wurdeund als Siebzehnjähriger nach Paris kam, gilt als „Groß-vater des Surrealismus“. Völlig abgeschnitten vom öf-fentlichen literarischen Leben schuf der junge Mannunter dem Pseudonym Lautréamont fünf Jahre lang sei-ne Chants de Maldoror, einen Roman oszillierender Bil-derfülle, deren groteske Gedankenwelt ihresgleichensucht, und die vom Haiweibchen, mit dem Maldoror ko-puliert, bis zum Haar Gottes reicht, das in einem Bordellgefunden wird. Dem Autor brachten sie erst im 20. Jahr-hundert Ruhm, als „schwarzer, zerschmetterter Erzen-gel von unsagbarer Schönheit“ (Maurice Maeterlinck).

„Für mich war von Anfang an klar, dass diese Operein hoch artifizielles Gebilde sein muss und eine gewis-se Hermetik hat. Bei der Arbeit an der Musik herrschtein meiner Empfindung eine kühl bläuliche Farbe vor. Eslag natürlich ein großer Reiz darin, eine Form für dieInhalte zu finden, die eine kaum zu überbietende Bru-talität haben, aber sprachlich unglaublich elegant da-

herkommen. Das war in meiner Vorstellung nur in einemabstrakt-artifiziellen Rahmen möglich“ (Philipp Maintz).

Wie lässt sich ein Stoff, der in überbordender Bilder-fülle Grässliches, Abstoßendes schildert, auf die Bühnebringen, noch zudem in der „schönen“ Kunstform Oper?

Das Böse aDas Böse aDas Böse aDas Böse aDas Böse auf der Bühneuf der Bühneuf der Bühneuf der Bühneuf der Bühne

Philipp Maintz und sein Librettist Thomas Fiedler schaf-fen eine spannungsreiche Konstellation: der DichterLautréamont (der ja wiederum eine Erfindung von Du-casse ist) gebiert mit Maldoror eine Figur, die das abso-lut Böse verkörpert. Maldoror trägt Züge von Mephisto,Erlkönig oder anderen Gestalten, die als Dämonen, Ver-führer, Zerstörer in der Literatur existieren. Lautréamontwird von seiner Figur zunehmend vereinnahmt undschließlich zerstört. In dem Moment, wo er sich vonMaldoror befreien will, bringt dieser ihn um.

Eine erzählende Instanz ist in den Maldoror-Gesän-gen vorhanden, die Fiedler und Maintz in einer „voix desoprano“ personifizieren. Sie schwebt in ihrer Vorstel-lung „auf einer Schaukel, wie auf einem Gemälde vonHieronymus Bosch, über der Szenerie “ und kommen-tiert letztlich innerlich unbeteiligt die Handlung. Sie istes auch, die jenen zentralen Ozeangesang formuliert, indem das Geschehen vorgezeichnet wird: Der Ozean alsabgründige ewige Instanz wird der menschlichen Na-tur entgegengesetzt. Das Bild von zwei Liebenden, diesich aufgrund einer Nichtigkeit entzweien, nimmt dasSpiel von Anziehung und Abstoßung zwischen Lautréa-mont und Maldoror vorweg. „Der Ozeangesang ist dieTrägerschicht, wie der Urschlamm, aus dem die Figurenentsteigen“, so der Librettist Thomas Fiedler. Der Haupt-handlung setzt er in Binnenszenen die Erzählung voneiner Familie entgegen, an der das Böse sich exemplifi-ziert: Ein Kind im Tuilerien-Park wird von Maldoror erstheimgesucht und zu Hause schließlich – unbemerkt vonseinen ins Gebet versunkenen Eltern – umgebracht. „Indieser Handlung wird das dem ganzen Stoff zugrunde-liegende Thema der Moralität, das in letzter Konsequenzauf die Frage nach der Theodizee zielt, anhand einer Er-zählung verdeutlicht, die in höchst empfindlicher Wei-se die Begegnung mit dem Bösen schildert. Es gibt kaumein größeres Verbrechen als das an der Unschuld einesKindes“ (Thomas Fiedler) .

Klare ZeichenKlare ZeichenKlare ZeichenKlare ZeichenKlare Zeichen

Die Oper begegnet der Bilderfülle und offenen Gestal-tung des Romans mit einer stringent konzipierten Formund nachvollziehbaren Geschichte. Auch die musikali-sche Gestaltung zielt auf klare Zeichnung. Nachdem daserste Bild dem Entstehen der Doppelfigur Lautréamont/

Philipp Maintz – aktuell

Philipp Maintz ist vom Beauftragten der Bundes-regierung für Kultur und Medien mit dem Stipen-dium der Deutschen Akademie Rom Villa Massi-Villa Massi-Villa Massi-Villa Massi-Villa Massi-momomomomo für 2010 ausgezeichnet worden. Zudem war er2009 Stipendiat der Akademie Solitude in Stutt-gart. +++ Philipp Maintz’ jüngstes Orchesterwerkarchiarchiarchiarchiarchipelpelpelpelpel wird bei ars musica in Brüssel vom Or-chestre Philharmonique du Luxembourg unter Ar-turo Tamayo aufgeführt (28.3.2010). +++ Bei derMünchner Biennale wird die Oper Maldoror Maldoror Maldoror Maldoror Maldoror nachLautréamont uraufgeführt. Die musikalische Lei-tung hat Marcus R. Bosch, die Inszenierung verant-wortet Georges Delnon (27.4.2010). Am Theater Aa-chen ist die Oper ab 8.5.und am Theater Basel ab14.10.2010 zu erleben. +++ Das Ensemble Alter-nance spielt im Goethe-Institut Paris die Urauffüh-rung eines Neuen WNeuen WNeuen WNeuen WNeuen Werkerkerkerkerks für Fls für Fls für Fls für Fls für Flöte,öte,öte,öte,öte, Klar Klar Klar Klar Klarinette,inette,inette,inette,inette,ViViViViVioooooline,line,line,line,line, Vi Vi Vi Vi Viooooollllloncelloncelloncelloncelloncello und Klao und Klao und Klao und Klao und Klavierviervierviervier (27.5.2010). DieDeutsche Erstaufführung ist am 5.6.2010 in Bre-men. +++ Das Fontana Mix Trio spielt die italieni-sche Erstaufführung von tourbill tourbill tourbill tourbill tourbillon.on.on.on.on. musik fürvioline, violoncello und klavier (2008) im Goethe-Zentrum Bologna, und anschließend in der VillaRomana Florenz (3./4.10.2010).

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Maldoror gewidmet ist, illustrieren die Bilder 3 und 5 dasIneinander von Faszination und Machtkampf der bei-den Figuren, das im siebten und letzten Bild im Mordan Lautréamont gipfelt. Diese Bilder sind musikalischauf Klangsinnlichkeit und Fülle angelegt, im Unter-grund des Orchesters bildet sich die Weite und Tiefe desOzeans ab. Lautréamonts Partie beginnt gesprochen.„Gesprochenes hat in der Oper den Ton des Unberühr-ten. Lautréamonts Rolle geht erst allmählich in Gesangüber, in dem Maße, wie er in seine Geschichte selbst ein-steigt, Teil der Welt wird, die er geschaffen hat, und diesich in den Wahnsinn hineinschraubt. Auch die Partiedes Kindes ist fast ausschließlich gesprochen“ (Maintz).

Die Binnenerzählung von der heimgesuchten Fami-lie, die Philipp Maintz sich „klaustrophobisch, wie eineIdylle im Goldrahmen“ vorstellt, ist kammermusikalischgehalten, Bild 4 beginnt gar a cappella, bis sich Maldorordem Kind nähert. Ebenso bewegen sich die Stimmen derEltern in einem engen Rahmen, sind formelhaft, fastgespenstisch eng. Die einzige Gesangsstelle des Kindesist von perfider Doppelbödigkeit. Es singt in aller Un-schuld das Kinderlied von der Alouette, der Lerche, de-ren Kopf, Federn, Schnabel ausgerupft werden.

All das wird von den Kommentaren der „voix de sop-rano“ begleitet, einer extremen Partie bis zum dreige-strichen Fis, die jedoch „unaufgeregt, immer elegantsingt, sich nicht aus der Ruhe bringen lässt“. Die Stim-me bleibt, der Dichter stirbt, die literarische Figur desBösen überdauert – anspielungsreich greift der offeneSchluss das rätselhafte Ende des tatsächlichen DichtersDucasse auf, der 1876 tot in seinem Zimmer aufgefun-

den wurde. Er hatte, im Anschluss an sein Werk über dasBöse, eine Dichtung über das Gute begonnen, in dem „dieSchwermut durch den Mut, der Zweifel durch die Gewiss-heit, die Verzweiflung durch die Hoffnung, die Bosheitdurch das Gute, die Klagen durch die Pflicht, die Skepsisdurch den Glauben, die Sophismen durch kühlen Gleich-mut und der Hochmut durch die Bescheidenheit“ ersetztwerden sollte. Irgendwann im 20. Jahrhundert tauchtedann die Theorie auf, der Dichter sei von seiner Figurgetötet worden. „Und von Lautréamont ist“, wie Fiedlerausführt, „ja tatsächlich genau dies übrig geblieben: Sei-ne Figur des Maldoror, die zeigt, dass das Gute unmög-lich ist.“ Marie Luise Maintz

PhiliPhiliPhiliPhiliPhilipp Mainpp Mainpp Mainpp Mainpp MaintztztztztzMaldoror. Oper in sieben BildernUraufführung: 27.4.2010 München (Biennale fürNeues Musiktheater)Sinfonieorchester Aachen, Musikal. Leitung:Marcus R. Bosch, Inszenierung: Georges DelnonWeitere Aufführungen: 29. und 30.4.2010;Theater Aachen: 8., 11., 15., 23., 27., 30.5.2010;Theater Basel: Premiere: 14.10.2010Personen: La voix de soprano (Sopran), Maldoror(Bariton), Lautréamont (Bass-Bariton), La mère(Mezzosopran), Le père (Tenor), L’enfant (Kinder-stimme)Orchester: 2 (2 Picc), 2 (Eh), 2 BKlar, 2 (Kfag) – 2,2,2(TPos, BPos),1 – Schlg (3) – Hfe – Klav (Flügel) – StrVerlag: Bärenreiter, Aufführungsmaterial leihweise

(Foto: princessa/www.photocase.de)

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[t]akteIn „Songs from Solomon’s garden“ vertont MatthiasPintscher erneut einen Gesang aus dem „shir ha-shirim“, dem Hohelied Salomos. „Occultation“, dendritten Teil des Zyklus „sonic eclipse“, führt dasKlangforum Wien bei den Wittener Tagen für neueKammermusik auf.

Salomos GartenMatthias Pintschers neue Werke

Songs from Solomon’s garden

„Ausgangspunkt der Komposition ist der Text: Aura,Archaik und Intensität der Lieder in ihrer Verdichtung.Die Sprache ist so ausdrucksvoll, weil sie so komprimiertist. Die Wörter sind Inseln von Ausdruck, sie kreisen insich selbst und sind so gehaltvoll, dass jedes Wort zumnächsten strahlt. Es ist so viel Platz für Klang darin, fürMusik. Der Text erlaubt anderen Parametern, demKlang, sich dazuzugesellen, ohne die Autonomie derWorte zu korrumpieren“ (Matthias Pintscher).In ihrer Schönheit, Rätselhaftigkeit und Vieldeutigkeithat kaum eine Dichtung in der abendländischen Kulturüber mehr als zwei Jahrtausende hinweg eine solch un-gebrochene Faszination ausgeübt – genuine Liebesdich-tung für die einen, bildreiche Metapher für die Bezie-hung Gottes zu seinem auserwählten Volk für die ande-ren. Das shir ha-shirim, das „Lied der Lieder“ ist ein fa-cettenreicher Gesang an die Liebe selbst, ihr hoher Tonscheint doch ganz irdisch alle Tiefen der Leidenschaftzu kennen. Matthias Pintscher vertonte zunächst 2008den fünften Gesang in she-cholat ahava ani (Wie liebes-krank ich bin) für gemischten Chor a cappella und nunmit Songs from Solomon’s garden für Bariton und Kam-merorchester den zweiten Gesang, der zu den hellstender acht Lieder gehört. Und ist der Text voll Frohlocken,Ausrufen und Beschwörungen, so enthält er dochebenfalls jenen Satz – „wie liebeskrank bin ich“ – derdavon erzählt, dass die Liebe auch Leiden kennt und dassderjenige, der hier singt, auch einen Zustand ohne Lie-be erfahren hat. Dieses „ki cholat ahava ani“ ist die ein-zige Textstelle, die Pintscher in seiner Komposition wie-derholen lässt, wie ein Ausrufungszeichen hinter einerzentralen Formel.

