Tango für die Ohren - kulturverein- · PDF fileBond-Thema im Stück »Escualo

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Violinistin Elisabeth Horn und Stefanie Mirwald am Konzertakkordeon sind als Duo »Saiten-Zungenspiel« im Borgholzhausener Heimatmuse- um aufgetreten. Foto: Gerhards Tango für die Ohren Preisgekröntes Duo »Saiten-Zungenspiel« gibt hochkarätiges Konzert im Heimatmuseum Von Johannes G e r h a r d s Borgholzhausen (WB). Ist Tango nicht dieser nostalgische, leicht frivole Tanz mit den zackigen Bewegun- gen? Das Akkordeon weckt als »Schifferklavier« eher Assozia- tionen in Richtung Seemanns- lied. Die Besucher des Konzerts vom Duo »Saiten Zungen- spiel« legen ihre konventionel- len Vorstellungen schnell ab. Die »Belehrung« kommt von den beiden charmanten jungen Damen mit angenehm natürlicher Aus- strahlung und beeindruckender Perfektion im Instrumentalspiel. Seit 2008 spielen die Akkordeonis- tin Stefanie Mirwald und Elisabeth Horn an der Violine im Duett. In dem Jahr gewannen die beiden Ausnahmemusikerinnen den Son- derpreis der Stadt Erlangen für die »beste Interpretation eines zeitge- nössischen Werkes« beim An- schlusswettbewerbs für Bundes- preisträger von »Jugend musi- ziert«. Ihre Spezialität sind neben klassischen Stücken die Werke des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla und Elemente der so genannten »Neuen Musik« von John Cage und Georg Katzer. »Tango ist ein trauriger Gedan- ke, den man tanzen kann«, soll der argentinische Musiker und Kom- ponist Enrique Santos Discépolo gesagt haben. Piazzolla dagegen distanzierte sich vom klassischen Tango aus den Freudenhäusern und Kabaretts von Buenos Aires wegen des schlechten Rufes und schuf den »Tango Nuevo« zum Zuhören, nicht zum Tanzen. Seine faszinierenden Stücke mit Einflüssen aus Pop, Rock, Jazz und Klassik haben es den Künstlerin- nen angetan. Sie arrangieren die eigentlich für Quintette komponier- ten Werke für ihre Besetzung passend um. Die zierliche Stefanie Mirwald spielt auf ihrem 15 Kilo schweren Konzertakkordeon un- gemein variabel und nutzt dessen Kapazitäten in vollem Umfang aus. Ihre Partnerin Elisabeth Horn übernimmt die Melodiestimmen. Die sind im Original für Bandone- on konzipiert. Mit zuweilen krat- zig, schleifenden Quietschtönen, rhythmischen Schlagen des Bo- gens und Effekten, wie sie aus der Filmmusik bekannt sind, legt sie sich über die melodischen Grund- lagen und tiefsten Bassakkorde. Das alles wirkt nicht willkürlich, sondern gewollt und gekonnt. Die Klangvielfalt des Akkordeons ver- mischt sich mit dem virtuosen Geigenspiel zu einem Klang, bei dem sich der Zuhörer gelegentlich fragt, wer welche Töne produziert. Nach dem »Zillertaler Hochzeits- marsch« zu Beginn als Zugeständ- nis an herkömmliche Hörgewohn- heiten baut das Duo im Verlauf des Konzertes mühelos improvisatori- sche Elemente und augenzwin- kernde Zitate wie das James- Bond-Thema im Stück »Escualo« in die anspruchsvollen Werke ein. Der Herkunft des Namens »Sai- ten-Zungenspiel« kommen wir im zweiten Teil auf die Spur. »Nicht erschrecken, jetzt wird es mo- dern«, warnt Stefanie Mirwald und beginnt mit dem etwas gekürzten Werk gleichen Namens von Georg Katzer. Überdrehte, gehetzte, un- artikulierte Prestissimo-Passagen wechseln sich mit langen, liegen- den Tönen und einem fragilen, splitterndem Klang ab« heißt es in der Werkbeschreibung. Man wird noch hören von den Musikstuden- tinnen. Einige der Konzertbesu- cher werden sich dann wohl erin- nern: »Die habe ich doch damals bei uns in Pium live gesehen.« Westfalenblatt 8.9.2014

