Tauchfahrt an Bord U 32bgef.de/downloads/tauchfahrt-u-32.pdf · Jane's Fighting Ships hat U 32 im...

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AUSLAND 40 Schweizer Soldat | Nr. 02 | Februar 2013 Weitere Einsätze waren auch an der Nord- flanke der NATO entlang der Küste von Norwegen gegen Überwasserkräfte vor allem der Sowjetunion vorgesehen. Die Boote der Klassen 206 und die zehn moder- nisierten Boote der Klasse 206A wurden zwischen 1971 und 1975 in Dienst gestellt. Entsprechend den geringen Wassertie- fen der Ostsee waren sie mit bloss 500 Ton- nen Verdrängung (getaucht) und bloss 48 m Länge sehr klein, äusserst geräuscharm und daher auch schwer zu orten. Zudem waren sie äusserst beweglich und konnten in der Ostsee selbst in nur 20 m Wassertiefe noch gut manövrieren. Als Besonderheit konnte diesen Booten ein Minengürtel mit 24 Mi- nen um den Rumpf montiert werden. Damit gehörte auch die Minenkriegsführung zum Aufgabenbereich der Klasse 206 und 206A. Noch vier Boote Vereinzelt ab 1979 und regelmässig ab den 90er-Jahren nahmen diese U-Boote auch an Einsätzen fernab heimischer Ge- wässer teil, vor allem im Mittelmeer und ge- legentlich zur Ausbildung in der Karibik. Aber sie eigneten sich nur bedingt für weit- reichende und länger dauernde Einsätze. Ab 1998 wurden diese Einheiten schrittweise ausser Dienst gestellt, überra- schend erfolgte im Rahmen der Bündelung finanzieller und personeller Ressourcen im Sommer 2010 die Weisung, auch die letzten sechs Boote der Klasse 206A vorzeitig still- zulegen. Im März 2011 sind diese definitiv ausser Betrieb genommen worden. Angeb- lich soll Thailand an ihnen interessiert sein. Es bleiben jetzt bloss noch die vier Boote U 31, U 32, U 33 und U 34 der mo- dernen Klasse 212A, die zwischen 2005 und 2007 in Dienst gestellt worden sind. Im Ver- laufe von 2013 und 2014 sollen die zwei Boote U 35 und U 36 dazukommen, so dass dann der Bestand an U-Booten der deut- schen Marine total sechs Einheiten beträgt. Um in Zukunft trotz des sinkenden Bestan- des eine hohe Verfügbarkeit zu gewährleis- ten, wird ein Mehrbesatzungskonzept ge- prüft und umgesetzt. Derzeit sind im 1. U- Boot-Geschwader sieben Besatzungen ver- fügbar. Bei Flensburg Der Autor hatte vor kurzem auf Einla- dung der deutschen Marine Gelegenheit, auf einem der modernen neuen U-Boote der Klasse 212A mitzufahren. Die U 32 ist wie ihre Schwesterboote in Eckernförde in der Nähe von Flensburg stationiert, ganz im Norden von Schleswig-Holstein. Sie gehört zum 1. U-Boot-Geschwader, dessen Kom- mandeur derzeit Fregattenkapitän Sascha Rackwitz ist, ein Historiker und ehemaliger Kommandant von U 26. Sein Geschwader gehört zur Einsatzflottille 1 mit Hauptquar- tier in Kiel. Am Pier in Eckernförde, das noch vor wenigen Jahren stets von zahlreichen U-Booten besetzt war, lag dieses Mal einzig U 32 (S 182). Deutsche U-Boote tragen tra- ditionellerweise keine Namen, sondern Be- zeichnungen beginnend mit U. Der Kürzel S 182 ist die internationale Immatrikula- tion für U 32. Am Nachbarpier hatten die beiden Flottendienstboote Oste (A 52) und Alster (A 50) festgemacht. Diese elektronischen Aufklärungs- schiffe gehören, wie die dritte Einheit die- ser Klasse, die Oker (A 51), ebenfalls zum 1. U-Boot-Geschwader. In Sichtweite lagen ferner das Mehrzweckboot Breitgrund (Y 866) und das Wehrforschungserprobungs- schiff Planet (3500 Tonnen), ein Schiff mit Katamaranrumpf. Später tauchte der Ten- der Main auf, der als Trossschiff für Versor- Tauchfahrt an Bord U 32 In der Schlussphase des Kalten Krieges zählte die deutsche Marine 24 U-Boote. Diesen oblag die Aufgabe, in der Ostsee einen Aufmarsch der sowjetischen Baltischen Flotte, ein Ausbrechen durchs Kattegat und Skagerrak in den Atlantik und/oder gegnerische Landungsverbände zu bekämpfen, die auf die dänischen Inseln und Jütland angesetzt waren. OBERST I GST JÜRG KÜRSENER BERICHTET AUS DER OSTSEE Das moderne deutsche U-Boot U 32 nähert sich nach der Tauchfahrt dem Pier des Stützpunktes von Eckernförde. Im Turm leitet der Kommandant, Korvettenkapitän Moritz, das Anlegemanöver. Bild: J. Kaiser-Bromme

