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Tax News Sommer 2017

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Tax News

Sommer 2017

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2Tax News – Sommer 2017

Am 9. Juni 2017 hat der Schweizer Bundesrat die Eckwerte für die Neuauflage der Unternehmenssteu-erreform (Steuervorlage 17) diskutiert und das Eidgenössische Finanzdepartement mit der Ausarbeitung einer Vernehmlassungsvorlage bis September 2017 beauftragt.

Des Weiteren hat das IFRS Interpretations Committee erstmals verbindlich die Bilanzierung und Bewer-tung von unsicheren Ertragssteuerpositionen für Jahresrechnungen nach IFRS-Standard geregelt und das Verwaltungsgericht St. Gallen hat einen bemerkenswerten Entscheid betreffend den Vertrauensschutz bei fortgesetzter Veranlagung gefällt.

Uber diese und weitere wichtige Entwicklungen im Steuerrecht, informieren wir Sie in dieser Ausgabe un-seres quartalsweise erscheinenden Newsletters.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser

Daniel GentschManaging Partner, Tax & Legal ServicesEY Switzerland

[email protected]

In dieser Ausgabe3 Bundesrat verabschiedet Eckwerte zur Reform der Unternehmenssteuern

8 Das IASB veröffentlicht IFRIC 23 betreffend die Bilanzierung und Bewertung von unsicheren Ertragssteuerpositionen

11 Entwicklungen in Grossbritannien: Inkraftsetzung der Steuergesetzänderungen 2017 sowie Einfluss des Brexit auf das Tax Accounting & Reporting

13 Frühpensionierung - Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Uberlegungen

16 Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr von Waren ohne feststehenden Käufer – Bundesgerichtsentscheid 2C_1079/2016 vom 7. März 2017

18 Ausländische Reiseveranstalter mit Verkauf von Reiseleistungen in der Schweiz - Schneller in der MWST-Pflicht als gedacht

20Die Eidgenössische Zollverwaltung im Wandel: Ein Einblick in das geplante Transformationsprogramm DaziT, die fortschreitende Digitalisierung der Veranlagungsverfügungen und Änderungen im Berichtigungsverfahren

22 Aktuelle Entwicklungen im deutschen Steuerrecht

6 Vertrauensschutz bei fortgesetzter Veranlagung?

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3Tax News – Sommer 2017

Bundesrat verabschiedet Eckwerte zur Reform der UnternehmenssteuernZusammenfassung

Am 9. Juni 2017 hat der Bundesrat die Eckwerte zur Reform der Unternehmens-besteuerung, neu «Steuervorlage 17» (SV 17) genannt, verabschiedet. Das un-ter der Leitung von Finanzminister Ueli Maurer stehende Steuerungsorgan aus Vertretern von Bund und Kantonen hatte diesbezüglich am 1. Juni 2017 bereits entsprechende Empfehlungen zuhanden des Bundesrates veröffentlicht.

Ziel der neuen Reform bleibt nach wie vor sicherzustellen, dass die Schweiz weiterhin ein ausgewogenes, internatio-nal akzeptiertes und wettbewerbsfähiges Steuersystem anbieten kann. Das neue

SV 17-Paket ist im Vergleich zur abge-lehnten Unternehmenssteuerreform III (USR III) schlanker ausgestaltet und berücksichtigt auch die Interessen der Städte und Gemeinden. Die neue SV17 soll Steuerausfälle reduzieren, höhere Einnahmen generieren, sowie eine sozia-le Komponente einführen und somit eine insgesamt ausgewogene, transparente und politisch akzeptierte Unternehmens-steuerreform darstellen.

Ausführliche Diskussion

Hintergrund

Am 12. Februar 2017 hat das Schweizer Stimmvolk in einer Volksabstimmung

die Vorlage zur USR III, die im letzten Sommer vom Schweizer Parlament ver-abschiedet wurde, abgelehnti.

Die USR III sah vor, per 1. Januar 2019 bestimmte Schweizer Steuerregimes durch neue, international akzeptierte Massnahmen zu ersetzen. Dadurch sollte das Schweizer Steuerrecht an die neuen internationalen Standards angepasst werden. Uneinigkeit über die spezifische Ausgestaltung einzelner Massnahmen, sowie der Umgang mit antizipierten Steuerausfällen stellten die ausschlag-gebenden Argumente für die Ablehnung der Reform dar. Die Gegner der Vorlage befürchteten erhebliche Steuerausfälle, die ihrer Ansicht nach letztendlich von

Rainer HausmannPartnerInternational Tax Services, Zürich

[email protected]

Anouk PuymannConsultantInternational Tax Services, Zürich

[email protected]

i Siehe EY Tax News, Frühling 2017, Das Schweizer Stimmvolk hat die Unternehmenssteuerreform III abgelehnt. Weitere Informationen zur Steuer-vorlage 17 finden Sie unter www.ey.com/ch/USR-III.

Abgelehnte USR III Eckwerte SV 17

Patentbox OECD Nexus Ansatz OECD Nexus Ansatz (ohne patentierte Software)

F&E-Aufwendungen Max. Abzug von 150% Max. Abzug von 150% (mit Fokus auf Personal-aufwand)

Zinsbereinigte Gewinnsteuer Auf dem Sicherheitseigenkapital Nicht enthalten

Aufdeckung stiller Reserven • Zwei-Satz Modell• Aufdeckung stiller Reserven bei Zuzug in

die Schweiz

Nicht explizit erwähnt, jedoch voraussichtlich enthalten

Entlastungsbegrenzung Steuerliche Ermässigung der kantonalen Massnahmen auf max. 80% des steuerbaren Gewinns begrenzt

Steuerliche Ermässigung der kantonalen Mass-nahmen auf max. 70% des steuerbaren Gewinns begrenzt

Teilbesteuerung von qualifizie-renden Dividendeneinkünften

Mind. 60% auf Kantonsebene, wenn zinsberei-nigte Gewinnsteuer eingeführt wird

• 70% auf Bundesebene• Mind. 70% auf Kantonsebene

Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer

21.2% (Kompensationsmassnahme) • 20.5% (Kompensationsmassnahme)• Berücksichtigung der Städte und Gemeinden

Familienzulagen Nicht enthalten Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen um jeweils CHF 30

Gezielte Reduktion der kantona-len Kapitalsteuer

Auf Nettoeigenkapital in Bezug auf Betei-ligungsrechte, Immaterialgüterrechte und konzerninterne Darlehen

Nicht explizit erwähnt, jedoch voraussichtlich enthalten

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4Tax News – Sommer 2017

der Bevölkerung zu tragen gewesen wären.

Die Erforderlichkeit einer Steuerreform selbst blieb dennoch unbestritten. Der Bundesrat hat daher entschieden, rasch eine neue und ausgewogenere Vorlage in enger Zusammenarbeit mit den Kanto-nen und Gemeinden auszuarbeiten.

Die Eckwerte zur SV 17 unterschei-den sich in mehreren Punkten von den Massnahmen der abgelehnten USR III. Das Steuerungsorgan hat insbesondere eine Erhöhung der Kinderzulagen in die Vorlage aufgenommen, die steuerliche Ermässigung der kantonalen Steuerer-leichterungen für die Patentbox und die F&E Kosten auf max. 70% des steuerba-ren Gewinns reduziert (statt max. 80%) und die Teilbesteuerung der Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen auf Stufe Bund auf 70% und auf Stufe Kantone und Gemeinden auf mind. 70% erhöht. Demgegenüber wurde die bisher vorge-schlagene und umstrittene zinsbereinigte Gewinnsteuer nicht in das SV 17-Mass-nahmenpaket aufgenommen. Die Tabelle oben fasst die Unterschiede zwischen der USR III und der SV 17 zusammen.

Eckwerte SV 17 (gemäss Medienmittei-lungen vom 1./9. Juni 2017 )

Abschaffung der bestehenden Steuer-privilegien

Auf Bundesebene ist die Praxis zur in-ternationalen Steuerausscheidung von Prinzipalgesellschaften und die Praxis zur Besteuerung von Finanzierungsge-sellschaften (Swiss Finance Branches) betroffen, auf kantonaler Ebene werden die Regime für Holdinggesellschaften, Domizilgesellschaften und gemischte Gesellschaften wegfallen. Dies wurde bereits im Rahmen der USR III vorge-schlagen. Zu beachten ist dabei, dass die privilegierten Steuerregimes und die bestehenden Steuerpraxen so lange weiter in Anspruch genommen werden können, bis die Massnahmen der Unter-nehmenssteuerreform rechtskräftig ge-worden sind. Obwohl die Eckwerte zur SV

17 die Regelungen im Zusammenhang mit der Aufdeckung stiller Reserven nicht ausdrücklich adressieren, waren diese Massnahmen unbestritten unter der USR III und werden daher voraussichtlich ebenfalls in die SV 17 aufgenommen.

Einführung einer OECD-konformen Patentbox

Die SV 17 sieht die obligatorische Ein-führung einer Patentbox vor, die dem modifizierten Nexus‐-Ansatz der OECD entspricht. Eingeführt werden soll die Patentbox nur auf kantonaler Ebene und im Vergleich zur USR III soll die Patent-box unter der SV 17 keine patentierte Software umfassen. Die zulässige Höhe der Steuerentlastung auf Erträge im Zusammenhang mit der Patentbox wird weiterhin auf maximal 90% festgesetzt.

Einführung eines erhöhten Abzugs für F&E-Aufwendungen

Als eine fakultative kantonale Mass-nahme sieht die SV 17 ebenfalls die Einführung eines erhöhten Abzugs für Forschungs- und Entwicklungsaufwen-dungen (F&E‐ Aufwendungen) vor. Der Abzug wird hierbei auf einen maximalen Prozentsatz von 150% der in der Schweiz angefallen abzugsfähigen F&E-‐Aufwen-dungen beschränkt. Aufwendungen im Zusammenhang mit F&E-‐Aktivitäten, die im Ausland durchgeführt werden, sind vom erhöhten Abzug ausgeschlos-sen. Die erhöhten Abzüge sollen sich hauptsächlich auf den Personalaufwand beziehen.

Entlastungsbegrenzung

Um eine Nullbesteuerung zu vermeiden, wird wie bereits unter der USR III eine Entlastungsbegrenzung festgelegt, mit der die Wirkung der kantonalen Steuerer-leichterungen eingeschränkt werden soll. Die gesamte steuerliche Ermässigung darf 70% (80% unter der USR III) des steuerbaren Gewinns (vor Verlustver-rechnung und unter Ausklammerung des Nettobeteiligungsertrages) nicht über-

steigen. Zudem ist zu erwarten, dass in die Berechnung der Entlastungsbegren-zung auch die Abschreibungen auf stillen Reserven einzubeziehen sein werden, welche im Zusammenhang mit einem Step-Up aufgedeckt wurden.

Teilbesteuerung von qualifizierenden Dividendeneinkünften

Die Teilbesteuerung der Dividendenein-künfte aus qualifizierenden Beteiligungen natürlicher Personen soll gemäss SV 17 auf Stufe Bund 70% und auf Stufe Kanto-ne und Gemeinden mind. 70% betragen (d.h. Einzelpersonen sollen diesbezüglich nur von einer Befreiung im Umfang von 30% profitieren können).

Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer

Zum Zweck der Kompensation von kanto-nalen Steuerausfällen, die aufgrund der Einführung der neuen kantonalen Mass-nahmen und einer allgemeinen Senkung der kantonalen Gewinnsteuersätze (siehe nachstehend) zu erwarten sind, wird der Kantonsanteil an den Einnahmen der direkten Bundessteuern von 17% auf 20.5% angehoben. Zudem werden die Gemeinden und Städte an den Kompen-sationszahlungen des Bundes beteiligt.

Familienzulagen

Die Familienzulagen sollen um jeweils CHF 30 erhöht werden. Folglich sollen die Kinderzulagen mindestens CHF 230 und die Ausbildungszulagen mindestens CHF 280 betragen. Entsprechend müss-ten 18 Kantone ihre Zahlungen erhöhen.

Reduktion der kantonalen Kapitalsteuer

Obwohl die SV 17 das unter der USR III unbestrittene Thema nicht direkt ad-ressiert, sollten die Kantone weiterhin die Möglichkeit haben, eine gezielte Ermässigung der Kapitalsteuer auf dem Nettoeigenkapital in Bezug auf Beteili-gungsrechte, Immaterialgüterrechte und

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konzerninterne Darlehen vorzusehen. Hinzu sollten weitere Entlastungen kom-men, wie beispielsweise eine generelle Senkung der Kapitalsteuersätze oder die Möglichkeit zur Anrechnung der Gewinn-steuer an die Kapitalsteuer.

Nicht direkt in das SV 17-Paket einbe-zogene Massnahme

Generelle Senkung der Gewinnsteuer-sätze

Um die Attraktivität der Schweiz als Wirt-schaftsstandort weiter zu erhöhen und einen Ausgleich für die Abschaffung der kantonalen Steuerregime zu schaffen,

werden die meisten Kantone ihre ordent-lichen Gewinnsteuersätze im Zusammen-hang mit der SV 17 senken. Eine Sen-kung der kantonalen Gewinnsteuersätze liegt ausschliesslich in der Kompetenz der Kantone. Entsprechend den bisher verfügbaren, offiziellen Stellungnahmen zahlreicher kantonaler Regierungen, ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Schweizer Kantone attraktive Ge-winnsteuersätze zwischen 11.5% bis 15% (vor Steuern; einschliesslich Bundessteu-er) anbieten werden, sobald das neue Reformpaket in Kraft getreten ist.

Zeitplan

Der Bundesrat hat das Eidgenössische Finanzdepartement beauftragt, ihm bis September 2017 eine Vernehmlassungs-vorlage zur SV 17 zu unterbreiten. Er plant die Botschaft zur SV 17 zusammen mit der Botschaft zur Reform der Ehe-gattenbesteuerung im Frühjahr 2018 zu beraten. Zusätzlich wird der Bundesrat eine mögliche Etappierung der Vorlagen entscheiden.

Damit die SV 17 rasch umgesetzt werden kann, werden die Kantone dazu angehal-ten, ihre kantonalen Umsetzungspläne pa-rallel zur Bundesvorlage voranzutreiben.

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6Tax News – Sommer 2017

Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts be-gründet eine Veranlagung noch keinen Vertrauensschutz, sodass sich der Steuerpflichtige nicht darauf berufen kann, dass derselbe Sachverhalt im Vorjahr von der Steuerverwal-tung noch anders beurteilt wurde. Das Verwaltungsgericht St. Gallen hat nun einen bemerkenswerten Entscheid gefällt und einen selbständig Erwerbstätigen in seinem Vertrauen geschützt, dessen Verluste jahrelang mit übrigem Einkom-men verrechnet wurden. Das Gericht befand, dass die Steu-erverwaltung vorliegend verpflichtet gewesen wäre, dem Steuerpflichtigen anzuzeigen, dass ohne baldiges Erreichen der Gewinnschwelle künftig von steuerlich nicht abziehbarer Liebhaberei ausgegangen wird.

Legalitätsprinzip und Vertrauensschutz im Veranlagungs-verfahren

Im Steuerrecht kommt dem Legalitätsprinzip einen besonders hohen Stellenwert zu. Jede/r Steuerpflichtige soll dem Gesetz entsprechend besteuert werden. Aufgrund von verwaltungs-ökonomischen Aspekten können aber nicht sämtliche Steuer-erklärungen von den Steuerverwaltungen bis ins letzte Detail geprüft werden. Deshalb wird gemäss ständiger bundesgericht-licher Rechtsprechung einer Veranlagung keine vertrauensbe-gründende Grundlage zugesprochen. Mit anderen Worten, die Steuerverwaltung ist grundsätzlich im Rahmen jeder Steuerver-anlagung dazu verpflichtet, die korrekte steuerliche Erfassung zu überprüfen. Kommt sie dabei zum Schluss, dass ein Sach-verhalt aufgrund des Legalitätsprinzips in diesem Jahr anders zu betrachten ist als im Vorjahr, gibt die Vorjahresveranlagung dem/der Steuerpflichtigen grundsätzlich keinen Anspruch auf eine nicht mehr als rechtmässig betrachtete, fortgesetzte Ver-anlagung.

Das Verwaltungsgericht St. Gallen hat nun im Urteil vom 20. Dezember 2016 (Urteil Nr. B 2015/155) einen bemerkenswer-ten Entscheid gefällt und den Vertrauensschutz im Rahmen einer fortgesetzten Veranlagung – unseres Erachtens überzeu-gend – konkretisiert. Das Urteil wurde weitergezogen und ist nun beim Bundesgericht hängig. Ob das Bundesgericht den Argu-menten des Verwaltungsgerichtes folgt, ist daher noch offen.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige und seine Ehefrau betreiben im Kanton St. Gallen seit 2001 einen Greifvogelpark mit Kiosk und Restaurant in selbständiger Erwerbstätigkeit. Der Steuerpflichtige arbeitet zudem als selbständig erwerbstätiger Kaminfeger. Die Verluste des Greifvogelparks wurden jeweils mit dem übrigen Einkom-men der Ehegatten verrechnet und gemäss Selbstdeklaration definitiv veranlagt. Für das Steuerjahr 2009 wurden die Ehe-gatten im Januar 2012 aufgefordert Buchhaltungsunterlagen einzureichen. In der Folge qualifizierte die Steuerverwaltung den Betrieb des Parks wegen der anhaltenden Verluste als (steuerlich nicht abziehbare) Liebhaberei und liess den Verlust im Steuerjahr 2009 nicht mehr zur Verrechnung mit dem übri-gen Einkommen zu. Die dagegen erhoben Einsprache hiess die Verwaltungsrekurskommission gut. Der Betrieb des Greifvogel-parks könne nicht als Hobby, das ausschliesslich den Interessen des Steuerpflichtigen diene, eingestuft werden. Da dem Greif-vogelpark auch ein Element der Gemeinnützigkeit zukomme, erscheine die Tätigkeit nicht als vorgeschoben und als verkapp-te Liebhaberei. Tierpärke und ähnliche Institutionen seien in der Schweiz in aller Regel auf Unterstützung angewiesen. Die erheblichen Investitionen in feste Anlagen und Einrichtungen rechtfertigten es nicht, nach langjähriger Anerkennung der Verluste die Praxis rückwirkend und ohne angemessene Uber-gangsfrist zu ändern.

Selbständige Erwerbstätigkeit resp. Liebhaberei

Das Verwaltungsgericht prüfte zuerst, ob für das Steuerjahr 2009 für den Betrieb des Greifvogelparks von einer selbstän-digen Erwerbstätigkeit oder einer Liebhaberei auszugehen ist. Dabei stellte es fest, dass der Park weitgehend professionell geführt wird, d.h. einen Internetauftritt hat, regelmässig geöff-net ist (Mittwoch bis Sonntag), ein marktüblicher Eintritt er-hoben wird, Flugshows und Parkführungen für Einzelpersonen und Schulen stattfinden sowie Tierpatenschaften angeboten werden. Allerdings wies der Park seit Gründung im Jahr 2001 Verluste aus und die Steuerpflichtigen mochten nicht darlegen, wie sie den Park in die Gewinnzone führen können. Das Gericht bestätigte daher die Einschätzung der Steuerverwaltung und qualifizierte den Betrieb des Greifvogelparks nicht als selbstän-dige Erwerbstätigkeit, sondern als Liebhaberei.

Vertrauensschutz bei fortgesetzter Veranlagung?

Hanspeter SanerPartner, Business Tax Services, Bern

[email protected]

Dr. Marlene Kobierski Manager, Tax Advisory & Social Security Services, Bern

[email protected]

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7Tax News – Sommer 2017

Vertrauensschutz

Das Gericht prüfte daher weiter, ob aufgrund der fortgesetzten Veranlagung und damit aufgrund der fortgesetzten Verrech-nung der jeweiligen Verluste aus dem Greifvogelpark mit übri-gem Einkommen die Steuerpflichtigen ein berechtigtes Vertrau-en haben durften, auch in Zukunft in gleicher Weise veranlagt zu werden.

Es wurde bestätigt, dass die Veranlagungsbehörde eine früher beurteilte Rechtsfrage in einer späteren Veranlagung grund-sätzlich neu überprüfen darf. Dabei sei aber eine gewisse Zurückhaltung zu üben. Insbesondere sei die Neubeurteilung durch die Steuerbehörde eingeschränkter, wenn es sich um Dauersachverhalte handelt, die durch die Steuerbehörden aus-drücklich beurteilt wurden, da in diesen Fällen die Beurteilung durch die Steuerbehörde in der ersten Steuerperiode regel-mässig Zusicherungen für spätere Steuerperioden darstellen. Vorliegend hatten die Steuerbehörden die Verlustverrechnung mit dem übrigen Einkommen jahrelang zugelassen, ohne die Steuerpflichtigen darauf aufmerksam zu machen, dass die Wei-terführung dieser Veranlagungspraxis künftig ein zumindest ausgeglichenes Betriebsergebnis voraussetze. Erst zu Beginn des Jahres 2012 wurden für die Steuererklärung 2009, die im Herbst 2010 eingereicht wurde, Buchhaltungsdetails ein-verlangt. Allerdings ging aus dem Schreiben nicht hervor, ob dies im Hinblick auf die Beurteilung als selbständige Erwerbs-tätigkeit oder nur zur Uberprüfung des geltend gemachten Verlusts geschah. Aufgrund der konkreten Umstände kam das Verwaltungsgericht daher zum Schluss, dass vorliegend die langjährige Anerkennung einer Tätigkeit als selbständige Er-werbstätigkeit eine für eine gewisse Zeit nachwirkende Vertrau-ensgrundlage bilden kann.

Als besondere Umstände nannte das Verwaltungsgericht vorlie-gend die Folgenden:

• Ein Greifvogelpark ist mit erheblichen Investitionen in An-lagen, Tierbestand und langjährigen Pacht- und Baurechts-verträgen verbunden, die eine kurzfristige Liquidation nicht ermöglichen. Ohne Hinweis auf die Umqualifizierung der Tätigkeit in Liebhaberei war es damit dem Steuerpflichtigen

nicht möglich, eine neue Organisationsform zu prüfen, z.B. die Uberführung in eine steuerbefreite Stiftung.