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Violinistin Elisabeth Horn und Stefanie Mirwald am Konzertakkordeonsind als Duo »Saiten-Zungenspiel« im Borgholzhausener Heimatmuse-um aufgetreten. Foto: Gerhards

Tango für die OhrenPreisgekröntes Duo »Saiten-Zungenspiel« gibt hochkarätiges Konzert im HeimatmuseumVon Johannes G e r h a r d s

B o r g h o l z h a u s e n(WB). Ist Tango nicht diesernostalgische, leicht frivole Tanzmit den zackigen Bewegun-gen? Das Akkordeon weckt als»Schifferklavier« eher Assozia-tionen in Richtung Seemanns-lied. Die Besucher des Konzertsvom Duo »Saiten Zungen-spiel« legen ihre konventionel-len Vorstellungen schnell ab.

Die »Belehrung« kommt von denbeiden charmanten jungen Damenmit angenehm natürlicher Aus-strahlung und beeindruckenderPerfektion im Instrumentalspiel.Seit 2008 spielen die Akkordeonis-tin Stefanie Mirwald und ElisabethHorn an der Violine im Duett. Indem Jahr gewannen die beidenAusnahmemusikerinnen den Son-derpreis der Stadt Erlangen für die»beste Interpretation eines zeitge-nössischen Werkes« beim An-schlusswettbewerbs für Bundes-preisträger von »Jugend musi-ziert«. Ihre Spezialität sind nebenklassischen Stücken die Werke desargentinischen Komponisten AstorPiazzolla und Elemente der sogenannten »Neuen Musik« vonJohn Cage und Georg Katzer.

»Tango ist ein trauriger Gedan-ke, den man tanzen kann«, soll derargentinische Musiker und Kom-ponist Enrique Santos Discépologesagt haben. Piazzolla dagegendistanzierte sich vom klassischenTango aus den Freudenhäusernund Kabaretts von Buenos Aireswegen des schlechten Rufes undschuf den »Tango Nuevo« zumZuhören, nicht zum Tanzen.

Seine faszinierenden Stücke mitEinflüssen aus Pop, Rock, Jazz undKlassik haben es den Künstlerin-

nen angetan. Sie arrangieren dieeigentlich für Quintette komponier-ten Werke für ihre Besetzungpassend um. Die zierliche StefanieMirwald spielt auf ihrem 15 Kiloschweren Konzertakkordeon un-gemein variabel und nutzt dessenKapazitäten in vollem Umfang aus.Ihre Partnerin Elisabeth Hornübernimmt die Melodiestimmen.Die sind im Original für Bandone-on konzipiert. Mit zuweilen krat-zig, schleifenden Quietschtönen,rhythmischen Schlagen des Bo-gens und Effekten, wie sie aus derFilmmusik bekannt sind, legt siesich über die melodischen Grund-lagen und tiefsten Bassakkorde.

Das alles wirkt nicht willkürlich,sondern gewollt und gekonnt. DieKlangvielfalt des Akkordeons ver-mischt sich mit dem virtuosenGeigenspiel zu einem Klang, beidem sich der Zuhörer gelegentlichfragt, wer welche Töne produziert.

Nach dem »Zillertaler Hochzeits-marsch« zu Beginn als Zugeständ-nis an herkömmliche Hörgewohn-heiten baut das Duo im Verlauf desKonzertes mühelos improvisatori-sche Elemente und augenzwin-kernde Zitate wie das James-Bond-Thema im Stück »Escualo«in die anspruchsvollen Werke ein.

Der Herkunft des Namens »Sai-ten-Zungenspiel« kommen wir imzweiten Teil auf die Spur. »Nichterschrecken, jetzt wird es mo-dern«, warnt Stefanie Mirwald undbeginnt mit dem etwas gekürztenWerk gleichen Namens von GeorgKatzer. Überdrehte, gehetzte, un-artikulierte Prestissimo-Passagenwechseln sich mit langen, liegen-den Tönen und einem fragilen,splitterndem Klang ab« heißt es inder Werkbeschreibung. Man wirdnoch hören von den Musikstuden-tinnen. Einige der Konzertbesu-cher werden sich dann wohl erin-nern: »Die habe ich doch damalsbei uns in Pium live gesehen.«

Westfalenblatt 8.9.2014