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Alfred Böge

Technische Mechanik

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•Technische Mechanik (Lehrbuch)von A. Böge

•Aufgabensammlung Technische Mechanikvon A. Böge und W. Schlemmer

•Lösungen zur Aufgabensammlung Technische Mechanikvon A. Böge und W. Schlemmer

•Formeln und Tabellen zur Technischen Mechanikvon A. Böge

Lehr- und LernsystemTechnische Mechanik

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Alfred Böge

Technische MechanikStatik – Dynamik – Fluidmechanik – Festigkeitslehre

29., überarbeitete und erweiterte Auflage

Mit 569 Abbildungen, 15 Tabellen, 22 Arbeitsplänen, 15 Lehrbeispielen und 47 Übungseinheiten

Unter Mitarbeit von Gert Böge, Wolfgang Böge, Walter Schlemmer und Wolfgang Weißbach

STUDIUM

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Das Lehrbuch Technische Mechanik erschien bis zur 22. Auflage unter dem Titel Mechanik und Festigkeitslehre.

Die Liste der Auflagen seit 1970 zeigt die intensive Weiterentwicklung des Werkes:

12., überarbeitete Auflage 197013., überarbeitete Auflage 197114., unveränderte Auflage 197215., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage 197416., durchgesehene Auflage 197517., überarbeitete Auflage 197918., überarbeitete Auflage 198119., überarbeitete Auflage198320., überarbeitete Auflage 198421., verbesserte Auflage 199022., überarbeitete und erweiterte Auflage 199223., neu bearbeitete Auflage 199524., überarbeitete Auflage 199925., überarbeitete Auflage 200126., überarbeitete und erweiterte Auflage 200327., überarbeitete Auflage 200628., verbesserte Auflage 200929., überarbeitete und erweiterte Auflage 2011

Alle Rechte vorbehalten© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Lektorat: Thomas Zipsner | Imke Zander

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Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, HeidelbergSatz: Druckhaus Thomas Müntzer, Bad LangensalzaBilder: Graphik & Text Studio, Dr. Wolfgang Zettmeier, BarbingTechnische Redaktion: Gabriele McLemore, WiesbadenDruck und buchbinderische Verarbeitung: Stürtz GmbH, WürzburgGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-8348-1355-8

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Vorwort zur 29. Auflage

Dieses Lehrbuch fur Studierende an Fach- und Fachhochschulen ist Hauptteil des Lehr- undLernsystems TECHNISCHE MECHANIK von Alfred Boge mit der umfangreichen Aufgaben-sammlung, dem Losungsbuch und der Formelsammlung mit einem Anhang Mathematik.

Der Lehrbuchtext ist zweispaltig gesetzt und blockweise in Lernschritte unterteilt. Die linkeSpalte enthalt den ausfuhrlichen Lehrtext mit hervorgehobenen Satzen und Regeln. In der rech-ten Spalte stehen dazu Beispiele mit Zeichnungen und mathematischen Entwicklungen.

�bungen schließen jeden großeren Lernabschnitt ab. Lehrbeispiele zeigen die Form schriftli-cher Arbeiten in Studium und Beruf.

Arbeitsplane machen die Losungsverfahren durchschaubar und erleichtern ihre Anwendung.Die am Ende eines Lernabschnitts im Raster angegebenen Aufgabennummern beziehen sichauf die Aufgabensammlung.

Das Lehr- und Lernsystem Technische Mechanik hat sich auch an Fachgymnasien Technik,Fachoberschulen Technik, Bundeswehrfachschulen und in Bachelor-Studiengangen bewahrt.In �sterreich wird damit an den Hoheren Technischen Lehranstalten gearbeitet.

Die vorliegende Auflage enthalt folgende �nderungen:

1. Das zeichnerische Verfahren zur Bestimmung der Stabkrafte in Fachwerken (Cremonaplan)wird nicht mehr verwendet. Die Stabkrafte werden mit dem ausfuhrlich behandelten Kno-tenschnittverfahren berechnet.

2. Das Kapitel Hydrodynamik wurde vollstandig uberarbeitet. Didaktische Grundlagen sindjetzt die mit ausfuhrlichen �bungen erfassten Lehrinhalte zu den drei Erhaltungssatzen furMasse, Energie und Impuls.

Die Inhalte der vier Bucher des Lehr- und Lernsystems Technische Mechanik sind aufeinanderabgestimmt. Die aktuellen Auflagen sind:

Lehrbuch 29. Auflage

Aufgabensammlung 20. Auflage

Losungsbuch. 15. Auflage

Formelsammlung 22. Auflage.

Bedanken mochte ich mich beim Lektorat Maschinenbau des Vieweg+Teubner Verlages, ins-besondere bei Frau Imke Zander und den Herren Thomas Zipsner und Stefan Kreickenbaumfur ihre engagierte und immer forderliche Zusammenarbeit bei der Realisierung der vorliegen-den Auflage.

Fur Zuschriften steht die E-Mail-Adresse [email protected] zur Verfugung.

Braunschweig, Januar 2011 Alfred Boge

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Inhaltsverzeichnis

1 Statik in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.1 Die Aufgaben der Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.2 Physikalische Großen in der Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.1.2.1 Die Kraft F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.2.2 Das Kraftmoment oder Drehmoment M . . . . . . . . . . . . . . . 41.1.2.3 Das Kraftepaar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.1.3 �bungen zur Berechnung von Drehmomenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.1.4 Bewegungsmoglichkeiten (Freiheitsgrade) eines Korpers . . . . . . . . . 6

1.1.4.1 Freiheitsgrade im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.1.4.2 Freiheitsgrade in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.1.5 Gleichgewicht des Korpers in der Ebene(Gleichgewichtsbedingungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.1.6 Der Parallelogrammsatz fur Krafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.1.6.1 Zusammensetzen von zwei nichtparallelen Kraften

(Kraftereduktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.1.6.2 Zerlegen einer Kraft F in zwei nichtparallele Krafte

F1 und F2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.6.3 Zerlegen einer Kraft F in zwei parallele Krafte. . . . . . . . . . 91.1.6.4 �bungen zum Parallelogrammsatz fur Krafte . . . . . . . . . . . 10

1.1.7 Das Freimachen der Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.1.7.1 Zweck und Beschreibung des Verfahrens,

Oberflachen- und Volumenkrafte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.1.7.2 Seile, Ketten, Riemen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.1.7.3 Zweigelenkstabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.1.7.4 Beruhrungsflachen (ebene Stutzflachen) . . . . . . . . . . . . . . . 131.1.7.5 Rollkorper (gewolbte Stutzflachen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.1.7.6 Einwertige Lager (Loslager) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.1.7.7 Zweiwertige Lager (Festlager) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.1.7.8 Dreiwertige Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1.1.8 �bungen zum Freimachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

1.2 Die Grundaufgaben der Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.2.1 Zentrales und allgemeines Kraftesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.2.2 Die zwei Hauptaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.2.3 Die zwei Losungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.2.4 Die vier Grundaufgaben der Statik im zentralen ebenen

Kraftesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.2.4.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden

(erste Grundaufgabe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

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1.2.4.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden(zweite Grundaufgabe). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1.2.4.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Krafte(dritte Grundaufgabe), die rechnerischen Gleich-gewichtsbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

1.2.4.4 Zeichnerische Ermittlung unbekannter Krafte(vierte Grundaufgabe), die zeichnerischeGleichgewichtsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

1.2.4.5 �bungen zur dritten und vierten Grundaufgabe . . . . . . . . . 351.2.5 Die vier Grundaufgaben der Statik im allgemeinen ebenen

Kraftesystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.2.5.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden

(funfte Grundaufgabe), der Momentensatz . . . . . . . . . . . . . 381.2.5.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden

(sechste Grundaufgabe), das Seileckverfahren . . . . . . . . . . 401.2.5.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Krafte

(siebte Grundaufgabe), die rechnerischen Gleich-gewichtsbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

1.2.5.4 �bung zur Stutzkraftberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461.2.5.5 Zeichnerische Ermittlung unbekannter Krafte

(achte Grundaufgabe), die zeichnerischen Gleich-gewichtsbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

1.2.6 Systemanalytisches Losungsverfahren zur Stutzkraft-berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531.2.6.1 Herleitung der Systemgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531.2.6.2 Zusammenstellung der Systemgleichungen . . . . . . . . . . . . 601.2.6.3 Beschreibung des Programmlaufs zur Stutzkraft-

berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611.2.6.4 �bung zum systemanalytischen Losungsverfahren

zur Stutzkraftberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621.2.7 Stutzkraftermittlung beim raumlichen Kraftesystem

(Getriebewelle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

1.3 Statik der ebenen Fachwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681.3.1 Gestaltung von Fachwerktragern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681.3.2 Die Gleichgewichtsbedingungen am statisch bestimmten

Fachwerktrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691.3.3 Ermittlung der Stabkrafte im Fachwerktrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

1.3.3.1 Das Knotenschnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711.3.3.2 Das Ritter’sche Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

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2 Schwerpunktslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

2.1 Begriffsbestimmung fur Schwerlinie, Schwerebene und Schwerpunkt 75

2.2 Der Flachenschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762.2.1 Flachen haben einen Schwerpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762.2.2 Schwerpunkte einfacher Flachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772.2.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Flachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

2.2.3.1 Rechnerische Bestimmung des Flachenschwerpunkts . . . . 782.2.3.2 �bungen zur Bestimmung des Flachenschwerpunkts. . . . . 80

2.3 Der Linienschwerpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822.3.1 Linien haben einen Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822.3.2 Schwerpunkte einfacher Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822.3.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Linien (Linienzuge) . . . . . . . . . . . 83

2.3.3.1 Rechnerische Bestimmung des Linienschwerpunkts . . . . . 83

2.4 Guldin’sche Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852.4.1 Volumenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852.4.2 Oberflachenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852.4.3 �bungen mit den Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 862.5.1 Gleichgewichtslagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

2.5.1.1 Stabiles Gleichgewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 862.5.1.2 Labiles Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 862.5.1.3 Indifferentes Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

2.5.2 Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 872.5.2.1 Kippmoment, Standmoment, Standsicherheit . . . . . . . . . . . 872.5.2.2 �bung zur Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

3 Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

3.1 Grunderkenntnisse uber die Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

3.2 Gleitreibung und Haftreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903.2.1 Reibungswinkel, Reibungszahl und Reibungskraft . . . . . . . . . . . . . . . 903.2.2 Ermittlung der Reibungszahlen m, und m0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913.2.3 Der Reibungskegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923.2.4 �bungen zur Losung von Reibungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993.3.1 Verschieben des Korpers nach oben (1. Grundfall) . . . . . . . . . . . . . . . 99

3.3.1.1 Zugkraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel . . . . . . . . . . 993.3.1.2 Zugkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene . . . . . . . . . . . 1003.3.1.3 Zugkraft F wirkt waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Inhaltsverzeichnis IX

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3.3.2 Halten des Korpers auf der schiefen Ebene (2. Grundfall) . . . . . . . . . 1043.3.2.1 Haltekraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel . . . . . . . . . 1043.3.2.2 Haltekraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene . . . . . . . . . . 1053.3.2.3 Haltekraft F wirkt waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

3.3.3 Verschieben des Korpers nach unten (3. Grundfall) . . . . . . . . . . . . . . 1093.3.3.1 Schubkraft F wirkt unter beliebigem Schubwinkel. . . . . . . 1093.3.3.2 Schubkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene . . . . . . . . . 1103.3.3.3 Schubkraft F wirkt waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

3.3.4 �bungen zur Reibung auf der schiefen Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

3.4 Reibung an Maschinenteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1133.4.1 Prismenfuhrung und Keilnut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1133.4.2 Zylinderfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143.4.3 Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

3.4.3.1 Reibung am Tragzapfen (Querlager) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1153.4.3.2 Reibung am Spurzapfen (Langslager) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1163.4.3.3 �bungen zur Trag- und Spurzapfenreibung . . . . . . . . . . . . 117

3.4.4 Schraube und Schraubgetriebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1183.4.4.1 Bewegungsschraube mit Flachgewinde. . . . . . . . . . . . . . . . 1183.4.4.2 Bewegungsschraube mit Spitz- oder Trapezgewinde . . . . . 1193.4.4.3 Befestigungsschraube mit Spitzgewinde . . . . . . . . . . . . . . . 1203.4.4.4 �bungen zur Schraube. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

3.4.5 Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233.4.5.1 Grundgleichung der Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233.4.5.2 Aufgabenarten und Losungsansatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1243.4.5.3 �bungen zur Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

3.4.6 Bremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1273.4.6.1 Backen- oder Klotzbremsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1273.4.6.2 Bandbremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1313.4.6.3 Scheiben- und Kegelbremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3.4.7 Rollwiderstand (Rollreibung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333.4.8 Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333.4.9 �bungen zum Rollwiderstand und Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . 1343.4.10 Rolle und Rollenzug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

3.4.10.1 Feste Rolle (Leit- oder Umlenkrolle) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1373.4.10.2 Lose Rolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1383.4.10.3 Rollenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403.4.10.4 �bung zum Rollenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

InhaltsverzeichnisX

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4 Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

4.1 Allgemeine Bewegungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1434.1.1 Großen und v; t-Diagramm, Ordnung der Bewegungen . . . . . . . . . . . 1434.1.2 �bungen mit dem v; t-Diagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454.1.3 Gesetze und Diagramme der gleichformigen Bewegung,

Geschwindigkeitsbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1474.1.4 Gesetze und Diagramme der gleichmaßig beschleunigten

(verzogerten) Bewegung, Beschleunigungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 1494.1.5 Arbeitsplan zur gleichmaßig beschleunigten oder verzogerten

Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1524.1.6 Freier Fall und Luftwiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

4.1.6.1 Freier Fall ohne Luftwiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1564.1.6.2 Luftwiderstand Fw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1564.1.6.3 Freier Fall mit Luftwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

4.1.7 �bungen zur gleichmaßig beschleunigten und verzogertenBewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

4.1.8 Zusammengesetzte Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1634.1.8.1 Kennzeichen der zusammengesetzten Bewegung . . . . . . . . 1634.1.8.2 �berlagerungsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1644.1.8.3 Zusammensetzen und Zerlegen von Wegen,

Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. . . . . . . . . . . . . 1644.1.9 �bungen zur zusammengesetzten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

4.1.9.1 �berlagerung von zwei gleichformig geradlinigenBewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

4.1.9.2 �berlagerung von gleichformiger und gleichmaßigbeschleunigter Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

4.2 Gleichformige Drehbewegung (Kreisbewegung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1754.2.1 Die Drehzahl n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1754.2.2 Die Umfangsgeschwindigkeit vu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1764.2.3 Richtung der Umfangsgeschwindigkeit vu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1764.2.4 Umfangsgeschwindigkeit vu und Drehzahl n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

4.2.4.1 Zahlenwertgleichungen fur die Umfangs-geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

4.2.5 Umfangsgeschwindigkeit und Mittelpunktsgeschwindigkeit . . . . . . . 1774.2.6 Die Winkelgeschwindigkeit w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1784.2.7 Winkelgeschwindigkeit und Umfangsgeschwindigkeit. . . . . . . . . . . . 178

4.2.7.1 Zahlenwertgleichung fur die Winkelgeschwindigkeit. . . . . 1794.2.8 Baugroßen und Großen der Bewegung in Getrieben. . . . . . . . . . . . . . 1794.2.9 �bersetzung i (�bersetzungsverhaltnis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

4.3 Gleichmaßig beschleunigte (verzogerte) Drehbewegung . . . . . . . . . . . . . . 1814.3.1 Gegenuberstellung der allgemeinen Großen mit den

entsprechenden Kreisgroßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

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4.3.2 Winkelbeschleunigung a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1824.3.3 Der Drehwinkel im w; t-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1824.3.4 Die Tangentialbeschleunigung aT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1834.3.5 Arbeitsplan zur Kreisbewegung

(Vergleiche mit Abschnitt 4.1.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1874.4.1 Das Tragheitsgesetz (Beharrungsgesetz),

erstes Newton’sches Axiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1874.4.2 Masse, Gewichtskraft und Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1884.4.3 Das dynamische Grundgesetz, zweites Newton’sches Axiom . . . . . . 1904.4.4 Die gesetzliche und internationale Einheit fur die Kraft . . . . . . . . . . . 1924.4.5 �bungen zum dynamischen Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1924.4.6 Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1944.4.7 Arbeitsplan zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1964.4.8 �bungen zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1964.4.9 Impuls (Bewegungsgroße) und Impulserhaltungssatz. . . . . . . . . . . . . 201

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2024.5.1 Arbeit W einer konstanten Kraft F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2024.5.2 Zeichnerische Darstellung der Arbeit W . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2034.5.3 Federarbeit Wf (Formanderungsarbeit) als Arbeit einer

veranderlichen Kraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2044.5.4 �bungen mit der Große Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2054.5.5 Leistung P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2084.5.6 Wirkungsgrad h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2094.5.7 �bungen mit den Großen Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad . . . . . . . . 211

4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung(Kreisbewegung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2124.6.1 Gegenuberstellung der allgemeinen Großen mit den

entsprechenden Kreisgroßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2124.6.2 Dreharbeit Wrot (Rotationsarbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2134.6.3 Drehleistung Prot (Rotationsleistung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2144.6.4 Zahlenwertgleichung fur die Drehleistung Prot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2144.6.5 Wirkungsgrad, Drehmoment und �bersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2154.6.6 �bungen zu Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad und �bersetzung bei

Drehbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

4.7 Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2174.7.1 Energie, Begriffsbestimmung und Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2174.7.2 Potenzielle Energie Epot und Hubarbeit Wh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2184.7.3 Kinetische Energie Ekin und Beschleunigungsarbeit Wa . . . . . . . . . . 2194.7.4 Spannungsenergie Es und Formanderungsarbeit Wf . . . . . . . . . . . . . . 2194.7.5 Energieerhaltungssatz fur technische Vorgange . . . . . . . . . . . . . . . . . 2204.7.6 �bungen zum Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

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4.8 Gerader zentrischer Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2234.8.1 Stoßbegriff, Krafte und Geschwindigkeiten beim Stoß. . . . . . . . . . . . 2234.8.2 Merkmale des geraden zentrischen Stoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2234.8.3 Elastischer Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2244.8.4 Unelastischer Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

4.8.4.1 Schmieden und Nieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2264.8.4.2 Rammen von Pfahlen, Eintreiben von Keilen . . . . . . . . . . . 227

4.8.5 Wirklicher Stoß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2274.8.6 �bungen zum geraden zentrischen Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2314.9.1 Das dynamische Grundgesetz fur die Drehbewegung. . . . . . . . . . . . . 2314.9.2 Tragheitsmoment J und Tragheitsradius i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

4.9.2.1 Definition des Tragheitsmoments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2324.9.2.2 �bung zum Tragheitsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2334.9.2.3 Verschiebesatz (Steiner’scher Satz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2354.9.2.4 Reduzierte Masse mred und Tragheitsradius i . . . . . . . . . . . 237

4.9.3 �bung zum dynamischen Grundgesetz fur die Drehung. . . . . . . . . . . 2384.9.4 Drehimpuls (Drall) und Impulserhaltungssatz fur die Drehung . . . . . 2384.9.5 Kinetische Energie Erot (Rotationsenergie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2394.9.6 Energieerhaltungssatz fur Drehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2404.9.7 Fliehkraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

4.9.7.1 Zentripetalbeschleunigung und Zentripetalkraft . . . . . . . . . 2414.9.7.2 �bungen zur Fliehkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

4.9.8 Gegenuberstellung der translatorischen und rotatorischenGroßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

4.10 Mechanische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2454.10.1 Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2454.10.2 Ordnungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2454.10.3 Die harmonische Schwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

4.10.3.1 Die Bewegungsgesetze der harmonischenSchwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2454.10.3.1.1 Auslenkung-Zeit-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2464.10.3.1.2 Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . 2464.10.3.1.3 Beschleunigung-Zeit-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . 246

4.10.3.2 Die Graphen der harmonischen Schwingung . . . . . . . . . . . 2474.10.3.3 Zusammenstellung der wichtigsten Großen und

Gleichungen der harmonischen Schwingung . . . . . . . . . . . 2484.10.3.4 Ruckstellkraft FR, Richtgroße D und lineares Kraftgesetz

bei der harmonischen Schwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2494.10.4 Das Schraubenfederpendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

4.10.4.1 Ruckstellkraft FR und Federrate R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2504.10.4.2 Periodendauer T des Schraubenfederpendels . . . . . . . . . . . 252

4.10.5 Das Torsionsfederpendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2534.10.5.1 Federrate R, Ruckstellmoment MR und Perioden-

dauer T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

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4.10.5.2 Experimentelle Bestimmung von Tragheits-momenten J aus der Periodendauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

4.10.6 Das Schwerependel (Fadenpendel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2554.10.7 Schwingung einer Flussigkeitssaule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2564.10.8 Analogiebetrachtung zum Schraubenfederpendel,

Torsionsfederpendel, Schwerependel und zur schwingendenFlussigkeitssaule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

4.10.9 Dampfung, Energiezufuhr, erzwungene Schwingung, Resonanz . . . . 2574.10.9.1 Dampfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2574.10.9.2 Energieminderung durch Dampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2584.10.9.3 Energiezufuhr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2584.10.9.4 Die erzwungene Schwingung und Resonanz . . . . . . . . . . . 2594.10.9.5 Das Amplituden-Frequenz-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . 260

5 Festigkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

5.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2635.1.1 Die Aufgabe der Festigkeitslehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2635.1.2 Das Schnittverfahren zur Bestimmung des inneren

Kraftesystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2645.1.3 Spannung und Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2655.1.4 Die beiden Spannungsarten

(Normalspannung s und Schubspannung t) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2665.1.5 Die funf Grundbeanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

5.1.5.1 Zugbeanspruchung (Zug). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2675.1.5.2 Druckbeanspruchung (Druck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2685.1.5.3 Abscherbeanspruchung (Abscheren). . . . . . . . . . . . . . . . . . 2685.1.5.4 Biegebeanspruchung (Biegung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2685.1.5.5 Torsionsbeanspruchung (Torsion, Verdrehung). . . . . . . . . . 2695.1.5.6 Kurzzeichen fur Spannung und Beanspruchung . . . . . . . . . 269

5.1.6 Die zusammengesetzte Beanspruchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2695.1.7 Bestimmen des inneren ebenen Kraftesystems (Schnittverfahren)

und der Beanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2705.1.7.1 Das allgemeine innere Kraftesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2705.1.7.2 Arbeitsplan zur Bestimmung des inneren Kraftesystems

und der Beanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2715.1.7.3 �bungen zum Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

5.2 Beanspruchung auf Zug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2775.2.1 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2775.2.2 Erkennen des gefahrdeten Querschnitts in zugbeanspruchten

Bauteilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2775.2.2.1 Profilstabe mit Querbohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2785.2.2.2 Zuglaschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2785.2.2.3 Zugschrauben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

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5.2.2.4 Herabhangende Stabe oder Seile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2795.2.2.5 Ketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

5.2.3 Elastische Formanderung (Hooke’sches Gesetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2795.2.3.1 Verlangerung Dl und Dehnung e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2805.2.3.2 Querdehnung eq . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2805.2.3.3 Poisson-Zahl m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2815.2.3.4 Das Hooke’sche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2815.2.3.5 Warmespannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2825.2.3.6 Formanderungsarbeit Wf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

5.2.4 Reißlange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

5.3 Beanspruchung auf Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

5.4 �bungen zur Zug- und Druckbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

5.5 Flachenpressung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2875.5.1 Begriff und Hauptgleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2875.5.2 Flachenpressung an geneigten Flachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2875.5.3 Flachenpressung am Gewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2895.5.4 Flachenpressung in Gleitlagern, Niet- und Bolzenverbindungen . . . . 2905.5.5 Flachenpressung an gewolbten Flachen

(Hertz’sche Gleichungen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2915.5.5.1 Pressung zwischen Kugel und Ebene oder zwischen

zwei Kugeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2915.5.5.2 Pressung zwischen Zylinder und Ebene oder

zwischen zwei Zylindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2915.5.6 �bungen zur Flachenpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

5.6 Beanspruchung auf Abscheren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2945.6.1 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2945.6.2 Elastische Formanderung (Hooke’sches Gesetz fur Schub) . . . . . . . . 296

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W . . . . . . . . . . . 3025.7.1 Gleichmaßige und lineare Spannungsverteilung

(Gegenuberstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3025.7.2 Definition der Flachenmomente 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3035.7.3 Herleitungsubung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3045.7.4 �bungen mit Flachen- und Widerstandsmomenten einfacher

Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3055.7.5 Axiale Flachenmomente 2. Grades symmetrischer

Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3115.7.6 Axiale Flachenmomente 2. Grades unsymmetrischer

Querschnitte (Steiner’scher Verschiebesatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3125.7.6.1 Erste Herleitung des Steiner’schen Satzes . . . . . . . . . . . . . . 3135.7.6.2 Zweite Herleitung des Steiner’schen Satzes . . . . . . . . . . . . 314

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5.7.6.3 Arbeitsplan zur Berechnung axialer Flachen-momente 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

5.7.7 �bungen mit Flachen- und Widerstandsmomentenzusammengesetzter Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

5.8 Beanspruchung auf Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3205.8.1 Spannungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3205.8.2 Herleitung der Torsions-Hauptgleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3215.8.3 Formanderung bei Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3235.8.4 Formanderungsarbeit Wf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

5.9 Beanspruchung auf Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3275.9.1 Spannungsarten und inneres Kraftesystem bei Biegetragern . . . . . . . 3275.9.2 Bestimmung der Biegemomente und Querkrafte an beliebigen

Tragerstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3285.9.3 Spannungsverteilung im Tragerquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3285.9.4 Herleitung der Biege-Hauptgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3295.9.5 Spannungsverteilung im unsymmetrischen Querschnitt . . . . . . . . . . . 3315.9.6 Gultigkeitsbedingungen fur die Biege-Hauptgleichung . . . . . . . . . . . 3315.9.7 �bungen zur Berechnung des Biegemomenten- und Querkraft-

verlaufs bei den wichtigsten Tragerarten und Belastungen. . . . . . . . . 3325.9.7.1 Freitrager mit Einzellast. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3325.9.7.2 Freitrager mit mehreren Einzellasten . . . . . . . . . . . . . . . . . 3335.9.7.3 Freitrager mit konstanter Streckenlast

(gleichmaßig verteilte Streckenlast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3345.9.7.4 Freitrager mit Mischlast

(Einzellast und konstante Streckenlast) . . . . . . . . . . . . . . . . 3355.9.7.5 Stutztrager mit Einzellast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3365.9.7.6 Stutztrager (Kragtrager) mit mehreren Einzellasten . . . . . . 3375.9.7.7 Stutztrager (Kragtrager) mit konstanter Streckenlast . . . . . 3395.9.7.8 Stutztrager mit Mischlast

(Einzellast und konstante Streckenlast) . . . . . . . . . . . . . . . . 3415.9.8 Trager gleicher Biegespannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

5.9.8.1 Allgemeine Anformungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3425.9.8.2 Achsen und Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3425.9.8.3 Biegefeder mit Rechteckquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3435.9.8.4 Konsoltrager mit Einzellast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3445.9.8.5 Konsoltrager mit Streckenlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

5.9.9 Formanderung bei Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3455.9.9.1 Krummungsradius, Krummung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3455.9.9.2 Allgemeine Durchbiegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3465.9.9.3 Neigungswinkel der Biegelinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

5.9.10 �bungen zur Durchbiegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

5.10 Beanspruchung auf Knickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3505.10.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3505.10.2 Elastische Knickung (Eulerfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

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5.10.3 Unelastische Knickung (Tetmajerfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3545.10.4 Arbeitsplan fur Knickungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3555.10.5 Knickung im Stahlbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

5.10.5.1 Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3585.10.5.2 Tragsicherheitsnachweis bei einteiligen Knickstaben . . . . . 3585.10.5.3 Herleitung einer Entwurfsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3585.10.5.4 Arbeitsplan (AP) zum Tragsicherheitsnachweis . . . . . . . . . 3585.10.5.5 Zusammengesetzte Knickstabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3645.11.1 Zug und Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3645.11.2 Druck und Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3655.11.3 �bung zur zusammengesetzten Beanspruchung durch

Normalspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3665.11.4 Biegung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

5.11.4.1 Festigkeitshypothesen und Vergleichsspannung sv . . . . . . 3675.11.4.2 VergleichsmomentMv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3685.11.4.3 �bung zu Biegung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3745.12.1 Festigkeitswerte im Spannungs-Dehnungs-Diagramm . . . . . . . . . . . . 3745.12.2 Einflusse auf die Festigkeit des Bauteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

5.12.2.1 Beanspruchungsart und Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3755.12.2.2 Temperatur und Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3755.12.2.3 Belastungsart und Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3755.12.2.4 Gestalt und Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

5.12.3 Spannungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3795.12.3.1 Nennspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3795.12.3.2 �rtliche Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3795.12.3.3 Zulassige Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3795.12.3.4 Berechnungen im Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3805.12.3.5 Praktische Festigkeitsberechnungen im Maschinenbau . . . 380

5.12.4 Dauerbruchsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3815.12.4.1 Sicherheit SD bei ruhender Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3815.12.4.2 Sicherheit SD bei dynamischer Belastung . . . . . . . . . . . . . . 381

5.12.5 �bungen zur Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

6 Fluidmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3856.1.1 Eigenschaften der Flussigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3856.1.2 Hydrostatischer Druck

(Flussigkeitsdruck, hydraulische Pressung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3866.1.3 Druckverteilung in einer Flussigkeit ohne Berucksichtigung

der Schwerkraft, das Druck-Ausbreitungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

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6.1.4 Anwendungen des Druck-Ausbreitungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 3876.1.4.1 Hydraulischer Hebebock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3876.1.4.2 Druckkraft auf gewolbte Boden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3896.1.4.3 Beanspruchung einer Kessel- oder Rohrlangsnaht . . . . . . . 3896.1.4.4 Hydraulische Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

6.1.5 Druckverteilung in einer Flussigkeit unter Berucksichtigungder Schwerkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

6.1.6 Kommunizierende Rohren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3936.1.7 Bodenkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3936.1.8 Seitenkraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3946.1.9 Auftriebskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3966.1.10 Schwimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3976.1.11 Gleichgewichtslagen schwimmender Korper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3986.1.12 Stabilitat eines Schiffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik). . . . . . . . . . . 4016.2.1 �bersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4016.2.2 Erhaltungssatze der Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402

6.2.2.1 Massenerhaltungssatz (Kontinuitatsgleichung). . . . . . . . . . 4026.2.2.2 Energieerhaltungssatz (Bernoulli’sche Gleichung) . . . . . . . 4046.2.2.2.1 Horizontale Stromung (Stromung ohne Hohenunterschied) 4046.2.2.2.2 Nichthorizontale Stromung

(Stromung mit Hohenunterschied) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4056.2.2.2.3 Anwendung der Bernulligleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4066.2.2.3 Impulserhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411

6.2.3 Stromung in Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

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Arbeitsplane

Arbeitsplan zum Freimachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung der Resultierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung der Resultierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung der unbekannten Krafte . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung der unbekannten Krafte . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Arbeitsplan zum Momentensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Arbeitsplan zum Seileckverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung unbekannter Krafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Arbeitsplan zum 3-Krafte-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50Arbeitsplan zum 4-Krafte-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52Arbeitsplan zum Knotenschnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73Arbeitsplan zum Ritter’schen Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Flachenschwerpunkts . . . . . . . . . . . . . . 79Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Linienschwerpunkts . . . . . . . . . . . . . . . 84Arbeitsplan zur gleichmaßig beschleunigten oder verzogerten Bewegung . . . . . . . . . . . 152Arbeitsplan zur Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183Arbeitsplan zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196Arbeitsplan zur Bestimmung des inneren Kraftesystems und derBeanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271Arbeitsplan zur Berechnung axialer Flachenmomente 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315Arbeitsplan zur Biegemomenten- und Querkraftbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328Arbeitsplan fur Knickungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355Arbeitsplan zum Tragsicherheitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

Lehrbeispiele

Rechnerische Bestimmung der Resultierenden Fr eines zentralen Kraftesystems . . . . . . 30Zeichnerische Bestimmung der Resultierenden Fr eines zentralen Kraftesystems . . . . . . 31Seileckverfahren, Zusammensetzen zweier Parallelkrafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Reibung in Ruhe und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93v; t-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216Nietverbindung im Stahlhochbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297Nietverbindung im Stahlbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299Zugbolzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301Torsionsstabfeder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325Verdrehwinkel (Drehmomentschlussel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326Knickung im elastischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356Knickung im unelastischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357Berechnung einer Getriebewelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

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�bungen

�bungen zur Berechnung von Drehmomenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5�bungen zum Parallelogrammsatz fur Krafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10�bungen zum Freimachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18�bung zur Rechnerischen Ermittlung der Resultierenden (erste Grundaufgabe) . . . . . . . 22�bung zur Zeichnerischen Ermittlung der Resultierenden (zweite Grundaufgabe) . . . . . 26�bung zur Rechnerischen Ermittlung unbekannter Krafte (dritte Grundaufgabe) . . . . . . 28�bung zur Zeichnerischen Ermittlung unbekannter Krafte (vierte Grundaufgabe) . . . . . 32�bung zur dritten und vierten Grundaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35�bung zur Ermittlung der Resultierenden (funfte Grundaufgabe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38�bungen zur Zeichnerischen Ermittlung der Resultierenden (sechste Grundaufgabe). . . 40�bung zur Rechnerischen Ermittlung unbekannter Krafte (siebte Grundaufgabe). . . . . . 44�bung zur Stutzkraftberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46�bung zur Zeichnerischen Ermittlung von unbekannten Kraften (achte Grundaufgabe) 48�bung zum Systemanalytischen Losungsverfahren zur Stutzkraftberechnung(Herleitung des Systems) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53�bung zum systemanalytischen Losungsverfahren zur Stutzkraftberechnung . . . . . . . . 62�bungen zur Bestimmung des Flachenschwerpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80�bungen mit den Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86�bung zur Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88�bungen zur Losung von Reibungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94�bungen zur Reibung auf der schiefen Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112�bungen zur Trag- und Spurzapfenreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117�bungen zur Schraube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121�bungen zur Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124�bungen zum Roll- und Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134�bung zum Rollenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141�bungen mit dem v; t-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145�bungen zur gleichmaßig beschleunigten und verzogerten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . 159�bungen zur zusammengesetzten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165�bungen zum dynamischen Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192�bungen zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196�bungen mit der Große Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205�bungen mit den Großen Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211�bungen zum Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221�bungen zum geraden zentrischen Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229�bung zum Tragheitsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233�bungen zum dynamischen Grundgesetz fur die Drehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238�bungen zur Fliehkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242�bungen zum Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271�bungen zur Zug- und Druckbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285�bungen zur Flachenpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292�bungen mit Flachen- und Widerstandsmomenten einfacher Querschnitte . . . . . . . . . . . 305

InhaltsverzeichnisXX

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�bungen mit Flachen- und Widerstandsmomenten zusammengesetzter Querschnitte 315�bungen zur Spannungsverteilung im unsymmetrischen Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . . 331�bungen zur Berechnung des Biegemomenten- und Querkraftverlaufs bei denwichtigsten Tragerarten und Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332�bungen zur Durchbiegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348�bung zur zusammengesetzten Beanspruchung durch Normalspannungen . . . . . . . . . . 366�bung zu Biegung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369�bungen zur Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382�bungen zur Hydrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388�bungen zur Hydrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402

Tabellen

Tabelle 3.1 Reibzahlen m0 und m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91Tabelle 4.1 Gleichmaßig beschleunigte geradlinige Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . 153Tabelle 4.2 Gleichmaßig verzogerte geradlinige Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154Tabelle 4.3 Gleichmaßig beschleunigte Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185Tabelle 4.4 Gleichmaßig verzogerte Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186Tabelle 4.5 Gleichungen fur Tragheitsmomente J (Massenmoment 2. Grades) . . . . 234Tabelle 5.1 Axiale Flachenmomente I, Widerstandsmomente W und

Tragheitsradius i fur Biegung und Knickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308Tabelle 5.2 Polare Flachenmomente 2. Grades Ip und Widerstandsmomente Wp

fur Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310Tabelle 5.3 Grenzschlankheitsgrad l0 fur Euler’sche Knickung und

Tetmajergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354Tabelle 5.4 Zuordnung der Knickspannungslinien zu den Stab-Querschnitts-

formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362Tabelle 5.5 Zulassige Spannungen im Stahlhochbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363Tabelle 5.6 Zulassige Spannungen im Kranbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363Tabelle 5.7 Richtwerte fur die Kerbwirkungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384Tabelle 5.8 Festigkeitswerte fur Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384Tabelle 5.9 Festigkeitswerte fur Gusseisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384

Inhaltsverzeichnis XXI

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Das griechische Alphabet

Alpha A aBeta B bGamma G gDelta D dEpsilon E eZeta Z zEta H hTheta Q JJota I iKappa K j

Lambda L lMy M m

Ny N nXi X x

Omikron O oPi P pRho R rSigma S sTau T t

Ypsilon Y uPhi F jChi C c

Psi Y wOmega W w

InhaltsverzeichnisXXII

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1 Statik in der Ebene

Formelzeichen und Einheiten1)

A m2, cm2, mm2 Flacheninhalt, Flache, Oberflache

A, q m2, cm2, mm2 Querschnittsflache, Querschnitt

b m, cm, mm Breite

d, D m, cm, mm Durchmesser

e l Euler’sche Zahl (2,718 28 . . . )

F N ¼ kgm

s2, kN Kraft. Bestimmte Krafte werden durch Indizes unterschieden, z. B. Fr resul-

tierende Kraft ¼ Resultierende, FR Reibungskraft, FN Normalkraft, Fq Quer-kraft, FA Stutzkraft im Lagerpunkt A usw.

FG N ¼ kgm

s2, kN Gewichtskraft. FG ist das nach DIN 1304 genormte Formelzeichen fur die

Gewichtskraft

gm

s2Fallbeschleunigung

�Normfallbeschleunigung gn ¼ 9,80665

m

s2

�h m, cm, mm Hohe, Tiefe

l m, cm, mm Lange jeder Art, Abstande

M Nm Kraftmoment, Drehmoment

MT, T Nm Torsionsmoment; auch das Formelzeichen T ist zulassig

m kg, g Masse

n1

min¼ min�1 Drehzahl, Umdrehungsfrequenz

P W, kW Leistung

r m, cm, mm Radius, Halbmesser, Abstand

s m, cm, mm Weglange, Kurvenlange, Wanddicke

V m3, cm3, mm3 Volumen, Rauminhalt

vm

s,km

h,m

minGeschwindigkeit

W J ¼ Nm Arbeit

x, y m, cm, mm Wirkabstande der Einzelkrafte (und -flachen oder -linien), Koordinaten

x0, y0, z0 m, cm, mm Schwerpunktabstande

a, b, g rad, � ebener Winkel

h l Wirkungsgrad

m l Reibungszahl

r � Reibungswinkel

1) Alle in diesem Buch verwendeten Einheiten fur physikalische Großen sind Einheiten des „Systeme Inter-national d’Unites“ (Internationales Einheitensystem), kurz: SI-Einheiten. Es gelten die Normen: DIN 1301(Einheiten, Einheitennamen, Einheitenzeichen), DIN 1304 (Formelzeichen).

1

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6_1,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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1.1 Grundlagen

1.1.1 Die Aufgaben der Statik

An technischen Bauteilen greifen Belastungskraftean, hervorgerufen durch Lasten, Eigengewicht,Winddruck, Gasdruck, Zahnkrafte, Riemenkrafte,Zerspanungswiderstande, Reibungswiderstandeusw.

Mit den Verfahren der Statik werden die Stutz-krafte ermittelt, die den Korper im Gleichgewichthalten. Man sagt auch: Das angreifende Krafte-system befindet sich im Gleichgewicht.

Festlager Belastungbekannt

F1 F2

A

FG

B

Loslager

Eigengewichtskraftbekannt

Stützkraft Fgesucht

AStützkraft F

gesuchtB

l

l1

l2

Die Ermittlung der Stutzkrafte, auch Auflager-krafte genannt, ist der erste Schritt zur Konstruk-tion eines Maschinenteils. Sind alle angreifendenKrafte bekannt, konnen die Abmessungen derBauteile nach den Regeln der Festigkeitslehre fest-gelegt werden:

Belastungskrafte und Stutzkrafte

Gegeben: F1, F2, FG, l, l1, l2Gesucht: FA, FB

Hinweis: Die Begriffe Los- und Festlagerwerden auf Seite 15 erlautert.

Die Ergebnisse der Statik sind die Grundlageder Festigkeitsrechnung.

Beispiel:

Erst wenn alle an einer Getriebewelle angrei-fenden Krafte bekannt sind, konnen Wellen-und Lagerdurchmesser bestimmt werden.

Bei allen folgenden Untersuchungen in der Statikwerden die Korper als unverformbar angesehen(Statik der starren Korper).

1.1.2 Physikalische Großen in der Statik

Die wichtigsten Großen der Statik sind

die Kraft F (Kurzzeichen F von engl. force), die inNewton (N), Dekanewton (daN), Kilonewton (kN)oder Meganewton (MN) gemessen und angegebenwird;

das Kraftmoment M der Kraft F, das in Newton-meter (Nm) oder Newtonmillimeter (Nmm) ange-geben wird.

Bewirkt das Kraftmoment eine Drehung des Bau-teils, dann nennt man es Drehmoment M, z. B. beiWellen. In der Festigkeitslehre wird ein biegendesKraftmoment als Biegemoment Mb, ein tordieren-des (verdrehendes) Kraftmoment als Torsions-moment MT bezeichnet.

Das Newton ist die gesetzliche und interna-tionale Einheit (SI-Einheit) fur die Kraft F:

1 daN ¼ 10 N; 1 kN ¼ 103 N ¼ 1000 N

1 MN ¼ 106 N ¼ 1000000 N

Das Kraftmoment M ist das Produkt aus einerKraft F und einer Lange l. Daher ist die SI-Einheit des Kraftmoments das Newtonmeter(Nm):

1 Nm ¼ 103 Nmm

1 kNm ¼ 103 Nm

1 MNm ¼ 106 Nm

1 Statik in der Ebene2

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1.1.2.1 Die Kraft F

Krafte sind Vektoren. Ihre Wirkung auf einen Kor-per lasst sich nur dann genau angeben, wenn dreiBestimmungsstucke bekannt sind:

der Betrag der Kraft, z. B. F ¼ 18 N,

die Wirklinie WL und

der Richtungssinn.

Großen, die erst durch ihren Betrag und ihreRichtung eindeutig bestimmt sind (gerichteteGroßen), heißen Vektoren, z. B. Krafte, Wege,Geschwindigkeiten, Beschleunigungen.Großen, bei denen zur eindeutigen Bestim-mung die Angabe ihres Betrags genugt, hei-ßen Skalare (nicht gerichtete Großen), z. B.Warme, Temperatur, Masse, Arbeit, Leistung.

Wie alle Vektoren wird auch die Kraft zeichnerischdurch einen Pfeil dargestellt. Die Lange des Pfeilsgibt uber den festgelegten Kraftemaßstab MK denBetrag (die Große) der Kraft an. Die Wirkliniezeigt, wo und unter welchem Winkel zu einer fest-gelegten Bezugsachse die Kraft wirkt (Richtungs-winkel). Die Pfeilspitze bestimmt den Richtungs-sinn.

Eine Kraft, die auf einen Korper dieselbe Wirkungausubt wie zwei (oder mehrere) gleichzeitig wir-kende Krafte F1 und F2, nennt man die Resultie-rende Fr dieser Krafte:

starre, ebene Scheibe,in ihrer Ebene verschiebbar

RichtungssinnKraft F

Lage

Betrag

Lageplan

mit eingezeichneter Kraft F = 18 N

Kräftemaßstab M = 1KN

mm (1 mm = 1 N)

510

15

Wirklinie der Kraft= Verschieberichtung

^

Die Resultierende Fr ist eine gedachte Ersatz-kraft fur mehrere Einzelkrafte.

Will man eine genaue Angabe uber die Wirkungmehrerer Krafte auf einen Korper machen, z. B.daruber, in welche Richtung er sich verschiebt,muss die Resultierende des Kraftesystems bekanntsein.

Die Schubkraft Fs mit dem Angriffspunkt As be-wegt den skizzierten Wagen mit der Geschwindig-keit v nach rechts oben. Die gleiche Wirkung wirddurch die auf der selben Wirklinie WL liegendegleich große Zugkraft Fz ¼ Fs (Angriffspunkt Az)erzielt: Krafte sind linienfluchtige Vektoren. Fursie gilt der

WL

vo

nF

2

WL von F1

Fr

F2

F1

WL der Resultierenden

= Verschieberichtung

Fs

F = Fz s

WL

Az

As

v

LangsverschiebungssatzKrafte durfen auf ihrer Wirklinie beliebig ver-schoben werden, ohne dass sich ihre Wirkungauf den starren Korper andert.

Die Kraft Fs (Schubkraft) ¼ Fz (Zugkraft)kann auf der gemeinsamen Wirklinie WLvon As nach Az verschoben werden, ohnedass sich die Wirkung auf den Korper andert(Langsverschiebungssatz).

1.1 Grundlagen 3

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1.1.2.2 Das Kraftmoment oder Drehmoment M

Das Produkt aus einer Einzelkraft F und ihremWirkabstand l von einem beliebigen Bezugs-punkt D heißt Kraftmoment M ¼ Fl.

Die Bezeichnungen Kraftmoment und Drehmo-ment sind statisch gleichwertig.

Der Betrag des Kraft- oder Drehmoments ist dasProdukt aus der Kraft F (z. B. in N) und demWirk-abstand l (z. B. in m). Der Wirkabstand l ist derrechtwinklig zur Wirklinie (WL) gemessene Ab-stand.

Bezugspunkt D

WL

von

F

l

F

Drehsinn (–)

Kraftmoment der Kraft F bezogen auf denPunkt D: M ¼ Fl

Kraftmoment M ¼ Kraft F � Wirkabstand l M ¼ Fl

Der Drehsinn des Kraftmoments wird durch dasVorzeichen angegeben.

(þ) ¼ Linksdrehsinn

(�) ¼ Rechtsdrehsinn

1.1.2.3 Das Kraftepaar

Wirken zwei gleich große, gegensinnige Krafteauf parallelen Wirklinien mit dem Wirkabstand l(? zu den Wirklinien gemessen), so erzeugen sieein Drehmoment M. Man nennt die beiden Krafteein Kraftepaar.

Ist der Korper frei beweglich, so dreht ihn dasKraftepaar auf der Stelle, ohne ihn zu verschieben(Welle, Handrad, Tretkurbel, Handkurbel, Dreh-stabfeder), denn die Resultierende des Kraftepaarsist gleich null.

Wirklinien

Drehsinn des Körpers

Wirkabstand l

Das Kraftepaar erzeugt ein Drehmoment M,die Resultierende ist Fr ¼ 0.

Die Drehwirkung eines Kraftepaares bezeich-net man als sein Drehmoment M.

Der Betrag des Drehmoments ist das Produkt ausder Kraft F (z. B. in N) und dem Wirkabstand l(z. B. in m). Der Wirkabstand ist der senkrecht zuden Wirklinien gemessene Abstand.

M = Fl

F

l

Kraftepaar amFahrradlenker

Drehmoment M ¼ Kraft F �Wirkabstand l M ¼ Fl

Der Drehsinn des Drehmoments wird durch dasVorzeichen angegeben.

(þ) ¼ Linksdrehsinn

(�) ¼ Rechtsdrehsinn

M F l

Nm N m

M F l

Nm N m

1 Statik in der Ebene4

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1.1.3 �bungen zur Berechnung von Drehmomenten

1. �bung: Fur die Tretkurbelwelle eines Fahrradssollen die Drehmomente M1, M2, M3 in den dreiskizzierten Stellungen berechnet werden. In allenStellungen wirkt die Kraft F1 rechtwinklig nach un-ten. In Stellung 1 steht die Tretkurbel horizontal,in Stellung 3 vertikal. Stellung 2 liegt zwischenbeiden Stellungen.

Wie verandert sich das Drehmoment mit fort-schreitender Kurbeldrehung?

F = 150 N1

Stellung 1F2

F1F1

Stellung 3Stellung 2

l = 03 l = 80 mm2

l = 200 mm1

Losung: Als Folge der Kraft F1 an der Tretkurbeltritt im Tretkurbellager eine gleich große, ent-gegengesetzt gerichtete Kraft F2 auf. Beide bildenein Kraftepaar, das ein Drehmoment M erzeugt. Esergibt sich als Produkt aus der Kraft F1 und ihremjeweiligen Wirkabstand von der Kraft F2. DieDrehmomente M1 und M2 haben Rechtsdrehsinn.Sie erhalten daher das negative Vorzeichen.

M1 ¼ �F1l1 ¼ �150 N � 0,2 m ¼ �30 Nm

M2 ¼ �F1l2 ¼ �150 N � 0,08 m ¼ �12 Nm

M3 ¼ �F1l3 ¼ �150 N � 0 m ¼ 0

Das Drehmoment fallt von seinem Maximal-wert in der horizontalen Stellung bis auf nullin der vertikalen Stellung der Tretkurbel.

2. �bung: Die Kraft F1 wirkt jetzt unter dem Win-kel a ¼ 45� auf die horizontal liegende Tretkur-bel.

Wie groß ist nun das Drehmoment M an der Tret-kurbelwelle?

l 2

�=

45°

F = 150 N1

l = 200 mm1

F2

Losung: Der Wirkabstand l2 zwischen den Wirk-linien der Krafte F1 und F2 ist jetzt kleiner gewor-den als vorher in der Stellung 1.

l2 ¼ l1sin a

l2 ¼ 0,2 m � sin 45�l2 ¼ 0,141 m

Dadurch ergibt sich auch ein kleineres Drehmo-ment M. Es erhalt das negative Vorzeichen, weil esRechtsdrehsinn besitzt.

M ¼ �F1l2 ¼ �150 N � 0,141 m

M ¼ �21,15 Nm

Aufgaben Nr. 1–8

1.1 Grundlagen 5

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1.1.4 Bewegungsmoglichkeiten (Freiheitsgrade) eines Korpers

Jeder frei bewegliche starre Korper kann eine andere Lage erhalten, indem man ihn verschiebtoder dreht. Diese Bewegungen heißen Translation (Verschiebung) und Rotation (Drehung).Die Bewegungsmoglichkeiten, die ein Korper hat, nennt man seine Freiheitsgrade.

1.1.4.1 Freiheitsgrade im Raum

Ein Korper, der im Raum frei beweglich ist, kannsich in Richtung der drei Achsen x, y, z einesraumlichen Koordinatensystems verschieben (T(x),T(y), T(z)). Er kann sich außerdem um jede der dreiAchsen drehen (R(x), R(y), R(z)). Daraus folgt:

Ein im Raum frei beweglicher starrer Korperhat sechs Freiheitsgrade.

T , T , T : Translation in Richtung der drei Achsen

R , R , R : Rotation um die drei Achsen(x) (y) (z)

(x) (y) (z)

R(x)

T(x)

T(x)

T(y)

T(y)

R(y)

T(z)

T(z)

R(z)

x

y

z

Jede beliebige Bewegung im Raum lasst sich aufdiese sechs Freiheitsgrade zuruckfuhren.

1.1.4.2 Freiheitsgrade in der Ebene

Ein Korper, der nur in einer Ebene frei beweglichist, z. B. auf einer Richtplatte, kann sich nur inRichtung der zwei Achsen x, z eines ebenen Koor-dinatensystems verschieben (T(x), T(z)) und um dieAchse y drehen (R(y)). Daraus folgt:

Ein in der Ebene frei beweglicher starrer Kor-per hat drei Freiheitsgrade.

Jede beliebige Bewegung in der Ebene lasst sichauf diese drei Freiheitsgrade zuruckfuhren.

T(x)

T(x)

R(y)

T(z)

T(z)

x

y

z

1.1.5 Gleichgewicht des Korpers in der Ebene (Gleichgewichtsbedingungen)

Die Ursache einer Verschiebung ist eine Einzel-kraft, die Ursache einer Drehung ist ein Kraftepaar.Daraus folgt:

Beachte: Die Drehwirkung eines Kraftepaarsist sein Kraftmoment M. Es wird auch alsDrehmoment bezeichnet.

Wird ein Korper verschoben, muss eine Kraft Fwirken,wird er gedreht, muss ein Kraftmoment M wir-ken,wird er verschoben und gedreht, mussen eineKraft F und ein Kraftmoment M wirken.

Verschiebung

DrehungSF1

F2

F2

1 Statik in der Ebene6

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Umgekehrt lasst sich auch schließen, dass dannkeine Kraft F wirkt, wenn sich ein Korper nichtverschiebt, und dass kein Kraftmoment M vorhan-den ist, wenn er sich nicht dreht.

Keine Verschiebung: F ¼ 0

Keine Drehung: M ¼ 0

Korper, die mit anderen fest verbunden sind, las-sen sich auch durch Krafte und Kraftmomentenicht gegeneinander bewegen. Hier werden durchdie Verbindungen (wie Verschraubung, Lagerung,Klebung) Gegenkrafte und Gegenkraftmomenteerzeugt.

Beispiel:

Frasmaschinentisch und darauf befestigterSchraubstock bewegen sich nicht gegen-einander, obwohl uber das Werkstuck Kraftein den Schraubstock eingeleitet werden.

Alle Krafte und alle Kraftmomente heben sich insolchen Fallen in ihrer Wirkung auf, und man sagt:Krafte und Kraftmomente stehen miteinander imGleichgewicht. Dann muss die Summe aller Kraftegleich null und die Summe aller Kraftmomentegleich null sein, weil sich der Korper so verhalt,als wirkten keine Kraft und kein Kraftmoment.

Keine Verschiebung: SF ¼ 0

Keine Drehung: SM ¼ 0

S (Sigma) bedeutet:

Summe aller . . ., d. h. die Summe aller Krafteund die Summe aller Kraftmomente ist gleichnull.

Diese Erkenntnis auf die drei Freiheitsgrade desKorpers in der Ebene bezogen ergibt:

Ein Korper ist dann im Gleichgewicht, wenndie Summe aller Krafte in Richtung derx-Achse gleich null ist,die Summe aller Krafte in Richtung dery-Achse gleich null ist,und die Summe aller Kraftmomente um diez-Achse gleich null ist.

SFx ¼ 0SFy ¼ 0SMðzÞ ¼ 0

Mit Hilfe dieser drei Gleichgewichtsbedin-gungen berechnet man unbekannte Krafteund Kraftmomente.

Nach dem Tragheitsgesetz gilt das fur alle Korper,deren Bewegungszustand sich nicht andert. Dem-nach ist ein Korper in drei Fallen im Gleichge-wicht:

Beachte: Ruhelage und gleichformig geradli-nige oder rotierende Bewegung sind gleich-wertige Zustande, d. h. es gelten die Gleich-gewichtsbedingungen.

wenn er ruht (Geschwindigkeit v ¼ 0),

wenn er sich auf gerader Bahn mit gleich bleiben-der Geschwindigkeit bewegt (v ¼ konstant)

Die �berlegungen zum Tragheitsgesetz stam-men von dem italienischen Physiker GalileoGalilei (1564––1642).

und wenn er mit konstanter Drehzahl n (Umdre-hungsfrequenz) umlauft (n ¼ konstant).

x

y

z

Fy

Fx

M(z)

1.1 Grundlagen 7

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1.1.6 Der Parallelogrammsatz fur Krafte

Der Parallelogrammsatz1) ist die wichtigste statische Grundoperation fur das Zusammensetzenund Zerlegen von gerichteten Großen (Vektoren). Dazu gehoren neben Geschwindigkeiten v,Beschleunigungen a und Wegen s auch Krafte F.

1.1.6.1 Zusammensetzen von zwei nichtparallelen Kraften (Kraftereduktion)

Krafte sind linienfluchtige Vektoren, d. h. zweiKrafte F1 und F2 konnen auf ihrer Wirklinie in denZentralpunkt A verschoben und dort mit demParallelogrammsatz zur Resultierenden Fr zusam-mengesetzt werden. Man nennt dies eine geometri-sche (zeichnerische) Addition und das Verfahreneine Kraftereduktion.

Beachte: Skalare wie Masse m, Volumen V,Flachen A usw. sind keine gerichteten Gro-ßen. Ihre Betrage konnen algebraisch addiertund subtrahiert werden. Krafte dagegen sindals Vektoren geometrisch (zeichnerisch) zubehandeln.

ParallelogrammsatzDie Resultierende Fr (Ersatzkraft) zweier ineinem Punkt A angreifender Krafte F1 und F2

ist die Diagonale des Krafteparallelogramms.

F1

F2

A�

Resultierende Fr

Geometrische Addition der Krafte F1 und F2

zur Resultierenden Fr

Einfacher ist es, die Krafte nach Betrag und Rich-tungssinn maßstabsgerecht in beliebiger Reihen-folge aneinander zu setzen. Es ergibt sich dasKraftedreieck (Krafteck, Kraftezug).

Im Krafteck ist die Resultierende Fr die Verbin-dungslinie vom Anfangspunkt A der zuerstgezeichneten Kraft zum Endpunkt E der zuletztgezeichneten Kraft.

F1

F1

F2

F2

E

EA

A

SO

SO

oder

Fr

Fr

Kraftedreiecke als Ersatz fur dasKrafteparallelogramm

Der Betrag der Resultierenden Fr zweier Krafte F1

und F2, mit dem eingeschlossenen Winkel a, lasstsich mit dem Kosinussatzes berechnen.Fur den Winkel b wird der Sinussatz angewandt.

Fr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF1

2 þ F22 þ 2F1F2 cos a

pb ¼ arcsin

F1 sin a

Fr

1) Boge, A.; J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Losungen; Vieweg þ Teubner 2008

1 Statik in der Ebene8

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1.1.6.2 Zerlegen einer Kraft F in zwei nichtparallele Krafte F1 und F2

Das Krafteparallelogramm lasst sich auch auseiner gegebenen Kraft F und den Wirklinien WL1,WL2 zweier gesuchter Krafte F1, F2 zeichnen.

Zerlegen einerKraft F in zweiKomponentenF1, F2

Dazu werden die gegebenen Wirklinien WL1 undWL2 der gesuchten Krafte F1, F2 parallel zu sichselbst in den Endpunkt E der maßstablich auf-gezeichneten gegebenen Kraft F verschoben.Damit entsteht das Krafteparallelogramm.

F1

F

E

WL

von

F1

WL von F2

F2

Fcos

1�

F cos�

A

Die Betrage der beiden Komponenten der Kraft Flassen sich auch berechnen: Fur F1 gilt der Sinus-satz; die Gleichung fur F2 lasst sich aus dem ge-strichelt gezeichneten Kraftezug ablesen.

F1 ¼ Fsin b

sin aF2 ¼ F cos b� F1 cos a

Die Aufgabe, eine Kraft F in mehr als zwei Kom-ponenten zu zerlegen, ist statisch unbestimmt, d. h.es sind unendlich viele Losungen moglich.

E

F

F1F1

F1F2 F2

F2A

F3

Bei vielen Aufgaben der Statik ist es erforderlich,mit den beiden rechtwinklig aufeinander stehen-den Komponenten Fx und Fy einer Kraft F zurechnen. Dazu legt man die Kraft F unter Angabedes Richtungswinkels a in ein rechtwinkligesAchsenkreuz und beschreibt die Komponenten mitHilfe der Kreisfunktionen Sinus und Kosinus.

Fy

F = F cosx �

F=

Fsin

y�

y

F

x

1.1.6.3 Zerlegen einer Kraft F in zwei parallele Krafte F1 und F2

Fur die gegebene Kraft F sollen die beiden paralle-len Krafte F1 und F2 ermittelt werden, die aufihren Wirklinien mit den Abstanden l1 und l2 diegleiche Wirkung haben wie die Einzelkraft F.

Zum Verstandnis fur die Losung dieser Aufgabenist der spater erlauterte Momentensatz erforderlich(1.2.5.1, Seite 38):

l1 l2

F1 F2

F

Zerlegen einer Kraft F in zwei paralleleKomponenten

Fl1 ¼ F2ðl1 þ l2Þ und Fl2 ¼ F1ðl1 þ l2Þ

Daraus ergeben sich die beiden Gleichungen furdie Betrage der Krafte F1 und F2.

F1 ¼ Fl2

l1 þ l2F2 ¼ F

l1l1 þ l2

1.1 Grundlagen 9

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1.1.6.4 �bungen zum Parallelogrammsatz fur Krafte

1. �bung: Zwei Krafte F1 ¼ 2 kN und F2 ¼ 3 kNwirken im Angriffspunkt A unter dem Winkela ¼ 120� zueinander.Gesucht:

a) der Betrag der Resultierenden Fr,

b) der Winkel b zwischen den Wirklinien von F1

und Fr.

y

xA F1

180° – �

F2F2

Fr

Losung:

a) der Betrag der Resultierenden lasst sich zeich-nerisch durch maßstabliches Aufzeichnen desKrafteparallelogramms und rechnerisch mitdem Kosinussatz ermitteln.

Fr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF1

2 þ F22 þ 2F1F2 cos a

pFr ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið2 kNÞ2þð3 kNÞ2þ2 �2 kN �3 kN �cos 120�

qb) der Winkel b zwischen den Wirklinien von F1

und Fr wird mit dem Sinussatz berechnet:

Fr ¼ 2,646 kN

sin b

sin ð180� � aÞ ¼F2

Fr; sin ð180� � aÞ ¼ sin a b ¼ arcsin

F2 sin ð180� � aÞFr

¼ 79,1�

2. �bung: Fur das skizzierte Lager einer Getriebe-welle wurden mit Hilfe der statischen Gleich-gewichtsbedingungen die StutzkraftkomponentenFAx ¼ 5089 N und FAy ¼ 471 N berechnet. ZurBestimmung der Lagerabmessungen soll die Stutz-kraft (Lagerkraft) FA berechnet werden.

Beachte: Die Stutzkraftkomponenten konnen inden Lagermittelpunkt verschoben werden.

Gesucht:

a) Skizze des Quadranten eines rechtwinkligenKoordinatensystems mit den in den LagerpunktA verschobenen Lagerkraftkomponenten FAx

und FAy (Langsverschiebungssatz von Seite 3),

x

x

y

y

z

z

FAx

FAy

Welle

LagerA

Losung:

b) Betrag der Lagerkraft FA,

c) Richtungswinkel a zwischen der positivenx-Achse des Koordinatensystems und derWirklinie der Lagerkraft FA.

y

FAy

A

FA

FAxx

FA ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFAx

2 þ FAy2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið50892 þ 4712Þ N2

qFA ¼ 5111 N

Aufgaben Nr. 29–31 a ¼ arctanFAy

FAx¼ arctan

471 N

5089 N¼ 5,29�

1 Statik in der Ebene10

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1.1.7 Das Freimachen der Bauteile

1.1.7.1 Zweck und Beschreibung desVerfahrens, Oberflachen- undVolumenkrafte

Mit Hilfe der Statik werden unbekannte Kraftezeichnerisch und rechnerisch bestimmt, z. B. dieStutzkrafte (Lagerkrafte), die eine Getriebewelleoder einen Drehkran im Gleichgewicht halten.

F1 F2

FB

FAx

FAy

Beispiel:

F1, F2 bekannte Krafte,

FAx, FAy, FB gesuchte Stutzkrafte

Die Losungen solcher Aufgaben konnen nur dannrichtig sein, wenn tatsachlich alle am Bauteil (Ge-triebewelle, Drehkran, Winkelhebel, Schraube usw.)angreifenden Krafte in die Untersuchung einbe-zogen wurden.

Hinweis: Wird etwa die tatsachlich wirkendeStutzkraftkomponente FAx nicht in die rech-nerischen Gleichgewichtsbedingungen auf-genommen (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0),dann wird die Losung falsch.

Jedes Bauteil wirkt auf die angrenzenden Bauteilemit Oberflachenkraften, die man sich im Mittel-punkt M der Beruhrungsflache angreifend denkt,wie im Fall der beiden zusammengepresstenBauteile 1 und 2. Oberflachenkrafte heißen auchaußere Krafte.

Tatsachlich verteilt sich jede Oberflachenkraftmehr oder weniger gleichmaßig auf die Flachen-teilchen der Beruhrungsflache (siehe Abschnitt 5.5,Seite 288 Flachenpressung).

Auf jede Beruhrungsflache eines Korpers wirkt dievon ihr ausgeubte Oberflachenkraft von dem ande-ren Korper zuruck (Aktion ¼ Reaktion). Es ist alsoF1,2 (Kraft F von 1 auf 2) gleich F2,1 (Kraft F von2 auf 1).

Außer den Oberflachenkraften konnen noch Volu-menkrafte wirken, die man sich im Massenschwer-punkt (Massenmittelpunkt) M des homogenenKorpers angreifend denkt.

Die wichtigste und immer wirkende Volumenkraftist die Gewichtskraft FG. Eine andere Volumen-kraft ist die durch Magnete erzeugte Kraft.

F

F

1

1 1

22

2

F2,1

A

M

F1,2

M

SchwerefeldFG

Gemeinsames Kennzeichen von Volumenkraftenist das Vorhandensein eines „Feldes“, z. B. desSchwerefeldes der Erde oder eines Magnetfeldes.Volumenkrafte heißen daher auch Feldkrafte.

Hinweis: Ob die Gewichtskraft FG beim Frei-machen berucksichtigt wird, hangt davon ab,ob ihre Wirkung im Verhaltnis zu den Wir-kungen der anderen Krafte groß oder klein ist.

1.1 Grundlagen 11

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Um sicherzugehen, alle am Bauteil angreifendenKrafte richtig erfasst zu haben, geht jeder stati-schen Untersuchung das Freimachen voraus.

Hinweis: Statt „Freimachen“ wird auch dieBezeichnung „Freischneiden“ verwendet,weil man das Bauteil mit einem gedachtenSchnitt von den angrenzenden Bauteilentrennt.

Freimachen heißt:Man nimmt die Nachbarbauteile, die das frei-zumachende Bauteil beruhren, Stuck fur Stuckweg und bringt dafur an den Beruhrungsstellendiejenigen Krafte an, die von den weggenom-menen Bauteilen auf das freigemachte Bauteilwirken.

Arbeitsplan zum Freimachen:

1. Das Bauteil schematisiert ohne die an-grenzenden Teile aufzeichnen.

2. Die Angriffspunkte aller Krafte und dieWirklinien dieser Krafte festlegen.

3. Den Richtungssinn in Bezug auf den frei-gemachten Korper eintragen.

Fur die zeichnerische Losung maßstablichzeichnen (Lageplan), fur die rechnerischeLosung genugt die Lageskizze.

Eine Anleitung zum richtigen und sicheren Frei-machen geben die folgenden Beispiele.

1.1.7.2 Seile, Ketten, Riemen

Seile und ahnliche flexible Bauteile konnennur Zugkrafte in Seilrichtung ausuben oderaufnehmen.Zugkrafte wirken stets weg vom Angriffspunktam freigemachten Bauteil. (Regel 1)

Beispiel:

Der Kranhaken soll freigemacht werden.

Die Erfahrung lehrt, dass man mit einem flexiblenBauteil keine Druckkraft auf einen anderen Korperausuben kann.

Seilkraft F

Gewichtskraft FG

freigemachterKranhaken

Es ist gleichgultig, ob das Seil durch eine Rolleumgelenkt wird: In jedem Querschnitt des Seilswirkt die gleiche Zugkraft.

Man nimmt den angehangten Zylinder wegund ersetzt ihn im Beruhrungspunkt durchdie Gewichtskraft FG. Ebenso nimmt mandas Seil weg (abschneiden) und ersetzt esdurch die Zugkraft F ¼ FG.

1 Statik in der Ebene12

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1.1.7.3 Zweigelenkstabe

Zweigelenkstabe konnen Zug- oder Druck-krafte aufnehmen, deren Wirklinie die Ver-bindungsgerade der Gelenkpunkte ist. DieGelenke werden als reibungsfrei angesehen.

(Regel 2)

Beispiel:

Der Zweigelenkstab (Pendelstutze) stutzt einePlattform ab.

Die Form des Zweigelenkstabs hat keinen Ein-fluss; er kann gerade oder gekrummt sein oderjede beliebige andere Form haben. Zweigelenk-stabe durfen nur an zwei Punkten mit Nachbar-bauteilen verbunden sein und keine Krafte ananderen Stellen aufnehmen. Zwei Krafte konnennur dann im Gleichgewicht sein, wenn sie einegemeinsame Wirklinie haben, die durch die bei-den Gelenkpunkte (Kraftangriffspunkte) verlaufenmuss.

Druck

Druck

Zug

Zug

freigemachterStab

Plattform

Zweigelenkstab

Wirklinie

Hier nimmt der Zweigelenkstab Druckkrafteauf. Er konnte aber auch Zugkrafte aufneh-men, z. B. wenn der Wind unter die Plattformfasst.

1.1.7.4 Beruhrungsflachen (ebene Stutzflachen)

Beruhrungsflachen konnen Normalkrafte undTangentialkrafte aufnehmen.Normalkrafte wirken stets hin auf die Beruh-rungsflache am freigemachten Bauteil.

(Regel 3)

Beispiel 1:

Ein prismatischer Korper liegt auf einer waa-gerechten Unterlage (z. B. Richtplatte) inRuhe.

Beruhren sich zwei Bauteile, so wirkt in jedemFall zwischen beiden eine Normalkraft FN. IhreWirklinie steht immer rechtwinklig auf der Beruh-rungsflache.

freigemachterKörper

FN

FG

Gewichtskraft FG und Normalkraft FN habengleiche Wirklinie und sind im Gleichgewicht.

Die Tangentialkraft FT wird durch Reibung (Reib-kraft FR) oder durch einen Rollwiderstand hervor-gerufen. Ihre Wirklinie liegt immer in der Beruh-rungsebene, also rechtwinklig zur Wirklinie derNormalkraft FN. Den Richtungssinn kann man inden meisten Fallen erkennen, wenn alle ubrigenKrafte am freigemachten Bauteil eingezeichnetwurden. Die Tangentialkraft FT ¼ Reibkraft FR

wirkt der Bewegung entgegen, die durch die ubri-gen Krafte verursacht wird oder verursacht werdenkonnte.

Beispiel 2:

Der gleiche Korper liegt auf einer schiefenEbene in Ruhe.

freigemachterKörper

FNFG

F = FT

R

Gewichtskraft FG und Normalkraft FN alleinkonnen nicht im Gleichgewicht sein. DerKorper wurde abwarts gleiten, wenn ihn nichtdie Tangentialkraft FT ¼ Reibkraft FR daranhindern wurde.

1.1 Grundlagen 13

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Auch wenn zwei Bauteile auf ihrer Beruhrungs-flache gegeneinander gleiten oder das eine aufdem anderen abrollt, wirkt immer eine Tangential-kraft FT ¼ Reibkraft FR. Der Richtungssinn ist indiesem Fall sicher zu erkennen: Auf das schnellereBauteil wirkt die Reibkraft FR entgegen seinerBewegungsrichtung, auf das langsamere wirkt siein Bewegungsrichtung des schnelleren Bauteils. Invielen Fallen ist das „langsamere“ Bauteil eineruhende Unterlage.

Beispiel 3:

Der Korper wird durch die Verschiebekraft Fauf der Unterlage verschoben.

FF

v

Kräfte vom Gleitkörperauf die Unterlage

F = FT R

F = FT R

FN

FN

FG

freigemachterKörper

Gleiten zwei Bauteile in entgegengesetzter Rich-tung aufeinander, so wirkt an beiden die Reibkraftentgegen der jeweiligen Bewegungsrichtung.

Bleibt ein Bauteil in Ruhe, obwohl eine Verschie-bekraft F versucht, es auf seiner Unterlage zu ver-schieben, so tritt auch bei waagerechter Beruh-rungsflache eine Reibkraft FR auf. Diese ist zurAufrechterhaltung des Gleichgewichts erforderlich.

Im Beispiel 1, ohne Verschiebekraft F, hattenGewichtskraft FG und Normalkraft FN einegemeinsame Wirklinie. Das ist hier im Bei-spiel 3 anders: F und FT ¼ FR bilden einrechtsdrehendes Kraftepaar. Bei Gleich-gewicht stellt sich dann das linksdrehendeKraftepaar aus FG und FN ein. Die Kraft-momente M beider Kraftepaare sind gleichgroß und gegensinnig (SM ¼ 0).

1.1.7.5 Rollkorper (gewolbte Stutzflachen)

Rollkorper konnen Radialkrafte und Tangen-tialkrafte aufnehmen.Die Radialkrafte wirken immer auf den Beruh-rungspunkt am freigemachten Korper.

(Regel 4)

Beispiel:

Eine Rolle ruht auf einer waagerechten Ebeneund stutzt eine waagerecht liegende Platte ab.

Zwischen Rollkorper und Unterlage wirkt eineRadialkraft Fr. Ihre Wirklinie verlauft durch denBeruhrungspunkt und den Rollkorpermittelpunkt.

AFrA

BFrB

freigemachte Rolle

Die Bezeichnungen „Radialkraft“ und „Normal-kraft“ sind gleichwertig, denn die Wirklinie derRadialkraft steht immer rechtwinklig (in Norma-lenrichtung) auf der Beruhrungstangente.

Die Beruhrungspunkte A und B liegen recht-winklig ubereinander. Die Radialkrafte FrAund FrB haben eine gemeinsame Wirklinieund sind im Gleichgewicht. Es wirkt keineTangentialkraft.

Eine Tangentialkraft FT tritt am ruhenden Rollkor-per nur unter den gleichen Bedingungen auf wiean Beruhrungsflachen (siehe Regel 3, Seite 13).Ihre Wirklinie ist die Tangente an den Rollkorperim Beruhrungspunkt und steht darum immer recht-winklig zur Wirklinie der Radialkraft.

1 Statik in der Ebene14

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1.1.7.6 Einwertige Lager (Loslager)

Einwertige Lager (Loslager) konnen nur einerechtwinklig zur Stutzflache wirkende Kraftaufnehmen (Normalkraft).Sie wirkt auf den freigemachten Lagerpunktzu.Wirkungsanalyse: Wirklinie der Lagerkraftbekannt, Betrag unbekannt (eine Unbekannte).

(Regel 5)

Einwertige Lager werden fur Trager auf zwei Stut-zen verwendet, um die Warmeausdehnung inLangsrichtung nicht zu behindern, z. B. an Bru-ckentragern und Wellen. Bei zweifach gelagertenTragern muss ein Lager ein Loslager sein.

F

FNFN

freigemachtesGleitlager

F

FN

freigemachtesKugellager

1.1.7.7 Zweiwertige Lager (Festlager)

Zweiwertige Lager (Festlager) konnen einebeliebig gerichtete Kraft aufnehmen.Beim Freimachen ersetzt man die noch unbe-kannte Lagerkraft durch zwei rechtwinklig auf-einander stehende Komponenten Fx und Fy.Wirkungsanalyse: Wirklinie der Lagerkraft un-bekannt, Betrag unbekannt (zwei Unbekannte).

(Regel 6)

Beispiel 1:

Trager auf zwei Stutzen

Trager auf zwei Stutzen, Wellen und Achsen erhal-ten ein zweiwertiges Lager (Festlager), um eineunzulassige Langsverschiebung zu verhindern.

B

A

Fx

Fy

freigemachter Träger

FB

Belastung F

F

Zweiwertige Lager erkennt man am sicherstendurch die Bewegungsprobe:

Verschiebt man die Stutzflache des einwertigenLagers in tangentialer Richtung, bleibt dasgelagerte Bauteil in Ruhe.Beim zweiwertigen Lager bewegt sich dasgelagerte Bauteil bei jeder Verschiebung derUnterlage mit.

Lager B ist einwertig, wie die Bewegungs-probe ergibt. Also wirkt eine Normalkraft FB

rechtwinklig zur Stutzflache.

Lager A ist zweiwertig (Bewegungsprobe).Die dort wirkende noch unbekannte Lager-kraft FA ersetzt man durch zwei rechtwinkligaufeinander stehende Komponenten Fx undFy und legt den Richtungssinn fur die spatereRechnung nach Augenschein fest.

Der zunachst angenommene Richtungssinnder Lagerkraftkomponenten Fx und Fy wirdbei der spateren Berechnung durch ein posi-tives Vorzeichen bestatigt. Ein negatives Vor-zeichen fur Fx oder Fy zeigt den entgegen-gesetzten Richtungssinn an.