Im Text sind mehrere Sprecher erkennbar, ein Mannund eine Frau, ein ständig mäanderndes Wechseln derPerspektive, das nahelegt, dass der Text selbst die Be-gegnung ist. Dieses Spiel der Rollen wird in PintschersKomposition in den Dialog zwischen Baritonstimmeund Orchester gelegt, das sich wie eine Projektionsflä-che um den Text herumschmiegt. „Die hebräische Spra-che gibt rhythmische und gestische Patterns vor, die fürmich bisher unerschlossene musikalische Gesten evo-zieren. Und diese spiegeln sich dann im Orchester, dasein gleichwertiger Dialogpartner der Solostimme ist. Dergesungene und der instrumentale Text kommunizierenund kommentieren einander. Der Sänger etwa projiziertGesten in den Klangraum des Ensembles hinein, das siewie in einer Antiphonie aufnimmt, verwandelt, färbt,verlängert oder verkürzt. Das Orchester ist wie ein Ver-größerungsglas dessen, was im Klang des Wortes steckt,wie ein Prisma, das den Ausdrucksgehalt in verschiede-ne Richtungen streut.“

Dreimal mündet der Dialog von Gesang und Instru-menten, die eine immer zunehmende Intensität der Ex-

pression vollziehen, in orchestrale Fortführungen – zweiZwischenspiele und ein Epilog –, die das Gesagte unter-streichen, Bilder fortführen. „So viel sei verraten: Wenndas letzte Wort gesprochen ist, öffnet sich eine Visionvom fruchtbaren Garten Salomos, die etwas von mei-ner Erinnerung daran widerspiegelt, wie ich das LandIsrael erlebt habe. Aleatorische Elemente, kleine Parti-kel, unabhängige Stimmen verbinden sich zu einem ve-getativen Mikrokosmos, der sich perspektivisch zum Ho-rizont öffnet. Der Schluss ist einfach ein Bild, als ob mandurch ein Fenster in die Ferne schaut, und da ist ebendas bewegte Land mit seiner Fruchtbarkeit, seinerSchönheit, seinem Reichtum.“

Die Uraufführung von Songs from Solomon’s gardenfindet am 16. April in New York mit Thomas Hampsonund dem New York Philharmonic unter Leitung vonAlan Gilbert statt. Zweiter Auftraggeber der Kompositi-

König Salomo in seinem Garten. Persischer Meister des 16. Jahr-hunderts. British Library London

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on ist das hr-Sinfonieorchester, das am 23. April die Deut-sche Erstaufführung in Frankfurt mit Dietrich Henschelunter Matthias Pintscher spielt.

Sonic eclipse

Occultation heißt der dritte Teil von Sonic eclipse, Pint-schers Triptychon für Ensemble, dessen erste beidenTeile, celestial object I and II, vom Scharoun Ensembleuraufgeführt wurden. Gemeint ist der Moment der Ver-dunkelung, in dem sich bei einer Sonnenfinsternis dieHimmelskörper übereinanderschieben. In Occultationwird das musikalische Material aus den ersten beidenTeilen des Zyklus, wie Pintscher beschreibt, „verdichtetund übereinandergelegt. Wie in einer Engführung wer-den die beiden Repertoires kombiniert, verschmolzen,ausgetauscht. Sie kommen einander so nahe, dass siesich fast deckungsgleich übereinanderlegen.“ In seles-tial object I and II sind es die beiden Solopartien vonHorn und Trompete, die in konträrer Weise behandeltwerden: die Trompete „leichter, flüssiger, mehr giocosocon brio, mit Fiorituren, Girlanden“. Das Horn in celestialobject II demgegenüber agiert in großen melodiösenLinien. Das Repertoire reicht vom untersten dynami-schen Bereich, über verschiedene Spieltechniken wieFlatterzunge, gestopft, tonlosem Blasen, bis zum großenexpressiven Bogen. Demgegenüber agiert die Trompeteexperimenteller, virtuoser. Und diese beiden Gegensät-ze sind es dann, die in Occultation zueinandergeführtwerden. Die charakteristischen Konturen werden somiteinander kombiniert, „ dass schließlich das Horn ei-nen virtuosen Gestus, die Trompete einen linienbeton-ten hat. In diesen Prozess der Verschmelzung wird dasEnsemble einbezogen bis zu einem Kulminationspunkt,wo das ganze Ensemble aufbricht“. Trotz vielfältiger Far-bigkeit geht es in Sonic eclipse nicht um eine klangli-che Entgrenzung, wie sie der Umgang mit den Streich-instrumenten im Zyklus Treatise on the Veil bis zu denGrenzen der Auflösung betrieb – sondern um haptische,griffige Konturen. Pintscher sieht in seiner komposito-rischen Entwicklung einen Schritt zur Unmittelbarkeitdes Ausdrucks der Musik, die sich nicht mehr auf dieBildhaftigkeit von Malerei oder Dichtung bezieht. Undes findet eine Ablösung vom filigranen und zurückge-

Matthias Pintscher – aktuell

Mit Thomas Hampson als Solist wird das New YorkPhilharmonic unter Leitung von Alan Gilbert SongsSongsSongsSongsSongsfrom Sofrom Sofrom Sofrom Sofrom Solllllomon’omon’omon’omon’omon’s gs gs gs gs gararararardendendendenden für Bariton und Kammer-orchester uraufführen. (16.4.2010). Diedeutsche Erstaufführung wird DietrichHenschel mit dem hr-Sinfonieorchesterunter Matthias Pintscher darbieten(23.4.2010). +++ Matthias Pintscher ist2010 wieder künstlerischer Leiter desHeidelberger Ateliers im HeidelbergerFrühling, bei dem u. a. cccccelelelelelestial object Iestial object Iestial object Iestial object Iestial object Iund StudStudStudStudStudy IV for Treay IV for Treay IV for Treay IV for Treay IV for Treatise on the Vtise on the Vtise on the Vtise on the Vtise on the Veileileileileilaufgeführt werden (ab 26.3.2010) +++Bei den Wittener Tagen für neue Kam-mermusik 2010 wird OcculOcculOcculOcculOccultatatatatatititititiononononon, derdritte Teil des Zyklus sonic eclisonic eclisonic eclisonic eclisonic eclipsepsepsepsepse,durch das Klangforum Wien anlässlichseines 25-jährigen Jubiläums uraufge-führt (24.4.2010). +++ Vladimir Jurowskidirigiert tototototowwwwwararararards Osirds Osirds Osirds Osirds Osirisisisisis beim Sympho-nieorchester des Bayerischen Rundfunks (13./14.5.2010). +++ In der Reihe „Hear and Now“ des BBC Scot-tish Symphony Orchestra in Glasgow ist ein Kom-ponistenporträt geplant, bei dem Matthias Pint-scher celcelcelcelcelestial object I estial object I estial object I estial object I estial object I for solo trumpet and en-semble und TrTrTrTrTransir ansir ansir ansir ansir für Flöte und Kammerorches-ter dirigieren wird. Solisten sind Mark O’Keeffe,Trompete, und Sebastian Wittiber, Flöte (15.5.2010).+++ Beim Cleveland Orchestra wird Matthias Pint-scher wiwiwiwiwith lilies wth lilies wth lilies wth lilies wth lilies whihihihihitetetetete dirigieren (5.6.2010).

Matthias Pintscher(Foto: Andreas MediciBaci&Baci Studi NY NY)

nommenen Duktus statt, vom Prinzip der Verschleie-rung, das in den Studies for Treatise on the Veil nochprogrammatisch in den Titel geschrieben stand.

Das Klangforum Wien spielt den gesamten Zyklusam 24. April unter Leitung von Beat Furrer bei den Wit-tener Tagen für neue Kammermusik. Die österreichischeErstaufführung ist am 26. April in Wien.

Marie Luise Maintz

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WendepunktDieter Ammann beim Lucerne Festival

Dieter Ammann ist Composer in residence des dies-jährigen Lucerne Festival. Dabei wird Pierre Boulezdie Uraufführung von Ammanns Orchester-komposition „Turn“ dirigieren, die zusammen mit„Boost“ und „Core“ ein Triptychon bildet. WeitereKonzerte mit Werken Ammanns kommen hinzu.

Der Titel Turn bezeichnet ein formales Konzept – wasfür Dieter Ammann alleine schon einen singulären Vor-gang bei der Komposition seines neuen Orchesterstücksdarstellt, denn normalerweise entwickelt der Kompo-nist seine Werke ohne eine vorher abgesteckte Formidee.Die Auftragskomposition für das Lucerne Festival, Turnfür Orchester, bildet das Mittelstück zu Ammanns Or-chesterwerken Boost (2000/2001) und Core (2002) undist als Adagio konzipiert. „Ich habe ein formales Konzeptentwickelt, das eine bewusste Überfrachtung des Or-chestersatzes exponiert, um so eine musikalische Aurazu schaffen, die in der Folge dann einer grundlegendenVeränderung unterzogen bzw. völlig gebrochen wird.Gleichzeitig habe ich der Vertikalen eine starke Bedeu-tung zugemessen.“ Ein Adagio also, das im ruhigen Tem-po ein dichtes Geschehen organisiert und tonal auf Zen-traltöne fixiert ist, die oft als Basstöne auch den Satzgrundieren. Nach und nach verdichtet sich die Musik zueinem Pulsieren, sie mündet in eine heftige, homorhyth-mische Pendelbewegung. „Genau dort, wo die Musik fürden Hörer ganz eindeutig, leicht fasslich wird, passiertder Turn, ein Wendepunkt, an dem die vorherige Klang-lichkeit völlig implodiert und abrupt in ein anderesKlangbild umschlägt. Das ist vergleichbar mit einer Sze-nerie auf einer Bühne, wo Beleuchtung und Technik

schlagartig eine neue Atmosphäre schaffen.“ Statisch,wie aus der Ferne grundieren zeitlupenartig Leersaiten-klänge, die mikrointervallisch verzerrt sind, eine stoischaufsteigende Skalenbewegung der Bläser. „Von dort auswill sich die Musik noch einmal befreien und möchtezurück. Fragmentarisch taucht frühere Akkordik nocheinmal auf, aber der Bruch bleibt bis zum Schluss wirk-sam.“

Turn steht als Einzelkomposition für sich, ist in ih-rem Adagio-Charakter jedoch für eine Aufführung zu-sammen mit Boost und Core konzipiert. Die beiden frü-heren Orchesterkompositionen ihrerseits haben jeneAmmann eigene federnde Spannkraft und explodieren-de Klanglichkeit, die einen spannungsreichen Rahmenum den „Wendepunkt“ in der Mitte legen. Dabei ist Core,wie der Komponist erläutert, „etwas klangmassiver, ro-buster gegenüber dem grazileren, beweglicheren Boost“.Die Gelegenheit für eine erstmalige, gemeinsame Auf-führung der drei Orchesterwerke ergriff Dieter Am-mann, als das Lucerne Festival ihn um Vorschläge füreine Komponistenresidenz und das Konzert mit PierreBoulez und dem Lucerne Festival Academy Orchestrafragte.

Im Festival werden außer den Orchesterstücken wei-tere zentrale Werke Ammanns präsentiert. Das En-semble Intercontemporain unter Leitung von SusannaMälkki führt Violation für Violoncello und Ensemble(1999) sowie pRESTO sOSTINATO für großes Ensemble(2006) auf, das zum 100. Geburtstag von Paul Sacherentstand. In einem Konzert mit dem Casal Quartett er-klingen beide Streichquartette Nr. 1 „Geborstener Satz“(2003) und Nr. 2 „Distanzenquartett“ (2009) zum erstenMal zusammen – Stücke sehr unterschiedlichen Charak-ters: „Das erste ist für mich ein ausgesprochenes Sturm-und-Drang-Stück, es ist quasi atemlos. Das zweite hateinen ruhigeren Atem“, sagt Ammann.