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AUSLAND40 Schweizer Soldat | Nr. 02 | Februar 2013

Weitere Einsätze waren auch an der Nord-flanke der NATO entlang der Küste vonNorwegen gegen Überwasserkräfte vor allem der Sowjetunion vorgesehen. DieBoote der Klassen 206 und die zehn moder-nisierten Boote der Klasse 206A wurdenzwischen 1971 und 1975 in Dienst gestellt.

Entsprechend den geringen Wassertie-fen der Ostsee waren sie mit bloss 500 Ton-nen Verdrängung (getaucht) und bloss 48 mLänge sehr klein, äusserst geräuscharm unddaher auch schwer zu orten. Zudem warensie äusserst beweglich und konnten in derOstsee selbst in nur 20 m Wassertiefe nochgut manövrieren. Als Besonderheit konntediesen Booten ein Minengürtel mit 24 Mi-nen um den Rumpf montiert werden. Damitgehörte auch die Minenkriegsführung zumAufgabenbereich der Klasse 206 und 206A.

Noch vier Boote

Vereinzelt ab 1979 und regelmässig abden 90er-Jahren nahmen diese U-Booteauch an Einsätzen fernab heimischer Ge-wässer teil, vor allem im Mittelmeer und ge-legentlich zur Ausbildung in der Karibik.Aber sie eigneten sich nur bedingt für weit-reichende und länger dauernde Einsätze.

Ab 1998 wurden diese Einheitenschrittweise ausser Dienst gestellt, überra-schend erfolgte im Rahmen der Bündelungfinanzieller und personeller Ressourcen imSommer 2010 die Weisung, auch die letztensechs Boote der Klasse 206A vorzeitig still-zulegen. Im März 2011 sind diese definitivausser Betrieb genommen worden. Angeb-lich soll Thailand an ihnen interessiert sein.

Es bleiben jetzt bloss noch die vierBoote U 31, U 32, U 33 und U 34 der mo-dernen Klasse 212A, die zwischen 2005 und2007 in Dienst gestellt worden sind. Im Ver-laufe von 2013 und 2014 sollen die zweiBoote U 35 und U 36 dazukommen, so dassdann der Bestand an U-Booten der deut-schen Marine total sechs Einheiten beträgt.Um in Zukunft trotz des sinkenden Bestan-des eine hohe Verfügbarkeit zu gewährleis-

ten, wird ein Mehrbesatzungskonzept ge-prüft und umgesetzt. Derzeit sind im 1. U-Boot-Geschwader sieben Besatzungen ver-fügbar.