• Der Greifvogelpark wurde offenkundig nicht mit dem – rechtsmissbräuchlichen – Zweck betrieben, private Lebens-haltungskosten steuerlich als abziehbare Gewinnungskosten geltend zu machen. Dagegen sprach die professionelle Füh-rung, die pädagogische Bedeutung, die Relevanz als regio-nales Freizeit- und Tourismusangebot und die Bedeutung für den Tier- und Artenschutz.

Fazit

Der Entscheid des Verwaltungsgerichts St. Gallen ist zu begrüs-sen. Auch wenn aufgrund des Massenveranlagungsverfahrens nicht jede einzelne Steuererklärung im Detail geprüft werden kann, sondern oftmals durch eine Software automatisch verar-beitet wird, so werden doch üblicherweise Steuererklärungen von selbständig Erwerbstätigen noch durch Veranlagungsbeam-te geprüft. Zudem wird die Veranlagungssoftware so program-miert, dass sie «auffällige» Steuererklärungen automatisch zur Uberprüfung herausfiltert. Gerade selbständig Erwerbstätige, bei denen fortgesetzt ein Verlust aus der Tätigkeit mit übrigem Einkommen zur Verrechnung zugelassen wird, sollten daher für einen begrenzten Zeitraum Vertrauensschutz geniessen. Wie lange der Vertrauensschutz zu gewähren ist, ist im Einzelfall zu beurteilen. Mindestens aber sollte der Vertrauensschutz noch für dasjenige Jahr greifen, in dem der Steuerpflichtige erst-mals von der Steuerbehörde über die mögliche Änderung der Veranlagungspraxis in Kenntnis gesetzt wurde, vorliegend also mindestens noch für das Steuerjahr 2012.

Es wäre zu prüfen, in wie weit die Rechtsprechung des Verwal-tungsgerichts St. Gallen auch auf andere Dauersachverhalte Anwendung finden kann, z.B. hinsichtlich geschäftsmässig begründeter Abschreibungen und Zinsaufwänden für Darlehen Nahestehender, die die zulässigen Sätze gemäss der publizier-ten Praxis der ESTV überschreiten oder das Vorliegen einer (ausländischen) Betriebsstätte.

Inwieweit das Bundesgericht den Ausführungen des Verwal-tungsgerichts St. Gallen folgt, bleibt abzuwarten.

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8Tax News – Sommer 2017

IFRIC 23 regelt erstmals verbindlich die Bilanzierung und Bewertung von unsicheren Ertragssteuerpositionen für IFRS Jahresrechnungen. Unternehmen wird empfohlen, ihre Rechnungslegungsmethoden für unsichere Ertragssteuerpo-sitionen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen so-wie ihre Ertragssteuerrisiken nach IFRIC 23 zu beurteilen.

Hintergrund

Während US GAAP seit der Inkraftsetzung von FIN 48 im Jahre 2006 verbindliche Regeln für die Bilanzierung und Bewertung von unsicheren Ertragssteuerpositionen kennt, waren bei Gesellschaften, welche die International Financial Reporting Standards («IFRS») anwenden, bisher eine Vielzahl von Metho-den hinsichtlich Risikofestlegung und Quantifizierung allenfalls notwendiger Risikorückstellungen festzustellen. Grund für diese «Methodenvielfalt» war das Fehlen verbindlicher Vorgaben in IAS 12, dem massgebenden Standard für Ertragssteuern im IFRS-Regelwerk. Das IFRS Interpretations Committee («IFRIC») hat diese Lücke im Jahre 2014 erkannt und eine entsprechen-de Interpretation ausgearbeitet, die am 7. Juni 2017 vom In-ternational Accounting Standards Board («IASB») veröffentlicht wurde.1 IFRIC 23 ist für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen, zwingend anwendbar.

Inhalt und wesentliche Bestimmungen von IFRIC 23

• Massgebende Steuern

IFRIC 23 gilt für alle Steuern, die unter die Bestimmungen von IAS 12 (Ertragssteuern) fallen. Darunter fallen namentlich die Gewinnsteuern, Kapitalgewinnsteuern sowie (oftmals) Quellen-steuern. Dies bedeutet, dass für die Beurteilung von Mehrwert-steuerrisiken oder möglichen Korrekturen bei Stempel- oder Handänderungsabgaben weiterhin die Regeln von IAS 37 massgebend sind. IFRIC 23 ist sowohl für laufende als auch auf latente Steuern anwendbar. In Paragraph 12 von IFRIC 23 wird dazu festgehalten, dass für die Berechnung von laufenden und latenten Steuern übereinstimmende Annahmen und konsisten-te Beurteilungen notwendig sind.

• ‐Entdeckungsrisiko

IFRIC 23 bestimmt in Paragraph 8, dass bei der Risikobeurtei-lung und –quantifizierung davon auszugehen ist, dass (i) die Steuerbehörden einen Sachverhalt untersuchen und (ii) dabei über alle Informationen verfügen, um diesen Sachverhalt steu-erlich umfassend beurteilen zu können. Bis anhin war es nach IAS 12 möglich, auf eine steuerliche Risikorückstellung zu verzichten, falls angenommen werden konnte, dass die Steuer-behörden einen kritischen Sachverhalt nicht entdecken, nicht aufgreifen oder aufgrund fehlender Detailkenntnisse mutmass-lich keine Korrektur vornehmen.

• ‐Notwendige Wahrscheinlichkeit für eine steuerliche Korrektur

Laut Paragraph 9 von IFRIC 23 muss es für die Verbuchung einer Steuerrisikorückstellung wahrscheinlich sein (sog. «Pro-bable»-Threshold), dass die Steuerbehörden erfolgreich eine Aufrechnung vornehmen und für das Unternehmen zusätzliche Steuern anfallen, wobei der «Probable»-Treshold unter IAS 12 gemeinhin mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50% definiert wird. In der bisherigen Praxis sind gelegentlich Ansätze vorzu-finden (bspw. gewichtete Durchschnittswerte), bei denen eine Steuerrisikorückstellung auch dann verbucht wird, wenn das Risiko einer steuerlichen Aufrechnung unter 50% liegt. Nach IFRIC 23 darf in diesen Fällen keine Steuerrisikorückstellung verbucht werden.

• ‐Einzelbeurteilung oder konsolidierte Betrachtung von Steuerrisiken

In der Praxis ist es gelegentlich unklar, ob die steuerliche Risi-kobeurteilung für jede einzelne Transaktion separat vorzuneh-men oder ob bspw. ein Bündel von identischen oder ähnlichen Transaktionen gesamthaft zu beurteilen ist. So ist es bspw. denkbar, dass die von einer konzerninternen Finanzierungs-gesellschaft realisierte Zinsmarge gesamthaft dem Drittver-gleich standhält, obwohl der Zinssatz auf einem bestimmten Konzerndarlehen ausserhalb der vertretbaren Verrechnungs-

Das IASB veröffentlicht IFRIC 23 betreffend die Bilanzierung und Bewertung von unsi-cheren Ertragssteuerpositionen

Marco MühlemannPartner, International Tax Services, Zürich

[email protected]

Gregor I. Müller Executive Director, Tax Accounting and Risk Advisory Services, Zürich

[email protected]

1 http://www.ifrs.org/news-and-events/2017/06/international-accounting-standards-board-issues-interpretation-on-ias-12-income-taxes/

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9Tax News – Sommer 2017

preisbandbreite liegt. Sollte deshalb in einem Land eine Praxis bestehen, nach welcher die Zinsmarge gesamthaft auf ihren Drittvergleich geprüft wird, dürfte die Zinsposition akzeptiert werden, wohingegen bei einzelner Betrachtungsweise eine Steuerrisikorückstellung notwendig werden könnte.

Laut Paragraph 6 von IFRIC 23 liegt es im Ermessen des be-richterstattenden Unternehmens, das sachgerechtere Vorge-hen zu wählen. Bei der Entscheidung muss das Unternehmen beurteilen, welchen Ansatz die Steuerverwaltung mutmasslich wählen wird, sollte sie die in Frage stehenden Transaktionen untersuchen.

• ‐Bewertung von unsicheren Steuerpositionen

Nach Paragraph 11 von IFRIC 23 können unsichere Steuer-positionen mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50% entweder (i) zum wahrscheinlichsten Wert (sog. «most likely amount») oder (ii) zum gewichteten Durchschnittswert (sog. «expected value») bilanziert werden. Bei der Methodenwahl muss das Unternehmen für jede einzelne Risikoposition beur-teilen, welcher Bewertungsansatz zu einem sachgerechteren und besseren Ergebnis führt.

Das Abstellen auf den wahrscheinlichsten Wert wird in den Fällen sachgerecht sein, bei denen eine «Entweder-Oder» Situ-ation vorliegt (die Steuerverwaltung rechnet einen bestimmten Aufwand vollständig auf oder lässt ihn komplett zum Abzug zu) oder bei denen alle möglichen Ergebnisse relativ nahe bei einem bestimmten Wert liegen. Der gewichtete Durchschnitts-wert sollte üblicherweise dann gewählt werden, wenn die An-zahl und die Streuung der möglichen Korrekturen relativ gross ist.

Das nachfolgende Beispiel für einen Verrechnungspreisfall zeigt die Anwendung der beiden Methoden exemplarisch auf:

Sollte das Unternehmen zum Schluss kommen, dass der gewichtete Durchschnittwert zum sachgerechteren Ergeb-nis führt, dann würde es eine Steuerrisikorückstellung von 440'000 verbuchen. Falls es den wahrscheinlichsten Wert als besser erachtet, bilanziert es eine Rückstellung von 400'000.

• ‐Neubeurteilung von Ertragssteuerrisiken

Wenig überraschend bestätigt IFRIC 23 in Paragraph 13 die bis-herige Praxis, dass für die Neubeurteilung eines Ertragssteuer-risikos neue Informationen und Erkenntnisse vorliegen müssen. Als neue Informationen kommen bspw. verbindliche Vereinba-rungen mit den Steuerbehörden in ähnlich gelagerten Fällen, neue Gerichtsurteile oder der Eintritt der Verjährung in Frage. Sofern einzig auf der bisherigen Informationsbasis eine Neube-urteilung des Risikos sowie eine Korrektur der verbuchten Steu-errisikorückstellung erfolgt, ist − in Ubereinstimmung mit den bisher geltenden Regeln − vielmehr die Frage zu beantworten, ob nicht der Vorjahresbetrag falsch war und gegebenenfalls sogar ein «Restatement» nach IAS 8 notwendig ist.

• ‐Qualifikation von Verzugszinsen und Strafsteuern

Das IASB und das IFRIC haben bewusst darauf verzichtet, ver-bindliche Vorgaben zur Qualifikation von Verzugszinsen und Strafsteuern in IFRIC 23 aufzunehmen. Deshalb haben Unter-nehmen, wie auch unter US GAAP, weiterhin ein Wahlrecht, ob sie Verzugszinsen und Strafsteuern im Ertragssteueraufwand zeigen wollen oder ob die entsprechenden Positionen als Teil des Finanz- bzw. übrigen Aufwandes auszuweisen sind.