Die „andere Seite“ des Komponisten Dieter Ammann,die des improvisierenden Jazz-Musikers, wird in zweiKonzerten präsentiert: „in einem völlig frei improvisie-renden Ensemble, das aus lauter Komponisten besteht,und einmal mit einer Band, die ich für ein Nachtkon-zert reaktivieren werde.“

Im Rahmen des Schweizerischen Tonkünstlerfestesund in Zusammenarbeit mit der Luzerner Musikhoch-schule, wo Ammann als Kompositionsprofessor wirkt,wird Venite a dire. Raummusik. 2 Stücke für 12 Stimmenzu Cavalieris „Anima e corpo“ zur Aufführung kommen,zwei Madrigale für Chor nach Texten aus Werken vonCavalieri, Bach und Monteverdi. Eines der Stücke arbei-tet mit einer räumlichen Anordnung von drei Vokal-quartetten, das andere geht im Ausdrucksgehalt weitin Bereiche, die rein lautmalerisch sind und wo sich Spra-che in rhythmische Strukturen auflöst. Doch: „wie immerin meinen Stücken suche ich die extremen Gegensätzezur Synthese zu führen.“ Marie Luise MaintzWendepunkt (Foto: ig3l/www.photocase.com)

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Dieter Ammann beim Lucerne Festival 2010

15.8.2010 Luzerner Saal„Violation“ für Violoncello und Ensemble (1999);pRESTO sOSTINATO für großes Ensemble (2006)N. N., Violoncello, Ensemble IntercontemporainParis, Leitung: Susanna Mällki

25.8.2010 KonzertsaalCore, Turn (Uraufführung), BoostOrchester der Lucerne Festival Academy,Leitung: Pierre Boulez

28.8.2010 LukaskircheStreichquartett Nr. 1 „Geborstener Satz“ (2003),Streichquartett Nr. 2 „Distanzenquartett“ (2009)Casal Quartett

11.9.2010 Südpol1. Improvisation mit 5 Musikern2. Donkey Kong’s Multiscream (Groove – Free Funk)Dieter Ammann (Trompete, Synthesizer undE-Bass), Roland Philipp, Saxophone, Chris Muzik(E-Gitarre), Thomy Jordi (E-Bass), Andy Brugger(Schlagzeug), Andi Pupato (Perkussion)

12.9.2010 JesuitenkircheVenite a dire. Raummusik.2 Stücke für 12 Stimmen zu Cavalieris „Animae corpo“Collegium Vocale, Leitung: Peter Siegwart

Charlotte Seither – aktuell

Charlotte Seither erhält den PrPrPrPrPraetoraetoraetoraetoraetoriiiiius Musikpreisus Musikpreisus Musikpreisus Musikpreisus MusikpreisNiedersachsen 2010Niedersachsen 2010Niedersachsen 2010Niedersachsen 2010Niedersachsen 2010 für Komposition. Die Jury nenntin ihrer Begründung für die Vergabe des höchsten Mu-sikpreises des Landes Niedersachsen Charlotte Sei-thers unkonventionellen Umgang mit Klangtexturen,die wegen ihrer „Geheimnisstruktur“ einen aufmerk-samen Hörer fordern. +++ Beim Warschauer „Genera-tionen“-Festival erlebt FlFlFlFlFlooooowwwww mit dem Modern Art Sex-tet Berlin seine polnische Erstaufführung (29.3.2010).+++ Nach der erfolgreichen UK-Premiere vonAll’aAll’aAll’aAll’aAll’aperperperperpertototototo 2008 bringen die BBC Singers London nunauch Charlotte Seithers Ricor Ricor Ricor Ricor Ricordanzadanzadanzadanzadanza für 15 Stimmenzur Aufführung. Die Leitung hat Nicholas Kok(17.4.2010). +++ Vom Deutschen Musikrat ist Charlot-te Seither als Jurorin für den DeuDeuDeuDeuDeutschen Musikwtschen Musikwtschen Musikwtschen Musikwtschen Musikwett-ett-ett-ett-ett-

Blickrichtung Luzern: Dieter Ammann

bebebebebewwwwwerb 2010erb 2010erb 2010erb 2010erb 2010 nominiert wor-den. +++ Im Jubiläumskonzert„20 Jahre Akademie SchlossSolitude“ wird das EnsembleAscolta WWWWWaiaiaiaiaiting for Tting for Tting for Tting for Tting for T fürTrompete, Posaune, Violoncel-lo und Schlagzeug in Stuttgartzur Uraufführung bringen(17.7.2010). +++ Zum Kleist-Jahr2011 Heilbronn komponiertCharlotte Seither ein Auf-Auf-Auf-Auf-Auf-trtrtrtrtragsagsagsagsagswwwwwerk für Soprerk für Soprerk für Soprerk für Soprerk für Sopran und Kammerorchesteran und Kammerorchesteran und Kammerorchesteran und Kammerorchesteran und Kammerorchester,,,,, dasvom Württembergischen Kammerorchester unter Lei-tung von Ruben Gazarian uraufgeführt werden wird(15.12.2010).

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ÜberschreibungenNeue Kompositionen von Manfred Trojahn

neue Kompositionsweise „Anlass, neue Techniken aus-zuprobieren. Bisher habe ich immer ein Stück vom Be-ginn zum Schluss entwickelt, nun lege ich Material vonfrüheren Stücken einer neuen Komposition zugrunde.Ich arbeite in eine bestehende Partitur hinein wie in einBild, das beispielsweise bisher nur Umrisse hatte, abernun mit Farbe versehen wird, um Dinge zu verdeutli-chen.“ Es entsteht eine Komposition, die schon eine Vor-zeichnung hatte, aber nun völlig neue Dimensionenannimmt.

Moderato ist kein charakterisierender Titel, sondernbezeichnet eine bloße Gangart, in der Trojahn zahlrei-che Werke angehen lässt. Doch wird dieses Tempo imLauf des Stücks aufgehoben. Der Satz ist als ein konti-nuierliches Accelerando konzipiert. Zugrunde liegt Ma-terial aus der fünften Szene seiner Oper La Grande Ma-gia und zweier Sätze aus La tomba di Paganini. Die Idee,über einen langen Zeitraum die Musik zu beschleuni-gen, wird radikalisiert: Das Stück führt in eine heftigeBewegung, die den Titel Moderato geradezu konterka-riert. Moderato, Sinfonischer Satz, Überschreibung II.Zustand wird am 23. April 2010 bei „musica viva“ Mün-chen durch das Symphonieorchester des BayerischenRundfunks unter Leitung von Emilio Pomarico uraufge-führt. Marie Luise Maintz

Ein Magnificat komponierte Manfred Trojahn zurWiedereröffnung des Kaiserdoms Königslutter imApril. Kurz zuvor wird bei „musica viva“ in München„Moderato, Sinfonischer Satz, Überschreibung II.Zustand“ uraufgeführt, dessen kompositorischesThema die musikalische Beschleunigung ist.

Klang-RaKlang-RaKlang-RaKlang-RaKlang-Raum-Marum-Marum-Marum-Marum-Marien-Musikien-Musikien-Musikien-Musikien-Musik

Eine spezifische Klangvorstellung,angeregt durch die Akustik der ro-manischen Basilika des Kaiser-doms Königslutter, war Grundlagefür die Komposition des Magnifi-cat, des Gebets Marias nach der Ver-kündigung: Zwei hohe Soprane, de-ren figurativer Gesang sich inein-ander verschlingt, und das Orches-ter hüllen den Raum in ein Klang-geschehen, in dem die Zeit aufge-hoben wird. „Das Magnificat istvornehmlich ein Klangstück. DieIdee war, einen Raumklang herzu-stellen. Die Soprane sind letztlichwie eine Stimme behandelt, dieüber die Akustik mit dem Orches-ter zusammenläuft. Eine spannen-de Raumsituation war Ausgangs-punkt dafür, angeregt durch diesenKirchenraum, zu dem ich seit mei-ner Kinderzeit eine besondere Be-

ziehung habe. Wobei dieser Raum mitgedacht, aber nichtzwingend für die Aufführung ist.“ Zwei beweglicheStimmen werden von weichen Klangfeldern wie eineAura eingehüllt. Am Schluss wird in einer tonalen, aberreibungsvollen Harmonik über C-Dur das Metrischeaufgehoben, in Akkordblöcken, die schwere Taktzeitenvermeiden. „Eine Musik, die das Zeitlich-metrische ab-gibt in die Räumlichkeit. Die Komposition bekommt eineUnbestimmtheit, eine Geschichte, die fast andauernkönnte.“ Im solistischen Wiedererklingen der Sopranfi-gurationen endet die Komposition. Am 25. April 2010wird Trojahn die Uraufführung im Konzert zur Wieder-eröffnung des restaurierten Doms dirigieren.

KKKKKononononontintintintintinuierliches Acceluierliches Acceluierliches Acceluierliches Acceluierliches Accelerererererandoandoandoandoando

„Zweiter Zustand“ – ein Terminus aus der bildendenKunst wird zum Signet einer neuen Arbeitsweise, dieManfred Trojahn in Moderato, Sinfonischer Satz, Über-schreibung II. Zustand anwendet. Zustände bezeichnenArbeitsstufen an Drucken oder Lithographien, derenPlatten nach dem Abziehen weiterbearbeitet werden.Eine Begegnung mit den jüngsten Werken von DavidHockney war ein Impuls für die neue Kompositionswei-se Trojahns: Der britische Künstler setzt Einzelgemäldezu monumentalen Bildern zusammen, Landschaftenund Bäumen, deren Details er über das Jahr hinwegimmer wieder malt. Er überträgt eine Technik, die er frü-her mit Polaroids auf quasi kubistische Weise geschaf-fen hat, nun auf die Malerei. Für Trojahn war Hockneys

Manfred Trojahn – aktuell

Bei musica viva München wird ModerModerModerModerModeraaaaatototototo,,,,, Sinfoni- Sinfoni- Sinfoni- Sinfoni- Sinfoni-scher Sascher Sascher Sascher Sascher Satz,tz,tz,tz,tz, Ü Ü Ü Ü Überschreibberschreibberschreibberschreibberschreibung Iung Iung Iung Iung II.I.I.I.I. Zustand Zustand Zustand Zustand Zustand durch dasSymphonieorchester des Bayrischen Rundfunksunter Leitung von Emilio Pomarico uraufgeführt(23.4.2010). +++ Trojahns Magnifica Magnifica Magnifica Magnifica Magnificattttt für zwfür zwfür zwfür zwfür zwei So-ei So-ei So-ei So-ei So-prprprprprane und Orchesterane und Orchesterane und Orchesterane und Orchesterane und Orchester wird am 25. April 2010 in ei-nem Konzert zur Wiedereröffnung des KaiserdomsKönigslutter nach seiner Restaurierung uraufge-führt. Das Konzert mit dem Staatsorchester Braun-schweig wird der Komponist selbst dirigieren. +++Trojahns Danse pour clarDanse pour clarDanse pour clarDanse pour clarDanse pour clarinetteinetteinetteinetteinette ist auf der CD „Sha-ron Kam – pour Clarinette“ (Label: CAvi) enthalten.Die Interpreten sind Sharon Kam (Klarinette) undPaul Rivinius (Klavier). +++ Das Thomas ChristianEnsemble hat Trojahns JoJoJoJoJohhhhhann-Strann-Strann-Strann-Strann-Straaaaauss-Bearbei-uss-Bearbei-uss-Bearbei-uss-Bearbei-uss-Bearbei-tungentungentungentungentungen Vergnügungszug, Polka op. 281 und Ge-schichten aus dem Wienerwald op. 325 für das La-bel MDG eingespielt. +++ Die Vier GoetheliederVier GoetheliederVier GoetheliederVier GoetheliederVier Goetheliedersind von dem Tenor Daniel Behle, der auch Wid-mungsträger der Lieder ist, und Oliver Schnyder(Klavier) beim Label Phoenix Edition eingespieltworden. +++ Das Henschel-Quartett produziert an-lässlich Manfred Trojahns 60. Geburtstag eine CDmit den Streichquartetten Nr. 1, 3 und 4 (NEO5).