Bei Flensburg

Der Autor hatte vor kurzem auf Einla-dung der deutschen Marine Gelegenheit,auf einem der modernen neuen U-Booteder Klasse 212A mitzufahren. Die U 32 istwie ihre Schwesterboote in Eckernförde inder Nähe von Flensburg stationiert, ganz imNorden von Schleswig-Holstein. Sie gehörtzum 1. U-Boot-Geschwader, dessen Kom-mandeur derzeit Fregattenkapitän SaschaRackwitz ist, ein Historiker und ehemaligerKommandant von U 26. Sein Geschwadergehört zur Einsatzflottille 1 mit Hauptquar-tier in Kiel.

Am Pier in Eckernförde, das noch vorwenigen Jahren stets von zahlreichen U-Booten besetzt war, lag dieses Mal einzigU 32 (S 182). Deutsche U-Boote tragen tra-ditionellerweise keine Namen, sondern Be-zeichnungen beginnend mit U. Der KürzelS 182 ist die internationale Immatrikula-tion für U 32. Am Nachbarpier hatten diebeiden Flottendienstboote Oste (A 52) undAlster (A 50) festgemacht.

Diese elektronischen Aufklärungs-schiffe gehören, wie die dritte Einheit die-ser Klasse, die Oker (A 51), ebenfalls zum 1. U-Boot-Geschwader. In Sichtweite lagenferner das Mehrzweckboot Breitgrund (Y866) und das Wehrforschungserprobungs-schiff Planet (3500 Tonnen), ein Schiff mitKatamaranrumpf. Später tauchte der Ten-der Main auf, der als Trossschiff für Versor-

Tauchfahrt an Bord U 32In der Schlussphase des Kalten Krieges zählte die deutsche Marine 24 U-Boote. Diesenoblag die Aufgabe, in der Ostsee einen Aufmarsch der sowjetischen Baltischen Flotte, ein Ausbrechen durchs Kattegat und Skagerrak in den Atlantik und/oder gegnerische

Landungsverbände zu bekämpfen, die auf die dänischen Inseln und Jütland angesetzt waren.

OBERST I GST JÜRG KÜRSENER BERICHTET AUS DER OSTSEE

Das moderne deutsche U-Boot U 32 nähert sich nach der Tauchfahrt dem Pier desStützpunktes von Eckernförde. Im Turm leitet der Kommandant, KorvettenkapitänMoritz, das Anlegemanöver.

Bild: J. K

aiser-Bromme

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gungs- und Reparaturaufgaben ebenfallszum Geschwader gehört.

Howaldtswerke Kiel

U 32 wurde zu Teilen bei den Ho-waldtswerken in Kiel gefertigt, der Bau derhinteren Bootshälfte und die Montage er-folgten bei TNSW in Emden. Am 19. Okto-ber 2005 wurde das Boot in Dienst gestellt.Die U-Boote der Klasse 212A gehören zuden modernsten konventionellen U-Bootenweltweit. Eine Besonderheit dieser Booteist der luftunabhängige Antrieb (AIP – AirIndependent Propulsion), wie er von Thys-sen Krupp Marine Systems in drei Versio-nen angeboten wird, nämlich durch ge-meinsame Entwicklungen von den Ho-waldtswerken in Kiel, den schwedischenKockums Werken und von Stirling.

Der AIP-Antrieb beruht auf der Sie-mens-PEM-Brennstoffzellen-Technologie,welche eine Umwandlung von Wasserstoffund Sauerstoff direkt in elektrische Energieermöglicht und damit den Antrieb des U-Bootes gewährleistet. Dies kann unabhän-gig von Tauchtiefen, praktisch geräuschlosund ohne Spuren (ohne Abgase) erfolgen.Damit ist das U-Boot nicht mehr gleicher-massen häufig darauf angewiesen, aufzu-tauchen, zu schnorcheln und mittels Diesel-motor die Batterien wieder aufzuladen.