• Anhangsangaben und Offenlegungen

IFRIC 23 verlangt, im Gegensatz zur unter US GAAP einge-führten FIN 48 Regelung, keine zusätzlichen Offenlegungen im Anhang der entsprechenden IFRS-Jahresrechnungen. In

Steuerlich akzep-tierter Verrech-

nungspreis

Mögliche Aufrechnung

Geschuldete Steuer

(Steuersatz 20%)

Individuelle Wahrscheinlich-

keit

Gewichteter Durchschnitts-

wert

Wahrschein-lichster Wert

5'000'000 0 0 20% 0

3'000'000 2'000'000 400'000 40% 160'000 400'000

2'000'000 3'000'000 600'000 30% 180'000

0 5'000'000 1'000'000 10% 100'000

440’000 400’000

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10Tax News – Sommer 2017

Paragraph 4 des Anhangs A von IFRIC 23 wird Unternehmen jedoch eine Beurteilungspflicht auferlegt, ob nicht wesentliche Annahmen oder Schätzungen zu Steuerrisiken offenzulegen sind. Weiter muss ein Unternehmen prüfen, ob für wesentliche Steuerrisiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeit aber unter 50% liegt, nicht eine Eventualverbindlichkeit auszuweisen ist.

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen

IFRIC 23 ist für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen, zwingend anwendbar. Unternehmen ist es jedoch freigestellt, die neuen Richtlinien auf freiwilliger Basis bereits in früheren Berichtsperioden anzuwenden.

Bei der Erstanwendung von IFRIC 23 steht es den Unternehmen frei, ob sie vorangehende Berichtsperioden rückwirkend eben-falls nach IFRIC 23 ausweisen wollen. Alternativ besteht die

Möglichkeit, vorangehende Berichtsperioden unverändert zu belassen und einen allfälligen Einmaleffekt aus der erstmaligen Anwendung von IFRIC 23 im Eigenkapital zu verbuchen. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Unternehmen und Konzer-ne die zweite Methode bevorzugen.

Empfehlung

Unternehmen wird empfohlen, ihre Rechnungslegungsmetho-den für unsichere Steuerpositionen zu überprüfen und gegebe-nenfalls anzupassen. Ist ein Methodenwechsel notwendig, dann sollten die vorhandenen Ertragssteuerrisiken möglichst früh-zeitig nach IFRIC 23 beurteilt und quantifiziert werden. Damit wird sichergestellt, dass allenfalls wesentliche Auswirkungen möglichst zeitgerecht sowohl dem Management als auch den Investoren kommuniziert werden können.

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11Tax News – Sommer 2017

Entwicklungen in Grossbritannien: Inkraftsetzung der Steuergesetzänderungen 2017 sowie Einfluss des Brexit auf das Tax Accounting & Reporting

Marco MühlemannPartner, International Tax Services, Zürich

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Das steuerliche Umfeld in Grossbri-tannien ist weiterhin einem Wandel unterworfen. Einerseits führen die seit mehreren Jahren andauernden Reform-bemühungen der britischen Regierung auch im 2017 zu Änderungen am bestehenden Steuergesetz. Anderer-seits wird der bevorstehende Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union das steuerliche Umfeld des ver-einigten Königreiches beeinflussen und unter anderem Auswirkungen auf das Tax Accounting & Reporting haben.

Steuergesetzänderungen 2017

Grossbritannien verabschiedete am 27. April 2017, nach verkürzter parlamenta-rischer Beratung, die Steuergesetzände-rungen für das Jahr 2017 (sog. Finance Act 2017).1 Aufgrund der Neuwahlen des britischen Parlaments, die am 8. Juni 2017 stattfanden, mussten kurzfristig mehrere Änderungen und Kürzungen am Gesetzesentwurf (sog. Finance Bill 2017) vorgenommen werden. Das nun verabschiedete Gesetz weicht deshalb massgeblich vom letzten Gesetzesent-wurf ab, der am 20. März 2017 publiziert wurde.2 Die Änderungen und Kürzungen waren notwendig, um dem Parlament die Möglichkeit einer vertieften Beratung der teilweise sehr komplexen Bestimmungen zu geben, wofür erst nach den Neuwah-len ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Im Steuergesetz nicht enthalten sind insbesondere die nachfolgenden – und

für Unternehmen wesentlichen – Punkte. Zusammenfassend lässt sich jedenfalls sagen, dass sich für Unternehmen, im Vergleich zu 2016, vorerst nicht viel geändert hat.

• Abzugsfähiger Zinsaufwand Im Gesetzesentwurf war die Ein-führung einer, der deutschen «Zinsschranke» nachgebildeten Bestimmung vorgesehen, indem der steuerlich abzugsfähige Zinsaufwand auf 30% des EBITDA begrenzt gewe-sen wäre (zuzüglich einer allgemeinen Freigrenze von GBP 2 Mio.). Diese Bestimmung tritt nun vorläufig nicht in Kraft und die bisherigen Regeln bleiben weiterhin anwendbar.

• Verlustverrechnung Laut Gesetzesentwurf hätten steuer-bare Gewinne nach dem 1. April 2017 nur mehr zu 50% mit steuerlichen Verlustvorträgen verrechnet werden können, während das bisherige Steu-ergesetz – mit gewissen Ausnahmen für Banken – keine diesbezüglichen Beschränkungen vorsieht.

• ‐Beteiligungsabzug Der Gesetzesentwurf sah gewisse Erleichterungen bei der steuerlichen Freistellung von Kapitalgewinnen aus Beteiligungsverkäufen vor (sog.

Substantial Shareholding Exemption), um Grossbritannien als Standort für Holdinggesellschaften zu fördern. Die aktuellen restriktiveren Bestimmungen bleiben nun weiterhin in Kraft.

• ‐Anpassungen bei den sog. «Anti-Hyb-rid Rules» Laut Gesetzesentwurf hätten Abschrei-bungen auf immateriellen Aktiven mit Wirkung per 1. Januar 2017 nicht mehr als «schädliche Abzüge» für Zwecke der Anti-Hybrid Rules qualifi-ziert.

• ‐Anpassungen betreffend «Cost Sha-ring Arrangements» bei der Patentbox Das neue Gesetz hätte bei Gesell-schaften, welche die Patentbox in Anspruch nehmen, zu diversen Klar-stellungen betreffend «Cost Sharing Arrangements» geführt. Weiter wäre die Besitzstandsklausel betreffend vorbestehenden und qualifizierenden Immaterialgüterrechten leicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen ausge-dehnt worden.

Nicht betroffen von den vorgenom-menen Änderungen ist die zukünftige Steuersatzreduktion, welche bereits in den Vorjahren beschlossen wurde. Der Körperschaftssteuersatz wird per 1. April 2020 von den aktuell gültigen 19% auf 17% reduziert.

1 http://www.ey.com/gl/en/services/tax/international-tax/alert--uk-enacts-shortened-version-of-finance-bill2 http://www.ey.com/gl/en/services/tax/international-tax/alert--uk-issues-2017-finance-bill

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12Tax News – Sommer 2017

Die meisten Steuerberater in Grossbritan-nien gehen zur Zeit davon aus, dass die oben genannten Änderungen vorläufig einzig aufgeschoben sind und im Nach-gang zu den Parlamentswahlen doch noch Eingang ins Steuergesetz 2017 finden. So bestätigte am 25. April 2017 Jane Ellison, die zuständige Staatsse-kretärin im Finanzministerium, dass die kurzfristigen Änderungen keinen politi-schen Kurswechsel darstellen und vom neugewählten Parlament zum erstmög-lichen Zeitpunkt wieder aufgenommen werden sollen.

In der Praxis wird vielmehr erwartet, dass einzelne Bestimmungen – falls im Som-mer oder Herbst vom Parlament in un-veränderter Form verabschiedet – sogar rückwirkend in Kraft treten könnten. In diesem Fall hätte sich, im Vergleich zum ursprünglichen Plan, nicht viel geändert.

Die Neuwahlen und hängigen Geset-zesänderungen führen für die Unter-nehmen gleichwohl zu unerwünschten steuerlichen Unsicherheiten. So ist beispielweise unklar, auf welcher Basis die provisorischen Steuerzahlungen 2017 zu berechnen sind, deren erste Rate Mitte Juli 2017 fällig wird. Weiter können die aufgeschobenen Änderungen beim Betei-ligungsabzug geplante Beteiligungsver-äusserungen erschweren oder vorläufig ganz verunmöglichen.

Unternehmen und Konzernen mit einem steuerlichen Anknüpfungspunkt zu Gross-britannien wird empfohlen, die weiteren Entwicklungen laufend mit zu verfolgen um zeitgerecht darauf reagieren zu können.

Einfluss des Brexit auf das Tax Accounting & Reporting

Das am 29. März 2017 formell einge-reichte Gesuch für einen Austritt Gross-britanniens aus der Europäischen Union (EU) hat mehrfach die Frage aufgeworfen, ob die steuerliche Rechnungslegung multinationaler Unternehmen mit steu-

erlichem Anknüpfungspunkt zu Grossbri-tannien vom Brexit unmittelbar betroffen ist. Die EU hat während den vergangenen Jahrzehnten mehrere steuerliche Richt-linien in Kraft gesetzt, deren Anwendung für die Mitgliedstaaten zwingend ist (so bspw. die Mutter-Tochter-Richtlinie, die Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie oder die Fusionsrichtlinie). Ein Austritt Gross-britanniens aus der EU hat mutmasslich den Effekt, dass diese Richtlinien im Ver-hältnis zu britischen Unternehmen nicht mehr Anwendung finden werden, was beispielsweise zu nicht-rückforderbaren Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen oder Lizenzen führen kann.

Die Aktivierung von Art. 50 des EU-Ver-trags von Lissabon sieht vor, dass ein Mit-gliedstaat nach Einreichung des Austritts-gesuchs die EU innerhalb von maximal 2 Jahren zu verlassen hat. Der Europäische Rat kann jedoch - im Einvernehmen mit Grossbritannien – einstimmig beschlies-sen, diese Frist zu verlängern. Da für den Austritt eines Mitgliedstaates aus der EU bisher ein Präjudiz fehlt, kann momentan nicht gesagt werden, welche Zeit der Austrittsprozess benötigt. Weiter fehlen bisher konkrete Anhaltspunkte, ob und wie das Verhältnis zwischen der EU und Grossbritannien inskünftig geregelt wird (bspw. durch ein neues Rahmenabkom-men). Aus diesem Grund ist zur Zeit auch völlig offen, wie die steuerliche Situation im Verhältnis zu Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Grossbritannien in Zukunft aussehen wird.

Laut IFRS (IAS 12.46) und US GAAP (ASC 740-10-05-7) sind die laufenden Steu-ern mit dem Steuersatz zu berechnen, welcher am Abschlussstichtag gültig ist. Für die Berechnung der latenten Steu-ern ist nach US GAAP der Steuersatz zu verwenden, der zum Zeitpunkt der erwarteten Umkehr der temporären Dif-ferenz gilt, wobei dieser Steuersatz zum Abschlussstichtag formell in Rechtskraft erwachsen sein muss. Unter IAS 12 reicht es demgegenüber aus, dass dieser (zu-künftige) Steuersatz am entsprechenden

Bilanzstichtag materiell in Kraft ist.Mit der Einreichung des formellen Austrittsgesuchs beginnt zunächst nur die Phase der konkreten Austrittsver-handlungen. Bis zum Abschluss dieser Verhandlungen bleiben alle Steuerge-setze und EU-Richtlinien in Kraft. Aus diesem Grund erfolgte am 29. März 2017 weder ein «Enactment» (US GAAP) noch ein «Substantive Enactement» (IFRS) einer neuen steuerlichen Bestimmung. Allfällige Ertragssteuerfolgen des Brexit sollten vielmehr erst zum früheren der beiden folgenden Zeitpunkte berücksich-tigt werden:3

• (Formeller) Erlass neuer Steuergeset-ze und Bestimmungen durch Grossbri-tannien, die EU oder EU-Mitgliedstaa-ten während der maximal 2-jährigen Austrittsphase oder

• Zeitpunkt, an welchem Grossbritanni-en effektiv aus der EU austritt.