Raum als Instrument: Der Kaiserdomvon Königslutter (Foto: Stiftung

Braunschweigischer Kulturbesitz)

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Unerhörte Schönheiten„The Tempest“ von Thomas Adès in Frankfurt

Unbefangen betrachtet, ist Adès‘ Oper ein prachtvollesMeisterwerk und eine höchst ambitionierte Shakespe-are-Neuinterpretation. … Ruhe, Beschaulichkeit, Opu-lenz haben neben gekonntem Furor und effektvollerChaosmusik ihren Platz.

Shakespeares „Sturm“ vermittelt Gefühle des Schlin-gerns und der Verunsicherung; unbestimmt pendelt dieHandlung zwischen ernst und heiter, hohem und ordi-närem Stil, Zauberei und Realismus. All das gibt Anlasszu kräftigem, beherztem kompositorischen Eklektizis-mus, und so kann keiner Adès die Shakespeare-Treueund das „Sturm“-Feeling absprechen. … Viel entschei-dender ist aber wohl der Eindruck, dass Adès mit nacht-wandlerischer Sicherheit die Facetten des Dramas er-kennt, kommentiert, ausleuchtet, zu musikalischem Le-ben erweckt. Diese Kongruenz zwischen Handlung undMusik lässt die Frage nach Adès persönlicher Hand-schrift kaum aufkommen. Die Tonsprache verliert sichnicht im kurzatmig Textnahen oder Illustrativen, son-dern tendiert immer wieder zu geschlossenen Formenund polyphonen Satztechniken. Das Instrumentalkolo-rit berücksichtigt grelle Effekte ebenso wie feinziselier-te, gelegentlich auch nach „unerhörten“ Schönheitenstrebende Momente. Nicht zuletzt schreibt Adès brillantfür die menschliche Stimme.

H.-Kl. Jungheinrich / Frankfurter Rundschau 12.1.2010

Exquisitely colouredColin Matthews orchestriert Debussys Préludes

Claude DebussyPréludes. Orchestriert von Colin MatthewsCe qu’a vu le Vent d’Ouest; Feuilles mortes; Feuxd’artifice Canope; Les tierces alternées; Hommage àS. Pickwick Esq. P.P.M.P.C; La danse de Puck; Minstrels;La puerta del vino; Des pas sur la neige; Les fées sontd’exquises danseuses; La Sérenade interrompue; Ge-neral Lavine; Danseuses de Delphes; Ondine Brouil-lards; Les sons et les parfums tournent dans l’air dusoir; Le vent dans la plaine; La fille aux cheveux delin; Bruyères; Les Collines d’Anacapri; La terrasse desaudiences du clair de lune; La Cathédrale engloutie;Voiles; Postlude – M. CrocheVerlag: Faber Music, Vertrieb: Alkor-Edition

Colin Matthews’s orchestration of three Debussy Pré-ludes – here receiving its world premiere – was won-derful, beautifully played … This was an orchestrati-

Adrian Eröd als Prospero in Frankfurt (Foto: Monika Rittershaus)

Thomas AdèsThe Tempest. Oper in drei Akten op. 22 (2003).Libretto: Meredith Oakes (engl., nach WilliamShakespeares gleichnamiger Komödie von 1611)Deutsche Erstaufführung: 10.1.2010 Oper Frank-furt, Musikalische Leitung: Johannes Debus,Inszenierung: Keith Warner; 12.3.2010 Oper Lübeck,Musikalische Leitung: Philippe Bach, Regie: RetoNicklerVerlag: Faber Music, Vertrieb: Alkor-EditionWeitere Informationen: www.takte-online.de

on in the richest sense, going far beyond the confinesof the piano texture to produce a stunning new work.The virtuosic Ce qu’a vu le Vent d’Ouest received es-pecially extravagant treatment …The result was so ef-fective it is only surprising that Debussy did not thinkof it first. The Guardian 13.10.2001

In the first performance of his exquisitely colouredscoring of three of Debussy’s piano Préludes,Matthews’s own voice manages to be evident inthese immaculately crafted miniatures with their elu-sive, understated qualities and extraordinary orches-tral sonorities. The Independent 17.10.2001

Far more than simple transcriptions, they boldlyre-imagine Debussy’s piano writing as a swirlingsoundworld that hovers convincingly betweenDebussy’s age and our own. The Times 15.3.2002

They are all brilliantly realised miniatures … remar-kable achievements. The Guardian 16.3.2007

Thomas Adèsund Colin MatthewsNeue Musik von der Insel

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[t]akteGegenwärtigkeitund AbwesenheitMichael Jarrells „Le Père“ nach Heiner Müller fürdie Schwetzinger Festspiele

Die Gewaltanwendung des Staates gegen seine Bür-ger ist das Thema von Michael Jarrells Musikthea-ter „Le Père“ nach einer Episode von Heiner Müller.Die Uraufführung findet am 3. Juni bei den Schwet-zinger Festspielen statt.

Michael Jarrels Musiktheaterwerk Le Père entstand nachdem Text Der Vater aus Heiner Müllers Germania Todin Berlin und stellt einen Brennpunkt der musikalischenund poetischen Themen dar, mit denen sich der Kom-

ponist immer wieder intensiv aus-einandersetzt. In Müllers kurzem,aus fünf Teilen bestehendem Texterzählt ein Kind von seinem aus po-litischen Gründen verhafteten Va-ter. Mit der Verhaftung im Jahre1933 beginnt der Text und endet mitder Freilassung des Vaters 1934.Diese Erfahrung macht den Vaterzu einem gebrochenen, traumati-sierten Mann, sein fünf Jahre alterSohn und seine Frau werden nichtweniger schwer getroffen.

Die Episode ereignet sich in ei-ner Zeit der Gewaltanwendung desStaates gegen seine eigenen Bür-ger: Er befindet sich dadurchgewissermaßen in einem Ausnah-mezustand, einem kriegsähnli-

chen Zustand (oder einem Zustand hin zu einem Krieg).Ein solcher Kriegszustand gibt auch den Hintergrund fürJarrells Cassandre ab, das kürzlich bei Kairos auf CD er-schienen ist und mit Fanny Ardant in der Titelrolle inPrag zur Aufführung kam. Wie der Komponist darlegt,hat nicht nur der Trojanische Krieg, um den es in die-sem Werk geht, sondern auch der erste Irakkrieg in derArbeit an Cassandre (1993/94) seinen besonderen Nach-hall gefunden. Auf der Suche nach Worten, in die seineVorstellungen zu fassen wären, stieß Jarrell in Un Bal-con en forêt (1958) von Julien Gracq auf …un long fracassomptueux de rapide céleste…: Der französische Autorbeschreibt damit die Unmenschlichkeit einer abgefeu-erten Kanone im Ersten Weltkrieg.

Das Thema des Krieges findet seine Entsprechung inden musikalischen Formen von Jarrells Kompositionen.So beginnt das Werk …un long fracas somptueux de ra-pide céleste … (1998/2001) für Schlagzeug und Orchestermit einem orchestralen Knall, unmittelbar gefolgt vomsolistischen Schlagzeug. In Cassandre sehen sich diehandelnden Personen von dem (angekündigten) Schre-cken der Ereignisse überwältigt, und der Komponistlässt eine Dramaturgie erkennen, die der streng akade-misch gebauten Musik eigen ist. In …denn alles mussin Nichts zerfallen… (2005) errichtet Jarrell ein regelrech-tes Denkmal der Gräuel des Zweiten Weltkriegs und derDeportationen, indem er Klänge und Texte ineinanderverschachtelt. Immer wieder ist es ein Kriegszustand,der das dichterische Thema vorgibt, hier unter dem Ge-sichtswinkel der Erinnerung: Man bewahre die Erinne-rung an die Katastrophe, auf dass diese sich nicht wie-derhole.

Der gleiche Aspekt des Erinnerns und das gleicheThema der staatlichen Gewalt finden sich in Le Père fürSchlagzeug, Singstimmen und, zu ihrer Verstärkung,Elektronik (Ausführung durch das Institut de rechercheet coordination acoustique/musique Ircam). HeinerMüllers Text handelt von der Vergangenheit. Der Erzäh-ler, erwachsen geworden, blickt auf den Vorfall zurück,und in analoger Weise spielt der Komponist mit demGedächtnis des Zuhörers, indem er einmal präsentier-tes musikalisches Material in modifizierter Form immerwieder aufnimmt.

Außerdem stellt Müllers Text zwei einfache Begriffeheraus: Gegenwärtigket und Abwesenheit. Die Gegen-wart des abwesenden Vaters ist durch den gesproche-nen Text gegeben. Die Vorstellung, dass ein Wesen weg-geht und nicht mehr da ist, liegt zahlreichen Werken vonJarrell zugrunde: …mais les images restent … für Klavier(2003), …some leaves… und …some leaves II… (1998/99)für Violoncello bzw. Bratsche, …more leaves … für Brat-sche, fünf Instrumente und Elektronik (2000), … paysa-ges avec figures absentes … (Nachlese IV) für Violine undEnsemble (2009), Abschied und Abschied II für Klavierund Orchester bzw. Klavier und Ensemble (2001 bzw.2004). Die kompositorische Arbeit dreht sich bei MichaelJarrell in entscheidendem Maße um Spuren und auchdarum, wie die Musik die Wahrnehmung prägt. Den ers-ten der drei miteinander verbundenen Teile von Le Pèrebeschreibt der Komponist folgendermaßen: „Nicht chro-nologisch ablaufender Teil der tastenden Versuche; vonmusikalischen, zuweilen von der Realität losgelöstenBildern von Bruchstücken; von Wörtern, die in uns Spu-ren hinterlassen, von Zeichen, denen wir in der Folgewieder begegnen werden.“

Es geht hier, zusammenfassend gesagt, um ein für dieBühne geschriebenes Werk, in dem Gewalt und die Er-innerung an Gewalt dramatisiert werden. Die Stimmenverkörpern den Affekt. Der Vater ist nicht abwesend: Erist auf der Bühne, dargestellt von einem Schauspieler.Das Nebeneinander der verschiedenen gelesenen Textedieses Vaters verschafft uns das Vergnügen einer vonMusik umrahmten Erzählung. Benoît Walther

Übersetzung: Irene Weber-Froboese

Michael JarrellLe PèreUraufführung: 3.6.2010 Schwetzinger FestspieleGilles Privat (Der Vater), Mitglieder der NeuenVocalsolisten Stuttgart, Les Percussions deStrasbourg, Inszenierung: André Wilms;weitere Aufführungen: 4. und 5.6.2010Verlag: Editions Henry Lemoine, Vertrieb: AlkorWeitere Informationen: www.michaeljarrell.com,www.henry-lemoine.com

Michael Jarrell

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Frédéric Durieux undClemens GadenstätterNeu beim italienischen Musikverlag RAI Trade

FrédérFrédérFrédérFrédérFrédéric Duric Duric Duric Duric Durieuxieuxieuxieuxieux (*1959) studierte in Paris am Conser-vatoire National Supérieur de Musique, wo er 1984 denersten Preis in Analyse und 1988 den ersten in Kompo-sition gewann. Von 1985 bis 1986 schloss er seine Studi-en am dortigen IRCAM in Paris ab, gefolgt von einemAufenthalt als Stipendiat der Villa Medici Rom von 1987bis 1989. Seit 1985 erhielt er zahlreiche Kompositions-aufträge und arbeitete u. a. mit folgenden Ensembleszusammen: Ensemble Intercontemporain, L’Itinéraire,l’IRCAM, Remix, KammarEnsembleN, dem OrchestrePhilharmonique de Radio France und dem Quatuor Di-otima. Zu den Dirigenten seiner Werke gehören u. a.Pierre Boulez, Peter Eötvös, Franck Ollu und Myung-Whun Chung. Von 1990 bis 2001 unterrichtete DurieuxAnalyse am Conservatoire, seit 2001 ist er dort Professorfür Komposition. Er wurde zum Officier des Arts & Lett-res ernannt und erhielt 2005 für sein Orchesterwerk Tra-verses den Preis der Fondation Prince Pierre de Monaco.