Die Grenze wird einzig durch den mit-zuführenden Sauerstoff (zwei Tanks zu je

15 m3 Flüssigsauerstoff), die 32 Schwerme-tallhybrid-Speicher für etwa 2,5 TonnenWasserstoff sowie durch die Belastbarkeitder Besatzung und die mitgeführten Le-bensmittel gesetzt. Nach Aussagen der Ver-antwortlichen, die sich allerdings über dieexakte Tauchdauer bedeckt geben, kann einsolches U-Boot durchaus während Wochengetaucht bleiben.

Schwer zu orten

Gemäss dem kompetenten JahrbuchJane's Fighting Ships hat U 32 im April 2006die Strecke von der deutschen Bucht bis Cadiz (Spanien) ohne aufzutauchen in 14Tagen zurückgelegt, allerdings bei einer be-scheidenen Durchschnittsgeschwindigkeitvon etwa 11 km/h. Mit der Fähigkeit desluftunabhängigen Antriebs sind die ohne-hin schon geräuscharmen U-Boote nochwesentlich schwerer zu orten. Es ist dennauch nicht erstaunlich, dass sich andere Na-tionen kräftig darum bemühen, diese Tech-nologie ebenfalls anzuwenden.

Boote mit AIP sind bereits in Schwe-den im Einsatz, Italien hat ebenfalls Booteder Klasse 212A und Israel verfügt bereitsüber ähnliche Boote der Dolphin-Klasse,die es in Deutschland beschafft hat bzw.noch beschafft. Insgesamt plant es sechsBoote dieser Art. Eine andere Exportver-sion, ebenfalls mit Brennstoffzellenantrieb,wird als Klasse 214 bezeichnet und z.B. für

Griechenland gebaut. Die für die deutscheMarine zu beschaffenden Boote U 35 undU 36 des Loses 2 werden über wichtigeNeuerungen verfügen. So werden sie überein Seitenradar (Lateral-Antenne), einenOptronikmast, eine verbesserte Brennstoff-zelle, den neuen Flugkörper IDAS zur Be-kämpfung von Luft- oder Landzielen sowieüber Unterbringungsmöglichkeiten fürSpezialkräfte verfügen. Zudem sollen dieBoote so eingerichtet werden, dass den Be-satzungen auch der Einsatz unter tropi-schen Bedingungen erleichtert wird.

Seewege sichern

Deutschland stellt seine Marine auf das veränderte sicherheitspolitische Um-feld ein. Im Vordergrund stehen nicht mehrdie Einsätze in der Nord- und Ostsee odervor Norwegen.

Vielmehr will Deutschland verstärktseine Marine in internationalen Krisenein-sätzen einbringen, weil solche solidarischeBeiträge einerseits der Sicherung der See-wege und damit dem Welthandel, auf dieDeutschland stark angewiesen ist, sowieandererseits der Eindämmung der Gewaltund des Missbrauchs der Meere für krimi-nelle oder kriegerische Aktivitäten dienen –Stichworte Piraterie, Proliferation über dieSee. U-Boote eignen sich dabei besondersfür Aufklärungsaufgaben in Regionen, indenen sich potenzielle Gegner unbeobach-tet fühlen, oder für küstennahe Einsätzevon Spezialkräften.

Entsprechend ist der Einsatz deutscherU-Boote in letzter Zeit vor allem in den Re-gionen des Mittelmeeres und des IndischenOzeans (Arabisches Meer, vor Somalia) ver-stärkt worden, so z.B. in den OperationenATALANTA und UNIFIL. Zunehmend ar-beiten deutsche U-Boote mit alliierten See-streitkräften zusammen, wobei beispiels-weise auch die Integration in oder der Ein-satz gegen Flugzeugträger Kampfgruppengeübt wird.