Dem Vernehmen nach teilt die US-Bör-senaufsichtsbehörde (SEC) diese Auffas-sung. Gesellschaften müssen folglich die konkreten Entwicklungen regelmässig mitverfolgen und zu jedem Bilanzstich-tag – insbesondere auch im Rahmen der Quartalsberichterstattung – beurteilen, ob einer dieser beiden Zeitpunkte er-reicht ist.

Weiter wird empfohlen, im Jahresbericht auf die mutmasslichen Steuerfolgen des Brexit transparent hinzuweisen, sofern davon auszugehen ist, dass die steuer-lichen Auswirkungen für einen Konzern wesentlich sind.4

Unmittelbare latente Steuerfolgen könn-ten sich allenfalls dann ergeben, wenn ein Unternehmen im Hinblick auf den Brexit die Aktivitäten in Grossbritannien bewusst reduziert und so beispielsweise steuerliche Verlustvorträge aufgrund fehlender zukünftiger Gewinne als nicht mehr werthaltig beurteilt werden müs-sen.

3 http://www.ey.com/publication/vwluassetsdld/tothepoint_01480-171us_brexittaximplications_30march2017/$file/tothepoint_01480-171us_brexittaximplications_30march2017.pdf?OpenElement

4 http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/IFRS_Developments,_Issue_123:_Brexit_and_the_implications_for_tax_accounting/$File/Dev-el123-Mar2017.pdf

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13Tax News – Sommer 2017

Frühpensionierung - Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche UberlegungenFür viele Unselbständigerwerbende in Führungspositio-nen besteht nach ihrer langjährigen Erwerbstätigkeit der Wunsch, vor dem ordentlichen Rentenalter 65/64 in Rente zu gehen. Dass es Gestaltungsmöglichkeiten – insbesondere in Bezug auf die dritte Säule – zur Progressionsbrechung gibt, ist vielen bekannt. Ein wichtiger Aspekt, der jedoch oft in Vergessenheit gerät, sind die sozialversicherungs-rechtlichen Abgaben, die bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters geschuldet sind und mitunter zu unerfreuli-chen Überraschungen führen können. Je nach Ausgestal-tung kann die Belastung signifikant gesenkt werden. Bei der Planung des 3. Lebensabschnittes sollte neben der Bud-getplanung für die Lebenshaltungskosten, dem Entscheid, ob Rente oder Kapital bezogen werden soll, auch noch die Sozialversicherungsabgaben beachtet werden.

Beitragspflicht der AHV / IV / EO für Frühpensionierte

In der Schweiz wohnhafte und erwerbstätige Personen sind obligatorisch in der AHV1 versichert und müssen Beiträge bezahlen. Die AHV unterscheidet zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen. Als Nichterwerbstätige gelten Personen, die kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielen. Die Beitragspflicht endet, sobald das ordentliche Rentenalter erreicht ist. Wenn die Beiträge nicht lückenlos bezahlt werden, kann dies zu einer Kürzung der Rente führen. Die Beiträge der Nichterwerbstätigen richten sich nach dem Vermögen gemäss der kantonalen Veranlagung sowie dem 20-fachen jährlichen Renteneinkommen. Bei Verheirateten be-messen sich die Beiträge für jeden Ehegatten auf die Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens, ungeachtet des Güterstandes. Zum Vermögen gehören beispielsweise Sparkon-ten, Wertpapiere und Liegenschaften. Nicht zum massgeblichen Vermögen zählen Anwartschaften auf Freizügigkeitskonten und Säule 3a Konten. Diese gehören erst dann zum massgeblichen Vermögen, wenn diese Konten bezogen resp. gemäss Gesetz

fällig werden. Bei der sukzessiven Auflösung allfälliger Freizü-gigkeitskonten erhöht sich somit das für den Nichterwerbstäti-genbeitrag massgebliche Vermögen.

Wer weniger als im 50%-Pensum erwerbstätig ist, kann eben-falls für die Ausgleichskassen als Nichterwerbstätig betrachtet werden. Hierbei wird eine Vergleichsrechnung beigezogen: Wer sowohl mindestens den doppelten Mindestbetrag von CHF 478 als auch mindestens die Hälfte der Beiträge, die er als Nicht-erwerbstätiger bezahlen würde, in die erste Säule einbezahlt, muss keine weiteren Nichterwerbstätigenbeiträge bezahlen. Für den nichterwerbstätigen Ehegatten gilt, dass die eigenen Bei-träge als bezahlt gelten, sofern der Ehegatte Erwerbstätigen-beiträge in der Höhe des doppelten Mindestbetrags bezahlt hat.

Fortführen der Erwerbstätigkeit

Höhere Nichterwerbstätigenbeiträge für beide Ehegatten kön-nen vermieden werden, sofern mindestens ein Ehegatte einer ausreichenden (selbständigen oder unselbständigen) Erwerbs-tätigkeit nachgeht2. Je nach Ausgangslage und Gestaltungs-möglichkeit kann die Resterwerbstätigkeit so gestaltet werden, dass die Pensionskassenguthaben nicht mit Beendigung der Haupterwerbstätigkeit fällig werden, sondern transferiert3 und später gestaffelt bezogen werden. Da Freizügigkeits- und Pensionskassenkonten für die Berech-nung des Nichterwerbstätigenbeitrags bei der AHV nicht zum massgeblichen Vermögen gehören, bleiben die potentiellen Nichterwerbstätigenbeiträge vergleichsweise tief, voraus-gesetzt der Bezug wird bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters (beider Ehegatten) aufgeschoben. Somit reicht oft ein vergleichsweise geringes Erwerbseinkommen, damit die Beiträge aus Erwerbstätigkeit die hälftigen Beiträge, die als Nichterwerbstätiger geschuldet wären, übersteigen.

1 Wenn nachfolgend von AHV gesprochen wird, sind immer auch die IV und EO mitberücksichtigt.2 Ausreichend bedeutet, entweder eine wenigstens 50%-ige Erwerbstätigkeit oder Bezahlung wenigstens des doppelten Mindestbetrags und der hälfti-

gen Beiträge, die als Nichterwerbstätiger geschuldet wären.3 Je nach Gestaltung erfolgt der Transfer in die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers oder auf ein Freizügigkeitskonto.

Markus KaempfExecutive Director, People Advisory Services, Zug

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Dr. Marlene KobierskiManager, Private Client & International Social Security Services, Bern [email protected]

Carina RyterConsultant, Tax Services, Bern

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14Tax News – Sommer 2017

Steuerliche Aspekte

Steuerliche Uberlegungen stellen sich insbesondere in Bezug auf die Frage, ob das Pensionskassenguthaben als Rente, als Kapital oder eine Mischform davon bezogen werden soll. Wäh-rend die Rente zum ordentlichen Tarif zu versteuern ist, ist auf den Kapitalbezug ein reduzierter Satz anwendbar, der oftmals nur rund 20% der ordentlichen Steuer beträgt.

Sofern das Pensionskassenkapital auf zwei Freizügigkeitskonten transferiert werden konnte, empfiehlt es sich grundsätzlich, um die Progression zu brechen, diese gestaffelt zu beziehen. Gemäss der Praxis ist in vielen Kantonen ein gestaffelter Bezug bei zwei Freizügigkeitskonten zwecks Brechen der Progression zugelassen, da gesetzlich die Aufteilung der Vorsorgeleistung auf bis zu zwei Freizügigkeitskonten vorgesehen ist. Eine Auf-teilung auf weitere Freizügigkeitskonten wird steuerlich jedoch meist nicht akzeptiert.

In vielen Kantonen und beim Bund wird der Grenzsteuersatz (jeder zusätzliche Franken wird mit dem maximalen Steuersatz belastet) bei einem steuerbaren Einkommen von CHF 140'000 bis CHF 160'000 erreicht. Bei hohen Guthaben wird faktisch der Kapitalbezug der zweiten und dritten Säule bereits oft zum maximalen Satz besteuert, womit sich die progressionsbrechen-de Staffelung in solchen Fällen nur bedingt auswirkt.

Ein gestaffelter Bezug der Vorsorgegelder bringt dennoch Vor-teile, nämlich gehören diese grundsätzlich erst mit Bezug zum steuerbaren Vermögen, womit erst ab Bezug die Vermögens-steuer geschuldet ist. Zudem werden sie erst ab Bezug zum massgeblichen Vermögen für die Berechnung der AHV-Beiträge gezählt, was massive Beitragsersparnisse zur Folge haben kann.

Fallbeispiel

Um die komplexe Thematik besser illustrieren zu können, soll folgendes fiktives Fallbeispiel gezeigt werden: Frau E. möchte sich mit 60 Jahren (ohne Bezug einer AHV-Rente) frühpensi-onieren lassen. Ihr Pensionskassenguthaben beläuft sich auf CHF 2 Mio., wobei sie diese je zur Hälfte als Kapital und Rente bezieht (Umwandlungssatz 5.5%). Zusätzlich hat sie fünf Säule 3a Konten à CHF 20'000. Von ihrem Arbeitgeber erhält sie eine Abgangsentschädigung in der Höhe von CHF 500'000 (mit Vor-sorgecharakter). Ihr Ehemann (Alter 55) tritt ebenfalls kürzer und erzielt mit einem 20%-Pensum ein jährliches Einkommen von CHF 20'000.

Berechnung des Nichterwerbstätigenbeitrags im Jahr der Frühpensionierung Vermögen gem. Steuerveranlagung 4'000'000 Säule 3a erster Bezug 20'000 Abgangsentschädigung 500'000 PK-Kapital 1'000'000 PK-Rente (*20) 1'100'000 Total Vermögen für Kontrollrechnung 6'620'000 Anteil je Ehegatte 3'310'000 Nichterwerbstätigenbeitrag Ehefrau 8'251 Nichterwerbstätigenbeitrag Ehemann 8'251 Total Nichterwerbstätigenbeiträge 16'502 Anrechnung AHV-Beiträge Ehemann (10.25%) -2'050

Berechnung des Nichterwerbstätigenbeitrags im Jahr der Frühpensionierung Vermögen gem. Steuerveranlagung 4'000'000 Säule 3a erster Bezug 20'000 Abgangsentschädigung 500'000 PK-Kapital - PK-Rente (*20) - Total Vermögen für Kontrollrechnung 4'520'000 Anteil je Ehegatte 2'260'000 Nichterwerbstätigenbeitrag Ehefrau 5'023 Nichterwerbstätigenbeitrag Ehemann 5'023 Total Nichterwerbstätigenbeiträge 10'046 Anrechnung AHV-Beiträge Ehemann (10.25%) -2'050

Da ihr Ehemann nur einem 20%-Pensum nachgeht und nicht ge-nügend Beiträge generiert hat (hälftiger Nichterwerbstätigen-beitrag gemäss der Kontrollrechnung nicht erreicht), müssen beide Ehegatten jährlich den vollen Nichterwerbstätigenbeitrag von CHF 8'251, d.h. CHF 16'502 bezahlen. Die bereits geleis-teten Beiträge aus der Erwerbstätigkeit des Ehemannes werden angerechnet. Würde der Ehemann wenigstens einem 50%-Pens-um nachgehen oder würde er – unabhängig seines Pensums – wenigstens CHF 41'000 verdienen, wäre er als Erwerbstätiger verabgabt worden und auch Frau E. wäre als Ehefrau von den Beiträgen befreit und müsste keine weitere AHV bezahlen.