RAI Trade

Werke bei RAI Trade

3 pour 2 für Ensemble (17 Musiker). Konzertfas-sung

Alexis Gesang für Violoncello soloHere, not there – a tribute to Barnett Newman

(Quartett I) für Streichquartett und ElektronikÜbersicht Ia für BaritonsaxophonÜbersicht Ib für TenorsaxophonOuvrir für Violine soloRitt für Violine soloPlacer/Déplacer. Miniatur Nr. 1 für Violine und

Klavier) (2009)Souffler/Frapper für Fagott und Schlagzeug

Information: www.raitrade.it (Music – Contemporary)

ClClClClClemens Gadenstäemens Gadenstäemens Gadenstäemens Gadenstäemens Gadenstätterttertterttertter (*1966) studierte Kompositionbei Erich Urbanner und Helmut Lachenmann und Flötean der Musikhochschule Wien. Seine bisherigen Werkeentstanden u. a. im Auftrag folgender Veranstalter undEnsembles: Musikbiennale Berlin,Donaueschinger Musiktage 2001und 2005, Neue Vokalsolisten undMusik der Jahrhunderte Stuttgart,Konzerthaus Berlin, Wien Modern,Klangforum Wien, Ensemble Re-cherche, Salzburger Festspiele, Stei-rischer Herbst, Ensemble Modern.Mit weiteren Klangkörpern arbei-tete er zusammen: den Rundfunk-orchestern in Wien, Freiburg/Ba-den-Baden und Berlin (RSB), Hilver-sum Kamerorkest, Kammeren-semble Neue Musik Berlin, En-semble Ascolta Stuttgart, Trio Ac-canto Freiburg. Peter Eötvös, ArturoTamayo, Peter Hirsch, JohannesKalitzke u. a. dirigierten seineWerke.

Er erhielt diverse Preise und Sti-pendien, zuletzt: den Kompositi-onspreis der Erste Bank, das Stipen-dium des Berliner Künstlerprogramms des DAAD undden Würdigungspreis der Stadt Wien.

1990 gründete er (gemeinsam mit Florian Müller) dasensemble neue musik – wien. Von 1995 bis 2000 war Ga-denstätter Herausgeber der Musikzeitschrift ton derISCM-Sektion Österreich. Seit 1992 erarbeitete er ver-schiedene Projekte in Zusammenarbeit mit anderenKünstlern, darunter der Videokünstler Joseph Santarro-mana, die Tänzerin und Choreografin Rose Breuss, dieAutorin Lisa Spalt und der Videokünstler Toni Kay.

Seit dem Wintersemester 2003/04 ist GadenstätterProfessor an der Musikuniversität Graz für Musiktheo-rie und Analyse und unterrichtet dort auch Kompositi-on. RAI Trade

Werke bei RAI Trade

Semantical Investigations I für Violine undEnsemble

Semantical Investigations II für 11 InstrumenteMadrigale für sechs SolostimmenFigure – Iconosonics I für Klarinette, Streichtrio

und KlavierFluchten/Agorasonie für Solisten, Orchester und

Raum4 Szenen nach Francisco de Goya für Stimme und

Gitarre

Frédéric Durieux

Clemens Gadenstätter

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Ali Baba und die 40 StreicherEin Konzertmärchen von Jörg Schade und Franz-Georg Stähling (Geschichte und Text)und Andreas N. Tarkmann (Musik).Uraufführung: 10.1.2010 in Düsseldorf, Jörg Schade(Erzähler), Düsseldorfer Symphoniker, Jugendsin-fonieorchester der Tonhalle Düsseldorf, Leitung:Ernst von MarschallBesetzung: Solo: Klar – Orchester: Fl – Schlg – Str;Blasorchester: Picc, Fl, 2 Ob, 2 Klar, 2 Fag, 2 Hn,Schlg (3–5)Aufführungsdauer: ca. 65 MinutenVerlag: Cecilia Music Concept, Köln, Vertrieb: Alkor

Die Rettung desStreichorchestersDas neue Kinderorchesterstück „Ali Baba und die40 Streicher“ von Tarkmann und Stähling

Sandstürme, Banditen und eine hilfsbereite Schlan-ge: Im Kinderstück „Ali Baba und die 40 Streicher“ist viel los. Sogar ein Walzer erklingt im fernen Ara-bien. Am Ende dürfen die Streicher zusammen mitden Bläsern wieder für den Großwesir spielen.

Was ist eigentlich aus Ali Baba geworden, dem Heldendes berühmten Märchens um eine sagenhafte Schatz-höhle, nachdem er all die Reichtümer gefunden hatte?Dieser Frage geht das neue Konzertmärchen von JörgSchade und Franz-Georg Stähling nach.

Tatsächlich weiß der Märchenerzähler Muraf zu er-zählen, dass der orientalische Held Ali Baba nun als Kla-rinettist am Hofe des Großwesirs Abdul Ben Demhach-mat dient. Der musikliebende Herrscher lässt sich all-morgendlich von seinem hofeigenen Streichorchesteraus dem Schlaf musizieren. Doch auf inniges Bitten sei-ner neuen Frau – Suleika, der Anmutigen – müssen dieStreicher für ein Blasorchester Platz machen, dessenmarkante Töne der neuen Herrscherin viel besser gefal-len. Schweren Herzens schickt der Großwesir seine Strei-cher in die Wüste. Doch ein kleiner Hoffnungsschimmerbleibt dem wackeren Orchester: Gelingt es den Musikerninnerhalb kürzester Zeit, einen fliegenden Teppich her-beizuschaffen, sollen sie am Hofe wieder geduldet sein.

Also machen sich Geigen, Violoncelli, Bratschen undKontrabässe gemeinsam mit Ali Baba und dem Schlag-zeuger Jossi auf den beschwerlichen Weg durch die Wüs-te, denn in der Schatzhöhle, die Ali Baba einst entdeck-te, glaubt er unter all den Schätzen auch einen fliegen-den Teppich gesehen zu haben.

Doch bei dieser abenteuerlichen Reise der Orchester-karawane müssen die geplagten Musiker allerlei Gefah-ren trotzen. Sie müssen Sandstürme überstehen, einewilde Banditenbande mit Walzerklängen besänftigenund einer einsamen Schlange ein Ständchen bringen.

Mit Hilfe dieses musikalischen Reptils können sieschließlich auch das geheimnisvolle Eingangstor derSchatzhöhle öffnen, da Ali Baba leider das Zauberwortvergessen hat. Unter den Schätzen findet sich zunächstkein fliegender Teppich, doch nachdem das Orchesterein letztes trauriges Abschiedskonzert gegeben hat, of-fenbart sich ein kleiner Teppichläufer, der die ganze Zeitunter dem Schlagzeug ruhte, als ein Vertreter der flie-genden Teppiche. In letzter Minute kann Ali Baba denPalast erreichen und da er die erforderlichen Geldmit-tel für zwei Orchester aus der Schatzhöhle gleich mit-bringt, haben von nun an das Streichorchester und dasBlasorchester als vereinigter Klangkörper für das wohl-klingende Wecken aller Palastbewohner zu sorgen.

Die Musik zu diesem Konzertmärchen hat AndreasN. Tarkmann komponiert. Dem arrivierten Komponis-ten zahlreicher erfolgreicher Orchesterstücke für Kinder-und Familienkonzerte, darunter Der Mistkäfer, „Na war-te, sagte Schwarte“, Die Prinzessin auf der Erbse und Dieverlorene Melodie (alle über die Alkor-Edition lieferbar),ist wieder eine farbige, brillant instrumentierte Musikgelungen, die bei der Uraufführung in der DüsseldorferTonhalle große Begeisterung auslöste. Das besondereKonzept dieser Partitur ist die Einbindung zweier Klang-körper: Neben dem professionellen Orchester (mit nurzwei Bläsern, Schlagzeug und Streichern) wirkt aucheine Blaskapelle mit, die durchaus von guten Laien (etwaeinem Jugendblasorchester) gespielt werden kann. Ganzder Geschichte folgend, spielen beide Orchester erst amSchluss zusammen – als dramatischer und musikali-scher Höhepunkt. Die Musik Tarkmanns verdeutlichtauf das Anschaulichste die Geschichte von Ali Baba undden 40 Streichern. Neben hauptsächlich eigenen Kom-positionen finden auch zwei Sätze aus der Janitscharen-musik zu Mozarts Entführung Verwendung, sowie derÄgyptische Marsch von Johann Strauss jr. Dieser Marschist auch die Vorlage zu einem Lied von Schade und Tark-mann („Der Marsch durch die Wüste“), in das alle miteinstimmen dürfen. FGS

Maxfield Parrish: Ali Baba (1909)

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Faszination Oper

Bärenreiterw w w . b a e r e n r e i t e r . c o m

Silke LeopoldHändel. Die OpernSilke Leopold geht der Frage nach, wie Händels Opern in damaliger Zeit wahrgenommen wurden und warum diese Werke das heutige Publikum so begeistern. Die Autorin behandelt Händels Musik und seine Fähigkeit, den handelnden Personen in ihren Arien und Ensembles einen unverwechsel-baren Charakter zu verleihen, sie als Menschen, nicht als typisierte Figuren erscheinen zu lassen. Er entlockt ihnen ihre Geheimnisse, ohne sie zu denunzieren. Das Buch enthält außerdem ein Lexikon aller Händel-Opern mit ausführlichen Angaben zur Besetzung, zur Stoffgeschichte und zum Inhalt.

324 S.; geb. mit SchutzumschlagISBN 978-3-7618-1991-3 · € 39,95 / CHF 71.90

»Ihre Kommentare sind frisch und belebend. Sie analy-siert und interpretiert die dramatische Rolle der dazu-gehörenden Musik. Das alles in einer lustvoll geschrie-benen Sprache, die Wissenscha� lichkeit und spannende Lektüre glänzend zu verbinden versteht. So verführt Leopolds Arbeit gerade dazu, mehr als ein traditioneller Opernführer, sich vergnüglich und erhellend Händels Opera-Opus zu nähern.« (nmz)

»Man möchte es jedem Regisseur in die Hand drücken, der sich an eine Händel-Oper wagt. Und sei’s nur, um ihm die Arbeit zu erleichtern.« (Opernwelt)

»… unterhaltsame Lektüre für jeden begeisterten Opernfreund.« (Das Opernglas)

»Eines wird Leopolds Lektüre nie: trocken und wissen-scha� lich, denn sie ist eine wunderbare Schreiberin.« (Mannheimer Morgen)

»Das Handbuch ... ist glänzend geschrieben, bestechend argumentiert, die Ästhetik der Opera seria meisterha� rekonstruierend.« (ZEIT Literatur)

»Eine Fülle von Informationen weit über den Kernbereich der Händel-Opern hinaus, verständlich auf den Punkt gebracht.« (Fono Forum)

Eine Leseprobe und das Inhaltsverzeichnis fi nden Sie im Internet: www.baerenreiter.com

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Festspielsaison 2010

Münchener BiennalePhilipp Maintz: Maldoror(Uraufführung)Musikal. Leitung: Marcus R. BoschInszenierung: Georges Delnonab 27. April 2010

Göttinger Händel-FestspieleGeorg Friedrich Händel:TamerlanoMusikal. Leitung: NicholasMcGeganInszenierung: Johanna Garpeab 14. Mai 2010

Salzburger PfingstfestspieleWolfgang Amadeus Mozart:Betulia liberataOrchestra Giovanile LuigiCherubini

Musikal. Leitung: Riccardo MutiInszenierung: Marco Gandini21./23. Mai 2010

Baden-Baden, Pfingst-FestspieleGeorges Bizet: CarmenMusikal. Leitung: TeodorCurrentzisInszenierung: Philippe Arlaud22./24./26. Mai 2010

Drottningholm, Opera FestivalWolfgang Amadeus Mozart:La finta giardinieraMusikal. Leitung: Mark TatlowInszenierung: Per-Erik Öhrnab 30. Mai 2010

Wolfgang Amadeus Mozart:Don Giovanni

Musikal. Leitung: Mark TatlowInszenierung: Johanna Garpeab 31. Juli 2010

Garsington OperaWolfgang Amadeus Mozart:Le nozze di FigaroMusikal. Leitung: Douglas BoydInszenierung: John Coxab 2. Juni 2010

Schwetzinger FestspieleMichael Jarrell:Le Père (Uraufführung)Mitglieder der Neuen Vokal-solisten Stuttgart, Les Percus-sions de StrasbourgInszenierung: André Wilmsab 3. Juni 2010

Händel-Festspiele HalleGeorg Friedrich Händel: OrlandoHändelfestspielorchester HalleMusikal. Leitung: Bernhard ForckInszenierung: Nicola Hümpelab 4. Juni 2010

Georg Friedrich Händel:MessiahTölzer Knabenchor, l’arte delmondoLeitung: Werner Ehrhardt5. Juni 2010

Georg Friedrich Händel:Il FloridanteMusikalische Leitung:Christopher MouldsInszenierung: Vincent Boussard9. Juni 2010

Zürcher FestspieleGeorges Bizet: CarmenMusikal. Leitung: Zsolt HamarInszenierung: Matthias Hart-mannab 26. Juni 2010

Hannover, KunstFestSpieleHerrenhausenFrancesco Cavalli:L’Artemisia (halbszenisch)La VenexianaMusikal. Leitung: Claudio CavinaInszenierung: Paolo Reggiani26. Juni 2010auch 24. Juli 2010 Montpellier,Festival de Radio France etMontpellier (konz.)