Hauptwaffe Torpedo

Vorderhand ist die einzige und wich-tigste Waffe der deutschen U-Boote derTorpedo. Die von U 32 mitgeführten 12 je6,6 m langen und 1,7 Tonnen schweren Tor-pedos des Typs Atlas Elektronik DM2 A4mit einem Gefechtskopf von 250 kg, sollenüber eine Reichweite von gegen 80 km (!)verfügen, sind etwa 90 km/h schnell undwerden aktiv über einen Lichtleiter gesteu-ert. Theoretisch könnten mit diesem Kali-ber auch Marschflugkörper des Typs Toma-hawk mitgeführt werden (Ausstoss aus Tor-pedorohren).

Verdrängung aufgetaucht 1450 TonnenVerdrängung getaucht 1830 TonnenLänge 56 MeterBreite 6,8 MeterTiefgang (aufgetaucht) 6,4 MeterDruckkörper des Bootes 7 Meter DurchmesserBesatzung 27 Mann (8 Of, 19 Uof)Bewaffnung 6 Torpedorohre (53,3 cm),

total 12 Torpedos des TypsDM 2 A4 (Atlas Elektronik)Seehecht II

Geschwindigkeit aufgetaucht 12 Knoten (22 km/h)getaucht 20 Knoten (36 km/h)Autonomie 14 400 km (aufgetaucht, bei 8 Kn)Sonar DBQ 40 (STN Atlas Elektronik) Sonar

und Schleppsonar (passiv), Minendetektion

Antrieb Hybridantrieb (Brennstoffzelle) undDieselmotor MTU 16V 396 für FahrtenaufgetauchtGeräuscharmer Siebenblatt Propeller

Leistung 2300 PSRuderanordnung X-förmig (bessere Ruderwirkung)Beschaffungspreis zirka 455 Mio. Franken

Technische Daten zur U 32

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Das Einsatzkonzept der deutschenMarine sieht aber den Einsatz solcher weit-reichender Waffen gegen Landziele nichtvor. Beim Abschuss werden die Torpedosmit Druckwasser aus den Rohren ausge-stossen. Weitere Waffen, so etwa der Flug-körper IDAS, der gegen Land- und Luft-ziele eingesetzt werden soll, sind in Ent-wicklung.

Wichtig ist die Tatsache, so der Kom-mandant von U 32, dass sich U-Boote nichtzur Androhung eskalatorischer Gewalt eig-nen. Dies etwa im Gegensatz zu Überwas-serkampfeinheiten, die über zahlreiche Op-tionen der Eskalation verfügen, von derWarnung, Gewaltandrohung, dem «Schussvor den Bug» bis hin zum Waffeneinsatz. U-Booten bleibt demgegenüber nur die Wahl,den Torpedo abzuschiessen, mit der Zerstö-rung des Gegners als Konsequenz, oder da-rauf zu verzichten. Eine Zwischenlösunggibt es hier nicht.

Junger Kommandant

Korvettenkapitän Christian Moritz,der junge Kommandant von U 32, empfängtden Gast auf dem Pier, während einzelneSeeleute die Taue lösen und das Auslaufenvorbereiten. Zuvor hat der Geschwaderarztden Gast für die Fahrt auf U 32 tauglich erklärt. Über den vorderen Vertikaleinstieggeht es hinunter ins untere der zwei Decks,wo Hauptbootsmann Rösemann zuerst denSpezialanzug für einen allfälligen Notaus-stieg erklärt.

Wir sind direkt in die Mannschafts-messe gelangt, die nebst anderem auch zurVorbereitung der Torpedos genutzt werdenkann. Auf engstem Raum liegen hier u.a. diekleine Offiziersmesse, die Kombüse (Küche)und in Richtung Bug sieht man die sechsTorpedorohre.

Im hinteren Teil dieses Decks liegen dieBrennstoffzelle und der Maschinenraum,dazwischen Unterkünfte für Offiziere undUnteroffiziere. Der Kapitän verfügt als ein-ziger über eine eigene Kabine. Aber auch erteilt sich mit allen anderen eine Toilette undeine Dusche. Wenn Frauen an Bord sind,und das wird zunehmend der Fall sein,müssen sich auch diese alle Einrichtungenmit den Männern teilen. Maat Radaz ist derSmut an Bord («Küchenchef»), er ist einEinzelkämpfer.