Würde Frau E. noch einer Nebenerwerbstätigkeit nachgehenund keine Rente beziehen, würde das Pensionskassenkapitalnoch nicht fällig und das Vermögen der Kontrollrechnung redu-ziert sich entsprechend markant.

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15Tax News – Sommer 2017

Wenn Frau E. oder ihr Ehemann wenigstens CHF 25'000 pro Jahr verdienen oder einer der beiden wenigstens einer 50% Tätigkeit nachgeht, dann würde dieser Ehegatte als Erwerbstä-tiger verabgabt werden. Die ehelichen AHV-Beiträge könnten dann gar auf rund CHF 2'600 gesenkt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass die Nebenerwerbstätigkeit von Frau E. im Umfang nur beschränkt sein darf, um den vorsorgeähnlichen Charakter der Abgangsentschädigung – die zum Vorsorgetarif anstatt zum ordentlichen Tarif besteuert wird – nicht zu gefähr-den.

Fazit

Es wird deutlich, dass bei einer anstehenden Pensionierung nicht nur darüber entschieden werden muss, in welcher Form der künftige Lebensunterhalt bestritten werden soll, sondern neben steuerlichen Optimierungsüberlegungen auch eine allfällige fortführende AHV-Beitragspflicht im Rahmen der Optimierungsmöglichkeiten beachtet werden sollte. Da das Zusammenspiel der Massnahmen komplex ist, empfehlen wir, die gewünschte Planungsoption den Steuerbehörden und der zuständigen Ausgleichskasse als Vorabbescheid (Ruling) zu unterbreiten.

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16Tax News – Sommer 2017

Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr von Waren ohne feststehenden Käufer – Bundesgerichtsentscheid 2C_1079/2016 vom 7. März 2017

Barbara HenzenPartner, Indirect Tax Services, Zürich & Bern

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Das Bundesgericht veröffentlichte am 7. März 2017 einen Entscheid, der die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrsteuer betrifft. Im Streit standen Verzugszinsen für nacherho-bene Einfuhrsteuer sowie die Frage, welche Transaktion zur Einfuhr in die Schweiz führt und damit massgeblich für die Einfuhrsteuer ist.

Ausgangslage

Die A-AG mit Sitz in Schweden und für mehrwertsteuerliche Zwecke in der Schweiz registriert, fungiert als Ein-kaufsgesellschaft für einen internatio-nal tätigen Konzern. Die A-AG erwirbt Waren bei ausländischen Produzenten und verbringt die Waren in einem ersten Schritt in ein Einkaufslager im jeweiligen Einkaufsland. Danach werden die Waren in das schweizerische Auslieferungslager verbracht. Die A-AG agiert als Impor-teurin, organisiert den Transport vom Einkaufsland in die Schweiz und trägt die Transportkosten vom ausländischen Einkaufslager in das schweizerische Aus-lieferungslager. Nachdem die Ware im Auslieferungslager angekommen ist, wird sie den einzelnen Landesgesellschaften zugeordnet und ausgeliefert. Es gilt zu erwähnen, dass im Zeitpunkt der Einfuhr

nicht klar ist, ob es zu einem Kaufvertrag zwischen der A-AG und den schweizeri-schen Landesgesellschaften kommt oder nicht.

Allgemeine mehrwertsteuerliche Grundlagen

Inlandlieferungen werden bei den steu-erpflichtigen Personen von der Mehr-wertsteuer (MWST) erfasst. Damit bei der Einfuhr von Gegenständen kein Wettbe-werbsnachteil bei den inländischen Steu-erpflichtigen entsteht, erhebt der Bund eine Einfuhrsteuer von derzeit 8% resp. 2.5% in Abhängigkeit der Waren.

Von der Steuer erfasst wird die körperli-che Bewegung von Gegenständen über die Zollgrenze ins Inland. Es wird kein Umsatzgeschäft zwischen den Beteiligten vorausgesetzt, damit der Steuertatbe-stand der Einfuhr erfüllt ist. Auch das Verbringen von Gegenständen durch einen ausländischen Unternehmer in die Schweiz wird als Einfuhrsteuertatbestand erachtet.1 Das heisst, dass jegliches Ver-bringen von Waren in das Zollinland (mit einigen Ausnahmen, z.B. Reiseverkehr, für welche bestimmte Freigrenzen beste-hen) von der Einfuhrsteuer erfasst wird.

Nach Art. 51 Abs. 1 MWSTG ist einfuhr-steuerpflichtig, wer gegenüber der EZV als Zollschuldner qualifiziert. Zollschuld-ner können Personen sein, welche die Gegenstände über die Grenze verbrin-gen oder verbringen lassen, auf deren Rechnung die Gegenstände eingeführt werden oder diejenigen Personen, die zur Zollanmeldung verpflichtet sind.

Die Einfuhrsteuer berechnet sich bei Ver-äusserungs- und Kommissionsgeschäften auf dem Entgelt, das der Importeur oder an seiner Stelle eine Drittperson entrich-tet oder zu entrichten hat. Beim Fehlen eines Veräusserungs- und Kommissions-geschäfts wird zur Berechnung der Ein-fuhrsteuer der Marktwert herangezogen.2

Bei der Berechnung der Einfuhrsteuer nach dem Marktwert wird gemäss Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) der Verkaufspreis herangezogen, welcher einem unabhängigen Dritten im Inland berechnet würde, abzüglich 10%.3

Erwägungen der Eidgenössischen Zoll-verwaltung (EZV)

Im Rahmen einer Strafuntersuchung war die EZV zum Schluss gelangt, dass die A-AG fälschlicherweise als Bemessungs-

1 Vgl. Zoll-Info 52.01, Ziffer 4.4.1.2 Vgl. Zoll-Info 52.01, Ziffer 4.6.1.3 Vgl. Zoll-Info 52.01, Ziffer 4.6.3.1 und MWST-Info 06, Ort der Leistungserbringung, Ziffer 6.1.2.

Oliver HulligerManager, Indirect Tax Services, Bern

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Benedict RykartConsultant, Indirect Tax Services, Bern

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17Tax News – Sommer 2017

grundlage der Einfuhrsteuer ihren Ein-kaufspreis vom ausländischen Lieferan-ten im Einkaufsland inkl. Transportkosten verwendet habe. Gemäss EZV hätte jedoch korrekterweise der Verkaufspreis an die Landesgesellschaften ohne MWST und nach Abzug eines Abschlags von 10% als Bemessungsgrundlage der Ein-fuhrsteuer herangezogen werden müs-sen, da die EZV die Auffassung vertrat, dass nicht das Einkaufsgeschäft zwischen den ausländischen Lieferanten und der A-AG die Einfuhren in die Schweiz bewirk-ten, sondern es sich um ein Verbringen eigener Waren über die Grenze in die Schweiz handelte. Da der auf diese Weise berechnete Marktwert entsprechend höher war, verpflichtete die EZV die A-AG zur Nachzahlung von Einfuhrsteuer in Höhe von ca. CHF 100 Millionen sowie zur Bezahlung eines Verzugszinses von ca. CHF 900'000. Aufgrund der Rück-erstattung der Nachsteuer richtet sich die erfolglose Beschwerde der A-AG ausschliesslich gegen die Entrichtung des Verzugszins.

Erwägungen des Bundesverwaltungs-gerichts

Wie zuvor die EZV hat auch das Bundes-verwaltungsgericht die Beschwerde der A-AG abgewiesen. Dies mit der Begrün-dung, dass die Ware weder in Erfüllung eines Veräusserungs- oder Kommissions-geschäfts zwischen dem ausländischen

Lieferanten und der A-AG noch eines solchen zwischen der A-AG und der Lan-desgesellschaft in die Schweiz eingeführt werde. Das Einkaufsgeschäft der A-AG habe nicht zur Einfuhr geführt, da die A-AG bereits im Ausland die wirtschaft-liche Verfügungsmacht über die Waren erlangt und sodann abgeholt habe. Das Verkaufsgeschäft der A-AG führe eben-falls nicht zur Einfuhr, da zum Zeitpunkt der Einfuhr noch kein Kaufvertrag mit den Landesgesellschaften vorläge. Daraus sei zu schliessen, dass die tat-sächlich entrichteten Entgelte nicht als Bemessungsgrundlage massgebend sein können und ersatzweise der Marktwert heranzuziehen sei.

Urteil des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hat mit Urteil vom 7. März 2017 die Beschwerde der A-AG gutgeheissen. Für die Frage, ob eine Einfuhr «in Erfüllung» eines Veräusse-rungsgeschäfts erfolge, käme es entge-gen der Auffassung der Vorinstanz nicht darauf an, wer den Transport der Waren ins Inland veranlasse. Unabhängig von den Transportmodalitäten sei vielmehr entscheidend, dass die A-AG im vorlie-genden Fall die eingekauften Waren nicht im Einkaufsland benötige, sondern im inländischen Auslieferungslager bereit-zustellen habe. Die von der A-AG im Aus-land eingekauften Waren seien für den Verkauf in der Schweiz bestimmt, so dass

mit der Einfuhr der Waren in die Schweiz das Einkaufsgeschäft zwischen der A-AG und den ausländischen Lieferanten vollzogen werde. Ob es im Nachgang zur Einfuhr tatsächlich zu einem Weiterver-kauf an die inländischen Landesgesell-schaften komme oder nicht, ändere an der ursprünglichen Zweckbestimmung nichts.

Fazit

Die Vorentscheidung des Bundesverwal-tungsgerichts hatte für erhebliche Unsi-cherheit bei einer Vielzahl von Unterneh-men geführt, die ebenfalls Waren ohne feststehenden Käufer in die Schweiz einführen. Mit seinem Entscheid hat das Bundesgericht diese Zweifel beseitigt und klargestellt, dass es bei der Bestim-mung des massgeblichen, zur Einfuhr führenden Geschäfts nicht auf die Trans-portmodalitäten ankommt. Unabhängig davon, ob der Verkäufer einer Ware den Transport übernimmt bzw. veranlasst, oder aber der Käufer die Waren im Aus-land abholt, ist die Bestimmung der Ware für den Kaufvertrag prägend. Erfolgt der Einkauf wie im vorliegenden Fall mit der Bestimmung zum Verkauf in der Schweiz, erfolgt die Einfuhr in Erfüllung dieses Veräusserungsgeschäftes und das hierfür entrichtete Entgelt ist für die Berechnung der Einfuhrsteuer massgeblich.