Münchner OpernfestspieleLucia Ronchetti:Narrenschiffe (Uraufführung)Musikalischer Umzug fürSolisten, Blasorchester, Herren-chor und Passantenab 29. Juni 2010

Paris, Festival de Saint-DenisWolfgang Amadeus Mozart:Thamos, König in ÄgyptenLes Eléments, Le Cercle del’HarmonieLeitung: Jérémie Rhorer1. Juli 2010, auch 3. Juli 2010,Beaune, Festival Internationald’Opéra Baroque

„Floridante“ bei den Händelfestspielen Halle 2009, Wiederaufnahme im Juni 2010 (Foto: Gert Kiermeyer)

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Festival d’Aix-en-ProvenceWolfgang Amadeus Mozart:Don GiovanniFreiburger BarockorchesterMusikal. Leitung: Louis LangréeInszenierung: DmitriTcherniakovab 1. Juli 2010

Christoph Willibald Gluck:AlcesteFreiburger BarockorchesterMusikal. Leitung: Ivor BoltonInszenierung: Christof Loyab 2. Juli 2010

Bad Lauchstädt, TheatersommerGeorg Philipp Telemann:Der misslungene Brautwechseloder Richardus IMusikal. Leitung: MichaelSchönheitInszenierung: Andreas Baumann10./11. Juli 2010

Wolfgang Amadeus Mozart:Die Hochzeit des FigaroMusikal. Leitung: Harald KnauffInszenierung: Michael McCafferyKoproduktion mit der Oper Halleab 28. August 2010

Bad AiblingWolfgang Amadeus Mozart:Ascanio in AlbaMusikal. Leitung: Richard vanSchoorInszenierung: Armin Stockererab 17. Juli 2010

Nürnberg, 3. InternationaleGluck-Opern-FestspieleChristoph Willibald Gluck:Iphigénie en TaurideNürnberger Philharmoniker,Musikal. Leitung: Guido Rum-stadtInszenierung: Claus Guthab 18. Juli 2010

Christoph Willibald Gluck /Hector Berlioz: Orphée (konz.)Nürnberg Symphoniker, Leitung:Roy Goodmanab 21. Juli 2010

Isny-Oper FestivalJean-Philippe Rameau:Hippolyte et AricieMusikal. Leitung und Inszenie-rung: Hans-Christian Hauserab 20. Juli 2010

Bregenzer FestspieleJorge E. López:Traumzeit / TraumdeutungSinfonische Aktion für Instru-mentalisten im BergraumCollegium Novum Zürich,Leitung: Michael Wendeberg24. Juli 2010 (am Butzensee beiLech am Arlberg)

Savonlinna, Opera FestivalWolfgang Amadeus Mozart:Le nozze di FigaroMusikal. Leitung: Stefan KlingeleInszenierung: Ole AndersTandbergab 27. Juli 2010

Salzburger FestspieleChristoph Willibald Gluck:Orfeo ed EuridiceWiener PhilharmonikerMusikal. Leitung: Riccardo MutiInszenierung: Dieter Dornab 31. Juli 2010

Wolfgang Amadeus Mozart:Don GiovanniWiener PhilharmonikerMusikal. Leitung: Yannick Nézet-SéguinInszenierung: Claus Guthab 9. August 2010

Kammeroper Schloss RheinsbergWolfgang Amadeus Mozart:Don GiovanniMusikal. Leitung: EkkehardKlemmInszenierung: Martin Schülerab 6. August 2010

Lucerne FestivalLudwig van Beethoven:Fidelio (konz.)Arnold Schoenberg Chor, MahlerChamber Orchestra, LucerneFestival OrchestraLeitung: Claudio Abbado12./15. August 2010

Dieter Ammann: Violationfür Violoncello und Ensemble;pRESTO sOSTINATO für großesEnsembleEnsemble Intercontemporain,Leitung: Susanna Mälkki15. August 2010

Dieter Ammann:Turn (Uraufführung); Core; BoostOrchester der Lucerne FestivalAcademy, Leitung: Pierre Boulez25. August 2010

Dieter AmmannStreichquartett Nr. 1 „Geborste-ner Satz“, Streichquartett Nr. 3„Distanzenquartett“Casal Quartett28. August 2010

Erfurt, DomStufen-FestspieleGeorg Friedrich Händel/Wolfgang Amadeus Mozart:Der MessiasMusikal. Leitung: Samuel BächliInszenierung: RosamundGilmoreab 14. August 2010

Vesselina Kasarova als Carmen bei den Zürcher Opernfestspielen(Foto: Susanne Schwiertz)

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Neue Bücher

Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Messe in h-Moll.Bärenreiter Werkeinführungen. 2009. 146 Seiten mit No-tenbeispielen. € 14,95 / CHF 26.90.Der renommierte Bach-Forscher Christoph Wolff zeich-net in dieser Werkeinführung zunächst die Entstehungder h-Moll-Messe nach und beschreibt die Strategien,mit denen Bach seine Kompositionen vor dem Schick-sal des Vergessens bewahrte. Im zweiten Teil des Buchesgeht der Autor auf die musikalische Gestaltung der ein-zelnen Werkteile und Sätze ein. Die leicht verständlicheEinführung wendet sich an alle, die sich praktisch oderwissenschaftlich mit der Messe beschäftigen wollen.

Brahms-Handbuch. Hrsg. von Wolfgang Sandberger.Bärenreiter-Verlag / J. B. Metzler 2009. 662 Seiten. € 64,95/ CHF 100.00.Das Brahms-Handbuch ist das umfassendste und aktu-ellste Kompendium zu Leben, Werk und Rezeption die-ses Komponisten. Es verbindet die positiven Aspekteeines Nachschlagewerkes mit den Vorzügen eines ver-ständlichen, gut geschriebenen Lesebuches. Renom-mierte Autoren der Brahms-Forschung haben sich andem Handbuch beteiligt. Zahlreiche Abbildungen ausden einzigartigen Beständen des Brahms-Instituts ander Musikhochschule Lübeck, eine Zeittafel, ein Werk-verzeichnis sowie Namen- und Werkregister runden die-se Gesamtdarstellung ab.

Mahler-Handbuch. Hrsg. von Bernd Sponheuer undWolfram Steinbeck. Bärenreiter-Verlag / J. B. Metzler2010. ca. 456 Seiten ca. € 64,95 / CHF 100.00 (April 2010).Das Mahler-Handbuch entwirft eine aktuelle Darstel-lung der Persönlichkeit und des Werks Gustav Mahlers– ohne den Ehrgeiz, ein neues Mahler-Bild zu entwickeln,aber nicht ohne innovative Sichtweisen im Einzelnen.Im Zentrum steht die ausführliche Darstellung der Wer-ke. Auch die vielfältige Mahler-Rezeption wird ausführ-lich präsentiert. Zeittafel, Bibliographie, Werkverzeich-nis und Register ergänzen das Handbuch.

Leoš Janáček. Thema con variazioni. Briefwechsel mitseiner Frau Zdenka und seiner Tochter Olga. Übersetztvon Pamela Zurkirch. Ausgewählt von Jakob Knaus.Hrsg. von der Leoš-Janáček-Gesellschaft. Bärenreiter-Verlag 2009. 380 Seiten. € 39,95 / CHF 71.90.459 Briefe aus dem Briefwechsel von Leoš Janáček mitseiner Frau Zdenka und seiner Tochter Olga, geschrie-ben zwischen 1893 und 1928, sind in diesem Band ver-sammelt. Die neuen Einblicke in die private Korrespon-denz sind als Ergänzung der frühen Briefe an Zdenkaaus Leipzig und Wien (1879/80) zu sehen und rücken dasdurch Zdenkas Memoiren entstandene einseitig nega-tive Bild des Komponisten zurecht. Janáček zeigt sich indiesen Briefen rührend und zutiefst besorgt um das

Wohlbefinden von Frau und Tochter. Zugleich erfährtman zahlreiche interessante Details über die Hinter-gründe des Schaffensprozesses und bemerkt die unbän-dige Freude über die endlich einsetzende Anerkennungals Komponist in Prag.

Kai Köpp: Handbuch historische Orchesterpraxis. Barock– Klassik – Romantik. Bärenreiter-Verlag 2009. 378 Sei-ten. € 34,95 / CHF 62.90.Während die historische Orchesterpraxis bislang vorallem aus der Außenperspektive beschrieben wurde (Be-setzung, Aufstellung, Orchesterleitung), steht hier dieFrage nach der Spielpraxis im Zentrum. Eine Schlüssel-rolle spielen Vortragsnormen, die nicht Bestandteil desNotentextes waren und sich teilweise auch der exaktenNotation entziehen. Vierzehn kommentierte Fallbei-spiele aus Barock, Klassik und Romantik von Lully überGluck und Mozart bis zu Weber und Spohr eröffnen dieMöglichkeit, die Informationen des Handbuches prak-tisch zu erschließen. Das praxisorientierte Handbuchrichtet sich an alle, die sich mit der Interpretation vonOrchesterwerken beschäftigen: Musiker, Dirigenten,Musikwissenschaftler, Herausgeber sowie interessier-te Laien.

Thomas Schipperges: Musik und Bibel. 111 Figuren undMotive, Themen und Texte. Bärenreiter Basiswissen.Band 1: Altes Testament. 146 Seiten; Band 2: Neues Tes-tament. 144 Seiten. Je € 12,95 / CHF 23.30.Die beiden neuen Bände der Reihe „Bärenreiter Basis-wissen“ richten sich an Schüler, Studierende, Liebhabergeistlicher Musik, Musiker, Theologen und Journalisten.Sie stellen die uns heute oft nicht mehr vertrauten Per-sonen, Motive, Themen, die in der Vokalmusik immerwieder erscheinen, in 111 jeweils zweiseitigen, anschau-lichen Einzelporträts vor. Handlich wie ein Nachschla-gewerk aufgebaut, folgen die Porträts von der Schöpfungbis zur Apokalypse der Reihenfolge der biblischen Bü-cher.

Pascal Gallois: Die Spieltechnik des Fagotts (deutsch,englisch, französisch). Bärenreiter-Verlag 2009. 126 Sei-ten mit zwei CDs. € 49,95 / CHF 89.90.Pascal Gallois ist einer der international renommiertes-ten Fagottisten. Sein Buch erläutert erstmals sämtlichespiel- und klangtechnischen Möglichkeiten des Fagottsin systematischer Form und zeigt den Instrumentalis-ten anhand instruktiver Anleitungen den Weg zur Be-herrschung dieser Techniken auf und informiertgleichermaßen Komponisten über die Klangmöglich-keiten wie auch über die Besonderheiten der Notation.Dem Buch liegen zwei von Pascal Gallois eingespielteCDs zur Klangkontrolle und Information bei.

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Nachrichten

Als Fortsetzung der „Neuen Bach-Ausgabe“ kündigendas Bach-Archiv Leipzig und der Bärenreiter-Verlag an:Johann Sebastian Bach: Neue Ausgabe sämtlicher Wer-ke. Revidierte Edition (NBArev). In den nächsten Jahrenwerden etwa 15 Bände erscheinen, die auf Basis neues-ter musikwissenschaftlicher Erkenntnisse und Bewer-tungen zentrale Werke Bachs für Wissenschaft und Pra-xis bereitstellen. Eröffnet wird die NBArev mit Uwe WolfsNeuausgabe der h-Moll-Messe. Sie erscheint Mitte 2010.