1.1 Grundlagen 15

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Beim einwertigen Lager wirkt in der Verschiebe-ebene (hier vertikal) offenbar keine Kraft; wohlaber wirkt immer eine Normalkraft (hier horizon-tal). Das zweiwertige Lager dagegen nimmt Krafteaus jeder beliebigen Richtung auf, so dass hier imGegensatz zu den Regeln 1 bis 5 beim Freimachendie Wirklinie der Lagerkraft nicht eindeutig fest-liegt. Da aber nach dem Parallelogrammsatz jedeKraft in zwei Komponenten zerlegt werden kann,hilft man sich wie bereits auf Seite 15 (1.1.7.7)erlautert: Man zeichnet auf zwei rechtwinkligzueinander stehenden Wirklinien die beiden Kom-ponenten ein. Dabei wird versucht, deren Rich-tungssinn unter Berucksichtigung der ubrigenKrafte zu bestimmen. Darum empfiehlt es sich,das zweiwertige Lager zuletzt freizumachen.

Beispiel 2:

Tur mit Halslager A und Spurlager B

A

B

Schwerpunkt S

FA

FBx

S

FG

FBy

Lageskizze derfreigemachten Tür

Bewegungsprobe: B ist zweiwertig, A ist ein-wertig.

Den Stutzhaken bei Awegnehmen: Die Turdreht nach rechts. Folglich muss FA nachlinks wirken. Den Stutzhaken bei B wegneh-men: Die Tur dreht nach links. FBx wirkt alsonach rechts.

Wellen sollen Drehmomente weiterleiten und dieZahnrad- oder Riemenkrafte uber Walz- oderGleitlager auf das Gehause ubertragen. Eines derLager ist konstruktiv als Festlager, das andere alsLoslager ausgebildet.

Beispiel 3:

Getriebewelle mit Loslager A, Festlager B

Auf das Zahnrad der skizzierten Getriebewellewirken die beiden Zahnkraftkomponenten Fx undFy. Zahnrad und Welle sind drehfest miteinanderverbunden, z. B. durch eine Passfeder. Die waage-rechte Komponente Fx wird allein vom Festlager Baufgenommen (Fx ¼ FBx), denn das Loslager A istin waagerechter Richtung im Gehause verschieb-bar. Es kann nur Normalkrafte aufnehmen, hier dieLagerkraft FA.

Fy

Fy

Fx

Fx

A

A

B

B

FBy

FBx

Lageskizze derfreigemachten Welle

Zahnkraft-komponenten

FA

Beachte: Außer Fx und Fy wirkt noch dieUmfangskraft Fz in Normalenrichtung zurZeichenebene. Sie bewirkt die Drehung derGetriebewelle (siehe Lehrbeispiel Seite 370).Die Stutzkrafte FA, FBx und FBy werden spater mit

Hilfe der drei statischen Gleichgewichtsbedingun-gen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0 (siehe Abschnitt1.2.5.3, Seite 44) berechnet.

1 Statik in der Ebene16

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1.1.7.8 Dreiwertige Lager

Dreiwertige Lager konnen eine beliebig gerich-tete Kraft und ein Kraftmoment aufnehmen.Beim Freimachen ersetzt man die Lagerkraftdurch zwei rechtwinklig aufeinander stehendeKomponenten, das Kraftmoment durch denMomentendrehpfeil.Wirkungsanalyse: Wirklinie und Betrag derLagerkraft unbekannt, Betrag des Kraft-moments (Einspannmoment) unbekannt (dreiUnbekannte). (Regel 7)

Beispiel:

Eingespannter Freitrager

Lageskizze des Freiträgers

Fx

Fy F

A

F

F = FAy y

F = FAx x

Mauerwerk

l

l

EinspannmomentM = F ly

Richtiges Freimachen ist die Voraussetzung fur die richtige zeichnerische und rechnerischeLosung aller Statikaufgaben.

Dabei hilft das systematische Vorgehen nach folgendem Arbeitsplan:

Arbeitsplan zum Freimachen:

Lageskizze des freizumachenden Bauteils zeichnen. 1. Schritt

Kraftangriffspunkte (Beruhrungspunkte mit den Nachbarbauteilen) festlegen. 2. Schritt

Wirklinien aller Krafte nach den Regeln 1 bis 7 fur das Freimachen einzeichnen. 3. Schritt

Richtungssinn fur alle Kraftpfeile nach den Regeln 1 bis 7 festlegen. 4. Schritt

1.1 Grundlagen 17

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1.1.8 �bungen zum Freimachen

1. �bung: Die skizzierte Leiter lehnt in A rei-bungsfrei am Mauerwerk und ist am Boden rutsch-fest gestutzt. Beim Besteigen wird die Leiter mitder Gewichtskraft FG belastet. Die Leiter soll nachden besprochenen Regeln freigemacht werden,eine Aufgabe, die haufig Schwierigkeiten macht.

FG

A

B

Aufgabenskizze

Losung: Nach dem Arbeitsplan wird zuerst dieLageskizze der Leiter gezeichnet und die Lager-punkte A und B markiert. Das sind die Beruh-rungsstellen derjenigen Mauerteile, die gedanklichweggenommen sind. Außerdem wird sofort diebekannte Gewichtskraft FG eingezeichnet.

FG

A

B

Lageskizze der Leitermit Lagerpunkten undgegebener Kraft

Nach dem Arbeitsplan sind nun die Wirklinien derStutzkrafte FA und FB einzuzeichnen. Bei zweifachgelagerten Bauteilen muss eines der beiden Lagereinwertig sein. Das andere ist dann zweiwertig.

Beachte: Immer zuerst die einwertige Lager-stelle suchen. Dort ist die Wirklinie der Stutz-kraft bekannt. Diese ist eine Normalkraft.

Die Bewegungsprobe mit dem Mauerwerk umPunkt A zeigt, dass in einer Richtung keine Krafteubertragen werden. Das ist das Kennzeichen eineseinwertigen Lagers: Bei Verschiebungen parallelzur Leiter wird zwischen Mauer und Leiter keineKraft ubertragen, wenn die Reibung nicht beruck-sichtigt wird.

A Bewegungsprobe:keine Lageveran-derung bei Parallel-verschiebung deseinwertigen Lagers.

Die Bewegungsprobe mit dem Mauerstuck um Bergibt Lageveranderungen der Leiter in jeder Rich-tung. Das Lager ist zweiwertig und ubertragt einebeliebig gerichtete Stutzkraft mit x- und y-Kom-ponenten. B

Lageveranderung beibeliebiger Verschie-bung des zweiwerti-gen Lagers.

Das Ergebnis der Untersuchungen zeigt die voll-standige Lageskizze der freigemachten Leiter. DieWirklinie der Stutzkraft FB an der zweiwertigenLagerstelle ist nicht bekannt. Es konnen nur ihrex- und y-Komponenten eingetragen werden. Dasist fur die zeichnerische oder rechnerische Losungsolcher Aufgaben ausreichend.

A

FG

FA

FBx B

?

?

FB FByLageskizze derfreigemachten Leiter

1 Statik in der Ebene18

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2. �bung: Der skizzierte Wanddrehkran ist in demoberen Halslager A und dem unteren Spurlager Bdrehbar. An seinem Lastseil tragt er ein Werkstuck,das ihn auf der eingezeichneten Wirklinie mit derGewichtskraft FG belastet. Der Schwenkarm desKranes soll nach dem Arbeitsplan von Seite 17freigemacht werden.

A

Last FG

B Aufgabenskizze

Losung: Man skizziert den Schwenkarm in dervorgegebenen Lage zunachst wieder ohne Kraft-angriffspunkte, Wirklinien und Kraftpfeile.

In diesem Fall ist die von dem Werkstuck hervor-gerufene Gewichtskraft FG bereits mit Angriffs-punkt, Wirklinie und Richtungssinn bekannt. Manzeichnet darum den Kraftpfeil bereits ein, bevornach dem Arbeitsplan weitergegangen wird.

1. SchrittFA

A

FG

FBx B

FByLageskizze desfreigemachtenSchwenkarms

Nachbarbauteile des Schwenkarms sind Lager A(Loslager) und Lager B (Festlager).

2. SchrittDie Kraftangriffspunkte Aund B einzeichnen.

Die Bewegungsprobe fur beide Lager ergibt: DasHalslager A ist einwertig (Regel 5, Seite 15), dennes kann mit seiner Unterlage nach oben und untenverschoben werden, ohne dass sich der Schwenk-arm bewegt. Verschiebt man dagegen das Spur-lager B, so bewegt sich der Schwenkarm bei jederbeliebigen Verschiebung mit; das Spurlager B istzweiwertig und wird nach Regel 6 freigemacht.

3. Schritt

Die Wirklinie der Halslagerkraft FA liegthorizontal (Normalkraft), weil die Lagerflachevertikal steht. Die Wirklinien der Komponen-ten der Spurlagerkraft FB werden in Richtungder Lagerachse und rechtwinklig dazu einge-zeichnet.

Bei zweifach gelagerten Bauteilen bestimmt manden Richtungssinn der Lagerkrafte auf folgendeWeise: Wird das obere Lager weggenommen,dreht der Schwenkarm oben nach rechts. DieLagerkraft FA verhindert dies.

4. Schritt

Auf der Wirklinie der Halslagerkraft FA einennach links gerichteten Kraftpfeil einzeichnen,weil nur dann der Schwenkarm am Wegdre-hen nach rechts gehindert werden kann.

Wird aber nur das untere Lager weggenommen,dann dreht der Schwenkarm unten nach links undfallt außerdem nach unten. Beides mussen dieLagerkraftkomponenten FBx und FBy verhindern.

Auf der horizontalen Wirklinie von FBx einennach rechts gerichteten und auf der vertikalenWirklinie von FBy einen nach oben gerichte-ten Kraftpfeil einzeichnen.

1.1 Grundlagen 19

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3. �bung: Der aufwarts fahrende Wagen einesSchragaufzugs soll freigemacht werden.

Hierbei ist zu beachten, dass der Wagen mitsamtseiner Ladung als Ganzes freizumachen ist undnicht seine Einzelteile. Sonst musste es z. B.heißen: Der Tragrahmen des Wagens ist freizu-machen.

S

A

B

Zugseil

Aufgabenskizze

Losung: Man skizziert den Wagen in seineraugenblicklichen, schrag stehenden Betriebslage,und zwar zunachst wieder ohne Festlegung derKraftangriffspunkte, Wirklinien und Kraftpfeile.

1. Schritt

Gewichtskraft FG

S

Fr

Fr

FT

FTLageskizze desfreigemachtenWagens

F

Hier muss die Gewichtskraft FG berucksichtigtwerden, sonst konnten zwischen dem Wagen undseinen Nachbarbauteilen keine Krafte wirken.

Im Zughaken ist das Seil eingehangt, die Raderberuhren die Fahrbahn. Seil und Fahrbahn sind dieNachbarbauteile des Wagens.

2. Schritt

In der Skizze den Schwerpunkt S desWagens,den Zughaken und die Auflagepunkte A und Bder beiden Rader als Kraftangriffspunktekennzeichnen.

Die Gewichtskraft FG wirkt immer auf der Lot-rechten. Am Zughaken wird nach Regel 1 freige-macht, denn dort ist ein Seil weggenommen. DieRader werden nach Regel 4 (Seite 14) fur Roll-korper freigemacht. Da der Wagen rollt, wirken anbeiden Radern Radial- und Tangentialkrafte.

3. Schritt

Durch den Schwerpunkt S die lotrechte Wirk-linie der Gewichtskraft FG zeichnen. DieWirklinie der Seilkraft liegt in Seilrichtung.Die Wirklinien der Radialkrafte verlaufendurch die Beruhrungs- und Radmittelpunkte,die der Tangentialkrafte rechtwinklig dazu.

Die Gewichtskraft FG wirkt immer nach unten.Die Seilkraft F zieht am Zughaken. Die Radial-krafte Fr sind auf die Rader zu gerichtet. Die Tan-gentialkrafte FT versuchen den Wagen zu bremsen,weil er schneller ist als die ruhende Fahrbahn.

4. Schritt

Die Kraftpfeile einzeichnen:

FG nach unten, F als Zugkraft vom Zughakenweg, Fr nach links oben und FT der Bewe-gung des Wagens entgegen nach links unten.

Aufgaben Nr. 9–28

1 Statik in der Ebene20

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1.2 Die Grundaufgaben der Statik

1.2.1 Zentrales und allgemeines Kraftesystem

Unter einem Kraftesystem versteht man beliebigviele Krafte, die gleichzeitig an einem Bauteil wir-ken.

Ein zentrales Kraftesystem liegt vor, wenn sich dieWirklinien aller Krafte in einem gemeinsamenPunkt schneiden. Man nennt diesen Schnittpunktden Zentralpunkt A des Kraftesystems. Nach demLangsverschiebungssatz konnen alle Krafte desSystems auf ihren Wirklinien in diesen Zentral-punkt verschoben werden. Ein zentrales Kraftesys-tem kann einen Korper nur verschieben, aber nichtdrehen.

F1F2

F3

F4

A

Zentrales Kraftesystem

Ein allgemeines Kraftesystem besteht aus Kraften,deren Wirklinien mehr als einen Schnittpunkt mit-einander haben.

Allgemeine Kraftesysteme konnen genauso wiezentrale Kraftesysteme einen Korper verschieben.Sie konnen ihn aber außerdem drehen oder beideBewegungen gleichzeitig hervorrufen.

F1F2

F3

F4

F5

A1A2A3 A4

A5

Allgemeines Kraftesystem

1.2.2 Die zwei Hauptaufgaben

1. Hauptaufgabe: In einem Kraftesystem sind alleKrafte nach Betrag, Lage und Richtungssinn be-kannt.

Um eine Aussage uber die Wirkung des Krafte-systems auf ein Bauteil machen zu konnen(z. B. Verschiebung), mussen die resultierendeKraft Fr und das resultierende Kraftmoment Mr

ermittelt werden.

F1

F2

F3F ?r

F ?r

F ?r

F ?r

bekannt: F1, F2, F3

gesucht: Fr , Mr

2. Hauptaufgabe: In einem Kraftesystem, dassich im Gleichgewicht befindet, ist nur ein Teil derKrafte bekannt.

Um eine Festigkeitsrechnung an einem Bauteilausfuhren zu konnen, mussen die noch unbe-kannten Krafte ermittelt werden.

F ?Ax F1

F2

F3

F ?BF ?Ay

bekannt: F1, F2, F3

gesucht: FAx, FAy, FB

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 21

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1.2.3 Die zwei Losungsmethoden

Jede der beiden Hauptaufgaben ist auf zweierleiWeise losbar: rechnerisch und zeichnerisch.

Die rechnerische Losung erfordert

a) eine unmaßstabliche Lageskizze, die alle Krafteals Kraftpfeile sowie alle erforderlichen Lan-genmaße und Winkel –– insbesondere die zwi-schen den Wirklinien der Krafte und einer Be-zugsachse –– enthalten muss, und

b) den rechnerischen Ansatz in Form einer Glei-chung oder eines Gleichungssystems, das ausder Lageskizze entwickelt wird.

Hinweis: Bei der rechnerischen Losung kannman „analytisch“ vorgehen (analytische Me-thode) oder Kraftecke „trigonometrisch“ aus-werten. Zur analytischen Losung legt mandie Kraftpfeile in ein rechtwinkliges Achsen-kreuz und arbeitet mit ihren Komponenten(x- und y-Komponenten). Meist wird dasGleichungssystem aus den drei Gleich-gewichtsbedingungen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0,SM ¼ 0 fur ebene Kraftesysteme entwickelt.

Die zeichnerische Losung erfordert

a) einen maßstablich aufgezeichneten Lageplan,der das Bauteil (meist in vereinfachter Darstel-lung) mit allen, ebenfalls maßstablich einge-zeichneten Wirklinien darstellt, und

b) einen Krafteplan, der alle Krafte maßstabs- undrichtungsgerecht enthalt.

Hinweis: Lageplan und Krafteplan werdenstets auf einem Blatt aufgezeichnet.

Langen- und Kraftemaßstab werden so ge-wahlt, dass die Plane nicht zu klein werden.

Der Lageplan wird zuerst gezeichnet, unddaraus wird der Krafteplan durch Parallelver-schiebung der Wirklinien aus dem Lageplanin den Krafteplan entwickelt.

Zeichnen Sie immer zwei getrennte Plane.

1.2.4 Die vier Grundaufgaben der Statik im zentralen ebenen Kraftesystem

1.2.4.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden (erste Grundaufgabe)

�bung: Ein zentrales Kraftesystem besteht ausden Kraften F1 ¼ 15 N, F2 ¼ 40 N undF3 ¼ 30 N. Die zugehorigen Richtungswinkel sinda1 ¼ 30�, a2 ¼ 135� und a3 ¼ 280�.Zu berechnen sind der Betrag der ResultierendenFr und ihr Richtungswinkel ar nach der analy-tischen Methode, d. h. durch Kraftezerlegung imrechtwinkligen Koordinatensystem mit den vierQuadranten I, II, III und IV.

+y

–y

F = 15 N1 �1

�3

�2

F1x+x–x F2x

A F3x

F1yF = 40 N2

F = 30 N3

Richtungswinkel:

IV���

1

2

3

=

=

=

30°

135°

280°

III

III

F2y

F3y

AufgabenskizzeVoruberlegung: Der rechnerischen Losung dieserAufgabe liegen folgende Gedanken zugrunde:

Jede Kraft wird in die beiden rechtwinklig auf-einander stehenden Komponenten in Richtung derAchsen des rechtwinkligen Achsenkreuzes zerlegt.Als Bezugswinkel fur die Wirklinie der Kraftewird immer der Winkel a verwendet, den die Kraft

y

x

FAy

FA

A FAx

1 Statik in der Ebene22

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mit der positiven x-Achse einschließt, und zwar impositiven Linksdrehsinn von 0� bis þ360� (Rich-tungswinkel). Man erhalt dann Berechnungsglei-chungen, die immer wieder in derselben Form ge-braucht werden konnen.

Den Richtungssinn der Kraftkomponenten Fx undFy zeigt der Rechner durch das Vorzeichen imErgebnis an. Das negative Vorzeichen fur einex-Komponente zeigt den Richtungssinn „nachlinks“, fur eine y-Komponente „nach unten“ an.

Die Komponenten einer unter dem Rich-tungswinkel a geneigten Kraft sind:

Fx ¼ F cos a Fy ¼ F sin a

Beispiel:Nach der Aufgabenskizze schließtdie Kraft F2 ¼ 40 Nmit der positiven x-Achseden Richtungswinkel a2 ¼ 135� ein. Dazuliefert der Rechner:

F2x¼ F2 cos a2¼ 40 N � cos 135� ¼ �28,28 N

F2y¼ F2 sin a2 ¼ 40 N � sin 135� ¼ þ28,28 N

Die Kraftkomponente F2x wirkt nach links,F2y wirkt nach oben.

Die Gleichungen zur Berechnung der rechtwinkligaufeinander stehenden Komponenten werden inder allgemeinen Form geschrieben. Der Buchstaben steht fur den Index 1, 2, 3, . . . der Krafte F undihrer Richtungswinkel a.

Fnx ¼ Fn cos an

Berechnung der x-Komponenten

Fny ¼ Fn sin an

Berechnung der y-Komponenten

Die x-Komponenten Fnx sind die Produkte aus denKraftbetragen Fn und dem Kosinus der Richtungs-winkel an. Bei den y-Komponenten tritt an dieStelle der Kosinusfunktion die Sinusfunktion.

Die Summe der x-Komponenten der Einzelkrafteist die x-Komponente Frx der gesuchten Resultie-renden (Frx ¼ SFnx). Gleiches gilt fur die y-Kom-ponente Fry der Resultierenden (Fry ¼ SFny).

Frx ¼ SFnx

Frx ¼F1 cos a1þF2 cos a2þ . . .þFn cos an

x-Komponente der Resultierenden Fr

Wird immer der Richtungswinkel eingesetzt, zumBeispiel a2 ¼ 135�, braucht man sich nicht umden Richtungssinn der Komponenten zu kummern.Der Rechner nimmt das jeweilige Vorzeichen beider Addition mit.

Fry ¼ SFny

Fry ¼ F1 sin a1þF2 sin a2þ . . .þFn sin an

y-Komponente der Resultierenden Fr

Weil die beiden Komponenten Frx und Fry recht-winklig aufeinander stehen, kann mit dem Lehr-satz des Pythagoras der Betrag Fr der Resultieren-den berechnet werden, denn Fr ist die Diagonaledes rechtwinkligen Kraftecks aus Frx, Fry und Fr .

Fr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFrx

2 þ Fry2

qBetrag der Resultierenden Fr

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 23

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Der Richtungswinkel ar der Resultierenden kannnicht auf direktem Weg ermittelt werden. Manbraucht erst den spitzen Winkel br, den die Wirk-linie der Resultierenden Fr mit der x-Achse ein-schließt. Es ist gleichgultig, in welchem Quadran-ten die Resultierende liegt. Dieser spitze Winkel brkann im rechtwinkligen Dreieck mit der Tangens-funktion ermittelt werden, denn die beiden Kathe-ten Frx und Fry sind jetzt bekannt.

Damit sich keine negativen Winkel ergeben, darfnur mit den Betragen gerechnet werden.

Je nach Lage der Resultierenden Fr im rechtwink-ligen Achsenkreuz ergeben sich folgende Glei-chungen zur Berechnung des Richtungswinkels ar .

II +y

–x +x

F (+)ry

Fry �r

F (–)rx

tan br ¼jFryjjFrxj

br ¼ arctanjFryjjFrxj

Hinweis: Die GroßenFry und Frx stehen insogenannten Betrags-strichen, d. h. es sindnur die Betrage (ohneVorzeichen) einzuset-zen.

Fr liegt im I. Quadranten:

In diesem Fall ist der Richtungswinkel ar gleichdem spitzen Winkel br zwischen der positivenx-Achse und der Wirklinie der Resultierenden. DieResultierende Fr liegt nur dann im I. Quadranten,wenn die Komponentenberechnung ergibt:

Frx ! positives Vorzeichen ðFrx � 0ÞFry ! positives Vorzeichen ðFry � 0Þ

y

x0

�r

Fr

I

ar ¼ br

ar ¼ arctanjFryjjFrxj

Fr liegt im II. Quadranten:

Der spitze Winkel br liegt zwischen der negativenx-Achse und der Wirklinie der Resultierenden. DieResultierende Fr liegt nur dann im II. Quadranten,wenn die Komponentenberechnung ergibt:

Frx ! negatives Vorzeichen ðFrx < 0ÞFry ! positives Vorzeichen ðFry � 0Þ

Fr

� r

y

–x 0

�r

II

ar ¼ 180� � br

ar ¼ 180� � arctanjFryjjFrxj

Fr liegt im III. Quadranten:

Der spitze Winkel br liegt zwischen der negativenx-Achse und der wirklinie der Resultierenden.

Die Resultierende Fr liegt nur dann im III. Qua-dranten, wenn die Komponentenberechnung er-gibt:

Frx ! negatives Vorzeichen ðFrx < 0ÞFry ! negatives Vorzeichen ðFry < 0Þ

�r

� r

–y

–x

III

0

Fr

ar ¼ 180� þ br

ar ¼ 180� þ arctanjFryjjFrxj

1 Statik in der Ebene24

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Fr liegt im IV. Quadranten:

Der spitze Winkel br liegt zwischen der positivenx-Achse und der Wirklinie der Resultierenden.

Die Resultierende Fr liegt nur dann im IV. Qua-dranten, wenn die Komponentenberechnung er-gibt:

Frx ! positives Vorzeichen ðFrx � 0ÞFry ! negatives Vorzeichen ðFry < 0Þ

� r

� r x

–yFr

IV

0

ar ¼ 360� � br

ar ¼ 360� � arctanjFryjjFrxj

Losung: Zu berechnen ist die Resultierende Fr desgegebenen Kraftesystems. Zuerst werden die gege-benen Betrage der Krafte F1, F2 und F3 und ihreRichtungswinkel a1, a2 und a3 aufgeschrieben.

Gegeben:F1 ¼ 15 N a1 ¼ 30�

F2 ¼ 40 N a2 ¼ 135�

F3 ¼ 30 N a3 ¼ 280�

Zur Berechnung der Komponenten Frx und Fry derResultierenden Fr werden die Produktsummen ge-bildet.

Frx ¼ ð15 � cos 30� þ 40 � cos 135�þþ 30 � cos 280�Þ N

Frx ¼ �10,08 NFry ¼ ð15 � sin 30� þ 40 � sin 135�þ

þ 30 � sin 280�Þ NFry ¼ þ 6,24 N

Die gegebenen und berechneten Großen konnenauch in eine Tabelle eingetragen werden. DurchAddition der Spalten fur Fnx und Fny erhalt mandie beiden Komponenten Frx und Fry der Resultie-renden Fr.

Der Betrag der Resultierenden wird mit dem Lehr-satz des Pythagoras berechnet.

Fr¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFrx

2 þ Fry2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið�10,08 NÞ2 þ ð6,24 NÞ2

qFr ¼ 11,855 N

n Fn an Fnx ¼ Fn cos an Fny ¼ Fn sin an

1 15 N 30� þ12,99 N þ 7,50 N2 40 N 135� �28,28 N þ28,28 N3 30 N 280� þ 5,21 N �29,54 N

Frx ¼ �10,08 N Fry ¼ þ 6,24 N

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 25

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Die x-Komponente Frx der Resultierenden hat dasnegative Vorzeichen, die y-Komponente Fry hatdas positive Vorzeichen. Die Resultierende Fr liegtalso im II. Quadranten. Damit liegt die Gleichungzur Berechnung des Richtungswinkels ar derResultierenden fest.

ar ¼ 180� � arctanjFryjjFrxj

ar ¼ 180� � arctan6,24 N

10,08 N

ar ¼ 180� � 31,76�

ar ¼ 148,24�

1.2.4.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden (zweite Grundaufgabe)

�bung: Das gleiche zentrale Kraftesystem wie inder vorhergehenden Aufgabe soll nun zeichnerischreduziert werden. Zur Ermittlung der Resultieren-den Fr und ihres Richtungswinkels ar muss maß-stablich in einem Lageplan und in einem Krafte-plan gearbeitet werden.

Die Aufgabenskizze zeigt die gegebenen Krafte,nachdem sie auf ihren Wirklinien in den gemein-samen Zentralpunkt A verschoben wurden.

y

–y

F = 15 N1

�1�

3

�2

x–x

A

F = 40 N2

F = 30 N3

Richtungswinkel:

IV

���

1

2

3

=

=

=

30°

135°

280°

III

III

Aufgabenskizze

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung der Resultierenden:

Lageskizze mit allen gegebenen Kraften unmaßstablich in ein rechtwinkligesKoordinatensystem eintragen.

1. Schritt

Gegebene Kraftbetrage F1;F2;F3 . . . und Richtungswinkel a1;a2;a3 . . . auf-schreiben. Richtungswinkel von der positiven x-Achse von 0� bis 360� imLinksdrehsinn festlegen.

2. Schritt

Mit den Kraftbetragen und Richtungswinkeln die Komponenten Frx und Fry

der Resultierenden Fr berechnen.3. Schritt

Betrag der Resultierenden Fr aus den Komponenten Frx und Fry berechnen(Pythagoras).

4. Schritt

Aus den Vorzeichen fur die Komponenten Frx und Fry den Quadranten furdie Resultierende Fr feststellen.

5. Schritt

Richtungswinkel ar der Resultierenden Fr berechnen. 6. Schritt

1 Statik in der Ebene26

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Losung: Zuerst wird ein Lageplan gezeichnet.Grundlage dafur ist ein rechtwinkliges Achsen-kreuz, dessen Schnittpunkt der Zentralpunkt A desKraftesystems ist. Durch diesen Zentralpunktwerden mit den gegebenen Richtungswinkelna1 ¼ 30�, a2 ¼ 135� und a3 ¼ 280� die Wirk-linien aller gegebenen Krafte gelegt.

Je genauer im Lageplan die Winkel angetragensind, desto genauer wird das Ergebnis.

–y

–x x

y

F4

Fr

WL von F1

WL

vonF2

WL

von

F3

�1

�2

�3

A

�r = 148°

F1

F2

F3

EFr

A

Lageplan

Fur den Krafteplan wird ein Anfangspunkt A fest-gelegt und durch ihn eine Parallele zu einer derdrei Krafte (hier F3) gezeichnet. Der Krafteplanwird weiterentwickelt, indem in gleicher Weisedurch Parallelverschiebung die ubrigen Krafte inbeliebiger Reihenfolge maßstabsgerecht und rich-tungsgemaß sich so aneinander reihen, dass sichein fortlaufender, offener Kraftezug mit dem End-punkt E ergibt.

KrafteplanKraftemaßstab:

MK ¼ 10N

cm

ð1 cm ¼b 10 NÞ

Die Resultierende Fr ist die Verbindungsliniezwischen Anfangspunkt A und Endpunkt E desKraftezugs. Ihr Richtungssinn weist vom An-fangspunkt zum Endpunkt.

Aus der Lange der Verbindungslinie von A nach Ekann mit Hilfe des festgelegten Kraftemaßstabsder Betrag der Resultierenden berechnet werden.

Gemessen wird fur Fr: L r ¼ 1,2 cmDamit wird

Fr ¼ L rMK ¼ 1,2 cm � 10 N

cmFr ¼ 12 N.

Die Resultierende wird nun aus dem Krafteplanparallel in den Zentralpunkt A des Lageplans ver-schoben und der Richtungswinkel ar abgelesen.

Im Lageplan wird der Richtungswinkel ge-messen: ar ¼ 148�.Ergebnis:

Die Resultierende wirkt mit 12 N unter einemWinkel von 148� zur positiven x-Achse nachlinks oben.

Jetzt steht fest, wie sich der Korper unter der Ein-wirkung der gegebenen Krafte verhalt, d. h. obund in welcher Richtung er sich verschiebt. Zu-gleich erkennt man, welche zusatzliche Kraft (hierF4) im Zentralpunkt A wirken musste, wennGleichgewicht hergestellt werden soll.

Unter der Wirkung der Krafte F1, F2 und F3

verschiebt sich der Korper unter 148� zurpositiven x-Achse so nach links oben, als obeine Kraft von 12 N allein auf ihn einwirkenwurde.

Um den Korper im Gleichgewicht zu halten,musste man auf der Wirklinie von Fr mit12 N nach rechts unten ziehen (im Lageplangestrichelt eingezeichnete Gleichgewichts-kraft F4).

Aufgaben Nr. 29–48

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 27

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1.2.4.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Krafte (dritte Grundaufgabe),die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen

�bung: Dasselbe Kraftesystem wie in der erstenund zweiten Grundaufgabe mit den bekanntenKraften F1, F2 und F3 soll jetzt durch zwei Krafte(F4 und F5) ins Gleichgewicht gesetzt werden. DieKrafte F4 und F5 sind nach der analytischenMethode zu ermitteln.

Losung: Man zeichnet eine unmaßstabliche Lage-skizze mit allen Kraften. Fur die Krafte F4 und F5

ist nur die Lage ihrer Wirklinien im rechtwinkligenAchsenkreuz (a4 ¼ 15�, a5 ¼ 60�) bekannt. Furden Richtungssinn der beiden Krafte F4 und F5

wird folgende Richtungsannahme festgelegt (Rich-tungsregel):

Der Richtungssinn einer gesuchten Kraft wirdbeliebig festgelegt.

Ob die Richtungsannahme richtig oder falsch war,stellt sich bei der spateren Rechnung heraus:

Haben die gesuchten Krafte ein positives Vorzei-chen, war die Richtungsannahme richtig. Dasnegative Vorzeichen zeigt, dass die Richtungs-annahme falsch war. Diese Kraft wirkt in Wirk-lichkeit in entgegengesetzter Richtung.

y

–y

F = 15 N1

�1

�4

�5

�3

�2

x–xA

F = 40 N2

F = 30 N3

Richtungswinkel:

�����

1

2

3

4

5

=

=

=

=

=

30°

135°

280°

15°

60°

WL von F4

WL

von

F 5

Aufgabenskizze

F1F2

F3

F4

F5F5y

F4y

F4xF5x x

y

–y

–x

F = F cosF = F sin

nx n n

ny n n

��

�1

�2

� 3 �4

�5

A

Lageskizze zur rechnerischen Losung

(angenommener Richtungssinn furF4 und F5 im I. Quadrant)

Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung der Resultierenden:

Lageplan mit den Wirklinien aller Krafte winkelgetreu in ein rechtwinkligesAchsenkreuz einzeichnen.

1. Schritt

Im Krafteplan die gegebenen Krafte entsprechend dem gewahlten Krafte-maßstab MK in beliebiger Reihenfolge maßstablich aneinander reihen.

2. Schritt

Anfangs- und Endpunkt des Kraftezuges verbinden, Richtungssinn eintra-gen.

3. Schritt

Resultierende Fr in den Zentralpunkt des Lageplans ubertragen. 4. Schritt

Ergebnisse abmessen (Betrag und Richtungswinkel). 5. Schritt

1 Statik in der Ebene28

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Die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungensind:

Ein zentrales Kraftesystem ist im Gleichge-wicht, wenndie Summe aller Krafte in x-Richtungunddie Summe aller Krafte in y-Richtung gleichnull ist.

Setzt man die Summe aller Krafte oder Kraftkom-ponenten in beiden Richtungen des rechtwinkligenKoordinatensystems gleich null, erhalt man einGleichungssystem (I und II), das nach den beidenUnbekannten F4 und F5 aufgelost werden kann.

Der Betrag fur F5 hat ein negatives Vorzeichen,das heißt, der angenommene Richtungssinn warfalsch. Der errechnete Betrag ist richtig, nur wirktdie Kraft im entgegengesetzten Sinn als angenom-men. (Pfeilrichtung im Lageplan umkehren)

Hat die zuerst errechnete Kraft ein Minus-Vorzei-chen (hier F5), muss es in der weiteren Rechnungmitgefuhrt werden.

Um Gleichgewicht zu erreichen, muss auf den vor-gegebenen Wirklinien die Kraft F4 mit 16,76 Nnach rechts oben, die Kraft F5 mit 12,21 N nachlinks unten wirken.

I. SFx ¼ 0 ¼ SFnx þ F4 cos a4 þ F5 cos a5

II. SFy ¼ 0 ¼ SFny þ F4 sin a4 þ F5 sin a5

Beide Gleichungen nach F4 aufgelost undgleichgesetzt ergibt eine Gleichung fur F5:

I. F4 ¼ �SFnx � F5 cos a5

cos a4

II. F4 ¼ �SFny � F5 sin a5

sin a4

�SFnx sin a4 � F5 cos a5 sin a4 ¼¼ �SFny cos a4 � F5 sin a5 cos a4

F5ðcos a5 sin a4 � sin a5 cos a4Þ ¼¼ SFny cos a4 � SFnx sin a4

F5 ¼ SFny cos a4 � SFnx sin a4

cos a5 sin a4 � sin a5 cos a4

(SFny ¼ 6,24 N von Seite 25)

F5 ¼ 6,24 N � cos 15� � ð�10,08 NÞ � sin 15�cos 60� � sin 15� � sin 60� � cos 15�

F5 ¼ �12,21 N

Mit F5 kann nun F4 nach Gleichung I be-stimmt werden (Minus-Vorzeichen mitneh-men):

F4 ¼ �SFnx � F5 cos a5

cos a4

(SFnx ¼ �10,08 N von Seite 25)

F4 ¼ �ð�10,08 NÞ � ð�12,21 NÞ � cos 60�cos 15�

F4 ¼ 16,76 N

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung unbekannter Krafte:

Lageskizze mit allen gegebenen und gesuchten Kraften zeichnen, dabei denRichtungssinn der gesuchten Krafte nach der Richtungsregel annehmen.

1. Schritt

Gleichgewichtsbedingungen ansetzen (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0). 2. Schritt

Gleichungssystem auflosen und unbekannte Krafte berechnen. 3. Schritt

Bei negativem Betrag fur eine berechnete Kraft zum Schluss den angenom-menen Richtungssinn umkehren.

4. Schritt

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 29

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Lehrbeispiel: Rechnerische Bestimmung der Resultierenden Fr eines zentralen

Kraftesystems

Gegebene Krafte und Winkel nach Tabelle.

n Fn an Fnx ¼ Fn cos an Fny ¼ Fn sin an

1 20 N 20 � þ18,794 N þ 6,840 N

2 40 N 75 � þ10,353 N þ38,637 N

3 50 N 150 � �43,301 N þ25,0 N

4 80 N 270 � � �80,0 N

5 45 N 290 � þ15,391 N �42,286 N

6 35 N 350 � þ34,468 N � 6,078 N

Frx ¼ þ35,705 N Fry ¼ �57,886 N

III

II

IV

I

F1

� r

Fr

F6

F5F4

F2

F3

+x–x

–y

+y

Frx ¼ SFnx ¼ F1x þ F2x þ F3x þ . . .þ F6x ¼ þ35,705 NFry ¼ SFny ¼ F1y þ F2y þ F3y þ . . .þ F6y ¼ �57,886 N

Lageskizze

Nun kann Fr berechnet werden:

Fr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFrx 2 þ Fry 2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðþ35,705 NÞ2 þ ð�57,886 NÞ2

q¼ 68,01 N

Frx hat ein positives Vorzeichen, Fry ein negatives Vorzeichen. Damit liegt die Gleichung zur Berechnungdes Richtungswinkels ar fest:

ar ¼ 360 � � arctanjFry jjFrx j ¼ 360 � � arctan

57,866 N35,705 N

¼ 301,7 �

1 Statik in der Ebene30

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Lehrbeispiel: Zeichnerische Bestimmung der Resultierenden Fr eines zentralen

Kraftesystems

Gegebene Krafte und Winkel wie imvorhergehenden Lehrbeispiel:

Krafte Richtungs- spitzer Winkelwinkel a zur x-Achse

F1 ¼ 20 N a1 ¼ 20 � b1 ¼ 20 �

F2 ¼ 40 N a2 ¼ 75 � b2 ¼ 75 �

F3 ¼ 50 N a3 ¼ 150 � b3 ¼ 30 �

F4 ¼ 80 N a4 ¼ 270 � b4 ¼ 90 �

F5 ¼ 45 N a5 ¼ 290 � b5 ¼ 70 �

F6 ¼ 35 N a6 ¼ 350 � b6 ¼ 10 �

Losung:

Die Wirklinien der Krafte F1 . . . F6 werden unter den gegebenen Winkeln in den Lageplan eingezeichnet.Anschließend werden im Krafteplan durch Parallelverschiebung der Wirklinien die Krafte F1 . . . F6 in belie-biger Reihenfolge maßstabsgerecht aneinander gereiht. Die Resultierende Fr ist dann der Pfeil vom An-fangspunkt A der ersten Kraft zum Endpunkt E der letzten Kraft.

Lageplan Krafteplan

Kraftemaßstab:

MK ¼ 25Ncm

ð1 cm ¼b 25 NÞ

Ergebnis:

Fr ¼ 2,7 cm � 25 Ncm

¼ 67,5 Nbr ¼ 58 �

Damit sind die Resultierende Fr ¼ 67,5 N und br ¼ 58 � bestimmt und Fr kann in den Lageplan ubertragenwerden.

(Die Gleichgewichtskraft Fg ist gleich Fr, nur entgegengesetzt gerichtet.)

F3

F1

F6

F5

F4

F2

–x +x

–y

+y

�2

�6

�5

�4

� 3

�1

–y

–x +x

+y

Fr

Fg

WL 1

WL

2

WL 3

WL

4 WL

5

WL 6

�2

� 3

� 6� 5� r

�4

�1

F4 F1

Fr

F2

F3

F6

F5

A

E

� r

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 31

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1.2.4.4 Zeichnerische Ermittlung unbekannter Krafte (vierte Grundaufgabe),die zeichnerische Gleichgewichtsbedingung

�bung: Dieselben Gleichgewichtskrafte F4 undF5 wie in der vorhergehenden Aufgabe (dritteGrundaufgabe) sollen nun zeichnerisch ermitteltwerden (Betrag und Richtungssinn). Auch hiersind die Wirklinien bekannt: F4 und F5 schließenmit der positiven x-Achse die Winkel a4 ¼ 15�

und a5 ¼ 60� ein.

y

–y

F = 15 N1

�1

�4

�5

�3

�2

x–xA

F = 40 N2

F = 30 N3

Richtungswinkel:

�����

1

2

3

4

5

=

=

=

=

=

30°

135°

280°

15°

60°

WL von F4

WL

von

F 5

Aufgabenskizze

Voruberlegung: Ein Korper kann nur dann imGleichgewicht sein, wenn die Resultierende alleran ihm wirkenden Krafte gleich null ist. Das be-deutet, dass im Krafteplan Anfangspunkt und End-punkt des Kraftezuges zusammenfallen. Es ergibtsich ein geschlossener Kraftezug.

Losung: Wie in der zweiten Grundaufgabe wirdein Lageplan gezeichnet. Grundlage ist auch hierwieder ein rechtwinkliges Achsenkreuz, dessenSchnittpunkt der Zentralpunkt A des Kraftesystemsist. Durch diesen Punkt legt man die Wirklinienaller Krafte, also auch die Wirklinien der nochunbekannten Gleichgewichtskrafte F4 und F5.

WL von F1

WL

vonF

2

WL

von

F3

WL von F4

WL

von

F 5

F4

F5

Ax–x

–y

y

Lageplan mit allen Wirklinien

1 Statik in der Ebene32

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Fur den Krafteplan wird der Anfangspunkt A undder Kraftemaßstab festgelegt.

Man legt eine Parallele zu einer der Wirklinien derbekannten Krafte durch den Anfangspunkt A desKrafteplans und zeichnet dort die entsprechendeKraft mit der maßstabsgerechten Lange ein (z. B.F1). In gleicher Weise wird mit den ubrigen be-kannten Kraften verfahren, und man erhalt wiedereinen offenen Kraftezug von A nach E 0. Zur Wirk-linie einer der beiden unbekannten Krafte F4 oderF5 wird eine Parallele durch den Punkt E 0 desKrafteplans gelegt, die dort den Kraftezug fortset-zen soll.

Zur Wirklinie der anderen unbekannten Kraft wirdeine Parallele durch den Anfangspunkt A des Kraf-tezugs gezeichnet. Die beiden zuletzt gezeichnetenLinien schneiden sich in einem Punkt. Sie bildendadurch gemeinsam mit den gegebenen Kraftenein geschlossenes Krafteck.

F2

F3

F5

F1

F4

F6Fr

E �

A = E

„Einbahnverkehr“= Gleichgewicht!

KrafteplanKraftemaßstab:

MK ¼ 10N

cm

ð1 cm ¼b 10 NÞIst der Kraftezug F1, F2, F3 (in beliebigerReihenfolge) aufgezeichnet, kann er mit F4

(dunne Linie nach rechts oben) oder F5

(dicker Kraftpfeil nach links unten) fort-gesetzt werden. Die letzte noch verbleibendeKraft muss dann in den Anfangspunkt Azurucklaufen (Kraftpfeil F4 nach rechts obenoder dunne Linie nach links unten). Nur dannwird die Resultierende gleich null.

Der Schnittpunkt der Parallelen zu den Wirklinienvon F4 und F5 bestimmt im Krafteplan die Langeder Kraftpfeile F4 und F5. Mit Hilfe des Krafte-maßstabs werden die Betrage der beiden Krafteberechnet.

Gemessen wird:

F4 ¼ 1,66 cm � 10 N

cm¼ 16,6 N

F5 ¼ 1,25 cm � 10 N

cm¼ 12,5 N

Der Richtungssinn ergibt sich aus der Notwendig-keit, dass der fortlaufende Kraftezug in seinen An-fangspunkt zuruckkehrt. Alle Krafte mussen imSinn eines „Einbahnverkehrs“ aneinander gereihtwerden.

Ergebnis:

Um die Krafte F1, F2, F3 im Gleichgewichtzu halten, mussen auf ihren vorgegebenenWirklinien die Kraft F4 mit 16,6 N nach der„Einbahnverkehrs“-Regel nach rechts obenund die Kraft F5 mit 12,5 N nach links untenwirken.

Die zeichnerische Gleichgewichtsbedingung lautetalso:

Ein zentrales Kraftesystem ist im Gleich-gewicht, wenn sich das Krafteck schließt.

Hinweis: Diese Bedingung gilt auch fur all-gemeine Kraftesysteme, allerdings kommtdann noch eine weitere Bedingung hinzu:Neben dem Krafteck muss sich auch das Seil-eck schließen. Das Seileckverfahren wirdauf Seite 41 beschrieben.

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 33

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Nachuberlegung: Die in den Krafteplan einge-zeichnete Kraft Fr ist die Resultierende der KrafteF1 : : : 3. Die Kraft F6 ist diejenige Einzelkraft, mitder das Gleichgewicht hergestellt werden konnte.

Hinweis: Eigentlich war nur die Aufgabe zulosen, eine gegebene Kraft F6 in zwei Kom-ponenten mit gegebenen Wirklinien zu zer-legen.

Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung unbekannter Krafte:

Lageplan mit den Wirklinien aller Krafte einschließlich der unbekanntenwinkelgetreu in ein rechtwinkliges Achsenkreuz einzeichnen.

1. Schritt

Im Krafteplan die gegebenen Krafte maßstablich aneinander reihen. 2. Schritt

Die Wirklinie der einen unbekannten Kraft aus dem Lageplan parallel in denEndpunkt des Kraftezugs im Krafteplan verschieben, die der anderen unbe- 3. Schritt

kannten Kraft in den Anfangspunkt.

Betrage der unbekannten Krafte abmessen. 4. Schritt

Richtungssinn nach der „Einbahnverkehrs“-Regel festlegen. 5. Schritt

1 Statik in der Ebene34

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1.2.4.5 �bung zur dritten und vierten Grundaufgabe

In einer unsymmetrischen prismatischen Nut liegteine Walze. Sie wird in ihrem hochsten Punktmit einer vertikal wirkenden Kraft F1 ¼ 800 N be-lastet.

Die Stutzkrafte an ihren Auflagepunkten sollenzeichnerisch und rechnerisch ermittelt werden. DieGewichtskraft der Walze soll vernachlassigt wer-den.

F = 800 N1

Walze

� = 20°� = 50°

Aufgabenskizze

a) Zeichnerische Losung

Um alle auf die Walze wirkende Krafte zu erken-nen, muss sie freigemacht werden. Nach der Regel4 (Seite 14) wirken auf die Walze an den Auf-lagepunkten nur Radialkrafte.

Im Lageplan der freigemachten Walze mit den dreiKraften F1, F2 und F3 ist zu erkennen, dass derWalzenmittelpunkt als gemeinsamer Schnittpunktaller Wirklinien der Zentralpunkt des Kraftesys-tems ist.

1. Schritt

WL

3

WL

1

WL

2

F2

F1

F3

Lageplan

Aus den Kraften F1, F2 und F3 wird nun ein ge-schlossenes Krafteck gezeichnet und dazu imKrafteplan die bekannte Kraft F1 maßstablich undmit dem richtigen Richtungssinn eingetragen.

Durch Parallelverschiebung der Wirklinien derKrafte F2 und F3 aus dem Lageplan in den Krafte-plan wird das geschlossene Krafteck konstruiert.Dabei ergibt sich entweder das dick oder das dunnausgezogene Dreieck; beide sind richtig.

2. Schritt

„Einbahnverkehr“= Gleichgewicht!

(WL

2)

(WL

2)

F1

F2

F3

(WL

3)

(WL

3)

3. Schritt

Krafteplan mit geschlossenem Krafteck

Kraftemaßstab: MK ¼ 400N

cmð1 cm ¼b 400 NÞ

Aus der Lange der Kraftpfeile F2 und F3 werdenmit Hilfe des festgelegten Kraftemaßstabs die Be-trage der beiden Krafte berechnet.

Gemessen wird: 4. Schritt

F2 ¼ 1,65 cm � 400 N

cm¼ 660 N

F3 ¼ 0,72 cm � 400 N

cm¼ 288 N

Der Richtungssinn der Krafte F2 und F3 ergibt sichaus der Bedingung des fortlaufenden geschlosse-nen Kraftezugs („Einbahnverkehrs“-Regel).

Ergebnis: 5. Schritt

Die Stutzkraft am rechten Auflagepunktwirkt mit 660 N nach links oben, die am lin-ken mit 288 N nach rechts oben.

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 35

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b) Rechnerische Losung nach der analytischen Methode

Die Lageskizze der freigemachten Walze mit denangreifenden Kraften F1, F2 und F3 wird gezeich-net, die zugehorigen Richtungswinkel a1, a2 unda3 werden berechnet und in die Skizze einge-tragen.

1. SchrittF2 F3�

2�

3

� 1

F = 800 N1

Richtungswinkel:

���

1

2

3

=

=

=

270°

110°

40°

y

x

Nun werden die beiden rechnerischen Gleichge-wichtsbedingungen fur das zentrale Kraftesystemmit den Kraften aus der Lageskizze angesetzt.

2. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ F1 cos a1 þ F2 cos a2 þ F3 cos a3

II. SFy ¼ 0 ¼ F1 sin a1 þ F2 sin a2 þ F3 sin a3

Der Ansatz ergibt ein Gleichungssystem mit denbeiden Unbekannten F2 und F3, das nach den Re-geln der Gleichungslehre gelost wird, hier z. B.mit dem Gleichsetzungsverfahren.

3. Schritt

F3 ¼ �F1 cos a1 � F2 cos a2

cos a3¼ �F1 sin a1 � F2 sin a2

sin a3

�F1 cos a1 sin a3 � F2 cos a2 sin a3 ¼ �F1 sin a1 cos a3 � F2 sin a2 cos a3

F2 ðsina2 cos a3 � cos a2 sin a3Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}sin ða2 � a3Þ

¼ F1 ð cos a1 sin a3 � sin a1 cos a3Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}sin ða3 � a1Þ

F2 ¼ F1sin ða3 � a1Þsin ða2 � a3Þ ¼ 800 N � sin ð40

� � 270�Þsin ð110� � 40�Þ ¼ 652,17 N

F3 ¼ �F1 cos a1 � F2 cos a2

cos a3¼ �800 N � cos 270� � 652,17 N � cos 110�

cos 40�¼ 291,18 N

Da beide Krafte ein positives Ergebnis haben, warder angenommene Richtungssinn richtig.

4. Schritt

Die Kraft F2 wirkt nach links oben,

die Kraft F3 nach rechts oben.

1 Statik in der Ebene36

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c) Rechnerische Losung nach der trigonometrischen Methode

Ergeben sich bei der Losung von StatikaufgabenKraftecke in Dreiecksform, kann deren trigono-metrische Auswertung der einfachere Losungswegsein. Bei rechtwinkligen Kraft-Dreiecken reichendie Winkelfunktionen aus, bei schiefwinkligenKraft-Dreiecken, wie in der vorliegenden Aufgabe,sind daruber hinaus der Sinussatz oder der Kosi-nussatz erforderlich.

Hinweis: �ber die trigonometrische Auswer-tung von Kraft-Dreiecken beliebiger Formsollte eingehender im Fach Mathematik ge-sprochen werden, wenn die erforderlichen tri-gonometrischen Kenntnisse vorhanden sind.

Wie bei jeder Losung nach der trigonometrischenMethode wird auch hier zuerst eine unmaßstabli-che Krafteckskizze gezeichnet.

In diese werden alle Winkel sowie die Krafte alsSeitenlangen des Dreiecks eingetragen.

Der noch fehlende Winkel d ergibt sich hieraus der Bedingung, dass die Winkelsummebþ gþ d ¼ 180� betragen muss:d ¼ 180� � ðbþ gÞ ¼ 110�.

= 180° – ( + )

= 180° – (50° + 20°)

= 180° – 70° = 110°

� ��

� = 20°

� = 50°

F2

F1

F3

Krafteckskizze

Da alle drei Winkel und eine Seite des Dreiecksbekannt sind, konnen mit dem Sinussatz die bei-den noch fehlenden Seitenlangen berechnet wer-den. Das sind hier die Krafte F2 und F3.

F3

sin g¼ F2

sin b¼ F1

sin d

Sinussatz mitden Bezeich-nungen aus derKrafteckskizze

Aus der Gleichung F3=sin g ¼ F1=sin d erhaltman die noch unbekannte Kraft F3.

F3 ¼ F1sin g

sin d¼ 800 N � sin 20�

sin 110�¼ 291,18 N

Auf dem gleichen Weg erhalt man ausF2=sin b ¼ F1=sin d die noch fehlende Kraft F2.

F2 ¼ F1sin b

sin d¼ 800 N � sin 50�

sin 110�¼ 652,17 N

Der Richtungssinn der Krafte ergibt sich aus demUmfahrungssinn des Kraftecks („Einbahnver-kehr“).

Aufgaben Nr. 49–71

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 37

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1.2.5 Die vier Grundaufgaben der Statik im allgemeinen ebenen Kraftesystem

1.2.5.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden (funfte Grundaufgabe),der Momentensatz

�bung: Fur das in der Lageskizze dargestellteKraftesystem soll die Resultierende nach Betrag,Lage und Richtungssinn rechnerisch ermittelt wer-den. Die Wirklinien der Krafte liegen parallel, weildieser Fall die großere praktische Bedeutung hatund der Losungsgang ubersichtlicher wird. F = 15 N1

F = 40 N2

F = 10 N3

F = 20 N4

l = 0,5 m1

l = 0,3 m2

l = 0,2 m3

D

Voruberlegung: Betrag und Richtungswinkel derResultierenden werden auf dieselbe Weise berech-net wie in der ersten Grundaufgabe. Damit erhaltman zugleich Klarheit uber die Verschiebewirkungdes Kraftesystems.

Frx ¼ SFnx Fry ¼ SFny

Fr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFrx

2 þ Fry2

qbr ¼ arctan

jFryjjFrxj

Die Resultierende muss aber auch die gleicheDrehwirkung wie das Kraftesystem haben. Davonhangt ihre Lage ab. Diese Erkenntnis ist imMomentensatz festgelegt:

Das Kraftmoment Mr der Resultierenden, bezo-gen auf einen beliebigen Punkt D, ist gleich derSumme der Kraftmomente der Einzelkrafte inBezug auf denselben Punkt.

Fr

I0

D

Mr ¼ M1 þM2 þM3 þ . . .þMn

Frl0 ¼ F1l1 þ F2l2 þ F3l3 þ . . .þ Fnln

Momentensatz

Beachte: Vorzeichen entsprechend dem Dreh-sinn einsetzen (links þ, rechts �)

Losung: In eine unmaßstabliche Lageskizze wer-den alle gegebenen Krafte und alle bekannten Ab-standsmaße eingetragen. Fur den Momentensatzwird der Momentenbezugspunkt D festgelegt undzwar zweckmaßig auf der Wirklinie einer gegebe-nen Kraft, weil deren Kraftmoment dann null wirdund nicht in die Rechnung eingeht. Betrag undRichtungssinn der Resultierenden Fr lassen sichdann nach der Lageskizze berechnen.

Da hier alle Wirklinien parallel sind, braucht mannur die algebraische Summe aller Krafte zu er-mitteln.

l1

l2l3

F1F2

Fr

F3

F4

l0

D

Fr ¼ SFy ¼ �F1 � F2 þ F3 � F4

Fr ¼ �15 N� 40 Nþ 10 N� 20 N

Fr ¼ �65 N

Das Minuszeichen bedeutet hier:Fr wirkt nach unten

1 Statik in der Ebene38

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Erst dann wird die Resultierende mit dem ermittel-ten Richtungssinn in die Lageskizze eingetragen,und zwar auf einer Wirklinie, deren Lage manunter Berucksichtigung der gegebenen Krafte„nach Gefuhl“ annimmt (hier zwischen den Wirk-linien von F2 und F3).

Beachte: Die Festlegung der WL von Fr istwillkurlich; sie hatte hier auch rechts vomBezugspunkt D eingezeichnet werden kon-nen.

Die tatsachliche Lage der Resultierenden wird mitdem Momentensatz bestimmt. Der Bezugspunkt Dist auf der Wirklinie der Kraft F4 festgelegt. Dannwird das Kraftmoment der Kraft F4 gleich null,weil ihr Wirkabstand l4 gleich null ist.

þMr ¼ þM1 þM2 �M3 �M4

Frl0 ¼ F1l1 þ F2l2 � F3l3 � 0

Die Vorzeichen in der Ansatzgleichung (þ und �)kennzeichnen den Drehsinn der Kraftmomente,sie haben also nichts mit dem Richtungssinn derKrafte zu tun.

l0 ¼ F1l1 þ F2l2 � F3l3Fr

l0 ¼ 15 N � 0,5 mþ 40 N � 0,3 m� 10 N � 0,2 m

65 Nl0 ¼ 0,269 m

Ergibt sich der Abstand l0 positiv –– wie in diesemFall –– , dann ist die Wirklinie der Resultierendenrichtig in den Lageplan eingezeichnet. Ist er nega-tiv, liegt die Wirklinie im errechneten Abstand aufder anderen Seite des Bezugspunkts D.

Ergebnis:

Die Resultierende wirkt mit 65 N in einemAbstand von 0,269 m links vom Bezugs-punkt D rechtwinklig nach unten.

Arbeitsplan zum Momentensatz:

Lageskizze mit den gegebenen Kraften zeichnen. 1. Schritt

Resultierende und gegebenenfalls ihren Neigungswinkel berechnen. 2. Schritt

Resultierende in die Lageskizze einzeichnen (Lage der Wirklinie annehmen). 3. Schritt

Momentensatz aufstellen und die Gleichung nach l0 auflosen. 4. Schritt

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 39

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1.2.5.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden (sechste Grundaufgabe),das Seileckverfahren

�bung: Ein gegebenes allgemeines Kraftesystemsoll reduziert werden, d. h. seine Resultierende Fr

ist nach Betrag, Lage und Richtungssinn zu be-stimmen. Der nebenstehende maßstabliche Lage-plan enthalt auch die Krafte maßstabsgerecht, d. h.die Lange der Kraftpfeile entspricht den Betragender Krafte.

F1

F2

F3

F4

F5

Voruberlegung: Da die Wirklinien der Krafte kei-nen gemeinsamen Schnittpunkt haben, kann manauch nicht voraussagen, wo die Wirklinie derResultierenden liegt. Das ist neu gegenuber demzentralen Kraftesystem (siehe 1.2.4.2, Seite 26).

Es gibt zwei Losungsmoglichkeiten:

Hinweis: Ein allgemeines Kraftesystem hatkeinen Zentralpunkt.

a) Wiederholte Parallelogrammkonstruktion

Man fasst zwei Krafte maßstablich zu einer Zwi-schenresultierenden zusammen, diese wieder miteiner gunstig liegenden dritten Kraft zur nachstenZwischenresultierenden und so fort, bis samtlicheKrafte schrittweise durch Parallelogrammzeich-nungen erfasst sind und damit die Gesamtresultie-rende des Kraftesystems gefunden worden ist.

Im nebenstehenden Beispiel wurde F1 und F2 zurZwischenresultierenden Fr1,2 , diese dann mit F3

zur neuen Zwischenresultierenden Fr1,2,3 zusam-mengesetzt und so fort.

Man erhalt am Ende maßstablich den Betrag, denRichtungssinn und die Lage der Gesamtresultie-renden Fr.

Auch jede andere Reihenfolge wurde zum selbenErgebnis fuhren:

Die Reihenfolge der Krafte ist beliebig.

Das Verfahren ist umstandlich und versagt ganz,wenn die Krafte sich nicht auf der Zeichenebenezum Schnitt bringen lassen wie bei parallelen oderannahernd parallelen Kraften. Gerade dieser Fallkommt aber in der Technik haufig vor, so dassmeist das folgende Verfahren benutzt wird.

F1

F2

F3

F4

F5

Fr 1,2

F3

F4

F5

Fr 1,2

Fr 1,2,3

F4

F5

Fr 1,2,3

Fr 1,2,3,4

F5

Fr 1,2,3,4

FrWirklinie derGesamtresultierenden Fr

1 Statik in der Ebene40

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b) Das Seileckverfahren

�bung: Fur das dargestellte Kraftesystem soll dieResultierende Fr nach Betrag, Lage und Rich-tungssinn zeichnerisch ermittelt werden.

Die drei gegebenen Krafte F1 ¼ 55 N, F2 ¼ 25 Nund F3 ¼ 40 N sind im Lageplan maßstablichgezeichnet.

Lageplan

F = 55 N1

F = 25 N2

F = 40 N3

Losung: Aus dem Lageplan entwickelt sich in derbekannten Weise durch Parallelverschiebung derWirklinien der Krafte F1 . . .F3 der Krafteplan.Wie in der zweiten Grundaufgabe werden die dreiKrafte in beliebiger Reihenfolge maßstablich undrichtungsgemaß aneinander gereiht und die Resul-tierende Fr als Verbindungslinie vom Anfangs-punkt der ersten Kraft bis zum Endpunkt der letz-ten Kraft eingezeichnet.

Damit sind Betrag, Richtungssinn und Richtungs-winkel der Resultierenden bekannt. Ihre Lage kannaber nur im Lageplan bestimmt werden.

A

F1

F2 Fr

F3E

KrafteplanKraftemaßstab:

MK ¼ 25N

cm

ð1 cm ¼b 25 NÞ

Gemessen wird:Fr ¼ 4,5 cm; das entsprichteiner Kraft Fr ¼ 112,5 N,die nach unten gerichtet ist.

Der Kunstgriff beim Seileckverfahren bestehtdarin, dass man im Krafteplan jede Kraft in zweiKomponenten zerlegt, und zwar so, dass sich alleKomponenten in einem Punkt –– dem Pol P –– tref-fen. Dabei kann der Pol P beliebig gewahlt wer-den. Es wird

F1 zerlegt in die Komponenten S0 und S1,

F2 zerlegt in die Komponenten �S1 und S2,

F3 zerlegt in die Komponenten �S2 und S3.

Die Teilkrafte S1 und �S1, S2 und �S2 . . . sindjeweils gleich groß und gegensinnig. Sie hebensich also auf. Damit bleiben nur noch Anfangs-und Endkomponente S0 und S3 im Krafteplanubrig. Dies sind die Komponenten der Resultieren-den Fr.

In gleicher Weise geht man im Lageplan vor.

Pol P

S0–S1

–S2

S3

Fr

F3

F2

F1

S1

S2

ersetzt durchS und S0 1

ersetzt durch–S und S1 2

ersetzt durch–S und S2 3

Polstrahl

erweiterterKrafteplan

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 41

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Man zerlegt, ohne Berucksichtigung des Betrags,die Kraft

F1 wieder in S0 und S1 auf WL 1;F2 wieder in� S1 und S2 auf WL 2;F3 wieder in� S2 und S3 auf WL 3;

9=; ðRichtungenaus demKrafteplanÞ

und zwar so, dass die Wirklinien der KomponentenS1 und �S1 bzw. S2 und �S2 zusammenfallen. Zer-legungspunkt I ist beliebig, die folgenden ergebensich. Es heben sich also auch im Lageplan S1 und�S1, S2 und �S2 wieder auf. �brig bleiben nurnoch die Komponenten S0 und S3. Dies sind dieKomponenten der Resultierenden Fr (siehe Krafte-plan). Der Schnittpunkt ihrer Wirklinien muss einPunkt der Wirklinie der Resultierenden sein (S).Damit ist auch deren Lage am Korper bestimmt.

Die Krafte S0, S1, �S1, S2, . . . im Krafteplan wer-den als Polstrahlen bezeichnet, im Lageplan dage-gen als Seilstrahlen.

Bei der praktischen Arbeit mit dem Seileckverfah-ren zeichnet man Pol- und Seilstrahlen nur als ein-fache Gerade, also ohne Pfeile, und bezeichnet siemit 0, 1, 2, . . . (siehe Lehrbeispiel Seite 43).

Der Linienzug, gebildet durch die Schnittpunkteder Teilkrafte (I, II, III . . . ), heißt Seileck, weil einzwischen den Kraften ausgespanntes Seil imGleichgewicht ist und in den einzelnen Seil-abschnitten die Seilkrafte S0, S1 usw. auftreten.

WL

1

WL

2

WL

3

S1

S0 S2

Seilstrahl

WL

Fr

I

II

III

–S1

–S2

S3F1

ersetzt durchS und S0 1

F2ersetzt durch–S und S1 2

F3ersetzt durch–S und S2 3

S

S3 S0

Fr

von IIInach S verschoben von I

nach S verschoben

Ergebnis:

Die Resultierende wirkt mit 112,5 N auf dergefundenen Wirklinie nach unten.

Beachte: Zu jedem SeilstrahlenschnittpunktI, II, III . . . im Lageplan gehort ein Polstrah-lendreieck im Krafteplan. Es mussen immerdie richtigen Seilstrahlen auf der richtigenWirklinie zum Schnitt gebracht werden, alsoS0 und S1 auf WL1, �S1 und S2 auf WL2usw. Die zusammengehorigen Seilstrahlenzeigt der Krafteplan.

I

IIIII

F1 F3F2

Aufgaben Nr. 72–82

Arbeitsplan zum Seileckverfahren:

Lageplan des freigemachten Bauteils zeichnen. 1. Schritt

Einzelkrafte durch Krafteckzeichnung zu Fr vereinigen. 2. Schritt

Pol P beliebig wahlen und Polstrahlen im Krafteplan zeichnen. 3. Schritt

Seilstrahlen im Lageplan zeichnen (durch Parallelverschiebung der Pol-strahlen aus dem Krafteplan); Anfangspunkt I beliebig.

4. Schritt

Anfangs- und Endseilstrahl zum Schnitt bringen. 5. Schritt

Schnittpunkt S der Seilzugenden ergibt die Lage der WL von Fr im Lage-plan. Betrag und Richtungssinn zeigt der Krafteplan.

6. Schritt

1 Statik in der Ebene42

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Lehrbeispiel: Seileckverfahren, Zusammensetzung zweier Parallelkrafte

a) Die Krafte sind parallel, gleichsinnig, gleich groß:

Losung:1)

Fr ¼ F1 þ F2

Die Wirklinie der Resultierenden liegt aufhalbemAbstand zwischen den Kraften.

b) Die Krafte sind parallel, gleichsinnig, ungleich groß:

Losung:1)

Fr ¼ F1 þ F2

Die Wirklinie der Resultierenden teilt denAbstand l im umgekehrten Verhaltnis derKrafte F1 und F2.

c) Die Krafte sind parallel, gegensinnig, ungleich groß:

Losung:1)

Fr ¼ F1 � F2

Beachte:

Die Wirklinie der Resultierenden liegt nichtzwischenden beidenWirklinien von F1 und F2.

d) Die Krafte sind parallel, gegensinnig, gleich groß:

Losung:1)

Fr ¼ F1 � F2 ¼ 0

Die Zusammensetzung des Kraftepaars lie-fert keine Resultierende, sondern zweigleich große gegensinnig parallele Krafte(0 und 2) mit anderer Lage und anderemAbstand:

Ein Kraftepaar kann nur durch ein anderesersetzt und beliebig verschoben werden.

1) siehe auch: Arbeitsplan, Seite 42

l l

l

2 2

F1

Fr

WL

Fr

F2

0

1

2

F1

Fr F2

2

P1

0

l

l1 l2

WL

Fr

F1F1

FrFrF2

F2

2

2

P

1

1

0

0

ll1WL

Fr

F1

F1

Fr

Fr

F2

F2

P

0

2

1

0

1

2

l

l 1

F1

F1

F2F2 2 0

P

1

2

1neues Kräftepaar

0

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 43

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1.2.5.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Krafte (siebte Grundaufgabe),die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen

Die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen imallgemeinen Kraftesystem lauten:

I: SFx ¼ 0II: SFy ¼ 0III: SMðDÞ¼ 0

�bung: Ein Wanddrehkran wird an seinem Last-seil mit einer Kraft F ¼ 30 kN belastet.

Die Stutzkrafte im Halslager A und im Spurlager Bsollen berechnet werden.

Losung: In die (unmaßstabliche) Lageskizze desfreigemachten Wanddrehkrans werden alle auf denKorper einwirkenden Krafte eingezeichnet, auchdie noch unbekannten.

Man beginnt mit den nach Betrag, Wirklinie undRichtungssinn bekannten Kraften. Das ist hier nurdie lotrecht nach unten wirkende BelastungskraftF ¼ 30 kN.

Der Wanddrehkran wird durch ein Loslager (Hals-lager A) und ein Festlager (Halslager B) in seinerFunktionsstellung gehalten. Von der LoslagerkraftFA ist nur die Wirklinie bekannt (waagerecht, paral-lel zur x-Achse). Der Richtungssinn muss ange-nommen werden, z. B. in positiver x-Richtung(nach rechts) oder negativer (nach links). Dabeibietet es sich an, den Richtungssinn nach physi-kalischem Empfinden anzunehmen, hier also in ne-gativer x-Richtung (nach links). War der angenom-mene Richtungssinn falsch, zeigt sich bei derRechnung ein negativer Betrag. Dieser Fall wirdhier fur das Halslager A angenommen.

Fur die Festlagerkraft FB im Sprunglager B tragtman die Komponenten FBx und FBy (jeweils inpositiver Richtung) in die Lageskizze ein.

Bei der Rechnung weist dann ein negativer Betragauf den entgegengesetzten Richtungssinn hin.

Der Korper ist dann im Gleichgewicht, wenndie Summe aller Krafte (oder Komponenten)in Richtung der x-Achse gleich null ist, dieSumme aller Krafte (oder Komponenten) inRichtung der y-Achse gleich null ist und dieSumme aller Kraftmomente, bezogen aufeinen beliebigen Punkt D gleich null ist.

F = 30 kN

l=

3,6

m1

A

B

l = 3m2

Aufgabenskizze

FBx

FB FByD

x

y

Lager B

F

FA

FA

l2

Lager A

l 1

Lageskizze des freige-machten Drehkrans(mit nach Rechnungkorrigiertem Rich-tungssinn von FA)

1 Statik in der Ebene44

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Anhand der Lageskizze werden nun die Gleich-gewichtsbedingungen aufgestellt. Man erhalt einGleichungssystem mit den drei Unbekannten FA,FBx und FBy, das mit den Regeln der Gleichungs-lehre schrittweise nach diesen Großen aufgelostwird.

Beachte: Auch gegen die (richtige) Vorstel-lung FA wirkt nach links, bleibt es bei derRegel: positives Vorzeichen annehmen.

I: SFx ¼ 0 ¼ FA þ FBx

II: SFy ¼ 0 ¼ �F þ FBy

III: SMðDÞ ¼ 0 ¼ �FAl1 � Fl2

Das negative Vorzeichen bei FA ¼ �25 kN zeigt,dass FA nicht nach rechts, sondern nach linkswirkt. Das negative Vorzeichen (�25 kN) wirdbeibehalten. Es ergibt sich richtig FBx ¼ þ25 kN.

III: FA ¼ �Fl2l1

¼ �30 kN � 3 m

3,6 m¼ �25 kN

I: FBx ¼�FA ¼�ð�25 kNÞ ¼ 25 kNII: FBy ¼ F ¼ 30 kN

Den Momentenbezugspunkt D fur Gleichung IIIlegt man in den Schnittpunkt moglichst vielerunbekannter Krafte. Dadurch haben diese Kraftekeine Drehwirkung und erscheinen nicht in derMomentengleichgewichtsbedingung. In den meis-ten Fallen enthalt dann diese Gleichung nur eineUnbekannte, die sofort berechnet werden kann:Die Momentengleichung (III) ist meist der Schlus-sel zur Losung. Wichtig ist außerdem die Erkennt-nis, dass auch jeder Punkt außerhalb der Bauteileals Bezugspunkt benutzt werden kann, wenndadurch die Rechnungen einfacher werden.

Ergibt sich eine negative Kraft (d. h. mitMinus-Vorzeichen), wie hier die Kraft FA,dann bedeutet das, dass sie dem angenom-menen Richtungssinn entgegen wirkt. DieKrafte FBx und FBy ergeben sich aus derRechnung positiv (d. h. mit Plus-Vorzeichen).Das bedeutet, dass in der Lageskizze ihrRichtungssinn richtig angenommen wurde.

Beachte: Das Minus-Zeichen bei der KraftFA muss bei der weiteren Auflosung desGleichungssystems mitgefuhrt werden.

Aus den Komponenten FBx und FBy berechnetman die Stutzkraft FB als Resultierende wie in derersten Grundaufgabe. Falls erforderlich, wird derRichtungswinkel ihrer Wirklinie uber die Tangens-funktion ermittelt.

FB ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFBx

2 þ FBy2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið25 kNÞ2 þ ð30 kNÞ2

qFB ¼ 39,051 kN

a ¼ arctanjFByjjFBxj ¼ arctan

30 kN

25 kN¼ 50,2�

Ergebnis: Im Lager A wirkt eine Kraft von 25 kNnach links, im Lager B eine Kraft von 39 kN nachrechts oben.

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung unbekannter Krafte:

Lageskizze des freigemachten Bauteils mit allen Kraften zeichnen;Richtungssinn der unbekannten Krafte nach der Richtungsregel(Seite 28) annehmen.

1. Schritt

Gleichgewichtsbedingungen aufstellen und auswerten. 2. Schritt

Falls erforderlich, Richtungssinn der unbekannten Krafte in der Lageskizzekorrigieren.

3. Schritt

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 45

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Nachtrag: Dieselbe Aufgabe kann auch nach fol-gender Methode gelost werden. Zur Erlauterungwird die Lageskizze ubernommen. Die Loslager-kraft FA ist jetzt mit tatsachlichem Richtungssinneingezeichnet (linksdrehend).

Zur Erinnerung: Die beiden gesuchten Lager-krafte FA und FB wurden mit den beiden Kraft-und einer Momentengleichgewichtsbedingung be-rechnet (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM( ) ¼ 0).

Jetzt wird gezeigt, dass die Auswertung einesGleichungssystems mit drei Momentengleichge-wichtsbedingungen um drei Bezugspunkte zu den-selben Ergebnissen fuhrt.

Die Bezugspunkte wahlt man so aus, dass sie mitLangenmaßen leicht beschreibbar sind und nichtauf einer Geraden liegen, z. B. nach der Lageskiz-ze mit SM(I) ¼ 0, SM(II) ¼ 0, SM(III) ¼ 0.

Gleichungssysteme dieser Art werden als statischaquivalent bezeichnet.

Damit steht ein weiteres rechnerisches Gleichungs-system zur Bestimmung unbekannter Gleichge-wichtskrafte zur Verfugung:

I

II III

x

y

F

l 1

l2

FA

FBx

FBy

Gegeben:F ¼ 30 kNl1 ¼ 3,6 ml2 ¼ 3 m

Lageskizze

I: SMðIÞ ¼ 0 ¼ FAl1 � Fl2

II: SMðIIÞ ¼ 0 ¼ FBxl1 � Fl2

III: SMðIIIÞ ¼ 0 ¼ FBxl1 � FByl2

I: FA ¼ Fl2l1

¼ 30 kN � 3 m

3,6 m¼ 25 kN

II: FBx ¼ Fl2l1

¼ 30 kN � 3 m

3,6 m¼ 25 kN

III: FBy ¼ FBxl1l2

¼ 25 kN � 3,6 m

3 m¼ 30 kN

Hinweis: Auf diese Weise berechnet manbeim Ritter’schen Schnittverfahren unbe-kannte Stabkrafte in Fachwerken (Seite 73).

Ein Korper befindet sich auch dann im Gleichgewicht, wenn die Summe aller einwirkendenKraftmomente auf drei beliebige Punkte gleich null ist.Einschrankung: Die ausgewahlten Punkte durfen nicht auf einer Geraden liegen (Geraden-regel).

Zur Geradenregel: Mit der Bedingung SM(I) ¼ 0 ist fur eine beliebige ebene Kraftegruppenoch kein Gleichgewicht sichergestellt, weil eine durch den Bezugspunkt (I) selbst wirkendeResultierende den Korper in Kraftrichtung verschiebt. Gleiches gilt fur SM(II) ¼ 0 undSM(III) ¼ 0; hier wird eine durch (I und II) wirkende Resultierende nicht erfasst. Erst wenn diedrei gewahlten Bezugspunkte keine gemeinsame Gerade haben, ist Gleichgewicht erreicht undes konnen unbekannte Gleichgewichtskrafte berechnet werden.

1.2.5.4 �bung zur Stutzkraftberechnung

Der skizzierte federbelastete Winkelhebel wirdvon einem Festlager (zweiwertig) und einem Los-lager (einwertig) im Ruhezustand gehalten. In dergezeichneten Hebelstellung betragt die Spannkraftder Zugfeder F ¼ 1 kN.

Mit Hilfe der drei rechnerischen Gleichgewichts-bedingungen sollen die Stutzkrafte in den beidenLagerpunkten ermittelt werden.