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18Tax News – Sommer 2017

Ausländische Reiseveranstalter mit Verkauf von Reiseleistungen in der Schweiz - Schneller in der MWST-Pflicht als gedacht

Silke Hildebrandt-StürmerSenior Manager, Indirect Tax Services Zürich

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Der Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 lit. b Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) verlockt im Ausland domizilierte Reiseveranstal-ter und Touroperatoren mit Reiseleistungsangebot in der Schweiz oft dazu, verfrüht auf eine Klärung der Schweizer MWST-Pflicht zu verzichten. Ausländische Reiseveran-stalter, die im Besitze einer verbindlichen Auskunft der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Ruling) betreffend Steuerpflicht in der Schweiz sind, sollten im Hinblick auf das revidierte MWSTG, welches per 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, erneut eine Auskunft bei der ESTV einholen.

Aktuelle Grundlagen zur Mehrwertsteuerpflicht in der Schweiz

Gemäss Art. 10 MWSTG ist in der Schweiz steuerpflichtig, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und nicht von der Steuerpflicht befreit ist. Zum Kreis der potentiell Steuerpflichtigen gehören somit, wer entweder Leistungen im Inland erbringt oder den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland hat.

Im Einzelnen erfordert eine unternehmerische Tätigkeit das Vorliegen folgender Elemente:• Die Tätigkeit muss auf eine nachhaltige Erzielung von Ein-

nahmen aus Leistungen ausgerichtet sein;• Die Vereinnahmung von Entgelten aus Leistungen ist das

primär verfolgte Ziel der Tätigkeit; • Die Tätigkeit ist beruflicher oder gewerblicher Natur;• Die Ausübung der Tätigkeit erfolgt auf selbstständiger Basis,

was bei juristischen Personen regelmässig der Fall ist;• Der Aussenauftritt erfolgt unter eigenem Namen.

Reiseveranstalter sowie Touroperatoren mit Sitz im Ausland erfüllen die oben genannten Kriterien i.d.R. ohne Weiteres. Ubersteigt der in der Schweiz generierte Umsatz CHF 100'000 in einem Kalenderjahr, so wird das Unternehmen obligatorisch mehrwertsteuerpflichtig.

Steuerbefreiung

Art. 8 Abs. 2 lit. b MWSTG hält fest, dass der Ort von Dienstleis-tungen von Reisebüros und Organisatoren von Veranstaltungen

an demjenigen Ort ist, an welchem sich der Sitz der wirtschaft-lichen Tätigkeit der dienstleistenden Person befindet. Der klar formulierte Wortlaut legt nahe, dass Dienstleistungen von Reiseveranstalter dem Erbringerortsprinzip folgen. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass es sich hierbei um einen Trugschluss handelt: Die Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) handelt für die Definition von Reisedienstleistungen nach dem Ausschlussverfahren und wendet Art. 8 Abs. 2 lit. b MWSTG nur an, wenn nicht eine der übrigen Ortsbestimmungen (e.g. Verpflegungs-, Beherbergungs- oder Beförderungsleistun-gen) greift. Für die Anwendung des Art. 8 Abs. 2 lit. b MWSTG sind somit fast keine Konstellationen mehr denkbar.

Daraus folgt, dass Art. 8 Abs. 2 lit. b MWSTG keinesfalls a priori als Grundlage für eine generelle Steuerbefreiung von in der Schweiz durchgeführten Reiseleistungen durch ausländische Reiseveranstalter betrachtet werden darf:

Verkauft ein im Ausland domizilierter Reiseveranstalter an seine Kunden beispielsweise reine Hotelübernachtungen in der Schweiz, so befindet sich der Ort dieser Leistungen in der Schweiz. Dies gilt ebenso für Transportleistungen, Events, die Vermietung von Fahrzeugen sowie Verpflegung, sofern diese Leistungen auf Schweizer Boden konsumiert werden. Eine Befreiung von der Steuerpflicht (aktuelle Rechtslage) kommt somit prinzipiell nur noch in Frage, wenn der in einem Kalen-derjahr generierte Umsatz aus diesen Leistungen CHF 100'000 nicht übersteigt.

Praxis der ESTV

Gemäss MWST-Branchen-Info 12, Teil A, Ziff. 9, werden Reise-büros mit Sitz im Ausland auf Zusehen hin von der Steuerpflicht befreit, wenn diese im Inland ausschliesslich kombinierte touristische Leistungen erbringen (beispielsweise Pauschalrei-sen). In diesem Zusammenhang gilt es, zwei Dinge zu beachten:

• Sobald der ausländische Reiseveranstalter neben kombi-nierten touristischen Leistungen z.B. Hotelübernachtungen separat verkauft, greift die Praxis der ESTV nicht mehr, da nicht nur «ausschliesslich kombinierte Leistungen» erbracht werden;

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19Tax News – Sommer 2017

• Selbst wenn das ausschliessliche Anbieten von Leistungs-kombinationen bejaht wird, darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Befreiungstatbestand nur auf Zusehen der ESTV hin Anwendung findet. Es kommt eine Einzelfall-betrachtung zur Anwendung und die Beurteilung liegt im Ermessen der ESTV.

Letzteres führt in der Praxis dazu, dass ausländische Reiseve-ranstalter meistens im Besitze einer verbindlichen Auskunft (Ruling) der ESTV sind, welcher die Befreiung der Steuerpflicht bestätigt.

Gesetzesrevision

Das revidierte MWSTG, welches per 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, stellt u.a. für die Ermittlung einer Steuerpflicht

nicht mehr auf den Inland-, sondern auf den globalen Umsatz eines Unternehmens ab (Steuerpflichtig ist, wer in der Schweiz Umsatz generiert und über dem Schwellenwert von CHF 100'000 (In – und Auslandumsatz) liegt). Was dies konkret für ausländische Reiseveranstalter mit Kombinationsleistungen in der Schweiz bedeutet, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Eine Änderung der ESTV-Praxis ist aber durch-aus denkbar.

Ausländischen Reiseveranstaltern im Besitze einer verbindli-chen Auskunft (Ruling) sowie Unternehmen, die bis heute noch nicht bei der ESTV ihre MWST-Situation abgeklärt haben, ist deshalb dringend zu empfehlen eine erneute Anfrage bei der ESTV zu stellen, um Sicherheit im Hinblick auf den Befreiungs-tatbestand von der Steuerpflicht für die Zeit nach Inkrafttreten des revidierten MWSTG zu erlangen.

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20Tax News – Sommer 2017

Die Eidgenössische Zollverwaltung («EZV») im Wandel: Ein Einblick in das geplante Trans-formationsprogramm DaziT, die fortschreitende Digitalisierung der Veranlagungsverfügungen und Änderungen im Berichtigungsverfahren.

Um sich der weit verbreiteten Digitali-sierung im täglichen Geschäftsverkehr anzupassen, hat die EZV das Projekt DaziT lanciert. Damit sollen Zollpro-zesse digitalisiert und vereinfacht sowie die Effizienz gesteigert werden, um den Anforderungen eines sich zunehmend verändernden Umfelds ge-recht zu werden. Als erster Schritt, um die Digitalisierung voranzubringen und Kosten einzusparen, müssen ab dem 1. März 2018 alle Import Veranlagungs-verfügungen elektronisch bezogen wer-den. Des Weiteren wird ab dem 1. Okto-ber 2017 die Beschwerdefrist gegen Veranlagungsverfügungen von 60 auf 30 Tage herabgesetzt. Unternehmen, die in grenzüberschreitende Aktivitä-ten involviert sind, sind gut beraten, potentielle Auswirkungen in Bezug auf ihr eigenes Geschäft zu analysieren und möglichst früh entsprechende Massnahmen zu treffen.

Transformationsprogramm DaziT

Aufgrund eines sich zunehmend verän-dernden Umfelds und des wachsenden grenzüberschreitenden Verkehrs von Waren und Personen, wurde es für die EZV immer schwieriger Bedürfnisse einer vereinfachten Zollabfertigung und entsprechenden technischen Lösungen zu erfüllen. Daher hat die EZV das Pro-

gramm DaziT gestartet, welches den Ver-waltungsapparat gesamtheitlich bis 2026 in digitalisierte Zollprozesse transfor-mieren soll, indem die alte IT Infrastruk-tur erneuert wird. Die kontinuierliche Digitalisierung und die Verwendung von neuen Technologien soll effizientere und einfachere Prozesse für grenzüberschrei-tende Transaktionen schaffen. Eines der Ziele ist beispielsweise, den betroffenen Akteuren mit einer internetbasierten Lö-sung den Zugang und die Möglichkeit zur Nachverfolgung von Anfragen zu gewähr-leisten, die bei den Behörden eingereicht wurden.

Darüber hinaus wird für die Zollabfer-tigung von Waren im Zusammenhang mit Einfuhr-, Ausfuhr- und Transitver-anlagungen eine einzige IT Anwendung geschaffen, um solche Transaktionen zu beschleunigen und den reibungslosen Warenfluss zu verbessern. Ein ähnliches Projekt ist geplant, um den Bereich der Strassenverkehrsabgaben und Ver-brauchssteuern zu modernisieren und auf den aktuellsten Stand zu bringen. Aus administrativer Sicht werden die Sicherheitsmassnahmen durch neue technische Anlagen und die zunehmende Datenerfassung verbessert. Demzufolge, sollen die derzeit hierfür zur Verfügung gestellten Ressourcen für eine intensive-re aber risikoorientiertere Kontrolle und

für weitere Aufgaben in diesem neuen Umfeld verwendet werden.

Abschaffung von Veranlagungsverfü-gungen in Papierform

Um die E-Government-Strategie und weitere von der Schweizerischen Eidgenossenschaft vorangetriebene Sparmassnahmen umzusetzen, hat die EZV angekündigt, dass sie ab dem 1. März 2018 ihre Veranlagungsverfügun-gen (mit Ausnahme von Ausfuhren in Rahmen des NCTS-System) nur noch in elektronischer Form und nicht mehr in Papierform zur Verfügung stellen wird. Die genannten Dokumente dienen als Beweis dafür, dass die Waren für die Ein- oder Ausfuhr zollrechtlich korrekt behandelt wurden. Im Gegensatz zu den Veranlagungsverfügungen in Papierform enthalten die elektronischen Versionen eine sogenannte digitale Signatur. Aus diesem Grund benötigen die elektroni-schen Zollveranlagungen ein elektroni-sches Archivierungssystem, welches die Echtheit und Richtigkeit der Dokumente während des Archivierungszeitraumes garantiert.

Die EZV ermöglicht verschiede Zu-gangsmöglichkeiten zur elektronischen Datenbank. Grundsätzlich können die Do-kumente online und ohne Registrierung

Barbara HenzenPartner, Indirect Tax Services, Zürich & Bern

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Oliver HulligerManager, Indirect Tax Services, Bern

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Marcel BlöchlingerConsultant, Indirect Tax Services, Bern

[email protected]

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21Tax News – Sommer 2017

abgerufen werden, was teilweise jedoch recht umständlich ist. Sofern Unterneh-men Waren regelmässig importieren oder exportieren werden, können sie sich selbst bei der EZV registrieren und die Veranlagungsverfügungen entweder ma-nuell über eine Plattform oder über einen automatisierten Prozess mit Hilfe einer Softwarelösung herunterladen. In diesem Zusammenhang ist es für ein Unterneh-men wichtig die Anzahl der erhaltenen Veranlagungsverfügungen zu analysie-ren und so früh wie möglich denkbare, automatisierte IT Lösung zu evaluieren, um die Dokumente vor der festgesetzten Frist erhalten zu können.

