TA_LSE_LETZTE_64_05.06.2008_.ps
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TA LSE LETZTE 64 05.06.2008 05.06.08 08:49:30
C: Rhea.B: Indra.
W I E D E R M E I S T E R , S O D E R H U N D
Wem gehört welcher Hund?Auflösung in der morgigen Ausgabe
Anita Honegger.Gertrud Bachmann. Katja Hink.BILDER LAURA SCHURR
Trudy Köhler.
A: Daphne.
DIE LETZTE64 Tages-Anzeiger · Donnerstag, 5. Juni 2008
SA: O-TONFR: ESSEN & TRINKENDO: KÖPFEMI: JUNGDI: SCHAUFENSTERMO: LEUTE
D: Butch.
dabei erst noch frischeWald- statt ab-gasgeschwängerte Ver-kehrsluft atmen. «DiePfadi ist sicher keinschlechter Verein», gibtder 15-Jährige diploma-tisch zu Protokoll. Erweiss aber nicht, obLangnau überhaupt einePfadi hat, und es scheintihn nicht sonderlich zuinteressieren. «Es gefälltmir bei den Kadetten.»
Das hat auch an seinerLiebe zu Motoren zu tun.Patrick ist Formel-1-Fan,liest die Automagazinedes Vaters und erkenntdie meisten Automarkenvon weitem. Mofas darfer schon fahren, und fürihn ist klar, dass er mit 16die Rollerprüfung undmit der Volljährigkeitschnellstmöglich die Au-toprüfung machen wird.Die Fahrstunden wird eraus seinem Kadettensoldbezahlen; 1500 Frankenhaben sich bereits zu-sammengeläppert.
Der Autodirigent
Die Autofahrer teilt erin drei Kategorien ein:freundliche, unfreundli-che und solche, die beimWarten auf sein Zeichenfast einschlafen. Manch-mal gebe es wildeHupkonzerte verärgerterLenker, erzählt Patrick.Da heisst es: Nicht hinhö-ren, Ruhe bewahren.Manche rufen ihm «Trot-tel» nach, andere bedan-ken sich winkend für dieDurchfahrt. Wie gefälltes ihm denn, in so jungenJahren schon Herr derAutos zu sein? Er horchtauf. «Herr der Autos?»Ein Lächeln stiehlt sichauf sein Gesicht. «Cooler
Ausdruck!» Er relativiert abergleich; er sei ja nicht Chef aller Len-ker. «Ich bestimme bloss, wann siefahren dürfen und wann nicht.»Dann fügt er verschmitzt an: «Aberes ist schon lässig, all die Autos zudirigieren; für einige Stunden‹Herr der Autos› zu sein, auchwenn – oder gerade weil – ich selbstnoch keines fahren darf.»
Patrick Schlumpf ist seitdrei Jahren ein Verkehrs-kadett. Er mag Autos undsteht gern auf den Strassen– auch wenn seine Kollegendies uncool finden.
Von Nicole Trossmann
Langnau. – Im Café, in dem dasGespräch für die Zeitung stattfin-det, bestellt sich Patrick Schlumpferwartungsgemäss eine Cola. Erträgt Labelshirt und Kapuzenpulli,wie viele seines Alters. Dann abersorgt der 15-Jährige für Erstaunen,indem er einen dicken Ordner undeine noch dickere Aktenmappe ausdem Rucksack kramt, das Café-tischchen ächzt unter der unge-wohnten Last. Die Papierstapel do-kumentieren Patricks drei Jahrebei den Verkehrskadetten, so sau-ber sortiert, wie man es eher voneinem gestandenen Banker dennvon einem Teenager erwartenwürde. Patrick blättert sich durchRapporte von Einsätzen – letztesJahr hatte er rund 16 –, Aufgeboteund Soldblätter. Sogar den erstenBrief, den er von den Verkehrska-detten bekam, bewahrte er auf: dieEinladung zur Infoveranstaltung.
Skeptische Mutter
Diese markierte den Anfang, alssie, an den Sohn adressiert, vordrei Jahren ins Haus derSchlumpfs in Langnau flatterte.Die Mutter sah den Absender undlegte den Brief nur widerwillig inPatricks Zimmer, wie er Jahre spä-ter erfahren sollte: Das Mami habesich Sorgen gemacht um die Ge-sundheit des Sohnes, wenn derstundenlang Abgasen ausgesetzt
Der Herr der Autos bestimmt, wo es langgehtsei. Patrick selbst störtsich nicht daran: «Ichtreibe viel Sport, essenicht ungesund und rau-che nicht.» Heute ist erfroh, dass der Vater dieMutter überzeugte, demSohn das neue Hobby zuerlauben: «Danke, Papi.»