Festlager

F

Loslager

l2

l1

l 3

Aufgabenskizze

1 Statik in der Ebene46

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Die Lageskizze wird mit allen am Winkelhebelangreifenden Kraften und deren Komponentenin x- und y-Richtung gezeichnet. Das sind Be-lastungskraft F mit Fx ¼ F cos a und

Fy ¼ F sin a

Loslagerkraft FL mit FLx ¼ FL sin b und

FLy ¼ FL cos b

Festlagerkraft FF mit FFx ¼ FF cos g und

FFy ¼ FF sin g.

F sin�F

y

x

F cos�F sinF �

F cosF �

l2

l1

F sinL �

F cosL � FL�

FF

l 3

D

Lageskizze

Die Loslagerkraft FL wirkt als Normalkraft recht-winklig zur Stutzflache des Loslagers. Damit liegtder Richtungssinn durch die Loslagerkonstruktionfest.

Der Richtungssinn der Festlagerkraft FF ist nichtbekannt und wird nach der Richtungsregel vonSeite 28 festgelegt (Annahme hier: FF wirkt imersten Quadranten, also nach rechts oben).

Gegeben:

F ¼ 1 kN, a ¼ 20�, b ¼ 50�

l1 ¼ 120 mm, l2 ¼ 40 mm

l3 ¼ 30 mm

Mit den Bezeichnungen aus der Lageskizze wer-den nun die drei Gleichgewichtsbedingungen auf-gestellt. Der Drehpunkt D fur den Ansatz der Mo-mentengleichgewichtsbedingung wird wieder inden Festlagerpunkt D gelegt, weil Gleichung IIIdann nur eine Unbekannte enthalt (FL).

I: SFx ¼ 0 ¼ F cos a� FL sin bþ FF cos g

II: SFy ¼ 0 ¼ F sin aþ FL cos bþ FF sin g

III: SMðDÞ¼ 0 ¼ F sin al2 � F cos al3 þ FL cos bl1

Aus der MomentengleichgewichtsbedingungSMðDÞ ¼ 0 erhalt man den Betrag der Loslager-kraft FL ¼ 188,1 N.

FL ¼ Fðl3 cos a� l2 sin aÞl1 cos b

¼ 188,1 N

Die beiden KraftegleichgewichtsbedingungenSFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 lost man nachFFx ¼ FF cos g und FFy ¼ FF sin g auf und be-rechnet diese Komponenten der Festlagerkraft.

Die Rechnung ergibt fur beide KraftkomponentenFFx und FFy das negative Vorzeichen und zeigt da-mit, dass der Richtungssinn der Festlagerkraft FF

falsch angenommen wurde.

I: FF cos g ¼ �F cos aþ FL sin b ¼ FFx

FFx ¼ �1 000 N � cos 20� þ 188,1 N � sin 50�FFx ¼ �795,6 N (falsche Richtungsannahme)

II. FF sin g ¼ �F sin a� FL cos b ¼ FFy

FFy ¼ �ð1 000 N � sin 20� þ 188,1 N � cos 50�ÞFFy ¼ �462,9 N (falsche Richtungsannahme)

Die Komponenten FFx und FFy stehen rechtwinkligaufeinander, so dass mit dem Satz des Pythagorasder Betrag der Festlagerkraft FF berechnet werdenkann.

Die Lageskizze zeigt, dass der Winkel g aus demrechtwinkligen Dreieck mit den Komponenten FFx

und FFy uber die Arcus-Tangensfunktion berechnetwerden kann.

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFFx

2 þ FFy2

qFF ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið795,6 NÞ2 þ ð462,9 NÞ2

qFF ¼ 920,5 N

g ¼ arctanjFFyjjFFxj ¼ arctan

462,9 N

795,6 N

g ¼ 30,19�

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 47

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1.2.5.5 Zeichnerische Ermittlung von unbekannten Kraften (achte Grundaufgabe),die zeichnerischen Gleichgewichtsbedingungen

Fur diese Aufgabe stehen zwei Losungsverfahrenzur Verfugung.

Hinweis: Fur alle Verfahren mussen wiederein Lageplan und ein Krafteplan maßstablichgezeichnet werden.

a) Das 3-Krafte-Verfahren (Gleichgewicht von 3 nicht parallelen Kraften)

Drei nicht parallele Krafte sind im Gleichge-wicht, wenn sich die Wirklinien der Krafte ineinem Punkt schneiden und das Krafteck sichschließt.

Hinweis: Das 3-Krafte-Verfahren ist nichtanwendbar bei parallelen Wirklinien. Dannbleibt allein die rechnerische Losung (sieheSeite 44).

�bung: Ein Wanddrehkran wird an seinem Last-seil mit einer Kraft F ¼ 30 kN belastet. Er hatoben ein einwertiges Halslager A und unten einzweiwertiges Spurlager B.

Die Krafte FA und FB in diesen beiden Lagern sol-len zeichnerisch ermittelt werden.

Voruberlegung: Im Lageplan des Wanddrehkra-nes erkennt man die Krafte:

l = 3 m2

A

B

F = 30 kN

l=

3,6

m1 Aufgabenskizze

Belastung F:

Betrag, Wirklinie und Richtungssinn sind bekannt;

Halslagerkraft FA:

Betrag unbekannt, Wirklinie bekannt (einwertigesLager), Richtungssinn angenommen;

Spurlagerkraft FB:

Betrag, Wirklinie und Richtungssinn unbekannt(zweiwertiges Lager); FB wird zunachst durch dieKomponenten FBx und FBy ersetzt und mit ange-nommenem Richtungssinn eingezeichnet.

FA WL F , bekanntA

WL

F,

bekannt

WL F ist noch unbekanntBFBx

FBy

?

?

?

l2

l 1

F

Lageplan

Ist die Wirklinie von FB nicht bekannt, kann keinKrafteplan gezeichnet werden. Dann lassen sichauch die Betrage von FA und FB nicht ermitteln.Zuerst muss man die Wirklinie von FB finden.

1 Statik in der Ebene48

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Werden gedanklich die Krafte FA und F, derenWirklinien bekannt sind, zur Resultierenden Fr

zusammengefasst, hat man es wieder mit nur zweiKraften zu tun. Angriffspunkt der ResultierendenFr ist der Punkt S, der Schnittpunkt der Wirkliniender Krafte FA und F. Die Resultierende Fr kannmit der Lagerkraft FB nur dann im Gleichgewichtstehen, wenn beide Krafte auf gleicher Wirklinieliegen und ihr Krafteck geschlossen wird. Alsomuss die Wirklinie der Lagerkraft FB ebenfallsdurch den Punkt S gehen.

FA

S

Fr

Fr

F

(Lager A)

Krafteck

(Lager B)

FB

FB

ist der gemeinsame

Schnittpunkt der

Kräfte F, F und FA B

gem

eins

ame

WL

von

Fun

dF

r

B

Losung: Wie bei jeder zeichnerischen Losungwird erst der Lageplan mit allen bekannten Wirk-linien maßstablich aufgezeichnet. Nach der Vor-uberlegung wird im Lageplan die Wirklinie derSpurlagerkraft FB festgelegt. Dazu bringt man dieWirklinien der Krafte F und FA zum Schnitt. IhrSchnittpunkt S ist ein Punkt der Wirklinie von FB.Der andere Punkt ist der Lagerpunkt B selbst. EineGerade, durch die Punkte B und S gelegt, muss dieWirklinie der Spurlagerkraft FB sein.

FA WL FA

WL

F B

WL

F

F

S

B

FB

Lageplan

Langenmaßstab: ML ¼ 1,5m

cm

ð1 cm ¼b 1,5 mÞ

Nachdem nun alle Wirklinien bekannt sind, wirdder Krafteplan gezeichnet. Man legt den Krafte-maßstab fest und verschiebt zuerst die gegebeneKraft F parallel aus dem Lageplan. Dann wird dasKrafteck mit den parallel verschobenen Kraften FA

und FB auf genau die gleiche Weise geschlossenwie bei der vierten Grundaufgabe (Seite 32).

Aus der Lange der Kraftpfeile werden wieder mitHilfe des Kraftemaßstabs die Betrage der KrafteFA und FB berechnet. Dasselbe gilt fur die Kom-ponenten FBx und FBy der Spurlagerkraft.

Der Richtungssinn der gesuchten Krafte ergibt sichaus dem Umfahrungssinn des Kraftecks nach der„Einbahnverkehrs“-Regel. Den Neigungswinkelder Spurlagerkraft entnimmt man dem Lageplanoder dem Krafteplan.

Zum Schluss wird der Richtungssinn der gefunde-nen Krafte in den Lageplan ubertragen.

FB

FA

FBy

FBxF

„Einbahnverkehr“= Gleichgewicht

Krafteplan

Kraftemaßstab:

MK ¼ 15kN

cm

ð1 cm ¼b 15 kNÞ

Gemessen wird:

FA ¼ 1,7 cm � 15 kNcm

¼ 25,5 kN

FB ¼ 2,6 cm � 15 kNcm

¼ 39 kN

Ergebnis:

Um Gleichgewicht zu erreichen, muss imHalslager eine Kraft von 25,5 kN waagerechtnach links, im Spurlager eine Kraft von39 kN nach rechts oben wirken.

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 49

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Aufgaben Nr. 83–116

b) Das 4-Krafte-Verfahren (Gleichgewicht von 4 nicht parallelen Kraften)

Vier nicht parallele Krafte sind im Gleichge-wicht, wenn die Resultierende je zweier Krafteeine gemeinsame Wirklinie haben –– die Cul-mann’sche Gerade –– und das Krafteck sichschließt.

Hinweis: Das 4-Krafte-Verfahren ist nichtanwendbar bei mehr als zwei parallelen Kraf-ten. Dann bleibt nur die rechnerische Losung(siehe Seite 44).

�bung: Ein gerader Stab hat an seinen beidenEnden zwei frei drehbare Rollen A und B, die sichan einer vertikalen und einer abwarts geneigtenFlache reibungsfrei abstutzen. Der Stab wurdedurch die Kraft F1 ¼ 50 N nach unten verschobenwerden, wenn ihn nicht die waagerecht gespannteZugfeder in der skizzierten Ruhelage festhielte.Die Federkraft F2 und die Stutzkrafte FA, FB anden Rollen sollen zeichnerisch ermittelt werden.

Voruberlegung: Der Lageplan des freigemachtenRollstabs zeigt die Krafte:

Belastung F1: Betrag, Wirklinie und Richtungssinnsind bekannt;

Federkraft F2: Betrag unbekannt, Wirklinie undRichtungssinn bekannt (Zugfeder ubertragt nurZugkrafte in Spannrichtung);

Stutzkraft FA: Betrag unbekannt, Wirklinie undRichtungssinn bekannt (Rollkorper);

Stutzkraft FB: Betrag unbekannt, Wirklinie undRichtungssinn bekannt (Rollkorper).

0,4 m

0,2

m0,2

m0

,2m

0,6

m

F = 50 N1

Zugfeder

Rolle B

Rolle A

15°

Aufgabenskizze

FA

WL F , bekannt2

WL

F,bekannt

1

WL

F,bekannt

B

WL F , bekanntA

F2

FB

F1

Lageplan

Arbeitsplan zum 3-Krafte-Verfahren:

Lageplan mit freigemachtem Bauteil zeichnen und darin Wirklinien derBelastung und der einwertigen Lagerkraft festlegen.

1. Schritt

Bekannte Wirklinien zum Schnitt S bringen. 2. Schritt

Schnittpunkt S mit zweiwertigem Lagerpunkt verbinden; damit sind alleWirklinien bekannt.

3. Schritt

Krafteck mit einer bekannten Kraft beginnen und mit den unbekannten Kraf-ten schließen. Richtungssinn in den Lageplan ubertragen.

4. Schritt

1 Statik in der Ebene50

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Es wirken also vier Krafte mit bekannten Wirk-linien und bekanntem Richtungssinn. Fur drei vonihnen mussen nur noch die Betrage ermitteltwerden.

Werden nun wieder (wie beim 3-Krafte-Verfahren)gedanklich je zwei Krafte zu einer Resultierendenzusammengefasst, z. B. die Krafte F1 und FA zuFr1,A und die Krafte F2 und FB zu Fr2,B, hat manes wiederum mit nur zwei Kraften zu tun. Diesebeiden Resultierenden konnen nur im Gleich-gewicht stehen, wenn sie eine gemeinsame Wirk-linie haben. Das kann aber nur die Verbindungs-gerade der beiden Schnittpunkte I und II sein.

(Rolle A) FA

F1

Fr1,A

Fr1,A

FB

Culm

annscheG

erade

Fr2,B

Fr2,B

F2

I

(Rolle B)

Krafteck

II

(Rollstab)

Die auf der gemeinsamen Culmann’schen Geradenwirkenden Resultierenden Fr1,A und Fr2,B mussennaturlich wieder ein geschlossenes Krafteck erge-ben.

Welche beiden Krafte jeweils zu ihrer Resultieren-den zusammengefasst werden, ist gleichgultig.Man kann z. B. auch die Krafte F1 und F2 zurResultierenden Fr1,2 und FA und FB zur Resultie-renden FrA;B zusammenfassen. Das ergibt dannzwar eine andere Lage der Culmann’schen Gera-den und ein anderes Krafteck der beiden Resul-tierenden, das Ergebnis wird aber hierdurch nichtbeeinflusst. Voraussetzung fur die Anwendbarkeitdes 4-Krafte-Verfahrens ist nur, dass alle vierWirklinien bekannt sind.

(Rolle A)

(Rolle B)

(Rollstab)I �

II �

Cul

man

nsch

eG

erad

e

F2

Fr1,2Fr1,2

FB FrA,B

FrA,B

FA

F1

Krafteck

Losung: Man zeichnet im maßstablichen Lage-plan des Rollstabs die Wirklinie der gegebenenKraft F1 ein. Nach den Regeln fur das Freimachender Bauteile (hier Regeln 1 und 4, Seite 12 und 14)werden die Wirklinien der noch unbekanntenGleichgewichtskrafte F2, FA und FB ermittelt undebenfalls in den Lageplan eingetragen. Dannbringt man je zwei Wirklinien miteinander zumSchnitt, z. B. F1 und FA im Schnittpunkt I und F2

und FB im Schnittpunkt II. Jetzt wird die Cul-mann’sche Gerade als Verbindungslinie der beidenSchnittpunkte eingezeichnet. Sie ist die gemein-same Wirklinie der beiden Teilresultierenden Fr1,A

und Fr2,B.

Lageplan

Langenmaßstab:

ML ¼ 0,2m

cm

ð1 cm ¼b 0,2 mÞFA WL FA

WL

F1

WL F2

WL

FBF1

I

IIF2

FB

Culm

annscheG

erade

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 51

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Im Krafteplan wird zuerst die gegebene Kraft F1

maßstablich und richtungsgemaß gezeichnet. Dannubertragt man die Culmann’sche Gerade vom La-ge- in den Krafteplan, lasst sie durch Anfangs-oder Endpunkt von F1 laufen und schließt diesesKrafteck durch die zugehorige Kraft FA. DasKrafteck zeigt die Krafte F1, FA und ihre Teilresul-tierende Fr1,A. Die gleichgroße TeilresultierendeFr2,B hat entgegengesetzten Richtungssinn. Ausihr und den parallel verschobenen Kraften F2 undFB wird das zweite Teilkrafteck als Zerlegungs-dreieck gebildet. Damit ist der Kraftezug aus F1,F2, FB und FA geschlossen.

„Einbahnverkehr“= Gleichgewicht

FB

FA

Fr2,B

F1

F2

Fr1,A

Krafteplan

Kraftemaßstab:

MK ¼ 20N

cmð1 cm ¼b 20 NÞ

Aus der Lange der Kraftpfeile werden dann mitHilfe des Kraftemaßstabes die Betrage der Gleich-gewichtskrafte berechnet.

Gemessen wird:

F2 ¼ 2,65 cm � 20 N

cm¼ 53 N

FA ¼ 1,95 cm � 20 N

cm¼ 39 N

FB ¼ 2,6 cm � 20 N

cm¼ 52 N

Den Richtungssinn der Krafte F2, FB und FA findetman aus der Bedingung des fortlaufenden Krafte-zugs, d. h. der Umfahrungssinn beim Einzeichnender Pfeilspitzen muss, von F1 ausgehend, beibehal-ten werden („Einbahnverkehr“).

Ergebnis:

Um Gleichgewicht zu erreichen, muss dieFeder mit 53 N nach links ziehen. An derRolle Awirkt die Stutzkraft FA mit 39 N nachrechts und an der Rolle B die Stutzkraft FB

mit 52 N nach rechts oben.

Aufgaben Nr. 117–136

Arbeitsplan zum 4-Krafte-Verfahren:

Lageplan des freigemachten Bauteils zeichnen und darin die Wirklinien derBelastung und der Stutzkrafte festlegen.

1. Schritt

Wirklinien von je zwei Kraften zum Schnitt bringen. 2. Schritt

Gefundene Schnittpunkte zur Wirklinie der beiden Teilresultierenden(¼ Culmann’sche Gerade) verbinden.

3. Schritt

Krafteplan mit der nach Betrag, Lage und Richtungssinn bekannten Kraftanfangen.

4. Schritt

Krafteplan mit der Culmann’schen Geraden und den Wirklinien der anderenKrafte schließen.

5. Schritt

Beachte: Die Krafte eines Schnittpunkts im Lageplan ergeben ein Teil-Dreieckim Krafteplan.

1 Statik in der Ebene52

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1.2.6 Systemanalytisches Losungsverfahren zur Stutzkraftberechnung

Dieser Abschnitt sollte erst dann bearbeitet werden, wenn die rechnerische Ermittlung vonStutzkraften an zweifach gelagerten Bauteilen sicher beherrscht wird. Die Lehrinhalte diesesLosungsverfahrens zur Stutzkraftberechnung eignen sich gut fur ein abschließendes Statik-Pro-jekt mit Gruppenarbeit.

Die Bezeichnung „systemanalytisch“ soll darauf hinweisen, dass Krafte und geometrischeGroßen in einem rechtwinkligen Achsenkreuz erfasst und mathematisch allgemein gultig ver-arbeitet werden.

Mit den drei rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 und SM ¼ 0 sollein Gleichungssystem entwickelt werden, mit dem die Stutzkrafte (Fest- und Loslagerkrafte)bei beliebiger Lageranordnung „automatisiert“ berechnet werden konnen. Fur die Anzahl derBelastungskrafte F gibt es keine Beschrankung, auch nicht fur ihre Lage zueinander. Voraus-gesetzt wird nur, dass die Korper (Trager, Kran, Hebel usw.) durch ein Festlager und ein Los-lager gehalten werden, wie der Winkelhebel in der vorhergehenden Aufgabe.

Gleichungssysteme dieser Art sind Bausteine fur die Entwicklung von Rechnerprogrammen,die der Techniker fur seine Arbeit in der Praxis erstellen kann.

1.2.6.1 Herleitung der Systemgleichungen

Das gesuchte Gleichungssystem soll am Winkel-hebel aus der vorhergehenden �bungsaufgabe ent-wickelt werden. Dann stehen Vergleichsdaten zurVerfugung.

�bung: Neben der Bemaßung des Hebels ist dieBelastungskraft F1 mit dem Richtungswinkel a1

gegeben. Zu berechnen sind: Festlagerkraft FF undderen Komponenten FFx, FFy und die LoslagerkraftFL. Wichtig ist noch die Erkenntnis, dass bei allenAufgaben dieser Art der Richtungswinkel aL derLoslagerkraft FL bekannt sein muss: Die Loslager-kraft FL steht immer rechtwinklig auf der Auf-lagerflache (siehe Seite 15).

Festlager

F1 �1

Loslager

l2

l1

l 3

Aufgabenskizze

Gegeben:

F1 ¼ 1 kN, a1 ¼ 20�, b ¼ 50�

l1 ¼ 120 mm, l2 ¼ 40 mm

l3 ¼ 30 mm

Losung: Die Lageskizze des freigemachten Win-kelhebels wird in den ersten Quadranten einesrechtwinkligen Achsenkreuzes eingezeichnet.

Aus den gegebenen Maßen lassen sich die Koor-dinaten der Kraftangriffspunkte berechnen: x1 undy1 fur die Kraft F1, xF und yF fur den Festlager-punkt PF und xL, yL fur den Loslagerpunkt PL.Alle gegebenen Großen werden in einer Tabellezusammengefasst.

y I. QuadrantF1

�1

�L

F1y

Pn F1x

y1 FL

PL�

y=

yF

L

PF

FFyFFx

xF x1

xL

x

Lageskizze

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 53

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Tabelle der gegebenen Großen (Index n steht fur 1, 2, 3, usw.)

Als erstes werden die Gleichungen fur die Mo-mente M der gegebenen Kraft F1 in Bezug auf denFestlagerpunkt PF ermittelt.

Diese Gleichungen sollen fur beliebig viele ge-gebene Krafte Fn mit beliebigen Richtungswin-keln an zwischen 0� und 360� gelten, ebenso furbeliebig geformte Bauteile, d. h. fur beliebigeLagen der Kraftangriffspunkte Pn.

Dazu wird nach dem Lageschema der Festlager-punkt PF in den Ursprung eines rechtwinkligenAchsenkreuzes mit den vier Quadranten gelegt.

y

Fn

Fn

Fn

Fn

Pn

Pn Pn

Pn

xn

F sinn n�

F cosn n�

PF (Momenten-drehpunkt)

�n

�n

�n

�n

yF

yn

III

III IV

x

xF

x > xy > y

n F

n F

x < xy > y

n F

n F

x < xy < y

n F

n F

x > xy < y

n F

n F

Lageschema fur die Kraftangriffspunkte Pn,bezogen auf den Momentendrehpunkt (Fest-lagerpunkt PF).

Die Untersuchung, die gut in Gruppenselbstarbeitdurchfuhrbar ist, fuhrt zu dem folgenden Glei-chungssystem in Abhangigkeit von der jeweiligenKoordinatenbedingung:

Beachte:Damit der Klammerausdruck fur dieKoordinatendifferenz in den folgenden Glei-chungen immer einen positivenWert hat, wirder in Betragsstriche gesetzt. Es wird also immermit dem Absolutwert der Differenz gerechnet.

Fur Krafte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezugauf den Momentendrehpunkt PF im ersten Qua-dranten liegt, gilt Gleichung (I):

Mxn ¼ �Fn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ þFn sin an jðxn � xFÞj

(I)

Gilt fur xn � xF und yn � yF(Koordinatenbedingung)

Fur Krafte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezugauf den Momentendrehpunkt PF im zweiten Qua-dranten liegt, gilt Gleichung (II):

Mxn ¼ �Fn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ �Fn sin an jðxn � xFÞj

(II)

Gilt fur xn < xF und yn � yF(Koordinatenbedingung)

n Fn in N an in � xn in mm yn in mm Koordinaten des xF ¼ 0

1

2

3

4

5 |fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl

fflfflffl} 1000

. . .

Zeilen fur mehr als eine gegebene Kraft,

z. B. bei n ¼ 5 fur F1, F2, F3, F4, F5

. . .

20

. . .

. . .

40

. . .

. . .

30

. . .

. . .

Festlagerpunkts yF ¼ 0

Koordinaten desLoslagerpunkts

xL ¼ 120 mmyL ¼ 0

Richtungswinkelder Loslagerkraft FL

aL ¼ 140�

1 Statik in der Ebene54

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Fur Krafte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezugauf den Momentendrehpunkt PF im dritten Qua-dranten liegt, gilt Gleichung (III):

Mxn ¼ þFn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ �Fn sin an jðxn � xFÞj

(III)

Gilt fur xn < xF und yn < yF(Koordinatenbedingung)

Fur Krafte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezugauf den Momentendrehpunkt PF im vierten Qua-dranten liegt, gilt Gleichung (IV):

Mxn ¼ þFn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ þFn sin an jðxn � xFÞj

(IV)

Gilt fur xn � xF und yn < yF(Koordinatenbedingung)

Zur Losung einer Aufgabe ist zuerst die zutreffen-de Koordinatenbedingung herauszusuchen. Damitkann die fur diesen Fall gultige Gleichung der vierGleichungen (I) . . . (IV) festgelegt werden. ZurGliederung der Losung wird dieser Schritt als Ab-frage bezeichnet (siehe auch Seite 61).

Nach der Lageskizze (Seite 53) fuhrt dieAbfrage 1 zu

xn ¼ x1 > xF und yn ¼ y1 > yF(40 mm > 0 und 30 mm > 0).

Ein Vergleich der vier Koordinatenbedingun-gen zeigt, dass mit Gleichung (I) zu rechnenist.

Die Rechnung ergibt Mx1 ¼ �28,19 Nm (rechts-drehend) fur das Moment der x-Komponente F1x.Die y-Komponente F1y bewirkt das linksdrehendeMoment My1 ¼ þ13,68 Nm. Der Drehsinn istrichtig, wie die Lageskizze zeigt (Seite 53).

Mx1 ¼ �1 000 N � cos 20� � jð30� 0Þj mm

Mx1 ¼ �28 190,8 Nmm ¼ �28,19 Nm

My1 ¼ þ1 000 N � sin 20� � jð40� 0Þj mm

My1 ¼ þ13 680,8 Nmm ¼ þ13,68 Nm

Greifen mehr als eine Belastungskraft am Korperan (F1, F2, F3 . . . ), muss der Rechnungsgang ent-sprechend haufig durchlaufen werden. Fur jedeKraft wird festgestellt, welche der vier Gleichun-gen (I) . . . (IV) gilt (Abfrage 1). Danach werdendie Momente Mx1, My1, Mx2, My2, Mx3, My3 . . .berechnet.

In einem Rechnerprogramm sorgt eine Pro-grammschleife mit Abfrage fur die Wieder-holung des Rechengangs (siehe Seite 61).

Der weitere Rechnungsgang vereinfacht sich,wenn die statischen Momente der EinzelkrafteMxn, Myn in Bezug auf den MomentendrehpunktPF (Festlagerpunkt) zu einem resultierendenGesamtmoment Mg addiert werden.

Mg ¼ SMxn þ SMyn

Mg ¼ Mx1 þMx2 þ . . .My1 þMy2 þ . . .

Beachte:Diese Gleichung hat nur den Zweck,die Rechnung bei mehreren Kraften Fn zuvereinfachen.

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 55

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Neben den Belastungskraften Fn wirkt immer nochdie Loslagerkraft FL drehend in Bezug auf denFestlagerpunkt PF. Deren statisches Moment istML ¼ MxL þMyL.

Die vier Gleichungen (I) . . . (IV) gelten fur jedeKraft, die auf den Korper wirkt, also auch fur dieLoslagerkraft FL mit ihren Komponenten

FLx ¼ FL cos aL und FLy ¼ FL sin aL :

Da

xL ¼ 120 mm > xF ¼ 0 und

yL ¼ 30 mm > yF ¼ 0

ist, liegt der Loslagerpunkt PL im ersten Qua-dranten, und es gelten die Gleichungen (I):

MxL ¼ �FL cos aLjðyL � yFÞjMyL ¼ þFL sin aL jðxL � xFÞj

(I)

Mit der Koordinatenbedingung wird als gultigeGleichung fur die Aufgabe Gleichung (I) ermittelt.

Die Gleichungen werden fur die weitereEntwicklung gebraucht. Da FL noch nichtbekannt ist, kann ML an dieser Stelle auchnoch nicht berechnet werden.

Damit sind alle Gleichungen erfasst, die fur dieMomentengleichgewichtsbedingung

SMðPFÞ ¼ 0 erforderlich sind.

SMðPFÞ ¼ 0SMðPFÞ ¼ Mg þMxL þMyL ¼ 0

Mg ¼ Mx1 þMy1 þ . . .Mxn þMyn

Aus der MomentengleichgewichtsbedingungSMðPFÞ ¼ 0 wird nun eine Gleichung fur die Los-lagerkraft FL entwickelt.

Je nach Lage des Loslagerpunkts PL in Bezug aufden Momentendrehpunkt PF ergeben sich vierGleichungen:

SMðPLÞ ¼ 0 ¼ Mg þMxL þMyL

FL ¼ ?

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf denMomentendrehpunkt PF im ersten Quadranten,gilt fur die Berechnung von MxL und MyL die Glei-chung (I).

Mg þMxL þMyL ¼ 0

Mg þ ½�FL cos aLjðyL � yFÞj� þþ ½þFL sin aL jðxL � xFÞj� ¼ 0

Damit ergibt sich die Gleichung (V):FL ¼ �Mg

sin aLjðxL�xFÞj�cos aLjðyL�yFÞj(V)

Gilt fur xL � xF und yL � yF(Koordinatenbedingung)

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf denMomentendrehpunkt PF im zweiten Quadranten,gilt fur die Berechnung von MxL und MyL die Glei-chung (II).

Mg þMxL þMyL ¼ 0

Mg þ ½�FL cos aLjðyL � yFÞj� þþ ½�FL sin aL jðxL � xFÞj� ¼ 0

Damit ergibt sich die Gleichung (VI):FL ¼ �Mg

�sin aLjðxL�xFÞj�cos aLjðyL�yFÞj(VI)

Gilt fur xL < xF und yL � yF(Koordinatenbedingung)

1 Statik in der Ebene56

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Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf denMomentendrehpunkt PF im dritten Quadranten,gilt fur die Berechnung von MxL und MyL die Glei-chung (III).

Mg þMxL þMyL ¼ 0

Mg þ ½þFL cos aLjðyL � yFÞj�þþ ½�FL sin aL jðxL � xFÞj� ¼ 0

Damit ergibt sich die Gleichung (VII):FL ¼ �Mg

�sin aLjðxL�xFÞjþcos aLjðyL�yFÞj(VII)

Gilt fur xL < xF und yL < yF(Koordinatenbedingung)

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf denMomentendrehpunkt PF im vierten Quadranten,gilt fur die Berechnung von MxL und MyL die Glei-chung (IV).

Mg þMxL þMyL ¼ 0

Mg þ ½þFL cos aLjðyL � yFÞj� þþ ½þFL sin aL jðxL � xFÞj� ¼ 0

Damit ergibt sich die Gleichung (VIII): FL ¼ �Mg

sin aLjðxL�xFÞjþcos aLjðyL�yFÞj(VIII)

Gilt fur xL � xF und yL < yF(Koordinatenbedingung)

Eine Abfrage 2 im Losungsgang hat das Ziel, diegultige Gleichung aus (V) . . . (VIII) herauszufin-den.

Richtgroßen fur die Auswahl der richtigen Glei-chung sind die Koordinaten xL, yL, xF, yF (sieheLageskizze, Seite 53).

In der Aufgabe ist

xL ¼ 120 mm > xF ¼ 0 und

yL ¼ yF ¼ 0

Damit gilt fur die Berechnung der Loslager-kraft FL die Gleichung (V) mit xL > xF undyL ¼ yF.

Da nur eine außere Kraft F1 am Winkelhebelangreift, ist die MomentensummeMg ¼ Mx1þMy1 ¼�28,19 Nmþðþ13,68 NmÞMg ¼ �14,51 Nm.

Fehlerwarnung: Der ausgerechnete Betrag fur dieLoslagerkraft FL muss immer positiv sein. Ist derBetrag negativ, muss der Richtungswinkel aL

uberpruft werden. Meist wurde sein Betrag um�180� falsch angenommen.

FL ¼ �Mg

sin aLjðxL�xFÞj�cos aLjðyL�yFÞj

FL ¼ �ð�14,51 NmÞsin 140� � jð0,12� 0Þ mj�cos 140� � jð0�0Þ mj

FL ¼ 188,1 N

Bis zu diesem Losungsstand wurde nur dieMomentengleichgewichtsbedingung genutzt unddamit die Loslagerkraft FL berechnet. Jetzt fehltnoch die Berechnung der Festlagerkraft FF undderen Richtungswinkel aF. Dazu stehen die bei-den Kraftegleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0und SFy ¼ 0 zur Verfugung.

Es werden also die gleichen Losungsschritte wiebei der ublichen Bearbeitung dieser Aufgabenartverwendet.

Bisher verwendet:

Momentengleichgewichtsbedingung

III. SMðPFÞ ¼ 0

SMxn þ SMyn þMxL þMyL ¼ 0

Noch verwendbar:

Kraftegleichgewichtsbedingung:

I. SFx ¼ 0

SFn cos anþFL cos aLþFF cos aF ¼ 0

II. SFy ¼ 0

SFn sin an þ FL sin aL þ FF sin aF ¼ 0

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 57

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Greifen mehrere Belastungskrafte Fn am Korperan, werden die Summenausdrucke in Gleichung(IX) gesondert berechnet. Man erhalt damit dieResultierenden der x-Komponenten Frx und dery-Komponenten Fry.

In einem Rechnerprogramm wird eine solcheSummierung mit einer von F1 bis Fn laufendenSchleife durchgefuhrt.

In der Aufgabe greift nur die Kraft F1 ¼ 1000 Nals Belastungskraft an.

SFn cos an ¼F1 cos a1þF2 cos a2þ . . .¼Frx

SFn sin an ¼F1 sin a1 þF2 sin a2 þ . . .¼Fry

(IX)

Eingesetzt in die Kraftegleichgewichtsbedin-gungen:

I. Frx þ FL cos aL þ FF cos aF ¼ 0

II. Fry þ FL sin aL þ FF sin aF ¼ 0

Frx ¼ F1 cos a1

Frx ¼ 1 000 N � cos 20� ¼ 939,7 N

Fry ¼ F1 sin a1

Fry ¼ 1 000 N � sin 20� ¼ 342 N

Die Ausdrucke fur FF cos aF und FF sin aF ausden Gleichungen I. und II. (oben rechts) sind diebeiden rechtwinklig aufeinander stehenden Kom-ponenten der Festlagerkraft FF in x- und y-Rich-tung. Der Betrag der Festlagerkraft FF kann dahermit dem Satz des Pythagoras berechnet werden.

I. FF cos aF ¼ FFx ¼ �ðFrx þ FL cos aLÞII. FF sin aF ¼ FFy ¼ �ðFry þ FL sin aLÞ

FFx ¼ �ðFrx þ FL cos aLÞFFy ¼ �ðFry þ FL sin aLÞ

(X)

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFFx

2 þ FFy2

q(XIa)

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½�ðFrx þ FL cos aLÞ�2 þ ½�ðFry þ FL sin aLÞ�2

q(XIb)

Fur die Aufgabe mit dem Winkelhebel wird

Frx ¼ 939,7 N Fry ¼ 342 N

FL cos aL ¼ 188,1 N � cos 140� ¼ �144,1 N

FL sin aL ¼ 188,1 N � sin 140� ¼ þ120,9 N

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½�ð939,7 Nþ ð�144,1 NÞÞ�2 þ ½�ð342 Nþ 120,9 NÞ�2

qFF ¼ 920,5 N

1 Statik in der Ebene58

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Den Abschluss dieses allgemein gultigen Losungs-verfahrens bilden die Gleichungen, mit denen derRichtungswinkel aF der Festlagerkraft FF berech-net werden kann. Hierzu gelten die �berlegungenaus dem Abschnitt 1.2.4.3 und die dort hergeleite-ten Beziehungen.

Zunachst muss der spitze Winkel bF zwi-schen der Wirklinie von FF und der x-Achsedes Achsenkreuzes berechnet werden.

bF ¼ arctanjFFyjjFFxj (XII)

Je nach Lage der Festlagerkraft FF im Achsen-kreuz gelten dann die in Abschnitt 1.2.4.3 herge-leiteten Beziehungen zur Berechnung des Rich-tungswinkels aF der Festlagerkraft. Die richtigeAuswahl aus den vier Gleichungen erfordert alsonoch eine Abfrage 3. Richtgroßen sind hier dieBetrage der Festlagerkomponenten FFx und FFy.

Nach Abschnitt 1.2.4.2 gilt fur

FFx � 0 und FFy � 0:aF ¼ bF

(XIII)

FFx < 0 und FFy � 0:aF ¼ 180� � bF

(XIV)

Fur die Aufgabe wird nach Gleichung (X):

FFx ¼ �ð939,7 Nþ 188,1 N � cos 140�Þ ¼ �795,6 N

FFy ¼ �ð342 Nþ 188,1 N � sin 140�Þ ¼ �462,9 N

bF ¼ arctanjFFyjjFFxj ¼ arctan

462,9 N

795,6 N¼ 30,19�

FFx < 0 und FFy < 0:aF ¼ 180� þ bF

(XV)

FFx � 0 und FFy < 0:aF ¼ 360� � bF

(XVI)

Gilt fur die Komponenten der FestlagerkraftFFx < 0 und FFy < 0, dann ist der Winkel aF mitGleichung (XV) zu berechnen.

aF ¼ 180� þ bF ¼ 210,19�

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 59

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1.2.6.2 Zusammenstellung der Systemgleichungen

Abfrage 1 Abfrage 2

Koordinaten-

bedingung

Momentenbedingung

der Krafte Fn

Loslagerkraft FL

xn; xL � xFyn; yL � yF

Mxn ¼ �Fn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ þFn sin an jðxn � xFÞj (I) FL ¼ �Mg

sin aLjðxL � xFÞj � cos aLjðyL � yFÞj (V)

xn; xL < xFyn; yL � yF

Mxn ¼ �Fn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ �Fn sin an jðxn � xFÞj (II) FL ¼ �Mg

� sin aLjðxL � xFÞj � cos aLjðyL � yFÞj (VI)

xn; xL < xFyn; yL < yF

Mxn ¼ þFn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ �Fn sin an jðxn � xFÞj (III)

FL ¼ �Mg

� sin aLjðxL � xFÞj þ cos aLjðyL � yFÞj (VII)

xn; xL � xFyn; yL < yF

Mxn ¼ þFn cos anjðyn � yFÞjMyn ¼ þFn sin an jðxn � xFÞj (IV)

FL ¼ �Mg

sin aLjðxL � xFÞj þ cos aLjðyL � yFÞj (VIII)

Resultierendes Moment Mg ¼ SMxn þ SMyn

Festlagerkraft FF

Frx ¼ F1 cos a1 þ F2 cos a2 þ . . .

Fry ¼ F1 sin a1 þ F2 sin a2 þ . . .(IX)

FFx ¼ �ðFrx þ FL cos aLÞFFy ¼ �ðFry þ FL sin aLÞ

(X)

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFFx

2 þ FFy2

q(XIa)

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½�ðFrx þ FL cos aLÞ�2 þ ½�ðFry þ FL sin aLÞ�2

q(XIb)

Abfrage 3

Richtungswinkel aF

bF ¼ arctanjFFyjjFFxj (XII)

fur FFx � 0 und FFy � 0: aF ¼ bF (XIII)

fur FFx < 0 und FFy � 0: aF ¼ 180� � bF (XIV)

fur FFx < 0 und FFy < 0: aF ¼ 180� þ bF (XV)

fur FFx � 0 und FFy < 0: aF ¼ 360� � bF (XVI)

1 Statik in der Ebene60

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1.2.6.3 Beschreibung des Programmlaufs zur Stutzkraftberechnung

Der �bungsablauf zeigt, wie ein Rechnerpro-gramm gegliedert sein muss.

Nach dem Programmstart folgt die Aufforderungzur Eingabe der Kraftbetrage Fn, der Richtungs-winkel an und der Koordinaten xn, yn fur dieAngriffspunkte samtlicher Krafte.

Es folgt eine Programmschleife fur die Anzahl dergegebenen Krafte und Duchlaufe. Fur z. B.F1 . . . F6 ist der Anfangswert n ¼ 1, der Endwertn ¼ AZ (Anzahl) ¼ 6.

Die anschließende Programmverzweigung enthaltdie Abfrage 1 zur Lage der Krafte Fn zur Fest-lagerkraft FF: xn � xF und yn � yF usw., sieheGleichungen (I) . . . (IV). Danach erfolgt die Zu-weisung der gultigen Gleichung und die Berech-nung der Momente Mxn und Myn.

Nach dem letzten Schleifendurchlauf (n ¼ AZ)werden die Momente Mxn und Myn zum Gesamt-moment Mg addiert:

Mg ¼ Mx1 þMx2 þ . . .þMy1 þMy2 þ . . .

Es folgt eine zweite Programmverzweigung mitden Abfragen 2 nach der Lage der LoslagerkraftFL zur Festlagerkraft FF, entsprechend den Glei-chungen (V) . . . (VIII). Nach dem Ergebnis derAbfrage wird die gultige Gleichung zugewiesenund ausgerechnet (FL ¼ . . .).

Anschließend werden nach den Gleichungen (IX)und (X) die Teilresultierenden Frx, Fry der Belas-tungskrafte Fn und die Komponenten FFx und FFy

der Festlagerkraft FF berechnet.

Mit Gleichung (XIa) oder (XIb) kann nun dieFestlagerkraft FF berechnet werden.

Mit Gleichung (XII) wird der spitze Winkel bF derFestlagerkraft FF zur x-Achse berechnet.

Nach dem Ergebnis der Abfrage 3 weist das Pro-gramm eine der Gleichungen (XIII) . . . (XVI) zu,mit der dann der Richtungswinkel aF der Fest-lagerkraft FF berechnet wird.

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 61

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1.2.6.4 �bung zum systemanalytischen Losungsverfahren zur Stutzkraftberechnung

Die Skizze zeigt den Klapptisch einer Biegepressemit der ublichen Bemaßung.1) Der Tisch wirddurch den Hydraulikkolben um das Festlagergeschwenkt.

Fur die skizzierte waagerechte Tischlage sind zuberechnen:

a) die Koordinaten der Kraftangriffspunkte undder Richtungswinkel aL der Loslagerkraft FL

(Kolbenkraft),

b) der Betrag der Loslagerkraft FL,

c) der Betrag der Festlagerkraft FF im Schwenk-lager,

d) der Richtungswinkel aF der Festlagerkraft FF.

1000

500

500

300

30

0

Schwenklager

10

0

F = 12 kN1

Hydraulikkolben

�k

Aufgabenskizze

Losung:

a) Die Rechnung wird einfacher, wenn das recht-winklige Achsenkreuz so gelegt wird, dass sichnur positive Koordinaten fur die Kraftangriffs-punkte ergeben.Legt man die x-Achse in den tiefsten Kraft-angriffspunkt (Loslagerkraft FL), wird diey-Koordinate yL ¼ 0.

� 1

FL�

L�F

y

0

x1

xL

xF

yF

y=

0L

x

FFF1

y1

Lageskizze des frei gemachten Klapptisches

F1 ¼ 12 000 N, a1 ¼ 270�, x1 ¼ 0,5 m, y1 ¼ 0,1 m

xF ¼ 1 m, yF ¼ 0,1 m, xL ¼ 0,7 m, yL ¼ 0

aK ¼ arctan0,3 m

0,5 m¼ 30,96�

aL ¼ 180� � aK ¼ 149,04�

b) Die Lageskizze zeigt, dass x1 < xF und y1 ¼ yFist (Abfrage 1). Folglich gilt zur Berechnungder Komponentenmomente Mx1 und My1 dieGleichung (II). Wegen jðy1 � yFÞj ¼ 0 undcos 270� ¼ 0 ist auch Mx1 ¼ 0. Die Summebeider Teilmomente ist das GesamtmomentMg ¼ Mx1 þMy1.

Mx1 ¼ �F1 cos a1jðy1 � yFÞj¼ �12 000 N � cos 270�jð0,1� 0,1Þ mj

Mx1 ¼ 0

My1 ¼ �F1 sin a1jðx1 � xFÞj¼ �12 000 N � sin 270�jð0,5� 1Þ mj

My1 ¼ þ6 000 Nm

Mg ¼ Mx1 þMy1 ¼ 0þ ðþ6 000 NmÞMg ¼ þ6 000 Nm

1) Aufgabe 91 aus der Aufgabensammlung zur Technischen Mechanik

1 Statik in der Ebene62

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Fur die Berechnung der Loslagerkraft FL geltendie Gleichungen (V) . . . (VIII).

Nach der Lageskizze ist xL < xF und yL < yF. DieLoslagerkraft FL ist also mit Gleichung (VII) zuberechnen (Abfrage 2).

FL ¼ �Mg

� sin aLjðxL � xFÞj þ cos aLjðyL � yFÞj

FL ¼ �ðþ6 000 NmÞ� sin 149,04� � jð0,7� 1Þ mj þ cos 149,04� � jð0� 0,1 mjð Þ

FL ¼ 24 991 N

c) Nach Gleichung (IX) werden die KomponentenFrx und Fry berechnet. Naturlich ist die Kom-ponente Frx ¼ 0, denn die Kraft F1 wirkt iny-Richtung, hat also keine Komponente inx-Richtung.

Frx ¼ F1 cos a1 ¼ 12 000 N � cos 270�Frx ¼ 0Fry ¼ F1 sin a1 ¼ 12 000 N � sin 270�Fry ¼ �12 000 N

Jetzt lassen sich mit Gleichung (X) die Kom-ponenten FFx und FFy der Festlagerkraft FF

berechnen.Wie bei allen Rechnungen muss auch hierauf die exakte Vorzeichenmitnahme geachtetwerden.

FFx ¼ �ðFrx þ FL cos aLÞFFx ¼ �ð0þ 24 991 N � cos 149,04�ÞFFx ¼ 21 430 N

FFy ¼ �ðFry þ FL sin aLÞFFy ¼ �ð�12 000 Nþ 24 991 N � sin 149,04�ÞFFy ¼ �856,4 N

Mit den Komponenten der Festlagerkraft kannnach einer der Gleichungen (XIa) oder (XIb)der Betrag der Festlagerkraft FF berechnet wer-den. Da die Komponenten bereits bestimmtsind, wird die Gleichung (XIa) verwendet.

FF ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFFx

2 þ FFy2

qFF ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið21 430 NÞ2 þ ð�856,4 NÞ2

qFF ¼ 21 447 N

d) Zum Schluss wird der Richtungswinkel aF derFestlagerkraft FF ermittelt. Erforderlich ist dazuder spitze Winkel bF , den die Wirklinie derFestlagerkraft mit der x-Achse einschließt. Esgilt die Gleichung (XII).

bF ¼ arctanjFFyjjFFxj

bF ¼ arctanj�856,4 Njj21 430 Nj ¼ 2,29�

Bestimmungsgleichung fur den Richtungs-winkel aF ist wegen FFx > 0 und FFy < 0 dieGleichung (XVI), ausgewahlt durch die Ab-frage 3.

aF ¼ 360� � bF ¼ 360� � 2,29�

aF ¼ 357,71�

Aufgaben Nr. 83–116 und 137–159

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 63

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1.2.7 Stutzkraftermittlung beim raumlichen Kraftesystem (Getriebewelle)

Das folgende Beispiel eines raumlichen Kraftesystems soll zeigen, dass mit den Kenntnissenaus der Statik in der Ebene auch kompliziertere Probleme gelost werden konnen.

Die skizzierte Getriebezwischenwelle tragt die bei-den schrag verzahnten Stirnrader 2 und 3. Dieseubertragen das Antriebsmoment M1 des Rades 1uber die Getriebezwischenwelle auf das Stirnrad 4.Die dabei auftretenden ZahnkraftkomponentenTangentialkraft Ft , Radialkraft Fr und AxialkraftFa sind bekannt, ebenso die Langen l und dieWalzkreisradien r.

Mit Hilfe der drei GleichgewichtsbedingungenSFx ¼ 0, SFy ¼ 0 und SM ¼ 0 sollen die Glei-chungen zur Berechnung der Stutzkrafte FA undFB in den beiden Lagern entwickelt werden. Hier-bei wird der Versatzwinkel a berucksichtigt. DieGleichungen gelten daher fur jede beliebige Lagedes Zahneingriffs des Raderpaars 3 und 4.

l1 l2l3

l

Rad 1

Rad 2 Rad 3

r 2

Ft2

Ft3

Fr2

Fr3 B

r 3Fa3

Fa2

Abtrieb

Antrieb

� Versatzwinkel

Rad 4x

y

z

A

M1

Aufgabenskizze zur Getriebezwischenwelle

(Indizes: r fur radial, t fur tangential, a furaxial)

In die Skizze des raumlichen Achsenkreuzes wer-den die Stutzkraftkomponenten FAx, FAy, FBx undFBy eingetragen. Als Richtungssinn fur die nochunbekannten Stutzkraftkomponenten FAx, FAy,FBx, FBy wird, wie immer, die positive Achsenrich-tung gewahlt. Der Richtungssinn der RadialkrafteFr, der Tangentialkrafte Ft und der Axialkrafte Fa

ergibt sich aus Getriebekonstruktion und Betriebs-art (Schragstirnrader, Zahneingriffspunkte, Ver-satzwinkel, Drehmomentenrichtung).

Am Radmittelpunkt M2 werden parallel zu denZahnkraftkomponenten Ft2 und Fa2 zwei gleichgroße gegensinnige Krafte Ft2 und Fa2 angebrachtund Fr2 nach unten verschoben. Damit ergebensich die Drehmomente Ma2 und Mt2 und in M2 dieKrafte Ft2, Fa2 und Fr2. Die Drehmomente der bei-den Kraftepaare wirken drehend, die Zahnkrafteverschiebend auf die Welle. Am Rad 3 lasst sichdas gleiche Vorgehen wegen des Versatzwinkels anicht gut darstellen.

Das Untersuchungsergebnis muss unter Beruck-sichtigung des Versatzwinkels a grundsatzlich dasgleiche sein.

l1l2

l3

l

Ft2

Ft3

Ft2

Ft2

Fr2

Fa2

Fa2

Fa3

Fa

Fa2FAx

Ma2

M2

FA

FAy

Fr2

Fr3

r 2

r 3

FBx

FB

FBy

x

y

Mt2z

gewähltes Achsenkreuz

Lageskizze 1 der freigemachten Getriebewelle

Hinweis: Das Anbringen von zwei gleichgroßen gegensinnigen Kraften (z. B. Ft2)andert am Kraftesystem nichts, zeigt aber,welche Wirkung die Einzelkraft in Bezug aufden gewahlten Punkt (M2) hat. Das (gestri-chene) Kraftepaar wirkt drehend, die Einzel-kraft (Ft2) schiebend (biegend).

1 Statik in der Ebene64

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Vor dem Ansetzen der Gleichgewichtsbedingun-gen zur Berechnung der Stutzkrafte wird unter-sucht, mit welcher Winkelfunktion die Zahnkrafteam Stirnrad 3 zu berechnen sind.

Die Lageskizze 2 gibt daruber Aufschluss:

In y-Richtung gilt Ft3y ¼ Ft3 sin aFr3y ¼ Fr3 cos a

In x-Richtung gilt Ft3x ¼ Ft3 cos aFr3x ¼ Fr3 sin a

Eine �berprufung mit anderen Zahneingriffspunk-ten zeigt, dass diese Gleichungen fur alle Versatz-winkel a zwischen 0� und 360� gelten.Der Wirkabstand der Axialkraft Fa3 bezogen aufden Radmittelpunkt M3 betragt r3 cos a.

Rad 3

Fr3x

Fr3

Fr3yFt3y

Ft3

y

y y

x

x

z

z

Fa3

r cos3 �M3

Er 3

Ft3x

Lageskizze 2 fur die Zahnkrafte am Rad 3(E Eingriffspunkt, a Versatzwinkel)

Begonnen wird mit den Gleichgewichtsbedingun-gen fur die in der z, y-Ebene wirkenden Krafteund Kraftmomente.

In y-Richtung wirken die gesuchten Stutzkrafte FAy

und FBy, deren Richtungssinn wie immer in positi-ver y-Richtung angenommen wird (siehe Seite 28).Der Richtungssinn der Axialkrafte Fa2 und Fa3

wird der Aufgabenskizze entnommen. Er richtetsich nach der Drehrichtung der Stirnrader. Nichtzu vergessen ist, dass durch den Versatz um denWinkel a auch die Tangentialkraft Ft3 eine y-Kom-ponente hat (Ft3 sin a, siehe Lageskizze 2 derZahnkrafte am Rad 3.

y

y

x

z

z

l

l1 l2 l3

F sint3 �FaA B

Fa3

FBy

r cos3 �F cosr3 �

Fr2

Fa2

r 2

FAy

Lageskizze 3 der Welle fur den Kraftangriffin der z, y-Ebene

Beachte: In der z, y-Ebene liegen auch dieAxialkrafte Fa2 und Fa3. Diese haben eineKippwirkung auf die Welle (rechtsdrehend)und beeinflussen damit die Stutzkraftkom-ponenten FAy und FBy.

Man beginnt mit der Momentengleichgewichtsbedingung um den Lagerpunkt B:

SMðBÞ ¼ 0 ¼ �FAyl� Fa2r2 þ Fr2ðl� l1Þ � ðFr3 cos aþ Ft3 sin aÞ l3 � Fa3r3 cos a

FAy ¼ �Fa2r2 þ Fr2ðl� l1Þ � ðFr3 cos aþ Ft3 sin aÞ l3 � Fa3r3 cos a

l(1)

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 65

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Um direkt eine Gleichung fur die andere Stutz-kraftkomponente FBy zu bekommen, wird dieMomentengleichgewichtsbedingung noch einmalangesetzt, diesmal um den Lagerpunkt A:

Beachte: Die KraftegleichgewichtsbedingungSFy ¼ 0 wird dann zur Kontrolle der vorauf-gegangenen Rechnung benutzt.

SMðAÞ ¼ 0 ¼ �Fr2l1 þ ðFr3 cos aþ Ft3 sin aÞ ðl1 þ l2Þ þ FByl� Fa2r2 � Fa3r3 cos a

FBy ¼ Fr2l1 � ðFr3 cos aþ Ft3 sin aÞ ðl1 þ l2Þ þ Fa2r2 þ Fa3r3 cos a

l(2)

Zur Kontrolle:

SFy ¼ 0 ¼ FAy � Fr2 þ Fr3 cos aþ Ft3 sin aþ FBy (3)

Aus der Kraftegleichgewichtsbedingung in z-Rich-tung ergibt sich:SFz ¼ 0 ¼ Fa2 � Fa3 � Fa

Fa ¼ Fa2 � Fa3 (4)

Die Axialkraft Fa ist die Differenz der beidenAxialkrafte Fa2 und Fa3. Sie wird entweder inA oder in B von einem Festlager aufgenom-men.

Nun werden die Gleichgewichtsbedingungen furdie in der z, x-Ebene wirkenden Krafte und Kraft-momente entwickelt. Aus der Lageskizze 4 istabzulesen:

SMðBÞ ¼ 0 ¼ �FAxlþ Ft2ðl� l1Þþþ ðFt3 cos a� Fr3 sin aÞ l3

FAx ¼ Ft2ðl� l1Þ þ ðFt3 cos a� Fr3 sin aÞ l3l

(5)

SMðAÞ ¼ 0 ¼ �Ft2l1 þ ðFr3 sin a��Ft3 cos aÞ ðl1 þ l2Þ þ FBxl

FBx ¼ Ft2l1 � ðFr3 sin a� Ft3 cos aÞ ðl1 þ l2Þl

(6)

y

x

x

z

z

l

l1 l2 l3

F cost3 �A B

FBxF sinr3 �

Ft2

FAx

Lageskizze 4 der Welle fur den Kraftangriffin der z, x-Ebene

Zur Kontrolle:

SFx ¼ 0 ¼ FAx � Ft2 þ Fr3 sin a� Ft3 cos aþ FBx (7)

1 Statik in der Ebene66

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Die Stutzkraftkomponenten FAx und FAy stehenrechtwinklig aufeinander, ebenso FBx und FBy. Mitdem Lehrsatz des Pythagoras lassen sich daher dieStutzkrafte FA und FB berechnen.

FA ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFAx

2 þ FAy2

q(8)

FB ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFBx

2 þ FBy2

q(9)

Die Gleichungen (1), (2), (5) und (6) werden indie Gleichungen (8) und (9) eingebracht. Dann ste-hen zwei direkt auswertbare Gleichungen fur dieStutzkrafte zur Verfugung.

Hinweis: Fur die Ermittlung des Biege-momentenverlaufs werden die Stutzkraft-komponenten FAx, FBx und FBy gebraucht,fur die Lagerberechnung die resultierendenStutzkrafte FA und FB.

FA ¼ 1

l�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½Ft2ðl� l1Þ þ l3ðFt3 cos a� Fr3 sin aÞ�2 þþ ½Fr2ðl� l1Þ � Fa2r2 � l3ðFr3 cos aþ Ft3 sin aÞ � Fa3r3 cos a�2

s(10)

FB ¼ 1

l�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½Ft2l1 � ðl1 þ l2ÞðFr3 sin a� Ft3 cos aÞ�2 þþ ½Fr2l1 � ðl1 þ l2Þ ðFr3 cos aþ Ft3 sin aÞ þ Fa2r2 þ Fa3r3 cos a�2

s(11)

Berechnungsbeispiel:

Fur die Getriebezwischenwelle aus der Aufgaben-skizze (Seite 64) sollen die Stutzkrafte berechnetwerden. Aus dem Getriebeentwurf sind alle erfor-derlichen Langen und Zahnkrafte des Schragstirn-radgetriebes bekannt, ebenso die Walzkreisradienr2 und r3 sowie der Versatzwinkel a.

Gegeben:

Fr2 ¼ 2 081 NFr2 ¼ 784 NFa2 ¼ 558 Nr2 ¼ 50,5 mm

��������Ft3 ¼ 2 586 NFr3 ¼ 956 NFa3 ¼ 693 Nr3 ¼ 40,6 mm

��������l ¼ 220 mml1 ¼ 70 mml2 ¼ 100 mml3 ¼ 50 mm

Versatzwinkel a ¼ 0�

Gesucht:

FAx, FBx, FAy, FBy, FA, FB, Fa

Die Auswertung der entwickelten Gleichungen (1) . . . (9) fuhrt zu folgenden Ergebnissen:

FAx ¼ 2 006,6 NFBx ¼ 2 660,4 N

���� FAy ¼ 61,3 NFBy ¼ �233,3 N

���� FA ¼ 2 007,5 NFB ¼ 2 670,6 N

����Fa ¼ �135 N

Kontrolle:

SFx ¼ ½2 006,6� 2 081þ 956 � sin 0� � 2 586 � cos 0� þ 2 660,4� N ¼ 0

SFy ¼ ½61,3� 784þ 956 � cos 0� þ 2 586 � sin 0� þ ð�233,3Þ� N ¼ 0

1.2 Die Grundaufgaben der Statik 67

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1.3 Statik der ebenen Fachwerke

1.3.1 Gestaltung von Fachwerktragern

Fachwerktrager sind aus Profilstaben zusammen-gesetzte Tragkonstruktionen (Biegetrager), z. B.fur Brucken, Krane, Dachbinder, Geruste. Siehaben einen geringeren Materialaufwand als Voll-wandtrager und erscheinen durch ihre Netzkons-truktion optisch leichter. Nachteilig ist die arbeits-intensivere Fertigung.

Dreiecksverband ObergurtStrebe

Untergurt KnotenFestlager Loslager

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

Streben-Fachwerktrager, parallelgurtig(k ¼ 11 Knoten, s ¼ 19 Stabe)

Fachwerktrager sind meist in zwei oder mehrparallelen Ebenen aufgebaut. Jede Tragerebenewird dann als ebenes Fachwerk angesehen.

Die außere Form eines Fachwerktragers kann freigestaltet werden. Geometrisches Element desFachwerks ist der Dreiecksverband. Das Dreieckist die einfachste „starre“ Figur. Durch Ansetzensolcher Dreiecksverbande werden die verschiede-nen Fachwerksformen (z. B. parallelgurtig, trapez-formig) als Streben- oder Pfosten-Streben-Fach-werk entwickelt. Der Obergurt kann parallel zumUntergurt laufen, aber auch z. B. dem Biegemo-mentenverlauf des Tragers angepasst werden. Siehedazu Festigkeitslehre, Abschnitte 5.9.7, Seite 332und 5.9.10, Seite 348.

Unter den skizzierten Fachwerksformen in derrechten Spalte stehen in Klammern die Angabenfur die Anzahl der Knoten k (z. B. k ¼ 11) und dieAnzahl der Stabe s des Fachwerks (z. B. s ¼ 19).Diese Großen werden im folgenden Kapitel zumAnsatz der Gleichgewichtsbedingungen fur diestatische Bestimmtheit des Tragers gebraucht.

Dreiecksverband Strebe (Diagonale)

Pfosten

30

3132

33 1

2

3

4

5

6

7

8

Pfosten-Streben-Fachwerktrager, Biege-momentenverlauf trapezformig angepasst

(k ¼ 18 Knoten, s ¼ 33 Stabe)

Dreiecksverband

1

2

3

45

6

78

9

10

11

Polygon-Fachwerktrager, Biegemomenten-verlauf angepasst

(k ¼ 7 Knoten, s ¼ 11 Stabe)

Die Profilstabe werden untereinander im so ge-nannten Knoten mit Knotenblechen verbunden,wobei sich die Profil-Schwerachsen moglichst imKnotenpunkt schneiden sollen. Damit wird dasEinleiten von großeren Biegemomenten in die Ver-bindung vermieden und die Knotenpunkte konnenals Gelenkpunkte fur Zweigelenkstabe angesehenwerden (siehe Statik, 1.1.7.3, Seite 13). Der Kno-ten kann genietet, geschraubt, geschweißt oderz. B. bei Leichtmetallprofilen geklebt sein.

Knotenpunkt Knotenblech

Profilstab

Profil-schwerachse

Geschraubter Knoten

1 Statik in der Ebene68

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1.3.2 Die Gleichgewichtsbedingungen am statisch bestimmten Fachwerktrager

Der skizzierte einfachste Fachwerktrager bestehtaus den drei Staben 1, 2, 3, die in Dreiecksform inden Knoten I, II und III miteinander verbundensind. �ußere Krafte F durfen nur uber die Knotenin das Tragwerk eingeleitet werden (Kraft F inKnoten II). Im Festlager A und Loslager B ist derTrager mit den drei Auflagerkraften FAx, FAy undFB wie ublich statisch bestimmt abgestutzt (stati-sches Gleichgewicht, siehe z. B. Abschnitt 1.2.5.3,Seite 44). Beim Vollwandtrager sind damit dieGleichgewichtsbetrachtungen abgeschlossen. BeimFachwerktrager dagegen muss zusatzlich die Ver-schiebbarkeit der Stabe gegeneinander untersuchtwerden. Man unterscheidet daher zwischen auße-rer und innerer statischer Bestimmtheit.

I

II

III

AB

FKnoten

Knotenpunkt

1

2

3

FAx

FAy FB

Freigemachter einfachster Fachwerktrager(Stabdreieck, Dreiecksverband)

k ¼ 3 Knoten, s ¼ 3 Stabe

Ist k die Anzahl der Knoten fur das ganze System,so ist wegen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 die Anzahl derzur Verfugung stehenden Gleichgewichtsbedin-gungen 2k.

2k ¼ Anzahl der Gleichgewichtsbedingun-gen (hier 2 � 3 Knoten ¼ 6 Gleichgewichts-bedingungen)

Ist s die Anzahl der unbekannten Stabkrafte, dannist mit den drei Lagerkraften FAx, FAy, FB dieAnzahl der unbekannten Krafte sþ 3.

sþ 3 ¼ Anzahl unbekannter Krafte(hier sþ 3 ¼ 3þ 3 ¼ 6 unbekannte Krafte)

Bei einem statisch bestimmten System muss dieAnzahl der Losungsgleichungen gleich der Anzahlder Unbekannten sein, hier also 2 k ¼ sþ 3. Es istublich, diese Gleichung nach der Anzahl s der er-forderlichen Profilstabe aufzulosen und als Bedin-gung fur die innere statische Bestimmtheit dieGleichung s ¼ 2 k � 3 zu verwenden.

2 k ¼ sþ 3

s ¼ 2 k � 3

Bedingung fur die innere statischeBestimmtheit

(mit s ¼ 2 � k � 3 ¼ 2 � 3� 3 ¼ 6� 3 ¼ 3Stabe hier erfullt)

Der skizzierte Fachwerktrager mit vier Knoten(k ¼ 4) und vier Staben (s ¼ 4) ist in der einge-zeichneten Drehrichtung beweglich (Gelenkvier-eck), fur Kraftubertragungen daher ungeeignet.Enthalt ein Fachwerk ein solches Stabsystem,nennt man es statisch unbestimmt. Die Bedingungfur statische Bestimmtheit ist hier mit k ¼ 4Knoten und s ¼ 4 Staben nicht erfullt(s ¼ 4 < 2 k � 3 ¼ 5). Aus dem statisch unbe-stimmten Fachwerk wird ein statisch bestimmteserst bei Hinzunahme eines funften Stabes:s ¼ 5 ¼ 2 � 4� 3.

I

II III

IV

A B

1

2

3

4

k = 4s = 4

(5)

Bewegliches Fachwerk, statisch unbestimmt(Gelenkviereck): s < 2 � 4� 3 ¼ 5

1.3 Statik der ebenen Fachwerke 69

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Die skizzierten vier Fachwerke mit 6 Knotensollen mit Hilfe der Bedingung fur statischeBestimmtheit untersucht werden.

Fachwerk a) ist mit einem Fest- und einem Los-lager sowie mit s ¼ 9 Staben außerlich und inner-lich statisch bestimmt (2 k � 3 ¼ 2 � 6� 3 ¼ 9).

Fachwerk b) ist wie a) außerlich statisch bestimmt,jedoch innerlich statisch unbestimmt, weil bei2 k � 3 ¼ 2 � 6� 3 ¼ 9 die Stabzahl s ¼ 8 < 9 ist.

Fachwerk c) ist wie a) und b) außerlich statischbestimmt, innerlich mit s ¼ 10 Staben jedoch sta-tisch unbestimmt.

Fachwerk d) ist zwar wie a) innerlich statischbestimmt, mit einem Fest- und zwei Loslagernjedoch außerlich statisch unbestimmt.

2k – 3 = 9; s = 9

2k – 3 = 9; s = 92k – 3 = 9; s = 10

2k – 3 = 9; s = 8

a) b)

c) d)

Beispiele fur die statische Bestimmtheit

1.3.3 Ermittlung der Stabkrafte im Fachwerktrager

Die Verfahren zur Ermittlung der Stabkrafte wer-den am Beispiel des gezeichneten Fachwerktragerserlautert (Knotenschnittverfahren und Ritter’schesSchnittverfahren).

Der Trager besteht aus den Obergurtstaben 1, 4, 8,11, den Untergurtstaben 2, 6, 10, den Pfosten oderVertikalen 3, 9 und den Schragen oder Diagonalen5 und 7. Belastet wird der Trager mit den Vertikal-kraften F1 ¼ 4 kN, F2 ¼ 2 kN und F3 ¼ 3 kN.

F = 4 kN1 F = 2 kN2 F = 3 kN3

1

2 3

4

5

6

7

8

9 10

11

2 m 2 m 2 m 2 m

2m

FA FB

I

II

III

IV

V

VI

VII

Aufgabenskizze

Hinweis:Der Trager ist außerlich und innerlichstatisch bestimmt. s ¼ 2 � 7� 3 ¼ 11 Stabe.

Es ist immer zweckmaßig, zuerst aus der Trager-belastung und den Abmessungen die Auflager-krafte zu bestimmen.

Mit den rechnerischen Gleichgewichtsbedingun-gen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 und SM ¼ 0 ergibt sich:FA ¼ 4,75 kN und FB ¼ 4,25 kN.

SFx ¼ 0; keine waagerechten Krafte vorhan-den.

SFy ¼ 0 ¼ þFA � F1 � F2 � F3 þ FB

SMðIÞ ¼ 0 ¼ �F1 � 2 m� F2 � 4 m� F3 � 6 m

þ FB � 8 m

FB ¼ F1 � 2 mþ F2 � 4 mþ F3 � 6 m

8 m¼ 4,25 kN

FA ¼ F1 þ F2 þ F3 � FB ¼ 4,75 kN

1 Statik in der Ebene70

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1.3.3.1 Das Knotenschnittverfahren

Zur Berechnung der Stabkrafte werden alle siebenKnoten mit einem Rundschnitt freigemacht.

Außer den am jeweiligen Knoten wirkenden Be-lastungs- oder Stutzkraften bringt man anstelle derStabe 1 bis 11 die dort wirkenden Stabkrafte FS1. . .11an. Alle Stabkrafte werden zunachst als Zugkrafteangesehen, das heißt: alle Stabkraftpfeile sind vonden Knotenpunkten weggerichtet. Die an jedemKnotenpunkt wirkenden Krafte bilden ein zentra-les Kraftesystem, das mit den Gleichungen ausKapitel 1.2.4.3, Seite 28 berechnet wird.

I II IV VI VII

III V

Fur jeden Knotenpunkt stehen die beiden Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0zur Berechnung von zwei unbekannten Stabkraften zur Verfugung. Wurden vorher die Auf-lagerkrafte FA und FB berechnet, liegen meistens dort die Ausgangsknoten fur den Berech-nungsgang, wie hier im Beispiel die Knoten I und VII mit den zwei unbekannten StabkraftenFS1 und FS2 am Knoten I und FS10 und FS11 am Knoten VII. Von den anschließenden Knotensucht man sich denjenigen mit maximal zwei unbekannten Stabkraften heraus und erhalt nach-einander alle Stabkrafte des Fachwerktragers. Haufig ist dieses schrittweise Vorgehen einfacherals das Aufstellen und Losen eines Gleichungssystems.

Das Knotenschnittverfahren kann auch zeichnerisch durchgefuhrt werden. Die entsprechen-den Skizzen der Krafteplane zur zeichnerischen Ermittlung der unbekannten Stabkraftewurden daher mit aufgenommen. Sie stehen rechts neben den Skizzen der freigemachtenKnoten.

Zur Lagebestimmung der schragen Stabkrafte als Zugkrafte wird der Winkel a als spitzer Win-kel zur x-Achse verwendet. Es gelten dann die Beziehungen FSx ¼ FS cos a fur die x-Kom-ponente und FSy ¼ FS sin a fur die y-Komponente der Stabkraft FS (siehe 1.1.6.2, Seite 9).Der Winkel a betragt hier 45�.Die vorher berechneten Stutzkrafte betragen FA ¼ 4,75 kN, FB ¼ 4,25 kN. Im Knoten I grei-fen außer der bereits ermittelten Stutzkraft FA ¼ 4,75 kN nur noch die beiden Stabkrafte FS1

und FS2 an, die nun berechnet werden konnen:

Fur Knoten I gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ FS1 þ FS2 cos aII. SFy ¼ 0 ¼ FA � FS2 sin aI. und II. FS2 ¼ �FS1=cos a ¼ FA=sin aund mit cos a=sin a ¼ 1=tan aFS1 ¼ �FA=tan a ¼ �4,75 kN=1 ¼ �4,75 kN(Druckstab)FS2 ¼ FA=sin a ¼ þ6,72 kN (Zugstab)

y

x

FS1

FS1

FS2

FS2

FA

FA

II

1.3 Statik der ebenen Fachwerke 71

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Fur Knoten II gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ �FS1 þ FS4

! FS4 ¼ FS1 ¼ �4,75 kN (Druckstab)II. SFy ¼ 0 ¼ �F1 � FS3

! FS3 ¼ �F1 ¼ �4 kN (Druckstab)

Hinweis zum Krafteplan:

Die Stabkraft FS1 (Druckkraft) druckt von rechtsnach links wirkend auf den Knoten I.

Im Krafteplan II muss FS1 als Druckkraft auf denKnoten II nach rechts wirken.

x

FS1

FS1

y

FS3

FS3FS4

FS4

IIII

F1

F1

Fur Knoten III gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ FS6 þ FS5 cos a� FS2 cos a

II. SFy ¼ 0 ¼ FS3 þ FS2 sin aþ FS5 sin a

II. FS5 ¼ ð�FS3 �FS2 sin aÞ=sin a ¼�1,06 kN

(Druckstab)

I. FS6 ¼ FS2 cos a� FS5 cos a ¼ þ5,5 kN (Zugstab)

��

y

FS3

IIIIII

FS6

FS6

FS5

FS5

FS3

FS2

FS2

x

Fur Knoten IV gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ FS8 þ FS7 cos a� FS4 � FS5 cos a

II. SFy ¼ 0 ¼ �F2 � FS7 sin a� FS5 sin a

II. FS7 ¼ ð�F2 � FS5 sin aÞ= sin a ¼¼ �1,77 kN (Druckstab)

I. FS8 ¼ FS4 þ FS5 cos a� FS7 cos a ¼¼ �4,25 kN (Druckstab)

��

y

FS5

FS5

FS4

FS4

x FS7

FS7

FS8

FS8

F2

F2

IVIV

Fur Knoten V gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ FS10 cos a� FS6 � FS7 cos a

II. SFy ¼ 0 ¼ FS9 þ FS10 sin aþ FS7 sin a

I. FS10 ¼ 0 ¼ ðFS6 þ FS7 cos aÞ= cos a ¼¼ þ6,01 kN (Zugstab)

II. FS9 ¼ 0 ¼ �FS7 sin a� FS10 sin a ¼ �3 kN

(Druckstab)

��

y

FS6

FS6

x

FS7 FS7 V

V

FS10FS10

FS9

FS9

Fur Knoten VI gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ FS11 � FS8

! FS11 ¼ FS8 ¼ �4,25 kN (Druckstab)

II. SFy ¼ 0 ¼ �F3 � FS9

! FS9 ¼ �F3 ¼ �3 kN (Druckstab)

y

x

FS8

FS8 F3

F3 FS9

FS9 FS11

FS11VI

VI

1 Statik in der Ebene72

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Fur Knoten VII gilt:

I. SFx ¼ 0 ¼ �FS11 � FS10 cos a! FS10 ¼ �FS11=cos a ¼ þ6,01 kN (Zugstab)

II. SFy ¼ 0 ¼ FB � FS10 sin a! FB ¼ FS10 sin a ¼ þ4,25 kN(Kontrollrechnung)

FS11

FS11

FS10

FS10

VII

VIIx

y

FB

FB

1.3.3.2 Das Ritter’sche Schnittverfahren(rechnerisches Verfahren zur Ermittlung einzelner Stabkrafte)

Nach Ritter konnen an statisch bestimmten Fach-werktragern einzelne Stabkrafte rechnerisch ermit-telt werden, z. B. FS4, FS5 und FS6.

Dazu wird der Trager mit dem Ritter’schen Schnittx � x in die beiden Teile (a) und (b) zerlegt und aneinem der beiden Teile (a) das Gleichgewicht wie-der hergestellt.

Die Stutzkrafte mussen bei diesem Verfahren vor-her ermittelt worden sein:

FA ¼ 4,75 kN, FB ¼ 4,25 kN.

F = 4 kN1 F = 2 kN2 F = 3 kN3

I

II

III

IV

V

VI

VIIx

x

4

5

6

2 m 2 m 2 m 2 m

2ma b

FA FB

Lageskizze des Fachwerktragers mitRitter’schem Schnitt x � x

Arbeitsplan zum Knotenschnittverfahren

Lageskizze des freigemachten Fachwerktragers zeichnen, Stabe mitarabischen Ziffern, Knotenpunkte mit romischen Ziffern kennzeichnen.

1. Schritt

Stutzkrafte berechnen (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0), siehe Kapitel 1.2.5.3. 2. Schritt

Jeden einzelnen Knoten durch Rundschnitt freimachen, die Stabkrafte alsZugkrafte eintragen und bezeichnen (FS1, FS2, . . .).Hinweis: Alle Stabkraftpfeile sind von den Knotenpunkten weggerichtet.

3. Schritt

Alle am Knoten wirkenden Krafte in ein rechtwinkliges Koordinatensystemeintragen, fur schrage Krafte die spitzen Richtungswinkel zur x-Achse be-rechnen.

4. Schritt

Mit den beiden Gleichgewichtsbedingungen fur zentrale Kraftesysteme(SFx ¼ 0, SFy¼ 0) die Stabkrafte berechnen. Mit dem Knoten mit nur 2unbekannten Stabkraften beginnen.Hinweis: Negative Betrage mussen mit diesem Vorzeichen in Folgerechnun-gen ubernommen werden.

5. Schritt

Stabkrafte in eine Tabelle fur Zug und Druck eintragen. 6. Schritt

1.3 Statik der ebenen Fachwerke 73

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Nach den Regeln des Freimachens werden in dendrei Stabquerschnitten die unbekannten StabkrafteFS4, FS5 und FS6 als Zugkrafte angebracht.