Reduktion der Frist zur Berichtigung von Zollveranlagungen ab dem 1. Okto-ber 2017

Das Bundesgericht und das Bundesver-waltungsgericht haben entschieden, dass das in Art. 34 Abs. 3 und 4 des Zollgesetzes angewandte Berichtigungs-verfahren falsch umgesetzt wurde und daher einer Anpassung durch die EZV

bedarf. Diese Rechtsprechung führt zu einer Anpassung der bestehenden Praxis und verkürzt die zukünftige Berichti-gung von Zollveranlagungen erheblich. Derzeit beginnt die Berichtigungsfrist in dem Zeitpunkt, in dem die Zollveranla-gung ausgestellt wird und Beschwerden gegen Veranlagungsverfügungen können innerhalb eines Zeitraumes von bis zu 60 Tagen eingereicht werden. Unter dem neuen Verfahren müssen Gesuche zur Berichtigung der Zollveranlagung innerhalb von 30 Tagen (ohne Unterbre-chung der Frist), nachdem die Waren den Zollgewahrsam verlassen haben, gestellt werden. Daher wird die neue Praxis die erwähnte Beschwerdefrist bedeutend verkürzen. Darüber hinaus werden die Beschwerdegründe auf wenige spezifi-sche Fälle begrenzt und alle Beschwer-den müssen in Form eines schriftlichen Gesuchs (z.B. Brief, E-Mail) sowie mit einer berichtigten Zollanmeldung einge-reicht werden.

Alle Beschwerden, die die vorgegebene Frist oder die Formalitäten nicht einhal-

ten, werden zukünftig ohne Ausnahme abgelehnt. Um jegliche Möglichkeiten auszuschliessen, eine Beschwerde nach Ablauf der Berichtigungsfrist einreichen zu können, ist es nicht möglich eine Be-schwerde einzureichen, welche Gründe enthält, die nicht bereits im Berichti-gungsverfahren vorgebacht wurden. Kurz gesagt bedeutet dies, dass Veran-lagungsverfügungen nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht mehr berichtigt werden können. Dies führt zu neuen He-rausforderungen für importierende und exportierende Unternehmen, als auch für Zollagenturen in Zusammenhang mit dem gesamten Abwicklungsverfahren und deren internen Kontrollprozessen. Im Hinblick auf die geringe, noch verbleiben-de Zeit bis zum Inkrafttreten der neuen Praxis, ist es äusserst empfehlenswert die derzeitigen Zollabfertigungsprozes-se zu analysieren und die notwendigen Massnahmen unmittelbar umzusetzen.

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22Tax News – Sommer 2017

Aktuelle Entwicklungen im deutschen Steuerrecht

Philipp Kuhli Senior Manager, Global Compliance & Reporting, Zürich

[email protected]

Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammen-hang mit Rechteüberlassungen

Lizenzschrankengesetz § 4j des deutschen Einkommens-steuergesetzes (EStG): Am 27. April 2017 hat der Deutsche Bundestag erwartungsgemäss aufgrund der Beschlussemp-fehlungen des Finanzausschusses das Lizenzschrankengesetz beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 2. Juni 2017 zugestimmt. Damit wird die sogenannte Lizenzschranke wie geplant ab 2018 Anwendung finden. Mit der Lizenzschranke wird die Abzugsfähigkeit von Lizenzaufwendungen beschränkt, wenn diese beim Empfänger nicht oder nur niedrig besteuert werden. Dies gilt indes nur, wenn die Privilegierung auf einem aus deutscher Sicht schädlichen Präferenzregime beruht und es sich um Zahlungen an nahestehende Personen handelt. Eine Ausnahme von der Lizenzschranke stellen Zahlungen an mit dem Nexus Approach der OECD konforme Steuerregime dar. Als wesentliche Änderung im Gesetzgebungsverfahren wird nun – wie von vielen Experten gefordert – direkt auf die OECD-Defini-tion des Nexus-Ansatzes verwiesen. Entsprechen ausländische Präferenzregime diesem Ansatz, greift die Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Lizenzzahlungen in Deutschland nicht.

Erhöhung der Sofortabschreibungsgrenze für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG): Das gleiche Gesetz schreibt auch die Erhöhung der GWG-Wertgrenze auf 800 Euro fest. Der GWG-Sammelposten (Poolabschreibung) steht erst für Wirt-schaftsgüter ab 250 Euro (bisher 150 Euro) zur Verfügung, bleibt sonst aber unverändert bestehen.

Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in § 3a EStG: Ebenfalls mit dem gleichen Gesetz werden, als Reaktion auf den Sanierungserlass-Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH), Sanierungsgewinne künftig per Gesetz grundsätzlich steuerfrei gestellt. Die neue gesetzliche Regelung steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Kommission der Europäischen Union (EU-Kommis-sion). Flankierende Massnahmen im Körperschaftsteuerge-setz regeln die Anwendung u.a. in Organschaftsfällen und bei schädlichen Beteiligungserwerben. In einem neuen § 7b GewStG wird die Steuerfreiheit der Sanierungsgewinne auch gewerbesteuerlich gesetzlich normiert. Ungeklärte verfahrens-rechtliche Fragen zum alten Sanierungserlasses beantwortet ein Schreiben des deutschen Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben) vom 27. April 2017. BMF nimmt zur Namensnutzung im Konzern Stellung

Lizenzen stehen derzeit im Fokus sowohl der deutschen Fi-nanzverwaltung als auch des deutschen Gesetzgebers. Deren

Abzugsfähigkeit soll zum einen bei Inbound-Fällen durch die Lizenzschranke eingeschränkt werden. Zum anderen äussert sich das deutsche Bundesministerium für Finanzen (BMF) zur Namensnutzung im Konzern in einem am 7. April 2017 veröf-fentlichten BMF-Schreiben.

Oftmals ist strittig, ob insbesondere in sogenannten Out-bound-Fällen bei der Namensnutzung im Konzern eine deutsche Muttergesellschaft ihrer ausländischen Tochtergesellschaft Lizenzgebühren abzuverlangen hat, die folglich zu deutschem Steuersubstrat führen würden. Bereits im vergangenen Jahr entschied der BFH, dass eine «blosse» Namensnutzung ohne die Uberlassung von Markenrechten im Konzern, als Gegen-stand einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, keine Ge-schäftsbeziehung zwischen nahestehenden Parteien entstehen lässt. Die unentgeltliche Uberlassung einer solchen Namens-nutzung rechtfertigt daher nicht den Ansatz eines Korrekturbe-trags i.S.d. deutschen Aussensteuergesetzes.

Das BMF führt aus, dass von einer «blossen» Namensnutzung ohne die Uberlassung von Markenrechten nur zu sprechen ist, wenn sich allein aus der Namensnutzung keine wirtschaftlichen Vorteile ergeben, für die nach dem Fremdvergleichsgrundsatz der die Nutzung gestattende Vertragspartner ein Entgelt ver-langen würde und für die der Nutzende bereit wäre, ein Entgelt zu bezahlen.

Wenn einem fremden, dritten Unternehmen eine solche Nut-zung des Namens versagt werden kann, stellt die Erlaubnis oder die Duldung der Namensnutzung die Nutzungsüberlassung eines immateriellen Werts dar, sodass grundsätzlich von einer Vergütungsfähigkeit (Lizenz) auszugehen ist.

Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung für Zwischenein-künfte mit Kapitalanlagecharakter

Der BFH hat Zweifel an der unionsrechtlichen Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter in Drittstaatenfällen und bittet den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung.

Im Streitfall war eine deutsche GmbH mit 30% an einer Schwei-zer AG beteiligt, die Einkünfte aus dem Halten von Forderun-gen erzielte, die einer (niedrigen) Besteuerung von unter 25% unterlagen. Die Einkünfte der Schweizer AG wurden bei der deutschen GmbH vom Finanzamt als Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter erfasst.

Der BFH hat allerdings Zweifel, ob diese Hinzurechnungsbe-steuerung mit der unionsrechtlich geschützten Kapitalver-kehrsfreiheit vereinbar ist. Anders als bei Beteiligungen an

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23Tax News – Sommer 2017

Zwischengesellschaften aus EU/EWR-Staaten hat der Steuer-pflichtige bei Drittstaatenbeteiligungen keine Möglichkeit, eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit nachzuweisen. Da bei der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung für Zwische-neinkünfte mit Kapitalanlagecharakter bereits eine Beteili-gungsquote von 1% und unter bestimmten Voraussetzungen auch von unter 1% (Portfoliobeteiligungen) ausreichend ist, wird laut BFH im konkreten Fall die Kapitalverkehrsfreiheit nicht durch die Niederlassungsfreiheit, die in Drittstaatenfällen nicht anwendbar wäre, verdrängt.

Zunächst muss der EuGH klären, ob die Hinzurechnungsbe-steuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter in Drittstaatensachverhalten unter den «Bestandsschutz» der sogenannten Stand-Still-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG (jetzt Art. 64 Abs. 1 AEUV) fällt. Danach sind Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit bei Direktinvestitionen in Drittstaaten zulässig, sofern sie bereits am 31. Dezember 1993 bestanden. Sollte die Hinzurechnungsbesteuerung der Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter als Altregelung unter die Stand-

Still-Klausel fallen, wäre sie nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) zu messen.

Verneint der EuGH das Eingreifen der Stand-Still-Klausel, hat er die vom BFH gestellte Frage zu beantworten, d.h. ob ein nicht zu rechtfertigender Verstoss gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg äusserte ebenfalls europarechtliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung in einem Fall, in dem eine Schweizer AG Dienstleistungen auf dem Schweizer Immobilienmarkt erbrachte. Auch in einem weiteren, beim BFH hängigen Revisionsverfahren steht die Hinzurech-nungsbesteuerung auf in der Schweiz erzielte Immobilienerträ-ge auf dem Prüfstand. Vorerst bleibt aber abzuwarten, wie der EuGH die ihm vorgelegten Fragen beantworten wird, die in einer Vielzahl von Fällen der Hinzurechnungsbesteuerung in Zusam-menhang mit Drittstaaten von Bedeutung sein dürften.

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EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory

Die globale EY-Organisation im ÜberblickDie globale EY-Organisation ist eine Marktführerin in der Wirtschafts- prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Management- beratung. Wir fördern mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Dienstleistungen weltweit die Zuversicht und die Vertrauens- bildung in die Finanzmärkte und die Volkswirtschaften. Für diese Herausforderung sind wir dank gut aus gebildeter Mitarbeitender, starker Teams sowie ausgezeichneter Services und Kundenbeziehungen bestens gerüstet. «Building a better working world»: Unser globales Versprechen ist es, gewinnbringend den Fortschritt voranzutreiben – für unsere Mitarbeitenden, unsere Kunden und die Gesellschaft.

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