Zwar ist er gelernter Koch, aber er habees nicht lange in Küchen von Hotels oderRestaurants ausgehalten. Hier sei er auf denwenigen Quadratmetern allein Herr undMeister und für die Zubereitung von drei-mal 28 Mahlzeiten pro Tag verantwortlich.Interessant ist es schon, dass die deutschen

U-Boot-Fahrer während Wochen auf Handyund Internet verzichten müssen und sichtrotzdem – fast – ausreichend Freiwillige zudiesem Dienst melden.

Woran liegt dies, will ich wissen. DreiAntworten werden gegeben: 1) an der gros-sen Verantwortung für den Einzelnen, 2) ander anspruchsvollen Technik und 3) an derTradition deutscher U-Boote. Dass es seitder Sistierung der Wehrpflicht Mitte 2011in der Bundeswehr, auch in der Marine, gra-vierende Rekrutierungsprobleme gibt, wirdallerdings nicht verschwiegen.

Auf der Brücke

Inzwischen ist Korvettenkapitän Mo-ritz auf die Brücke geklettert und leitet dasAuslaufen von U 32 aus der dicht befahre-nen Bucht von Eckernförde. Lautlos und vi-brationslos gleitet das Boot mit Kurs 072 in Richtung Ostsee. Das erste Tauchgebietliegt noch einige Seemeilen entfernt. DieUnterwasserfahrt von U-Booten obliegt ei-nem strengen Regime, einer Art Unterwas-sermanagement.

Ähnlich wie der Luftraum, wird auchdem U-Boot eine dreidimensionale Zoneunter Wasser zugewiesen. Diese lasse sich –so Moritz – etwa mit der Form eines Wür-fels vergleichen, in dessen Zentrum das U-Boot liege. Mit der Fortbewegung des Boo-tes bewege sich auch dieser in Fahrtrich-tung. International – vor allem im Rahmender NATO, aber auch zusammen mit zahl-reichen weiteren Staaten (z.B. Schweden) –würden die Einsatzräume abgesprochen

und koordiniert. Im Grossen und Ganzenhalte man sich daran, dies gelte allerdingsnicht für viele Drittstaaten (z.B. Russland)oder aber auch nicht für die strategischenLenkwaffen-U-Boote («Boomer») westli-cher Provenienz. Deswegen sei bei der Un-terwasserfahrt immer Vorsicht geboten unddeshalb ist es auch schon wiederholt zuKollisionen gekommen.

Im Tauchgebiet

Im Tauchgebiet angekommen räumenwir die Brücke und begeben uns ins ersteUnterdeck. Hier liegt die Operationszen-trale (OPZ), von welcher aus die dienstha-bende Equipe den Tauchvorgang einleitet,durchführt und überwacht. Trotz Routineist die Spannung spürbar. Ruhig gibt Kor-vettenkapitän Moritz den Befehl zum Tau-chen, die Ventile werden geöffnet, das Meer-wasser dringt in den Ballasttank und sachte,völlig unspektakulär sinkt das Boot unterden Meeresspiegel.

Im Sehrohr sieht man noch das letzteTageslicht und einige Segelboote, dannnoch etwas Gischt und es wird dunkel. Freihängende Gegenstände lassen Rückschlüsseauf den Gleitwinkel des Bootes zu. Wir sin-ken weiter auf die befohlene Tauchtiefe,dort wird das Boot ausbalanciert und fährtzuerst mit geringer, dann leicht erhöhter Ge-schwindigkeit auf dem befohlenen Kurs.