Das am Tragerteil (a) angreifende Kraftesystemaus den drei Stabkraften FS4, FS5, FS6, der Belas-tungskraft F1 und der Stutzkraft FA muss imGleichgewicht sein. Nach Ritter werden zurBerechnung der unbekannten Stabkrafte die dreiMomenten-Gleichgewichtsbedingungen nach Sei-te 46 angesetzt. Der Ritter’sche Schnitt darf daherauch nur drei Fachwerkstabe treffen.

l = 2 m l = 2 m

l=

2m

F = 4 kN1I

II

III

IVFS4

F = 4,75 kNAa FS5

FS6

4

5

6

x

x

l=1

8m

=2,83

m

2

Kraftesystem am abgeschnittenenTragerteil (a)

Die drei Momenten-Bezugspunkte durfen nicht aufeiner Geraden liegen (siehe Seite 46). KnotenpunktIII bietet sich als erster Bezugspunkt an, weil erSchnittpunkt zweier unbekannter Krafte ist (FS5

und FS6) und sich damit eine Gleichung mit nur ei-ner Unbekannten ergibt. Die Momenten-Gleichge-wichtsbedingung SMðIIIÞ ¼ 0 liefert direkt dieStabkraft FS4 ¼ �4,75 kN (Druckstab). Als zwei-ter Bezugspunkt wird der Knotenpunkt IV gewahlt.Er ist Schnittpunkt der Stabkrafte FS4 und FS5 undliefert wieder eine Gleichung mit einer Unbekann-ten, der Stabkraft FS6 ¼ þ5,5 kN (Zugstab).

Dritter Bezugspunkt kann I oder II sein. MitSMðIÞ ¼ 0 wird FS5 ¼ �1,06 kN (Druckkraft).

SMðIIIÞ ¼ 0 ¼ �FS4l� FAl

FS4 ¼ �FAl

l¼ �FA ¼ �4,75 kN

Das Minuszeichen zeigt an, dass die KraftFS4 dem angenommenen Richtungssinn ent-gegen wirkt: Stab 4 ist also ein Druckstab.

SMðIVÞ ¼ 0 ¼ F1l� FA � 2 lþ FS6l

FS6 ¼ FA � 2 l� F1l

l¼ 2FA � F1 ¼ 5,5 kN

SMðIÞ ¼ 0 ¼ FS6lþ FS5l1 � F1l

FS5 ¼ F1l� FS6l

l1¼ ðF1 � FS6Þl

l1¼ �1,06 kN

In manchen Fallen wird die Rechnung einfacher,wenn der Losungsansatz mit den ublichen dreiGleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0,SMð Þ ¼ 0 aufgestellt wird.

Ergebnis:

Stab 4 ist ein Druckstab mit 4,75 kN

Stab 5 ist ein Druckstab mit 1,06 kN

Stab 6 ist ein Zugstab mit 5,5 kN

Arbeitsplan zum Ritter’schen Schnittverfahren

Stutzkrafte ermitteln (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SMð Þ ¼ 0). 1. Schritt

Fachwerk durch einen Schnitt trennen. Der Schnitt darf hochstens dreiFachwerkstabe treffen, sie durfen keinen gemeinsamen Knoten haben.

2. Schritt

Lageskizze des abgeschnittenen Tragerteils zeichnen, dabei Stabkrafte alsZugkrafte annehmen.

3. Schritt

Die drei Momenten-Gleichgewichtsbedingungen SMð Þ ¼ 0 aufstellen undauswerten: positives Ergebnis beim Zugstab, negatives beim Druckstab.

4. Schritt

1 Statik in der Ebene74

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2 Schwerpunktslehre

2.1 Begriffsbestimmung fur Schwerlinie, Schwerebeneund Schwerpunkt

Man denkt sich einen ebenen Blechabschnitt indrei Teilkorper zerlegt und durch eine Symmetrie-ebene mit den Teilflachen A1, A2 und A3 in zweigleichdicke Scheiben geschnitten.

Auf jeden der drei Teilkorper wirkt die Erdanzie-hung mit den parallelen Teil-Gewichtskraften FG1,FG2 und FG3 lotrecht nach unten. Ihre Summe ––die Resultierende –– ist die Gewichtskraft desBlechabschnitts FG ¼ FG1 þ FG2 þ FG3.

Die Wirklinie dieser Resultierenden heißt Schwer-linie, weil auf ihr die Gewichtskraft oder Schwer-kraft des Korpers wirkt.

Symmetrieebene des Körpers = Schwerebene

Teilfläche A2

Teilfläche A1

TeilflächeA3WL 2 der

GewichtskraftFG2

FG3

FG3

FG2

FG1

FG1

FGSchwerpunkt S

Gewichtskraft FG

WL

1d

er

Ge

wic

hts

kra

ftDreht man den Korper in der Symmetrieebene ineine beliebige andere Lage, erhalt man eine zweiteWirklinie der Gewichtskraft (zweite Schwerlinie,WL2). Der Schnittpunkt der beiden Schwerlinienist der Angriffspunkt der Gewichtskraft FG fur jedeKorperlage und heißt Schwerpunkt S.

In der gezeichneten Lage wird die erste Wirk-linie (WL1) der Gewichtskraft FG ermittelt.Zur Bestimmung der zweiten Wirklinie(WL2) muss man sich den Korper um 90� imUhrzeigersinn gedreht vorstellen. Es wareauch jede andere Winkeldrehung moglich,jedoch nicht so zweckmaßig.

Alle durch den Schwerpunkt gehenden Geradenoder Ebenen werden Schwerlinie oder Schwer-ebene genannt.

Im Schwerpunkt S gestutzt oder aufgehangt,bleibt der Korper in jeder beliebigen Lage inRuhe, er befindet sich also im Gleichgewicht.

Jede Symmetrielinie ist eine Schwerlinie, jedeSymmetrieebene ist eine Schwerebene. Irgendwoauf ihnen liegt der Schwerpunkt.

Beachte: Hat der Korper eine Symmetrie-linie, so liegt damit schon eine Schwerliniefest. Man braucht dann nur noch die zweite,rechtwinklig dazu stehende Schwerlinie zubestimmen.

Fur komplizierte Korper wird die Lage desSchwerpunkts durch Versuche ermittelt. Fur ein-facher aufgebaute Korper kann man sie mit Hilfeder in der Statik gewonnenen Erkenntnisse bestim-men: Man ermittelt die Wirklinie der Gewichts-kraft aus den parallelen Teilgewichtskraften

Beachte: Der Schwerpunkt ist derjenige kor-perfeste Punkt, durch den in jeder Lage desKorpers die Resultierende der Gewichtskraftealler Einzelteilchen hindurchgeht.

rechnerisch mit dem Momentensatz (Seite 38),zeichnerisch mit dem Seileckverfahren (Seite 40),und zwar fur zwei zueinander rechtwinklige Lagen.

75

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6_2,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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2.2 Der Flachenschwerpunkt

2.2.1 Flachen haben einen Schwerpunkt

Es soll der Losungsansatz zur Schwerpunkts-bestimmung fur eine dunne, symmetrische Blech-scheibe mit Hilfe des Momentensatzes entwickeltwerden. Dazu denkt man sich die Scheibe auszwei Teilstucken mit den Teilflachen A1 und A2

und der Dicke s zusammengesetzt.

Der Schwerpunkt muss auf der Symmetrielinie xliegen. Man braucht nur noch den Schwerpunkts-abstand x0 von der rechten Blechkante zu bestim-men.

Teilfläche A2

Teilfläche A1

x1

x0

x2

x

FG2FG1

S S1S2

FG

0

y s

Die Teilgewichtskrafte FG1 und FG2 berechnet manaus dem Volumen der Teilstucke, der Dichte rihres Werkstoffs und der Fallbeschleunigung g.Das Volumen der Teilstucke wird aus den Teil-flachen A1, A2 und der Blechdicke s bestimmt.

FG1 ¼ m1g ¼ V1 rg

FG2 ¼ m2g ¼ V2 rg

V1 ¼ A1s und V2 ¼ A2s

folglich ist

FG1 ¼ A1srg und FG2 ¼ A2 srg

Die Gewichtskraft FG der ganzen Blechscheibe be-rechnet man in gleicher Weise mit der Gesamtfla-che A ¼ A1 þ A2.

FG ¼ FG1 þ FG2 ¼ ðA1 þ A2Þ srgFG ¼ Asrg

Dann wird der Momentensatz aufgestellt (Seite 38).Fur die Gewichtskrafte setzt man die oben gefun-denen Beziehungen ein und entwickelt daraus eineBestimmungsgleichung fur den Schwerpunkts-abstand x0, aus der sich die Blechdicke s, die Dichter und die Fallbeschleunigung g herauskurzen.

Momentensatz:

þFG x0 ¼ þFG1x1 þ FG2 x2Vorzeichen beachten. Linksdrehsinn istpositiv.

Asrgx0 ¼ A1srgx1 þ A2 srgx2

x0 ¼ ðA1x1 þ A2x2Þ srgAsrg

¼ A1x1 þ A2x2A

Das Ergebnis zeigt, dass die Schwerpunktslageauch mit den Teilflachen und der Gesamtflache er-mittelt werden kann.

Ax0 ¼ A1x1 þ A2x2 þ � � � þ Anxn ¼ SAnxn

Momentensatz fur Flachen

Auch Flachen haben also einen Schwerpunkt.

Die Bestimmung des Flachenschwerpunkts ist z. B.fur die Berechnung von Flachenmomenten zweitenGrades in der Festigkeitslehre erforderlich.

Beachte: Fur die Flachenmomente Ax sinddie Vorzeichen entsprechend dem Drehsinneinzusetzen (links þ, rechts �).

Die Flachenmomente Ax heißen nachDIN 1304 Flachenmomente 1. Grades.

2 Schwerpunktslehre76

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2.2.2 Schwerpunkte einfacher Flachen

Dreieck

Der Schwerpunkt der Dreieckflache liegt imSchnittpunkt der Seitenhalbierenden.

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h

3

Parallelogramm

Der Schwerpunkt der Parallelogrammflacheliegt im Schnittpunkt der Diagonalen.

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h

2

Trapez

Man tragt an die Seite a die Seite b an und um-gekehrt. Damit kann die Strecke AB gezeichnetwerden. Durch eine Gerade verbindet man die Mit-ten der Seiten a und b miteinander. Der Schnitt-punkt ist der Flachenschwerpunkt.

Schwerpunktsabstande

y0 ¼ h

3� aþ 2b

aþ b

y00 ¼ h

3� 2aþ b

aþ b

S

h

y 0

Seitenhalbierende

S

h

y 0

Diagonale

y 0y

� 0

S

a

hB

A

a

b

a

2

2

b

b

Die Seite a kann auch nach rechts an die Sei-te b, und die Seite b nach links an die Seite aangetragen werden.

Kreisausschnitt

Schwerpunktsabstand y0 ¼ 2

3� Rsb

Halbkreisflache: y0 ¼ 4R

3p¼ 0,4244 R

Viertelkreisflache: y0 ¼ 4ffiffiffiffiffiffi

2Rp

3p¼ 0,6002 R

Sechstelkreisflache: y0 ¼ 2R

p¼ 0,6366 R

Kreisringstuck

Schwerpunkts-abstand

(Winkel a in Gradeinsetzen)

y0 ¼ 38,197ðR3 � r3Þ sin aðR2 � r2Þ a

y 0

Bogen b

Sehne s

SRadiu

sR

Mittelpunkt M

� �

Bogenlange b ¼ 2Ra�=57,3�

Sehnenlange s ¼ 2R sin a

y 0� �

M

r

R

S

2.2 Der Flachenschwerpunkt 77

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Kreisabschnitt

Schwerpunktsabstand y0 ¼ s3

12A

Bogenhöhe h

Radius

R

M

� �

y 0

Fläche ABogen b

S

Sehne s

Sehnenlange s ¼ 2R sin a

Flacheninhalt A ¼ Rðb� sÞ þ sh

2

Bogenhohe h ¼ 2R sin2 ða=2Þ

2.2.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Flachen

2.2.3.1 Rechnerische Bestimmung des Flachenschwerpunkts

Der Schwerpunkt zusammengesetzter Flachenwird mit dem Momentensatz fur Flachen nach2.2.1 bestimmt. Ist die Flache unsymmetrisch,muss man die Lage zweier Schwerlinien ermitteln.Ihr Schnittpunkt ist der Schwerpunkt S.

Man zerlegt die Flache in Teilflachen mit bekann-ter Schwerpunktslage, z. B. in ein Rechteck A1

und ein Quadrat A2, und zeichnet die Teil-Schwer-punkte S1 und S2 ein. Dann wird ein Momentenbe-zugspunkt 0 festgelegt, und zwar moglichst so,dass alle Flachenmomente den gleichen Drehsinnerhalten. Man wahlt hier die rechte untere Eckeder Flache und legt durch diesen Punkt ein recht-winkliges Achsenkreuz.

100

60

y

S1

S2

y1

y2

x1

x2

80

40

Teilfläche A2

Teilfläche A1

x

Aus den gegebenen Abmessungen berechnet mandie Teilflachen A1 und A2, ihre Schwerpunktsab-stande x1, x2 von der y-Achse und y1, y2 von derx-Achse und die Gesamtflache A.

A1 ¼ 80 mm � 60 mm ¼ 4 800 mm2

A2 ¼ 40 mm � 40 mm ¼ 1 600 mm2

A ¼ A1 þ A2 ¼ 6 400 mm2

x1 ¼ 30 mm x2 ¼ 80 mm

y1 ¼ 40 mm y2 ¼ 20 mm

Aus 2.2.1 ist bekannt, dass die Flacheninhalte wieGewichtskrafte behandelt werden konnen. Daswird durch vertikal nach unten und horizontalnach rechts gerichtete Pfeile in den Teilschwer-punkten angedeutet. Den Gesamtschwerpunkt Slegt man an eine beliebige Stelle und tragt die bei-den Pfeile A fur die Gesamtflache und die Schwer-punktsabstande x0 und y0 ein.

y

S

y1

y0

y2

x1

x0

x2

xA

A

A1

A1

A2

A2

2 Schwerpunktslehre78

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Mit Hilfe der vertikalen „Flachenpfeile“ kann mannun den Momentensatz fur Flachen bezogen aufden Punkt 0 aufstellen. Dabei muss man auf denMomentendrehsinn achten. In diesem Fall sind alleMomente linksdrehend. Sie erhalten das positiveVorzeichen.

Aus dem Momentensatz entwickelt man eineBestimmungsgleichung fur den Schwerpunkts-abstand x0 und berechnet ihn daraus.

Momentensatz:þAx0 ¼ þA1x1 þ A2x2

x0 ¼ A1x1 þ A2x2A

x0 ¼ 4 800 mm2 � 30 mmþ 1 600 mm2 � 80 mm

6400 mm2

x0 ¼ 42,5 mm

Die vertikale Schwerlinie hat einen Abstandx0 ¼ 42,5 mm von der y-Achse.

Zur Ermittlung der waagerechten Schwerliniestellt man noch einmal den Momentensatz fur denBezugspunkt 0 auf, diesmal mit den waagerechten„Flachenpfeilen“. Daraus berechnet man den Ab-stand y0 des Schwerpunkts S von der x-Achse aufdie gleiche Weise wie vorher den Abstand x0. Beidiesem Ansatz sind alle Momente rechtsdrehend,also negativ.

Mit dem Schnittpunkt der beiden Schwerlinien istder Schwerpunkt S der Gesamtflache bestimmt.

Momentensatz:

�Ay0 ¼ �A1y1 � A2y2

y0 ¼ A1y1 þ A2y2A

y0 ¼ 4 800 mm2 � 40 mmþ 1 600 mm2 � 20 mm

6 400 mm2

y0 ¼ 35 mm

Die waagerechte Schwerlinie hat einen Ab-stand y0 ¼ 35 mm von der x-Achse.

Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Flachenschwerpunkts:

Flache in Teilflachen mit bekanntem Schwerpunkt zerlegen. 1. Schritt

Momentenbezugspunkt 0 festlegen. 2. Schritt

Gesamtschwerpunkt mit angenommener Lage sowie Schwerpunktsabstandex0 und y0 einzeichnen.

3. Schritt

Teilflachen, Gesamtflache und Teilschwerpunktsabstande berechnen. 4. Schritt

Momentensatz fur zwei zueinander senkrechte Achsen aufstellen, Momen-tendrehsinn beachten.

5. Schritt

Nach x0 und y0 auflosen und Schwerpunktsabstande ausrechnen. 6. Schritt

2.2 Der Flachenschwerpunkt 79

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2.2.3.2 �bung zur Bestimmung des Flachenschwerpunkts

1. �bung: Fur die skizzierte zusammengesetzteFlache soll die Lage des Schwerpunkts rechnerischbestimmt werden.

70

30

20

20

20

Losung: Die Flache muss in drei Teilflachen mitbekanntem Schwerpunkt zerlegt werden: in dieHalbkreisflache A1, die Rechteckflache A2 und dieQuadratflache A3. Dann werden die Schwerpunkts-abstande x1, x2 und x3 eingezeichnet.

Als Momentenbezugspunkt 0 wird der Schnitt-punkt zwischen Symmetrielinie und Halbkreisach-se gewahlt.

Nun legt man den Gesamtschwerpunkt S in derLage fest, in der man ihn vermutet, und tragt denSchwerpunktsabstand x0 in die Skizze ein.

A1

A2A3

S1S2S3

x0

x1

x2

x3

0x

y 1. Schritt

2. Schritt

3. Schritt

Dann fuhrt man die Rechnung in drei weiterenSchritten aus: 4. Schritt

Zuerst werden die Teilflachen, die Gesamtflacheund die Teilschwerpunktsabstande berechnet.

A1 ¼ p

8� ð70 mmÞ2 ¼ 1 923 mm2

A2 ¼ 600 mm2 A3 ¼ 400 mm2

A ¼ A1 þ A2 þ A3 ¼ 2 923 mm2

x1 ¼ 0,4244 R ¼ 0,4244 � 35 mm ¼ 14,9 mm

x2 ¼ 10 mm x3 ¼ 30 mm

Jetzt wird der Momentensatz fur den Bezugspunkt0 aufgestellt. Das Moment der Teilflache A1 istrechtsdrehend, also negativ. Die Momente der an-deren Teilflachen sind positiv.

5. Schritt

þAx0 ¼ �A1x1 þ A2x2 þ A3x3

Den Momentensatz lost man nach x0 auf und be-achtet dabei sorgfaltig die Vorzeichen. Die Rech-nung ergibt einen negativen Wert fur x0. Das be-deutet, dass der Drehsinn fur das Moment derGesamtflache falsch angenommen wurde (sieheMomentensatz fur Krafte, 1.2.5.1, Seite 38), d. h.der Schwerpunkt S liegt nicht links, sondern rechtsvom Bezugspunkt 0.

Die zweite Schwerlinie braucht man nicht zu er-mitteln. Es ist die waagerechte Symmetrielinie.

x0 ¼ �A1x1 þ A2 x2 þ A3 x3A

6. Schritt

x0 ¼ �10 650 mm3

2 923 mm2¼ �3,6 mm

Ergebnis: Der Schwerpunkt S liegt auf derSymmetrielinie 3,6 mm rechts vom Halb-kreismittelpunkt.

Beachte: Ergibt sich ein negativer Schwer-punktsabstand, dann liegt der Schwerpunktauf der anderen Seite des Bezugspunkts.

2 Schwerpunktslehre80

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2. �bung: Aus einer Rechteckflache sind ein klei-neres Rechteck und eine Kreisflache symmetrischausgespart. Der Schwerpunkt der Gesamtflachesoll rechnerisch bestimmt werden.

20

20

20 40

60

80

A = A1 – –A2 A3

Losung: Die Gesamtflache ist aus drei Teilflachenentstanden: Von der großen Rechteckflache A1

wurden die Kreisflache A2 und die kleine Recht-eckflache A3 fortgenommen. A2 und A3 werden als„negative“ Flachen bezeichnet.

1. Schritt

y0 y1 y

2

y3 A1

A

A2

A3

x

y

S2S1

S

S3

0

In der Skizze kennzeichnet man die Teilflache A1

durch einen nach rechts gerichteten Pfeil, die „ne-gativen“ Teilflachen A2 und A3 durch nach linksgerichtete Pfeile. Die Schwerpunktsabstande y1, y2und y3 werden eingetragen.

Als Momentenbezugspunkt 0 wahlt man einenPunkt auf der oberen Rechteckseite. Man kannsich dann bei der Annahme des Gesamtschwer-punkts S nicht irren; er muss unterhalb des Be-zugspunkts liegen. In die Skizze tragt man den Ab-stand y0 und fur die Gesamtflache A einen nachrechts gerichteten Pfeil ein.

2. Schritt

3. Schritt

Die Rechnung wird wieder mit der Berechnungder Teilflachen, der Gesamtflache und der Teil-schwerpunktsabstande begonnen.

4. Schritt

A1 ¼ 4800 mm2, A2 ¼ 314 mm2

A3 ¼ 800 mm2

A ¼ A1 � A2 � A3 ¼ 3 686 mm2

y1 ¼ 30 mm; y2 ¼ 20 mm; y3 ¼ 50 mm

Beim Aufstellen des Momentensatzes fur den Be-zugspunkt 0 muss man bei der Festlegung desDrehsinns die eingezeichneten Pfeilrichtungen be-achten. Die negativen Flachen wirken wie negativeKrafte. Der Drehsinn ihrer Momente ist entgegendem der positiven Flachen gerichtet.

5. Schritt

þAy0 ¼ þA1y1 � A2y2 � A3y3Beachte: Fur negative Flachen (Aussparun-gen) kehrt sich der Momentendrehsinn um.

Der Momentensatz wird nun nach y0 aufgelost,und der Schwerpunktsabstand wird aus der ent-wickelten Gleichung ausgerechnet. Das positiveErgebnis zeigt, dass der Schwerpunkt S auf derrichtigen Seite des Bezugspunktes 0 angenommenwurde.

6. Schritt

y0 ¼ A1y1 � A2y2 � A3y3A

y0 ¼ 144 000 mm3 � 6 280 mm3 � 40 000 mm3

3 686 mm2

y0 ¼ 26,5 mm

Die zweite Schwerlinie ist die Symmetrielinie derFlache.

Aufgaben 201–219

Ergebnis: Der Schwerpunkt S liegt auf derSymmetrielinie 26,5 mm unterhalb deroberen Rechteckseite.

2.2 Der Flachenschwerpunkt 81

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2.3 Der Linienschwerpunkt

2.3.1 Linien haben einen Schwerpunkt

Wie in 2.2.1 geht man wieder von der Schwer-punktsbestimmung fur einen Korper aus. Es wirdein zweifach abgekanteter Stab untersucht. Er hatauf der ganzen Lange den gleichen Querschnitt A.Man stellt sich den Stab in drei gerade Teilstuckemit den Teillangen l1, l2, l3 zerlegt vor. Der ganzeStab ist symmetrisch in Bezug auf die eingezeich-nete x-Achse.

l = l1 3

Querschnittsfläche A

l 2

S2 S

FG2

FG1

S3

FG3FGx = x1 3

x0

x2

y

x0

Die Teilgewichtskrafte FG1, FG2, FG3 berechnetman aus dem Volumen der Teilstucke, der Dichteihres Werkstoffes und der Fallbeschleunigung. DasVolumen der Teilstucke wird aus ihren Teillangenl1, l2, l3 und der Querschnittsflache A berechnet.

FG1 ¼ m1g ¼ V1rg ¼ Al1 rg

FG2 ¼ m2g ¼ V2rg ¼ Al2 rg

FG3 ¼ m3g ¼ V3rg ¼ Al3 rg

Die Gewichtskraft FG des ganzen Stabes berechnetman in gleicher Weise mit der Gesamtlangel ¼ l1 þ l2 þ l3.

FG ¼ FG1 þ FG2 þ FG3 ¼ ðl1 þ l2 þ l3Þ ArgFG ¼ Alrg

Dann wird der Momentensatz nach 1.2.5.1 (Seite38) aufgestellt, die fur die Gewichtskrafte gefunde-nen Beziehungen eingesetzt und daraus eine Be-stimmungsgleichung fur den Schwerpunktsabstandx0 entwickelt. Die Flache A, die Dichte r und dieFallbeschleunigung g kurzen sich wieder heraus.

Das Ergebnis zeigt, dass die Schwerpunktslageauch mit den Teillangen und der Gesamtlange er-mittelt werden kann.

Auch Linien haben also einen Schwerpunkt.

Man muss ihn z. B. als Schnittkantenschwerpunktbei der Konstruktion von Stanzwerkzeugen be-stimmen.

þFG x0 ¼ þFG1 x1 þ FG2 x2 þ FG3 x3Alrgx0 ¼ Al1 rgx1 þ Al2 rgx2 þ Al3 rgx3

x0 ¼ ðl1x1 þ l2x2 þ l3x3Þ ArglArg

x0 ¼ l1x1 þ l2x2 þ l3x3l

lx0 ¼ l1x1 þ l2x2 þ � � � þ lnxn ¼ S lnxn

Momentensatz fur Linien

Beachte: Fur die Linienmomente lx sind dieVorzeichen entsprechend dem Drehsinn ein-zusetzen (links þ, rechts �).

2.3.2 Schwerpunkte einfacher Linien

Gerade Linie (Strecke)

Der Schwerpunkt einer Strecke liegt auf ihrerMitte.

Schwerpunktsabstand y0 ¼ l

2

x =0l

2l

2l

S

2 Schwerpunktslehre82

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Dreiecksumfang

Die Dreiecksseiten werden halbiert und das Hilfs-dreieck ABC gezeichnet. Der Schwerpunkt ist derMittelpunkt des darin einbeschriebenen Kreises.

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h

2� aþ b

aþ bþ c

S

b

a

h

h 2

AB

C c

y0

Parallelogrammumfang

Der Schwerpunkt des Parallelogrammumfangs(Quadrat, Rechteck, Rhombus, Rhomboid) liegtim Schnittpunkt der Diagonalen.

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h

2

S

y0

h

Kreisbogen

Schwerpunktsabstand y0 ¼ Rs

b

Halbkreisbogen: y0 ¼ 2 R

p¼ 0,6366R

Viertelkreisbogen: y0 ¼ 2ffiffiffi

2p

R

p¼ 0,9003R

Sechstelkreisbogen: y0 ¼ 3 R

p¼ 0,9549R

� �R

M

S

s

y0

b

Bogenlange b ¼ 2Ra�=57,3�

Sehnenlange s ¼ 2R sin a

2.3.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Linien (Linienzuge)

2.3.3.1 Rechnerische Bestimmung des Linienschwerpunkts

Fur Linienzuge wird der Schwerpunkt mit dem Momentensatz fur Linien nach 2.3.1 be-stimmt. Bei unsymmetrischen Linienzugen muss man die Lage fur zwei Schwerlinien be-stimmen. Im �brigen gelten die gleichen Regeln wie fur den Momentensatz fur Flachen(siehe Seite 76).

Man zerlegt den Linienzug in Teillinien mit be-kannter Schwerpunktslage, z. B. in zwei Streckenl1, l3 und einen Halbkreisbogen l2, und zeichnetdie Teilschwerpunkte S1, S2, S3 ein. Die Lage desGesamtschwerpunkts S wird angenommen. Dannwird ein Momentenbezugspunkt 0 festgelegt. Beisymmetrischen Linienzugen wahlt man dafurzweckmaßig einen Punkt auf der Symmetrielinie.

x = x1 3

x0

x2

Bogenlänge l2S

S1

S2

y

Symmetrielinie 0= Schwerlinie

S3

R = 20 mm l = 50 mm1

2.3 Der Linienschwerpunkt 83

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Aus den gegebenen Abmessungen des Linien-zuges berechnet man die Langen der Teillinien l1,l2, l3, ihre Schwerpunktsabstande x1, x2, x3 von dery-Achse und die Gesamtlange l ¼ l1 þ l2 þ l3.

l1 ¼ l3 ¼ 50 mml2 ¼ pR ¼ p � 20 mm ¼ 62,8 mml ¼ l1 þ l2 þ l3 ¼ 162,8 mm

x1 ¼ 25 mm x3 ¼ 25 mmx2 ¼ l1 þ 0,6366R ¼

¼ 50 mmþ 0,6366 � 20 mm ¼ 62,7 mm

Der Momentensatz fur Linien liefert nun wiedereine Bestimmungsgleichung fur den Schwerpunkt-sabstand x0, aus der man x0 berechnet. Das Ergeb-nis ist positiv, folglich wurde der Gesamtschwer-punkt auf der richtigen Seite des Bezugspunktes 0angenommen. Das war auch nicht anders zu erwar-ten, weil der Bezugspunkt an das Ende des Linien-zuges gelegt worden war.

Momentensatz:þl x0 ¼ þl1x1 þ l2 x2 þ l3 x3

x0 ¼ l1x1 þ l2 x2 þ l3 x3l

x0 ¼ 1 250 mm2 þ 3 938 mm2 þ 1 250 mm2

162,8 mmx0 ¼ 39,5 mm

Die zweite Schwerlinie ist die Symmetrielinie desLinienzuges.

Der Schwerpunkt liegt auf der Symmetrie-linie 39,5 mm links vom rechten Ende desLinienzuges.

Aufgaben Nr. 220–238

Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Linienschwerpunkts:

Linienzug in Teillinien mit bekanntem Schwerpunkt zerlegen. 1. Schritt

Momentenbezugspunkt 0 festlegen. 2. Schritt

Gesamtschwerpunkt S mit angenommener Lage und den Schwerpunkts-abstanden x0, y0 einzeichnen.

3. Schritt

Teillangen, Gesamtlange und Teilschwerpunktsabstande berechnen. 4. Schritt

Momentensatz fur zwei zueinander rechtwinklige Achsen aufstellen,Momentendrehsinn beachten.

5. Schritt

Nach x0 und y0 auflosen und Schwerpunktsabstande ausrechnen. 6. Schritt

2 Schwerpunktslehre84

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2.4 Guldin’sche Regeln

2.4.1 Volumenberechnung

Ein Rotationskorper entsteht durch Drehung seinerProfilflache um seine Symmetrieachse. Bei einerDrehung „erzeugt“ die Profilflache das Volumendes Korpers. Man kann sich vorstellen, dass jedesFlachenteilchen an der Erzeugung mit einem be-stimmten Anteil beteiligt ist.

Das kleine Flachenteilchen DA erzeugt das Ring-volumen DV ¼ 2px DA. Die Summe aller Teilvo-lumen ist das Gesamtvolumen V.

S = Flächenschwerpunkt

Ringvolumen V�

Sym

me

trie

ach

se

A = erzeugende Fläche(Profilfläche)

Dre

ha

ch

se

=

�A

x

x0

V ¼ S DV ¼ S2px DA ¼ 2pS DA x

Der Summenausdruck S DA x ist die Momenten-summe aller Teilflachen, bezogen auf die Drehachse(siehe 2.2.1 Momentensatz fur Flachen), und damitgleich dem Moment Ax0 der ganzen Profilflache A.Daraus ergibt sich dieGuldin’sche Volumenregel:

S DAx ¼ Ax0. Setzt man Ax0 in die ersteGleichung ein, dann wird V ¼ 2pAx0. Darinist das Produkt 2px0 der Weg, den derSchwerpunkt S der Profilflache bei einerUmdrehung zurucklegt.

Das Volumen eines Rotationskorpers ist dasProdukt aus der Profilflache und ihrem Schwer-punktsweg bei einer Umdrehung.

V ¼ A � 2px0 Volumen

A Profilflache

x0 Schwerpunktsabstand der Profilflachevon der Drehachse nach 2.2.3.1

2.4.2 Oberflachenberechnung

Oberflachen oder Mantelflachen von Rotations-korpern entstehen durch Drehung ihrer Profillinieum die Symmetrieachse. Dabei ist jedes Langen-teilchen der Profillinie mit einem bestimmten Fla-chenanteil beteiligt.

Die kleine Teillange Dl erzeugt bei einer Drehungdie Ringflache DA ¼ 2px Dl. Die Summe allerTeilflachen ist die Mantelflache A.

Der Summenausdruck S Dl x ist die Momenten-summe aller Teillangen, bezogen auf die Drehachse(siehe 2.3.1 Momentensatz fur Linien) und damitgleich demMoment der ganzen Profillinie l. Darausergibt sich dieGuldin’sche Oberflachenregel:

�l

Länge dererzeugendenLinie(Profillinie)

l =

Linienschwerpunkt S

Ringfläche A�

Dre

hachse

=

x0

x

Sym

me

trie

ach

se

A ¼ S DA ¼ S2px Dl ¼ 2pS Dl x

S Dl x ¼ lx0. Setzt man lx0 in die ersteGleichung ein, dann wird A ¼ 2p l x0.

Darin ist das Produkt 2px0 der Weg, dender Schwerpunkt S der Profillinie bei einerUmdrehung zurucklegt.

Die Oberflache (Mantelflache) eines Rotations-korpers ist das Produkt aus der Lange der Pro-fillinie und ihrem Schwerpunktsweg bei einerUmdrehung.

A ¼ l � 2px0 OberflacheMantelflache

l Lange der Profillinie

x0 Schwerpunktsabstand der Profillinievon der Drehachse nach 2.3.3.1.

2.4 Guldin’sche Regeln 85

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2.4.3 �bungen mit den Guldin’schen Regeln

1. �bung: Der Rauminhalt der Kugel

Losung: Die erzeugende Profilflache ist eineHalbkreisflache mit dem Radius r und demSchwerpunktsabstand x0 ¼ 4r=3p von der Dreh-achse (siehe 2.2.2).

V ¼ A � 2px0 ¼ pr2

2� 2p 4r

3p¼ 4

3pr3

V ¼ 4

3pr3

2. �bung: Der Rauminhalt des Kegels

Losung: Die erzeugende Flache ist ein Dreieckmit der Hohe h, der Grundlinie r und dem Schwer-punktsabstand x0 ¼ r=3 von der Drehachse.

V ¼ A � 2px0 ¼ rh

2� 2p r

3¼ 1

3pr2h

V ¼ p

3r 2h

3. �bung: Die Oberflache der Kugel

Losung: Die Profillinie ist ein Halbkreisbogen mitdem Radius r und dem Schwerpunktsabstandx0 ¼ 2r=p von der Drehachse (siehe 2.3.2).

A ¼ l � 2px0 ¼ pr � 2p 2r

p¼ 4pr2

A ¼ 4pr 2

4. �bung: Die Mantelflache des Kegels

Losung: Die erzeugende Linie ist die Mantelliniemit der Lange s und dem Schwerpunktsabstandx0 ¼ r=2 von der Drehachse.

A ¼ l � 2px0 ¼ s � 2p r

2¼ prs

A ¼ pr s

Aufgaben Nr. 239–264

2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit

2.5.1 GleichgewichtslagenDie Lage des Schwerpunkts eines Korpers bezogen auf seine Standflache bestimmt seineStandsicherheit. Man unterscheidet folgende Gleichgewichtslagen:

2.5.1.1 Stabiles Gleichgewichtliegt vor, wenn der Schwerpunkt S bei einer Lage-anderung gehoben wird. Hierbei entsteht immerein ruckstellendes Kraftmoment, das den Korperwieder in die Ausgangslage zuruckfuhrt.

Schwerpunktsweg Schwerpunktsweg

Schwer-punktsweg

D =DrehpunktS

SS

FG

FG

FG

D

2.5.1.2 Labiles Gleichgewichtliegt vor, wenn der Schwerpunkt S bei schon kleinerLageanderung gesenkt wird. Hierbei entsteht im-mer ein ablenkendes Kraftmoment, das den Korperimmer weiter aus der Ausgangslage herausfuhrt.

Schwerpunktsweg Schwerpunktsweg

S S

FG

FG

D

2.5.1.3 Indifferentes Gleichgewicht

liegt vor, wenn der Schwerpunkt S bei kleinsterLageanderung weder gehoben noch gesenkt wird.Hierbei entstehen weder ruckstellende noch ablen-kende Kraftmomente.

SchwerpunktswegSS = D

FG FG

2 Schwerpunktslehre86

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2.5.2 Standsicherheit

2.5.2.1 Kippmoment, Standmoment, Standsicherheit

Das Kippen eines Korpers soll untersucht werden:Der skizzierte Korper steht frei beweglich auf einerrauen horizontalen Standflache. Die waagerechtwirkende Kraft F greift im Abstand a so hoch vonder Standflache an, dass der Korper nicht nachrechts wegrutscht. Bei genugend großer Kraft Fwird der Korper eine Drehbewegung um die Kor-perkante K (Kippkante) ausfuhren: Der Korperkippt.

WL

der

Resu

ltiere

nden

S

A FG

F

CB

f

b

a

Standfläche Kippkante K

Im Augenblick des Ankippens wirkt das (rechts-drehende) Kippmoment Mk ¼ Fa um die Kipp-kante K.

Mk ¼ Fa Kippmoment

Zugleich wirkt dem Kippmoment Mk entgegen-gerichtet (linksdrehend) das StandmomentMs ¼ FGb, das den Korper in der Ruhelage zu hal-ten sucht.

Ms ¼ FG b Standmoment

Der Korper wird nicht kippen, solange das Stand-moment Ms großer ist als das Kippmoment Mk.Der Sicherheitsgrad gegen das Kippen wird durchdas Verhaltnis beider Momente ausgedruckt. Die-ses Momentenverhaltnis nennt man die Standsi-cherheit S.

S ¼ Ms

Mk¼ FG b

Fa

Standsicherheit

S > 1 sicherer StandS ¼ 1 KippgrenzeS < 1 kippen

Ist S ¼ 1, also FGb ¼ Fa, so geht die Resultieren-de Fr der beiden Krafte durch die Kippkante K(keine Drehung). Der Korper befindet sich geradenoch im Gleichgewicht. Je mehr sich Punkt B demPunkt A nahert, umso großer ist die Standsicher-heit (S > 1). Fallt B mit A zusammen, ist dieStandsicherheit unendlich groß.

Wandert Punkt B uber die Kippkante K hinaus aufPunkt C, so ist S < 1 und der Korper kippt um.

Es kann notwendig sein, die Untersuchung zurStandsicherheit fur mehrere Kippkanten durch-zufuhren, z. B. bei beladenen Fahrzeugen und Kra-nen (siehe �bung).

Eine Betrachtung der geometrischen Verhalt-nisse zeigt:

Die Abstande f und a verhalten sich zueinan-der wie die Krafte F und FG.

f

a¼ F

FGund daraus a ¼ f FG

F

Diesen Ausdruck in die Standsicherheits-gleichung eingesetzt, ergibt:

S ¼ Ms

Mk¼ FG b

Fa¼ b

fStandsicherheit

Beim Berechnen von Ms und Mk addiert man dieKraftmomente jeweils mit positivem Vorzeichen,im Gegensatz zur sonst ublichen Vorzeichenregel(siehe �bung).

Beachte: Die Standsicherheit S hat immerdas positive Vorzeichen.

2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit 87

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2.5.2.2 �bung zur Standsicherheit

Die Skizze zeigt einen drehbaren Mobilkran mitden Langen l1 ¼ 1,8 m, l2 ¼ 2,5 m, l3 ¼ 7 m undl4 ¼ 0,9 m, gemessen von der vertikalen Bezugs-achse durch den Kippkantenpunkt A. Die Stand-sicherheit fur den unbelasteten Kran um den Kipp-kantenpunkt A und fur den belasteten Kran um Bsoll in beiden Fallen mindestens 1,5 betragen. FG3

FG1

l1l2

l4 l3

FG2

A B

Die Gewichtskrafte FG1 und FG2 sind bekannt, dieerforderliche Gewichtskraft FG3 soll ermittelt wer-den: FG1 ¼ 100 kN, FG2 ¼ 50 kN.

Außerdem sind die Achslasten FA und FB fur beideFalle zu berechnen.

Gegeben:

l1 ¼ 1,8 m, l2 ¼ 2,5 m, l3 ¼ 7 m, l4 ¼ 0,9 m

FG1 ¼ 100 kN, FG2 ¼ 50 kN

Smin ¼ 1,5

Gesucht:

Erforderliche Gewichtskraft FG3,

Achslasten FA und FB.

Losung: Fur den unbelasteten Mobildrehkran istdie Gewichtskraft FG2 ¼ 0. Der Kran kann um dieHinterachse (A) kippen mit dem KippmomentFG3 l4. Standmoment ist dann das rechtsdrehendwirkende Kraftmoment FG1 l1. Im umbelastetenZustand darf FG3 hochstens 133,3 kN betragen,jede großere Gewichtskraft FG3 fuhrt zu einer klei-neren Standsicherheit S.

S ¼ Ms

Mk¼ FG1 l1

FG3 l4

FG3 ¼ FG1 l1Sl4

¼ 100 kN � 1,8 m

1,5 � 0,9 m¼ 133,3 kN

Fur den belasteten Mobildrehkran enthalt dieStandsicherheitsgleichung die Kraftmomente furalle drei Gewichtskrafte. Der Kran kann um dieVorderachse (B) kippen durch das rechtsdrehendwirkende Kippmoment Mk ¼ FG2ðl3 � l2Þ. Imbelasteten Zustand muss die Gewichtskraft FG3

mindestens 78,7 kN betragen, wenn die Stand-sicherheit S mindestens 1,5 betragen soll. Jedegroßere Gewichtskraft FG3 > 78,7 kN fuhrt zueiner großeren Standsicherheit S.

Die Gewichtskraft FG3 darf also zwischen 78,7 kNund 133,3 kN betragen.

S ¼ Ms

Mk¼ FG1ðl2 � l1Þ þ FG3ðl2 þ l4Þ

FG2ðl3 � l2ÞSFG2ðl3 � l2Þ ¼ FG1ðl2 � l1Þ þ FG3ðl2 þ l4Þ

FG3 ¼ SFG2ðl3 � l2Þ � FG1ðl2 � l1Þl2 þ l4

FG3 ¼ 1,5 � 50 kN ð7� 2,5Þ m� 100 kN ð2,5� 1,8Þ mð2,5þ 0,9Þ m

FG3 ¼ 78,7 kN

Aufgaben Nr. 265–279

2 Schwerpunktslehre88

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3 Reibung

3.1 Grunderkenntnisse uber die Reibung

Mochte man den Reitstock einer Drehmaschine auf dem Drehmaschinenbett verschieben, spurtman einen Widerstand. Diese bewegungshemmende Kraft ist die Reibungskraft. Solange sichdie Beruhrungsflachen nicht gegeneinander bewegen, spricht man von Ruhe- oder Haftreibung,im anderen Fall von Gleitreibung. Dabei steht meistens einer der beiden Korper still (Reit-stockverschiebung auf dem Bett).

Durch Versuche bekommt man einige Grunderkenntnisse uber die wichtigsten Gesetze derReibung:

a) Man setzt ein Wagestuck von der Masse m ¼ 5 kg auf eine fest stehende Tischplatte, legteine Schlinge darum und misst mit einer Federwaage die parallel zur Tischebene erforder-liche Verschiebekraft F bei konstanter Geschwindigkeit (a). Sie ist notwendig, um diezwischen beiden Korpern wirkende Reibungskraft FR zu uberwinden. Man erkennt:Die Reibungskraft FR ist eine in der Beruhrungsflache wirkende Tangentialkraft. Sie ver-sucht den schnelleren Korper (das Wagestuck) zu verzogern, den langsameren oder stillste-henden Korper (den Tisch) dagegen zu beschleunigen. Die Kupplung ist ein gutes Beispieldafur. Bewegen sich beide Korper gegensinnig zueinander, dann wirkt die Reibungskraftauf beide verzogernd.

b) Verschiebt man einen Korper mit anderer Grundflache, aber gleichem Werkstoff und glei-cher Masse m ¼ 5 kg in gleicher Weise, so stellt sich an der Federwaage die gleiche Kraft-anzeige ein. Man erkennt:Die Reibungskraft FR ist unabhangig von der Große der Gleitflache. Man kann diese merk-wurdige Erscheinung damit erklaren, dass auch glatte, ebene Flachen nur in drei Punktenaufliegen.

c) Verdoppelt man die Masse auf 10 kg, so verdoppelt sich auch die Gewichtskraft FG unddamit auch die Normalkraft FN zwischen beiden Korpern. An der Federwaage stellt sichjetzt die doppelte Verschiebekraft ein, d. h. es muss jetzt mit 20 N statt vorher mit 10 Ngezogen werden. Man erkennt:Die Reibungskraft FR ist proportional der Normalkraft FN, mit der die beiden Flachenaufeinander gedruckt werden.

d) Benutzt man fur das Wagestuck eine andere Unterlage, z. B. eine Hartfaserplatte, so stellt sichauch eine andere Verschiebekraft, also auch eine andere Reibungskraft ein. Man erkennt: DieReibungskraft ist abhangig von denWerkstoffen der beiden aufeinander gleitenden Korper.

89

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6_3,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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e) Schon bevor das Wagestuck aus der Ruhe in die Bewegung gebracht wird, zeigt die Feder-waage eine Kraft an, die von null bis zu einem Hochstwert ansteigt, der großer ist, als dieReibungskraft FR zwischen gleitenden Flachen. Man erkennt:Auch zwischen ruhenden Korpern kann eine Reibungskraft wirken. Man nennt sie die Haft-reibungskraft FR0. Sie kann großer werden als die Gleitreibungskraft FR.

f) Durch weitere Versuche kann man noch zu folgenden Erkenntnissen kommen:Bei nicht allzu großer Gleitgeschwindigkeit ist die Reibungskraft FR unabhangig von derGleitgeschwindigkeit zwischen beiden Flachen.Auch ein rollender Korper wird durch eine Kraft abgebremst, die man den Rollwiderstandnennt. Er ist erfahrungsgemaß kleiner als die Gleit- oder Haftreibungskraft.Innerhalb bewegter (stromender) Flussigkeiten und Gase tritt ebenfalls Reibung auf. Auchsie versucht, die schnelleren Stromungsfaden zu verlangsamen und die langsameren zubeschleunigen.

3.2 Gleitreibung und Haftreibung

3.2.1 Reibungswinkel, Reibungszahl und Reibungskraft

Ein Korper druckt mit seiner GewichtskraftFG ¼ Normalkraft FN auf eine horizontale Gleit-flache und wird durch die Kraft F mit gleichbleibender Geschwindigkeit v bewegt. Beim Ver-schieben muss die Gleitreibungskraft uberwundenwerden. Sie wirkt immer tangential in der Ber-uhrungsflache. Den Richtungssinn findet man ausfolgender �berlegung:

Die Reibungskraft versucht, den schnellerenKorper zu verzogern, den langsameren (oderstillstehenden) dagegen zu beschleunigen.Ruhen beide Korper, bestimmt der zu erwarten-de Bewegungszustand den Richtungssinn derReibungskraft.

freigemachterKorper

Krafte auf dieGleitflache

Hinweis: Das Kippproblem durch dieKraftepaare FG, FN und F, FR bleibt hierunbeachtet, siehe dazu 2.5.2.1.

Der Krafteplan zeigt die vier miteinander imGleichgewicht stehenden Krafte. Die eingezeich-nete Diagonale ist die Resultierende aus der Nor-malkraft FN und der Reibungskraft FR, die alsErsatzkraft Fe bezeichnet werden kann. Man sieht,dass mit zunehmender Reibungskraft FR der Win-kel r zwischen Normalkraft FN und Ersatzkraft Fe

großer wird und dass die Reibungskraft der Tan-gensfunktion dieses Winkels proportional ist. Mannennt ihn den Reibungswinkel r. Seine Tangens-funktion wird als Reibungszahl m bezeichnet.

Krafteplan

tan r ¼ FR

FN) FR ¼ FN tan r

Reibungszahl m ¼ tan r

3 Reibung90

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Aus diesen Beziehungen erhalt man eine Glei-chung zur Berechnung der Reibungskraft FR.

Ruhen beide Korper aufeinander, kann die Haftrei-bungskraft von null bis auf einen Hochstwert an-wachsen, der großer ist als FR. Dann ist aber auchder Reibungswinkel großer als r. Man bezeichnetihn als den Haftreibungswinkel r0. Seine Tangens-funktion ist die Haftreibungszahl m0. Sie ist großerals die Gleitreibungszahl m, weil die Oberflachenrau-igkeiten im Ruhezustand ineinander eindringen kon-nen und dadurch zusatzliche Haftwirkung entsteht.

Reibungskraft ¼ Normalkraft �Reibungszahl

FR ¼ FN m Reibungskraft

Haftreibungszahl m0 ¼ tan r0m0 > m, weil r0 > r

Beachte: Reibungszahlen konnen nur durchVersuche ermittelt werden (siehe 3.2.2). Siesind unterschiedlich auch bei gleichartigenBedingungen (Werkstoff, Schmierzustand,Rautiefen) durch nicht erfassbare Einflusse.AngegebeneWerte sind immer nur Richtwerte.

Wie oben erhalt man eine Gleichung zur Berech-nung der maximalen Haftreibungskraft FR0max.Die Reibungszahlen m und m0 sind kleiner als eins.Folglich sind FR und FR0max immer ein Bruchteilder Normalkraft FN.

maximaleHaftreibungskraft

¼ Normalkraft �Haftreibungszahl

FR0max ¼ FNm0maximaleHaftreibungskraft

Tabelle 3.1 Reibungszahlen m0 und m (Klammerwerte sind die Gradzahlen fur r0 und r)1)

WerkstoffHaftreibungszahl m0 Gleitreibungszahl m

trocken gefettet trocken gefettet

Stahl auf Stahl 0,15 (8,5) 0,1 (5,7) 0,15 (8,5) 0,01 (0,6)Stahl auf Gusseisen (GJL) oder CuSn-Leg. 0,19 (10,8) 0,1 (5,7) 0,18 (10,2) 0,01 (0,6)Gusseisen (GJL) auf Gusseisen (GJL) 0,16 (9,1) 0,1 (5,7)Holz auf Holz 0,5 (26,6) 0,16 (9,1) 0,3 (16,7) 0,08 (4,6)Holz auf Metall 0,7 (35) 0,11 (6,3) 0,5 (26,6) 0,1 (5,7)Lederriemen auf Gusseisen (GJL) 0,3 (16,7)Gummiriemen auf Gusseisen (GJL) 0,4 (21,8)Textilriemen auf Gusseisen (GJL) 0,4 (21,8)Bremsbelag auf Stahl 0,5 (26,6) 0,4 (21,8)Lederdichtungen auf Metall 0,6 (31) 0,2 (11,3) 0,2 (11,3) 0,12 (6,8)

1) Die angegebenen Reibungszahlen sind Mittelwerte fur praktisch auftretende Streubereiche, z. B. mStahl ¼ 0,14 . . . 0,16.

3.2.2 Ermittlung der Reibungszahlen m und m0

Zur Ermittlung der Reibungszahlen benutzt maneine „Schiefe Ebene“ mit verstellbarem und ables-barem Neigungswinkel. Schiefe Ebene ist die ub-liche Bezeichnung fur „geneigte“ Ebenen mit demEbenenwinkel a 6¼ 0.

Der Prufkorper bleibt bei zunehmender Neigungder Ebene solange in Ruhe, bis der Neigungs-winkel a gleich dem Haftreibungswinkel r0 ist.

Liegt die Ebene unter dem Reibungswinkel r,dann gleitet der Korper nach dem Anstoßen mitgleich bleibender Geschwindigkeit abwarts.

3.2 Gleitreibung und Haftreibung 91

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In beiden Fallen ist der Prufkorper im Gleichge-wicht; es ergibt sich ein geschlossenes Krafteck.Der Winkel zwischen Normalkraft FN und Ge-wichtskraft FG ist beim Gleiten der Reibungswinkelr, denn FG ist die Gegenkraft der Ersatzkraft Fe.

Eine Betrachtung der geometrischen Verhaltnissezeigt, dass der Reibungswinkel r im Krafteck gleichdem Neigungswinkel a der schiefen Ebene ist.

freigemachterPrufkorper

Krafteck

Man braucht beim Versuch also nur den Neigungs-winkel der schiefen Ebene abzulesen. Seine Tan-gensfunktion ist die Reibungszahl m (oder m0).

tan r ¼ FR

FN¼ m tan r0 ¼

FR0max

FN¼ m0

Zum gleichen Ergebnis kommt man auch mit Hilfeder rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen.Als x-Achse legt man die Richtung der schiefenEbene fest und zerlegt die Gewichtskraft in ihreKomponenten FG sin r und FG cos r.

Dann mussen beim gleichformigen Abwartsgleitendie Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0 undSFy ¼ 0 erfullt sein. Die Gleichungsentwicklungzeigt, dass der Tangens des Neigungswinkelsgleich der Reibungszahl m ist, also ist auch derNeigungswinkel gleich dem Reibungswinkel r.

Lageskizze

I. SFx ¼ 0 ¼ �FG sin rþ FR

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos r

FG sin r ¼ FR ¼ FNm ; FG cos r ¼ FN

FG sin r

FG cos r¼ FN m

FN¼ m ¼ tan r

Versuche mit verandertem Neigungswinkel a las-sen erkennen, dass der Korper solange in Ruhebleibt, solange a � r0 ist. Der Bereich zwischenden Winkeln null und r0 heißt Selbsthemmungs-bereich.

Wenn a � r0 ist, dann ist auch

tan a � tan r0tan a � m0

Selbsthemmungsbedingung

3.2.3 Der Reibungskegel

Ist die Reibungszahl m0 und damit der Reibungs-winkel r0 bekannt, kann der so genannte Rei-bungskegel gezeichnet werden.

Man dreht dazu eine um den Reibungswinkel r0gegen die Wirklinie der Normalkraft FN geneigteGerade um die Pfeilspitze von FG.

Der Korper bleibt solange in Ruhe, wie die Resul-tierende Fr aller außeren Krafte innerhalb desReibungskegels liegt. Jede Mantellinie des Rei-bungskegels ist eine Wirklinie der aus Haft-reibungskraft FR0max und der Normalkraft (hierFG ¼ FN) zusammengesetzten Ersatzkraft Fe.

3 Reibung92

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Lehrbeispiel: Reibung in Ruhe und Bewegung

Aufgabenstellung:Zwei Korper a und b mit den Gewichtskraften FG1 und FG2 liegenubereinander auf einer ebenen Unterlage. In den beiden Gleit-flachen sind die Reibungszahlen:

m0I ¼ 0,19 mI ¼ 0,17m0II ¼ 0,12 mII ¼ 0,11

a) Wie groß muss F werden, damit der Ruhezustand gerade aufgehoben wird?Wie verhalt sich Korper b?

Losung: FR0I max großte Reibungskraft, die Korper a auf b in Richtungvon F ausubt, bevor Gleiten eintritt.

FR0II max großte Reibungskraft, die den Korper b am Verschiebenin Richtung von F hindert.

Fur Korper b gilt:SFy ¼ 0 ¼ �FG1 � FG2 þ FN ; FN ¼ FG1 þ FG2

SFx ¼ 0 ¼ FR0I max � FR0II max

FR0I max ¼ FG1 � m0I ¼ 52 N � 0,19 ¼ 9,88 N

Lageskizze FR0II max ¼ FN � m0II ¼ ðFG1 þ FG2 Þ � m0II ¼ 76 N � 0,12 ¼ 9,12 N

Erkenntnis: Die Reibungskraft in der Ebene II ist kleiner. Der Ruhe-zustand wird hier zuerst aufgehoben. Die Kraft F muss sein:

F ¼ FR0II max ¼ 9,12 N

Korper a bleibt zu b in Ruhe, sie gleiten gemeinsam auf der Unterlage.

b) Wie groß muss F sein, wenn a schon in Bewegung ist und weitergleiten soll, wahrend b festgehaltenwird?

Losung:

SFy ¼ 0 ¼ �FG1 þ FN FN ¼ FG1

SFx ¼ 0 ¼ F � FRI F ¼ FRI ¼ FN � mI ¼ FG1 � mIF ¼ 52 N � 0,17 ¼ 8,84 N

Lageskizze

Mit F � 8,84 N bleibt a in Bewegung.

c) Was geschieht, wenn beim Vorgang in Aufgabe b) der Korper b plotzlich losgelassen wird?

FRI ¼ Reibungskraft von Korper a auf b beim Gleitenausgeubt ¼ Mitnahmekraft. FRI ¼ 8,84 N siehe b)

FR0II max ¼ Reibungskraft, die Korper b auf seiner Unterlageam Verschieben hindert. FR0II max ¼ 9,12 N siehe a)

FR0II max > FRI

Lageskizze Beim Loslassen bleibt Korper b in Ruhe.

Körper b

F

Körper a

I

IIF = 24 NG2

F = 52 NG1

FG1

FN

FR0 I max

FR0 II maxFG2

Körper b

I

II

FG1

FN

FRII

F

Körper a

FG1

FG2FN

FRI

FR0 II max Körper b

I

II

3.2 Gleitreibung und Haftreibung 93

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3.2.4 �bungen zur Losung von Reibungsaufgaben

Reibungsaufgaben konnen zeichnerisch oder rechnerisch gelost werden. Es werden dazu die-selben, aus der Statik bekannten Verfahren, benutzt. Nur muss man jetzt schon beim Freima-chen auch die Reibungskrafte (Tangentialkrafte) mit berucksichtigen.

Bei jeder rechnerischen Losung wird schon im Losungsansatz die Reibungskraft durch das Pro-dukt aus Normalkraft und Reibungszahl ersetzt: FR ¼ FN m. Dann ergeben sich wiederGleichungssysteme mit zwei oder drei Unbekannten, die in der bekanntenWeise aufgelost werden.

1. �bung: Die skizzierte Backenbremse wird mitder Kraft F ¼ 200 N angezogen. Die Reibungszahlbetragt m ¼ 0,5.

Abmessungen: l ¼ 700 mml1 ¼ 250 mml2 ¼ 100 mmd ¼ 300 mm

Fur Rechtsdrehung der Bremsscheibe sollen rech-nerisch ermittelt werden: Reibungskraft FR, Nor-malkraft FN auf die Bremsbacke, Lagerkraft FD imDrehpunkt D des Bremshebels, Bremsmoment M.

Aufgabenskizze

Losung: Man zeichnet die Lageskizzen des frei-gemachten Bremshebels und der freigemachtenBremsscheibe. Zwischen Bremsscheibe undBremsklotz wirken an jedem FlachenteilchenTeil-Normalkrafte und Teil-Reibungskrafte. Dieresultierende Normalkraft FN und die entsprechen-de resultierende Reibungskraft FR greifen am obe-ren Beruhrungspunkt zwischen Bremsscheibe undBremsklotz an.

Die Normalkraft FN wirkt

bezogen auf den Bremshebel in y-Richtungnach oben, bezogen auf die Bremsscheibe ent-gegengesetzt nach unten.

Die Reibungskraft FR wirkt

bezogen auf den Bremshebel und bei rechts-drehender Bremsscheibe nach rechts, bezogenauf die Bremsscheibe nach links.

Beim Festlegen des Richtungssinns der Reibungs-kraft FR muss immer sorgfaltig uberlegt werden. Einfalscher Richtungssinn fur die Reibungskraft fuhrtzu falschen Ergebnissen der folgenden Rechnungen.

3 Reibung94

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Begonnen wird mit den drei Gleichgewichtsbe-dingungen am freigemachten Bremshebel. AlsBezugspunkt fur die Momentengleichgewichts-bedingung wird der Hebeldrehpunkt D gewahlt:SMðDÞ ¼ 0.

FR

I: SFx ¼ 0 ¼ FNmzffl}|ffl{

�FDx

II: SFy ¼ 0 ¼ FN � F � FDy

III: SMðDÞ ¼ 0 ¼ FN l1 þ FN m l2 � Fl

Aus Gleichung III kann man die Normalkraft FN

berechnen. Mit FR ¼ FNm erhalt man dann dieReibungskraft FR.

III. FN ¼ Fl

l1 þ m l2

FN ¼ 200 N � 700 mm

ð250þ 0,5 � 100Þ mm¼ 466,7 N

FR ¼ FN m ¼ 233,3 N

Mit den Gleichungen I und II erhalt man Berech-nungsgleichungen fur die LagerkraftkomponentenFDx und FDy und damit auch fur FD.

I. FDx¼ FN m ¼ 233,3 N

II. FDy ¼ FN � F ¼ ð466,7� 200Þ N ¼ 266,7 N

FD ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFDx

2 þ FDy2

q¼ 354,3 N

Das Bremsmoment M ist das statische Momentdes Kraftepaares, das aus den beiden Reibungs-kraften gebildet wird.

M ¼ FRd

2¼ 233,3 N � 0,15 m ¼ 35 Nm

2. �bung: Fur dieselbe Bremse wie in der ersten�bung sollen die unbekannten Krafte zeichnerischermittelt werden, jedoch fur eine Linksdrehung derBremsscheibe.

Losung: Man zeichnet den Lageplan des Brems-hebels. Damit ist maßstablich die Lage der An-griffspunkte aller am Bremshebel angreifendenKrafte bekannt. Es sind drei Angriffspunkte. Manlost daher die Aufgabe nach dem 3-Kraftever-fahren (1.2.4.3, Seite 28).

Die Wirklinie der Kraft F kann man gleich ein-zeichnen. Am Punkt R greift die nach links wir-kende Reibungskraft FR an, ebenso die nach obenwirkende Normalkraft FN. Punkt D ist der An-griffspunkt der Lagerkraft FD, deren Wirklinienoch gefunden werden muss.

Bei allen Reibungsaufgaben dieser Art, bei denendie Reibungszahl m bekannt ist, muss man sich im-mer als Erstes fragen, wie die Wirklinie der Ersatz-kraft Fe einzuzeichnen ist. Mit der Reibungszahl mist immer auch der Reibungswinkel r ¼ arctan mbekannt. Er betragt hier r ¼ arctan 0,5 ¼ 26,6�.

LageplanLangenmaßstab

ML ¼ 150mm

cm(1 cm ¼b 150 mm)

3.2 Gleitreibung und Haftreibung 95

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Entsprechend dem Richtungssinn von FR und FN

wirkt die Ersatzkraft Fe nach links oben. Damit istdie Lage der Wirklinie WL Fe gefunden.

Man bringt nun WL Fe und WL F zum Schnitt-punkt S und hat damit auch die Lage der WirklinieWL FD der gesuchten Lagerkraft.

Den Krafteplan beginnt man mit dem Aufzeichnender gegebenen Kraft F. Durch Anfangs- und End-punkt von F werden Parallelen zu den WirklinienWL Fe und WL FD im Lageplan gezeichnet.

Damit hat man die Langen der Kraftpfeile fur dieErsatzkraft Fe und fur die Lagerkraft FD. Der Rich-tungssinn ergibt sich aus der Bedingung des fort-laufenden Kraftezugs („Einbahnverkehr“) fur dasgeschlossene Krafteck.

KrafteplanKraftemaßstab:

MK ¼ 200N

cm

(1 cm ¼b 200 N)

Die horizontale Komponente der Ersatzkraft Fe istdie Reibungskraft FR, die vertikale Komponenteist die Normalkraft FN. Auf gleiche Weise findetman die Komponenten FDx und FDy der LagerkraftFD. Die Multiplikation der abgemessenen Pfeillan-gen mit dem festgelegten Kraftemaßstab MK ergibtdie Betrage fur die gesuchten Krafte.

Man misst ab:

FD ¼ 3 cm � 200 N

cm¼ 600 N

FDx ¼ 1,75 cm � 200 N

cm¼ 350 N

FDy ¼ 2,5 cm � 200 N

cm¼ 500 N

FN ¼ 3,5 cm � 200 N

cm¼ 700 N

FR ¼ 1,75 cm � 200 N

cm¼ 350 N

Bei Rechtsdrehung der Bremsscheibe betrug dieReibungskraft FR ¼ 233,3 N. Bei Linksdrehungist sie großer: FR ¼ 350 N. Folglich ist bei Links-drehung auch das Bremsmoment M großer als beiRechtsdrehung der Bremsscheibe.

M(Rechtsdrehung) ¼ 35 Nm

M(Linksdrehung) ¼ FR � d

2

¼ 350 N � 0,15 m

¼ 52,5 Nm

3 Reibung96

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3. �bung: In der skizzierten Stellung lehnt eineLeiter von der Lange l an der senkrechten Wand.Mit dem waagerechten Boden schließt sie denNeigungswinkel a ein. Neben l und a sind dieReibungszahlen mA und mB in den Stutzpunkten Aund B bekannt. Eine Person mit der GewichtskraftFG besteigt die Leiter.

Aufgabenskizze

Gesucht ist eine Funktionsgleichung der Formh ¼ f (l, a, mA, mB, FG)

fur die Steighohe h, bei der die Leiter zu rutschenbeginnt.

Losung: Man zeichnet die Lageskizze der freige-machten Leiter im Zustand des Rutschbeginns.

Im Stutzpunkt A wirkt die vertikale Wand mit derNormalkraft FNA nach rechts auf die Leiter und dieReibungskraft FRA ¼ FNA mA nach oben.

In B wirkt die Normalkraft FNB nach oben, dieReibungskraft FRB ¼ FNBmB nach links auf dieLeiter. Man kann nun die drei Gleichgewichts-bedingungen fur das ebene Kraftesystem ansetzenund auswerten.

Lageskizze derfreigemachtenLeiter beiRutschbeginn

Mit dem richtigen Ansatz der drei Gleichgewichts-bedingungen wird der physikalische Sachverhaltin Bezug auf die Leiter vollstandig erfasst. Daherkurzt man die nun erforderlichen algebraischenRechnungen zur Ermittlung der gesuchten Glei-chung fur die Steighohe h ab.

I. SFx ¼ 0 ¼ FNA � FNB mBII. SFy ¼ 0 ¼ FNA mA þ FNB � FG

III. SFðBÞ ¼ 0 ¼ �FNA l sin a��FNA mA l cos aþ FG

hz}|{l1

tan a

3.2 Gleitreibung und Haftreibung 97

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Es stehen drei voneinander unabhangige Gleichun-gen fur die drei unbekannten Großen h , FNA undFNB zur Verfugung. Das Gleichungssystem ist los-bar.

Wichtigste Erkenntnis der Entwicklung:

Die Gewichtskraft FG fallt heraus. Die Steighohe hist nur abhangig von der Leiterlange l, dem Nei-gungswinkel a und den Reibungszahlen, dagegennicht von der Gewichtskraft.

Aus I. FNB ¼ FNA

mBeingesetzt in II.:

II. FNAmA þ FNA

mB� FG ¼ 0

FNA mA þ 1

mB

� �¼ FG

FNA ¼ FG

mA þ 1

mB

eingesetzt in III.:

FGh

tan a¼ FG l

mA þ 1

mB

ðsin aþ mA cos aÞ

h ¼ l tan a

mA þ 1

mB

ðsin aþ mA cos aÞ

Ein numerisches Beispiel mit l ¼ 4 m, a ¼ 60�,mA ¼ mB ¼ 0,2 ergibt die Steighohe h ¼ 1,287 m.

Beispiel:

mA ¼ mB ¼ 0,2

l ¼ 4 m; a ¼ 60�

Zur Sicherheit wird hier mit der GleitreibungszahlmA ¼ mB ¼ 0,2 gerechnet.

h ¼ 4 m � tan 60�

0,2þ 1

0,2

ðsin 60� þ 0,2 � cos 60�Þ

h ¼ 1,287 m

Die zeichnerische Losung der Aufgabe wird amBeispiel einer Zylinderfuhrung vorgefuhrt.(Abschnitt 3.4.2, Seite 114).

Aufgaben Nr. 301–334

3 Reibung98

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3.3 Reibung auf der schiefen Ebene

Reibungsbetrachtungen an vielen Maschinenteilen (z. B. Schraube, Schnecke, Keil) lassen sichauf die Reibungsverhaltnisse eines Korpers auf der schiefen Ebene zuruckfuhren.

Man unterscheidet drei Grundfalle, je nachdem, ob der Korper auf der schiefen Ebene nachoben oder nach unten verschoben oder gehalten werden soll.

Es werden die Falle anhand von Aufgaben mit unterschiedlicher Wirklinie der Verschiebekraftuntersucht. Die Losung sucht man auf analytischem Weg mit den beiden rechnerischen Gleich-gewichtsbedingungen nach der Lageskizze (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0). Anschließend wertet man dasunmaßstablich gezeichnete Krafteck (Krafteckskizze) trigonometrisch aus. Auf eine maßstab-liche zeichnerische Losung wird verzichtet. Sie ist hier umstandlich und wegen der meist kleinenReibungswinkel ungenau, z. B. ist fur m ¼ 0,1 der Reibungswinkel r ¼ 5,7� (siehe Seite 91).Den Korper stellt man sich sehr flach vor, so dass er nicht kippen kann. Dann konnen dieKrafte als zentrales Kraftesystem behandelt werden. Diese Vereinfachung ist technisch zulas-sig, und sie hilft, das Reibungsproblem besser zu erkennen. Die mathematischen Bedingungenwerden einfacher, weil dann keine Kraftepaare berucksichtigt werden mussen.

3.3.1 Verschieben des Korpers nach oben (1. Grundfall)

3.3.1.1 Zugkraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel

Ein Korper liegt auf einer schiefen Ebene, die un-ter dem Ebenenwinkel a zur Waagerechten geneigtist. Die Zugkraft F wirkt unter dem Zugwinkel bzur Waagerechten. Der Korper wird durch dieKraft F mit gleichbleibender Geschwindigkeitnach oben gezogen.

Aufgabenskizze

Es soll eine Gleichung zur Berechnung der Zug-kraft F entwickelt werden.

Gegeben: FG, a, b, m

Gesucht: F ¼ f (FG, a, b, m)

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachtenKorpers mit der Gewichtskraft FG und ihren Kom-ponenten FG sin a und FG cos a , der Zugkraft Fund deren Komponenten F sin g und F cos g, derNormalkraft FN und der Reibungskraft FR ¼ FNm.Die Reibungskraft FR bremst den Korper gegen-uber der ruhenden schiefen Ebene. Sie wirkt daherder Bewegungsrichtung des Korpers entgegennach links unten.

Die x-Achse des rechtwinkligen Achsenkreuzeslegt man in Richtung der schiefen Ebene. Dannwird die Lageskizze mit den Kraftkomponentenubersichtlicher, und es ergeben sich einfachererechnerische Beziehungen. Den Winkel b� a be-zeichnet man mit dem griechischen Buchstaben g.

1. Schritt

Lageskizze

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 99

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Aus der Lageskizze konnen die beiden Gleich-gewichtsbedingungen abgelesen werden.

2. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g� FG sin a� FR

II. SFy ¼ 0 ¼ FN þ F sin g� FG cos aFR ¼ FNm

Man lost Gleichung II nach der Normalkraft FN

auf und setzt diesen Ausdruck in Gleichung I ein.

Die neue Gleichung I wird nach der Zugkraft Faufgelost. Damit erhalt man die gesuchte Bezie-hung

F ¼ f (FG, a, g, m) und mit g ¼ b� a

F ¼ f (FG, a, b, m)

Diese Gleichung sieht recht kompliziert aus. Abersie gilt auch fur den allgemeinen Kraftrichtungs-fall. Bei technischen Geraten wirkt die Kraft Fmeist parallel (Schragaufzug) oder waagerecht(Schraube) zur schiefen Ebene. Die Zugkraftglei-chung wird dann einfacher.

3. Schritt

II. FN ¼ FG cos a� F sin gI. SFx ¼ 0 ¼ F cos g� FG sin a�

� ðFG cos a� F sin gÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}FN

m

F cosgþ F singm ¼ FG sinaþ FG m cosa

F ¼ FGsin aþ m cos a

cos gþ m sin g

F ¼ FGsin aþ m cos a

cos ðb� aÞ þ m sin ðb� aÞZugkraft beim Aufwartszug

3.3.1.2 Zugkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene

Analytische Losung:

Man zeichnet wieder die Lageskizze. Sie unter-scheidet sich von der vorhergehenden nur durchdie Richtung der Zugkraft F. Sie wirkt jetzt inRichtung der schiefen Ebene, das heißt, der Zug-winkel b ist gleich dem Ebenenwinkel a.

1. Schritt

Lageskizze

Man schreibt die allgemein gultige Zugkraftglei-chung auf und ersetzt darin den Zugwinkel bdurch den Ebenenwinkel a: ðb ¼ aÞ. Im Nenner istcos ða� aÞ ¼ cos 0� ¼ 1, sin ða� aÞ ¼ sin 0� ¼ 0.Damit erhalt man die spezielle Gleichung fur denFall, dass die Zugkraft F parallel zur schiefenEbene wirkt.

Weil in �bungsaufgaben und Klausuren haufig dieHerleitung der Zugkraftgleichung fur den speziel-len Fall verlangt wird, entwickelt man die Glei-chung noch einmal mit Hilfe der beiden Gleich-gewichtsbedingungen SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0. Dasist auch eine Kontrolle des Ergebnisses der vorher-gehenden Entwicklung aus der allgemeinen Zug-kraftgleichung.

2. Schritt

F ¼ FGsin aþ m cos a

cos ðb� aÞ þ m sin ðb� aÞF ¼ FG

sin aþ m cos a

cos ða� aÞ|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}1

þ m sin ða� aÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}0

F ¼ FGðsin aþ m cos aÞ F ¼ f (FG, a, m)

3. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ F � FG sin a� FNm

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a ) FN ¼ FG cos a

Der Ausdruck fur FN wird in I. eingesetzt:

I. SFx ¼ 0 ¼ F � FG sin a� FG cos am

F ¼ FGðsin aþ m cos aÞ

3 Reibung100

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Trigonometrische Losung:

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachtenKorpers mit der Gewichtskraft FG, der Verschiebe-kraft F, der Normalkraft FN und der Reibungs-kraft FR.

1. Schritt

Lageskizze

In der Krafteckskizze zeichnet man zuerst die Nor-malkraft FN (unmaßstablich) in Normalenrichtungzur schiefen Ebene und schließt rechtwinklig zuihr die Reibungskraft FR in beliebiger Lange an(dunne Pfeile). Beide werden zur Ersatzkraft Fe

zusammengefasst.

2. Schritt

Krafteckskizze

Dann schließt man das Krafteck, indem in den An-fangspunkt der Kraft Fe die Gewichtskraft FG undin ihren Endpunkt die Kraft F gelegt wird. DenReibungswinkel r tragt man zwischen der Nor-malkraft FN und der Ersatzkraft Fe, den Ebenen-winkel a der schiefen Ebene zwischen der Nor-malkraft FN und der Gewichtskraft FG ein.

Beachte:

Zwischen FN und Fe liegt immerder Reibungswinkel r,

zwischen FN und FG liegt immer der Ebenen-winkel a der schiefen Ebene,

zwischen FR und Fe liegt immer der Winkel90� � r.

Nun wird der Sinussatz fur die Krafte F und FG

und die ihnen gegenuber liegenden Winkel nachder Krafteckskizze angesetzt und daraus eine Glei-chung fur die Kraft F entwickelt. Man erkennt,dass die Kraft F von der Gewichtskraft FG, demEbenenwinkel a und dem Reibungswinkel r ab-hangig ist.

3. Schritt

F

sin ðaþ rÞ ¼FG

sin ð90� � rÞ ¼FG

cos r

Beachte: sin ð90� � rÞ ¼ cos r

F ¼ FGsin ðaþ rÞ

cos rF ¼ f (FG, a, r)

Man entwickelt die Gleichung mit Hilfe des Addi-tionstheorems

sin ðaþ bÞ ¼ sin a cos bþ cos a sin b

weiter und erhalt sie wieder in der Form mit derReibungszahl m.

Wird der Korper aus der Ruhe nach oben in Be-wegung gesetzt, tritt im Krafteck an die Stelle derReibungskraft FR die Haftreibungskraft FR0max

und an die Stelle des Reibungswinkels r derHaftreibungswinkel r0. Beide Gleichungen geltenauch fur diesen Fall, nur muss r durch r0 und mdurch m0 ersetzt werden.

4. Schritt

sin ðaþ rÞ ¼ sin a cos rþ cos a sin r

F ¼ FGsin a cos rþ cos a sin r

cos r

F ¼ FG sin acos r

cos rþ cos a

sin r

cos r

� �

Hierin istsin r

cos r¼ tan r ¼ m

F ¼ FGðsin aþ m cos aÞ F ¼ f (FG, a, m)

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 101

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Nachbetrachtung:BeideGleichungen sind „Funk-tionsgleichungen“. Sie zeigen die Abhangigkeitder gesuchten Kraft F von den „Einflussgroßen“FG, a, r und m:

F ¼ f ðFG,a, rÞ oder F ¼ f ðFG,a, mÞMan erkennt:

Die Kraft F wird umso großer, je großer die Ge-wichtskraft FG des Korpers ist, je großer der Ebenen-winkel a ist und je großer der Reibungswinkel r oderdie Reibungszahl m ist. Sie erreicht einen Hochst-wert, wenn der Ebenenwinkel a ¼ 90� � r ist.