Das Packard Humanities Institute und die Internatio-nale Stiftung Mozarteum haben die Faksimile-Editionder handschriftlichen Partituren von Wolfgang Amade-us Mozarts Meisteropern Idomeneo, Die Entführung ausdem Serail, Le nozze di Figaro, Don Giovanni, Così fantutte, Die Zauberflöte und La clemenza di Tito abge-schlossen. Damit werden erstmals alle sieben Partitu-ren in Mozarts Handschrift Musikern, Forschern undLiebhabern zugänglich gemacht. Die jeweils aus zweioder drei Faksimilebänden und einem Textband beste-henden Sets, die in Fotographie, Druck und AusstattungMaßstäbe setzen, sind über den Bärenreiter-Verlag er-hältlich. Jedes Opernset kostet € 248/CHF 446.–.

Emmanuel Chabriers „L’Etoile“ ist auf dem Weg ins Re-pertoire. Nach zwei erfolgreichen Inszenierungen amGrand Théâtre de Génève (4.11.2009, Musikal. Leitung:Jean-Yves Ossonce, Inszenierung: Jérome Savary) undam Theater Bielefeld (7.11.2009, Musikal. Leitung: PeterKuhn, Inszenierung: Robert Lehmeier) plant die Staats-oper Unter den Linden Berlin am 16.5.2010 eine Neupro-duktion. Am Pult steht Sir Simon Rattle, es inszeniertDale Duesing. Alle drei Häuser verwenden das neueAufführungsmaterial auf der Basis des Bandes in derReihe „L’Opéra français“ (Bärenreiter-Verlag). Weitere In-fos: [t]akte 2/2009 und www.takte-online.de

Andrea Lorenzo Scartazzinis Oper WUT wird am 10. Sep-tember 2010 am Stadttheater Bern seine Schweizer Erst-aufführung erleben (Musikal. Leitung: Dorian Keilhack,Inszenierung: Dieter Kaegi). Aus der alten portugiesi-schen Geschichte vom Kronprinzen Pedro, der seine er-mordete Geliebte exhumieren und zur Königin krönenlässt, haben der Schweizer Komponist und sein Libret-tist Christian Martin Fuchs ein packendes Musikthea-terwerk gestaltet. „Bilder von packender Kraft“, urteilteReinhard Schulz in der Süddeutschen Zeitung, und derKritiker von Musik & Theater schrieb: „Die Partiturleuchtet tief in menschliche Abgründe“.

Im nächsten Jahr wird Franz Liszts gedacht. Der Kom-ponist wurde vor 200 Jahren geboren. Sein OratoriumChristus ist 2008 in einer Urtext-Ausgabe bei Bärenrei-ter erschienen (Partitur und Klavierauszug käuflich,Aufführungsmaterial leihweise). Christus fügt sich in

seiner Absicht, das Leben Jesu von derGeburt über die Passion bis zur Auferste-hung musikalisch zu erfassen, nahtlos indie Tradition der am Bibelwort orientier-ten Oratorien nach Händel ein. Dabei gehtes Liszt trotz der vertrauten Sujets weni-ger um die Darstellung des Wirkens Jesuals um die meditative Wirkung, zu derenZweck er auf die ganze Breite musikali-scher Mittel zurückgreift: SymphonischeKlanggestaltung neben schlichtem Kir-chenliedstil, modal geprägte Harmonikneben kühner Chromatik, unterschiedli-che Vokal- und Instrumentalbesetzungenbis hin zu rein instrumentaler Meditati-on prägen die gesamte Komposition mitstarken Kontrasten. Das Liszt-Jahr 2011bietet Gelegenheit, das Werk wiederzu-entdecken.Stern aus Frankreich: „L’Etoile“ am Grand Théatre de Génève

Der Tod: ein Meister aus Portugal? Szenenfoto aus der Uraufführungvon Scartazzinis „WUT“ 2006 in Erfurt

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Neue CDs und DVDs

CDs

Georg Friedrich Händel:Arie italiane per bassoIldebrando D’Arcangelo, Modoantiquo, Leitung: Federico MariaSardelliDeutsche Grammophon

Bach: Violin and Voicedarauf: Johann Sebastian Bach,Bearb. Felix Mendelssohn-Bartholdy: Erbarme DichChristine Schäfer (Sopran), HilaryHahn (Violine), MünchnerKammerorchester, Leitung:Alexander LiebreichDeutsche Grammophon

Haydn-AriasSimone Saturova (Sopran),NDR Radiophilharmonie,Leitung: Alessandro di MarchiOrfeo

Hector Berlioz: Symphoniefantastique / Le Carnaval romainAnima Eterna, Leitung: Jos vanImmerseelZigZag

Jacques Offenbach:Les contes d’HoffmannWiener Philharmoniker, Leitung:James LevineOrfeo Festspieldokumente

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 6Aachener Sinfonieorchester,Marcus R. BoschCoviello

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 8Philharmonisches Staats-orchester Hamburg, Leitung:Simone YoungOehms

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 9hr-Sinfonieorchester, Leitung:Paavo JärviSony RCA

Antonín Dvořák: Čert a Kača(Die Teufelskäthe)WDR Rundfunkchor undSinfonieorchester Köln, Leitung:Gerd AlbrechtOrfeo

Antonín Dvořák: KarnevalRadio-Sinfonieorchester desSWR, Leitung: Roger NorringtonHänssler

Bohuslav Martinů: Incantation;Konzert 4 für Klavier undOrchesterRobert Kolinsky (Klavier),Sinfonieorchester Basel, Leitung:Vladimir AshkenazyOndine

Peter Michael Hamel:Miniaturen für HarfeMargit-Anna Süß (Harfe)Campanella Musica / BR Klassik

Beat Furrer: Streichquartett Nr. 3KNM BerlinKairos/WDR 3 0013132KAI

Beat Furrer: recitativo /Jonathan Harvey: SprechgesangSalome Kammer (Stimme),Peter Veale (Oboe, EnglischHorn), musikFabrik, Leitung: BeatFurrer, Peter RundelWERGO

DVDs

Wolfgang Amadeus Mozart:IdomeneoProduktion der Styriarte GrazArnold Schoenberg Chor,Concentus Musicus Wien,Musikal. Leitung: NikolausHarnoncourt, Inszenierung:Nikolaus & Philipp HarnoncourtStyriarte Festival Edition

Hector Berlioz: Benvenuto CelliniProduktion der SalzburgerFestspieleWiener Philharmoniker, Musikal.Leitung: Valery Gergiev, Inszenie-rung: Philipp StölzlNaxos

Jacques Offenbach:Les contes d’HoffmannProduktion des GrandThéâtre de GenèveOrchestre de la SuisseRomande, Musikal.Leitung: Patrick Davin,Inszenierung: Olivier PyBel Air

Ernst Krenek:Kehraus um St. StephanSymphonieorchester Vorarlberg,Produktion der BregenzerFestspiele, Musikal. Leitung: JohnAxelrod, Inszenierung: MichaelScheidlCapriccio

Francesco Cavalli: Ercole amanteProduktion der NederlandseOperaConcerto Köln, Musikal. Leitung:Ivor Bolton, Inszenierung: DavidAldenOpus Arte

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April 2010 April 2010 April 2010 April 2010

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Termine (Auswahl)

1.4.2010 Bern (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:La finta giardinieraMusikal. Leitung: DorianKeilhack, Inszenierung: AnnaDirckinck-Homfeld

1.4.2010 AmsterdamBeat Furrer: XENOS III fürSchlagzeug und Streicher;antichesisDirk Rothbrust (Schlagwerk),Ensemble Resonanz, Leitung:Beat Furrer

1.4.2010 BrüsselJean Philippe Rameau: Platée(konz.)Les Talens Lyriques, Leitung:Christophe Rousset

4.4.2010 Amsterdam (Premiere)Hector Berlioz: Les TroyensMusikal. Leitung: John Nelson,Inszenierung: Pierre Audi

10.4.2010 BruggeBeat Furrer: AriaEmilie De Voght (Sopran), NadarEnsemble, Leitung: DaanJanssensauch 11.4.2010 Sint-Niklaas

12.4.2010 Barcelona (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Die Entführung aus dem SerailMusikal. Leitung: Ivor Bolton,Inszenierung: Christof Loy

13.4.2010 Tel Aviv (Premiere)Fromental Halévy: La JuiveMusikal. Leitung: Daniel Oren,Inszenierung: David Pountney

13.4.2010 Genf (Premiere)Francesco Cavalli: La CalistoMusikal. Leitung: Andreas StoehrInszenierung: Philipp Himmel-mann

14.4.2010 Solingen (Premiere)Jacques Offenbach:Les contes d’HoffmannBergische SymphonikerMusikal. Leitung: Stephan Wehr,Inszenierung: Igor Folwill

16.4.2010 IstanbulBeat Furrer: XENOS (TürkischeErstaufführung)Ensemble Modern, Leitung: AlejoPérez

16.4.2010 Detmold (Premiere)Georg Friedrich Händel: OrlandoMusikal. Leitung: Jörg Pitsch-mann, Inszenierung: Ute M.Engelhardt

16./17.4.2010 New YorkMatthias Pintscher:Songs from Solomon’s garden(Uraufführung)Thomas Hampson (Bariton),New York Philharmonic, Leitung:Alan Gilbert

17.4.2010 Leipzig (Premiere)Christoph Willibald Gluck:AlcesteMusikal. Leitung: PaoloCarignani, Inszenierung: PeterKonwitschny

17.4.2010 London, BBC StudiosMaida ValeMatthias Pintscher: she-cholatahavah ani (Shir hashirim V);Charlotte Seither: Ricordanza;Beat Furrer: enigma(UK-Erstaufführungen)BBC Singers, Leitung: NicholasKok

17.4.2010 Radebeul (Premiere)Peter Tschaikowski: SchwanenseeMusikal. Leitung: Hans-PeterPreu, Choreographie: ReinerFeistel

22.4.2010 Wien, Theater an derWienGeorg Friedrich Händel:Giove in Argo (konz.)Il Complesso barocco, Leitung:Alan Curtis

23.4.2010 Dresden, Staats-operette (Premiere)Johann Strauss:Prinz Methusalem (Erstauffüh-rung der kritischen Neuausgabe)Musikal. Leitung: Ernst Theis,Inszenierung: Adriana Altaras

23.4.2010 München (musica viva)Manfred Trojahn: Moderato,Sinfonischer Satz, Überschrei-bung II. Zustand (Uraufführung)Symponieorchester des Baye-rischen Rundfunks, Leitung:Emilio Pomárico

23.4.2010 FrankfurtMatthias Pintscher:Songs from Solomon’s garden(Europäische Erstaufführung)Dietrich Henschel (Bariton),hr-Sinfonieorchester, Leitung:Matthias Pintscher

24.4.2010 Witten (Tage für neueKammermusik)Matthias Pintscher: Sonic eclipseI–III, neu Nr. III: OccultationKlangforum Wien, Leitung: BeatFurrer(„Occultation“ auch 26.4. Wien,Konzerthaus, Österr. Erstauffüh-rung)

24.4.2010 Chicago Opera Theater(Premiere)Francesco Cavalli: Il Giasone(Erstaufführung der Neuaus-gabe)Musikal. Leitung: ChristianCurnyn, Inszenierung: JustinWay

24.4.2010 Dessau (Premiere)Daniel-Francois-Esprit Auber:Die Stumme von PorticiMusikal. Leitung: AntonyHermus, Inszenierung: AndréBücker

24.4.2010 Bilbao (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Le nozze di FigaroMusikal. Leitung: Eduardo López-Banzo, Inszenierung: Emilio Sagi

25.4.2010 Witten (Tage für neueKammermusik)Miroslav Srnka: Tree of Heaven(Uraufführung)Zebra Trio (Ernst Kovacic, Violine;Steven Dann, Viola; AnssiKarttunen, Violoncello)

25.4.2010 Witten (Tage für neueKammermusik)Beat Furrer: Xenos-Szenenfür Chor und EnsembleVokalensemble Nova, Klang-forum Wien, Leitung: Beat Furrer(auch 26.4. Wien, Österr.Erstaufführung)

25.4.2010 Königslutter (Wieder-eröffnung des Kaiserdoms)Manfred Trojahn:Magnificat für zwei Soprane undOrchester (Uraufführung)N. N., N. N. (Sopran), Staats-orchester Braunschweig,Leitung: Manfred Trojahn