Über die maximale Tauchtiefe wird nichtgesprochen, diese wäre in der Ostsee mit re-lativ geringen Tiefen auch nie erreichbar. Un-teroffiziere sind für Seiten- und Tiefenruder

Blick vom Kommandoturm auf das Vorschiff. Dort bereiten Besatzungsmitglieder vonU 32 die Leinen für das Anlegemanöver in Eckernförde vor.

Bilder: K

ürsener

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sowie für die akustische Überwachung (So-nar) des U-Bootes verantwortlich. Es wirdnur mit passivem Sonar gearbeitet. Ein akti-ver Sonar ist nicht vorhanden, könnte zwarnützlich sein, würde aber unweigerlich diePosition des eigenen Bootes verraten.

Auf Sehrohrtiefe

Zwischendurch manövriert der Kom-mandant das U-Boot auf Sehrohrtiefe, wirerkennen am Horizont noch die Umrisseder schleswig-holsteinischen Küste, zahl-reiche Handelsschiffe und Freizeitboote.Die Optik ist hervorragend, die Vergrösse-rungsmöglichkeiten beeindruckend – wenndie Segler das wüssten...

Neben dem BeobachtungssehrohrSERO 14 mit TV- und Wärmebildwahrneh-mung (Zeiss), das auch die GPS-Antennefür Satellitennavigation enthält, verfügt U 32 noch über zahlreiche andere ausfahr-bare Masten, so ein Angriffssehrohr SERO15 mit einem Laser-Entfernungsmesser, einen Kommunikationsmast (mit ausfahr-barer Peitschenantenne) für HF, VHF,UHF, IFF, INMARSAT-C, UHF-SATCOM,eine ESM Antenne für die Radarwarnung,eine Navigationsradaranlage und einenSchnorchel- und Radarmast.

Ruhige See

Höhepunkt für eine Landratte ist zwei-fellos der Besuch der Brücke nach Auftau-chen des Bootes. Zwei Unteroffiziere undein Offizier gehören zur Standardbesetzunghier oben. Mit etwa 10 Knoten fährt das Boot

durch die ruhige See, aufmerksam wird jedesandere Wasserfahrzeug beobachtet.

Ein Plexiglasschild schützt die auf der Brücke Anwesenden vor Fahrtwindund Wasserspritzern. Bei unruhigem See-gang haben sich alle auf der Brücke zu sichern. Unter Wasser spürt man übrigensden Seegang je nach Tiefe kaum mehr. DieFaustregel besagt, dass pro Meter Wellen-gang 10 Meter Tauchtiefe nötig sind, umden Wellengang zu neutralisieren.

Kritische Phase

Kapitänleutnant Wortmann zeigt mirwährend der nächsten Tauchphase das U-Boot, vom Torpedoraum über die Kojen, dieOPZ bis hin zur wichtigen, aber unschein-baren Brennstoffzelle. Alles ist ordentlichund sauber gepflegt. Die Besatzung ist stolzdarauf. Die engen Platzverhältnisse aufdem U-Boot – verglichen mit den Bootendes 2. Weltkrieges muten sie allerdings fastluxuriös an – stellen hohe Anforderungenan die Besatzung.

Auch wenn die Mehrzahl aller Seeleutecharakterfest ist, ist es fast unvermeidlich,dass bei längeren Fahrten Spannungen auf-treten. Dann ist besonders Führungsstärkevom Kommandanten, letztlich aber auchCharakterstärke von allen gefragt.

Eine kritische Phase, so Wortmann, er-gebe sich in der Regel nach etwa drei Wo-chen auf See. Dann seien die Empfindlich-keiten besonders ausgeprägt und man gehesich bei Kleinigkeiten bereits «auf den We-cker». Die jetzige Besatzung der U 32 seiaber vorbildlich und meistere auch solcheschwierigen Phasen in der Regel nach kur-zer Zeit. Nicht ganz unwichtig ist in solchenPhasen die Arbeit des Smut, er kann mit gu-ten Mahlzeiten Wunder bewirken.