Die Diskussion der ersten Gleichung zeigt:Die Kraft F ist der Gewichtskraft FG pro-portional;

sie wachst mit dem Ebenenwinkel a und demReibungswinkel r, denn die Summe aþ rwird großer und damit auch ihre Sinusfunk-tion, wahrend cos r kleiner wird;

den Hochstwert erreicht F, wenna ¼ 90� � r ist, denn dann wirdsin ðaþ rÞ ¼ 1, die Kraft F ist großer als FG

und nimmt bei zunehmendem Ebenenwinkelwieder ab, bis sie bei a ¼ 90� genauso großist wie die Gewichtskraft, weilsin ð90� þ rÞ ¼ cos r.

3.3.1.3 Zugkraft F wirkt waagerecht

Analytische Losung:1. Schritt

Als Erstes zeichnet man wieder die Lageskizze.

Die Zugkraft F soll diesmal waagerecht wirken.Dieser Fall ist von besonderer Bedeutung fur dasVerstandnis von Schraubgetrieben (Spindelpresse)und fur die Berechnung von Befestigungsschrau-ben. Auch hier wird zunachst vom allgemeinen Fallausgegangen, bei dem die Zugkraft F unter einembeliebigen Zugwinkel b zur Waagerechten wirkt.

Lageskizze

Man setzt in der allgemein gultigen Zugkraftglei-chung den Zugwinkel b ¼ 0, denn die Wirklinieder Zugkraft F soll waagerecht liegen.

Fur die trigonometrischen Funktionen im Nennergilt cos ð�aÞ ¼ cos a und sin ð�aÞ ¼ �sin a.

2. Schritt

F ¼ FGsin aþ m cos a

cos ðb� aÞ þ m sin ðb� aÞF ¼ FG

sin aþ m cos a

cos ð0� aÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}cos a

þ m sin ð0� aÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}� sin a

Damit erhalt man die spezielle Gleichung fur denFall, dass die Zugkraft F waagerecht wirkt. F ¼ FG

sin aþ m cos a

cos a� m sin aF ¼ f ðFG,a, mÞ

Es soll auch fur diesen Fall die Zugkraftgleichungmit Hilfe der beiden GleichgewichtsbedingungenSFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 hergeleitet werden.

Gleichung II lost man nach der Normalkraft FN

auf und setzt diesen Ausdruck in Gleichung I ein.Die Endgleichung stimmt mit der vorhergehendenuberein.

3. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos a� FN

z}|{FR

m� FG sin a

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a� F sin a

FN ¼ FG cos aþ F sin a

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos a� FG sin a��ðFG cos aþ F sin aÞ m

Fðcosa� m sinaÞ ¼ FGðsinaþ m cosaÞ

F ¼ FGsin aþ m cos a

cos a� m sin a

3 Reibung102

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Haufiger wird die Gleichung mit dem Reibungs-winkel r anstelle der Reibungszahl m gebraucht,zum Beispiel beim Schraubengewinde. Zur Um-wandlung der Gleichung wird eingesetzt:

Reibungszahl m ¼ tan r ¼ sin r

cos r

(siehe Abschnitt 3.2.1, Seite 90)

4. Schritt

F ¼ FG

sin aþ sin r

cos rcos a

cos a� sin r

cos rsin a

F ¼ FG

sin a cos rþ cos a sin r

cos rcos a cos r� sin a sin r

cos r

Wird nun Zahler und Nenner auf den gemein-samen Nenner cos r gebracht, erhalt man mit denentsprechenden Additionstheoremen die gesuchteGleichung mit dem Reibungswinkel r.

Mit Hilfe der folgenden trigonometrischen Losungkann man diese Gleichung direkt aus der Krafteck-skizze ablesen.

F ¼ FGsin ðaþ rÞcos ðaþ rÞ

F ¼ FG tan ðaþ rÞ F ¼ f ðFG,a, rÞ

Trigonometrische Losung:

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachtenKorpers.

1. Schritt

Lageskizze

Die Krafteckskizze wird wieder mit der Normal-kraft FN begonnen, an die man rechtwinklig dieReibungskraft FR (nach links unten) anschließt.Beide werden durch die Ersatzkraft Fe ersetzt.Dann schließt man das Krafteck aus Fe, FG und Fund tragt die Winkel a und r ein.

Das Krafteck ist ein rechtwinkliges Dreieck, ausdem man die Gleichung fur die Verschiebekraft Fablesen kann.

Die Gleichung gilt auch fur den Fall, dass der Kor-per aus der Ruhe nach oben angezogen wird, wennr durch r0 ersetzt wird.

Nachbetrachtung: Die Gleichung zeigt, dass dieVerschiebekraft F großer wird mit zunehmenderGewichtskraft FG, zunehmendem Ebenenwinkel aund zunehmendem Reibungswinkel r.

2. Schritt

Krafteckskizze

3. Schritt

F ¼ FG tan ðaþ rÞ F ¼ f ðFG,a, rÞ

Ist a ¼ 0, dann ist die Verschiebekraft F gleich derReibungskraft FR.

Wachst der Neigungswinkel gegen a ¼ 90� � r,geht die Verschiebekraft F gegen unendlich, d. h.schon bevor der Ebenenwinkel a ¼ 90� erreichenwird, ist eine Verschiebung nicht mehr moglich.

Ist a ¼ 0, wird tan ðaþ rÞ ¼ tan r ¼ m, unddamit F ¼ FGm. Bei waagerechter Ebene istFG ¼ FN, folglich auch F ¼ FN m ¼ FR.

Ist a ¼ 90� � r, dann isttan ðaþ rÞ ¼ tan ð90� � rþ rÞ undtan 90� ¼ 1. Dann wird F ¼ FG � 1 ¼ 1.

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 103

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3.3.2 Halten des Korpers auf der schiefen Ebene (2. Grundfall)

3.3.2.1 Haltekraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel

Die geometrischen Großen sind die gleichen wiein den vorhergehenden Untersuchungen.

Der Korper steht gerade vor dem Abgleiten undsoll durch die Kraft F auf der schiefen Ebene inRuhestellung gehalten werden. Die entsprechendeGleichung soll mit Hilfe der beiden Kraft-Gleich-gewichtsbedingungen SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 ge-funden werden.

Aufgabenskizze

Gegeben: FG, a, b, m0Gesucht: F ¼ f ðFG,a, b,m0Þ

Man zeichnet wieder die Lageskizze des freige-machten Korpers mit der x-Achse des Achsenkreu-zes in Richtung der schiefen Ebene.

Im Gegensatz zum 1. Grundfall (Verschiebennach oben) wirkt hier die maximale Haftreibungs-kraft FR0max ¼ FNm0 am Korper nach rechts oben.Sie versucht, ihn in der Ruhelage zu halten. Diedann noch erforderliche Haltekraft F ist mitSicherheit kleiner als die Zugkraft zum Aufwarts-ziehen im 1. Grundfall. Wegen der Ruhelage desKorpers gilt als Reibungszahl die Haftreibungszahlm0, nicht die (kleinere) Gleitreibungszahl m.

1. Schritt

Lageskizze

2. Schritt

Aus der Lageskizze liest man die beiden Gleich-gewichtsbedingungen ab und geht dann genau sovor wie im 1. Grundfall. Ein Vergleich zeigt, dasssich die beiden Gleichungssysteme nur durch denRichtungssinn der Reibungskraft unterscheiden.

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g� FG sin aþ FR0max

FR0max ¼ FN m0

II. SFy ¼ 0 ¼ FN þ F sin g� FG cos a

Gleichung II lost man nach der Normalkraft FN

auf und setzt diesen Ausdruck in Gleichung Iein.

II. FN ¼ FG cos a� F sin g 3. Schritt

Diese neue Gleichung I lost man nach der Halte-kraft F auf und erhalt damit die gesuchte Bezie-hung

F ¼ f ðFG,a, g, m0Þ und mit g ¼ b� a

F ¼ f ðFG,a, b, m0Þ

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g� FG sin aþþðFG cos a� F sin gÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

FN

m0

Fðcos g� m0 sin gÞ ¼ FGðsin a� m0 cos aÞ

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos g� m0 sin g

3 Reibung104

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Sieht man sich dazu die entsprechende Gleichungim 1. Grundfall (Seite 100) an, erkennt man, dasssich beide Gleichungen nur durch die Vorzeichender m0-Glieder unterscheiden. Die einzelnen Glie-der selbst sind gleich.

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos ðb� aÞ � m0 sin ðb� aÞ

F ¼ f ðFG,a, b,m0ÞHaltekraft F bei ruhendem Korper

Es ist noch zu uberlegen, ob und wie die HaltekraftF sich andert, wenn der Korper mit konstanterGeschwindigkeit abwarts gleitet. Da die Reibungs-kraft ihren Richtungssinn nach rechts oben beibe-halt, gibt es nur eine �nderung in der Gleichungfur die Haltekraft F: An die Stelle der Haftrei-bungszahl m0 tritt die Gleitreibungszahl m. Dam < m0 ist, muss die Haltekraft F beim gleichfor-migen Abwartsgleiten großer sein als beim Haltendes Korpers, weil die Gleitreibungskraft kleiner istals die Haftreibungskraft.

4. Schritt

F ¼ FGsin a� m cos a

cos ðb� aÞ � m sin ðb� aÞ

Haltekraft F beim gleichformigenAbwartsgleiten

3.3.2.2 Haltekraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene

Analytische Losung:1. Schritt

Man zeichnet die Lageskizze und geht dannwieder so vor wie in 3.3.1.2 auf Seite 100. Halte-kraft F und Haftreibungskraft FR0max wirken paral-lel zur schiefen Ebene nach rechts oben.

Der Zugwinkel b ist gleich dem Ebenenwinkel a.Das ist die �nderung des physikalischen Sach-verhalts gegenuber dem allgemeinen Fall.

Lageskizze

Den neuen Sachverhalt bringt man in die all-gemeine Haltekraftgleichung (siehe oben) ein.Dort ersetzt man den Zugwinkel b durch denEbenenwinkel a: (b ¼ a).

Im Nenner ist wieder

cos ða� aÞ ¼ cos 0 ¼ 1

sin ða� aÞ ¼ sin 0 ¼ 0

2. Schritt

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos ðb� aÞ � m0 sin ðb� aÞ

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos ða� aÞ|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}1

� m0 sin ða� aÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}0

Damit erhalt man die spezielle Gleichung fur denFall, dass die Haltekraft F parallel zur schiefenEbene wirkt.

F ¼ FG ðsin a� m0 cos aÞ F ¼ f ðFG,a, m0Þ

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 105

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Zur Kontrolle wird noch auf direktem Weg dieHaltekraftgleichung entwickelt. Dazu setzt mandie beiden Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0und SFy ¼ 0 an, die man aus der Lageskizze ab-lesen kann.

Das Ergebnis stimmt mit der vorher entwickeltenGleichung uberein.

3. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ F þ FN m0zfflffl}|fflffl{FR0max

�FG sin a

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cosa ) FN ¼ FG cosa

Der Ausdruck fur FN wird in I. eingesetzt:

I. SFx ¼ 0 ¼ F þ FG cos am0 � FG sin a

F ¼ FGðsin a� m0 cos aÞ

Trigonometrische Losung:

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachtenKorpers. Er ist gerade an der Grenze zwischenRuhe und Bewegung nach unten. Die maximaleHaftreibungskraft FR0max wirkt dann der zu erwar-tenden Bewegungsrichtung des Korper entgegennach rechts oben.

1. Schritt

Lageskizze

In der Krafteckskizze wird wieder zuerst die Nor-malkraft FN gezeichnet und rechtwinklig daran dieHaftreibungskraft FR0max. Beide fasst man zur Er-satzkraft Fe zusammen. Dann schließt man dasKrafteck aus Fe, F und FG. Die Winkel a und r0werden wie in der vorigen Aufgabe in die Kraft-eckskizze eingetragen: a zwischen FN und FG

und r0 zwischen FN und Fe.

2. Schritt

Krafteckskizze

Dann setzt man wieder den Sinussatz an und ent-wickelt daraus die Gleichung fur die Kraft F. Ausder Gleichung erkennt man, dass die erforderlicheHaltekraft F großer wird mit zunehmender Ge-wichtskraft FG und zunehmendem Ebenenwinkela. Sie wird kleiner bei zunehmendem Haftrei-bungswinkel r0. Das ist leicht zu erklaren, denndie Haftreibungskraft unterstutzt die Kraft F.

3. Schritt

F

sin ða� r0Þ¼ FG

sin ð90� þ r0Þ¼ FG

cos r0

Beachte: sin ð90� þ r0Þ ¼ cos r0

F ¼ FGsin ða� r0Þ

cos r0F ¼ f ðFG,a, r0Þ

Mit Hilfe des Additionstheorems

sin ða� r0Þ ¼ sin a cos r0 � cos a sin r0findet man auch die zweite Form der Funktions-gleichung fur die Kraft F.

4. Schritt

F ¼ FGðsin a� m0 cos aÞ F ¼ f ðFG,a,m0Þ

Beide Gleichungen gelten auch fur den Fall, dassder Korper gleichformig abwarts gleitet, wenn r0durch r und m0 durch m ersetzt wird.

Beachte:Beim Abwartsgleiten ist die erforder-liche Haltekraft F großer als in der Ruhe, weildie unterstutzende Reibungskraft kleiner ist.

3 Reibung106

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Nachbetrachtung: Aus der ersten Gleichung kannman erkennen, dass bei reibungsfreier Auflage desKorpers (r0 ¼ 0) die Haltekraft F gleich der „Ab-triebskomponente“ der Gewichtskraft FG sin awird.

Fur r0 ¼ 0 wird die Winkeldifferenza� r0 ¼ a und cos r0 ¼ 1, und es wird

F ¼ FGsin ða� 0Þ

1¼ FG sin a

Ist der Ebenenwinkel a gleich dem Haftreibungs-winkel r0, dann wird die Haltekraft F gleich null.Nur die Haftreibungskraft FR0max halt den Korperfest.

Ist der Ebenenwinkel a kleiner als der Haftrei-bungswinkel r0, dann ergibt die Gleichung einennegativen Wert fur die Haltekraft F. Das bedeutet,dass die Kraft entgegen dem angenommenen Rich-tungssinn wirken muss. Um aus der Ruhe in dieBewegung uberzugehen, muss der Korper abwartsgeschoben werden.

Fur r0 ¼ a wird sin ða� r0Þ ¼ sin 0� ¼ 0.Dadurch erhalt der ganze Quotient den Wertnull, es wird

F ¼ FGsin ðr0 � r0Þ

cos r0¼ FG

0

cos r0¼ 0

Fur a < r0 wird die Winkeldifferenz a� r0und damit auch ihre Sinusfunktion negativ.

Dadurch ergibt sich fur F ein negativer Wert.

Erkenntnis: Ist der Ebenenwinkel a � r0,bleibt der Korper von selbst auf der schiefenEbene liegen.

a � r0 Selbsthemmungsbedingung

3.3.2.3 Haltekraft F wirkt waagerecht

Analytische Losung:

Zunachst wird die allgemeine Gleichung (Seite105) fur den speziellen Fall der waagerecht wir-kenden Haltekraft F umgeschrieben. Dann ent-wickelt man aus den beiden Gleichgewichtsbedin-gungen die Haltekraftgleichung. Anschließendwird die Krafteckskizze wieder trigonometrischausgewertet.

1. Schritt

Lageskizze

Die Haltekraft F soll waagerecht von links nachrechts wirken. Dann gilt fur den Zugwinkel (Halte-winkel) b ¼ 0. Diese Bedingung bringt man in dieallgemeine Gleichung ein. Da nach wie vor derKorper gerade vor dem Abgleiten stehen soll, musswieder die Haftreibungszahl m0 eingesetzt werden.

2. Schritt

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos ðb� aÞ � m0 sin ðb� aÞ

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos ð0� aÞ � m0 sin ð0� aÞ

Mit b ¼ 0 wird im Nenner

cos ð�aÞ ¼ cos a

sin ð�aÞ ¼ �sin a

Damit ergibt sich die spezielle Gleichung fur einewaagerecht wirkende Haltekraft F.

F ¼ FGsina� m0 cosa

cosaþ m0 sinaF ¼ f ðFG,a, m0Þ

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 107

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Es soll auch hier wieder die Haltekraftgleichungaus den beiden GleichgewichtsbedingungenSFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 entwickelt werden.

Man kommt zum gleichen Ergebnis wie im vorher-gehenden Fall.

3. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ F cosaþ FN m0zfflffl}|fflffl{FR0max

�FG sin a

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a� F sin a

FN ¼ FG cos aþ F sin a

Gleitet der Korper gleichformig abwarts, ist anStelle der Haftreibungszahl m0 die Gleitreibungs-zahl m in die Gleichung einzusetzen. Wegenm < m0, ist die Haltekraft F großer als beim ruhen-den Korper.

Der Ausdruck fur FN wird in I. eingesetzt:

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos aþþðFG cosaþ F sinaÞ m0 � FG sina

F ¼ FGsin a� m0 cos a

cos aþ m0 sin a

Trigonometrische Losung:

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachtenKorpers. Er ist gerade an der Grenze zwischen Ruheund Bewegung nach unten. Folglich wirkt die maxi-male Haftreibungskraft FR0max der zu erwartendenBewegungsrichtung entgegen nach rechts oben.

1. Schritt

Lageskizze

Die Krafteckskizze beginnt man wieder mit derNormalkraft FN, schließt rechtwinklig nach rechtsoben die Haftreibungskraft FR0max an und fasstbeide zur Ersatzkraft Fe zusammen. Das Krafteckwird mit FG und F geschlossen, die Winkel a undr0 werden eingetragen.

2. Schritt

Krafteckskizze

Aus dem Krafteck liest man die Gleichung fur dieHaltekraft F ab.

F ¼ FG tan ða� r0Þ 3. Schritt

Die Gleichung gilt auch fur den Fall, dass derKorper gleichformig abwarts gleitet, wenn r0durch r ersetzt wird.

Nachbetrachtung: Die Gleichung zeigt, dass dieerforderliche Haltekraft F großer wird mit zuneh-mender Gewichtskraft FG und zunehmendem Ebe-nenwinkel a. Sie wird kleiner mit zunehmendemHaftreibungswinkel r0, weil die Haftreibungskraftjetzt die Haltekraft unterstutzt.

F ¼ f ðFG,a, r0ÞBeachte: Beim Abwartsgleiten ist die erfor-derliche Haltekraft F großer als in Ruhe.

Wird der Haftreibungswinkel r0 großer, dannwird dieWinkeldifferenz a� r0 kleiner, alsoauch ihre Tangensfunktion. Das ergibt aberauch einen kleineren Betrag fur die Halte-kraft F.

Ist der Ebenenwinkel a gleich dem Haftreibungs-winkel r0, dann wird die Haltekraft F gleich null,d. h. es liegt Selbsthemmung vor.

Ist der Ebenenwinkel a kleiner als der Haftrei-bungswinkel r0, dann ergibt sich eine negativeHaltekraft F, der Korper muss nach unten gescho-ben werden.

Fur a ¼ r0 wird tan ða� r0Þ ¼ tan 0� ¼ 0,und damit

F ¼ FG tan ðr0 � r0Þ ¼ FG � 0 ¼ 0.

Fur a < r0 wird die Winkeldifferenz unddamit auch ihre Tangensfunktion negativ.Dadurch ergibt sich fur die Haltekraft F einnegativer Betrag.

3 Reibung108

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3.3.3 Verschieben des Korpers nach unten (3. Grundfall)3.3.3.1 Schubkraft F wirkt unter beliebigem Schubwinkel

Im 1. Grundfall wurde der Korper auf der schiefenEbene nach oben gezogen, im 2. Grundfall imRuhezustand gehalten (oder herabgelassen). Im3. Grundfall wird der Korper unter der Wirkungder Schubkraft F gleichformig nach unten ver-schoben. Die Schubkraft F wirkt unter dem Schub-winkel b zur Waagerechten. Gesucht ist die Glei-chung zur Berechnung der Schubkraft F.

Aufgabenskizze

Gegeben: FG, a, b, m

Gesucht: F ¼ f ðFG,a, b,mÞ

Analytische Losung: 1. Schritt

Als Erstes wird wieder die Lageskizze des freige-machten Korpers gezeichnet.

Die Reibungskraft FR ¼ FNm wirkt der Bewe-gungsrichtung des Korpers entgegen nach rechtsoben. Sie versucht, den Korper abzubremsen wieim 2. Grundfall. In der Lageskizze fuhrt man denWinkel g ¼ b� a ein. Das vereinfacht die weiterealgebraische Entwicklung.

Aus der Lageskizze liest man wieder die beidenGleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 ab.Fur die Reibungskraft wird FR ¼ FNm eingesetzt.

Gleichung II wird nach FN aufgelost und dieserAusdruck in Gleichung I eingesetzt.

Diese neue Gleichung I lost man nach der Schub-kraft F auf. Das ist die Beziehung

F ¼ f ðFG,a, g, mÞSetzt man dann wieder g ¼ b� a ein, erhalt mandie gesuchte Beziehung in der Form

F ¼ f ðFG,a, b, mÞNachbetrachtung: Ein Vergleich der Schubkraft-gleichung mit der Haltekraftgleichung auf Seite106 zeigt, dass sie fast ubereinstimmen. Bis aufdie Vorzeichen im Nenner sind alle Glieder imZahler und im Nenner gleich. Rechnet man dieKraft F mit gleichen Großen fur beide Gleichun-gen aus, dann sind die Zahlenwerte gleich. Nur dieVorzeichen sind verschieden. Das muss so sein,denn die beiden Lageskizzen unterscheiden sichnur durch den Richtungssinn der Kraft F.

Lageskizze

2. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m� F cos g� FG sin a

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a� F sin g

3. SchrittII. FN ¼ FG cos aþ F sin g

I. SFx ¼ 0 ¼ ðFG cos aþ F sin gÞ m�� FG sin a� F cos g

F sin gm� F cos g ¼ FG sin a�� FG cos am

F ¼ FGsin a� m cos a

m sin g� cos g

F ¼ FGsin a� m cos a

m sin ðb� aÞ � cos ðb� aÞF ¼ f ðFG,a, b, mÞ

Schubkraft F beim gleichformigen Abwarts-gleiten

Nennervergleich:

NS ¼ m sin ðb� aÞ � cos ðb� aÞin der Schubkraftgleichung

NH ¼ cos ðb� aÞ � m sin ðb� aÞin der Haltekraftgleichung

NS ¼ ð�1Þ � NH

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 109

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3.3.3.2 Schubkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene

Analytische Losung:1. Schritt

Als Erstes zeichnet man wieder die Lageskizze.Die Schubkraft F wirkt jetzt parallel zur schiefenEbene in negativer x-Richtung. Das gilt auch furdie Gewichtskraftkomponente FG sin a. Entgegen-gesetzt zur Schubkraftrichtung wirkt die Reibungs-kraft FR ¼ FN m. Rechtwinklig zur schiefen Ebenewirkt in negativer y-Richtung die Gewichtskraft-komponente FG cos a, in positiver y-Richtung dieNormalkraft FN.

Lageskizze

Da die Schubkraft parallel zur schiefen Ebenewirken soll, wird der Schubwinkel b gleich demEbenenwinkel a. Entsprechend schreibt man dieallgemeine Schubkraftgleichung von Seite 109 um.Im Nenner ist dann

sin ða� aÞ ¼ sin 0 ¼ 0

cos ða� aÞ ¼ cos 0 ¼ 1 .

Damit erhalt man die spezielle Gleichung fur denFall, dass die Schubkraft F parallel zur schiefenEbene wirkt.

Bis auf das Vorzeichen stimmt auch diese Glei-chung mit der entsprechenden Haltekraftgleichungin 3.3.2.2 (Seite 105) uberein, wenn dort m0 durchm ersetzt wird.

2. Schritt

F ¼ FGsin a� m cos a

m sin ðb� aÞ � cos ðb� aÞ

F ¼ FGsin a� m cos a

m sin ða� aÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}0

� cos ða� aÞ|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}1

F ¼ FGsin a� m cos a

�1

F ¼ FGðm cosa� sinaÞ F ¼ f ðFG,a, mÞ

Wie gewohnt findet man die Schubkraftgleichungauch mit Hilfe der beiden Gleichgewichtsbedin-gungen SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0.

3. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m� F � FG sin a

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a ) FN ¼ FG cos a

I. SFx ¼ 0 ¼ ðFG cos aÞ m� F � FG sin a

F ¼ FGðm cos a� sin aÞ

Es soll nun die Schubkraftgleichung in die Formmit dem Reibungswinkel r gebracht werden. Dazuersetzt man die Reibungszahl m durch den Tangensdes Reibungswinkels. Den Klammerausdruckbringt man auf den Hauptnenner cos r.

4. Schrittm ¼ tan r ¼ sin r

cos r

F ¼ FGsin r cos a� cos r sin a

cos r

Mit Hilfe des Additionstheorems

sin r cos a� cos r sin a ¼ sin ðr� aÞwird die gesuchte Gleichungsform gefunden.

F ¼ FGsin ðr� aÞ

cos rF ¼ f ðFG,a, rÞ

3 Reibung110

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3.3.3.3 Schubkraft F wirkt waagerecht

Analytische Losung:

Man geht wieder von der Lageskizze aus. DieSchubkraft F wirkt jetzt waagerecht. DiesesKraftesystem wirkt zum Beispiel am Gewindegangeiner Schraubenverbindung, wenn sie gelost wird.

1. Schritt

Lageskizze

Bei waagerechter Schubkraftrichtung ist derSchubwinkel b ¼ 0. Entsprechend schreibt manwieder die allgemeine Schubkraftgleichung um.

Mit b ¼ 0 wird im Nenner

sin ð�aÞ ¼ �sin a

cos ð�aÞ ¼ cos a

2. Schritt

F ¼ FGsin a� m cos a

m sin ðb� aÞ � cos ðb� aÞ

F ¼ FGsin a� m cos a

�m sin a� cos a|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}ð�1Þ ðm sin aþ cos aÞ

Damit ergibt sich die spezielle Gleichung fur einewaagerecht wirkende Schubkraft F. F ¼ FG

m cos a� sin a

m sin aþ cos aF ¼ f ðFG,a, mÞ

Diese Gleichung muss sich auch ergeben, wennman die beiden GleichgewichtsbedingungenSFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 auswertet.

3. Schritt

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m� FG sin a� F cos a

II. SFy ¼ 0 ¼ FN þ F sin a� FG cos a

FN ¼ FG cos a� F sin a

I. SFx ¼ 0 ¼ ðFG cos a� F sin aÞ m�� FG sin a� F cos a

F sin amþ F cos a ¼ FG cos am� FG sin a

Es soll auch diese Schubkraftgleichung in dieForm mit dem Reibungswinkel r gebracht werden.Diese Form ist bei Untersuchungen der Reibungs-verhaltnisse am Gewindegang gebrauchlich.

F ¼ FGm cos a� sin a

m sin aþ cos a

Man ersetzt zunachst die Reibungszahl m durchden Tangens des Reibungswinkels

m ¼ tan r ¼ sin r

cos r

Zahler und Nenner bringt man auf den Haupt-nenner cos r und erhalt die beiden Additionstheo-remesin r cos a� cos r sin a ¼ sin ðr� aÞsin r sin a� cos r cos a ¼ cos ðr� aÞDiese Schubkraftgleichung unterscheidet sich vonder Haltekraftgleichung in 3.3.2.3 nur durch dieWinkelvorzeichen. Das ist verstandlich, dennSchubkraft und Haltekraft haben entgegengesetz-ten Richtungssinn.

4. Schritt

F ¼ FG

sin r

cos rcos a� sin a

cos rzffl}|ffl{¼ 1

cos rsin r

cos rsin aþ cos a

cos r

cos r

F ¼ FG

sin r cos a� cos r sin a

cos rsin r sin aþ cos r cos a

cos r

F ¼ FGsin ðr� aÞcos ðr� aÞ

F ¼ FG tan ðr� aÞ F ¼ f ðFG,a, rÞ

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 111

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3.3.4 �bungen zur Reibung auf der schiefen Ebene

1. �bung: Auf einer schiefen Ebene (Rutsche)sollen Werkstucke nach dem Anstoßen mitkonstanter Geschwindigkeit abwarts gleiten. DerEbenenwinkel der Rutsche ist verstellbar. DieGleitreibungszahl betragt m ¼ 0,3.

Welcher Ebenenwinkel a muss eingestellt wer-den?

Gegeben: Gleitreibungszahl m ¼ 0,3Gleitgeschwindigkeit v ¼ konstantKeine Zug- oder Schubkraft(F ¼ 0)

Gesucht: Ebenenwinkel a

Losung: Da keine Zug- oder Schubkraft wirkt(F ¼ 0) und Gleichgewicht vorhanden ist (v ¼konstant), muss die Hangabtriebskomponente derGewichtskraft FG sin a gleich der ReibungskraftFR ¼ FNm sein (SFx ¼ 0). Die Normalkraft FN istgleich der Gewichtskraftkomponente FG cos a(SFy ¼ 0). Daraus ergibt sich der gesuchteEbenenwinkel a ¼ arctan m.

Das sind die �berlegungen zur Ermittlung derGleitreibungszahl m in Abschnitt 3.2.2 (Seite 91).

FG sin a ¼ FR ¼ FN m

FG cos a ¼ FN

FG sin a ¼ FG cos am

sin a

cos a¼ m ¼ tan a

a ¼ arctan m ¼ arctan 0,3

a ¼ 16,7�

Man hatte auch jede der in Abschnitt 3.3.3 her-geleiteten Gleichungen zur Losung ansetzen kon-nen, z. B. die Schubkraftgleichung aus Abschnitt3.3.3.2 (Seite 110).

Nach Seite 110 ist die Schubkraft

F ¼ FG ðm cos a� sin aÞ

Da keine Zug- oder Schubkraft wirken soll, mussin dieser Gleichung F ¼ 0 gesetzt werden.

0 ¼ FG ðm cos a� sin aÞ

Ist das Produkt zweier Faktoren gleich null, musseiner der beiden gleich null sein. Da die Gewichts-kraft FG nicht null sein kann, muss der Faktorm cos a� sin a ¼ 0 sein. Damit ergibt sich auchhier a ¼ arctan m ¼ 16,7�.

m cos a� sin a ¼ 0

sin a ¼ m cos a ) sin a

cos a¼ tan a ¼ m

a ¼ arctan m ¼ arctan 0,3

a ¼ 16,7�

2. �bung: Die Werkstucke auf der Rutsche ausder 1. �bung befinden sich zunachst in Ruhelage.Welche Kraft muss kurzzeitig parallel zur Rutscheauf ein Werkstuck wirken, um es in Bewegung zusetzen? Die Schubkraft F ist als Vielfaches derGewichtskraft FG anzugeben. Die Haftreibungs-zahl betragt m0 ¼ 0,5.

Gegeben: Haftreibungszahl m0 ¼ 0,5Ebenenwinkel a ¼ 16,7�Schubwinkel b ¼ Ebenenwinkel a

Gesucht: Schubkraft F ¼ f ðFGÞ

Losung: Fur die Lage der Krafte am Werkstuckgilt die Lageskizze von Seite 110 und damit auchdie dort hergeleitete Gleichung. Statt der Gleitrei-bungszahl m gilt die Haftreibungszahl m0.

Nach Seite 110 gilt mit m ¼ m0 dieSchubkraftgleichung

F ¼ FG ðm0 cos a� sin aÞDamit wird

F ¼ FG ð0,5 � cos 16,7� � sin 16,7�ÞF ¼ 0,19 � FG

Aufgaben Nr. 335–340

3 Reibung112

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3.4 Reibung an Maschinenteilen

3.4.1 Prismenfuhrung und Keilnut

Der Bettschlitten einer Werkzeugmaschine wirddurch die vertikal wirkende Belastung F in eineunsymmetrische Prismenfuhrung gedruckt undvon der Verschiebekraft FV auf den Fuhrungsfla-chen gleichformig verschoben. Es wird hier davonausgegangen, dass zwischen den beiden Fuhrungs-flachen unterschiedliche Reibungszahlen auftreten.

Es soll eine Gleichung zur Berechnung der Ver-schiebekraft FV entwickelt werden.

Man bringt an einer beliebigen Querschnitts-scheibe des Schlittens alle wirkenden Krafte anund schreibt dazu die Gleichgewichtsbedingungenin Richtung der drei Achsen eines raumlichenAchsenkreuzes auf.

Gleichung II lost man nach FN2 auf und schreibtdamit Gleichung I um.

In gleicher Weise wird mit Gleichung III verfah-ren. Dort erweitert man sin a1 mit cos a2=cos a2.

Man lost nun Gleichung III nach FN1 auf und setztdiesen Ausdruck in die Gleichung I ein. Daraus er-halt man die gesuchte Gleichung fur die Verschie-bekraft FV.

Die symmetrische Prismenfuhrung ist ein Sonder-fall mit a1 ¼ a2 ¼ a. Da man auch gleiche Rei-bungszahlen fur beide Gleitflachen annehmenkann, erhalt man eine einfache Beziehung fur dieVerschiebekraft FV. Nach den Gesetzen der Trigo-nometrie ist sin 2a ¼ 2 sin a cos a.

In diesem Fall ist es ublich, mit der Keilreibungs-zahl m0 ¼ m=sin a zu arbeiten. Darin ist a der hal-be Keilwinkel.

Die Gleichung fur die Keilreibungszahl zeigt, dassKeilnuten großere Reibungskrafte ubertragenkonnen als Ebenen (m0 > m). Daher konnen Keil-riemen großere Umfangskrafte (Drehmomente)ubertragen als Flachriemen.

Gegeben: Belastung FReibungszahlen m1, m2Winkel a1, a2

Gesucht: FV ¼ f ðF, m1, m2, a1, a2ÞI: SFz ¼ 0 ¼ FN1m1|fflffl{zfflffl}

FR1

þ FN2m2|fflffl{zfflffl}FR2

�FV

II. SFx ¼ 0 ¼ FN1 cos a1 � FN2 cos a2

III.SFy ¼ 0 ¼ FN1 sin a1 þ FN2 sin a2 � F

II. FN2 ¼ FN1cos a1

cos a2

I. FV ¼ FN1 m1 þ m2cos a1

cos a2

� �

III.F ¼ FN1 sin a1cos a2

cos a2þ cos a1

cos a2sin a2

� �

F ¼ FN1sin a1cos a2 þ cos a1sin a2

cos a2

¼ FN1sin ða1 þ a2Þ

cos a2

I. FV ¼ Fcos a2

sin ða1 þ a2Þ m1 þ m2cos a1

cos a2

� �

FV ¼ Fm1 cos a2 þ m2 cos a1

sin ða1 þ a2Þ

FV ¼ f ðF, m1, m2, a1, a2Þfur a1 ¼ a2 und m1 ¼ m2 wird

FV ¼ F2m cos a

sin 2a¼ F

2m cos a

2 sin a cos a¼ F

m

sin a

FV ¼ Fm0 ¼ FR m0 ¼ m

sin a

Keilreibungskraft Keilreibungszahl

Beachte: Kleiner Winkel a ergibt große Keil-reibungszahl, großer Winkel a kleine Keilrei-bungszahl.

Beispiel:Normalkeilriemen haben Keilwinkel(Rillenwinkel) von 32�, 34�, 36� und 38�.

3.4 Reibung an Maschinenteilen 113

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3.4.2 Zylinderfuhrung

Zylinderfuhrungen an bewegten Maschinenteilen(Pressenstoßel, Ziehschlitten) sollen reibungsarmfuhren und nicht klemmen. In manchen Fallenwird aber verlangt, dass die Fuhrung klemmt, z. B.bei Bohrmaschinentischen, um auch im unge-klemmten Zustand sicheren Halt zu gewahrleisten.Man muss also wissen, unter welchen Bedingun-gen eine Zylinderfuhrungsbuchse klemmt.

Aufgabe: Eine im Abstand l1 von der Fuhrungs-mitte wirkende Kraft F versucht, eine Fuhrungs-buchse von der Lange l zu verschieben. Unterwelcher Bedingung klemmt die Buchse?

Zylinderfuhrungen haben immer ein Pas-sungsspiel. Bei exzentrisch angreifenderVerschiebekraft kippt (verkantet) die Buchsegegen den Fuhrungszylinder. Betrachtet manbeide als absolut starre Korper (keine Verfor-mung), dann legt sich die Buchse an zwei imLangsschnitt diagonal gegenuberliegendenPunkten des Zylinders an. Dort treten Nor-mal- und Reibungskrafte auf.

Zeichnerische Untersuchung: Man zeichnet ei-nen Lageplan und tragt zuerst die Kraft F auf ihrerWirklinie ein. Die Buchse wird rechtsherum kippenund legt sich links oben im Punkt 1 und rechts un-ten im Punkt 2 an den Zylinder an. Dort zeichnetman die Normalkrafte FN1 und FN2 (auf die Buchsezu gerichtet) ein. Die Kraft F versucht, die Buchsenach unten zu verschieben. Die Reibungskrafte FR1

und FR2 werden mit entgegengesetztem Richtungs-sinn eingezeichnet (nach oben gerichtet).

Lageplan

Man fasst gedanklich die Normal- und Reibungs-krafte zu ihren Ersatzkraften zusammen. Ihre Wirk-linien konnen nach 3.2.3 (Seite 92) nur innerhalbdes Reibungskegels liegen, weil die Reibungskraftnie uber den Betrag FN tan r anwachsen kann. Nunist Gleichgewicht (Klemmen) nur moglich, wennsich die beiden Ersatzkrafte mit der Kraft F in ei-nem Punkt schneiden (siehe Seite 28, 3-Krafte-Ver-fahren). Dieser Punkt kann aber nur in der �ber-deckungsflache A der beiden Reibungskegel liegen,weil die Wirklinien der Ersatzkrafte nicht außer-halb der Reibungskegel liegen konnen. Folglichlautet die zeichnerische Klemmbedingung:

Eine Zylinderfuhrung klemmt, wenn die Wirk-linie der Resultierenden aller Verschiebekraftedurch die �berdeckungsflache der beidenReibungskegel geht.

Im Lageplan sind die Reibungskegel fur dieGleitreibung eingezeichnet.

Die Reibungskegel fur die Haftreibung habeneinen großeren Kegelwinkel, namlich 2 r0.

Ihre �berdeckungsflache A reicht also nochweiter nach links. Man kann dann bei klem-mender Buchse die Wirklinie der Kraft F bisan die Grenze der �berdeckungsflache nachlinks verschieben, ohne dass die Buchse zugleiten beginnt. Wird sie aber durchirgendeinen Umstand in Bewegung gesetzt,dann verklemmt sie sich nicht wieder, dennjetzt treten wieder die Reibungskegel furGleitreibung auf, und die Wirklinie der Kraft Fliegt dann im weißen Feld außerhalb der�berdeckungsflache.

Hinweis: Diese Klemmbedingung gilt auchfur andere Fuhrungsquerschnitte mit gegen-uberliegenden Fuhrungsflachen, z. B. fur dieFlachfuhrung mit seitlichen Fuhrungsflachen.

3 Reibung114

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Rechnerische Untersuchung: Man zeichnet eineLageskizze und stellt dafur die drei rechnerischenGleichgewichtsbedingungen auf (siehe Lageplan,Seite 114).

I. SFx ¼ 0 ¼ FN2 � FN1

II. SFy ¼ 0 ¼ FR1 þ FR2 � F

III.SMð2Þ ¼ 0 ¼ FN1l� FR1d � Fðl1 � d=2Þ

Aus der ersten Gleichung erkennt man, dass dieNormalkrafte FN1 und FN2 gleich groß sind. Da bei-de Flachen die gleiche Reibungszahl m haben, sindauch die beiden Reibungskrafte FR gleich groß.

I. FN1 ¼ FN2, daraus folgt:

FN1 m ¼ FN2 m ) FR1 ¼ FR2

Die Entwicklung der Gleichungen II und III ergibtdie rechnerische Klemmbedingung:

Eine Zylinderfuhrung klemmt, wenn die Fuh-rungslange l � 2m l1 ist. Hierin ist l1 der Wirk-abstand der Verschiebekraft von der Fuhrungs-mitte.

II. F ¼ 2FN1m; in III. eingesetzt:

III.FN1l� FN1md � 2FN1 mðl1 � d=2Þ ¼¼ 0j: FN1

l� md � 2m l1 þ 2md=2 ¼ 0

l � 2m l1 Klemmbedingung

Ist l > 2m l1, dann gleitet die Fuhrungsbuchse, undzwar umso leichter, je großer die Fuhrungslange list.

Beachte: Die Klemmbedingung ist unabhan-gig vom Betrag der Verschiebekraft F.

Aufgaben Nr. 345–347

3.4.3 Lager1)

3.4.3.1 Reibung am Tragzapfen (Querlager)

Der Tragzapfen einer Welle belastet das Lager mitder Kraft F und verursacht dadurch eine gleichgroßeNormalkraft FN. Versucht das Wellendrehmomentden ruhenden Zapfen zu drehen, wirkt zunachst dieHaftreibungskraft FR0max ¼ FN m0 mit ihrem „Rei-bungsmoment“ der Drehung entgegen. Man nenntdiesen Zustand Anlaufreibung. Die Reibungszahlbetragt dann m0 ¼ 0,1 . . . 0,25. Beim Anfahren trittMischreibung auf. Die Reibungszahl verringert sichvon m0 auf die Tragzapfenreibungszahl, kurz Zap-fenreibungszahl m ¼ 0,01 . . . 0,1. Erst bei hoherenGleitgeschwindigkeiten bildet sich zwischen Zap-fen und Lager ein tragfahiger Schmierfilm mit Flus-sigkeitsreibung. Die Zapfenreibungszahl sinkt dannweiter auf m ¼ 0,002 . . . 0,01.

Beispiel fur die Veranderung der Zapfenrei-bungszahl m:

Schmierung: �l

Werkstoff: Welle aus Stahl, Lager aus Rot-guss

Anlaufreibung: m0 ¼ 0,14

Mischreibung: m ¼ 0,02 . . . 0,1

Flussigkeitsreibung: m ¼ 0,003 . . . 0,006

1) Genauere Untersuchungen in Roloff/Matek: Maschinenelemente

3.4 Reibung an Maschinenteilen 115

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Lagerkraft F und Normalkraft FN sind praktischgleich groß. Darum wird die Lagerreibungskraftunmittelbar aus der Lagerkraft berechnet.

FR ¼ Fm Lagerreibungskraft

Die Lagerreibungskraft erzeugt ein dem Wellen-drehmoment entgegengerichtetes ReibungsmomentMR.

MR ¼ FR r ¼ Fmr Reibungsmoment

Dreht sich der Zapfen im Lager mit der Umfangs-geschwindigkeit v (Gleitgeschwindigkeit) oder derWinkelgeschwindigkeit w, so lasst sich die Rei-bungsleistung PR berechnen, entweder als Produktaus Reibungskraft FR und Umfangsgeschwindig-keit v oder als Produkt aus Reibungsmoment MR

und Winkelgeschwindigkeit w.

PR ¼ FR vPR ¼ MRw

3.4.3.2 Reibung am Spurzapfen (Langslager)

Beim Spurzapfen fallt die Wirklinie der Belastung Fmit der Drehachse der Welle zusammen. DieNormalkraft verteilt sich gleichmaßig uber dieStirnflache des Zapfens. Dasselbe gilt fur die Rei-bungskraft.

Man berechnet die Reibungskraft FR aus der Belas-tung F und der Spurzapfenreibungszahl m:FR ¼ Fm. Die Reibungszahlen fur Quer- undLangslager werden aus Versuchen bestimmt. DieSpurzapfenreibungszahl ist außer von Schmierungund Werkstoffpaarung noch von der Bauart abhan-gig.

FR ¼ Fm

Reibungskraft

Ringspurzapfen

Die Skizze zeigt einen Ringspurzapfen. Fur denWirkabstand der Reibungskraft von der Drehachsewird der mittlere Radius rm ¼ ðr1 þ r2Þ=2 gesetztund damit das Reibungsmoment MR berechnet.

Der Reibungsradius rm ¼ ðr1 þ r2Þ=2 ist ein Na-herungswert, der fur praktische Berechnungen aus-reichend genau ist.

Vom Vollspurzapfen hat die Lagerflache keinemittlere Aussparung. Dann ist rm ¼ r2=2.

rm ¼ r1 þ r22

MR ¼ FR rm ¼ Fmrm Reibungsmoment

Die Reibungsleistung PR berechnet man genausowie beim Tragzapfen, z. B. als Produkt aus demReibungsmoment und der Winkelgeschwindigkeit.

PR ¼ MRw Reibungsleistung

PR FR MR r v w m

W ¼ Nm

sN Nm m

m

s

rad

s¼ 1

s1

3 Reibung116

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3.4.3.3 �bungen zur Trag- und Spurzapfenreibung

1. �bung: Eine Welle belastet ihre beiden Quer-lager mit je einer Kraft F ¼ 3800 N. Der Zapfen-durchmesser betragt 50 mm, die Drehzahl3600 min�1, die Zapfenreibungszahl 0,006.

Gegeben:

Belastung F ¼ 3800 N

Zapfendurchmesser d ¼ 0,05 m

Drehzahl n ¼ 3600 min�1

Zapfenreibungszahl m ¼ 0,006

Reibungsmoment MR und Reibungsleistung PR

sind zu berechnen.

Gesucht:

MR, PR

Losung: Das Reibungsmoment wird aus Belas-tung, Zapfenreibungszahl und Zapfenradius ermit-telt. Als Belastung muss man hier beide Lagerkraf-te, also 2F, einsetzen.

MR ¼ 2Fmr ¼ 2 � 3800 N � 0,006 � 0,025 m

MR ¼ 1,14 Nm

Aus dem Reibungsmoment und der Winkel-geschwindigkeit kann man die Reibungsleistungerrechnen. Die Winkelgeschwindigkeit wird vor-her aus der Drehzahl ermittelt.

w ¼ 2pn ¼ 2p � 3600 min�1

w ¼ 22 619rad

min¼ 377

rad

s

PR ¼ MRw ¼ 1,14 Nm � 377 rad

s¼ 430

Nm

sPR ¼ 430 W ¼ 0,43 kW

2. �bung: Ein Ringspurlager wird mit F ¼ 12 kNbelastet. Der Innenradius der Lagerflache betragtr1 ¼ 10 mm, der Außenradius r2 ¼ 40 mm, dieSpurzapfenreibungszahl m ¼ 0,02. Die Drehzahlbetragt 2000 min�1.

Gegeben:

Belastung F ¼ 12 kN ¼ 12 � 103 NSpurzapfenreibungszahl m ¼ 0,02 ¼ 2 � 10�2

Innenradius r1 ¼ 10 mm

Außenradius r2 ¼ 40 mm

Drehzahl n ¼ 2000 min�1

Reibungsmoment und Reibungsleistung sind zuberechnen.

Gesucht:

MR, PR

Losung: Man ermittelt zunachst den Wirkabstandrm der Reibungskraft und dann mit der BelastungF und der Spurzapfenreibungszahl das Reibungs-moment.

rm ¼ r1 þ r22

¼ 10 mmþ 40 mm

2¼ 25 mm

MR ¼ Fmrm ¼ 12 � 103 N � 2 � 10�2 � 25 � 10�3 m

MR ¼ 600 � 10�2 Nm ¼ 6 Nm

Die Reibungsleistung wird wieder als Produkt ausReibungsmoment MR und Winkelgeschwindigkeitw ¼ 2pn berechnet.

PR ¼ MR � 2pn ¼ 6 Nm � 2p � 2 000 min�1

PR ¼ 75 400Nm

min¼ 1 275

Nm

s¼ 1,257 kW

Aufgaben Nr. 349–356

3.4 Reibung an Maschinenteilen 117

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3.3.4 Schraube und Schraubgetriebe

3.4.4.1 Bewegungsschraube mit Flachgewinde

Das Anziehen (Heben der Last) und Losen (Sen-ken der Last) einer Bewegungs- oder Befesti-gungsschraube entspricht dem Hinaufschiebenund Herabziehen eines Korpers auf einer schiefenEbene durch eine waagerechte Umfangskraft Fu

(siehe Seiten 102 und 111).

Alle Krafte werden auf einen Punkt im Langs-schnitt der Schraube mit dem Flankenradius r2 be-zogen.

Es soll hier von dem Normalfall ausgegangen wer-den, dass das Gewinde selbsthemmend ist. Dannist der Reibungswinkel r großer als der Steigungs-winkel a.

F Schraubenlangskraft ¼ VorspannkraftFu Umfangskraft, angreifend am Flanken-

radius r2FR Reibungskraft im GewindeFN Normalkraft zwischen Schraube und

Muttera Steigungswinkel der mittleren Gewinde-

linie

Im Bild ist der abgewickelte Gewindegang alsschiefe Ebene dargestellt. Die Basislange ist derFlankenumfang 2pr2, die Hohe die Gewinde-steigung P. Beim Anziehen (Heben) wirkt dieUmfangskraft Fu waagerecht nach rechts und dieReibungskraft FR nach links unten, beim Losen(Senken) haben beide umgekehrten Richtungssinn.

Aus den Kraftecken ergeben sich dieselben Glei-chungen fur die Umfangskraft wie bei der schiefenEbene fur die Verschiebekraft.

Fu ¼ F tan ðrþ aÞ fur das Anziehen und

Fu ¼ F tan ðr� aÞ fur das LosenDie Winkel sind hier nur deswegen vertauscht,weil fur die Entwicklung r > a (Selbsthemmung)angenommen wurde.

Krafte beim

Anziehen (Heben) Losen (Senken)

Es ist ublich, die Gleichungen in der Form zuschreiben, wie man sie von der schiefen Ebene herkennt.

Fu ¼ F tan ða� rÞ Umfangskraft

(þ) fur Heben, (�) fur Senken

Beim Rechnen sollte jedoch immer der kleinereWinkel vom großeren abgezogen werden, umimmer einen positiven Tangenswert zu erhalten.

Die Frage, ob die Last mit der errechneten KraftFu gesenkt oder am Absinken gehindert werdenmuss, wird durch einen Vergleich der Winkel aund r beantwortet.

Ist r < a, heißt das:

keine Selbsthemmung, die Last muss mit Fu

am Absinken gehindert werden.

Ist r > a, heißt das:

Selbsthemmung, die Last muss mit Fu

gesenkt werden.

3 Reibung118

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Die Umfangskraft Fu wirkt im Abstand r2 (Flan-kenradius) von der Schraubenlangsachse. Sie er-zeugt das beim Heben oder Senken zu uberwin-dende Gewindereibungsmoment MRG.

MRG ¼ Fur2 ¼ F r2 tan ða� rÞ Gewinde-reibungs-moment(þ) fur Heben, (�) Senken

Der Wirkungsgrad des Schraubgetriebes beimHeben ist das Verhaltnis der Nutzarbeit Wn zur auf-gewendeten Arbeit Wa. Bezieht man beide Arbei-ten auf eine Schraubenumdrehung, dann ist dieNutzarbeit das Produkt aus Schraubenlangskraft Fund Steigungshohe P (Hubarbeit). Die aufgewen-dete Arbeit ist das Produkt aus Umfangskraft Fu

und Flankenumfang 2pr2.

h ¼ Wn

WaWn ¼ FP Wa ¼ Fu � 2pr2

h ¼ FP

Fu � 2pr2

Fu ¼ F tan ðaþ rÞ und P

2pr2¼ tan a

In die Ansatzgleichung eingesetzt ergibt das:

Bei r ¼ a beginnt der Bereich der Selbsthem-mung. Dann ist der

Wirkungsgrad h ¼ tan r=tan 2r.

h ¼ tan a

tan ðaþ rÞWirkungsgradfur Schraubgetriebe

Da die Steigungswinkel meist klein sind, kanntan 2r ¼ 2 tan r gesetzt werden. Man erkennt,dass an der Selbsthemmungsgrenze der Wirkungs-grad h � tan r=2 tan r ¼ 0,5 wird.

Beachte: Ist der Wirkungsgrad des Schraub-getriebes h � 0,5, liegt Selbsthemmung vor.

3.4.4.2 Bewegungsschraube mit Spitz- oder Trapezgewinde

Bei Spitz- oder Trapezgewinde mit dem Flanken-winkel b wirkt die Normalkraft F 0

N nicht in dersel-ben Ebene wie die Langskraft F, die UmfangskraftFu und die Reibungskraft FR, sondern sie ist um denhalben Flankenwinkel gegen diese Ebene geneigt.

Um Gleichgewicht zu halten, muss die Normal-kraft F 0

N großer sein als FN beim Flachgewinde.Dann ist auch die Reibungskraft FR großer. Damitman trotzdem mit denselben Gleichungen wiebeim Flachgewinde arbeiten kann, fasst man denQuotienten m=cos ðb=2Þ zur Reibungszahl m0 zu-sammen.

F 0N ¼ FN

cos ðb=2Þ

FR ¼ F 0N m ¼ FN

cos ðb=2Þ ; m ¼ FNm

cos ðb=2ÞSetzt man

m

cos ðb=2Þ ¼ m0, dann wird

FR ¼ FN m0:

Fur Spitz- und Trapezgewinde gelten dieselbenGleichungen wie fur das Flachgewinde, wennman statt der Reibungszahl m die Reibungszahlm0 ¼ m=cos ðb=2Þ und fur den Reibungswinkel rden Reibungswinkel r0 einsetzt.

Fur metrisches ISO-Trapezgewinde nachDIN 103 ist

b ¼ 30� und damit m0 ¼ 1,04m,

fur metrisches ISO-Gewinde nach DIN 13 ist

b ¼ 60� und damit m0 ¼ 1,15m.

Der Reibungswinkel r0 wird aus der Reibungs-zahl m0 ermittelt: tan r0 ¼ m0 ) r0 ¼ arctan m0:

3.4 Reibung an Maschinenteilen 119

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3.4.4.3 Befestigungsschraube mit Spitzgewinde

Bei Schraubverbindungen mit Befestigungsschrau-ben wird eine Langskraft F in der Schraube erstdann erzeugt, wenn Mutter und Schraubenkopffest auf den zu verbindenden Teilen aufliegen. DieErfahrung lehrt, dass das Anzugsmoment MA ausHandkraft Fh und Schlusselradius l mit fortschrei-tender Drehung der Mutter zunimmt. Gleichzeitigwachst auch die Vorspannkraft F in der Schraube.

Das kennt man aus der Praxis: Bei zu starkemAnziehen wachst die Schraubenlangskraft F sostark an, dass die Schraube zerreißt.

Im Bild wurde die gesamte Schraubenlangskraft Fauf Schraubenkopf und Mutter in jeweils F/2 auf-geteilt. In Wirklichkeit entsteht durch die Langs-kraft eine Oberflachenkraft auf den Auflageflachenvon Kopf und Mutter (siehe 1.1.7.1, Seite 11).

Dem Anzugsmoment MA wirken in der Schraub-verbindung zwei Kraftmomente entgegen:

das Gewindereibungsmoment MRG (wie bei derBewegungsschraube)

und

das Auflagereibungsmoment MRa an der Auflage-flache der Mutter.

ra ¼ 0,7d ¼ 1,4rWirkabstand derAuflagereibungs-kraft, mit d¼Ge-windenenndurch-messer (d ¼ 2r).

Das Gewindereibungsmoment ergibt sich aus dengleichen �berlegungen wie bei der Bewegungs-schraube mit Spitzgewinde oder mit Flachge-winde.

MRG ¼ Fr2 tan ða� r0Þ Gewinderei-bungsmoment

bei Stahl auf Stahl (trocken) ist beimetrischem ISO-Gewinde r0 � 9�

Das Auflagereibungsmoment ergibt sich aus derAuflagereibungskraft FRa und ihrem Wirkabstandra von der Schraubenmitte. Fur Sechskantschrau-ben wird ra ¼ 0,7d angenommen (d ¼ Gewinde-nenndurchmesser, z. B. fur M10: d ¼ 10 mm).

MRa ¼ FRa ra ¼ FmaraAuflagerei-bungsmoment

ma Reibungszahl an der Auflageflache(bei Stahl auf Stahl ist ma � 0,15)

Die Summe dieser beiden Momente ist gleich demAnzugsmoment. Aus dieser Erkenntnis kann maneine Gleichung fur das Anzugsmoment MA beimAnziehen und Losen einer Schraubverbindung inAbhangigkeit von der Schraubenlangskraft F ent-wickeln.

MA ¼ MRG þMRa

MA ¼ Fr2 tan ða� r0Þ þ Fmara

MA ¼ F½r2 tan ða� r0Þ þ mara Anzugs-moment

(þ) fur Anziehen, (�) fur Losen

3 Reibung120

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3.4.4.4 �bungen zur Schraube

1. �bung: Mit der skizzierten Spindelpresse solleine großte Druckkraft von F ¼ 40 kN auf dieWerkstucke ubertragen werden. Am Handradsollen beidhandig je 300 N Umfangskraft wirken.Das Trapezgewinde Tr 40 7 hat nach der Formel-sammlung den Flankendurchmesser d2 ¼ 36,5 mmund den Steigungswinkel a ¼ 3,49�.

Der Spindelkopf ist im Druckteller in Walzlagerngefuhrt, so dass die Reibung dort vernachlassigtwerden darf. Berucksichtigt wird daher nur dieReibung im Gewinde. Als Gewindereibungszahlwird m0 ¼ 0,1 angenommen.

Fur die gegebenen Daten soll der erforderlicheHandraddurchmesser D ermittelt werden.

Gegeben:

Schraubenlangskraft F ¼ 40000 N

Handkraft beidhandig je FH ¼ 300 N

Gewindeflankendurchmesser d2 ¼ 36,5 mm

Steigungswinkel a ¼ 3,49�

Gewindereibungszahl m0 ¼ 0,1

Gesucht:

Erforderlicher Handraddurchmesser D

Losung: Ausgangsgleichung fur die Losung derAufgabe ist die Gleichung fur das Gewinderei-bungsmoment MRG.

MRG ¼ Fd22tan ðaþ r0Þ

Die Großen F, d2 und a sind bekannt. Der Ge-windereibungswinkel r0 kann aus der Gewinderei-bungszahl ermittelt werden.

r0 ¼ arctan m0

Bei Gleichgewicht wahrend des Druckvorgangs istdas Gewindereibungsmoment MRG gleich demDrehmoment am Handrad MH ¼ FHD.

MRG ¼ MH ¼ FHD

Setzt man alle Großen in die Ausgangsgleichungein, dann kann daraus eine Gleichung zur Berech-nung des erforderlichen Handraddurchmessers Dentwickelt werden.

FHD ¼ Fd22tan ðaþ r0Þ

D ¼ F

FH� d22� tan ðaþ arctan m0Þ

D ¼ 40 000 N

300 N� 36,5 mm

2� tan ð3,49� þ arctan 0,1

zfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflffl{5,71�

Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}9,2�

D ¼ 394 mmNach der Rechnung ist ein Durchmesser vonD ¼ 394 mm erforderlich, wenn eine Druckkraftvon 40 kN mit der Spindelpresse erzeugt werdensoll.

3.4 Reibung an Maschinenteilen 121

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2. �bung: Die skizzierte Schraubenverbindungsoll mit zwei Befestigungsschrauben eine Zugkraftvon 18 kN allein durch Reibung zwischen denStahlplatten ubertragen. Die Schrauben werdendurch die Schraubenlangskrafte nur auf Zug bean-sprucht. Abscherbeanspruchung darf nicht auf-treten.

Reibungsschlussige Schraubenverbindung

Fur die Reibungskrafte zwischen den Stahlplattenwird aus Sicherheitsgrunden mit der Gleitrei-bungszahl von mSt/St ¼ 0,15 gerechnet (Tabelle 3.1,Seite 91). Fur den Entwurf der Schraubenverbin-dung sollen ermittelt werden:

a) das erforderliche Metrische ISO-Gewinde fureine zulassige Zugspannung sz zul ¼ 150 N=mm2.

b) das erforderliche Anzugsmoment fur dieSchrauben, wenn fur die Reibungszahl an der Mut-terauflage mit ma ¼ 0,15 und fur den Reibungswin-kel im Gewinde mit r0 ¼ 9� gerechnet wird (sieheFormelsammlung).

Gegeben:

Zugkraft F ¼ 18000 N

Anzahl der Schrauben n ¼ 2

zulassige Zugspannung sz zul ¼ 150 N=mm2

Gleitreibungszahl m ¼ 0,15

Reibungszahl der Mutterauflage ma ¼ 0,15

Reibungswinkel im Gewinde r0 ¼ 9�

Gesucht:

a) Schraubengewinde

b) Anzugsmoment MA

Losung:

a) Die freigemachte Platte zeigt, dass je Druck-flache die halbe Zugkraft F durch die Reibungs-kraft FR ¼ F /2 aufgenommen werden muss.

Aus der Definitionsgleichung fur die Reibungs-kraft FR ¼ FNm und bei n ¼ 2 Schrauben erhaltman die Normalkraft FN, die jede Schraube aufzu-bringen hat. Das ist zugleich die Langskraft derSchraube.

FR ¼ F

2¼ 18 000 N

2¼ 9 000 N

FN ¼ FR

nm¼ 9 000 N

2 � 0,15 ¼ 30 000 N

Aus der Zughauptgleichung erhalt man eineGleichung fur den erforderlichen Spannungs-querschnitt AS der Schraube. Die Formelsammlungliefert damit das erforderliche Metrische ISO-Gewinde und die Gewindedaten.

b) Man hat jetzt alle Großen zur Berechnungdes erforderlichen Anzugsmoments MA fur dieSchraubenverbindung ermittelt:

Jede Schraube muss mit dem Drehmoment von119 Nm angezogen werden. Das geschieht mit ei-nem Drehmomentschlussel (siehe Lehrbeispiel„Verdrehwinkel“ im Abschnitt Torsion, Seite 326).

AS erf ¼ FN

sz zul¼ 30 000 N

150 N=mm2¼ 200 mm2

Gewahlt: Schraube M20 mit AS ¼ 245 mm2

Gewindenenndurchmesser d ¼ 20 mmSteigungswinkel a ¼ 2,48�Flankendurchmesser d2 ¼ 18,376 mm

MA ¼ FNd22tan ðaþ r0Þ þ mara

� �ra ¼ 0,7 d (siehe Abschnitt 3.4.4.3)

MA ¼ 30 000 N18,376 mm

2tan ð2,48� þ 9�Þ þ

þ 0,15 � 0,7 � 20 mm

�MA ¼ 118 979 Nmm ¼ 119 Nm

Aufgaben Nr. 357–363

3 Reibung122

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3.4.5 Seilreibung

3.4.5.1 Grundgleichung der Seilreibung

Ein einfacher Versuch soll die Erfahrungen ausdem Berufsalltag bestatigen:

Nach Skizze legt man um einen fest stehendenzylindrischen Korper ein dunnes Seil (Band,Faden). Beide Seilenden belastet man mit Wage-stucken gleicher Masse m (Skizze a)). Das Seilbefindet sich im Gleichgewicht (Ruhezustand).Daran andert sich auch dann nichts, wenn maneines der beiden Seilenden durch kleine Wagestu-cke der Masse Dm zusatzlich zugbelastet (bis kurzvor den Rutschvorgang). Ursache dafur ist die zwi-schen Seil und Mantelflache des Zylinders herr-schende Seilreibungskraft FR. Sie ist die Summeder kleinen Reibungskrafte DFR ¼ m DFN, dieverteilt auf der ganzen umspannten Mantelflachewirken: FR ¼ S DFR.

a) Versuchs-anordnung

b) Lageskizzedes SeilsF1 ¼ F2 þ S DFR

F1 ¼ F2 þ FR

Beachte: F1 ist immer die großere der beidenSeilkrafte: F1 > F2.

Eine Berechnungsgleichung fur die großere Seil-zugkraft F1 findet man wegen der verschieden gro-ßen Teil-Reibungskrafte DFR nur mit Hilfe derhoheren Mathematik (Differenzial- und Integral-rechnung). Das hat zuerst Euler1) getan, spaterauch Eytelwein2), nach dem auch heute noch dieGleichung F1 ¼ F2 e

ma benannt wird.

F1 ¼ F2 emaSeilzugkraft(Eytelwein’sche Glei-chung zur Seilreibung)

e ¼ 2,71828 . . . heißt Euler’sche Zahl

Die Gleichung bestatigt die Erfahrungen: Die Seil-zugkraft F1 wachst (linear) mit der am anderenSeilende wirkenden Zugkraft F2 und (exponential)mit dem Produkt aus Reibungszahl m und Um-schlingungswinkel a.

Daraus ergibt sich fur die

Seilreibungskraft

FR ¼ F1 � F2 ¼ F2ðema � 1Þ ¼ F1ema � 1

ema

Der Umschlingungswinkel a muss mit der Einheitrad (Radiant) in die Zugkraftgleichung eingesetztwerden. Dazu dient die Umrechnungsbeziehung,wenn der Winkel in Grad vorliegt.

Haufig wird die Anzahl der Umschlingungen(Windungen) angegeben, z. B. zwei volle Win-dungen.

a ¼ a� 2p

360�

Umrechnungsbeziehung (Grad in rad)

Beachte:

a ¼ 360� ¼ 2p rad ¼ eine volle Windung

1) Leonard Euler (1707––1783), Mathematiker und Physiker2) Johann Albert Eytelwein (1764––1848), Ingenieur

3.4 Reibung an Maschinenteilen 123

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3.4.5.2 Aufgabenarten und Losungsansatze

Bei allen Seilreibungsaufgaben liegt ein Seil umeinen Zylinder (System Zylinder/Seil). Zum Ver-standnis einer Aufgabe versetzt man sich gedank-lich als „Beobachter“ auf den Zylinder und ver-sucht von dort aus, den Richtungssinn derSeilreibungskraft FR zu bestimmen. Es ist danngleichgultig, ob der Zylinder fest steht oder ob ersich um seine Achse dreht. Zum Richtungssinnvon FR siehe Seite 90 Gleitreibung und Haftrei-bung.

Der Zylinder ist je nach Aufgabe

a) ein (fest stehender) Pfahl, z. B. beimAnlegen von Schiffen (1. �bung),

b) ein (umlaufender) Spillkopf beim Ver-schieben von Eisenbahnwaggons odervon Schiffen (2. �bung),

c) eine (umlaufende) Riemenscheibe(3. �bung),

d) eine (umlaufende) Seiltrommel beiKranen,

e) eine (umlaufende) Bremsscheibebei Bandbremsen.

Hat man den Richtungssinn der SeilreibungskraftFR gefunden, weiss man auch, welche der beidenZugkrafte an den Seilenden die großere SeilkraftF1 ist. Sie ist immer der Seilreibungskraft FR ent-gegengerichtet. SFðin SeilrichtungÞ ¼ 0

�F1 þ FR þ F2 ¼ 0

F1 ¼ FR þ F2 ¼ F2 ema

Seilzugkraft F1 > F2 gilt immer.

3.4.5.3 �bungen zur Seilreibung

1. �bung: Beim Anlegen eines Lastkahns wirddas Befestigungsseil mehrfach um den Befesti-gungspfahl (Poller) geschlungen. Die Reibungs-zahl zwischen Poller und Seil soll m ¼ 0,4 betra-gen, die Handkraft am (losen) Seilende 300 N.

Ermittelt werden soll die maximale Haltekraft furden Lastkahn, wenn das Halteseil

a) zweimal undb) viermal um den Poller geschlungen wird und

bei Belastung nicht rutschen soll.

Gegeben:

Kleinere Seilzugkraft F2 ¼ 300 N(Handkraft)

Gleitreibungszahl m ¼ 0,4

Umschlingungswinkel aa ¼ 2 Vollwinkelab ¼ 4 Vollwinkel

Gesucht:

Seilzugkrafte F1a, F1b

Losung: Nach dem Zeichnen der vereinfachtenLageskizze fur die Krafte am Seil in Seilrichtung(F1, F2, FR) berechnet man zunachst die Um-schlingungswinkel aa und ab mit der EinheitRadiant (rad). Das ist einfach, weil der Winkelfur eine Umdrehung das Produkt 2p rad ist(Vollwinkel ¼ 2p rad).

aa ¼ 2 � 2p rad ¼ 4p rad

ab ¼ 4 � 2p rad ¼ 8p rad

3 Reibung124

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Mit den Umschlingungswinkeln aa ¼ 4p radund ab ¼ 8p rad sowie der HaltekraftF2 ¼ 300 N ¼ 0,3 kN und der Reibungszahlm ¼ 0,4 konnen die maximal zulassigen Seilzug-krafte F1a und F1b berechnet werden.

Man erkennt, dass durch die Verdopplung desUmschlingungswinkels die maximal zulassigeSeilzugkraft auf das 152-fache wachst.

F1a ¼ F2 emaa ¼ 0,3 kN � e0,4 � 4p

F1a ¼ 45,7 kN

F1b ¼ F2 emab ¼ 0,3 kN � e0,4 � 8p

F1b ¼ 6968,3 kN

F1b ¼ 152 � F1a

Beachte:

Die ema-Werte werden mit der ln x- oderex-Taste eines Taschenrechners ermittelt.

2. �bung: Bei Spillanlagen zum Verschieben vonWaggons im Ausbesserungs- oder Verladebetriebder Bahn wird der skizzierte Spillkopf durch einenElektromotor angetrieben. Das Stahlseil wird amWaggon eingehangt, mehrfach um den Spillkopfgeschlungen und mit dem freien Ende von Handangezogen.

Fur eine maximale Zugkraft F1 ¼ 2 kN und dieReibungszahl m ¼ 0,1 soll fur drei volle Seilwin-dungen die erforderliche Handkraft ermittelt wer-den.

Gegeben:

Seilzugkraft F1 ¼ 2000 N

Reibungszahl m ¼ 0,1

Umschlingungswinkela ¼ 3 � 2p rad ¼ 6p rad

Gesucht:

Kleinere Seilzugkraft F2 (Handkraft)

Losung: Mit der ln x- oder ex-Taste des Taschen-rechners wird ema ¼ e0,1 � 6p ¼ 6,586 ermittelt undgleich in den Quotienten 2000/6,586 eingebracht.Die Handkraft betragt F2 ¼ 303,7 N.

F1 ¼ F2 ema ) F2 ¼ F1

ema

F2 ¼ 2 000 N

e0,1�6p¼ 303,7 N

3.4 Reibung an Maschinenteilen 125

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3. �bung: Ein Elektromotor treibt nach Skizzeuber ein Flachriemengetriebe eine Arbeits-maschine an. Die auf der Motorwelle mit Form-schlussverbindung (Passfeder) fest sitzende Rie-menscheibe 1 (Radius r1) lauft rechtsdrehend mitder Drehzahl n1 und dem Drehmoment M1 um.Antriebswelle 1 und die (nicht gezeichnete) Ab-triebswelle 2 haben einen festen Wellenabstand.Die erforderliche Riemenvorspannung wird dahermit einer Spannrolle am (ablaufenden) Leertrumaufgebracht und nicht, wie beim Spannwellen-betrieb, durch Verschieben des Antriebsmotors aufSpannschienen.

Gegeben:

Euler’sche Gleichung F1 ¼ F2 em0a

Haftreibungszahl m0Umschlingungswinkel a

Radius der Riemenscheibe r1Riemenvorspannkraft FV ¼ F2

Gesucht ist eine Gleichung fur das maximal uber-tragbare Motordrehmoment M1 in Abhangigkeitvon der Riemenvorspannkraft FV.

Gesucht:

Maximal ubertragbares DrehmomentM1 ¼ f ðFV, r1, m0,aÞ

Losung: Das Drehmoment M1 an der Motor-scheibe wird durch Seilreibung auf das (auf-laufende) Lasttrum des Riemengetriebes uber-tragen.

Die Reibungskraft ist die Seilreibungskraft FR. Siewirkt am Scheibenradius r1.

Die Seilreibungskraft FR ist die Differenz der bei-den Seilzugkrafte F1 und F2.

M1 ¼ FRr1 ¼ ðF1 � F2Þ r1

Die Vorspannkraft FV ist die Seilzugkraft F2 amLeertrum des Flachriemens. Man ersetzt daher dieSeilzugkraft F1 durch die EytelweingleichungF1 ¼ F2 e

m0a und erhalt die gesuchte BeziehungM1 ¼ f ðFV, r1, m0,aÞ. Da das großtmoglicheDrehmoment ermittelt werden soll, ist statt derGleitreibungszahl die Haftreibungszahl einzuset-zen.

M1 ¼ ðF1 � F2Þ r1 ¼ ðF2 em0a � F2Þ r1

M1 ¼ F2r1ðem0a � 1Þ ¼ FVr1ðem0a � 1ÞBeachte: Ein Drehmoment M kann nur beiRiemenvorspannung ubertragen werden: Dasubertragbare Drehmoment M ist der Vor-spannkraft proportional.

Aufgaben Nr. 364–369

3 Reibung126

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3.4.6 Bremsen

3.4.6.1 Backen- oder Klotzbremsen

Bei der Backenbremse bestimmt die Lage des Bremshebeldrehpunkts D die Wirkungsweiseder Bremse. Sie kann fur eine Drehrichtung der Bremsscheibe selbsthemmend oder fur beideDrehrichtungen gleichbleibend sein.

a) Backenbremse mit uberhohtem Drehpunkt D

Der Bremshebel ist in D zweiwertig drehbargelagert. Er wird freigemacht skizziert.

Die Bremskraft F am Bremshebelende ruft zwi-schen Scheibe und Backe die Normalkraft FN her-vor. Wirkt an der Bremsscheibenwelle ein Dreh-moment, so ruft es ein entgegengerichtetesBremsmoment M aus Reibungskraft FR ¼ FNmund Scheibenradius r hervor: M ¼ FR r ¼ FNmr.

Die Skizze zeigt Normalkraft FN und Reibungs-kraft FR ¼ FNm, wie sie bei Rechtslauf auf dieBremsbacke wirken. Bei Linkslauf kehrt die Rei-bungskraft FR ihren Richtungssinn um.

Bei Gleichgewicht am Bremshebel mussen dieGleichgewichtsbedingungen erfullt sein. Setzt manin den Gleichungen FR ¼ FNm ein, so erhalt manaus Gleichung III eine Bestimmungsgleichung furdie erforderliche Bremskraft F.

Lageskizze

Lageskizze des Bremshebels bei Rechtslaufder Bremsscheibe

Gleichgewichtsbedingungen nach Lageskizze:

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m� FDx

II. SFy ¼ 0 ¼ FN � FDy � F

III.SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 þ FN ml2 � Fl

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 þ FRl2 � Fl (Rechtslauf)

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 � FRl2 � Fl (Linkslauf)

F ¼ FNðl1 � m l2Þ

lBremskraft

Das Bremsmoment M wird aus M ¼ FRr ¼ FNmrberechnet. Mit der nach FN aufgelosten Brems-kraftgleichung lasst sich dann eine Bestimmungs-gleichung fur das Bremsmoment M entwickeln.

M ¼ Flmr

ðl1 � m l2Þ Bremsmoment

(þ) bei Rechtslauf, (�) bei Linkslauf

Die Gleichung fur die Bremskraft zeigt, dass beiLinkslauf mit zunehmender �berhohung l2 desDrehpunkts die Klammerdifferenz immer kleinerwird und gegen null geht. Das bedeutet, dass dieBremskraft schließlich null wird. Dann halt dieReibungskraft allein die Bremsscheibe fest, und esliegt Selbsthemmung vor. Bei Rechtslauf ist Selbst-hemmung nicht moglich.

Selbsthemmung bei Linkslauf tritt ein, wennl1 � m l2 ¼ 0 wird, denn dann wird dasBremsmoment unendlich groß.

l1 � m l2 Selbsthemmungsbedingung

Aus der Gleichung fur die Bremskraft F ergibt sichferner, dass bei Linkslauf und gleichbleibenderBremskraft F die Bremswirkung großer ist als beiRechtslauf. Die Backenbremse mit uberhohtemDrehpunkt ist also dann besonders geeignet, wennnur in einer Richtung gebremst wird, z. B. alsHubwerksbremse an Hebezeugen.

In der Gleichung fur die Bremskraft F ist derKlammerausdruck fur Linkslauf (l1 � ml2)kleiner als fur Rechtslauf (l1 þ ml2).

Wenn in beiden Fallen die Bremskraft Fgleich groß ist, dann bedeutet das, dass beiLinkslauf eine großere Normalkraft unddadurch eine großere Reibungskraft auftritt.

3.4 Reibung an Maschinenteilen 127

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b) Backenbremse mit unterzogenemDrehpunktD

Der Bremshebeldrehpunkt D liegt bei dieserBremse auf derselben Seite der Reibungskraft-wirklinie wie die Bremsscheibe.

Auch hier muss beim Abbremsen die Momenten-gleichgewichtsbedingung SM ¼ 0 fur den Brems-hebel erfullt sein.