25.4.2010 KarlsruheLeoš Janáček: Tagebuch einesVerschollenen (halbszenisch)Musikal. Leitung und Klavier:Justin Brown, Inszenierung:Achim Thorwald

27.4.2010 AthenTheodore Antoniou:Nenikimamen

30.4.2010 WashingtonMatthias Pintscher:Study IV for Treatise on the VeilJack Quartet

30.4.2010 Rennes (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Lucio SillaMusikal. Leitung: ClaudeSchnitzler, Inszenierung:Emmanuelle Bastet

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Mai 2010 Mai 2010 Juni 2010Mai / Juni 2010

Termine (Auswahl)

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8.5.2010 Aachen (Premiere)Philipp Maintz: MaldororMusikal. Leitung: Markus Bosch,Inszenierung: Georges Delnon

8.5.2010 TrentoMatthias Pintscher: On a clear dayEmanuele Torquati (Klavier)

8.5.2010 Kassel (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart/Manfred Trojahn:La clemenza di TitoMusikal. Leitung: AlexanderHannemann, Inszenierung:Johannes Schütz

9.5.2010 Ronco s/Ascona (CH)Dieter Ammann:Gehörte Form – HommagesMondrian Ensemble

9.5.2010 Annaberg (Premiere)Georges Bizet: CarmenMusikal. Leitung: Dieter Klug,Inszenierung: Hans-HermannKrug

13./14.5.2010 MünchenMatthias Pintscher:towards OsirisSymphonieorchester desBayerischen Rundfunks, Leitung:Vladimir Jurowsky

13.5.2010 LeipzigLeoš Janáček:Glagolitische MesseSolisten und Chor der OperLeipzig, GewandhausorchesterLeitung: Ulf Schirmer

13.5.2010 BeijingGeorges Bizet: CarmenMusikal. Leitung: ChenZuohuangInszenierung: N. N.

14.5.2010 BeijingRudolf Kelterborn:Fantasien und Flashes für 13Streicher (Uraufführung)Festival Strings LucerneLeitung: Achim Fiedler

14.5.2010 Berlin (Philharmonie)Hector Berlioz: Le roi des AulnesJonas Kaufmann (Tenor),Berliner Philharmoniker, Leitung:Claudio Abbadoauch 15./16.5.2010

15.5.2010 GlasgowMatthias Pintscher: celestialobject I for solo trumpet andensemble; Transir für Flöte undKammerorchesterMark O’Keeffe (Trompete),Sebastian Wittiber (Flöte),BBC Scottish Symphony Orchestra,Leitung: Matthias Pintscher

16.5.2010 Berlin, DeutscheStaatsoper (Premiere)Emmanuel Chabrier: L’EtoileMusikal. Leitung: Sir SimonRattle, Inszenierung: DaleDuesing

20./21.5.2010 Karlsruhe, ZKMMatthias Pintscher: she-cholatahavah ani (Shir hashirim V)SWR Vokalensemble, Leitung:David Jones

21.5.2010 Basel (Premiere)Francesco Cavalli: La CalistoMusikal. Leitung: AndreaMarcon, Inszenierung: Jan Bosse

22.5.2010 Baden-Baden (Premiere)Georges Bizet: CarmenMusikalische Leitung: TeodorCurrentzis, Regie: PhilippeArlaud

27.5.2010 Paris (Goethe-Institut)Philipp Maintz: Neues Werk fürFlöte, Klarinette, Violine,Violoncello und Klavier (Urauf-führung); Klaus Huber: AskeseEnsemble Alternance

28.5.2010 Prag (Prager Frühling)Miroslav Srnka:Escape Routines (Uraufführung)Thomas Martin (Klarinette), Si-Jing Hang (Violine), Mark Ludwig(Viola), Sato Knudsen (Violoncel-lo), Kateřina Englichová (Harfe)

30.5.2010 Zürich (Premiere)Antonín Dvořák: RusalkaMusikal. Leitung: VladimirFedoseyev, Inszenierung:Matthias Hartmann

30.5.2010 Dortmund (Premiere)Christoph Willibald Gluck:Orphée et EuridiceMusikal. Leitung: Jac van Steen,Inszenierung: Christine Mielitz

4.6.2010 Schloss Wolfenbüttel(Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart: ZaideProduktion des StaatstheatersBraunschweig, Musikal. Leitung:Sebastian Beckedorf, Inszenie-rung: Rebekka Stanzel

5.6.2010 Kiel (Premiere)Charles Gounod: MargareteMusikal. Leitung: Mariano Rivas,Inszenierung: Georg Köhl

5./6.6.2010 Wien (Musikverein)Wolfgang Amadeus Mozart:Il sogno di ScipioneConcentus Musicus Wien,Leitung: Nikolaus Harnoncourt

7.6.2010 GöttingenRudolf Kelterborn:Fünf kleine Stücke für 8 Cellisten(Uraufführung)Violoncellisten des GöttingerSymphonie Orchesters

8.6.2010 Berlin (BKA-Theater –„Unerhörte Musik“)Charlotte Seither: Echoes, edgesFabio Grasso (Klavier)

11.6.2010 Paris (Cité de la Musique)Matthias Pintscher:Verzeichnete Spur für Kontra-bass, drei Violoncelli, Instrumen-te und Live-Elektronik (Franz.Erstaufführung)Ensemble Intercontemporain,Leitung: Ludovic Morlot

12.6.2010 Wien, Volksoper(Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Die Entführung aus dem SerailMusikal. Leitung: Sascha Goetzel,Inszenierung: Igor Bauersima

13.6.2010 Frankfurt (Premiere)Hector Berlioz: La damnation deFaustMusikal. Leitung: Julia Jones,Inszenierung: Harry Kupfer

15.6.2010 Liège (Premiere)Modest Mussorgski:Boris GodunowMusikal. Leitung: PaoloArrivabeni, Inszenierung: PetrikaIonesco

19.6.2010 Würzburg (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Le nozze di FigaroMusikal. Leitung: Jonathan Sears,Regie: Marcus Lobbes

19.6.2010 Kassel (Premiere)Charles Gounod: FaustMusikal. Leitung: Marco Comin,Inszenierung: Nadja Loschky

19.6.2010 Mainz (Premiere)Bedřich Smetana:Die verkaufte BrautMusikal. Leitung: CatherineRückwardt, Inszenierung:Tatjana Gürbaca

20.6.2010 DelftBohuslav Martinů:Rhapsody-ConcertoDelfts Symphonie Orkest,Leitung: Peter Gaasterlandauch 26.6.2010 Den Haag

24.6.2010 Paris, Atelier Lyrique(Premiere)Bohuslav Martinů: Mirandolina(Franz. Erstaufführung)Musikal. Leitung: MariusStieghorst, Inszenierung:Stephen Taylor

26.6.2010 Freiburg, Hochschulefür Musik (Premiere)Joseph Haydn:La fedeltà premiataMusikal. Leitung: Scott Sandmeier

30.6.2010 Graz, KunstuniversitätBeat Furrer: Apon; FAMA, Szene 1Klangforum WienLeitung: Emilio Pomárico

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Mozarts große OpernPackard Humanities Institute (Los Altos, Kalifornien) und die Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg präsentieren die Handschriften der sieben großen Mozart-Opern

Mozarts sieben große Opern, der geniale Beitrag zum Musiktheater und kulturelles Welterbe, sind ohnegleichen an menschlicher Tiefe und musikalischem Ausdruck. Durch glückliche Umstände sind alle sieben Opern-Partituren fast vollständig in Mozarts Handschrift erhalten.

Die Faksimiles• Zusammenführung der an unterschiedlichen

Orten aufbewahrten Handschriften Mozarts• Höchster Grad an präziser Wiedergabe

und Farbechtheit durch Einsatz modernster Technik

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Così fan tutte KV 588** ISBN 978-3-7618-1884-8

Die Zauberflöte KV 620** ISBN 978-3-7618-1885-5

La clemenza di Tito KV 621* ISBN 978-3-7618-1886-2

* 1 Notenband + Textband, ** 2 Notenbände + TextbandFormat: 34 x 26 cm; Halbleder mit Goldprägung; E248,– / CHF 446.00 pro Opern-Set

Idomeneo KV 366 mit Ballett KV 367**ISBN 978-3-7618-1880-0

Die Entführung aus dem Serail KV 384* ISBN 978-3-7618-1881-7

Le nozze di Figaro KV 492** ISBN 978-3-7618-1882-4

Don Giovanni KV 527** ISBN 978-3-7618-1883-1

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36 [t]akte 1I2010

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[t]akteDas Bärenreiter-Magazin

Redaktion:

Johannes MundryBärenreiter-VerlagHeinrich-Schütz-Allee 35D - 34131 KasselTel.: 0561 / 3105-154Fax: 0561 / [email protected]

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Editio Bärenreiter PrahaJana Urbanová[email protected] [email protected].: ++420 274 0019 11www.sheetmusic.cz

(SPA 51/08)

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2./3.7.2010 Gotha (Ekhof-Theater)Georg Philipp Telemann:Richardus IMusikal. Leitung: MichaelSchönheit, Regie: AndreasBaumann

3.7.2010 Metz (Festival„Acanthes“)Beat Furrer: „Lotófagos“-Szenenfür zwei Soprane und Ensemble(Franz. Erstaufführung)N. N., N. N. (Sopran), EnsembleContrechamps

9.7.2010 Würzburg, Hochschulefür Musik (Premiere)Domenico Cimarosa:Der Operndirektor

10.7.2010 MetzMatthias Pintscher: Study IV forTreatise on the Veil for stringquartet (Frz. Erstaufführung)Quatuor Diotima

14.7.2010 Saarbrücken, Hoch-schule für Musik (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Così fan tutteMusikal. Leitung: Richard vanSchoor, Inszenierung: ArminStockerer

15.7.2010 Santiago de Chile(Premiere)Georg Friedrich Händel: AlcinaMusikal. Leitung: Federico MariaSardelli, Inszenierung: EnriqueBordolini

18.7.2010 Schwetzingen (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:La clemenza di TitoChor und Orchester des Natio-naltheaters MannheimMusikal. Leitung: Dan Ettinger,Inszenierung: Günter Krämer

24.7.2010 Kuala LumpurHector Berlioz: La damnation deFaustMalaysian PhilharmonicOrchestra, Leitung: Claus PeterFlor

5.8.2010 Burg Gallenstein beiSt. Gallen/Gesäuse, Österreich(Arcana. Festival für Neue Musik)Beat Furrer: Xenos II für En-semble (Österr. Erstaufführung)Kammerensemble Neue MusikBerlin

7.8.2010 Burg Gallenstein beiSt. Gallen/Gesäuse, Österreich(Arcana. Festival für Neue Musik)Beat Furrer: Ferne Landschaft fürStreichtrio und Klarinette(Uraufführung)Trio Zebra, Ernesto Molinari(Klarinette)

10.9.2010 Bern (Premiere)Andrea Scartazzini: WUT(Schweizer Erstaufführung)Musikal. Leitung: DorianKeilhack, Inszenierung: DieterKaegi

10.9.2010 Biel (Premiere)Wolfgang Amadeus Mozart:Così fan tutteMusikal. Leitung: Franco Trinca,Inszenierung: Wolfram Mehring

17.9.2010 Frankfurt, Alte Oper(„Auftakt“)Beat Furrer: Begehren (konz.)Petra Hoffmann (Stimme),Ensemble Modern, ScholaHeidelberg, Leitung: Beat Furrer

17.9.2010 Hof (Premiere)Bed ich Smetana:Die verkaufte BrautMusikal. Leitung: N. N., Inszenie-rung: N. N.

18.9.2010 Braunschweig (Premiere)Georges Bizet: CarmenMusikal. Leitung: Alexander Joel,Inszenierung: Joël Lauwers

25.9.2010 Lübeck (Premiere)Jacques Offenbach:Les contes d’HoffmannMusikal. Leitung: Urs-MichaelTheus, Inszenierung: N. N.

26.9.2010 Frankfurt, Alte Oper(„Auftakt“)Beat Furrer: Neues Werk(Uraufführung)Junge Deutsche Philharmonie,Leitung: Peter Rundel

30.9.2010 Berlin (Philharmonie)Bohuslav Martin : Juliette.Drei Fragmente aus der OperBerliner Philharmoniker, Leitung:Charles Mackerras

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