Das U-Boot hat nach einigen Stundengewendet und befindet sich getaucht aufdem Rückmarsch mit Kurs 245. Die Besat-zung bereitet sich zum Auftauchen vor – daswohl wichtigste Manöver überhaupt. Siegeht auf Station. Jetzt kommt dem «Lage-bild» eine übergeordnete Bedeutung zu.Dieses beurteilt die Lage im Auftauchgebiet.

Sachtes Aufsteigen

Dabei sind die in den zurückliegendenMinuten festgestellten Geräusche zu analy-sieren, die Kurse aller aufgezeichnetenSchiffsbewegungen zu extrapolieren, neueGeräusche in Rechnung zu stellen und diesalles, um zu beurteilen, ob das Auftauchge-biet frei ist. Denn sehen kann das U-Bootin dieser Phase nichts, nur hören.

Das Lagebild ist in Ordnung. Trotzdemwählt der Kommandant ein sachtes Aufstei-

gen. Auf sein Kommando wird Pressluft indie Tanks geblasen. Langsam steigt dasBoot, nur leicht nach oben geneigt, wie-derum wenig spektakulär. Bei einem Alarm-auftauchen mit Steigwinkeln von weit über30 Grad ist das ganz anders... Plötzlichdurchdringt das ausgefahrene Periskop dasWasser, unverzüglich schwingt Korvetten-kapitän Moritz das Sehrohr 360 Grad he-rum, um sicherzugehen, dass sich im gesam-ten Auftauchgebiet wirklich kein fremdesObjekt befindet. Alles ist gut gegangen, er-leichtert gibt er das Sehrohr dem Gast frei.

Wir steigen dann erneut auf den Turmund geniessen die Annäherung in die Buchtvon Eckernförde. Bald tauchen einige See-leute auf dem Oberdeck des Bootes auf, siebereiten die Leinen zum Festmachen vor.Sachte gleitet das Boot in den Hafen, kurzund deutlich gibt Korvettenkapitän Moritzseine Befehle und innert Minuten habenwir am Pier festgemacht. Routinemässigwerden die abschliessenden Arbeiten erle-digt, darunter auch das Setzen der Dienst-flagge von U 32.

Korvettenkapitän Moritz versammeltdie gesamte Besatzung auf dem Pier, errichtet einige anerkennenden Worte anseine «Jungs». Das Verhältnis zwischen Of-fizieren und Unteroffizieren ist recht infor-mell, aber korrekt und von beidseitigemRespekt geprägt.

«Einlaufbier»

Das geht auf einem relativ kleinen, en-gen Boot, auf welchem 27 Männer Tag undNacht über viele Wochen zusammenarbei-ten und aufeinander angewiesen sind, nichtanders. Moritz gibt jetzt das «Einlaufbier»frei, eine Tradition der deutschen Marine,die jedem Besatzungsmitglied nach Einlau-fen eine Flasche Bier zubilligt. Der Druckund die Konzentration sind weg, lockerwird auf die jüngste erfolgreiche Fahrt an-gestossen.

In wenigen Wochen gilt es wieder Ernst,dann aber für einige Monate. Im Februarwird U 32 zusammen mit dem Tender Mainund dem Forschungsschiff Planet (mit demGeschwaderkommandeur FKptn Rackwitzan Bord) bis Mai 2013 in die USA fahren,dort vor Florida Übungen absolvieren, die indeutschen Gewässern kaum möglich sind.

Höhepunkt wird dann die Zusammen-arbeit mit und auch der «Einsatz» gegen dieFlugzeugträger Kampfgruppe der USSGeorge H.W. Bush (CVN 77) sein. Darauffreuen sich schon jetzt alle deutschen See-leute, denn sie wollen den Amerikanern be-weisen, dass deutsche U-Boot-Fahrer pro-fessionell, tüchtig und «gefährlich» sind.

U 32 verfügt über sechs Torpedorohrevom Kaliber 53,3 cm.