Setzt man wieder in beide Gleichungen fur dieReibungskraft FR ¼ FNm ein, dann ergibt sich da-raus die Bestimmungsgleichung fur die BremskraftF fast in der gleichen Form wie bei der Bremsemit uberhohtem Drehpunkt, nur die Vorzeichen inder Klammer sind vertauscht. Das bedeutet, dassbeide Bremsen die gleiche Bremswirkung haben,nur fur jeweils umgekehrten Drehsinn.

Mit M ¼ FRr ¼ FNmr erhalt man wieder die Be-stimmungsgleichung fur das Bremsmoment M.

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 � FRl2 � Fl (Rechtslauf)

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 þ FRl2 � Fl (Linkslauf)

F ¼ FNðl1 � m l2Þ

lBremskraft

M ¼ Flmr

ðl1 � ml2Þ Bremsmoment

(�) bei Rechtslauf, (þ) bei Linkslauf

Auch hier ist Selbsthemmung unter den gleichenBedingungen wie vorher moglich, aber bei Rechts-lauf.

Auch diese Backenbremse ist daher besonders fureine Bremsrichtung geeignet.

Selbsthemmung tritt bei Rechtslauf ein,wenn l1 � ml2 ¼ 0 wird.

l1 � ml2 Selbsthemmungsbedingung

c) Backenbremse mit tangentialem DrehpunktD

Hier liegt der Bremshebeldrehpunkt auf der Wirk-linie der Reibungskraft FR, die als Tangentialkraftan der Bremsscheibe angreift.

Dadurch hat die Reibungskraft FR in Bezug aufden Hebeldrehpunkt weder bei Rechts- noch beiLinkslauf ein Kraftmoment. Sie fallt beim Auf-stellen der MomentengleichgewichtsbedingungSMðDÞ ¼ 0 aus der Gleichung heraus.

Aus der Gleichung fur die Bremskraft F ist zu se-hen, dass F nur noch von der Normalkraft FN unddem Verhaltnis der beiden Hebelarme l1 und l ab-hangig ist, und dass fur beide Drehrichtungen dieBremswirkung gleichbleibend ist.

Auch hier erhalt man mit M ¼ FRr ¼ FNmr dieBestimmungsgleichung fur das Bremsmoment M.

Die Backenbremse mit tangentialem Drehpunkt istbesonders dann geeignet, wenn fur beide Dreh-richtungen gleiche Bremswirkung verlangt wird,z. B. bei Fahrwerkbremsen.

Lageskizze

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 � Fl

bei Rechtslauf und Linkslauf

F ¼ FNl1l

Bremskraft

M ¼ Flmr

l1Bremsmoment

Beachte: Da bei einer Bremse l1 nicht gleichnull werden kann, ist Selbsthemmung hiernicht moglich.

3 Reibung128

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d) Doppelbackenbremse mit festenBremsbacken

Die Bremskraft an der skizzierten Doppelbacken-bremse wird durch eine Druckfeder erzeugt. Dieerforderliche Luftermechanik zum Losen derBremse ist nicht gekennzeichnet.

Die beiden Bremsklotze A und B sind fest mit denbeiden symmetrischen Bremshebeln verbunden.Bremsen mit beweglichen Backen z. B. nachDIN 15434. (Handbuch Maschinenbau, AbschnittFordertechnik).

Schemaskizze einer Doppelbackenbremse

Man beginnt die Untersuchung der Bremse beiRechtslauf der Bremsscheibe mit der Lageskizzedes oberen Bremshebels und bekommt den glei-chen Fall wie unter b) Backenbremse mit unterzo-genem Drehpunkt (1. Schritt).

1. Schritt

Lageskizze des oberen Bremshebels

Wie unter b) lasst man auch hier die StutzkraftFC im Hebeldrehpunkt C außer Acht und schreibtnur die MomentengleichgewichtsbedingungSMðCÞ ¼ 0 auf. Daraus entwickelt man wie unterb) eine Bestimmungsgleichung fur die Brems-kraft F (2. Schritt).

2. Schritt

SMðCÞ ¼ 0 ¼ FNAl1 � FNA m l2 � Fl (Rechtslauf)

FNAðl1 � ml2Þ ¼ Fl

F ¼ FNAðl1 � ml2Þ

lBremskraft

Die Reibungskraft FRA ¼ FNA m an der Brems-backe A erzeugt das Bremsmoment MA ¼ FRAr¼ FNAmr. Man lost die Bremskraftgleichung nachFNA auf und entwickelt die Bestimmungsglei-chung fur das Bremsmoment MA (3. Schritt).

3. Schritt

FNA ¼ Fl

ðl1 � ml2Þ ; MA ¼ FNA mr

MA ¼ Flmr

ðl1 � ml2Þ Bremsmoment MA

Das Bremsmoment MA ist das von der Reibungs-kraft FRA an der oberen Bremsbacke erzeugte Teil-moment.

Es muss nun auf dem gleichen Weg das zweiteTeilmoment, das Bremsmoment MB, durch Frei-machen des unteren Bremshebels ermittelt werden.

Beachte:

Es wurde beim Freimachen des Systems sys-tematisch und exakt vorgegangen: oberenBremshebel mit Bremsbacke A skizzieren,die Druckfeder gedanklich wegnehmen unddafur die Federkraft F eintragen usw. So gehtman auch beim unteren Bremshebel vor.

3.4 Reibung an Maschinenteilen 129

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Man arbeitet nach der gleichen Gliederung wie beider Untersuchung des oberen Bremshebels und be-ginnt mit der Lageskizze des unteren Bremshebels(1. Schritt).

1. Schritt

Lageskizze des unteren Bremshebels

Im 2. Schritt liest man wieder die Momenten-gleichgewichtsbedingung SMðDÞ ¼ 0 aus der La-geskizze ab und schreibt sie auf. Daraus entwickeltman erneut eine Bestimmungsgleichung fur dieBremskraft F (2. Schritt).

2. Schritt

SMðDÞ ¼ 0 ¼ �FNBl1 � FNB m l2 þ Fl(Rechtslauf)

FNBðl1 þ ml2Þ ¼ Fl

F ¼ FNBðl1 þ ml2Þ

lBremskraft

Durch die Reibungskraft FRB wird das zweite Teil-BremsmomentMB ¼ FRBr ¼ FNBmr erzeugt. Manlost im 3. Schritt die Bremskraftgleichung nachFNB auf und entwickelt damit die Bestimmungs-gleichung fur das Bremsmoment MB (3. Schritt).

3. Schritt

FNB ¼ Fl

ðl1 þ ml2Þ MB ¼ FNB mr

MB ¼ Flmr

ðl1 þ ml2Þ Bremsmoment MB

Ein Vergleich der Gleichungen fur FNA und FNB

zeigt, dass die Normalkraft FNA großer ist als FNB,weil der Nenner in der Gleichung fur FNA kleinerist als der Nenner bei FNB.

FNA > FNB, weil ðl1 � ml2Þ < ðl1 þ ml2Þ;wegen FNA > FNB ist auch FRA > FRB und

MA > MB

Das gesamte auf die Bremsscheibe wirkendeBremsmoment M der untersuchten Doppelbacken-bremse ist die Summe der beiden Teilmomente MA

und MB.

M ¼ MA þMB Gesamt-Bremsmoment

Die hier entwickelten Gleichungen gelten nur furDoppelbackenbremsen mit Bremsbacken, die festmit dem Bremshebel verbunden sind.

Beachte: Sollen die Stutzkrafte FC und FD

ermittelt werden, mussen jeweils alle dreiGleichgewichtsbedingungen angesetztwerden, z. B. fur Lager D:

SFx ¼ 0 ¼ FDx � FNB m

SFy ¼ 0 ¼ FDy þ F � FNB

SMðDÞ ¼ 0 (siehe oben, 2. Schritt)

Aufgaben Nr. 370–375

3 Reibung130

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3.4.6.2 Bandbremsen

Bei der Bandbremse wird die Bremswirkung durchSeilreibung (Bandreibung) erzielt. Fur die Spann-krafte F1 und F2 an den Bandenden und fur die Rei-bungskraft FR gelten die Beziehungen aus 3.4.5.

F1 ¼ F2 ema

FR ¼ F1 � F2 ¼ F2ðema � 1Þ ¼ F1ðema � 1Þ

ema

Bei der einfachen Bandbremse ist ein Bandendeam Bremshebeldrehpunkt D befestigt, das andeream Bremshebel. Durch die Hebelkraft F wird dasBand gespannt, und bei Drehung der Bremsschei-be entstehen in den Bandenden infolge der Seilrei-bung unterschiedliche Spannkrafte F1 und F2.

Die Krafte F1, F2 und FR wirken bei Rechts-lauf in den eingezeichneten Richtungen aufdas Bremsband.

Am Bremshebel herrscht Momentengleichgewicht(Ruhe). Bezieht man die Kraftmomente auf denHebeldrehpunkt, dann hat die Kraft F1 kein Mo-ment. Die Spannkraft F2 wird also von der Hebel-kraft F und den Hebellangen l und l1 bestimmt.

Lageskizze desBremshebels

SMðDÞ ¼ 0 ¼ F2l1 � Fl ; F2 ¼ Fl

l1

Nach den Gesetzen der Seilreibung kann man ausder Kraft F2 die Bandreibungskraft FR ¼ Brems-kraft an der Bremsscheibe ermitteln. Sie wirkt imAbstand r von der Bremsscheibenmitte und er-zeugt das Bremsmoment M ¼ FRr.

FR ¼ F2ðema � 1Þ ¼ Fl

l1ðema � 1Þ

M ¼ FRr ¼ Frl

l1ðema � 1Þ Bremsmoment

Bei Linkslauf wechseln F1 und F2 ihre Angriffs-punkte. Fur die gleiche Bremswirkung ware danneine erheblich großere Hebelkraft F erforderlich.Die einfache Bandbremse wird darum nur fur ei-nen Drehsinn verwendet, z. B. fur Hubwerke alsHaltebremse (Bauaufzuge).

Aus der Gleichung erkennt man, dass dasBremsmoment vergroßert werden kann durchgroßere Hebelkraft F, großeren Scheiben-radius r, großere Hebellange l, kleinerenBandabstand l1, großere Reibungszahl mund großeren Umschlingungswinkel a.

Selbsthemmung ist nicht moglich.

Neben der einfachen Bandbremse gibt es noch dieSummenbremsemit gleich großem BremsmomentMin beiden Drehrichtungen und die Differenzbremsefur einen Drehsinn des Bremsmomentes.

Beachte: Funktionsskizzen fur Summen- undDifferenzbremse sowie die Formeln fur dasBremsmoment findet man in: Formeln undTabellen zur Technischen Mechanik.

Aufgaben Nr. 376–378

3.4 Reibung an Maschinenteilen 131

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3.4.6.3 Scheiben- und Kegelbremsen

a) Scheibenbremsen

Gebaut werden Ein- und Mehrscheibenbremsen(Lamellenbremsen). Die Bremsscheibe der skiz-zierten Einscheibenbremse sitzt drehfest auf derBremswelle. Die beiden Bremsbacken werdendurch Druckfedern im gehausefesten Hydraulik-zylinder an die Bremsscheibe gepresst. Mit Flus-sigkeitsdruck wird die Bremse gelost (Luften). DieEinscheibenbremse wird zunehmend im Hebe-zeugbau verwendet, auch an Stelle der Bandbrem-se (gute Warmeableitung).

b) Kegelbremsen

Die drehfest mit der Bremswelle verbundeneBremsscheibe mit Außenkegel wird durch Feder-kraft axial gegen den gehausefesten Innenkegel ge-presst und hydraulisch oder elektromagnetisch ab-gelost (Luften der Bremse).

Durch die Kegelreibflache kann das gleicheBremsmoment wie bei der Einscheibenbremse mitkleinerer Bremskraft erzeugt werden (kleinereKonstruktionsmaße).

c) Bremskraft und Bremsmoment

Fur die Bremskraft F und fur das Bremsmoment Mkann man zwei Gleichungen entwickeln, die furScheiben- und Kegelbremsen gelten.

Wie bei jeder Bremse ist das Bremsmoment Mdas Produkt aus der Reibungskraft FR ¼ FNmund dem zugehorigen Reibungskraftradius(M ¼ FRr ¼ FNmr).

Bei der Scheibenbremse ist die Bremskraft F zu-gleich die Normalkraft FN ¼ F. Dagegen ist beider Kegelbremse F ¼ 2FN sin a, wie die Krafteck-skizze zeigt. Damit erhalt man die beiden Bestim-mungsgleichungen fur F und M.

F � Msin a

r zmBremskraft

M � F r zm

sin aBremsmoment

z Anzahl der Reibungsflachenz ¼ 1 bei Kegelbremsenz ¼ 2 bei Einscheibenbremsen

a Kegelwinkela ¼ 90� bei Scheibenbremsena � 20� bei Kegelbremsen

3 Reibung132

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3.4.7 Rollwiderstand (Rollreibung)

Betrachtet man einen Rollkorper und seine Unter-lage als absolut starre Korper, dann ist Rollen nurinfolge der tangential wirkenden Haftreibungskraftmoglich. Sonst musste der Rollkorper auf der Un-terlage gleiten.

Tatsachlich druckt sich der Rollkorper etwas in dieUnterlage ein, und er verformt sich auch selbstgeringfugig. Es kann hier also nicht mehr von„echter“ Reibung gesprochen werden, sondernman muss sich den Rollvorgang als ein fort-wahrendes Kippen uber die Kante D vorstellen(siehe 2.5.2, Seite 87).

Freigemachter„starrer“ Rollkorper

„Wirklicher“ Rollkorper

Bei gleichformiger Rollbewegung herrscht Gleich-gewicht. Aus der Momentengleichgewichtsbedin-gung erhalt man eine Gleichung fur die Rollkraft F.Wegen der geringen Eindrucktiefe kann in dieserGleichung der Kippabstand l gleich dem Rollra-dius r gesetzt werden.

Die Rollkraftgleichung zeigt, dass die Rollkraft Fmit zunehmendem Rollradius r kleiner wird.

Den Abstand f bezeichnet man als „Hebelarm derRollreibung“. Er ist abhangig vom Werkstoff derUnterlage und des Rollkorpers und wird gewohn-lich in cm angegeben. Aus diesem Grund setztman in die Gleichung auch den Rollradius rzweckmaßig in cm ein.

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FG f � Fl ; l � r

F ¼ FGf

rRollkraft

Die Gewichtskraft steht hier fur die Belas-tung der Radachse.

Beachte: Große Rader oder Kugeln rollenleichter als kleinere.

Werte fur den Hebelarm der Rollreibung:

Fur Gusseisen und Stahl auf Stahl ist

f � 0,05 cm,

fur gehartete Stahlrollen und -kugeln aufgeharteten Laufringen (Walzlager) ist

f � 0,0005 . . . 0,001 cm.

3.4.8 Fahrwiderstand

Wird ein Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeitauf horizontaler Fahrbahn fortbewegt, sind Wider-stande zu uberwinden:

der Luftwiderstand, der Rollwiderstand,

der Widerstand durch Lagerreibung.

Die beiden letzten fasst man zum Fahrwiderstand Fw

zusammen.

Bei horizontaler Fahrbahn ist die erforderlicheZugkraft Fz gleich dem Fahrwiderstand (ohneLuftwiderstand).

Bei geneigter Fahrbahn ist zusatzlich die Hang-abtriebskraft Fa ¼ FG sin a zu uberwinden. a ist derNeigungswinkel der Fahrbahn zurWaagerechten.

Fw ¼ FN mf Fahrwiderstand

FN gesamte Normalkraft (Anpresskraft desFahrzeugs an allen Radern).

Bei horizontaler Fahrbahn ist die Normal-kraft FN gleich der Gewichtskraft FG desFahrzeugs.

mf Fahrwiderstandszahl; sie wird durchVersuche ermittelt.

Erfahrungswerte fur mf :

Eisenbahn 0,0025Straßenbahn mit Walzlagern 0,005Straßenbahn mit Gleitlagern 0,018Kraftfahrzeug auf Asphalt 0,025Drahtseilbahn 0,01

F,FG f r

N cm cm

3.4 Reibung an Maschinenteilen 133

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Damit sich die Rader drehen, muss die Haftrei-bungskraft FR0 max zwischen Radern und Fahrbahngroßer sein als der Fahrwiderstand Fw. Daraus er-gibt sich die Rollbedingung m0 � mf . Bei m0 < mfgleiten die Rader auf der Fahrbahn.

Fur die Rollbewegung ist erforderlich, dassFR0 max � Fw, d. h. FN m0 � FN mf ist.

m0 � mf Rollbedingung

3.4.9 �bungen zum Rollwiderstand und Fahrwiderstand

1. �bung: Die Laufachse einer Lokomotive mitzwei Radern von 1,1 m Durchmesser hat 1,2 tMasse. Sie soll durch eine in Achsmitte angreifen-de Kraft F auf waagerechten Schienen in gleich-formiger Bewegung gehalten werden. Der Hebel-arm der Rollreibung betragt 0,05 cm.

Wie groß sind die erforderliche Rollkraft F undder Rollwiderstand Froll?

Gegeben:

Durchmesser d ¼ 2r ¼ 1,1 m

Masse m ¼ 1,2 � 103 kgHebelarm f ¼ 0,05 cm

Gesucht:

Rollkraft F, Rollwiderstand Froll

Losung: Man kann die Rollkraft F mit der in 3.4.7entwickelten Gleichung bestimmen.

Der Rollwiderstand Froll ist hier gleich der Roll-kraft F.

F ¼ FGf

r¼ mg

f

r

F ¼ 1,2 � 103 kg � 9,81 m

s2� 5 � 10�4 m

5,5 � 10�1 mF ¼ 10,7 N ¼ Froll

2. �bung: Der Tisch einer Werkzeugmaschinelauft auf einer Zylinderrollenfuhrung. Er belastetdie Rollen mit einer Kraft F1 ¼ 1800 N. Rollenund Fuhrungsschienen sind gehartet. Die Rollenhaben 18 mm Durchmesser.

Welche Kraft muss aufgebracht werden, um denTisch zu verschieben?

Gegeben:

Belastung F1 ¼ 1,8 � 103 NHebelarm f ¼ 10�5 m (nach 3.4.7)

Rollendurchmesser d ¼ 18 � 10�3 m

Gesucht:

Verschiebekraft F

Losung:Man darf alle Krafte auf eine Rolle bezie-hen, denn ob an 100 Rollen je ein Hundertstel derKrafte wirkt oder an einer Rolle alle Krafte, istgleichgultig.

Die Gewichtskrafte der Rollen konnen vernachlas-sigt werden, denn sie sind klein gegenuber der Be-lastung F1.

Rollwiderstand tritt an der unteren und an der obe-ren Fuhrungsschiene auf.

Die Verschiebekraft F am Tisch hat ihre Gegen-kraft im Rollwiderstand Froll oben, folglich istF ¼ Froll.

Das Rollmoment F � d ist gleich dem LastmomentF1 � 2 f . Fur unterschiedliche Werkstoffe ist statt2 f die Summe ð f1 þ f2Þ einzusetzen.

Frolld ¼ Fd ¼ F1 � 2 f

F ¼ F12 f

d¼ F1

2 f

2r¼ F1

f

r

F ¼ 1,8 � 103 N � 10�5 m

9 � 10�3 m¼ 2 N

3 Reibung134

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3. �bung: Eine Kugel von 20 mm Durchmesserliegt auf einer schiefen Ebene.

Bei welchem Neigungswinkel a beginnt die Kugelzu rollen, wenn der Hebelarm der Rollreibungf ¼ 0,1 cm betragt?

Gegeben:

Durchmesser d ¼ 20 mm

Hebelarm f ¼ 0,1 cm

Gesucht:

Neigungswinkel a

Losung: Die Kugel beginnt dann zu rollen, wenndie Wirklinie der Gewichtskraft FG durch die„Kippkante“ D geht (siehe 2.5.2). Die Rollkraft istdann die Komponente FG sin a, die „Belastung“die Komponente FG cos a.

Das linksdrehende Kraftmoment FG sin ar istgleich dem rechtsdrehenden KraftmomentFG cos a f . Damit ist der Losungsansatz gefunden.Die Diskussion der Gleichung tan a ¼ f =r lasst er-kennen, dass mit zunehmendem Kugelradius r dieTangensfunktion und damit der Neigungswinkelkleiner wird: Große Rollkorper rollen leichter alskleine.

FG sin ar ¼ FG cos a f

FG sin a

FG cos a¼ f

r

tan a ¼ f

r

a ¼ arctanf

r¼ arctan

0,1 cm

1 cm¼ 5,71�

4. �bung: Ein Kraftfahrzeug mit 1100 kg Massewird auf einer waagerechten Asphaltstraße gleich-formig geschoben.

Wie groß ist der zu uberwindende Fahrwider-stand Fw?

Gegeben:

Masse m ¼ 1,1 � 103 kgFahrwiderstandszahl mf ¼ 0,025 (siehe 3.4.8)

Gesucht:

Fahrwiderstand Fw

Losung: Man berechnet den Fahrwiderstand Fw

aus der Normalkraft FN und der Fahrwiderstands-zahl mf . Die gesamte Normalkraft an den vier Ra-dern ist bei waagerechter Fahrbahn gleich der Ge-wichtskraft FG ¼ Masse m � Fallbeschleunigung g.Die Fahrwiderstandszahl entnimmt man den Er-fahrungswerten (3.4.8).

Fw ¼ FN mf ¼ FGmf ¼ mgmf

Fw ¼ 1,1 � 103 kg � 9,81 m

s2� 25 � 10�3

Fw ¼ 270kgm

s2¼ 270 N

5. �bung: Ein Guterzug fahrt auf waagerechterStrecke mit konstanter Geschwindigkeit. Die Mas-se der angehangten Wagen betragt 1000 t.

Wie groß ist der Fahrwiderstand Fw der angehang-ten Wagen?

Gegeben:

Masse m ¼ 1000 t ¼ 106 kg

Fahrwiderstandszahl mf ¼ 0,0025

Gesucht:

Fahrwiderstand Fw

3.4 Reibung an Maschinenteilen 135

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Losung: Die �berlegungen zur Losung dieserAufgabe sind die gleichen wie in der 4. �bung.Lediglich die Betrage der Masse und der Fahr-widerstandszahl wurden geandert.

Da die Zugkraft am Zughaken der Lokomotive nurden Fahrwiderstand zu uberwinden hat, sind Zug-kraft Fz und Fahrwiderstand gleich groß.

Fw ¼ FNmf ¼ FG mf ¼ mgmf

Fw ¼ 106 kg � 9,81 m

s2� 2,5 � 10�3

Fw ¼ 24,53 � 103 kgm

s2¼ 24 530 N

Fw ¼ Fz ¼ 24,53 kN

6. �bung: Derselbe Guterzug wie in der 5. �bungwird eine Steigung 1:100 gleichformig bergaufgezogen.

Gegeben:

Dieselben Großen wie in �bung 5; zusatzlichSteigung 1:100, das heißt, der Tangens desSteigungswinkels betragt 1/100, tan a ¼ 0,01

Wie groß ist jetzt die erforderliche Zugkraft Fz? Gesucht:

Zugkraft Fz

Losung: Man orientiert sich uber die Kraftever-haltnisse anhand einer Lageskizze. Ob man dabeiden ganzen Zug betrachtet oder nur einen Wagenmit der Masse m ¼ 1000 t, ist gleichgultig.

Man erkennt:

Da Gleichgewicht herrscht, ist die NormalkraftFN ¼ FG cos a. Außerdem muss die Zugkraft Fz

gleich der Summe aus Fahrwiderstand Fw undHangabtriebskraft FG sin a sein.

Lageskizze

Zuerst wird der Steigungswinkel a aus seinerTangensfunktion ermittelt. Der Winkel ist soklein, dass man in der weiteren Rechnungsin a ¼ tan a ¼ 0,01 und cos a ¼ 1 setzen darf.

a ¼ arctan 0,01 ¼ 0,573� ¼ 34,40

Dann setzt man die Gleichgewichtsbedingung furdie Krafte in Richtung der Steigung an (x-Krafte)und lost schrittweise nach Fz auf.

SFx ¼ 0 ¼ Fz � Fw � FG sin a

Fz ¼ Fw þ FG sin a ¼ FN mf þ FG sin a

Fz ¼ FG cos amf þ FG sin a ¼¼ FGðmf cos aþ sin aÞ

Fz ¼ mgðmf cos aþ sin aÞcos a ¼ 0,99995 � 1 gesetzt:

Die Gleichung Fz ¼ mgðmf þ sin aÞ zeigt, dassder Steigungswinkel a die Zugkraft stark beein-flusst. Hier ist sin a ¼ 4mf , d. h. die Hangabtriebs-kraft FG sin a ist viermal so groß wie der Fahr-widerstand Fw.

Fz ¼ mgðmf þ sin aÞFz ¼ 106 kg � 9,81 m

s2� ð0,0025þ 0,01Þ

Fz ¼ 12,26 � 104 N ¼ 122,6 kN

Aufgaben Nr. 379–385

3 Reibung136

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3.4.10 Rolle und Rollenzug

3.4.10.1 Feste Rolle (Leit- oder Umlenkrolle)

Die Achse der festen Rolle liegt raumlich fest. Oh-ne Reibung ware die Zugkraft F im Seil gleich derGewichtskraft FG (F ¼ FG). Infolge der Zapfenrei-bung (siehe Seite 115) ist beim Heben der Last dieZugkraft jedoch immer großer als die Gewichts-kraft (F > FG). Aber auch ohne Berucksichtigungder Zapfenreibung ware F > FG, denn die Rei-bung zwischen den einzelnen Drahten des Seilsmacht das Seil biegesteif. Dadurch weicht der auf-laufende Seilstrang um die seitliche Auslenkung e1nach außen. Der ablaufende Seilstrang schmiegtsich um e2 an die Rolle nach innen an. Dadurchvergroßert sich der Wirkabstand der GewichtskraftFG vom Rollendrehpunkt D auf den Betrag r þ e1,wahrend sich der Wirkabstand der Zugkraft F aufr � e2 verringert.

FG Gewichtskraft

F Zugkraft

r Rollenradius

rz Zapfenradius

Zur Gleichgewichtsbetrachtung skizziert man dieLageskizze des Systems Rolle/Seil. Der gering-fugige Unterschied zwischen e1 und e2 lasst es zu,mit der Auslenkung e ¼ e1 ¼ e2 zu rechnen.

Die Rolle dreht sich beim Heben der Last mit kon-stanter Winkelgeschwindigkeit w rechts herum.Linksdrehend wirkt dann das ReibungsmomentMR ¼ FRrz ¼ FNmrz ¼ ðFG þ FÞ mrz.Erlauterungen zum Reibungsmoment MR sieheAbschnitt 3.4.3.1, Seite 116.

Lageskizze fur Lastheben

Fur die Reibungsbetrachtung am Rollenbolzenoder -zapfen kann die Zugkraft F ungefahr gleichder Gewichtskraft FG gesetzt werden (F � FG).Das Reibungsmoment wird dann MR ¼ 2FGmrz.Legt man den Momentendrehpunkt D auf dieWirklinie der noch unbekannten Normalkraft FN

(Lagerkraft) in den Rollenmittelpunkt, so fuhrt diealgebraische Entwicklung zu einer Gleichung furdie Zugkraft F.

SFy ¼ 0 ¼ �FG þ FN � F

FN ¼ FG þ F

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FGðr þ eÞ � Fðr � eÞ þMR

FGðr þ eÞ � Fðr � eÞ þ 2FG mrz ¼ 0

Fðr � eÞ ¼ FGðr þ eþ 2mrzÞ

F ¼ FGr þ eþ 2mrz

r � e

Zugkraft an der festen Rolle beim Lastheben

3.4 Reibung an Maschinenteilen 137

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Der Wirkungsgrad h ist das Verhaltnis von Nutz-arbeit Wn zur aufgewendeten Arbeit Wa. Die Nutz-arbeit Wn ist hier das Produkt aus der Gewichts-kraft FG und dem Hubweg s, also Wn ¼ FG s(Hubarbeit). Entsprechend gilt fur die aufgewen-dete Arbeit Wa ¼ Fs. Kraft- und Lastweg sindgleich groß (s1 ¼ s2 ¼ s).

hf ¼NutzarbeitWn

aufgewendete ArbeitWa¼ FGs

Fs

hf ¼FG

F! F ¼ FG

hf

Mit den beiden Ausdrucken fur die Zugkraft F ste-hen also zwei voneinander unabhangige Gleichun-gen mit zwei Unbekannten (F und hf) zur Ver-fugung. Die Gleichsetzungsmethode fuhrt hier ameinfachsten zu einer Gleichung fur den Wirkungs-grad hf der festen Rolle.

F ¼ FG

hf¼ FG

r þ eþ 2mrzr � e

hf ¼r � e

r þ eþ 2mrzWirkungsgradder festen Rolle

Wie die Gleichung zeigt, ist der Wirkungsgrad hfabhangig vom Rollenradius r, vom Zapfenradiusrz, von der Zapfenreibungszahl m und von der Aus-lenkung e. Die Großen r und rz sind konstruktivfestgelegt, dagegen konnen Zapfenreibungszahl mund Auslenkung e nur angenommen werden. Da-bei ist die Festlegung eines Auslenkungsbetragesam schwierigsten. Eine Rechnung mit bestimmtenBetragen von r, rz und m, bei e ¼ 0; 0,5 mm;1 mm und 2 mm zeigt die geringe Abhangigkeitdes Wirkungsgrades hf vom Auslenkungsbetrag e.Es ist daher berechtigt, mit einem Mittelwerthf ¼ 0,95 zu rechnen.

Berechnungsbeispiel:

Fur r ¼ 200 mm, rz ¼ 30 mm und m ¼ 0,15sowie e1 ¼ 0; e2 ¼ 0,5 mm; e3 ¼ 1 mm unde4 ¼ 2 mm liefert die Wirkungsgradglei-chung:

hf1 ¼ 0,957 � 0,96 fur e1 ¼ 0

hf2 ¼ 0,952 � 0,95 fur e2 ¼ 0,5 mm

hf3 ¼ 0,948 � 0,95 fur e3 ¼ 1 mm

hf4 ¼ 0,938 � 0,94 fur e4 ¼ 2 mm

3.4.10.2 Lose Rolle

Die Last mit der Gewichtskraft FG hangt an derAchse der losen Rolle und verteilt sich daher aufzwei Seilstrange. Der eine Strang ist z. B. an derAuslegerspitze eines Drehkrans befestigt, am an-deren Strang greift die Zugkraft F an. War bei derfesten Rolle ohne Reibungsverluste F ¼ FG, so istbei der losen Rolle F ¼ Fs ¼ FG/2. Die aufgewen-dete Arbeit ist Wa ¼ Fs1, die NutzarbeitWn ¼ FG s2. Ohne Reibungsverluste sind beide Be-trage gleich groß, also Fs1 ¼ FG s2. Mit F ¼ FG/2wird dann FG s1/2 ¼ FG s2, also auch s1 ¼ 2 s2. DerKraftweg s1 ist doppelt so groß wie der Lastweg s2.

Lageskizzefur Lastheben

3 Reibung138

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Wie bei der festen Rolle stellt man die Gleichge-wichtsbedingungen nach der Lageskizze auf. Auchhier wird angenommen, dass die seitliche Auslen-kung am auf- und am ablaufenden Seilstranggleich groß ist (e1 ¼ e2 ¼ e).

Den Momentendrehpunkt D legt man auf dieWirklinie der Seilkraft Fs, weil die Entwicklungder Momentengleichgewichtsbedingung dann zueiner Gleichung mit nur einer Unbekannten fuhrt(Zugkraft F).

SFy ¼ 0 ¼ Fs � FG þ F

FG ¼ Fs þ F

SMðDÞ ¼ 0 ¼ �FGðr þ eÞ �MR þ F ðr � eþ r þ eÞzfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{2r

MR ¼ FRrz ¼ FN mrz ¼ FGmrz

2Fr ¼ FGðr þ eÞ þ FGmrz ¼ FGðr þ eþ mrzÞ

F ¼ FG

2

r þ eþ mrzr

Zugkraft an der losen Rolle beim Lastheben

Auch bei Berucksichtigung der Reibung gilt furden Kraftweg s1 ¼ 2s2. Allerdings bleibt nichtmehr F ¼ FG/2. Mit der NutzarbeitWn ¼ FG s2 undder aufgewendeten Arbeit Wa ¼ Fs1 ¼ F � 2s2 er-halt man wie bei der festen Rolle eine Gleichungfur denWirkungsgrad hl der losen Rolle und darauseine Gleichung fur die Zugkraft F.

hl ¼Wn

Wa¼ FG s2

F 2s2

hl ¼FG

2F! F ¼ FG

2hl

Wie bei der festen Rolle verfugt man auch hieruber zwei voneinander unabhangigen Gleichungenfur die Zugkraft F, die man gleichsetzen und nachdem Wirkungsgrad hl auflosen kann.

F ¼ FG

2hl¼ FG

2

r þ eþ mrzr

hl ¼r

r þ eþ mrzWirkungsgradder losen Rolle

Ein Vergleich der beiden Gleichungen fur die Wir-kungsgrade hl und hf zeigt, dass der Zahler in derWirkungsgradgleichung fur die lose Rolle großerist als der Zahler in der Gleichung fur die festeRolle. Dagegen ist der Nenner bei hl kleiner alsbei hf . Folglich ist der Wirkungsgrad hl der losenRolle großer als der Wirkungsgrad hf der festenRolle (hl > hf ).

Zahlervergleich: r > r � e

Nennervergleich: r þ eþ mrz < r þ eþ 2mrzfolglich ist

hl > hf

Das wird rechnerisch bestatigt mit den fur die festeRolle angenommenen Großen (siehe Seite 138).Fur praktische Rechnungen verzichtet man jedochauf unterschiedliche Betrage fur die Wirkungs-grade der festen und der losen Rolle. Man rechnetmit hf ¼ hl ¼ h ¼ 0,96 fur Gleitlagerung der Rolleund h ¼ 0,98 fur Walzlagerung.

Fur r ¼ 200 mm, rz ¼ 30 mm, m ¼ 0,15 unde ¼ 1 mm wird der Wirkungsgrad fur die loseRolle:

hl ¼r

r þ eþ mrz

hl ¼200 mm

ð200þ 1þ 0,15 � 30Þ mm

hl ¼ 0,973 > hf ¼ 0,948

3.4 Reibung an Maschinenteilen 139

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3.4.10.3 Rollenzug

Rollenzuge sind �bersetzungsmittel zwischen Lastund Kraft. Sie bestehen aus einer Kombination fes-ter und loser Rollen, die in Flaschen (Kloben) ge-lagert sind. Die Rollen konnen untereinander oderauch nebeneinander liegen1). Das eine Seilende istmit einer Flasche verbunden, am anderen Endegreift die Zugkraft F an.

Zur statischen Analyse des skizzierten Rollenzugesbeim Heben der Last wird die untere Flasche freige-macht. Der Schnitt x � x trifft hier vier tragendeSeilstrange. Fur alle Rollen soll der Wirkungsgradgleich groß sein (hf ¼ hl ¼ h). Mit den fur festeund lose Rollen entwickelten Gleichungen ist dannF1 ¼ hF, F2 ¼ hF1 ¼ h2F, F3 ¼ hF2 ¼ h3F undF4 ¼ h4F. Damit kann die Kraftegleichgewichts-bedingung SFy ¼ 0 aufgestellt werden.

Der Ausdruck ð1þ hþ h2 þ h3Þ lasst sich alge-braisch vereinfachen. Es ist

1þ hþ h2 þ h3 ¼ 1� h4

1� h

Der Beweis lasst sich durch Polynomdivision fuh-ren, indem man 1� h4 durch 1� h dividiert.

Der spezielle Fall mit vier tragenden Seilstrangenkann leicht auf beliebige Konstruktionen mit n tra-genden Seilstrangen erweitert werden. Als Expo-nent steht dann „n“ statt „4“ in der Zugkraftglei-chung des Rollenzugs.

Von den „Lasten“, die mit Rollenzugen bewegtwerden sollen, ist meistens die Masse m in kg be-kannt. Aus diesem Grund wird nach FG ¼ mg dieZugkraftgleichung mit der Masse m geschrieben(Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s2).

Eine Beziehung zwischen dem Kraftweg s1 unddem Lastweg s2 lasst sich wie bei der losen Rollemit der Nutzarbeit Wn ¼ FG s2 und der aufgewen-deten Arbeit Wa ¼ Fs1 herleiten. Ohne Reibungs-verluste ist auch hier Wn ¼ Wa, und die Gewichts-kraft FG ist gleich dem n-fachen der Zugkraft F(FG ¼ nF oder F ¼ FG/n). Beispielsweise ist beider losen Rolle FG ¼ 2F, weil n ¼ 2 tragendeSeilstrange vorhanden sind.

Lageskizze derunteren Flasche

SFy ¼ 0 ¼ F1 þ F2 þ F3 þ F4 � FG

hF þ h2F þ h3F þ h4F ¼ FG

Fðhþ h2 þ h3 þ h4Þ ¼ FG

F ¼ FG1

hþ h2 þ h3 þ h4¼ FG

1

hð1þ hþ h2 þ h3Þ

F ¼ FG1� h

hð1� h4Þ ¼ mg1� h

hð1� h4Þ

F ¼ mg1� h

hð1� hnÞZugkraftgleichung fur Rollenzugemit n tragenden Seilstrangen beimLastheben (mg ¼ FG)

Wn ¼ Wa

FG s2 ¼ Fs1 (FG ¼ nF)

nFs2 ¼ Fs1

s1 ¼ ns2

Weggleichung fur Rollenzugemit n tragenden Seilstrangen

1) Praktische Ausfuhrung siehe Handbuch Maschinenbau (Abschnitt Fordertechnik)

3 Reibung140

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Mit der Weggleichung s1 ¼ ns2 kann nun wie beiden Rollen eine Wirkungsgradgleichung fur denRollenzug entwickelt werden. Ausgangsgleichungist die allgemeine Wirkungsgradgleichunghr ¼ Wn=Wa mit der Nutzarbeit Wn ¼ FG s2 undder aufgewendeten Arbeit Wa ¼ Fs1 ¼ Fns2.

hr ¼Wn

Wa¼ FG s2

Fs1¼ FG s2

nFs2

hr ¼FG

nF! F ¼ FG

nhr

Auch hier liegen wieder zwei voneinander unab-hangige Gleichungen fur die Zugkraft F vor, diegleichgesetzt und nach dem Wirkungsgrad hr desRollenzuges aufgelost werden konnen.

Darin steht mit h der Wirkungsgrad der einzelnenRolle, wobei zwischen fester und loser Rolle nichtunterschieden wird (hf ¼ hl ¼ h ¼ 0,96).

F ¼ FG

nhr¼ FG

1� h

hð1� hnÞ

hr ¼hð1� hnÞnð1� hÞ

Wirkungsgrad hr desRollenzuges furn tragende Seilstrangeh Wirkungsgrad einerRolle

Die folgende Tabelle gibt Werte fur den Wirkungsgrad hr in Abhangigkeit von der Anzahl nder tragenden Seilstrange an. Obere Zeile fur Gleitlagerung mit h ¼ 0,96, untere Zeile furWalzlagerung mit h ¼ 0,98.

3.4.10.4 �bung zum Rollenzug

Mit dem auf Seite 140 skizzierten Rollenzug sollein Werkstuck von 900 kg Masse auf eine Hohevon 7 m gehoben werden.

Zu berechnen ist

a) die Zugkraft F im Seil beim Heben,

b) die Lange s1 des ablaufenden Seilstrangs

Gegeben:

Masse m ¼ 900 kg

Anzahl der tragenden Seilstrange n ¼ 4

Lastweg s2 ¼ 7 m

Rollenwirkungsgrad h ¼ 0,96

Gesucht:

Zugkraft F, Ablauflange s1

Losung:

a) Die Zugkraft F beim Lastheben wird mit derZugkraftgleichung fur Rollenzuge fur n ¼ 4 tra-gende Seilstrange berechnet.

b) nach der Weggleichung fur Rollenzuge ist derKraftweg s1 (Ablauflange) n mal so groß wie derLastweg s2, hier also 4-mal so groß.

F ¼ mg1� h

hð1� h nÞ

F ¼ 900 kg � 9,81 m

s2� 1� 0,96

0,96 � ð1� 0,964Þ

F ¼ 2 442kgm

s2¼ 2 442 N

s1 ¼ ns2 ¼ 4 � 7 m ¼ 28 m

n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

hr 0,960 0,941 0,922 0,904 0,886 0,869 0,852 0,836 0,820 0,804

hr 0,98 0,97 0,961 0,951 0,942 0,932 0,923 0,914 0,905 0,896

3.4 Reibung an Maschinenteilen 141

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4 Dynamik

Formelzeichen und Einheiten1)

A m2, cm2, mm2 Flacheninhalt, Flache

a m

s2Beschleunigung (at Tangentialbeschleunigung, an Normalbeschleunigung)

Di m, mm Tragheitsdurchmesser ¼ 2i

d m, mm Durchmesser, allgemein

E J ¼ Nm ¼ Ws Energie (Ep potenzielle Energie, Ek kinetische Energie)

F N Kraft (FT Tangentialkraft, FN Normalkraft)

FG N Gewichtskraft (FGn Normgewichtskraft)

f1

sFrequenz, Periodenfrequenz; f ¼ 1

T

gm

s2Fallbeschleunigung (gn Normfallbeschleunigung ¼ 9,80665 m/s2)

h m Fallhohe, Hohe allgemein

i 1 �bersetzungsverhaltnis (�bersetzung)

i m, mm Tragheitsradius ¼ Di

2

J kg m2 Tragheitsmoment, Zentrifugalmoment

k 1 Stoßzahl

l m, mm Lange allgemein

M Nm, Nmm Kraftmoment, Drehmoment

m kg Masse; m0 langenbezogene Masse in kg/m

n1

s¼ s�1,

1

min¼ min�1 Umdrehungsfrequenz, Drehzahl

P W, kW Leistung

RN

m,

N

mmFederrate

r m, mm Radius

s m, mm Weglange

T s Periodendauer,Schwingungsdauer

T N Tragheitskraft T ¼ ma

t s, min, h Zeit

V m3, cm3, mm3 Volumen, Rauminhalt

vm

sGeschwindigkeit

W J ¼ Nm ¼ Ws Arbeit

z 1 Anzahl der Umdrehungen

1) siehe Fußnote Seite 1

a, b� Winkel allgemein

a1

s2¼ rad

s2¼ s�2 Winkelbeschleunigung

h 1 Wirkungsgrad

m 1 Reibungszahl l,Reibungszahl

rkg

dm3 ,kg

m3Dichte

r m, mm Krummungsradius

j rad Drehwinkel

w1

s¼ rad

s¼ s�1 Winkelgeschwindigkeit

142

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6_4,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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4.1 Allgemeine Bewegungslehre

4.1.1 Großen und v, t-Diagramm, Ordnung der Bewegungen

In der Bewegungslehre entwickelt man Gleichun-gen, mit denen sich die Ortsveranderung von Kor-pern und Korperpunkten beschreiben und berech-nen lassen. Die Ursache der Ortsveranderung, alsodie einwirkenden Krafte und Kraftmomente, wer-den in der Bewegungslehre nicht untersucht.

Die Bewegungslehre wird auch als Kinematikbezeichnet.

Beispiel:

Der Stoßel einer Waagerecht-Stoßmaschinewird aus der Ruhelage heraus beschleunigt.

Die Abmessungen aller Bauteile, die dieseBewegung in den Stoßel einleiten, hangenvom Betrag der Beschleunigung ab.

Folglich muss dieser Betrag berechnet wer-den.

Man kann Langenabschnitte und Zeitabschnittemessen. Die Lange des Weges, den ein Korper(oder ein Punkt dieses Korpers) durchlauft, nenntman „Wegabschnitt“ und benutzt dafur das Kurz-zeichen „Ds“. Ebenso spricht man vom „Zeit-abschnitt Dt“, wenn man z. B. die Anzahl Sekun-den (s) angibt, die wahrend der Ortsveranderungvergangen sind.

Hinweis: Wege (Wegabschnitte) werden mitdem Buchstaben s bezeichnet (von lat. spa-tium), Zeiten (Zeitabschnitte) mit dem Buch-staben t (lat. tempus).

Der griechische Buchstabe Delta (D) steht fur„Differenz“, weil Weg- und ZeitabschnitteDifferenzen von Langen und Zeiten sind:

Ds ¼ s2 � s1 Dt ¼ t2 � t1Gesprochen wird „Delta-es“ und „Delta-te“,also nicht etwa „Delta mal s“.

Die Vorstellung wird klarer und das Verstandniswird erleichtert, wenn man sich immer nur aufeinen Punkt des bewegten Korpers konzentriert.

Beispiel:

Bei der umlaufenden Schleifscheibe beob-achtet man die Bewegung eines Schleif-kornes am Scheibenumfang.

Wegabschnitt Ds und Zeitabschnitt Dt sind so ge-nannte Basisgroßen; sie konnen direkt gemessenwerden. Die zugehorigen Einheiten sind die Basis-einheiten Meter (Kurzzeichen m) und Sekunde(Kurzzeichen s).

Geschwindigkeit v (lat. velocitas) und Beschleuni-gung a (lat. acceleratio) sind die aus den Basisgro-ßen abgeleiteten Großen der Bewegung. Man un-terscheidet daher Basisgroßen und abgeleiteteGroßen.

Zusammenstellung der Großen der Bewe-gung und ihrer Einheiten:

Wegabschnitt Ds in m

Zeitabschnitt Dt in s

Geschwindigkeit v inm

s

Beschleunigung a(Verzogerung)

inm

s2

Beachte: Das Zeichen fur Beschleunigungund Verzogerung ist der Buchstabe a.

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 143

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Die Bewegungen eines Korperpunktes kann manzeitlich oder/und raumlich ordnen.

Zeitliche Ordnung (Bewegungszustand):

1. gleichformige Bewegung,

2. ungleichformige Bewegung(beschleunigte oder verzogerte Bewegung).

Beispiele:

Vorschubbewegungen an Werkzeugmaschi-nen sind meist geradlinig gleichformigeBewegungen.

Der freie Fall ohne Luftwiderstand ist einegeradlinig ungleichformige Bewegung(beschleunigte Bewegung).

Raumliche Ordnung (Bewegungsbahn):

1. geradlinige Bewegung,

2. krummlinige Bewegung.

Spezialfall der krummlinigen Bewegung ist dieKreisbewegung (Bewegung auf einer Kreisbahn).

Ein Punkt am Umfang einer Schleifscheibebewegt sich krummlinig gleichformig(gleichformig auf einer Kreisbahn).

Beim Auslaufen einer Schleifscheibe bewegtsich ein Schleifkorn krummlinig ungleich-formig (verzogert auf einer Kreisbahn).

Kennzeichen der ungleichformigen Bewegung istdie Beschleunigung oder die Verzogerung. Beimbeschleunigt bewegten Korper nimmt die Ge-schwindigkeit fortwahrend zu, beim verzogertbewegten Korper nimmt sie laufend ab. Kurz sagtman: Bei der ungleichformigen Bewegung ist im-mer v 6¼ konstant.

Beispiele:

Freier Fall ohne Luftwiderstand ist einegleichmaßig beschleunigte Bewegung, senk-rechter Wurf nach oben ist eine gleichmaßigverzogerte Bewegung. Der Stoßel der Waa-gerecht-Stoßmaschine dagegen bewegt sichungleichmaßig beschleunigt und verzogert.

Von besonderer Bedeutung sind die Falle, in denendie Zu- oder Abnahme der Geschwindigkeit v ingleichen Zeitabschnitten Dt gleich groß bleibt(konstante Zu- oder Abnahme). Man spricht dannvon einer gleichmaßig beschleunigten oder ver-zogerten Bewegung.

Beachte: Gleichmaßig beschleunigte (ver-zogerte) Bewegung liegt vor, wenn die Ge-schwindigkeit v 6¼ konstant (nicht konstant),die Beschleunigung (Verzogerung) dagegena ¼ konstant ist.

Beispiel: freier Fall und senkrechter Wurf.

Die zeitliche Ordnung von Bewegungen lasst sicham besten im Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm(v, t-Diagramm) erkennen:

�ber der Zeitachse t wird von links nach rechtsfortschreitend die Geschwindigkeit v aufgetragen.Man unterscheidet drei Falle und benutzt als Kri-terium die Veranderung von Geschwindigkeit vund Beschleunigung oder Verzogerung a:

v ¼ konstanta ¼ 0

�gleichformige Bewegung

v 6¼ konstanta 6¼ 0

�ungleichformige Bewegung

v 6¼ konstanta ¼ konstant

�gleichmaßig beschleunigte

ðverzogerteÞ Bewegung

`

´

v, t-Diagramm fur gleichformige undungleichformige Bewegung

4 Dynamik144

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4.1.2 �bungen mit dem v, t-Diagramm

1. Das v, t-Diagramm fur den freien Fall ohneLuftwiderstand soll skizziert werden:

Der freie Fall ist eine gleichmaßig beschleunigteBewegung, denn die Beschleunigung ist konstant.Sie heißt Fallbeschleunigung (g ¼ 9,81 m/s2). DieGeschwindigkeit nimmt in jeder Zeiteinheit umden gleichen Betrag Dv ¼ konstant zu. Die v-Linieist also eine ansteigende Gerade. Der freie Fall mitLuftwiderstand wird im Abschnitt 4.1.6 behandelt(Seite 156).

v, t-Diagramm des freien Falls (v 6¼ konstant;a ¼ g ¼ konstant; g ¼ 9,81 m/s2)

2. Das v, t-Diagramm fur den senkrechten Wurfnach oben ohne Luftwiderstand mit anschließen-dem freien Fall soll skizziert werden:

Beim senkrechten Wurf nach oben ist die Verzoge-rung ebenso groß wie die Beschleunigung wah-rend des freien Falls (g ¼ 9,81 m/s2), und siebleibt auch konstant. Der senkrechte Wurf ist dem-nach nichts anderes als der „umgekehrt“ betrach-tete freie Fall. Anfangsgeschwindigkeit v0 undEndgeschwindigkeit vt sind daher gleich groß. v0ist die Geschwindigkeit zur Zeit t ¼ 0, vt ist dieGeschwindigkeit bei der Ruckkehr zur Abwurf-stelle. Die v-Linie schneidet die t-Achse. Von dortan hat die Geschwindigkeit entgegengesetztenRichtungssinn.

Beachte:Wird nichts anderes gesagt, sollendiese Bewegungsarten ohne Luftwiderstandbehandelt werden.

v, t-Diagramm des senkrechten Wurfs nachoben mit anschließendem freiem Fall(v 6¼ konstant; a ¼ g ¼ konstant)

3. Das v, t-Diagramm fur den senkrechten Wurfnach unten soll skizziert werden:

Wie beim freien Fall (�bung 1.) ist die v-Linieeine ansteigende Gerade. Da der Korper schoneine Anfangsgeschwindigkeit v0 besitzt, wird dieGerade um den Betrag von v0 parallel verschobeneingezeichnet. Nach dem Zeitabschnitt Dt besitztder Korper die Endgeschwindigkeit vt, die um dieGeschwindigkeitszunahme Dv ¼ vt � v0 großer istals v0.

Der Bewegungsablauf vor dem Erreichen der An-fangsgeschwindigkeit v0 wurde nicht eingetragen.

v, t-Diagramm des senkrechten Wurfs nachunten (v 6¼ konstant; a ¼ g ¼ konstant)

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 145

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4. Das v, t-Diagramm der Stoßelbewegung einerWaagerecht-Stoßmaschine soll skizziert werden:

Der Stoßel bewegt sich ungleichformig, denn ermuss erst beschleunigt und dann verzogert werden(Anfangs- und Endgeschwindigkeit sind null). ImUnterschied zum freien Fall ist diese ungleich-formige Bewegung jedoch nicht gleichmaßig be-schleunigt oder verzogert, sondern ungleichmaßig.Es ist also a 6¼ konstant. Der Großtwert der Ge-schwindigkeit liegt in Hubmitte (vmax).

v, t-Diagramm eines Stoßelhubes derWaagerechtstoßmaschine

(v 6¼ konstant; a 6¼ konstant)

5. Ein Korper wird aus der Ruhelage herauswahrend Dt1 ¼ 5 s gleichmaßig beschleunigt underreicht die Geschwindigkeit v ¼ 12 m/s, die erwahrend Dt2 ¼ 10 s beibehalt. Anschließend wirddie Bewegung wahrend Dt3 ¼ 2,5 s gleichmaßigbis zur Ruhelage verzogert.

Das v, t-Diagramm des Bewegungsvorganges istmaßstablich zu zeichnen und daraus das Beschleu-nigungs-Zeit-Diagramm (a, t-Diagramm) zu ent-wickeln:

Im v, t-Diagramm ist die v-Linie wahrend des Zeit-abschnitts Dt3 steiler geneigt als wahrend des Zeit-abschnitts Dt1 (a2 > a1).

v, t-Diagramm

Beachte: Die v-Linien sind „idealisierte“Kurven. Kurvenknicke als �bergange sind inder Praxis nicht moglich.

Auch wenn man die Beschleunigung a1, a3 nochnicht berechnen kann, sagt die TatsacheDt1 ¼ 2 Dt3, dass a3 ¼ 2a1 sein wird. Wahrenddes Zeitabschnitts Dt2 ist keine Beschleunigungvorhanden (a2 ¼ 0).

Aus dem v, t-Diagramm entwickeltesa, t-Diagramm

6. Das v, t-Diagramm fur die Bewegung einesSchleifkorns soll skizziert werden, wenn dieSchleifscheibe nach dem Abschalten des Antriebsgleichmaßig verzogert auslauft:

Die v-Linie ist eine von v0 bis auf vt ¼ 0 abfal-lende Gerade. Eine Gerade deshalb, weil gleich-maßige Verzogerung vorausgesetzt wurde.

v, t-Diagramm fur eine auslaufende Schleif-scheibe

(v 6¼ konstant; a ¼ konstant)

Aufgaben Nr. 400–404

4 Dynamik146

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4.1.3 Gesetze und Diagramme der gleichformigen Bewegung,Geschwindigkeitsbegriff

Die folgenden Gesetzmaßigkeiten gelten unabhangig von der Bahn des Korperpunktes, alsofur geradlinige und krummlinige Bewegungen. Zur Vereinfachung stellt man sich erst einmaleine gerade Bahn vor.

Man beobachtet die Bewegung des Werkzeugtra-gers einer Drehmaschine bei eingeschaltetemLangsvorschub, oder die Bewegung des Tischeseiner Frasmaschine. Mit Bandmaß und Stoppuhrkann man feststellen, dass sichWerkzeugtrager oderTisch in gleichen Zeitabschnitten Dt immer um dengleichenWegabschnittDs verschoben haben.

Das ist das Kennzeichen der gleichformigen Be-wegung:

Beispiel:

Man kann feststellen, dass sich der Fras-maschinentisch nach jeweils 10 s um 30 mmverschoben hat.

Der Zeitabschnitt betragt Dt ¼ 10 s.

Der Wegabschnitt betragt Ds ¼ 30 mm.

Ein Korper oder Korperpunkt bewegt sich danngleichformig, wenn er in gleichen, beliebigkleinen Zeitabschnitten Dt immer gleiche Weg-abschnitte Ds zurucklegt.

Dividiert man den durchlaufenen Wegabschnitt Dsdurch den zugehorigen Zeitabschnitt Dt, dann er-halt man die Geschwindigkeit v:

Exakt gleichformig ist eine Bewegung nurdann, wenn auch in beliebig kleinen Zeit-abschnitten, z. B. in jeder millionstel Sekun-de, die durchlaufenen Wegabschnitte gleichgroß bleiben.

Die Geschwindigkeit v eines gleichformig be-wegten Korpers ist der Quotient aus Weg- undZeitabschnitt.Die Geschwindigkeit ist ein Vektor; mehrereGeschwindigkeiten durfen also nur geo-metrisch addiert werden.

v ¼ Ds

Dt

Grundgleichung dergleichformigen Bewegung

Bewegt sich ein Korper nicht gleichformig, erhaltman mit der Definitionsgleichung der Geschwin-digkeit v ¼ Ds=Dt seine Durchschnittsgeschwin-digkeit oder mittlere Geschwindigkeit vm .

Beispiel:

Der Stoßel einer Waagerecht-Stoßmaschinedurchlauft einen Hub von 0,6 m in 1,5 s.

Dann ist

vm ¼Ds

Dt¼ 0,6 m

1,5 s¼ 0,4

m

s¼ 0,4

m1

60min

¼ 24m

min

Die Einheit fur die Geschwindigkeit v ergibt sichaus ihrer Definitionsgleichung. Man braucht alsonur fur die rechts vom Gleichheitszeichen stehen-den Großen die Einheiten einzusetzen. Die Klam-mern sollen darauf hinweisen, dass nur die Einheitder Große benutzt werden soll.

ðvÞ ¼ ðsÞðtÞ ¼

Weg-Einheit

Zeit-Einheit

Beispiele:

ðvÞ ¼ ðsÞðtÞ ¼

m

s¼ ms�1; ðvÞ ¼ ðsÞ

ðtÞ ¼mm

min

v Ds Dt

m/s m s

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 147

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Die Einheiten Meter (m) und Sekunde (s) sindgesetzliche Basiseinheiten.

1km

h¼ 1 � 103 m

3,6 � 103 s ¼1

3,6

m

s

Zur Umrechnung von m/s in km/h oder umgekehrtbraucht man nur 1 km ¼ 1000 m ¼ 103 m und1 h ¼ 3 600 s ¼ 3,6 � 103 s einzusetzen. Umrech-nungszahl fur diesen Fall ist demnach 3,6.

1km

h¼ 1

3,6

m

s

1m

s¼ 3,6

km

h

Umrechnungs-beziehung

Bewegungsablaufe werden leichter uberschaubar,wenn man sie zeichnerisch im rechtwinkligenAchsenkreuz erfassen. Auch im einfachen Fall dergleichformigen Bewegung erkennt man schonGesetzmaßigkeiten, die spater bei der ungleichfor-migen Bewegung helfen, schwierigere Aufgabenzu losen. Das gilt vor allem fur das Geschwindig-keit-Zeit-Diagramm (v, t-Diagramm).

Hinweis: Auf der waagerechten Achse tragtman immer die Zeit t auf. Die vertikale Achsetragt entweder den Weg s, die Geschwindig-keit v oder die Beschleunigung a:

Weg-Zeit-Diagramm (s, t-Diagramm),

Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm(v, t-Diagramm),

Beschleunigung-Zeit-Diagramm(a, t-Diagramm).

Im Weg-Zeit-Diagramm erhalt man bei gleichfor-miger Bewegung fur die Weglinie eine ansteigendeGerade, weil in gleichen Zeitabschnitten (z. B.Dt ¼ 1 s) gleiche Wegabschnitte zuruckgelegtwerden (z. B. Ds ¼ 5 m).

Eine steilere Gerade wurde zeigen, dass der Korperin gleichen Zeitabschnitten Dt großere Weg-abschnitte Ds durchlauft, das heißt, die Geschwin-digkeit v ware großer.

s, t-Diagramm der gleichformigen Bewegung

Die Weg-Linie im s, t-Diagramm ist immer dieHypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks, mit Dtund Ds als Katheten. Man erkennt:

Der Tangens des Neigungswinkels a derWeg-Linie entspricht dem Zahlenwert derGeschwindigkeit v (tan a ¼b v).

tan a ¼b v ¼ Ds

Dt¼ konstant

Man darf nicht schreiben v ¼ tan a, sondern nurv ¼b tan a (v entspricht tan a), denn es handeltsich um Großen verschiedener Art, wie schon dieverschiedenen Einheiten zeigen. v besitzt die Ein-heit m/s, der Tangens eines Winkels dagegen dieEinheit Eins (Verhaltnisgroße aus zwei Langen).

Beispiel:

v1 ¼ 0,5m

s¼b tan a1; a1 ¼ arctan 0,5 ¼ 26,6�

Dieser Winkel tritt im s, t-Diagramm aber nurdann auf, wenn auf den beiden Achsen dieLange fur eine Zeiteinheit und fur eine Weg-einheit gleich ist (gleicher Maßstab).

4 Dynamik148

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Im Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm erhalt manbei gleichformiger Bewegung fur die Geschwin-digkeits-Linie eine zur t-Achse parallele Gerade,weil zu jedem Zeitpunkt die Geschwindigkeit vgleich groß ist (v ¼ konstant). Die Geschwindig-keits-Linie begrenzt mit Dt und v eine Rechteck-flache A, deren Inhalt sich aus dem Produkt v Dtergibt. Das ist aber zugleich der von einem Korpermit der Geschwindigkeit v durchlaufene Weg,denn aus v ¼ Ds=Dt wird Ds ¼ v Dt:

Geschwindigkeits-Linie

1 2 3 4 5

5

4

3

2

1

0

v

0

Zeit t in s

Fläche A = v t = Weg s� �

Geschwindigkeitvinm/s

�t

v, t-Diagramm der gleichformigen Bewegung

Die Flache A unter der Geschwindigkeitslinieim v, t-Diagramm entspricht dem WegabschnittDs (A ¼b Ds).Kurz: Diagrammflache ¼b Wegabschnitt.

Flache A ¼b Weg Ds ¼ v Dt

Beachte: Flache A ¼b Wegabschnitt Ds giltimmer. Daher skizziert man grundsatzlichzuerst das v, t-Diagramm fur den Bewegungs-vorgang.

Im Beschleunigung-Zeit-Diagramm erhalt man beigleichformiger Bewegung fur die Beschleuni-gungslinie eine auf der t-Achse liegende Gerade,weil zu jedem Zeitpunkt die Beschleunigunga ¼ 0 ist. Das muss so sein, weil v ¼ konstantvoraussetzt, dass sich der Korper weder beschleu-nigt noch verzogert. Das a, t-Diagramm hat dahernur bei beschleunigter (verzogerter) BewegungBedeutung.

a, t-Diagramm der gleichformigen Bewegung

Aufgaben Nr. 405–416

4.1.4 Gesetze und Diagramme der gleichmaßig beschleunigten (verzogerten)Bewegung, Beschleunigungsbegriff

Wird ein Korper beschleunigt oder verzogert (Autobeim Anfahren oder Bremsen), dann andert sichseine Geschwindigkeit. Es ist also v 6¼ konstant,im Gegensatz zur gleichformigen Bewegung. Da-her darf man nicht mit v ¼ Ds=Dt rechnen, weilman damit nur die „gedachte“ mittlere Geschwin-digkeit erhalt (Durchschnittsgeschwindigkeit). InAnlehnung an die Definition der gleichformigenBewegung muss hier gesagt werden:

Beachte: Die gleichmaßig beschleunigte oderverzogerte Bewegung ist der wichtigste Son-derfall der ungleichformigen Bewegung.

Da die folgenden Gesetze sowohl fur die be-schleunigte als auch fur die verzogerte Bewe-gung gelten, spricht man im allgemeinen Fallnur von einer beschleunigten Bewegung.

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 149

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Ein Korper oder Korperpunkt bewegt sich dannungleichformig, wenn er in gleichen beliebigkleinen Zeitabschnitten Dt ungleiche Weg-abschnitte Ds zurucklegt.v ¼ Ds=Dt ergibt nur die mittlere Geschwin-digkeit.

Annahernd genau erhalt man die „Momen-tangeschwindigkeit v“, wenn man den Weg-abschnitt Ds fur einen außerordentlich klei-nen Zeitabschnitt Dt misst.

Zum Beispiel ist fur Ds ¼ 5 � 10�6 mund Dt ¼ 2 � 10�6 s:

v ¼ Ds

Dt¼ 5 � 10�6 m

2 � 10�6 s¼ 2,5

m

s

Ein anschauliches Beispiel einer ungleichformigenBewegung ist neben der Bewegung des Stoßelsder Waagerecht-Stoßmaschine die Bewegung desKolbens im Zylinder des Verbrennungsmotors.Beide Bewegungen sind sogar noch ungleich-maßig beschleunigt und verzogert.

In gleichen Zeitabschnitten, gekennzeichnet durchden gleichformig umlaufenden Kurbelzapfen, legtder Kolben in der Nahe der Totpunkte nur kleineWegabschnitte zuruck. Dazwischen legt der Kol-ben in gleichen Zeitabschnitten großere Weg-abschnitte zuruck. An den Umkehrpunkten (Tot-punkten) steht der Kolben einen Augenblick still,seine Geschwindigkeit ist dann null.

Bewegungdes Kolbensim Zylinder

Kennzeichen der beschleunigten oder ver-zogerten Bewegung (der ungleichformigenBewegung) ist die Zu- oder Abnahme derGeschwindigkeit v, also eine Geschwindig-keitsanderung Dv.

Wie Ds und Dt ist auch Dv eine Differenz,namlich die Differenz zweier Momentan-geschwindigkeiten, z. B.

Dv ¼ v2 � v1 oder Dv ¼ vt � v0 .

Ist die Bewegung gleichmaßig beschleunigt (ver-zogert), dann ist die Geschwindigkeitsanderunggleichbleibend (Dv ¼ konstant). Daher muss dieGeschwindigkeitslinie im v, t-Diagramm eine an-steigende oder abfallende Gerade sein. Wird einKorper aus der Ruhelage heraus gleichmaßig be-schleunigt, so dass er nach Dt ¼ 6 s eine Momen-tangeschwindigkeit vt ¼ 9 m=s besitzt, dannbetragt seine Geschwindigkeitszunahme in jederSekunde Dv ¼ 1,5 m=s.

Beschleunigungsbegriff, dargestellt imv, t-Diagramm

4 Dynamik150

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Offenbar ist der Quotient aus der Geschwindig-keitszunahme und dem zugehorigen Zeitabschnittein Maß dafur, wie schnell eine bestimmteMomentangeschwindigkeit erreicht wird:

Die Beschleunigung a eines gleichmaßig be-schleunigten (verzogerten) Korpers ist der Quo-tient aus der Geschwindigkeitsanderung Dvund dem zugehorigen Zeitabschnitt Dt. Die Be-schleunigung ist ein Vektor; mehrere Beschleu-nigungen durfen also nur geometrisch addiertwerden.

a ¼ Geschwindigkeitsanderung Dv

zugehoriger Zeitabschnitt Dt

a ¼ Dv

Dt

Grundgleichung der gleichmaßig beschleu-nigten (verzogerten) Bewegung

Gleichmaßig beschleunigt oder verzogert heißt,dass die Beschleunigung oder Verzogerung kon-stant bleibt (a ¼ konstant). Im a, t-Diagramm mussdie Beschleunigungslinie eine zur t-Achse paralleleGerade sein, so wie die Geschwindigkeitslinie imv, t-Diagramm bei gleichformiger Bewegung.

a, t-Diagramm der gleichmaßigbeschleunigten Bewegung

Die Einheit fur die Beschleunigung a ergibt sich ingewohnter Weise aus der Definitionsgleichung furdie Große. Mit den gesetzlichen BasiseinheitenMeter (m) und Sekunde (s) erhalt man als Einheitdas „Meter je Sekundequadrat“.

ðaÞ ¼ ðvÞðtÞ ¼

m

ss¼ m

s2¼ ms�2

Man mochte nun nachweisen, dass im Hinblickauf die Flache unter der Geschwindigkeits-Linieim v, t-Diagramm das Gleiche gilt wie fur diegleichformige Bewegung:

Die Geschwindigkeit v andert sich von v0 ¼ 0 amAnfang, auf vt am Ende des Zeitabschnittes Dt.Weil die Geschwindigkeitsanderung konstant ist,ergibt sich die mittlere Geschwindigkeit zuvm ¼ ðv0 þ vtÞ=2 ¼ vt=2, und der zuruckgelegteWeg zu Ds ¼ vm Dt ¼ vt Dt=2. Das entsprichtaber auch dem Flacheninhalt der Dreiecksflacheunter der v-Linie:

v

�t0

v = 00

v + v0 tA = s =�

2�t

t

v m

v=2v

tm

Mittlere Geschwindigkeit vm

In jedem v, t-Diagramm entspricht die Flache Aunter der Geschwindigkeitslinie dem Weg-abschnitt Ds (A ¼b Ds).

Mit dieser Erkenntnis kann man nun einenLosungsplan entwickeln, der alle zur Losung er-forderlichen Gleichungen liefert.

Flache A ¼b Weg Ds

Gilt fur jede Bewegung

Beachte:Man braucht nur die Grund-gleichung a ¼ Dv=Dt im Kopf zu haben;alle anderen Gleichungen konnen aus demv, t-Diagramm abgelesen werden.

a Dv Dt

m

s2m

ss

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 151

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4.1.5 Arbeitsplan zur gleichmaßig beschleunigten oder verzogerten Bewegung

v; t-Diagramm aufzeichnen

Man muss sich klar sein, ob die Bewegungbeschleunigt (ansteigende v-Linie) oder verzogertist (fallende v-Linie), und ob die Bewegung ausdem Ruhezustand heraus erfolgt oder bis zurRuhestellung verlauft. Danach skizziert man dasv, t-Diagramm (unmaßstablich).

Als Beispiel betrachtet man eine gleichmaßig be-schleunigte Bewegung mit der Anfangsgeschwin-digkeit (v0 6¼ 0).

1. Schritt

v

t

�v

�t

v0

vt

v-Linie

�tA = s =�v + v0 t

2

0

Grundgleichung aufstellen

Ausgangsgleichung ist immer die Definitions-gleichung fur die Beschleunigung a ¼ Dv=Dt.Auch die erweiterte Form mit den speziellen Be-zeichnungen aus dem v, t-Diagramm wird auf-geschrieben: hier also mit Dv ¼ vt � v0.

2. Schritt

a ¼ Dv

Dt¼ vt � v0

Dt

Weggleichungen aufstellen3. Schritt

Man weiß, dass die Flache A unter der v-Liniedem Wegabschnitt Ds entspricht. Je nach Flachen-form (hier Trapez) entwickelt man mit den ein-getragenen Bezeichnungen Gleichungen fur Ds,zunachst ohne Rucksicht darauf, ob fur die spe-zielle Aufgabenstellung alle Gleichungen ge-braucht werden: In der Praxis muss man haufigalle Großen der Bewegung bestimmen.

Ds ¼ v0 þ vt2

Dt (Trapezflache)

Ds ¼ v0 Dt þDv Dt

2; Dv ¼ vt � v0

(Rechteckflache þ Dreieckflache)

Ds ¼ vt Dt � Dv Dt

2; Dv ¼ vt � v0

(Rechteckflache � Dreieckflache)

Gleichungen auswerten4. Schritt

Grundgleichung und Weggleichungen bilden einGleichungssystem mit mehreren Unbekannten. Inder Regel werden zwei Unbekannte gesucht. Esgenugen dann meistens die Grundgleichung undeine der Weggleichungen zur Losung.

Hier nimmt man an, es sei Dt ¼ f ðv0, a,DsÞ1) ge-sucht, also v0, a, Ds gegeben und der ZeitabschnittDt die gesuchte Große. Benutzt man die Gleich-setzungsmethode, kann man sowohl die Grund-gleichung als auch die erste Weggleichung nach vtauflosen, beide Gleichungen gleichsetzen und aufgewohnte Weise weiterentwickeln. Als Ergebniserhalt man eine gemischt-quadratische Gleichung.

a ¼ vt � v0Dt

) vt ¼ v0 þ a Dt (Grundgleichung)

Ds ¼ v0 þ vt2

Dt ) vt ¼ 2 Ds

Dt� v0

(erste Weggleichung)

v0 þ a Dt ¼ 2 Ds

Dt� v0

ðDtÞ2 þ 2v0a

Dt � 2Ds

a¼ 0

Dt1;2 ¼ � v0a�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0a

� �2þ 2Ds

a

rDt ¼ f ðv0, a,DsÞ1)

1) Die Schreibweise Dt ¼ f ðv0, a,DsÞ heißt: Dt ist eine Funktion von v0, a,Ds ðist abhangig von v0, a,DsÞ

4 Dynamik152

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Tabelle 4.1 Gleichmaßig beschleunigte geradlinige BewegungDie Gleichungen gelten auch fur den freien Fall ohne Luftwiderstand: Fur die Beschleunigung a wird dieFallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s2 eingesetzt. Die Normfallbeschleunigung betragt gn ¼ 9,80665 m/s2.

Alle Aufgaben des Buches wurden mit g ¼ 9,81 m/s2 gerechnet.

Die Gleichungen dieser Tabellegelten in Verbindung mit denBezeichnungen der neben-stehenden v, t-Diagramme

Einheiten

v

0t

v-Linie

v t

Δt

Δs =v tt Δ2

Beschleunigte Bewegungohne Anfangsgeschwindig-keit (v0 ¼ 0)

v

t

v-Linie

0

v 0

v t

Δv

Δt

ΔtΔs =v + v0 t

2

Beschleunigte Bewegungmit Anfangsgeschwindig-keit (v0 6¼ 0)

Beschleunigung a(Definition)

a ¼ Geschwindigkeitszunahme Dv

Zeitabschnitt Dtin

m

s2

Beschleunigung a(bei v0 ¼ 0) a ¼ vt

Dt¼ vt2

2 Ds¼ 2 Ds

ðDtÞ2

Beschleunigung a(bei v0 6¼ 0) a ¼ vt � v0

Dt¼ vt2 � v02

2 Ds

Endgeschwindigkeit vt(bei v0 ¼ 0)

vt ¼ a Dt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2a Ds

p

Endgeschwindigkeit vt(bei v0 6¼ 0)

vt ¼ v0 þ Dv ¼ v0 þ a Dt

vt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv02 þ 2a Ds

pWegabschnitt Ds(bei v0 ¼ 0) Ds ¼ vt Dt

2¼ aðDtÞ2

2¼ vt2

2a

Wegabschnitt Ds(bei v0 6¼ 0) Ds ¼ v0 þ vt

2Dt ¼ v0 Dt þ aðDtÞ2

2

Ds ¼ vt2 � v02

2a

Zeitabschnitt Dt(bei v0 ¼ 0) Dt ¼ vt

ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 Ds

a

r

Zeitabschnitt Dt(bei v0 6¼ 0) Dt ¼ vt � v0

a¼ � v0

a�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0a

� �2þ 2 Ds

a

r

Ds Dt v0, vt a, g

m s m

s

m

s2

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 153

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Tabelle 4.2 Gleichmaßig verzogerte geradlinige BewegungDie Gleichungen gelten auch fur den senkrechten Wurf nach oben ohne Luftwiderstand: Fur die Verzogerung awird die Fallbeschleunigung g¼ 9,81 m/s2 eingesetzt. Die Normfallbeschleunigung betragt gn¼ 9,80665 m/s2.Alle Aufgaben des Buches wurden mit g ¼ 9,81 m/s2 gerechnet.

Die Gleichungen dieser Tabellegelten in Verbindung mit denBezeichnungen der neben-stehenden v, t-Diagramme

Einheiten

v

0 t

v-Linie

Δtv0

Δs =v t0 Δ

2

verzogerte Bewegungohne Endgeschwindig-keit (vt ¼ 0)

v

t0 Δt

Δvvt

v0

ΔtΔs =v + v0 t

2

v-Linie

verzogerte Bewegungmit Endgeschwindig-keit (vt 6¼ 0)

Verzogerung a(Definition)

a ¼ Geschwindigkeitsabnahme Dv

Zeitabschnitt Dtin

m

s2

Verzogerung a(bei vt ¼ 0) a ¼ v0

Dt¼ v02

2 Ds¼ 2 Ds

ðDtÞ2

Verzogerung a(bei vt 6¼ 0) a ¼ v0 � vt

Dt¼ v02 � vt2

2 Ds

Anfangsgeschwindigkeit v0(bei vt ¼ 0)

v0 ¼ a Dt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2a Ds

p

Endgeschwindigkeit vt

vt ¼ v0 � Dv ¼ v0 � a Dt

vt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv02 � 2a Ds

pWegabschnitt Ds(bei vt ¼ 0) Ds ¼ v0 Dt

2¼ aðDtÞ2

2¼ v0

2

2a

Wegabschnitt Ds(bei vt 6¼ 0)

Ds ¼ v0 þ vt2

Dt ¼ v0 Dt � aðDtÞ22

Ds ¼ v02 � vt2

2a

Zeitabschnitt Dt(bei vt ¼ 0) Dt ¼ v0

ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 Ds

a

rZeitabschnitt Dt(bei vt 6¼ 0) Dt ¼ v0 � vt

a¼ v0

a�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0a

� �2� 2 Ds

a

r

Ds Dt v0, vt a, g

m sm

s

m

s2

4 Dynamik154

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Lehrbeispiele: v,t-Diagramm

Aufgabenstellung:

Zwei Wagen A und B fahren mit einer Geschwindigkeitvon 75 km/h im Abstand von 20 m hintereinander. Dervordere Wagen A bremst plotzlich mit einer Verzogerungvon 3,5 m/s2.