6 Franken pro Stunde
Patrick besuchte dieInfoveranstaltung, beur-teilte sie als «spannend»und entschied, die Aus-bildung zum Verkehrs-kadetten in Angriff zunehmen. Seine Wochen-enden seien frei gewe-sen; die Gitarrenstun-den, der Turnvereinwie die Leichtathletikfielen auf Werktage.Verspürte er denn Lang-weile an den Samstagen?Er schüttelt denKopf. Selbstverständlichkönne er sich selbst be-schäftigen. «Ein weiteresHobby hat aber zeitlichnoch reingepasst.» Wie-der erstaunt der Jugend-liche durch seine Aus-drucksweise, die sehr er-wachsen anmutet.
Der Anfang der Aus-bildung war hart: «Eswar Winter, wir standeneine Ewigkeit auf denStrassen, in Reih undGlied, jeweils einer diri-gierte die Autos.» Nacheinem halben Jahr Aus-bildung – eine lange Zeitfür einen Zwölfjährigen –galt Patrick als Anwärter,bei der nächsten Gene-ralversammlung wurdeer aufgenommen, durftesich von nun an Ver-kehrskadett nennen underhielt 6 Franken Lohnpro Stunde.
Später stieg er zumGruppenführer auf. Mitblitzenden Augen erzählt er, wiesein Herz höher geschlagen habe,als er von der Beförderung erfuhr.Gruppenführer, nämlich, werdeman nicht einfach so: «Ich mussteimmer pünktlich sein, gute Ein-sätze leisten, mitdenken statt nurmitmachen, eigene Vorschlägebringen, kurz: positiv auffallen.»Unter der neuen Verantwortung
blüht er auf; manches darf er schonselbst entscheiden. Ob er stolz seiauf seine Kaderposition? «Sehr zu-frieden», korrigiert er bescheiden.
Eine Schwäche für Motoren
Patrick ist mit Herzblut Ver-kehrskadett, auch wenn dies unterden Kollegen in der Schule nicht
als besonders cool empfundenwird. Als er bei einem Jugendspielin der Schwerzi auf Kollegenstösst, grinsen die von einem Ohrzum andern, als sie den Kamera-den in der ungewohnten Uniformerblicken. Patrick zuckt mit denSchultern; das macht ihm nichtsaus. Die Uniform könnte er aller-dings auch in der Pfadi tragen und
BILD SILVIA LUCKNER
Ein Junger, der auf der Strasse gelandet ist: Konzentrierter Patrick Schlumpf.
BöseWimpel
Von Christian Andiel*
Vermutlich ist es blossein ganz dummerZufall. Auf jeden Fall istes aber keine wissen-
schaftlich untermauerte Studie.Trotzdem: Auf dem Weg zurArbeit erlebte ich gleich dreikleine Hupattacken von generv-ten Automobilisten. Erst konntees ein Transporterfahrer nichtfassen, dass sein Vorfahrer nichtdoch noch bei dunkelorangeüber die Kreuzung raste; dannfühlte sich eine reife Blondineder Vorfahrt beraubt und hiebnicht nur auf die Hupe, sondernauch aufs Lenkrad und stiessbedrohlich klingende Flüche inihrer an sich schön klingendenLandessprache aus; am Endeschliesslich fand ein Jungspundden Verkehrsfluss als solcheneinfach zu langsam und mühsam.
Dreimal also suchte die ge-plagte Kreatur ihr Heil in derHupe. Was aber vor allem auffiel:Transporterfahrer und Jungspundhatten eine Schweizer Fahne amAuto montiert, die Blondine einenWimpel aus Portugal. Heisst dasnun, dass diese netten kleinenAccessoires aggressiver machen,weil man quasi die gesamteHeimatnation als Verstärkung imRücken wähnt?
Na ja, vermutlich ist es ebendoch bloss ein ganz dummerZufall. Denn sonst müsste manja den bösen, eigentlich mit nichtszu rechtfertigenden Spruch zi-tieren: Jeder Simpel hat nenWimpel.
* Christian Andiel ist Redaktor.
Z U R P E R S O N
Patrick SchlumpfDer 15-Jährige ist seit drei Jah-ren bei der Verkehrskadetten-Abteilung Albis und inzwi-schen Gruppenführer. Nachden Sommerferien geht er insGymnasium Enge, für späterliebäugelt er mit einem Job beider Polizei. Mit seiner Familiewohnt er in Langnau. (tro)