Wie viele Sekunden nach dem Bremsen von A fahrt B auf?

Wie groß ist dann die Geschwindigkeit des Wagens A?

Losung:Das v, t-Diagramm zeigt die Bewegungen als Geraden. Die Flachen darunter entsprechen den zuruck-gelegten Wegen. Im Zeitpunkt t des Einholens hat B einen 20 m langeren Weg als A zuruckgelegt, dann istder Abstand auf null gesunken. Diesem Weg Ds ¼ 20 m entspricht die schraffierte Diagrammflache.

Ds ¼ Dv Dt2

a ¼ DvDt

) Dv ¼ a Dt eingesetzt

Ds ¼ a Dt Dt2

¼ aðDtÞ22

Dt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 Dsa

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � 20 m

3,5ms2

vuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi11,43 s2

p¼ 3,38 s

v2 ¼ v1 � a Dt ¼ 20,83ms� 3,5

ms2

� 3,38 s ¼ 9,0ms

¼ 32,4kmh

Aufgabenstellung:

Zwei Wagen A und B fahren im Abstand von 5 m mit dergleichen Geschwindigkeit von 36 km/h hintereinander.Der vordere Wagen A bremst plotzlich. Wie groß darf dieReaktionszeit Dt beim Fahrer des Wagens B hochstens sein,damit er nicht auffahrt? Die Bremsverzogerung ist fur beideWagen gleich.

Losung:

Das v, t-Diagramm zeigt, dass B bis zum Stillstand einen langeren Weg zurucklegt als A. Der Unterschieddarf nicht mehr als 5 m betragen. Dieser Wegdifferenz Ds ¼ 5 m entspricht die schraffierte Diagramm-flache.

Ds ¼ v Dt ¼ 5 m

Dt ¼ Dsv

¼ 5 m

10ms

¼ 0,5 s

Der Betrag der Bremsverzogerung hat keinen Einfluss auf die Große der schraffierten Flache und damitauch nicht auf die Reaktionszeit Dt , solange fur beide Wagen die Bremsverzogerung gleich groß ist.

Wagen B

Wagen A

v

tΔt

v1

v2

Δv

Δs = 20 m

v Δt

tΔt

Wagen

A Wagen

B

vΔs=5m

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 155

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4.1.6 Freier Fall und Luftwiderstand

Bei der Behandlung des freien Falls im Unterricht tritt immer die Frage auf, welchen Einflussder Luftwiderstand auf den Bewegungsablauf hat.

Bislang war es kaum ublich, neben den physikalischen (Widerstandsbeiwert, Geschwindigkeit)auch die mathematischen Zusammenhange naher zu erlautern und Berechnungen durchzufuh-ren. Mit den Rechnern lassen sich heute die Berechnungsgleichungen leicht auswerten. Ausdiesem Grund wird der freie Fall mit Luftwiderstand ausfuhrlicher behandelt.

4.1.6.1 Freier Fall ohne Luftwiderstand

Fallt ein Korper im Vakuum frei abwarts, z. B. ineiner luftleer gepumpten Glasrohre, dann wirkt aufihn allein die Schwerkraft FG (Gewichtskraft).

Alle Korper fallen dann gleich schnell. Sie werdenmit der Fallbeschleunigung g gleichmaßig be-schleunigt, beim senkrechten Wurf nach obenmit g gleichmaßig verzogert.

Beachte:

Die Fallbeschleunigung g wird mit zuneh-mendem Abstand des Korpers vom Erd-mittelpunkt kleiner.

In Erdnahe gilt die Normfallbeschleunigungg ¼ 9,80665 m/s2. In der Technik wird mitg ¼ 9,81 m/s2 gerechnet.

Fur den freien Fall und fur den senkrechten Wurfgelten die Gesetze der gleichmaßig beschleunigten(verzogerten) Bewegung und damit auch die Glei-chungen und v, t-Diagramme in den Tabellen 4.1und 4.2 (Seite 153, 154).

Beispiel:

Fur die Endgeschwindigkeit vt eines freifallenden Korpers gilt nach Tabelle 4.1 mita ¼ g:

vt ¼ g Dt (Dt Zeitabschnitt)

4.1.6.2 Luftwiderstand Fw

Auf jeden in ruhender Luft bewegten Korper, z. B.auf ein fahrendes Auto, wirkt unter anderem auchder Luftwiderstand Fw bremsend.

Fw ¼ cw � rL � Ap

2v2 Luftwiderstand

Versuche haben ergeben, dass der Luftwiderstandquadratisch mit der Geschwindigkeit v des Korperswachst. Er nimmt linear zu mit der Luftdichte rLund mit dem Anstromquerschnitt Ap des Korpers(Projektionsflache). Außerdem beeinflusst dieKorperform den Luftwiderstand. Dieser Einflusswird durch den Luftwiderstandsbeiwert cw beruck-sichtigt.

Beispiele fur den Luftwiderstandsbeiwert:

cw ¼ 0,2 fur Kugeln

cw ¼ 0,3 . . . 0,4 fur Pkw

Dichte rL ¼ 1,19 kg/m3 bei 20 �C undLuftdruck 1000 mbar.

4 Dynamik156

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4.1.6.3 Freier Fall mit Luftwiderstand

Auf den frei fallenden Korper wirkt die Gewichts-kraft FG lotrecht nach unten. Entgegengesetzt dazuwirkt der Luftwiderstand Fw. Dadurch verringertsich die Geschwindigkeitszunahme des Korpersimmer mehr, bis der Gleichgewichtszustand mitFw ¼ FG erreicht ist und die Geschwindigkeitv ¼ konstant bleibt.

FG ¼ Fw

mg ¼ cwrLAp

2vs

2

vs ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2mg

cwrLAp

s(1)

Stationare Sinkgeschwindigkeit

Der Korper hat dann die stationare Sinkgeschwin-digkeit vs erreicht.

Mit Hilfe der Gleichgewichtsbetrachtungen nachd’Alembert (siehe Seite 194) findet man eine Glei-chung fur den momentanen Bewegungszustanddes fallenden Korpers im beliebigen Zeitpunkt (t).

Solange der Korper beschleunigt fallt (a > 0),wirkt in Richtung des Luftwiderstandes Fw auchdie d’Alembert’sche Tragheitskraft T. Es gilt dieGleichgewichtsbedingung SFy ¼ 0 unter Ein-schluss der Tragheitskraft T ¼ ma.

Nach d’Alembertfreigemachter Korperbeim Fallen.vðtÞ ist die Fallgeschwin-digkeit im Zeitpunkt (t).

SFy ¼ 0 ! T þ Fw � FG ¼ 0; T ¼ ma

maþ Fw � mg ¼ 0j: m

aþ Fw

m� g ¼ 0 (2)

Aus Gleichung (2) lasst sich uber eine Differenzial-gleichung eine Berechnungsgleichung fur denBetrag der Momentangeschwindigkeit vðtÞ imZeitpunkt (t) entwickeln.

vðtÞ ¼ vs tan ht

ts(3)

Momentangeschwindigkeit

Mit dieser Gleichung (3) kann fur beliebige Zeiten tdie Momentangeschwindigkeit vðtÞ berechnet wer-den. Die in Gleichung (3) enthaltene stationareSinkgeschwindigkeit vs hat man vorher mit Glei-chung (1) ermittelt.

Wie vs ist auch die Große ts eine Konstante. Sie istabhangig von der Masse m, dem Luftwiderstands-beiwert cw, der Luftdichte rL, der Projektions-flache Ap und der Fallbeschleunigung g. Gleichung(4) wurde nur zu dem Zweck aufgestellt, die Be-rechnung von vðtÞ zu vereinfachen. Man bezeich-net ts als Zeitkonstante, weil sie die ZeiteinheitSekunde hat, wie eine Einheitenprobe zeigt.

ts ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

2m

cw rLAp g

s(4) Zeitkonstante

Beachte: Bei der Auswertung der Gleichun-gen (3) und (5) wird vorausgesetzt, dass dieLuftdichte rL und die Fallbeschleunigung gwahrend des Bewegungsablaufs konstantbleiben.

vs m g rL Ap cw

m

skg

m

s2kg

m3m2 1

ts m cw rL Ap g

s kg 1kg

m3m2

m

s2

vðtÞ, vs t, ts

m

ss

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 157

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Gleichung (3) lasst sich mit dem Rechner leichtauswerten, wenn vorher die Konstanten vs (Sink-geschwindigkeit) und ts berechnet wurden. Neu istdie Hyperbelfunktion tanh (Tangens Hyperboli-cus). Aber man braucht den Hyperbelfunktions-wert nur genauso zu behandeln wie die Kreisfunk-tionswerte sin, cos und tan. Der Taschenrechner hatdazu die Taste „hyp“.

Beispiel: Fur einen Winkel von 30� sind mitdem Taschenrechner die Funktionswerte tanund tanh zu ermitteln.

Losung: Man stellt den Rechner auf denRAD-Modus ein (Bogenmaß).

Dann ergibt

tan ð30 � p=180Þ ¼ 0,57735

tanh ð30 � p=180Þ ¼ 0,48047

Mit Hilfe der hoheren Mathematik kann aus Glei-chung (3) eine Gleichung fur die vom fallendenKorper zuruckgelegte Wegstrecke sðtÞ entwickeltwerden (Gleichung (5)). Darin ist ln cosh dernaturliche Logarithmus der Hyperbelfunktion cosh.

sðtÞ ¼ vsts ln cosht

ts(5)

Momentanwegstrecke

Zum Abschluss der Untersuchungen des freienFalls mit Luftwiderstand werden die Gleichungen(3) und (5) ausgewertet und die Graphen vðtÞ undsðtÞ konstruiert und diskutiert. Man rechnet mitdem Taschenrechner oder schreibt ein einfachesPC-Programm. Damit ist dann auch das Zeichnender Graphen moglich.

Kontrollwerte:

vð2Þ ¼ 17,04 m=s sð2Þ ¼ 18,3 m

vð4Þ ¼ 25,2 m=s sð4Þ ¼ 61,9 m

vð6Þ ¼ 27,77 m=s sð6Þ ¼ 115,4 m

Gegeben:

Zeitabschnitte t ¼ 0 . . . 10 s

Masse m ¼ 1 kg

Luftwiderstandsbeiwert cw ¼ 0,2 (Kugel)

Luftdichte rL ¼ 1,19 kg/m3

Projektionsflache Ap ¼ 0,1 m2

Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s2

Das Diagramm enthalt neben den Kurven vðtÞ undsðtÞ auch den Graphen fur den freien Fall imVakuum. Dieser Graph vðtÞ ¼ g � t ist eine anstei-gende Gerade (siehe Seite 153). Am Graphen vðtÞfur den freien Fall unter Berucksichtigung desLuftwiderstandes sieht man, dass mit der Zeit tder Geschwindigkeitszuwachs laufend kleinerwird, bis die stationare Sinkgeschwindigkeitvs ¼ 28,7 m/s erreicht ist.

Beim Graphen vðtÞ ¼ g � t dagegen bleibt derGeschwindigkeitszuwachs konstantDv ¼ g ¼ 9,81 m=s2. Graphen vðtÞ und sðtÞ fur den freien Fall

sðtÞ vs t, ts

mm

ss

4 Dynamik158

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4.1.7 �bungen zur gleichmaßig beschleunigten und verzogerten Bewegung

Es muss konsequent nach dem vorher erarbeiteten Losungsplan vorgegangen werden, auchwenn es in einigen Fallen nicht notwendig erscheint.

1. �bung: Ein Auto wird aus der Geschwindigkeitv0 ¼ 100 km/h gleichmaßig bis zum Stillstand ab-gebremst. Die Bremsverzogerung soll a ¼ 6 m/s2

betragen (Notbremsung).

Gegeben: v0 ¼ 100km

h¼ 100 m

3,6 s¼ 27,78

m

s

a ¼ 6m

s2

Es ist eine Gleichung fur den Bremsweg Ds zuentwickeln und daraus Ds zu berechnen.

Gesucht: Ds ¼ f ðv0; aÞ

Losung: Die v-Linie im skizzierten v, t-Diagrammist eine von v0 ¼ Dv abfallende Gerade. Mit v0und Dt begrenzt sie eine Dreieckflache, die demBremsweg Ds entspricht.

v

t�t0

A = s�v=

v0

1. Schritt

Die Grundgleichung wird in allgemeiner und spe-zieller Form aufgeschrieben. a ¼ Dv

Dt¼ v0

Dt2. Schritt

Die Weggleichung wird aus dem v, t-Diagrammabgelesen (Dreieckflache).

Ds ¼ v0 Dt

23. Schritt

Zum Schluss entwickelt man mit Hilfe der Einset-zungsmethode aus Grund- und Weggleichung diegesuchte Beziehung Ds ¼ f ðv0; aÞ und berechnetdaraus den Bremsweg Ds.

a ¼ v0Dt

) Dt ¼ v0a

4. Schritt

Ds ¼ v0 Dt

v0v0a

2¼ v02

2a

Die Gleichung fur Ds steht auch in Tabelle 4.2(Seite 154). Die Einheit der gesuchten Große ergibtsich aus den Einheiten der gegebenen Großen.

Ds ¼ v02

2a¼

27,78m

s

� �2

2 � 6 m

s2

¼ 64,3 m

Ds ¼ f ðv0; aÞ

In vielen Fallen kommt es in der Technik nicht nurauf den Betrag einer Große an, sondern man willauch wissen, in welcher Weise die beteiligtenGroßen voneinander abhangen.

Beispiel: Die Beziehung Ds ¼ f ðv0; aÞ sagtaus: Der Bremsweg fur Autos wachst mitdem Quadrat der Geschwindigkeit.

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 159

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2. �bung: Ein Fahrzeug beschleunigt in 5 s auf40 km/h, fahrt dann 50 s lang mit dieser Ge-schwindigkeit und bremst in 4 s bis zum Still-stand.

Es ist der Gesamtweg fur diesen Bewegungsvor-gang zu bestimmen.

Gegeben: Dt1 ¼ 5 s

Dt2 ¼ 50 sDt3 ¼ 4 s

Dv ¼ 40km

h¼ 40

3,6

m

s¼ 11,11

m

s

Gesucht: Ds ¼ f ðDt1;Dt2;Dt3;DvÞ

Losung: In das v, t-Diagramm wird eingetragen:

Eine ansteigende Gerade uber dem ZeitabschnittDt1,

daran anschließend die zur t-Achse parallelev-Linie uber Dt2 und

abschließend die fallende Gerade uber Dt3.

v

t0

A1 A2 A3

�t3�t2�t1

�v

1. Schritt

Dann stellt man die Grundgleichungen fur alle dreiBewegungsabschnitte auf.

a1 ¼ Dv

Dt1; a2 ¼ 0; a3 ¼ Dv

Dt32. Schritt

Die von den v-Linien begrenzte Gesamtflache wirdin drei Teilflachen zerlegt:

3. Schritt

A1 ¼b Beschleunigungsweg Ds1 (Dreieck), Ds1 ¼ Dv Dt12

(Dreieckflache)

A2 ¼b Weg Ds2 mit Dv ¼ konstant (Rechteck), Ds2 ¼ Dv Dt2 (Rechteckflache)

A3 ¼b Verzogerungsweg Ds3 (Dreieck). Ds3 ¼ Dv Dt32

(Dreieckflache)

4. Schritt

Damit hat man die Weggleichungen und auch diegesuchte Bestimmungsgleichtung fur Ds. Nunkann der Gesamtweg berechnet werden.

Ds ¼ Ds1 þ Ds2 þ Ds3

Ds ¼ Dv Dt12

þ Dv Dt2 þDv Dt32

Auch wenn nicht alle Grundgleichungen gebrauchtwerden, schreibt man sie auf, denn die Aufgaben-stellungen in der Praxis sind immer umfangreicher,als das hier darzustellen moglich ist. Meistens wirdman fur alle Großen Gleichungen entwickelnmussen.

Ds ¼ DvDt12

þ Dt2 þ Dt32

� �Ds ¼ f ðDt1;Dt2;Dt3;DvÞDs ¼ 11,11

m

sð2,5 sþ 50 sþ 2 sÞ

Ds ¼ 605,5 m

4 Dynamik160

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3. �bung: Ein Autofahrer fahrt mit 120 km/h. Ersieht ein Hindernis, bremst nach kurzer Reaktions-zeit mit einer Verzogerung von 5 m/s2 und kommt160 m nach dem Erblicken des Hindernisses zumStehen.

Gegeben: v ¼ 120km

h¼ 33,33

m

s

a ¼ 5m

s2

Ds ¼ 160 m

Gesucht werden die Reaktionszeit DtR (vom Wahr-nehmen des Hindernisses bis zum Ansprechen derBremse) und der dabei durchfahrene Weg DsR.

Gesucht: DtR ¼ f ðv, a,DsÞDsR ¼ f ðv, a,DsÞ

Losung: Die Gesamtzeit Dt setzt sich zusammenaus der Reaktionszeit DtR und der Verzogerungs-zeit DtV. Entsprechend ist der GesamtwegDs ¼ DsR þ DsV. Dabei muss man beachten, dasswahrend der Reaktionszeit DtR die Geschwindig-keit v konstant bleibt. DsR entspricht einer Recht-eckflache, DsV der Dreiecksflache.

0 t

v

v

�sR �sV

�tR �tV

1. Schritt

Das bedeutet auch, dass man in die Grundglei-chung den Zeitabschnitt DtV einsetzen muss.

a ¼ Dv

Dt¼ v

DtV2. Schritt

Ds ¼ DsR þ DsV 3. Schritt

Ds ¼ v DtR þ v DtV2

Im 4. Schritt wird wieder die Gleichsetzungs-methode angewandt, indem die Grundgleichungund die Weggleichung nach DtV aufgelost unddie erhaltenen Ausdrucke gleichgesetzt werden.Daraus erhalt man DtR ¼ f ðv, a,DsÞ.

a ¼ v

DtV) DtV ¼ v

a4. Schritt

Ds ¼ vDtR þ vDtV2

) DtV ¼ 2ðDs� vDtRÞv

DtR ¼ 2a Ds� v2

2avDtR ¼ 1,467 s

DtR ¼ f ðv; a;DsÞ

Die Bestimmungsgleichung fur DsR entwickeltman wieder aus Grund- und Weggleichung, be-nutzt also nicht den vorher berechneten Wert furDtR, um DsR ¼ v DtR zu berechnen. Nur mit derBestimmungsgleichung DsR ¼ f ðv, a,DsÞ hat maneinen �berblick uber die gegenseitigen Abhangig-keiten zwischen den gegebenen Großen und demReaktionsweg.

Man bekommt damit auch die Moglichkeit, eineechte Probe vorzunehmen.

Auf gleiche Weise ergibt sich fur

DsR ¼ Ds� v2

2aDsR ¼ 48,9 m

DsR ¼ f ðv, a,DsÞ

Probe:

DsR ¼ v DtR ¼ 33,33m

s� 1,467 s ¼ 48,9 m

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 161

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4. �bung: Von einem Turm wird ein Stein fallengelassen. Der Aufschlag des Steines auf denBoden wird oben nach Dt ¼ 5,3 s gehort. Die alskonstant angenommene Schallgeschwindigkeit inder Luft betragt vs ¼ 333 m/s.

Es soll eine Gleichung zur Bestimmung der Turm-hohe h ¼ f ðDt; vs; gÞ entwickelt und damit hberechnet werden.

Gegeben: a ¼ g ¼ 9,81m

s2

vs ¼ 333m

s; Dt ¼ 5,3 s

Gesucht: h ¼ f ðDt; vs; gÞ

Losung: Man unterteilt die Gesamtzeit Dt vomFallbeginn bis zum Horeindruck in die Fallzeit Dtfund die Schallzeit Dts. Wahrend der Fallzeit Dtf istdie v-Linie eine von 0 bis ve ansteigende Gerade(freier Fall mit Aufschlaggeschwindigkeit ¼ End-geschwindigkeit ve). Da der Schall mit konstanterGeschwindigkeit vs nach oben steigt, verlauft diev-Linie wahrend der Schallzeit Dts waagerecht(gleichformige Bewegung).

Stein und Schall mussen den gleichen Weg zu-rucklegen:

Turmhohe h ¼ Fallweg Dsf ¼ Schallweg Dss.

Im v, t-Diagramm muss demnach die Dreieck-flache A1 gleich der Rechteckflache A2 sein.

1. Schritt

Höreindruck

Aufschlag

t0

v

�tf

�t

�ts

v=g

te

f�

A = s1 f�

A = s2 s�

vs

In den Nenner der Grundgleichung wird aus derBedingungDt ¼ Dtf þ Dts ) Dtf ¼ Dt � Dts ein-gesetzt.

a ¼ g ¼ Dv

Dt¼ ve

Dtf¼ ve

Dt � Dts

2. Schritt

Die Weggleichung fur die Turmhohe h findet manaus der Dreieckflache A1 ¼b ve Dtf=2 und derRechteckflache A2 ¼b vs Dts. Beide Flachen sindgleich groß.

h ¼b A1 ¼ A2 3. Schritth ¼ Dsf ¼ Dss

h ¼ ve Dtf2

¼ vs Dts

Grund- und Weggleichung lost man nach der End-geschwindigkeit ve auf und setzt die gefundenenAusdrucke gleich. Aus der zweiten Weggleichung(h ¼ vs Dts) setzt man fur die SchallzeitDts ¼ h=vs und schreibt den KlammerausdruckðDt � h=vsÞ2 in der dreigliedrigen Form

Dt � h

vs

� �2

¼ Dt2 � 2 Dth

vsþ h2

vs2

4. Schritt

ve ¼ gðDt � DtsÞ ¼ 2h

Dtf¼ 2h

Dt � Dts

gðDt � DtsÞ ¼ 2h

Dt � Dts

h ¼ g

2ðDt � DtsÞ2 fur Dts ¼ h

vseingesetzt:

h ¼ g

2Dt � h

vs

� �2

4 Dynamik162

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Abschließend wird die Gleichung auf die Normal-form gebracht und nach h aufgelost. Das ist diegesuchte Bestimmungsgleichung fur die Turm-hohe h.

h ¼ g

2Dt2 � 2 Dt

h

vsþ h2

vs2

� �h2 � h

2vs2

g1þ g Dt

vs

� �þ vs

2 Dt2 ¼ 0

Von den beiden berechneten Betragen fur dieTurmhohe kann nur h2 ¼ 119,7 m richtig sein, wiedie Auswertung der Gleichung h ¼ vs Dts(3. Schritt) mit h1 ¼ 26017 m ergibt:

Schallzeit Dts ¼ h1vs

¼ 26 017 m

333m

s

¼ 78,1 s

Bei dieser Turmhohe h1 ware die SchallzeitDts gro-ßer als die Gesamtzeit:Dts ¼ 78,1 s > Dt ¼ 5,3 s.

h1;2 ¼ vs2

g1þ g Dt

vs

� ��

�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffivs2

g1þ g Dt

vs

� �� 2�vs2 Dt2

s

h ¼ f ðDt, vs, gÞh1 ¼ 26017 m

h2 ¼ 119,7 m

Aufgaben Nr. 417–443

4.1.8 Zusammengesetzte Bewegungen

4.1.8.1 Kennzeichen der zusammengesetzten Bewegung

Beim Kopieren eines Kegelstumpfes auf der Dreh-maschine soll die Meißelspitze vom AnfangspunktA zum Endpunkt E wandern. Der Drehmeißel wirddabei gleichzeitig

vom Bettschlitten mit dem Langsvorschub sl und

vom Planschlitten mit dem Planvorschub sp

geradlinig bewegt. Zwei Einzelbewegungen „uber-lagern“ sich hier zu einer resultierenden (zusam-mengesetzten) Bewegung:

Zusammengesetzte Bewegung

Eine zusammengesetzte Bewegung entstehtdurch �berlagerung von Einzelbewegungen.

Die Einzelbewegungen konnen gleichformigoder ungleichformig sein; sie konnen in be-liebiger Richtung zueinander verlaufen.

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 163

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4.1.8.2 �berlagerungsprinzip

Theoretisch erreicht man den Endpunkt E derMeißelspitze auch, wenn man von A ausgehendzunachst den Langsvorschub allein laufen lasst,bis Punkt B erreicht ist, und dann anschließend mitdem Planvorschub bis E fahrt. Auch in umgekehr-ter Reihenfolge wird das Ziel erreicht:

Geometrische Addition von Wegen

Man findet den Ort eines Korperpunktes beizusammengesetzter Bewegung, indem man dieEinzelbewegungen gedanklich nacheinanderausfuhrt. Die Reihenfolge ist beliebig.

Zur Losung von Aufgaben setzt man die furdie Einzelbewegung gultigen Gesetze an(siehe waagerechter Wurf, Seite 166).

Das �berlagerungsprinzip wird in der Technikhaufiger angewendet, wenn resultierende Wirkun-gen leichter ermittelt werden sollen. Ein markantesBeispiel ist die Berechnung der Durchbiegungeines Biegetragers, der durch beliebig viele Kraftebelastet wird.

Hinweis: Siehe auch: Festigkeitslehre,Abschnitt 5.9.10, die 5. �bung, Seite 349.

4.1.8.3 Zusammensetzen und Zerlegen von Wegen, Geschwindigkeiten undBeschleunigungen

Soll ein Korper oder Korperpunkt von A nach Egelangen, dann kann diese Ortsveranderung aufverschiedene Weise ablaufen. Der kurzeste Wegwird durch den „Ortsvektor s“ gekennzeichnet.Aber auch mit den beiden rechtwinklig aufeinan-der stehenden Ortsvektoren sx, sy kommt man vonA nach E, oder mit den beiden beliebig gerichtetenOrtsvektoren s1, s2. Wie alle Vektoren sind auchdie Ortsvektoren eindeutig bestimmt durch ihrenBetrag (z. B. s ¼ 4 m), durch ihre Richtung (z. B.a ¼ 30�) und durch den Richtungssinn (Pfeil zeigtvon A nach E). Das Gleiche gilt fur Geschwindig-keiten und Beschleunigungen:

Geometrische Addition von Wegen,Geschwindigkeiten und Beschleunigungen

Wege (Wegabschnitte) s, Geschwindigkeiten vund Beschleunigungen a sind Vektoren (gerich-tete Großen). Sie werden rechnerisch undzeichnerisch behandelt wie Krafte, also geo-metrisch addiert.

Wie bei Kraften gilt der Parallelogrammsatz;Langs- und Parallelverschiebungssatz sowieErweiterungssatz haben hier keinen Sinn(siehe Statik).

4 Dynamik164

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4.1.9 �bungen zur zusammengesetzten Bewegung

4.1.9.1 �berlagerung von zwei gleichformig geradlinigen Bewegungen

1. �bung: Der Laufkran in einer Gießerei fahrtmit der Geschwindigkeit v1 ¼ 120 m/min. Gleich-zeitig bewegt sich rechtwinklig zur Fahrtrichtungdie Laufkatze mit v2 ¼ 40 m/min.

Es soll die Geschwindigkeit der an der Laufkatzehangenden Last und der Neigungswinkel a desLastweges zur Fahrtrichtung des Krans bestimmtwerden.

Losung: Die beiden Geschwindigkeitsvektorenstehen rechtwinklig aufeinander. Die gesuchte Ge-schwindigkeit vr ist die Resultierende aus diesenbeiden Vektoren. Sie wird, wie bei den Kraften,mit dem Lehrsatz des Pythagoras berechnet.

Aus dem Geschwindigkeitsdreieck erkennt man,dass sich der Neigungswinkel a uber die Tangens-funktion bestimmen lasst.

Lageskizze

vr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv12 þ v22

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi120

m

min

� �2þ 40

m

min

� �2r

vr ¼ 126,491m

min¼ 2,108

m

s

a ¼ arctanv2v1

¼ arctan40

m

min

120m

min

¼ 18,4�

2. �bung: Ein Boot uberquert vom Punkt A auseinen Fluss. Die Eigengeschwindigkeit des Bootesbetragt v1 ¼ 30 km/h und liegt unter dem Winkela ¼ 30� zur Stromrichtung. Durch die Stromungs-geschwindigkeit v2 ¼ 10 km/h wird das Boot ausseiner Fahrtrichtung abgelenkt und erreicht dasgegenuberliegende Ufer im Punkt B.

Zu bestimmen sind:

a) die resultierende Geschwindigkeit vr desBootes,

b) der Winkel b,

c) die Strecke l2.

Lageskizze

Losung: Man skizziert das Geschwindigkeitsdrei-eck aus v1, v2, vr und tragt die Winkel ein. Nachdem Parallelogrammsatz muss die resultierendeGeschwindigkeit vr vom Anfangspunkt der zuerstgezeichneten zum Endpunkt der zuletzt gezeichne-ten Geschwindigkeit (hier v2) gerichtet sein. �berden Kosinussatz berechnet man dann vr. Naturlichkann auch die zeichnerische Losung allein oderzusatzlich angefertigt werden.

Geschwindigkeits-skizze

vr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv12 þ v22 � 2v1v2 cos a

pvr ¼ 21,918

km

h

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 165

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Mit dem Sinussatz wird eine Gleichung zur Be-rechnung des Winkels d zwischen den Geschwin-digkeitsvektoren v1 und vr entwickelt. Der Rich-tungswinkel b der resultierenden Geschwindigkeitvr ist die Winkelsumme aþ d.

Zum Schluss findet man uber die Tangensfunktiondie gesuchte Strecke l2.

sin a

vr¼ sin d

v2) sin d ¼ v2

vrsin a

d ¼ arcsin10

km

h

21,918km

h

� sin 30� ¼ 13,187�

b ¼ aþ d ¼ 43,187�

l2 ¼ l1tan b

¼ 480 m

tan 43,187�¼ 511,4 m

4.1.9.2 �berlagerung von gleichformiger und gleichmaßig beschleunigter Bewegung

a) Waagerechter Wurf (ohne Luftwiderstand)

Ein Korper, z. B. eine Kugel, bewegt sich auf hori-zontaler Unterlage in x-Richtung mit konstanterGeschwindigkeit v0. Sobald die Kugel die Unter-lage verlassen hat, unterliegt sie den Gesetzen desfreien Falls. Der gleichformigen Bewegung inx-Richtung uberlagert sich eine gleichmaßig be-schleunigte Bewegung in y-Richtung. Wie manspater aus der Weggleichung sehen wird, ist dieWurfbahn eine Parabel.

Man stellt nun die beiden Einzelbewegungen imv, t-Diagramm dar und liest daraus die Berech-nungsgleichungen ab.

Das v, t-Diagramm fur die Horizontalbewegungdes Korpers beim waagerechten Wurf ist das typi-sche Diagramm fur die gleichformige Bewegungmit v0 ¼ vx ¼ konstant und dem FlacheninhaltAx ¼b sx ¼ v0 tx.

Das v, t-Diagramm fur die Vertikalbewegung istdas typische Diagramm fur den freien Fall ohneLuftwiderstand und ohne Anfangsgeschwindigkeit(vy ¼ 0). Auch hier kann die Weggleichung abge-lesen werden: Ay ¼b h ¼ vytx=2.

Damit stehen alle Gleichungen zur Verfugung, diefur einen beliebigen speziellen Fall gebraucht wer-den. Es ist also nur eine Frage der mathematischenGeschicklichkeit, wie schnell eine Losung gefun-den wird. Zwei �bungen sollen den Weg zeigen.

v

0 ttx

v0 A = s = v tx x 0 x

vy

tx

v

0 t

g =v

t

y

x

A = h =y

v ty x

2

sx ¼ v0 txWeggleichung(Wurfweite)

g ¼ vytx

vy ¼ gtx Grundgleichung

h ¼ vytx2

¼ vy2

2g¼ gtx2

2

Weggleichungen(Fallhohe)

4 Dynamik166

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1. �bung: Von einem h ¼ 80 m uber der Auftreff-ebene liegenden Punkt wird ein Korper mitv0 ¼ 297 m/s horizontal abgeschossen.

Gesucht wird die Wurfweite sx.

Gegeben: a ¼ g ¼ 9,81m

s2h ¼ 80 m

v0 ¼ 297m

s

Gesucht: sx ¼ f ðv0, h, gÞ

Losung: Fur die horizontale (gleichformige) Be-wegung gilt die Weggleichung sx ¼ v0tx. Der freieFall (die vertikale Bewegung) wird durch die Weg-gleichungen fur die Fallhohe erfasst. Die hierzweckmaßigste ist die Gleichung h ¼ gtx

2=2, weilsie nicht die zusatzliche Unbekannte vy enthalt.

horizontale vertikaleBewegung Bewegung

sx ¼ v0 tx h ¼ gtx2

2

tx ¼ sxv0

tx ¼ffiffiffiffiffiffi2h

g

s

Beide Gleichungen lost man nach tx auf, setzt siegleich und erhalt die Bestimmungsgleichungsx ¼ f ðv0, h, gÞ, nach der sx berechnet wird.

sx ¼ v0

ffiffiffiffiffiffi2h

g

ssx ¼ 297

m

s

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � 80 m

9,81m

s2

vuutsx ¼ f ðv0, h, gÞ sx ¼ 1 199,4 m

2. �bung: Man mochte sich nun Klarheit daruberverschaffen, wie die Wurfbahn beim waagerechtenWurf aussieht. Zunachst wird die allgemeineBeziehung fur die Wurfbahn gesucht, d. h. es musseine Funktionsgleichung fur die Fallhohe h in Ab-hangigkeit von der Wurfweite sx gefunden werden.Diese Beziehung wurde fur die vorhergehende�bung schon entwickelt, sie braucht nur umge-stellt zu werden.

Aus der obigen �bung wird ubernommen:

sx ¼ v0

ffiffiffiffiffiffi2h

g

s¼ f ðv0, h, gÞ

Nach Quadrieren und Umstellen folgt daraus:

h ¼ g

2v02sx

2h Fallhoheg Fallbeschleunigungv0 horizontale

Geschwindigkeith ¼ f ðg; v0; sxÞsx Wurfweite

Fallbeschleunigung g und horizontale Geschwin-digkeit v0 sind konstante Großen, so dass man denQuotienten g=2v0

2 als Konstante k einsetzen kann.

g

2v02¼ konstant ¼ k

Damit hat man die gesuchte Funktionsgleichungin der ubersichtlichsten Form. Sie zeigt, dass dieFallhohe h beim waagerechten Wurf mit dem Qua-drat der Wurfweite wachst. Als Wurfbahn ergibtsich damit eine Parabel ( y ¼ k x2).

Tragt man h als y-Wert und sx als x-Wert in einemKoordinatensystem auf, erhalt man die allgemeineForm y ¼ k x2 der Parabel.

h ¼ ksx2

Gleichung der Wurfbahn beim waagerechtenWurf (Wurfparabel)

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 167

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Mit der Funktionsgleichung h ¼ ksx2 soll die

Wurfparabel punktweise berechnet werden, z. B.fur die horizontale Geschwindigkeit v0 ¼ 3 m/s.Zunachst wird die Konstante bestimmt:

k ¼ g

2v02¼

9,81m

s2

2 � 9 m2

s2

¼ 0,5451

m

Damit berechnet man fur die Wurfweitensx ¼ 1 m, 2 m und 3 m die zugehorigen Fallhohenh und tragt diese Betrage in die Wertetabelle ein.Die zueinander gehorenden Werte von sx und hsind die Koordinaten jeweils eines Punktes derWurfbahn, die man damit aufzeichnen kann.

Wurfparabel furden waagerechtenWurf

Die resultierende Geschwindigkeit vr lasst sich furjeden Bahn- und Zeitpunkt aus dem Geschwindig-keitsdreieck berechnen (Pythagoras).

vr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv02 þ vy2

qvr ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv02 þ ðgtÞ2

qGeschwindigkeit vrnach der Wurfzeit t

Der Geschwindigkeitsvektor vr liegt auf der Tan-gente T des jeweiligen Bahnpunktes, z. B. Punkt B.

vr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv02 þ 2gh

p Geschwindigkeit vrnach der Fallhohe h

Der Winkel a des Vektors vr ergibt sich austan a ¼ vy=v0.

a ¼ arctanvyv0

Richtungswinkel a

a ¼ arctangt

v0

Aufgaben Nr. 444–447

Wertetabelle

sx h

1 m 0,545 m2 m 2,18 m3 m 4,905 m

4 Dynamik168

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b) Schrager Wurf (ohne Luftwiderstand)

Beim schragen Wurf wird ein Korper mit derAbwurfgeschwindigkeit v0 unter dem Steigungs-winkel a0 abgeworfen. Seine Wurfbahn ist wiebeim waagerechten Wurf eine Parabel.

Liegen Abwurf- und Auftreffpunkt auf gleicherHohe, sind Abwurf- und Auftreffgeschwindigkeitv0 gleich groß, ebenso deren Winkel a0. Vorausset-zung: kein Luftwiderstand.

Man zerlegt den Geschwindigkeitsvektor v0 in diebeiden Komponenten v0x und v0y. Es gilt auch hierdas �berlagerungsprinzip:

Der gleichformigen Horizontalbewegung mitv0x ¼ konstant ist die gleichmaßig beschleunigteund dann verzogerte Vertikalbewegung mitv0y 6¼ konstant uberlagert.

Die Vertikalbewegung ist schon bekannt. Es ist dersenkrechte Wurf mit anschließendem freien Fall.Das zeigt auch das v, t-Diagramm c), das bereitsbekannt ist (Seite 153): Die Vertikalkomponente vyder Abwurfgeschwindigkeit v0 nimmt von v0y lau-fend bis auf null ab (wenn hmax erreicht ist), umdann wieder bis auf v0y ¼ �v0y zuzunehmen. Furdie weiteren Rechnungen hat das Vorzeichen (ent-gegengesetzter Richtungssinn) keine Bedeutung.

a) s, h-Diagramm (Wurfparabel)b) v, t-Diagramm der Horizontalbewegungc) v, t-Diagramm der Vertikalbewegung

Beachte: Es ist v0x ¼ v0 cos a0

v0y ¼ v0 sin a0

Es werden die v, t-Diagramme ausgewertet:

Die Grundgleichung (1) schreibt man mit den spe-ziellen Bezeichnungen.

g ¼ Dv

tx¼ v0y � vy

tx(1) Grundgleichung

Diagramm b) liefert die Weggleichung (2) fur dieWurfweite als Funktion der Zeit t. v0 und a0 sindKonstante.

sx ¼ v0 cos a0 tx (2)Weggleichung(Wurfweite)

Diagramm c) liefert die Weggleichungen fur dieVertikalbewegung. Das sind die Gleichungen furdie Wurfhohe h in Abhangigkeit von den Ge-schwindigkeiten v (3) und von der Zeit t (4) und(5). Fur die letzte Form der Gleichung (3) wird aus(1) fur tx ¼ ðv0y � vyÞ=g eingesetzt. Das Binomergibt ðv0y þ vyÞðv0y � vyÞ ¼ v0y

2 � vy2.

h ¼ v0y þ vy2

tx ¼ v0y2 � vy2

2g (3)

h ¼ vytx þ g

2tx2

(4)

h ¼ v0 sin a0 tx � g

2tx2 (5)

Weg-gleichungen(Wurfhohe)

Beachte: v0y ¼ v0 sin a0

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 169

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Zur Konstruktion der Wurfbahn muss man wiebeim waagerechten Wurf die Abhangigkeit derWurfhohe h von der Wurfweite sx kennen, alsoeine Funktionsgleichung fur h entwickeln, in derdie Zeit t nicht erscheint. Dazu lost man die Glei-chung sx ¼ v0 cos a0tx nach tx auf und setzt dengefundenen Ausdruck in die Gleichung fur dieWurfhohe h ¼ v0 sin a0tx � gtx

2=2 ein (Gleichung(5)). Damit erhalt man h ¼ f ðsx, g, v0,a0Þ.

sx ¼ v0 cos a0tx ) tx ¼ sxv0 cos a0

h ¼ v0 sin a0tx � gtx2

2

h ¼ v0 sin a0sx

v0 cos a0� gsx

2

2v02 cos 2a0

h ¼ sx tan a0 � g

2v02 cos2 a0sx

2 (6)

Die Großen g, v0, tan a0 und cos a0 sindkonstante Großen. Mit den beiden Konstantenk1 ¼ tan a0 und k2 ¼ g=2v0

2 cos2 a0 erhalt mandie Funktionsgleichung in der zweckmaßigstenForm fur die punktweise Berechnung der Wurf-parabel.

Es werden nun noch einige haufig gebrauchteGleichungen entwickelt:

h ¼ f ðsx, g, v0,a0Þ

h ¼ k1sx � k2sx2 (7)

Gleichung der Wurfbahn beim schragen Wurf(Wurfparabel)

Die Steigzeit ts erhalt man aus der Gleichungvy ¼ v0 � gt (siehe v, t-Diagramm c) und der�berlegung, dass im Scheitelpunkt der Wurfpara-bel die Geschwindigkeit in y-Richtung vy ¼ 0 ist(Richtungsumkehr der senkrechten Teilbewe-gung).

vy ¼ v0y � gtx v0y ¼ v0 sin a0 tx ¼ tsvy ¼ v0 sin a0 � gts ¼ 0

ts ¼ v0 sin a0

g(8) Steigzeit

Die Scheitelhohe hmax ist der Weg der verzogertenBewegung in vertikaler Richtung wahrend derSteigzeit ts (Dreieckflache im v, t-Diagramm c).Fur ts wird die in Gleichung (8) entwickelte Bezie-hung eingesetzt.

hmax ¼ v0y ts2

¼ v0 sin a0 ts2

hmax ¼ v02 sin2 a0

2g(9) Scheitelhohe

Die gesamte Wurfzeit T bis zum Aufschlag ist dasDoppelte der Steigzeit (immer unter Vernachlassi-gung des Luftwiderstandes).

T ¼ 2v0 sin a0

g(10) Wurfzeit

Die großte Wurfweite smax erhalt man mit derWurfzeit T. Dann ist smax ¼ v0xT ¼ v0 cos a0T .Fur Twird der vorher entwickelte Ausdruck einge-setzt und fur 2 sin a0 cos a0 ¼ sin 2a0 (sieheHandbuch Maschinenbau).

smax ¼ v0 cos a0T ¼ v0 cos a02v0 sin a0

g

smax ¼ v02 sin 2a0

g(11)

großteWurfweite

Bei gegebener Abwurfgeschwindigkeit v0 hangtsmax nur noch vom Steigungswinkel a0 ab. Da derSinus eines Winkels nicht großer als 1 werdenkann, wird der Maximalwert fur die großte Wurf-weite dann erreicht, wenn sin 2a0 ¼ 1 ist. Das istder Fall, wenn 2a0 ¼ 90� und damit der Stei-gungswinkel a0 ¼ 45� betragt.

Großter Wert fur smax bei a0 ¼ 45�, weil dannsin 2a0 ¼ sin 90� ¼ 1 ist.

Beachte: Die hier entwickelten Gleichungengelten auch fur den waagerechtenWurf, wennin den Gleichungen a0 ¼ 0 gesetzt wird.

Der waagerechte Wurf ist also nur einSonderfall des schragen Wurfs.

4 Dynamik170

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Die Momentangeschwindigkeit v in einem beliebi-gen Bahnpunkt P1 nach dem Zeitabschnitt tx, istdie Resultierende der momentanen Vertikal-geschwindigkeit vy ¼ v0 sin a0 � gtx (v, t-Dia-gramm c), Seite 169) und der konstanten Horizon-talgeschwindigkeit v0x ¼ v0 cos a0.

v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0x2 þ vy2

qv0x ¼ v0 cos a0; vy ¼ v0 sin a0 � gtx

v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðv0 cos a0Þ2 þ ðv0 sin a0 � gtxÞ2

q(12)

Man erhalt die Momentangeschwindigkeit v inAbhangigkeit von der Abwurfgeschwindigkeit v0,dem Steigungswinkel a0, dem Zeitabschnitt tx undder Fallbeschleunigung g.

Geschwindigkeit vðtÞBeachte: In dieser Gleichung muss fur denWinkel a0 immer der spitze Winkel zur posi-tiven x-Achse eingesetzt werden (siehe Wurf-parabel Seite 169).

Soll der Zeitabschnitt tx in Gleichung (12) aus derWurfhohe h ermittelt werden, hilft die Gleichung(5) weiter:

Man formt die Gleichung zur Normalform einergemischt quadratischen Gleichung um. Danachstellt man die Losungsformel fur tx1/2 auf undschreibt die endgultige Form mit v0y ¼ v0 sin a0.Mit der Weggleichung (2) ist dann auch der Weg-abschnitt sx zu berechnen.

h ¼ v0y tx � g

2tx2 (Gleichung (5))

tx2 � 2v0y

gtx þ 2

gh ¼ 0

tx1=2 ¼v0yg

�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0yg

� �2

� 2h

g

s

tx1=2 ¼ v0 sin a0

g�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0 sin a0

g

� �2

� 2h

g

s(13)

Zeitabschnitt txðhÞ

Beim Berechnen des Zeitabschnitts tx nach Glei-chung (13) ergeben sich zwei Werte tx1 und tx2.Beide Werte sind richtig, denn die Wurfparabel(Seite 169) schneidet eine Hohenlinie in den bei-den Punkten P1 und P2. Die zugehorigen Zeit-abschnitte sind die berechneten Werte tx1 und tx2.

Beispiel: Ein Korper wird mit v0 ¼ 100 m/sunter a0 ¼ 60� abgeworfen. Die Rechnungnach (13) mit h ¼ 300 m ergibt (aus Platz-grunden ohne Einheiten geschrieben):

tx1 ¼ 100 � sin 60�9,81

�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi100 � sin 60�

9,81

� �2

� 2 � 3009,81

stx1 ¼ 12,9 s

tx2 ¼ 4,73 s

Den momentanen Richtungswinkel a an der Wurf-parabel im s, t-Diagramm a) auf Seite 169 erhaltman aus dem rechtwinkligen Dreieck mit derKosinusfunktion.

cos a ¼ v0xv

¼ v0 cos a0

v

a ¼ arccosv0 cos a0

v(14)

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 171

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1. �bung: Das s; h-Diagramm, Bild a), zeigt dieWurfparabel eines schragen Wurfs, bei dem dieAbwurfebene (Punkt E1) nicht zugleich Auftreff-ebene ist. Diese liegt um die Fallhohe hE tiefer(Punkt E2).

Gegeben: Abwurfgeschwindigkeit v0 ¼ 10 m/s

Abwurfwinkel a0 ¼ 50�

Fallhohe hE ¼ 2 m

Gesucht: Gesamtzeit t, Wurfweite s, Auftreffge-schwindigkeit vE, Auftreffwinkel aE,Teilzeit tE und Teilweg sE.

Losung: Es sollte nicht versucht werden, die be-reits hergeleiteten Gleichungen fur die symmetri-sche Wurfparabel (Seite 169) auf den vorliegendenFall anzuwenden. Das fuhrt leicht zu Fehlern. Da-her skizziert man fur jeden speziellen Fall, so wiehier, die zugehorigen v, t-Diagramme b) und c)und wertet die Diagramme wie gewohnt aus. Ge-genuber den Diagrammen, Seite 169, braucht mannur die vx- und die vy-Linie bis zum AuftreffpunktE2 zu verlangern.

a) s; h-Diagramm (Wurfparabel)

b) v, t-Diagramm der Horizontalbewegung

c) v, t-Diagramm der Vertikalbewegung

Wurfzeit t und Teilzeit tE: Die gesamte Wurfzeit tsetzt sich zusammen aus der Wurfzeit T nach Glei-chung (10) und der Teilzeit tE fur den Teilweg sEund fur die Fallhohe hE.

Eine Gleichung fur die Teilzeit tE erhalt man mitder Weggleichung hE nach dem v, t-Diagramm c).Darin entspricht die Trapezflache A ¼b FallhohehE ¼ v0y tE þ gtE

2=2.

Die gemischt-quadratische Gleichung liefert eineBeziehung fur die Teilzeit tE.

A ¼b hE ¼ v0y tE þ g

2tE

2

tE2 þ 2

gv0y tE � 2

ghE ¼ 0

tE1=2 ¼ � v0yg

�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0yg

� �2

þ 2hEg

sMit v0y ¼ v0 sin a0 erhalt man

tE1=2 ¼ � v0 sin a0

g�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0 sin a0

g

� �2

þ 2hEg

s(15)

Teilzeit

Mit v0 ¼ 10 m/s, a0 ¼ 50� und hE ¼ 2 m erhaltman als physikalisch sinnvolle Teilzeitt E ¼ t E1 ¼ 0,228 s.

Mit Gleichung (10) bekommt man die Gesamtzeitt ¼ T þ t E ¼ 2v0 sin a0=gþ t E.

tE1 ¼ � 10 m=s � sin 50�9,81 m=s2

�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi10 m=s � sin 50�

9,81 m=s2

� �2

þ 2 � 2 m

9,81 m=s2

stE1 ¼ 0,228 s; tE2 ¼ �1,7896 s

t ¼ 2 � 10 m=s � sin 50�9,81 m=s2

þ 0,228 s ¼ 1,79 s

4 Dynamik172

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Um auf direktem Weg die Gesamtzeit t berechnenzu konnen, werden die beiden Gleichungen (10)und (15) zu einer Gleichung zusammen gefasst.

Man erhalt dann die Gleichung (16).

Auch hier ergibt nur der positive Wurzelwert einphysikalisch sinnvolles Ergebnis.

t1=2 ¼ T þ tE1=2 ¼ 2v0 sin a0

gþ tE1=2

t1=2 ¼ 2v0 sin a0

g� v0 sin a0

g� . . .

t1=2 ¼ v0 sin a0

g�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0 sin a0

g

� �2

þ 2hEg

s(16)

Gesamtzeit

Auftreffgeschwindigkeit vE: Sie ist die Resultie-rende aus der Horizontalgeschwindigkeitv0x ¼ v0 cos a0 und der Vertikalgeschwindigkeit vy,die sich nach Bild c) Seite 172 zusammensetzt aus:v0y ¼ v0 sin a0 und gtE.

vE ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0x2 þ vy2

qv0x ¼ v0 cos a0; vy ¼ v0y þ gtE

vy ¼ v0 sin a0 þ gtE

vE ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðv0 cos a0Þ2 þ ðv0 sin a0 þ gtEÞ2

q(17)

Auftreffgeschwindigkeit

Rechnung aus Platzgrunden ohne Einheiten:

vE ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið10 � cos 50�Þ2 þ ð10 � sin 50� þ 9,81 � 0,228Þ2

qvE ¼ 11,8

m

s

Der Auftreffwinkel aE kann mit Gleichung (14)berechnet werden, wenn man fur v ¼ vE einsetzt.

aE ¼ arccosv0 cos a0

vE¼ arccos

10m

s� cos 50�

11,8m

saE ¼ 57�

Wurfweite s und Teilweg sE: Der Teilweg sE istnach Bild b) Seite 172 aus

sE ¼ v0xtE ¼ v0 cos a0tEzu berechnen. Mit dieser Gleichung und mit Glei-chung (11) kann eine Gleichung fur s entwickeltwerden.

sE ¼ v0 cos a0 tE (18)

sE ¼ 10 m=s � cos 50� � 0,228 s ¼ 1,466 m

s ¼ v02 sin 2a0

gþ sE (19)

s ¼ ð10 m=sÞ2 sin 100�9,81 m=s2

þ 1,466 m ¼ 11,5 m

Kontrolle: Nach Bild b) ist s ¼ v0x t ¼ v0 cos a0 tmit t nach Gleichung (16). s ¼ v0 cos a0 t (20)

s ¼ 10m

s� cos 50� � 1,79 s ¼ 11,5 m

4.1 Allgemeine Bewegungslehre 173

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2. �bung: Eine Dachpfanne gleitet unter einemWinkel a0 ¼ 30� mit einer Geschwindigkeitv0 ¼ 5 m/s von der Dachtraufe, die h ¼ 20 m uberdem Erdboden liegt. Es soll eine Gleichung zurBestimmung des Abstandes sx ¼ f ða0; v0; hÞ desAuftreffpunktes von der Hausmauer entwickeltund damit sx berechnet werden.

Gegeben:

a0 ¼ 30�

v0 ¼ 5m

sh ¼ 20 m

a ¼ g ¼ 9,81m

s2

Gesucht:

sx ¼ f ða0; v0; hÞ

Losung: Es werden als Erstes wieder die beidenv, t-Diagramme fur die Horizontal- und die Verti-kalbewegung skizziert.

Wahrend des Zeitabschnitts tx wird die Strecke sxmit der konstanten Geschwindigkeitskomponentev0x ¼ v0 cos a0 zuruckgelegt. Im gleichen Zeit-abschnitt fallt die Dachpfanne im freien Fall umdie Hohe h. Dabei steigt die Geschwindigkeits-komponente (Vertikalgeschwindigkeit) von

v0y ¼ v0 sin a0 um Dv ¼ gtx auf vy.

t

t

vy

v y

gt x

v 0y

v 0x

tx

vx

s = v tx 0x x

h = v t +0y x

gt

2

2x

a) siehe auchv, t-Diagramm b)Seite 172

b) siehe auchv, t-Diagramm c)Seite 172

v, t-Diagramm der Horizontalbewegung a)und der Vertikalbewegung b)

Der Vergleich der beiden v, t-Diagramme mit denDiagrammen b) und c) auf Seite 172 zeigt voll-standige �bereinstimmung des Bewegungsvor-gangs zwischen den Punkten E1 und E2 der Para-bel. Man kann also ohne Bedenken die dortentwickelten Gleichungen verwenden. Fur die vor-liegende Aufgabe ist das Gleichung (15) in Verbin-dung mit Gleichung (18).

Nur die positive Losung fur tx ist sinnvoll.

Der Ausdruck fur tx (nach Gleichung (15))wird in die Gleichung fur sx eingesetzt.

Man hat damit die gesuchte Beziehungsx ¼ f ða0; v0; hÞ gefunden.Der Aufschlagpunkt liegt um sx ¼ 7,71 m von derHausmauer entfernt.

sx ¼ v0 cos a0

"� v0 sin a0

þffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0 sin a0

g

� �2

þ 2h

g

s 35 (21)

sx ¼ 7,71 m

Aufgaben Nr. 448–451

tx¼ � v0 sin a0

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiv0 sin a0

g

� �2

þ 2h

g

s

sx¼v0 cos a0 tx

4 Dynamik174

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4.2 Gleichformige Drehbewegung (Kreisbewegung)

Die bisher behandelten Gesetze gelten fur geradlinige und krummlinige Bewegungen, alsoauch fur die Bewegung eines Punktes auf der Kreisbahn, zum Beispiel fur die Bewegung einesSchleifkorns auf einer umlaufenden Schleifscheibe. Die Drehbewegung wird gesondert behan-delt, weil fur diese technisch wichtigste Bewegungsform besondere physikalische undgeometrische Großen eingefuhrt wurden. Das gilt beispielsweise fur die Begriffe Drehzahl,Drehwinkel, Umfangsgeschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit, Winkelbeschleunigung und�bersetzung.

4.2.1 Die Drehzahl n

Bringt man auf einer umlaufenden Scheibe (Werk-stuckspanner einer Drehmaschine, Schleifscheibeusw.) mit Kreide eine Markierung an, kann dieAnzahl der Umdrehungen gezahlt werden. Siewerden hier mit z bezeichnet, also beispielsweisez ¼ 25 U (Umdrehungen). Dividiert man z durchden zugehorigen Zeitabschnitt Dt, dann erhalt mandie Drehzahl n der Scheibe:

Beachte: Die Angabe einer Drehzahl beziehtsich immer auf den ganzen umlaufenden Kor-per, z. B. auf den Rotor eines Elektromotors.Mit welcher Geschwindigkeit sich die einzel-nen Punkte bewegen, ist noch unbekannt.

n ¼ Anzahl Umdrehungen z

Zeitabschnitt Dt

Die Drehzahl n ist der Quotient aus der Anzahlz der Umdrehungen und dem zugehorigen Zeit-abschnitt Dt.

n ¼ z

Dt

Die Drehzahl n umlaufender Maschinenteile wirdmeistens auf die Minute als Zeiteinheit bezogen.Mit 1 min ¼ 60 s kann leicht umgerechnet werden.

Beispiel:

n ¼ 1 500U

min¼ 1500

U

60 s¼ 25

U

s

Das Wort Umdrehung mit dem Kurzzeichen Usteht nur fur die Zahl 1, so dass in der Technik dieEinheit fur die Drehzahl n auch mit der Einsgeschrieben wird, meistens in der Potenzschreib-weise ðmin�1Þ.

Beispiel:

n ¼ 1500U

min¼ 1500

1

min¼ 1500 min�1

U

min¼ 1

min¼ min�1

Beim Kurbelgetriebe eines Verbrennungsmotorsentspricht einer Auf- und Abwartsbewegung(Doppelhub) des Kolbens eine Umdrehung derKurbelwelle. Zur Berechnung der Kolbenge-schwindigkeit ermittelt man daher die Zeit fur eineKurbelwellenumdrehung (Umlaufzeit):

Die Periodendauer T (Umlaufzeit) ist der Kehr-wert der Drehzahl n.

Hinweis: In der Schwingungslehre ist T derkurzeste Zeitabschnitt, nach dem sich eineSchwingung periodisch wiederholt. Sieheauch Seite 150.

T ¼ 1

Drehzahl n

T ¼ 1

n

n z Dt

U

min¼ 1

min¼ min�1 U min

T n

min, s min�1, s�1

4.2 Gleichformige Drehbewegung (Kreisbewegung) 175

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4.2.2 Die Umfangsgeschwindigkeit vuUmfangsgeschwindigkeit vu ist die Bezeichnungfur die Geschwindigkeit eines Umfangspunktes imAbstand r von der Drehachse eines umlaufendenKorpers auf seiner Kreisbahn.

Drehbewegung um eine Drehachse

Bei gleichformiger Drehbewegung ist die Um-fangsgeschwindigkeit vu der Quotient aus Weg-und Zeitabschnitt.

Bei der ungleichformigen Drehbewegung istder Quotient aus Weg- und Zeitabschnitt diemittlere Umfangsgeschwindigkeit vum(Durchschnittsgeschwindigkeit).

4.2.3 Richtung der Umfangsgeschwindigkeit vuMan stellt sich den Umfangspunkt B als Korpervor, der an einem Faden um die Drehachse A um-lauft. Wird der Faden in einer der eingezeichnetenStellungen los gelassen, bewegt sich der Korpernach dem Tragheitsgesetz mit der momentanenUmfangsgeschwindigkeit vu geradlinig fort undzwar in Richtung der jeweiligen Tangente an seineKreisbahn:

Richtung der Umfangsgeschwindigkeit

Die Umfangsgeschwindigkeit vu ist immer tan-gential gerichtet; sie ist eine Tangentialgroße.

4.2.4 Umfangsgeschwindigkeit vu und Drehzahl n

Der Wegabschnitt Ds eines umlaufenden Umfangs-punktes wird durch den Kreisumfang ausgedruckt.Bei z Umdrehungen wird damit Ds ¼ 2pr z. Mitz=Dt ¼ n erhalt man die ubliche Gleichung zur Be-rechnung der Umfangsgeschwindigkeit.

vu ¼ Ds

Dt¼ 2pr z

Dt

vu ¼ 2prz

Dt

vu ¼ 2pr n

Bei der gleichformigen Drehbewegung ist dieDrehzahl n ¼ konstant. Die Umfangsgeschwindig-keit vu eines Umfangspunktes dagegen andert sich,wie die Gleichung zeigt, mit dem Radius r : Je gro-ßer der Radius, umso großer ist auch vu. Man sagtauch: vu wachst proportional mit dem Radius(vu � r).

Beispiel:

Wie groß ist die Umfangsgeschwindigkeiteines Umfangspunktes B, der doppelt so weitvom Scheibenmittelpunkt entfernt liegt wiePunkt A?

Losung:

vuB ¼ 2prB n rB ¼ 2rAvuB ¼ 2p � 2rA � n ¼ 2 � 2prA n ¼ 2vuA

vu r n

m

sm

U

s¼ 1

s¼ s�1

m

minm

U

min¼ 1

min¼ min �1

4 Dynamik176

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4.2.4.1 Zahlenwertgleichungen fur die Umfangsgeschwindigkeit

Fur Rechnungen an Werkzeugmaschinen wird dieUmfangsgeschwindigkeit als Schnittgeschwindig-keit v meist in m/min gebraucht (Richtwerttabel-len), wobei der Durchmesser d ¼ 2r in mm einge-setzt werden soll. Man rechnet dann mit einer aufdiese Einheiten zugeschnittenen Zahlenwertglei-chung.

v ¼ pdn

1000

Schnittgeschwindigkeit v an Drehmaschinen,Frasmaschinen usw.

Fur Schleifscheiben wurden sich mit der obigenZahlenwertgleichung zu große Zahlenwerte erge-ben. Man arbeitet dort mit der Einheit m/s undmuss daher im Nenner noch den Faktor 60 aufneh-men.

v ¼ pdn

60 000

Schnittgeschwindigkeit v fur Schleifscheiben

Man entwickelt aus der Großengleichung danneine Zahlenwertgleichung, wenn haufig mit den-selben Einheiten gerechnet wird.

Beachte: Beim Rechnen mit Zahlenwert-gleichungen darf man die Einheiten nichtmitschreiben.

4.2.5 Umfangsgeschwindigkeit und Mittelpunktsgeschwindigkeit

Ein Rad vom Radius r rollt ohne zu gleiten (alsoschlupffrei) auf seiner Unterlage. Ein Umfangs-punkt P besitzt die Umfangsgeschwindigkeitvu ¼ 2pr n. Die Geschwindigkeit des Radmittel-punktes M parallel zur Unterlage wird mit der Mit-telpunktsgeschwindigkeit vM bezeichnet. Es sollgeklart werden, in welchem Verhaltnis vu und vMzueinander stehen.

Mittelpunkts- Umfangs-geschwindigkeit geschwindigkeit

Bei einer Umdrehung rollt der Radumfang 2prab, bei z Umdrehungen z-mal so viel, also legt derRadmittelpunkt M den Wegabschnitt Ds ¼ 2pr zzuruck. Damit ergibt sich seine GeschwindigkeitvM ¼ 2pr z=Dt. Das aber ist genau die Gleichungfur die Umfangsgeschwindigkeit vu:

vM ¼ 2pr z

Dt¼ 2pr n vu ¼ 2pr z

Dt¼ 2pr n

Beim schlupffrei rollenden Rad sind Umfangs-geschwindigkeit und Mittelpunktsgeschwindig-keit gleich groß.

vM ¼ vu

Beachte: vM ist bezogen auf die Unterlage,vu dagegen bezogen auf den Radmittel-punkt M.

Das rollende Rad „kippt“ laufend um den jeweili-gen Stutzpunkt A. Die momentane Geschwindig-keit v der Radpunkte auf dem gedachten Durch-messer AMP wachst linear von vA ¼ 0 aufvM ¼ vu und weiter auf vP ¼ 2vM ¼ 2vu.

v d n

m

minmm min�1

v d n

m

smm min�1

4.2 Gleichformige Drehbewegung (Kreisbewegung) 177

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4.2.6 Die Winkelgeschwindigkeit w

Die Umfangsgeschwindigkeit vu kennzeichnetimmer nur den Bewegungszustand eines einzelnenPunktes, denn vu ist vom Radius abhangig(vu � r). Korperpunkte auf unterschiedlichen Ra-dien legen bei jeder Umdrehung verschieden großeWege zuruck. Fur alle Punkte ist aber der uber-strichene Drehwinkel Dj gleich groß. Deshalb hatman fur umlaufende Teile eine vom Radius unab-hangige Große definiert, die Winkelgeschwindig-keit w (Omega):

Die Winkelgeschwindigkeit w eines gleichfor-mig umlaufenden Korpers ist der Quotient ausdem uberstrichenen Drehwinkel Dj und demzugehorigen Zeitabschnitt Dt. Alle Punkteeines rotierenden Korpers haben im gleichenZeitpunkt gleiche Winkelgeschwindigkeit,nicht aber gleiche Umfangsgeschwindigkeit.

Dreht sich der Korper nicht gleichformig, dannerhalt man mit dieser Definitionsgleichung diemittlere Winkelgeschwindigkeit wm (Durch-schnitts-Winkelgeschwindigkeit).

Die Einheit fur die Winkelgeschwindigkeit w ergibtsich aus den gewahlten Einheiten fur den Dreh-winkel und dem Zeitabschnitt oder aus der ge-wahlten Einheit fur die Drehzahl n.

Als Einheit fur den Drehwinkel benutzt man nichtdie Einheit „Grad“ (obgleich grundsatzlich mog-lich), sondern die Einheit „Radiant“ (Kurzzeichen:rad). Wie „Umdrehung U“ ist auch „Radiant rad“eine Umschreibung fur die Zahl Eins.

Statt rad/s kann man immer auch 1/s schreiben,ebenso: statt U/min auch 1/min.

w ¼ Dj

Dt¼ 2pz

Dtw ¼ 2pn

Grundgleichung dergleichformigenDrehbewegung

Beispiel:

Beim ungebremsten Auslaufen braucht eineDrehspindel 60 U und 90 s bis zum Still-stand. Dann ist

wm ¼ Dj

Dt¼ 2pz

Dt¼ 2p60

90 s¼ 4

3prad

s¼ 4,19

rad

s

ðwÞ ¼ ðjÞðtÞ ¼ rad

s¼ 1

s¼ s�1

ðwÞ ¼ ð2pÞðnÞ ¼ rad

min¼ 1

min¼ min�1

Umrechnungen:

2p rad ¼ 360�

1 rad ¼ 180�

p� 57,3�

Beispiel:

w ¼ 90rad

s¼ 90

1

s¼ 90 s�1

4.2.7 Winkelgeschwindigkeit und Umfangsgeschwindigkeit

Aus den nun bekannten Gleichungen fur die Um-fangs- und Winkelgeschwindigkeit kann mansofort die gegenseitige Abhangigkeit erkennen.Die Winkelgeschwindigkeit w ¼ 2pn ist in derGleichung fur vu ¼ 2pr n enthalten.

vu ¼ 2pr n ¼ 2pnr ¼ wr

vu ¼ wr

w Dj z Dt n

rad

s¼ 1

srad 1 s

1

s¼ s�1

vu w r

m

s

1

s¼ rad

sm

4 Dynamik178

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Man kann den Zusammenhang zwischen vu und wauch zeichnerisch darstellen.

Bei gleichformiger Drehung ist n ¼ konstant, alsoauch w ¼ 2pn ¼ konstant, und die jeweilige Um-fangsgeschwindigkeit der einzelnen Umfangs-punkte hangt vom Radius r ab. Man sagt auch: vuist proportional r (vu � r). Aus der zeichnerischenDarstellung ergibt sich, dass die Zahlenwerte derUmfangsgeschwindigkeit auf dem Einheitskreisund der Winkelgeschwindigkeit gleich groß sind.

Zusammenhang zwischen Umfangs- undWinkelgeschwindigkeit

4.2.7.1 Zahlenwertgleichung fur die Winkelgeschwindigkeit

Da die Drehzahl n in der Technik meist inU/min ¼ 1/min angegeben wird, fur die Winkel-geschwindigkeit w aber die Einheit rad/s ¼ 1/sublich ist, arbeitet man gern mit der entsprechendzugeschnittenen Zahlenwertgleichung.

w ¼ 2pn

60¼ p

n

30

w ¼ pn

30

Man erhalt die Zahlenwertgleichung fur w, indemman in die Großengleichung w ¼ 2pn die Um-rechnungszahl aus 1 min ¼ 60 s aufnimmt und dieZahlenwerte kurzt.

Mit p=30 � 1=10 erhalt man eine Beziehung zwi-schen Winkelgeschwindigkeit w und Drehzahl n,mit der schnell uberschlagig gerechnet werdenkann oder genaue Rechnungen kontrolliert werdenkonnen (Stellenzahlkontrolle).

w � n

10¼ 0,1n

Beispiel:

Fur n ¼ 1500 min�1 wird

w ¼ pn

30¼ p � 1500

30

1

s¼ 157

rad

s

n ¼ 1500 min�1 ) w � 150 s�1

4.2.8 Baugroßen und Großen der Bewegung in Getrieben

Getriebe ubertragen eine Drehbewegung von einerAntriebswelle A auf eine Abtriebswelle B, meistbei gleichzeitiger �nderung der Drehzahl n unddamit auch der Winkelgeschwindigkeit w.

Beim Riemengetriebe treibt ein Flach- oder Keil-riemen durch Kraftschluss (nicht durch Form-schluss wie beim Zahnradgetriebe) beide Scheibenmit gleicher Umfangsgeschwindigkeit

vu ¼ vu1 ¼ vu2Der geringfugige Schlupf wird vernachlassigt.

Beim Riemengetriebe verhalten sich Drehzah-len und Winkelgeschwindigkeiten umgekehrtwie die Scheibendurchmesser.

Riemengetriebevu1 ¼ vu2

2pr1 n1 ¼ 2pr2 n2

pd1 n1 ¼ pd2 n2 ) n1n2

¼ d2d1

n1n2

¼ w1

w2¼ d2

d1d1 und d2 sind dieBaugroßen

Drehzahlen und Winkelgeschwindigkeitenverhalten sich umgekehrt wie die Baugroßen.

w n

1

s

1

min¼ min�1

4.2 Gleichformige Drehbewegung (Kreisbewegung) 179

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Werden die beiden Scheiben aneinander gepresst,entsteht das Reibradgetriebe. Verzahnt man beideScheiben, hat man ein Zahnradgetriebe, das dieDrehbewegung durch Formschluss (Zahne) unddaher schlupflos ubertragt. Hier rollen die beiden(gedachten) Teilkreise aufeinander ab (Teilkreis-durchmesser d1, d2). Fur den Teilkreisdurchmesserkann das Produkt aus Zahnezahl und Modul ge-setzt werden. Daher konnen die Teilkreisdurch-messer d1, d2 auch durch die Zahnezahlen z1, z2ausdruckt werden.

Zahnradgetriebevu1 ¼ vu2

pd1 n1 ¼ pd2 n2 d ¼ zmpz1mn1 ¼ pz2mn2

Beim Zahnradgetriebe verhalten sich die Dreh-zahlen und Winkelgeschwindigkeiten umge-kehrt wie die Teilkreisdurchmesser und Zahne-zahlen.

n1n2

¼ w1

w2¼ d2

d1¼ z2

z1

d1, d2, z1, z2sind die Bau-großen

Drehzahlen und Winkelgeschwindigkeitenverhalten sich umgekehrt wie die Baugroßen.

Das folgende Bild zeigt die geometrischen Großen am geradverzahnten Stirnrad (ohne Profil-verschiebung). Wichtigste Große ist der Modul m, weil alle anderen Großen darauf bezogenwerden. Sind Modul m und Zahnezahl z eines Zahnrades bekannt, konnen alle anderen Maßedes Zahnrades berechnet werden.

d Teilkreis-˘ ¼ mzdb Grundkreis-˘ ¼ d cos ada Kopfkreis-˘ ¼ d þ 2mdf Fußkreis-˘ ¼ d � 2,5mp Teilung ¼ sþ w ¼ pmm Modul ¼ p=p (genormt nach

DIN 780 von 0,3. . .75 mm)a Eingriffswinkel (20�)s Zahndicke ¼ p/2w Luckenweite ¼ p/2ha Zahnkopfhohe ¼ 1 mhf Zahnfußhohe ¼ 1,25 mEL Eingriffslinie

4.2.9 �bersetzung i (�bersetzungsverhaltnis)

Der Begriff �bersetzung i ist festgelegt als Ver-haltnis (Quotient) von Antriebsdrehzahl nan zuAbtriebsdrehzahl nab.

i ¼ nannab

¼ n1n2

¼ w1

w2

n1 ¼ w1=2pn2 ¼ w2=2p

Da sich die Baugroßen eines Getriebes umgekehrtwie die Drehzahlen und Winkelgeschwindigkeitenverhalten, kann man die �bersetzung i auch mitden Baugroßen ausdrucken.

i ¼ n1n2

¼ w1

w2¼ d2

d1¼ z2

z1

Aufgaben Nr. 453–485

4 Dynamik180

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Besteht ein Zahnradgetriebe aus mehreren hinter-einander geschalteten Raderpaaren, also auch ausmehreren Einzelubersetzungen, dann lasst sich ausden Einzelubersetzungen i1; i2; i3 . . . die Gesamt-ubersetzung iges bestimmen:

Die Gesamtubersetzung iges ist immer dasProdukt der Einzelubersetzungen.

Aus der Definition fur i ¼ nan/nab ergibt sich:

Mehrfach-�bersetzung

i > 1 ) Ubersetzung ins ,,Langsame‘‘i < 1 ) Ubersetzung ins ,,Schnelle‘‘

iges ¼ nannab

¼ i1 � i2 � i3 � . . . � in

4.3 Gesetze und Diagramme der gleichmaßig beschleunigten(verzogerten) Drehbewegung

Man versteht die Gesetze und Diagramme und auch das Verfahren zum Losen von Aufgabender Kreisbewegung leicht, wenn man sich der entsprechenden Gesetze erinnert, die in der all-gemeinen Bewegungslehre entwickelt wurden. Denn das gilt grundsatzlich auch hier, nur mussjede Große der allgemeinen Bewegung durch die entsprechende Kreisgroße ersetzt werden.Das nennt man den Analogieschluss.

4.3.1 Gegenuberstellung der allgemeinenGroßenmit den entsprechendenKreisgroßen

Allgemeine Große mit Definitionsgleichung Einheit Kreisgroße mit Definitionsgleichung Einheit

Zeitabschnitt Dt s Zeitabschnitt Dt s

Wegabschnitt Ds m Drehwinkel Dj rad ¼ 1

Geschwindigkeit(v ¼ konstant) v ¼ Ds

Dt

m

sWinkelgeschwindigkeit(w ¼ konstant) w ¼ Dj

Dt

rad

s¼ 1

s

Geschwindigkeitsanderung Dv ¼ a Dtm

sWinkelgeschwindigkeitsanderungDw ¼ a Dt

rad

s¼ 1

s

Beschleunigung(Grundgleichung) a ¼ Dv

Dt

m

s2Winkelbeschleunigung(Grundgleichung) a ¼ Dw

Dt

rad

s2¼ 1

s2

v, t-Diagramm je nach Aufgabenstellung:v

t0 Δt

ΔΔ

v=a

t

vt

v0 ΔtA = s =Δ

v + v0 t

2

v-Linie

w, t-Diagramm je nach Aufgabenstellung:

0 tΔt

v-Linie

v0

vt

v

Δα

Δv=

t

ΔtA = =Δϕv v0 t+

2

Beachte: Die Flache A unter der v-Linieentspricht dem Wegabschnitt Ds.

Beachte: Die Flache A unter der w-Linieentspricht dem Drehwinkel Dj.

4.3 Gleichmaßig beschleunigte (verzogerte) Drehbewegung 181

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4.3.2 Winkelbeschleunigung a

Bei der gleichmaßig beschleunigten oder verzo-gerten Kreisbewegung muss die �nderung derWinkelgeschwindigkeit Dw konstant bleiben(Dw ¼ konstant), wie im allgemeinen FallDv ¼ konstant war (Seite 150). Die Winkel-geschwindigkeitslinie im w, t-Diagramm musseine ansteigende oder abfallende Gerade sein.

Wird ein Korper aus der Ruhelage heraus drehendgleichmaßig beschleunigt, so dass er nachDt ¼ 6 s eine Momentan-Winkelgeschwindigkeitwt ¼ 9 rad=s besitzt, dann betragt seine Winkel-geschwindigkeitszunahme in jeder Sekunde

Dw ¼ 1,5 rad=s.

Entsprechend der Beschleunigung a im allge-meinen Fall hat man fur die Kreisbewegung dieWinkelbeschleunigung a als Vergleichsgroße fest-gelegt:

Winkelbeschleunigung a, dargestellt imw, t-Diagramm

Hinweis: Vergleiche das w, t-Diagramm mitdem v, t-Diagramm auf Seite 150.

Die Winkelbeschleunigung a eines gleichmaßigbeschleunigten oder verzogerten Korpers ist derQuotient aus der Winkelgeschwindigkeitsande-rung Dw und dem zugehorigen ZeitabschnittDt. Die Winkelbeschleunigung ist ein Vektor.

Vergleiche diese Definition mit Seite 151.

Die Einheit der Winkelbeschleunigung a ergibtsich in gewohnter Weise aus der Definitionsglei-chung fur die Große, hier also „Radiant je Sekunde-quadrat“ (beachte: rad ¼ 1).

a ¼ Winkelgeschwindigkeitsanderung Dw

zugehoriger Zeitabschnitt Dt

a ¼ Dw

Dt

Grundgleichung der gleichmaßig beschleu-nigten (verzogerten) Kreisbewegung

ðaÞ ¼ ðwÞðtÞ ¼

rad

ss

¼ rad

s2¼ 1

s2¼ s�2

4.3.3 Der Drehwinkel im w, t-Diagramm

Es muss noch nachgewiesen werden, dass fur denDrehwinkel Dj im w, t-Diagramm das Gleichegilt wie fur den Wegabschnitt Ds im v, t-Diagramm(vergleiche mit Seite 151).

Die Winkelgeschwindigkeit w andert sich vonw0 ¼ 0 am Anfang auf wt am Ende des Zeit-abschnittes Dt. Weil die Winkelgeschwindigkeits-anderung konstant ist, ergibt sich die mittlereWinkelgeschwindigkeit zu wm ¼ ðw0 þ wtÞ=2und der uberstrichene Drehwinkel zuDj ¼ wm Dt ¼ wt Dt=2. Das entspricht dem Fla-cheninhalt der Dreieckflache unter der w-Linie.

v

vv

0m

=2

v m

v0 = 0

0 tΔt

ΔtA = =Δϕv v0 t+

2

Mittlere Winkelgeschwindigkeit wm

a Dw Dt

rad

s2¼ 1

s2rad

s¼ 1

ss

4 Dynamik182

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In jedem w, t-Diagramm entspricht die FlacheA unter der Winkelgeschwindigkeitslinie demuberstrichenen Drehwinkel Dj (A ¼b Dj).

Flache A ¼b Drehwinkel Dj

Gilt fur jede Drehbewegung

4.3.4 Die Tangentialbeschleunigung aT

Wird ein Korper drehend mit der Winkelbeschleu-nigung a bewegt, werden alle Korperpunkte injedem Augenblick in Richtung der Tangente mitder Tangentialbeschleunigung aT beschleunigt.Wie jede Beschleunigung ist auch aT ein Verhalt-nis von Geschwindigkeitsanderung und Zeit-abschnitt. Hier handelt es sich um die Zunahmeder Umfangsgeschwindigkeit Dvu ¼ Dw r. Damitist uber aT ¼ Dvu=Dt ¼ Dw r=Dt ¼ ar die Ver-bindung zwischen Tangential- und Kreisgroße her-gestellt. Das wurde auch schon fur vu und w nach-gewiesen (Seite 178, 4.2.7).

Tangentialgroßen (Umfangsgeschwindigkeit vuund Tangentialbeschleunigung aT) ergeben sichaus den Kreisgroßen durch Multiplikation mitdem Radius r.

Zusammenhang zwischenTangentialgroßen und Kreisgroßen

aT ¼ DvuDt

¼ Dw r

Dt¼ ar

aT ¼ ar

4.3.5 Arbeitsplan zur Kreisbewegung(vergleiche mit Abschnitt 4.1.5)

w, t-Diagramm aufzeichnen

Als Erstes wird gepruft, ob die Bewegung be-schleunigt (ansteigende w-Linie) oder verzogert ist(fallende w-Linie), und ob die Bewegung aus demRuhezustand heraus erfolgt oder bis zur Ruhestel-lung verlauft. Danach skizziert man das w, t-Di-agramm (unmaßstablich).

Als Beispiel wird eine gleichmaßig beschleunigteKreisbewegung mit Anfangs-Winkelgeschwindig-keit (w0 6¼ 0) betrachtet.

1. Schritt

ΔtA = =Δϕv v0 t+

2

0 tΔt

v

v-LinieΔv

vt

v 0

aT a r

m

s2rad

s2¼ 1

s2m

4.3 Gleichmaßig beschleunigte (verzogerte) Drehbewegung 183

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Grundgleichung aufschreiben

Ausgangsgleichung ist immer die Definitionsglei-chung fur die Winkelbeschleunigung a ¼ Dw=Dt.

a ¼ Dw

Dt¼ wt � w0

Dt2. Schritt

Drehwinkelgleichungen aufschreiben

Es ist bekannt, dass die Flache A unter der w-Liniedem uberstrichenen Drehwinkel Dj entspricht. Jenach Flachenform (hier Trapez) entwickelt manmit den eingetragenen Bezeichnungen Gleichun-gen mit Dj, zunachst ohne Rucksicht darauf, obfur die spezielle Aufgabenstellung alle Gleichun-gen gebraucht werden. In der Praxis werdenhaufig alle Großen der Bewegung verlangt.

Dj ¼ w0 þ wt

2Dt

(Trapezflache)

3. Schritt

Dj ¼ w0 Dt þDw Dt

2; Dw ¼ wt � w0

(Rechteckflache þ Dreieckflache)

Dj ¼ wt Dt � Dw Dt

2; Dw ¼ wt � w0

(Rechteckflache � Dreieckflache)

Gleichungen auswerten

Grundgleichung und Drehwinkelgleichungen bil-den ein Gleichungssystem mit mehreren Unbe-kannten. In der Regel werden zwei Unbekanntegesucht. Es genugen dann meistens die Grund-gleichung und eine der Drehwinkelgleichungenzur Losung.

Angenommen es ist die FunktionsgleichungDt ¼ f ðw0,a,DjÞ gesucht. Dann sind w0, a, Djgegebene Großen. Der Zeitabschnitt Dt ist diegesuchte Große. Wird die Gleichsetzungsmethodebenutzt, kann man sowohl die Grundgleichung alsauch die erste Drehwinkelgleichung nach wt auf-losen, beide Gleichungen gleichsetzen und aufgewohnte Weise weiterentwickeln.

Als Ergebnis erhalt man hier eine gemischtquadra-tische Gleichung (siehe Tabelle 4.3, Seite 185).Die analoge Gleichung wurde in 4.1.5 (Seite 152)entwickelt.

4. Schritt

Hinweis: Losung nach dem Einsetzungs-oder Gleichsetzungsverfahren.

a ¼ wt � w0

Dt) wt ¼ w0 þ a Dt

(Grundgleichung)

Dj ¼ w0 þ wt

2Dt ) wt ¼ 2 Dj

Dt� w0

(erste Drehwinkelgleichung)

w0 þ a Dt ¼ 2 Dj

Dt� w0

2w0 þ a Dt ¼ 2 Dj

Dt

� DtaðDtÞ2 þ 2w0

aDt � 2 Dj

a¼ 0

Dt1, 2 ¼ �w0

a�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw0

a

� �2þ 2 Dj

a

rDt ¼ f ðw0,a,DjÞ

Aufgaben Nr. 486–493

4 Dynamik184

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Tabelle 4.3 Gleichmaßig beschleunigte KreisbewegungDie Gleichungen dieser Tabelle gelten in Verbindungmit den Bezeichnungen der nebenstehendenw, t-Diagramme.

Einheiten

0 t

v

vtv-

Linie

Δt

Δϕ =

vt tΔ2

Beschleunigte Kreis-bewegung ohneAnfangsgeschwindig-keit (w0 ¼ 0)

v

vt

v-Linie

Δt

Δϕ =

v v0 t+2

Δt

0 t

Δvv 0

Beschleunigte Kreis-bewegung mitAnfangsgeschwindig-keit (w0 6¼ 0)

Winkelbeschleunigung a(Definition)

a ¼ Winkelgeschwindigkeitszunahme Dw

Zeitabschnitt Dtin

rad

s2

Winkelbeschleunigung a(bei w0 ¼ 0) a ¼ wt

Dt¼ wt

2

2 Dj¼ 2 Dj

ðDtÞ2

Winkelbeschleunigung a(bei w0 6¼ 0) a ¼ wt � w0

Dt¼ wt

2 � w02

2 Dj

Tangentialbeschleunigung aT aT ¼ ar ¼ Dw

Dtr ¼ Dvu

Dt

Endwinkelgeschwindigkeit wt

(bei w0 ¼ 0)wt ¼ a Dt ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2a Dj

p

Endwinkelgeschwindigkeit wt

(bei w0 6¼ 0)wt ¼ w0 þ Dw ¼ w0 þ a Dt

wt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw0

2 þ 2a Djp

Drehwinkel Dj(bei w0 ¼ 0) Dj ¼ wt Dt

2¼ aðDtÞ2

2¼ wt

2

2a

Drehwinkel Dj(bei w0 6¼ 0)

Dj ¼ w0 þ wt

2Dt ¼ w0 Dt þ aðDtÞ2

2

Dj ¼ wt2 � w0

2

2a

Zeitabschnitt Dt(bei w0 ¼ 0) Dt ¼ wt

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 Dj

a

r

Zeitabschnitt Dt(bei w0 6¼ 0) Dt ¼ wt � w0

a¼ �w0

a�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw0

a

� �2þ 2 Dj

a

r

Dj Dt w0, wt a r vu aT

rad srad

s

rad

s2m

m

s

m

s2

4.3 Gleichmaßig beschleunigte (verzogerte) Drehbewegung 185

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Tabelle 4.4 Gleichmaßig verzogerte KreisbewegungDie Gleichungen dieser Tabelle gelten in Verbindungmit den Bezeichnungen der nebenstehendenw, t-Diagramme.

Einheiten

v-Linie

Δt

Δϕ =

v0 Δt2

v 0

0 t

v

Verzogerte Kreis-bewegung ohneEndgeschwindig-keit (wt ¼ 0)

v-Linie

Δt

Δϕ =

v v0 t+2

Δt

v 0

v t

v

0 t

Δv

Verzogerte Kreis-bewegung mitEndgeschwindig-keit (wt 6¼ 0)

Winkelverzogerung a(Definition)

a ¼ Winkelgeschwindigkeitsabnahme Dw

Zeitabschnitt Dtin

rad

s2

Winkelverzogerung a(bei wt ¼ 0) a ¼ w0

Dt¼ w0

2

2 Dj¼ 2 Dj

ðDtÞ2

Winkelverzogerung a(bei wt 6¼ 0) a ¼ w0 � wt

Dt¼ w0

2 � wt2

2 Dj

Tangentialverzogerung aTaT ¼ ar ¼ Dw

Dtr ¼ Dvu

Dt

Anfangswinkelgeschwindigkeit w0

(bei wt ¼ 0)w0 ¼ a Dt ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2a Dj

p

Endwinkelgeschwindigkeit wt

wt ¼ w0 � Dw ¼ w0 � a Dt

wt ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw0

2 � 2a Djp

Drehwinkel Dj(bei wt ¼ 0) Dj ¼ w0 Dt

2¼ aðDtÞ2

2¼ w0

2

2a

Drehwinkel Dj(bei wt 6¼ 0)

Dj ¼ w0 þ wt

2Dt ¼ w0 Dt � aðDtÞ2

2

Dj ¼ w02 � wt

2

2a

Zeitabschnitt Dt(bei wt ¼ 0) Dt ¼ w0

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 Dj

a

r

Zeitabschnitt Dt(bei wt 6¼ 0) Dt ¼ w0 � wt

a¼ w0

a�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw0

a

� �2� 2 Dj

a

r

Dj Dt w0, wt a r vu aT

rad srad

s

rad

s2m

m

s

m

s2

4 Dynamik186

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4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation)

4.4.1 Das Tragheitsgesetz (Beharrungsgesetz), erstes Newton’sches Axiom

Nach den Gesetzen des freien Falls und der Be-wegung der Korper auf der schiefen Ebene fandGalilei das Tragheits- oder Beharrungsgesetz, dasspater von Newton formuliert wurde:

Galileo Galilei, ital. Mathematiker undPhysiker, 1564––1642.Isaac Newton, engl. Physiker, Begrunder derMechanik, 1642–1726

Jeder Korper beharrt im Zustand der Ruhe(v ¼ 0) oder der gleichformigen geradlinigenBewegung (v ¼ konstant), solange keine resul-tierende Kraft auf ihn einwirkt.Diese Korpereigenschaft heißt Tragheit oderBeharrungsvermogen.

Beachte:

Auch die Umkehrung gilt:

Wirkt keine resultierende Kraft, dann ist auchv ¼ 0 oder v ¼ konstant.

Ruhezustand und gleichformig geradlinigeBewegung sind gleichwertig. In beiden Fal-len wirkt keine resultierende Kraft (Betonungauf „resultierende“ Kraft).

Galilei leitete das Tragheitsgesetz gedanklich vonseinen Erkenntnissen bei den Bewegungsvorgan-gen auf der schiefen Ebene ab:

Aus der Hohe h rollt der Korper K von A nach Oreibungsfrei herab. Bei O angekommen, hat er einebestimmte Geschwindigkeit (v ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

p). Leitet

man den Korper von O aus auf die verschieden ge-neigten Bahnen OB oder OC, so wird er wiedergenau bis zur Hohe h emporsteigen.

Tragheitsgesetz

Bleibt der Korper jedoch auf der horizontalenBahn OD, wirkt jetzt keine zur Bahn paralleleKomponente der Gewichtskraft auf ihn. Dann istSF ¼ 0, d. h. die Gewichtskraft FG ist gleich derStutzkraft FN (Normalkraft). Wegen SF ¼ 0 unddamit Fres ¼ 0 muss der Korper mit konstanterGeschwindigkeit v auf seiner horizontalen Bahngeradlinig in Bewegung bleiben.

Beachte: Ist die Summe aller Krafte gleichnull (SF ¼ 0), dann heißt das auch, dass kei-ne resultierende Kraftwirkung vorhanden ist,also Fres ¼ 0.

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 187

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Die Zustande „Ruhe“ und „gleichformig gerad-linige Bewegung“ heißen auch „Gleichgewichts-zustande“ des Korpers, weil keine resultierendeKraft auf den Korper wirkt:

Ein Korper befindet sich dann im Gleichge-wicht, wenn die Summe aller an ihm angreifen-den außeren Krafte gleich null ist (SF ¼ 0).

Beispiel:

Ein Korper, der mit v ¼ konstant eine schiefeEbene abwarts gleitet, ist genauso „imGleichgewicht“ wie der auf horizontalerEbene ruhende Korper:

Man kann den vorstehenden Satz auch umkehrenund sagen:

Es wirkt immer dann eine resultierende KraftFres auf einen Korper, wenn sich sein Bewe-gungszustand (Ruhe oder gleichformig gerad-linige Bewegung) andert:Die resultierende Kraft Fres ist die Ursachejeder Bewegungsanderung (nach Betrag undRichtung).

Eine Bewegungsanderung liegt nicht nurdann vor, wenn sich der Betrag der Ge-schwindigkeit andert (v 6¼ konstant), sondernauch dann, wenn sich ihre Richtung andert,wie bei der gleichformigen Bewegung einesKorpers auf der Kreisbahn (siehe Fliehkraft4.9.7, Seite 241).

Man findet auf der Erde keine Moglichkeit, einen Korper ohne außere Kraftwirkung in gleich-formiger Bewegung zu halten, weil niemals die Reibungswiderstande der Bewegung (Unter-lage, Wasser, Luft) ausgeschaltet werden konnen. Dadurch kommt jeder Korper, der sichbewegt, fruher oder spater zur Ruhe, wenn die Triebkraft fehlt, z. B. auch eine Stahlkugel, dieuber die Eisflache eines Sees gestoßen wird. Rollwiderstand und Luftreibung ergeben hier einebewegungsandernde resultierende Kraftwirkung, durch die die Kugel verzogert wird.

4.4.2 Masse, Gewichtskraft und Dichte

Aus der Erfahrung weiß man, dass der Tragheits-widerstand eines Korpers umso großer ist, je mehrMaterie er enthalt. Umso großer muss auch dieresultierende Kraft Fres sein, wenn sein Bewe-gungszustand geandert werden soll.

Beispiel:

Das Beschleunigen (oder Abbremsen) einesGuterwagens erfordert eine erheblich großereresultierendeKraft als die gleicheBewegungs-anderung eines Fahrrades.

Gleiche Bewegungsanderung heißt hiergleiche Beschleunigung a.

4 Dynamik188

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Als ein Maß fur die Menge an Materie (z. B. Luft-menge, Wassermenge, Stahlmenge) wurde dieMasse m eingefuhrt. Sie ist damit auch zugleichein Maß fur die Tragkeit des Korpers.

Die gesetzliche und internationale Einheit derMasse m ist das Kilogramm (kg).1 Gramm (g) ¼ 10�3 kg; 1000 g ¼ 1 kg1 Tonne (t) ¼ 103 kg; 1000 kg ¼ 1 t

Beachte:

Viel Materie ¼ große Masse m ¼ großeTragheit.

Wenig Materie ¼ kleine Masse m ¼ kleineTragheit.

Die Masse kann durchWagung mit der Hebel-waage gemessen werden. Als gesetzliche Ba-siseinheit wurde dazu das Kilogramm (kg)eingefuhrt, dessen internationaler Kilo-gramm-Prototyp (ein Platin-Iridiumzylinder)im Internationalen Buro fur Maße undGewichte in Sevres bei Paris aufbewahrt wird.

Jeder Korper auf der Erde oder auf einem anderenPlaneten unterliegt der Schwerkraft (Massenanzie-hungskraft). Diese Kraft nennt man Gewichtskraft(Formelzeichen: FG). Sie kann mit der Federwaageam frei aufgehangten Korper gemessen werden.

In DIN 1304 (Allgemeine Formelzeichen)wird FG als Formelzeichen fur die Gewichts-kraft empfohlen.

Die Masse m eines Korpers und seine Gewichts-kraft FG sind zwei physikalische Großen verschie-dener Art, man darf sie nicht miteinander ver-wechseln. Daher sollen beide Großen noch klarervoneinander abgegrenzt werden:

Ein Korper hat viele physikalische Eigen-schaften. Sie werden durch Großen ver-schiedener Art beschrieben, z. B. die Tem-peratur T, die Warmeleitfahigkeit l, und auchdie Masse m und die Gewichtskraft FG.

Ein z. B. 1-kg-Wagestuck (man sollte nicht Ge-wichtsstuck sagen) behalt uberall auf der Erde ––auch auf anderen Planeten –– seine Materiemengeund damit auch die gleiche Tragheit.

Dagegen andert sich die Gewichtskraft FG desWagestuckes von der Masse m ¼ 1 kg bei jedemOrtswechsel. Das liegt an der Fallbeschleuni-gung g, die sich mit dem Ort andert.

Die Gewichtskraft FG andert sich mit demOrt, die Masse m dagegen bleibt uberalldieselbe.

Beispielsweise ist die Gewichtskraft des Kilo-grammstucks auf der Sonnenoberflache etwa28mal so groß wie auf der Erde, wahrend sie aufdem Mond nur etwa 1/6 der Erd-Gewichtskraftbetragt.

Hinweis: Den formalen Zusammenhangzwischen Masse m, Gewichtskraft FG undFallbeschleunigung g zeigt das dynamischeGrundgesetz fur Gewichtskrafte auf Seite191 unten.

Auch auf der Erde selbst bleibt die Gewichts-kraft FG eines Korpers nicht uberall gleich groß,weil sich die Fallbeschleunigung g bis zu 0,5%andert, wenn man sie einmal an den Polen undzum anderen am �quator misst. Zu internationalenVergleichen hat man eine Normfallbeschleunigunggn festgelegt. Die zur Normfallbeschleunigunggehorende Gewichtskraft heißt Normgewichts-kraft FGn.

Beispiele:

Normfallbeschleunigung (internationalfestgelegt):

gn ¼ 9,80665 m/s2

Fallbeschleunigung in �quatornahe

ga ¼ 9,78049 m/s2

Fallbeschleunigung in Polnahe

gp ¼ 9,83221 m/s2

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 189

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Die Masse m eines Korpers ist eine unverander-liche Große, sie wird in kg gemessen. DieMasse ist ein Skalar.Die Gewichtskraft FG eines Korpers ist einevom Ort abhangige Große, sie wird in Newton(N) gemessen (siehe 4.4.4, Seite 192).Die Gewichtskraft ist (wie jede Kraft) einVektor.

Beispiel:

Fur einen Korper von der Masse m ¼ 1 kg(z. B. das 1-kg-Wagestuck) wird mit derFederwaage die Gewichtskraft FG ¼ 9,81 Nfestgestellt:

In Erdnahe verhalten sich die Zahlenwerteder Masse m in kg und der Gewichtskraft FG

in N etwa wie 1:10.

Beachte:Masse m und Gewichtskraft FG sindGroßen verschiedener Art.

Die Aussage von der Unveranderlichkeit der Mas-se m eines Korpers gilt uneingeschrankt nur in derklassischen Mechanik. Das ist der Bereich furGeschwindigkeiten v, die wesentlich kleiner sindals die Lichtgeschwindigkeit c ¼ 300 000 km/s.

In der relativistischen Mechanik mit Geschwindig-keiten v in der Großenordnung der Lichtgeschwin-digkeit c ist die Masse m eines Korpers abhangigvom Geschwindigkeitsverhaltnis v/c. Solche Falletreten in der Technik nicht auf.

Die relativistische Mechanik geht auf Ein-steins Relativitatstheorie zuruck. Hier gilt furdie Masse m eines Korpers:

m ¼ m0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� v

c

� �2r m0 Ruhemasse

v Geschwindigkeitdes Korpers

c Lichtgeschwindig-keit

Beispiel: Fur einen Korper mit der Massem ¼ 1000 kg und der Geschwindigkeitv ¼ 0,9 � c wird die Masse

m ¼ m0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� 0,9 � c

c

� �2s ¼ 1000 kg

0,436¼ 2294 kg

Die Dichte r einer Materie ist der Quotient aus derMasse m und dem zugehorigen Volumen V.

Die Einheit der Dichte ist daher auch der Quotientaus einer Masseneinheit und einer Volumenein-heit.

Neben der Einheit kg/m3 sind fur die Dichte auchalle Einheiten zulassig, die als Quotient aus einerzulassigen Masseneinheit und einer zulassigenVolumeneinheit gebildet werden.

Dichte r ¼ Masse m

Volumen V

r ¼ m

V

Beispiele:kg

dm3;kg

cm3;

g

cm3

4.4.3 Das dynamische Grundgesetz,zweites Newton’sches Axiom

Nach dem Tragheitsgesetz wird ein Korper dannbeschleunigt, verzogert oder zu einer Richtungs-anderung gezwungen, wenn auf ihn eine resultie-rende Kraft Fres wirkt, d. h. wenn sich bei derzeichnerischen oder rechnerischen Zusammenfas-sung aller außeren Krafte (Kraftereduktion) eineresultierende Kraft Fres ergibt.

Lageskizze Krafteplan

Der Korper wird durch Fres ¼ Fz � FR

(Zugkraft minus Reibungskraft) in horizon-taler Richtung beschleunigt.

r m V

kg

m3 kg m3

4 Dynamik190

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Newton entdeckte, dass der Betrag der resultieren-den Kraft Fres von der Masse m des Korpers undvon der Beschleunigung a (oder Verzogerung a)abhangt. Jeder Versuch bestatigt dieses wichtigsteGesetz der Dynamik:

Die drei Newton’schen Axiome:

Tragheitsgesetz, Dynamisches Grundgesetz,Wechselwirkungsgesetz (actio gleichreactio).

Die auf einen Korper von der Masse m einwir-kende konstante resultierende Kraft Fres istgleich dem Produkt aus der Masse m und derBeschleunigung (Verzogerung) a des Korpers.

resultierendeKraft Fres

¼ Masse m � Beschleuni-gung a

Fres ¼ ma

DynamischesGrundgesetz

Die Krafteinheit N (Newton) wird im folgen-den Abschnitt 4.4.4 erlautert.

Man erkennt, dass das Tragheitsgesetz (erstesNewton’sches Axiom) im dynamischen Grund-gesetz enthalten ist, denn fur Fres ¼ 0 ist aucha ¼ 0, d. h. der Korper wird weder beschleunigtnoch verzogert.

Hinweis: Ist ein Produkt gleich null, dannmuss einer der Faktoren null sein; beiFres ¼ ma ¼ 0 kann nur a ¼ 0 sein, weilm ¼ 0 nicht moglich ist.

Bei a ¼ 0 ruht der Korper oder er bewegtsich geradlinig gleichformig (v ¼ konstant).Beide Zustande sind gleichwertig.

Der frei fallende Korper wird mit der Fallbeschleu-nigung g in Richtung Erdmittelpunkt beschleunigt(beim senkrechten Wurf entsprechend verzogert).Die auf den Korper einwirkende resultierendeKraft ist die Gewichtskraft FG ¼ Fres. Damit kanndie Gewichtskraft FG eines Korpers aus seinerMasse m (auf der Hebelwaage gewogen) und derortlichen Fallbeschleunigung g bestimmt werden.

Vielfach kann man mit g ¼ 10 m/s2 rechnen. Indiesem Buch und in der Aufgabensammlungwurde mit g ¼ 9,81 m/s2 gerechnet.

Fur Fres wird die Gewichtskraft FG und furdie Beschleunigung a die Fallbeschleunigungg in das dynamische Grundgesetz eingesetzt:

Gewichts-kraft FG

¼ Masse m � Fallbeschleuni-gung g

FG ¼ mg

DynamischesGrundgesetzfur Gewichtskrafte

Die Normgewichtskraft FGn ist das Produkt ausder Masse m und der Normfallbeschleunigung gn(siehe Seite 189).

FGn ¼ mgn Normgewichtskraft

FG m g

N ¼ kg m

s2kg

m

s2

Fres m a

N ¼ kg m

s2kg

m

s2

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 191

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4.4.4 Die gesetzliche und internationale Einheit fur die Kraft

Die Einheit einer physikalischen Große erhalt manimmer uber die Definitionsgleichung fur die jewei-lige Große. Fur die Kraft F ist die Defini-tionsgleichung das dynamische GrundgesetzFres ¼ ma. Die Einheit der Masse m ist gesetzlichund international als die Basiseinheit „Kilogrammkg“ festgelegt worden. Die Einheit fur die Be-schleunigung a liegt ebenfalls mit „Meter jeSekundequadrat m/s2“ fest. Also muss die Kraft-einheit das Produkt dieser beiden Einheiten sein:

ðFÞ ¼ ðmÞ � ðaÞðFÞ ¼ kg � m

s2¼ kg m s�2 ¼ Newton ðNÞ

1 N ¼ 1kg m

s2¼ 1 kg m s�2

Die Form kg m s�2 wird als „Potenzproduktvon Basiseinheiten“ bezeichnet, hier derBasiseinheiten kg, m, s (Kilogramm, Meter,Sekunde).

1 Newton (N) ist diejenige resultierende Kraft,die einem Korper von der Masse m ¼ 1 kg dieBeschleunigung a ¼ 1 m/s2 erteilt.

Zur Veranschaulichung:

Hangt man eine 100-g-Tafel Schokolade aneinem Faden auf, dann betragt die Zugkraftim Faden etwa 1 Newton.

Als Krafteinheit ist das Newton naturlichauch die Einheit der Gewichtskraft FG.

4.4.5 �bungen zum dynamischen Grundgesetz

1. �bung: Ein Mann stellt sich auf die Waage.Der Zeiger bleibt bei 75 kg stehen. Welche physi-kalische Bedeutung hat diese Anzeige?

Der Mann besitzt die Masse m ¼ 75 kg unddamit die Normgewichtskraft:

FGn ¼ mgn ¼ 75 kg � 9,80665 m

s2

FGn ¼ 735,5kg m

s2¼ 735,5 N

2. �bung: An einem Kranhaken hangt ein Korpervon der Masse m ¼ 2000 kg. Er soll beim Hebenmit 0,3 m/s2 beschleunigt werden. Welche Zug-kraft Fz hat das Seil aufzunehmen?

Gegeben: m ¼ 2000 kg

a ¼ 0,3m

s2

g ¼ 9,81m

s2

Gesucht: Seilkraft Fz

Losung: Man zeichnet die Lageskizze (Korperfreigemacht). Beschleunigung a und Geschwindig-keit v werden in Klammern eingetragen, um siedeutlich von den Kraften zu unterscheiden. Dannzeichnet man die Krafteskizze. Aus der Statik istbekannt, dass die Resultierende vom Anfangs-punkt A zum Endpunkt E der außeren Krafte zeigt(statischer Teil der Aufgabe):

1. Schritt

Lageskizze Krafteskizze

Im ersten Schritt verschafft man sich am freige-machten Korper Klarheit uber den Richtungs-sinn der resultierenden Kraft Fres.

Hinweis: Als positiven Richtungssinn legtman den Richtungssinn von Fres fest, weildann a immer positiv wird:

Fres ¼ Fz � FG ¼ Fz � mg

4 Dynamik192

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Nachdem man die Beziehung fur die resultierendeKraft Fres gefunden hat, setzt man sie in die Glei-chung fur das dynamische Grundgesetz ein (kineti-scher Teil der Aufgabe):

2. Schritt

Im zweiten Schritt setzt man Fres mit demProdukt ma gleich; bei mehreren Teilkorperngleicher Beschleunigung muss die Gesamt-masse mges eingesetzt werden.

Fres ¼ Fz � mg ¼ ma

In manchen Aufgaben ist die Beschleunigung anicht direkt gegeben, sondern muss erst aus ande-ren Großen bestimmt werden (kinematischer Teilder Aufgabe):

3. Schritt

Im dritten Schritt ermittelt man nach 4.1.5 (Sei-te 152) eine Beziehung fur die Beschleunigunga, wenn sie nicht schon gegeben ist.

In der vorliegenden Aufgabe ist die Be-schleunigung a ¼ 0,3 m/s2 schon bekannt.

Zum Schluss braucht man nur noch alle statischen,kinetischen und kinematischen Losungsansatzealgebraisch auszuwerten:

Im vierten Schritt bestimmt man aus den ent-wickelten Gleichungen die unbekannten Gro-ßen nach den mathematischen Gesetzen.

Fres ¼ ma ¼ Fz � mg4. Schritt

Fz ¼ maþ mg ¼ mðaþ gÞFz ¼ 2000 kg � 0,3

m

s2þ 9,81

m

s2

� �Fz ¼ 20 220

kg m

s2¼ 20,22 kN

3. �bung: Ein Kraftfahrzeug von der Massem ¼ 1000 kg soll auf horizontaler Bahn auf einerStrecke von 100 m bis zum Stillstand abgebremstwerden. Die Geschwindigkeit betragt 72 km/h, derFahrwiderstand (Summe aller Reibungswider-stande) des Fahrzeugs betragt Fw ¼ 500 N.

Zu bestimmen ist die Bremskraft Fb.

Gegeben: m ¼ 1000 kgDs ¼ 100 m

v ¼ 72km

h¼ 72

3,6

m

s¼ 20

m

sFw ¼ 500 N

Gesucht: Fb (Bremskraft)

Losung: Man fertigt als Erstes wieder die Skizzedes freigemachten Korpers an (Lageskizze):Gewichtskraft FG und Normalkraft FN wirken iny-Richtung (SFy ¼ 0). In x-Richtung werdenBremskraft Fb und Fahrwiderstand Fw nach linkswirkend eingetragen. Man nimmt an, dass sich dasFahrzeug von links nach rechts bewegt. Die Ver-zogerung a ist dann nach links gerichtet, ebensowie die resultierende Kraft Fres, die sich nach derKrafteskizze als Summe von Fb und Fw ergebenmuss (SFx 6¼ 0). Das Ergebnis des ersten Schrittesist also Fres ¼ Fb þ Fw.

1. Schritt

Lageskizze Krafteskizze (zwei Mog-lichkeiten gezeichnet)

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 193

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Im zweiten Schritt wird wieder Fres und das Pro-dukt ma gleichgesetzt.

Fres ¼ Fb þ Fw ¼ ma2. Schritt

Im dritten Schritt hat man hier die Beschleunigunga zu bestimmen (kinematischer Losungsteil). Dazuwird der schon bekannte Losungsplan nach 4.1.5,Seite 152 benutzt, der hier verkurzt wiedergegebenwird: v; t-Diagramm, Grundgleichung, Wegglei-chung, Auswertung der Gleichungen (a ¼v2=2 Ds). Es kann die gefundene Gleichung fur ain die weitere Rechnung ubernommen werdenoder es wird der Betrag berechnet.

a ¼ Dv

Dt¼ v

Dt) Dt ¼ v

a3. Schritt

Ds ¼ v Dt

vv

a2

¼ v 2

2a

a ¼ v 2

2 Ds¼

20m

s

� �2

2 � 100 m¼ 2

m

s2

Δt0 t

v

Δv=v

A = sΔ

Im letzten Schritt wertet man die entwickeltenGleichungen aus und stellt die Gleichung

Fb ¼ f ðm, v,Ds,FwÞ auf, mit der man dann nochden Betrag der Bremskraft berechnet.

Vor dem Rechnen sollte immer wieder gepruftwerden, ob die Einheiten „stimmen“: Da rechtsvom Gleichheitszeichen zwei Glieder stehen, mus-sen beide die gleiche Einheit fuhren. Das ersteGlied hat die Einheit kg m/s2 ¼ N, die gleiche Ein-heit wie das zweite Glied.

Fb þ Fw ¼ ma4. Schritt

Fb þ Fw ¼ mv2

2 Ds

Fb ¼ mv 2

2 Ds� Fw

Fb ¼ f ðm, v,Ds,FwÞ

Fb ¼1000 kg � 400 m2

s2

2 � 100 m� 500 N ¼ 1500 N

4.4.6 Prinzip von d’Alembert

Das d’Alembert’sche Prinzip fuhrt zu einemLosungsverfahren fur Dynamikaufgaben, das diemeisten Techniker dem Ansatz des dynamischenGrundgesetzes vorziehen, weil es auch komplizier-teste Aufgaben durchsichtig macht.

d’Alembert, franzosischer Gelehrter,1717–1783.

Beachte: Auch das Prinzip von d’Alembertberuht auf dem dynamischen Grundgesetz.

Der Grundgedanke des d’Alembert’schen Prinzipsist leicht zu erfassen, wenn noch einmal die Kraf-teskizzen zu den beiden letzten �bungen betrach-tet werden. In beiden Fallen erhalt man soforteinen geschlossenen Kraftezug, wenn man nur denRichtungssinn der resultierenden Kraft Fres um-kehrt. Das ist der Kunstgriff, der die Moglichkeitschafft, die zeichnerischen und rechnerischenGleichgewichtsbedingungen auf Dynamikaufga-ben anzuwenden. Kurz gesagt: Aus der Dynamik-aufgabe wird eine Statikaufgabe gemacht. Manmochte nun noch nachweisen, dass der Richtungs-sinn von Fres umgekehrt werden darf und welcheBedeutung das hat.

a) Krafteplane zum dynamischen Grund-gesetz

b) Krafteplane zum d’Alembert’schen Prinzip(geschlossen)

4 Dynamik194

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Nach dem dynamischen Grundgesetz wird jederKorper in Pfeilrichtung der resultierenden Kraftbeschleunigt. Fres ist also ausschließlich dazu er-forderlich, die dem Korper innewohnende Tragheitzu uberwinden. Die Tragheit außert sich als eineKraft, die sich der Beschleunigung widersetzt.Diese Tragheitskraft T ist immer genauso groß wieFres, aber von entgegengesetztem Richtungssinn.Wachst Fres (Beschleunigung a wird großer), dannwachst in gleichem Maß auch die Tragheitskraft T,denn Fres ist nur deshalb aufzubringen, weil T vor-handen ist und umgekehrt.

Hinweis: Man wahlt fur die Tragheitskraftdas Zeichen T, weil es sich nicht um eineaußere Kraft handelt: Der Korper bringt sie„aus sich heraus“ hervor.

Die Tragheitskraft Twird durch die Masse mdes Korpers hervorgerufen, daher wird sieimmer im Korperschwerpunkt S angetragen.

Weil beide Krafte Fres und T immer gleich großsind, auf gleicher Wirklinie liegen und entgegen-gesetzten Richtungssinn haben, muss ihre geo-metrische Summe gleich null sein.

Fres � T ¼ 0

Da der Betrag von Fres nach dem dynamischenGrundgesetz gleich ma ist, darf man auch fur dieTragheitskraft T ¼ ma setzen.

Tragheitskraft T ¼ ma

Resultierende Kraft Fres und Beschleunigung a(Verzogerung) haben immer gleichen Richtungs-sinn. Die Tragheitskraft T wirkt der resultierendenKraft Fres entgegen. Folglich gilt auch:

Die Tragheitskraft T ist immer der Beschleuni-gung a (oder Verzogerung a) entgegengesetztgerichtet.

Ist der Richtungssinn der Beschleunigung a(Verzogerung) bekannt, kennt man auch denRichtungssinn von T ¼ ma: entgegengesetztzu a.

Werden jetzt noch einmal die beiden Krafteplanebetrachtet, dann erkennt man mit d’Alembert:

Wird ein Korper beschleunigt (verzogert), sokann man durch Einfuhrung der TragheitskraftT ¼ ma fur den Korper die statischen Gleich-gewichtsbedingungen ansetzen, um damit un-bekannte Großen zu bestimmen.

Beachte:Mit Hilfe des Prinzips von d’Alem-bert wird aus einer „Ungleichgewichtsauf-gabe“ eine „Gleichgewichtsaufgabe“, dienach den Gesetzen der Statik zeichnerischoder rechnerisch gelost werden kann.

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 195

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4.4.7 Arbeitsplan zum Prinzip von d’Alembert

Wie beim Losen von Aufgaben nach dem dynamischen Grundgesetz kann es erforderlich sein,zusatzlich nach dem Losungsplan 4.1.5 (Seite 152) die Beschleunigung (Verzogerung) a zubestimmen.

Aufgaben Nr. 495–514

4.4.8 �bungen zum Prinzip von d’Alembert

1. �bung: Wie groß muss die Anzugskraft F desLastseiles sein, wenn eine Last von der Massem ¼ 1000 kg mit der Beschleunigung a ¼ 1,6 m/s2

nach oben befordert werden soll?

Gegeben: m ¼ 1000 kg

a ¼ 1,6m

s2

g ¼ 9,81m

s2

Gesucht: F ¼ f ðm, a, gÞ

Losung: Am Lastschwerpunkt greifen zwei auße-re Krafte an: Die Anzugskraft F im Seil und dieGewichtskraft FG.

Im zweiten und dritten Schritt hat man nur daraufzu achten, dass Tragheitskraft T und Beschleuni-gung a immer entgegengesetzten Richtungssinnerhalten.

1. Schritt

2. Schritt

3. Schritt

Im vierten Schritt konnen entweder die statischenGleichgewichtsbedingungen ansetzt werden, hieralso SFy ¼ 0, oder es wird das geschlosseneKrafteck zur zeichnerischen Losung entwickelt.Hier wird die Funktionsgleichung F ¼ f ðm, a, gÞaus der rechnerischen GleichgewichtsbedingungSFy ¼ 0 gewonnen und die zeichnerische Losungskizziert.

4. Schritt

SFy ¼ 0 ¼ F � FG � T

F � FG � T ¼ 0

F � mg� ma ¼ 0

F ¼ mðgþ aÞF ¼ f ðm, a, gÞF ¼ 1000 kgð9,81þ 1,6Þ m

s2¼ 11,41 kN

Korper freimachen (Lageskizze) 1. Schritt

Beschleunigungsrichtung eintragen 2. Schritt

Tragheitskraft T ¼ ma entgegengesetzt zum Richtungssinn der Beschleuni-gung eintragen (im Schwerpunkt angreifend)

3. Schritt

Gleichgewichtsbedingungen der Statik unter Einschluss der Tragheitskraft Tansetzen oder zeichnerische Verfahren anwenden

4. Schritt

4 Dynamik196

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Lehrbeispiel: Prinzip von d’Alembert

Aufgabenstellung:

Ein Lkw fahrt mit v ¼ 60 km/h. Er ist mit einemKessel beladen, der nur gegen seitliches Rollengesichert ist. Reibungszahlen zwischen Kesselund Lkw: m0 ¼ 0,3; m ¼ 0,25Masse des Kessels m ¼ 8000 kg.

a) Welcher kurzeste Bremsweg ist moglich, ohne dass die Last ins Rutschen kommt?

Losung:

Soll kein Rutschen auftreten, so muss unter Berucksichtigung der Trag-heitskraft T sein:

SFy ¼ 0 ¼ FN � FG FN ¼ FGSFx ¼ 0 ¼ �FR0 max þ T FR0 max ¼ T ¼ maFR0max ¼ FNm0 ¼ FGm0 ¼ mgm0

a ¼ FR0 max

m¼ mgm0

m¼ m0g ¼ 0,3 � 9,81 m

s2¼ 2,943

ms2

Dem Weg Ds entspricht im v, t-Diagramm eine Dreieckflache. Damit erhaltman die Weggleichung Ds ¼ v Dt=2, in die aus der Grundgleichung fur denZeitabschnitt Dt ¼ v=a eingesetzt wird :

Lageskizze

Ds ¼ v Dt2

a ¼ vDt

) Dt ¼ vaeingesetzt

a ¼ DvDt

¼ vDt

Ds ¼vva2

¼ v2

2a

Ds ¼ v Dt2

Ds ¼603,6

ms

� �2

2 � 2,943 ms2

¼ 47,193 m

Der Bremsweg darf nicht kleiner als 47,193 m sein.

b) Der Lkw wird gleichmaßig gebremst und kommt nach 25 m zum Stehen. Wie groß ist die Kraft F, dieder Kessel auf die Stirnwand ausubt?

Losung: a ¼ vDt

Ds ¼ v Dt2

) Dt ¼ 2 Dsv

eingesetzt

a ¼ v2

2 Ds¼

603,6

ms

� �2

2 � 25 m¼ 5,556

ms2

SFy ¼ 0 ¼ FN � FG FN ¼ FG ¼ mg

SFx ¼ 0 ¼ T � F � FRF ¼ T � FR ¼ ma � FNm

F ¼ ma �mgm ¼ mða � gmÞF ¼ 8000 kg ð5,556 � 9,81 � 0,25Þ m

s2 ¼ 24 828kg ms2

F ¼ 24 824 N � 24,8 kN

Lageskizze Die Kraft auf die Stirnwand betragt 24,8 kN.

(a )

T = ma

F = mgG

F = FR0 max N 0m FN

v

t�t

v

A = Weg s�

(a )

FT = ma

F = mgG

F = FR N m FN

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 197

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2. �bung: Auf einer schiefen Ebene mit demNeigungswinkel a ¼ 30� zur Horizontalen liegtein Korper von der Masse m1. �ber Seil und Rolleist er mit einem zweiten Korper von der Massem2 ¼ 1,5m1 verbunden. Die Reibungszahl betragtm ¼ 0,2. Rolle und Seil sind masselos und rei-bungsfrei gedacht.

Gegeben: m1

m2 ¼ 1,5m1

a ¼ 30�

m ¼ 0,2

g ¼ 9,81m

s2

Mit welcher Beschleunigung a bewegen sich diebeiden Korper?

Gesucht: a ¼ f ðm, m,a, gÞ

Losung: Man schneidet das Seil gedanklich durchund fertigt fur beide Korper die Lageskizze an. DaSeil und Rolle masselos und reibungsfrei seinsollen, muss die Seilkraft F an jeder Stelle desSeils gleich groß sein; man braucht also nichtzwischen F1 und F2 zu unterscheiden.

1.–3. Schritt

Lageskizze Lageskizzefur Korper 1 fur Korper 2

Aus der zweiten GleichgewichtsbedingungSFy ¼ 0 fur Korper 1 folgt FN ¼ FG1 cos a.Diesen Ausdruck braucht man fur die Reibungs-kraft FR ¼ FNm ¼ FG1 cos am in der Gleichge-wichtsbedingung SFx ¼ 0, die nach F auflostwird. Fur FG1 setzt man m1g ein, fur die Tragheits-kraft T1 ¼ m1a.

4. Schritt

SFx ¼ 0 ¼ F � FR � FG1 sin a� T1

SFy ¼ 0 ¼ FN � FG1 cos a ) FN ¼ FG1 cos a

F ¼ FR þ FG1 sin aþ T1 ¼ FN mþ FG1 sin aþ T1

F ¼ FG1 cos amþ FG1 sin aþ T1

F ¼ m1gm cos aþ m1g sin aþ m1a

F ¼ m1ðgm cos aþ g sin aþ aÞ

Fur den Korper 2 ist nur die Gleichgewichtsbedin-gung SFy ¼ 0 anzusetzen. Daraus findet man einezweite Gleichung fur die Seilkraft F.

SFy ¼ 0 ¼ F þ T2 � FG2; T2 ¼ m2a

F ¼ m2 g� m2 a ¼ m2ðg� aÞ

Zum Schluss werden beide Gleichungen fur dieSeilkraft F einander gleich gesetzt. Als Verein-fachung bietet sich hier an, mit dem Verhaltnis derbeiden Massen zu arbeiten. Man setzt alsok ¼ m2/m1 und lost die Gleichung nach der ge-suchten Beschleunigung a auf.

m1ðgm cos aþ g sin aþ aÞ ¼ m2ðg� aÞm2

m1¼ gm cos aþ g sin aþ a

g� a¼ k

k g� k a ¼ gð m cos aþ sin aÞ þ a

að1þ kÞ ¼ gðk � m cos a� sin aÞ

a ¼ gk � m cos a� sin a

k þ 1

a ¼ f ðk, g, m,aÞ

4 Dynamik198

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Bei dem gegebenen Neigungswinkel von 30� er-gibt sich eine Beschleunigung a ¼ 3,244 m/s2.

a ¼ 9,81m

s2� 1,5� 0,2 � cos 30� � sin 30�

1,5þ 1

Verkleinert man den Neigungswinkel a, dannandert sich auch die Beschleunigung, und zwarmusste sie nach der Erfahrung großer werden.

Fur a ¼ 0 wurde z. B. sin a ¼ 0 und

m cos a ¼ 0,2 � 1 ¼ 0,2 und damit

a ¼ 1,3g=2,5 ¼ 5,101 m=s2.

a ¼ 3,244m

s2

Aufgaben dieser Art kann man auch losen, ohnedie beiden Korper voneinander zu trennen. Trotz-dem sollten vorher die Lageskizzen wie obenangefertigt werden, damit die Gewichtskraftkom-ponenten klar erkannt und tatsachlich alle Krafteerfasst werden.

a)

Man kann dabei nach Bild a) vorgehen und danachdie Gleichgewichtsbedingung SFx ¼ 0 ansetzen.Am einfachsten wird der Ansatz zur Losung, wennman beide Korper sofort zu einem zusammenfasst(mges ¼ 2,5m) Bild b). Das ist richtig, weil beideKorper der gleichen Beschleunigung unterliegen.Aber auch hier sollte man von den beiden Lage-skizzen der ersten Losung ausgehen, um klareVerhaltnisse zu schaffen. Das gilt vor allem furden richtigen Ansatz fur die ReibungskraftFR ¼ FNm, worin FN durch FG1 cos a ersetzt wer-den muss.

1.–3. Schritt

b)

Ansatz nach Lageskizze b): 4. Schritt

SFx ¼ 0 ¼ FG2 � T � FG1 sin a� FN m

FG1 ¼ mg; FG2 ¼ 1,5mg

FN ¼ FG1 cos a ¼ mg cos a

1,5mg� 2,5ma� mg sin a� mg cos am ¼ 0

1,5g� 2,5a� g sin a� gm cos a ¼ 0

2,5a ¼ gð1,5� m cos a� sin aÞ ¼ 0

a ¼ g

2,5ð1,5� m cos a� sin aÞ ¼ 3,244

m

s2

3. �bung: Ein Transportband soll die Last von derMasse m nach oben befordern. Das Band ist unterdem Winkel a ¼ 20� zur Waagerechten geneigt.Die Haftreibungszahl betragt m0 ¼ 0,4.

Gegeben: a ¼ 20�

m0 ¼ 0,4

g ¼ 9,81m

s2

Gesucht ist die hochstzulassige Bandbeschleuni-gung amax, bei der ein Rutschen der Last geradenoch vermieden wird.

Gesucht: amax ¼ f ða, m0, gÞ

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 199

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Losung: Die Lageskizze enthalt alle am Korperangreifenden Krafte einschließlich der Tragheits-kraft T ¼ mamax. Da der Korper nach rechts obenbeschleunigt wird, wirkt die Tragheitskraft T nachlinks unten. Die Haftreibungskraft FR0max nimmtden Korper nach oben mit. Sie muss also den ent-sprechenden Richtungssinn erhalten.

1.–3. Schritt

Lageskizze

Nach der Lageskizze werden die beiden Gleichge-wichtsbedingungen fur das zentrale Kraftesystemangesetzt. Aus SFy ¼ 0 findet man die Beziehungfur die Normalkraft FN, fur FG wird wie ublich dasProdukt aus Masse m und Fallbeschleunigung geingesetzt, ebenso fur T ¼ mamax. Damit erhaltman die gesuchte Gleichung und kann amax be-rechnen.

4. Schritt

SFx ¼ 0 ¼ FR0max � FG sin a� TSFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a ) FN ¼ FG cos aFR0max ¼ FN m0 ¼ FG cos am0 ¼ mgm0 cos a

SFx ¼ 0 ¼ mgm0 cos a� mg sin a� mamax

amax ¼ gðm0 cos a� sin aÞ amax ¼ 0,33m

s2

a ¼ f ða,m0, gÞ

Bisher wurden die Aufgaben mit Hilfe der rech-nerischen (analytischen) Gleichgewichtsbedingun-gen gelost. Naturlich kann diese Aufgabe auchtrigonometrisch gelost werden.

Man beginnt die Krafteckskizze mit FN undFR0max, die man zu Fe zusammensetzt, um damitdas geschlossene Krafteck aus Fe, T und FG zuzeichnen.

Krafteckskizze

Nun wird der Sinussatz angesetzt und dabei beach-tet, dass man fur sin ð90� � r0Þ den Funktions-wert cos r0 einsetzen kann.

Die Gewichtskraft FG wird durch FG ¼ mgausgedruckt, ebenso die Tragheitskraft T durchT ¼ mamax. Die Gleichung wird durch die Mas-se m dividiert und nach amax aufgelost.

T

sin ðr0 � aÞ ¼FG

sin ð90� � r0Þ¼ FG

cos r0

mamax

sin ðr0 � aÞ ¼mg

cos r0

: mamax ¼ g

sin ðr0 � aÞcos r0

amax ¼ 0,33m

s2

Die Rechnung fuhrt zum gleichen Ergebnis, ob-wohl die Gleichung eine andere Form besitzt. Eswird hier gezeigt, wie die erste Gleichung in diezweite uberfuhrt werden kann. Dazu ersetzt manzunachst die Haftreibungszahl m0 durch den Tan-gens des Reibungswinkels. Zur Vereinfachungschreibt man amax ¼ a.

amax ¼ f ða, r0, gÞa ¼ gðm0 cos a� sin aÞ

m0 ¼ tan r0 ¼sin r0cos r0

a ¼ gsin r0cos r0

cos a� sin a

� �

4 Dynamik200

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Die beiden Glieder in der Klammer bringt man aufden Hauptnenner cos r0 , indem sin a mit1 ¼ cos r0=cos r0 erweitert wird. Dadurch erhaltman uber dem Bruchstrich einen zweigliedrigenAusdruck, der nach den trigonometrischen Regelndurch sin ðr0 � aÞ ersetzt werden kann (sieheHandbuch Maschinenbau: Additionstheoreme,Summenformeln). Das Ziel ist erreicht.

a ¼ gsin r0cos r0

cos a� sin acos r0cos r0

� �a ¼ g

sin r0 cos a� cos r0 sin a

cos r0

a ¼ gsin ðr0 � aÞ

cos r0|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}zweite Form

¼ gðm0 cos a� sin aÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}erste Form

4.4.9 Impuls (Bewegungsgroße) und Impulserhaltungssatz

Es ist moglich das dynamische Grundgesetz ineine andere Form zu bringen. Dazu schreibt manfur die Beschleunigung a ¼ Dv=Dt und multipli-ziert die so entstandene Gleichung mit dem Zeit-abschnitt Dt. Diese Gleichung eignet sich beson-ders fur Aufgaben, in denen der (meist sehr kurze)Zeitabschnitt Dt eine Rolle spielt.

Fres ¼ ma a ¼ Dv

Dt

Fres ¼ mDv

Dt

� DtFres Dt ¼ m Dv Dt ¼ t2 � t1

Dv ¼ v2 � v1

Fres ðt2 � t1Þ|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}Dt

¼ m ðv2 � v1Þ|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}Dv

gilt furFres ¼ konstant

Das Produkt aus der resultierenden außeren KraftFres und dem Zeitabschnitt Dt heißt Kraftstoß.

Fres Dt Kraftstoß der resultierenden Kraft

Das Produkt aus der Masse m eines Korpers undseiner Geschwindigkeit v wird als Impuls oder Be-wegungsgroße bezeichnet:

mvImpuls (Bewegungsgroße) desKorpers

Die �nderung des Impulses eines Korpers istgleich dem Kraftstoß der resultierenden Kraftwahrend des betrachteten Zeitabschnitts Dt.Der Impuls ist ein Vektor.

Fres Dt ¼ mv2 � mv1

Ist die Resultierende Fres aller außeren Kraftegleich null (kraftefreies System), dann ist auch derKraftstoß Fres Dt gleich null:

Fres Dt ¼ mv2 � mv1 ¼ 0

Bei Fres ¼ 0 bleibt der Impuls eines Korpersunverandert (mv ¼ konstant).

mv2 ¼ mv1 ¼ konstant

Impulserhaltungssatz

Der Impulserhaltungssatz wird beim physika-lischen Vorgang „Stoß“ und in der Hydrodynamikangewendet (siehe 4.8, Seite 223).

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 201

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�bung: Ein Hobelmaschinentisch mit Werkstuckbesitzt die Masse m ¼ 14 700 kg. Er wird aus einerSchnittgeschwindigkeit von 80 m/min in 0,5 s biszum Stillstand gleichmaßig abgebremst.

Gegeben: m ¼ 14700 kg

v ¼ 80m

min¼ 80

60

m

s

Dt ¼ 0,5 s

Wie groß muss die Bremskraft Fb sein, wenn vonReibungskraften abgesehen wird?

Gesucht: Fb ¼ f ðm, v,DtÞ

Losung: Ohne Berucksichtigung der Reibungs-kraft ist Fres ¼ Fb. Da die Endgeschwindigkeitvt ¼ 0 sein soll, ist Dv ¼ v0 � vt ¼ v0 � 0 ¼v0 ¼ v, womit sich sofort die Gleichung fur dieBremskraft Fb ¼ f ðm, v,DtÞ ergibt.

Aufgaben Nr. 515–523

Fres ¼ Fb

Fb Dt ¼ m Dv Dv ¼ v

Fb ¼ mv

DtFb ¼

14,7 � 103 kg � 8060

m

s0,5 s

Fb ¼ f ðm, v,DtÞ Fb ¼ 39200 N

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad

4.5.1 Arbeit W einer konstanten Kraft F

Soll der skizzierte Wagen langs eines Weges s ge-zogen (oder geschoben) werden, muss dazu eineKraft F in Richtung des Weges wirken. Ihren Be-trag kann man z. B. mit einer Federwaage messen.Zunachst wird angenommen: Die Kraft F wirktexakt in Richtung des Weges, also nicht etwaschrag nach oben oder unten, und ihr Betrag bleibtwahrend des Vorgangs gleich groß (F ¼ konstant).Um den physikalischen Aufwand bei solchenVorgangen vergleichen zu konnen, hat man denBegriff der Arbeit W geschaffen:

Kraftwirkung langs eines Weges ist dieArbeit W

Hinweis: Im Unterschied z. B. zur elektri-schen Arbeit spricht man bei Kraften auchvon mechanischer Arbeit.

Die Arbeit W einer konstanten Kraft F ist dasProdukt aus Kraft F und Verschiebeweg s(Arbeit gleich Kraft mal Weg).Die Arbeit ist ein Skalar.

W ¼ Fs

Definitionsgleichungder mechanischenArbeit 1 Nm ¼ 1 J ¼ 1 Ws

Nm NewtonmeterWs Wattsekunde

Die Einheit fur die Arbeit erhalt man aus derDefinitionsgleichung W ¼ Fs.

ðWÞ ¼ ðFÞ � ðsÞ ¼ N �m ¼¼ kg m

s2�m ¼ kg m2

s2¼ J

Die gesetzliche und internationale Einheit derArbeit W ist das Joule J.

Die Einheit Joule wurde nach dem PhysikerJ. P. Joule (1818–1889) benannt.

Aussprache: „dschul“.

W F s

Nm ¼ J N m

4 Dynamik202

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1 Joule (Kurzzeichen J) ist gleich der Arbeit,die verrichtet wird, wenn der Angriffspunkt derKraft 1 Newton (1 N) in Richtung der Kraft umden Weg 1 m verschoben wird (1 J ¼ 1 Nm).

Im Ergebnis einer Rechnung wird nicht mehr dasNewtonmeter (Nm) als Einheit eingesetzt, sonderndas Joule (J). Es wurde fur die mechanische Ar-beit, die elektrische Arbeit, die Warmemenge unddie Energie die gleiche Einheit festgelegt, dasJoule (J), weil es sich um physikalische Großengleicher Art handelt.

1 Joule ðJÞ ¼ 1 Nm ¼ 1kg m2

s2¼ 1 m2 kg s�2

Zur Veranschaulichung:

Hebt man eine 100-g-Tafel Schokolade 1 mhoch, dann hat man an der Tafel die Arbeitvon etwa 1 Joule aufgebracht.

Beispiel:

Ein Auto wird mit der konstanten KraftF ¼ 300 N parallel zur Fahrbahn gezogen.Der Verschiebeweg betragt s ¼ 15 m. Danngilt fur die mechanische Arbeit:

W ¼ Fs ¼ 300 N � 15 m ¼ 4 500 Nm ¼ 4 500 J

Bei schrag am Korper angreifenden Kraften wer-den haufig Fehler gemacht. Zur Berechnung deraufgebrachten Arbeit W darf man in solchenFallen nur die Kraftkomponente einsetzen, die tat-sachlich Arbeit verrichtet. Das ist immer nur die inBewegungsrichtung fallende Kraftkomponente,hier die Kraft F cos a. Die zweite KomponenteF sin a druckt den Korper auf seine Unterlage,ohne ihn zu verschieben. Mit ihr wird also keineArbeit im Sinn der Begriffsbestimmung auf-gebracht:

Arbeit W einer schrag wirkenden Kraft(W ¼ F cos a � s)

Fallen Kraft- und Wegrichtung nicht zusam-men, muss mit der Kraftkomponente gerechnetwerden, die in die Bewegungsrichtung fallt.

W ¼ F cos asmechanische Arbeit beischrag angreifender Kraft

Welche Winkelfunktion zu benutzen ist (sinoder cos ) hangt von der Lage des Winkelsab (siehe 1. �bung, Seite 205).

4.5.2 Zeichnerische Darstellung der Arbeit W

Wird die Kraft F uber dem Weg s in einem recht-winkligen Achsenkreuz aufgetragen, so erhalt mandas Kraft-Weg-Diagramm (F, s-Diagramm). Beikonstanter Kraft F ist die Kraftlinie eine zurs-Achse parallele Gerade. Die Flache A unter derKraftlinie ist dann ein Rechteck mit dem Flachen-inhalt A ¼ Fs, und man erkennt:

In jedem F, s-Diagramm entspricht die FlacheA unter der Kraftlinie der von der Kraft F auf-gebrachten Arbeit W.

Kraft-Linie (F-Linie)

Weg s

KraftF

F

Fläche A = Arbeit Wdenn A = Fs = W

s

F; s-Diagramm (Arbeitsdiagramm) beikonstanter Kraft F

Flache A ¼b ArbeitW ¼ Fs

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 203

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Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn es ist jetztmoglich auch die Arbeit W einer veranderlichenKraft F zu berechnen. Das entspricht dem Vor-gehen zur Bestimmung des Wegabschnitts beider gleichmaßig beschleunigten Bewegung imv, t-Diagramm. Man zerlegt in solchen Fallen dieGesamtflache in berechenbare Teilflachen (Recht-ecke, Trapeze, Dreiecke) und erhalt die Gesamt-arbeit als Summe der Teilarbeiten.

F-Linie

Weg s

Gesamtweg

KraftF

F1

F2

s1

A1

A2

A3

A4

s2 s3 s4

Arbeit W =A + A + A + A1 2 3 4

F, s-Diagramm einer veranderlichen Kraft F

4.5.3 FederarbeitWf (Formanderungsarbeit) als Arbeit einer veranderlichen Kraft

Wichtigstes Beispiel fur die Arbeit einer verander-lichen Kraft ist die zur Formanderung einer Federaufzubringende Arbeit Wf (Federkraft). Bei denmeisten Federn steigt die zur Formanderung erfor-derliche Kraft von null gleichmaßig (linear) an.Die Kraftlinie ist eine ansteigende Gerade; sieheißt auch Federkennlinie. Angenommen, eineschon vorgespannte Schraubenzugfeder soll umDs verlangert werden. Dann steigt die dazuerforderliche Zugkraft von F1 auf F2 an. DieFlache unter der Federkennlinie hat Trapez-form, das heißt, die Federarbeit kann ausWf ¼ ðF1 þ F2Þ Ds=2 berechnet werden.

Federweg sFederkraftF

ΔsΔF

A = Wf

F-Lin

ie

F1

F2

F2

F1

s1s2

a

F = 00

Federarbeit (Formanderungsarbeit) Wf beimSpannen einer Schraubenzugfeder

Meistens ist die Federrate R der Feder bekannt,oder sie wird durch einen Versuch bestimmt1):

Die Federrate R gibt an, welche Kraft F fureinen Federweg s ¼ 1 mm erforderlich ist.Formal exakter: Die Federrate ist im elastischenBereich der Proportionalitatsfaktor zwischenFederkraft F und Federweg (Verformungsweg)s einer Feder: F ¼ Rs.

R ¼ Federkraft F

Federweg sFederrate 2)

R ¼ DF

Ds¼ F1

s1¼ F2

s2¼ . . .

Wf ¼ F1 þ F2

2Ds Federarbeit

Mit der Federrate R ¼ F1=s1 ¼ F2=s2 und darausF1 ¼ Rs1 sowie F2 ¼ Rs2 kann man eine Glei-chung fur die Federarbeit Wf entwickeln, in dernur die Federrate R und die Federwege s1, s2 ent-halten sind. Wie die Entwicklung zeigt, ergibt sichdas Binom ðs2 þ s1Þðs2 � s1Þ ¼ s2

2 � s12.

Wf ¼ Rs1 þ Rs22

ðs2 � s1Þ

Wf ¼ R

2ðs2 þ s1Þ ðs2 � s1Þ

1) Versuch in A. Boge; J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Losungen, ViewegþTeubner 20082) Bezeichnung Federrate R nach DIN 2089, Nov. 92

R F s

N

mmN mm

4 Dynamik204

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Setzt man in Rechnungen die Federrate in N/mmund den Federweg s in mm ein, erhalt man dieFederarbeit Wf in Nmm. Wf ist die Arbeit, die aneiner um s1 vorgespannten Feder verrichtet werdenmuss, um sie auf die Strecke s2 weiter zu verfor-men.

Wf ¼ R

2ðs22 � s1

2Þ Federarbeit

1 Nm ¼ 1000 Nmm ¼ 1 J

4.5.4 �bungen mit der Große Arbeit

1. �bung: Ein Wagen von der Masse m ¼ 400 kgsoll auf eine um h ¼ 2,4 m hoher liegende Rampegebracht werden:

a) mit Hilfe eines Krans,

b) durch Verschieben auf einer unter a ¼ 30�

geneigten Fahrbahn.

Im Fall b) soll die Verschiebekraft F parallel zurschiefen Ebene wirken. Die Reibung soll unbe-rucksichtigt bleiben (geringe Rollreibung).

Fur beide Falle ist die aufzubringende Arbeit W zubestimmen.

Gegeben: Masse m ¼ 400 kg

Hohe h ¼ 2,4 m

Winkel a ¼ 30�

Gesucht: Hubarbeit Wh

Losung:

a) Bei Kranen und anderen Senkrechtfordergera-ten spricht man von Hubarbeit Wh.

Wh ¼ FG h ¼ mgh Hubarbeit

Da hier die Seilkraft F gleich der konstantenGewichtskraft FG ¼ mg zu uberwinden ist, giltWh ¼ FGh ¼ mgh.

Wichtig ist die Erkenntnis, dass fur horizontaleBewegungen des Krans mit der Last keine Hub-arbeit aufgebracht werden muss, weil keineHohendifferenz zu uberwinden ist (Dh ¼ 0).

Wh ¼ mgh ¼ 400 kg � 9,81 m

s2� 2,4 m

Wh ¼ 9 417,6 Nm ¼ 9 417,6 J

b) Man beginnt mit der Skizze des freigemachtenWagens (Lageskizze) und entwickelt daraus dieKrafteckskizze. Schon hier erkennt man, dass dieVerschiebekraft F gleich der Gewichtskraftkom-ponente FG sin a ist. Diese Komponente heißt auchHangabtriebskomponente der Gewichtskraft FG.

Zu �bungszwecken werden noch einmal diebeiden Gleichgewichtsbedingungen angesetzt(Achsenkreuz um a zur Waagerechten gedreht).

Lageskizze Krafteckskizze

SFx ¼ 0 ¼ F � FG sin a ) F ¼ FG sin a

SFy ¼ 0 ¼ FN � FG cos a

Wf R s

NmN

mmmm

Wh FG m h g

J ¼ Nm N kg mm

s2

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 205

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Mit F ¼ FG sin a hat man die in Wegrichtungfallende Verschiebekraft (Kraft- und Wegrichtungmussen zusammenfallen). Der Verschiebeweg skann mit Hilfe der Sinusfunktion aus der Hubhoheh bestimmt werden (s ¼ h=sin a).

sin a ¼ h

s

s ¼ h

sin a

Da auch hier die Verschiebekraft konstant ist, giltdie einfache Beziehung: Arbeit ist gleich Kraftmal Weg.

Die Rechnung fuhrt zum gleichen Ergebnis wie imFall des Krans ( sin a kurzt sich heraus).

Das heißt:

W ¼ Fs ¼ FG sin ah

sin a

W ¼ FG sin ah

sin a¼ FG h ¼ mgh

W ¼ mgh ¼ 9417,6 J (wie vorher)

Es ist gleichgultig, auf welchem Weg eine Lastauf eine hohere Ebene gebracht wird. Immer istdazu die Hubarbeit Wh ¼ Gewichtskraft FG malHubhohe h erforderlich. Horizontale Verschie-bungen einer Last haben keinen Einfluss aufdie Hubarbeit.

Beachte: Beim Verschieben einer Last aufeiner schiefen Ebene wird nichts an mecha-nischer Arbeit gespart. Zwar wird die Ver-schiebekraft umso kleiner, je kleiner der Nei-gungswinkel a der schiefen Ebene ist, umsogroßer wird dann jedoch der Verschiebeweg.Das Produkt aus beiden ist immer wiedergleich der Hubarbeit.

2. �bung: In eine Vorrichtung sollen Schrauben-Druckfedern eingebaut werden, deren Federratevorher zu R ¼ 80 N/mm ermittelt worden ist. JedeFeder soll nach dem Einbau unter einer Vorspann-kraft F1 ¼ 400 N stehen. Sie wird dann um weitere12 mm zusammengedruckt.

Nach dem skizzierten Federdiagramm sind zubestimmen:

a) der Vorspannweg s1 nach dem Einbau,

b) die maximale Federkraft F2,

c) die Federarbeit Wf beim Betriebshub.

Gegeben: Federrate R ¼ 80N

mmVorspannkraft F1 ¼ 400 N

Ds ¼ 12 mm

Gesucht: Vorspannweg s1Federkraft F2

Federarbeit Wf

Losung:

a) Die Federrate R ist der Quotient aus Federkraftund Federweg, also bekommt man aus R ¼ F1/s1den Vorspannweg s1.

R ¼ F1

s1¼ F2

s2¼ . . .

s1 ¼ F1

R¼ 400 N

80N

mm

¼ 5 mm

b) Auf gleiche Weise findet man die maximaleFederkraft F2. Es darf nur nicht der falscheFederweg einsetzt werden: Zur Federkraft F2

gehort der Federweg s2.

F2 ¼ Rs2 (nicht etwa ¼ R Ds)

F2 ¼ 80N

mm� 17 mm ¼ 1360 N

4 Dynamik206

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c) Die Federarbeit wahrend des Hubes findet manmit den entsprechenden Großen als Trapezflacheunter der Federkennlinie. Wird die fruher hergelei-tete Gleichung mit der Federrate R benutzt, darfnicht ðs22 � s1

2Þ ¼ ðDsÞ2 gesetzt werden.

Wf ¼ F1 þ F2

2Ds ¼ 10 560 Nmm

oder:

Wf ¼ R

2ðs22 � s1

2Þ ¼ 80

2

N

mmð289� 25Þ mm2

Wf ¼ 10,56 Nm ¼ 10,56 J

Naturlich kann man auch eine FunktionsgleichungWf ¼ f ðR,F1,DsÞ fur die ursprunglich gegebenenGroßen entwickeln.

Wf ¼ 2F1 þ R Ds

2Federarbeit

Wf ¼ f ðR,F1,DsÞ

3. �bung: Ein Werkstuck von der Massem ¼ 10 kg soll auf horizontaler Bahn durch dieKraft F mit konstanter Geschwindigkeit v um denWeg sR ¼ 2 m verschoben werden. Die Kraft Fgreift unter dem Winkel a ¼ 30� zur Horizontalenan. Die Gleitreibungszahl zwischen Werkstuckund Unterlage betragt m ¼ 0,25.

Gesucht wird eine Gleichung fur die Reibungs-arbeitWR und deren Betrag.

Losung: Zunachst wird festgelegt, was unter Rei-bungsarbeit zu verstehen ist:

Gegeben: Masse m ¼ 10 kgReibungszahl m ¼ 0,25Winkel a ¼ 30�Weg sR ¼ 2 m

Gesucht: ReibungsarbeitWR ¼ f ðm, g, m,a, sRÞ

Reibungsarbeit WR ist das Produkt aus der konstan-ten Reibungskraft FR und dem Reibungsweg sR.

WR ¼ FR sRWR ¼ FN msR

Reibungsarbeit

Die erste Aufgabe besteht darin, eine Beziehungfur die Normalkraft FN zu entwickeln. Man erhaltsie aus den Gleichgewichtsbedingungen fur dasfreigemachte Werkstuck, indem sowohl SFx ¼ 0als auch SFy ¼ 0 nach F aufgelost wird und danndie beiden Gleichungen gleichgesetzt werden:

FNm=cos a ¼ ðFN � FGÞ=sin a :

Beim Auflosen nach FN ergibt sich der Quotientsin a=cos a, der durch tan a ersetzt wird.

Mit der Beziehung fur die Normalkraft FN er-halt man die gesuchte FunktionsgleichungWR ¼ f ðm, g, m,a, sRÞ.Die Reibungsarbeit WR ist die beim Verschiebendes Werkstucks erforderliche Arbeit. Sie wandeltsich in Warme um.

Das Endergebnis schreibt man mit der EinheitJoule (J), weil dies die gesetzliche Einheit fur dieArbeit ist (1 Nm ¼ 1 J).

SFx ¼ 0 ¼ F cos a� FN m

SFy ¼ 0 ¼ FN � FG � F sin a

F ¼ FNm

cos a¼ FN � FG

sin a

FN ¼ FG

1� m tan a¼ mg

1� m tan a

WR ¼ FR sR ¼ FN msR ¼ mg

1� m tan amsR

WR ¼ f ðm, g, m,a, sRÞ

WR ¼10 kg � 9,81m

s2

1� 0,25 � tan 30� � 0,25 � 2 m

WR ¼ 57,32 Nm ¼ 57,32 J

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 207

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Diskussion der Gleichung fur die Reibungs-arbeitWR

Bei der nummerischen Auswertung der Gleichungkonnen sich positive oder negative Werte oder nullergeben. Das richtet sich nach dem Wert des Nen-ners 1� m tan a. Die Reibungszahl m ist immer po-sitiv mit technisch brauchbaren Werten m > 0< 0,5. Das gilt auch fur Winkelwerte von a � 0< 90�. Negative Werte fur die Reibungsarbeit WR

konnen sich bei großen m- und großen a-Werten er-geben (physikalisch unbrauchbar). Wird der Nen-ner null, dann ist die Reibungsarbeit WR unendlichgroß. Das System ist selbsthemmend.

Bei 1 > m tan a ergeben sich positive Wertefur die Reibungsarbeit (WR > 0). Das ist derubliche Fall.

Bei 1 ¼ m tan a liegt Selbsthemmung vor(WR ! 1).

Bei 1 < m tan a ergeben sich physikalischunbrauchbare Werte fur die Reibungsarbeit(WR < 0).

4.5.5 Leistung P

Ist die mechanische Arbeit W, die zur Ortsveran-derung eines Korpers erforderlich ist bekannt, dannist damit noch nichts uber die Zeit ausgesagt, in derdiese Arbeit verrichtet wird. Gerade das aber mussman in der Technik wissen, weil zeitlich geplant wer-den muss. Es wurde daher die in der Zeiteinheit (1 s)verrichtete Arbeit als besondere Große festgelegt:

Beispiel:

Zum Heben einer Last ist eine HubarbeitWh ¼ 10000 J erforderlich.

Zur Planung muss man wissen, ob dieseArbeit mit den vorhandenen Geraten in einerStunde oder in einer Minute „geleistet“ wer-den kann.

P ¼ ArbeitW

zugehorige Zeit tDefinitionsgleichungder Leistung

Die Leistung P ist der Quotient aus der verrich-teten Arbeit W und der dazu erforderlichen oderverwendeten Zeit t (Leistung gleich Arbeitdurch Zeit).Die Leistung ist ein Skalar.

Die gesetzliche und internationale Einheit derLeistung P ist das Watt W :

1 Watt (Kurzzeichen W) ist gleich der Leistung,bei der wahrend der Zeit 1 s die Arbeit 1 J um-gesetzt wird.

Mit der Gleichung P ¼ W/t berechnet man diemittlere Leistung wahrend eines Zeitabschnittes t,denn es ist unbekannt, ob in der dritten Sekundeebenso viel Arbeit verrichtet worden ist wie in derzwolften Sekunde.

Das Endergebnis wird mit der Einheit Watt (W)geschrieben, weil dies die gesetzliche Einheit furdie Leistung ist (1 Nm/s ¼ 1 W). Siehe auch Vor-satzzeichen (Vorsatze) am Ende des Buches.

P ¼ W

t

Mittlere Leistungwahrend der Zeit t 1

J

s¼ 1

Nm

s¼ 1 W

Die Einheit Watt wurde nach dem englischenErfinder der ersten brauchbaren Dampf-maschine J. Watt (1736–1819) benannt.

1 W ¼ 1J

s¼ 1

Nm

s¼ 1 m2 kg s�3

Beispiel:

Ein Kran hebt einen Korper von der Massem ¼ 600 kg auf h ¼ 5 m Hohe. Der Vorgangdauert 100 s. Die Hubgeschwindigkeit vandert sich dabei mehrfach.

Ph ¼ Wh

t¼ mgh

600 kg � 9,81 m

s2� 5 m

100 s

Ph ¼ 294,3Nm

s¼ 294,3

J

s¼ 294,3 W

Ph ¼ 0,294 kW mittlere Leistung.

P W t

J

s¼ Nm

s¼ W J ¼ Nm s

4 Dynamik208

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Sind die Arbeitsbetrage je Sekunde verschiedengroß, dann gilt das auch fur die Leistungen. Daskann zwei Ursachen haben: Entweder ist dieKraft F, welche die Arbeit verrichtet, nicht kons-tant, oder es werden in gleichen Zeiten verschie-dene Wege zuruckgelegt, d. h. die Geschwindig-keit v ist nicht konstant. Es kann auch beideszugleich der Fall sein.

Mit der Arbeitsdefinition W ¼ Fs und derGleichung fur die konstante Geschwindigkeitv ¼ s/t erhalt man:

P ¼ W

t¼ Fs

t¼ F

s

t¼ Fv

Leistung P ¼ Kraft F � Geschwindigkeit v

Aus der Definitionsgleichung fur die LeistungP¼W/t kann eine Gleichung fur die Momentan-leistung entwickelt werden, die unbeschranktangewendet werden kann, also nicht nur bei kons-tanter Arbeit.

Beachte:Wie bei der mechanischen Arbeit WKraft- und Wegrichtung ubereinstimmenmussen, so mussen auch bei der mecha-nischen Leistung die Wirklinien von Kraft Fund Geschwindigkeit v zusammenfallen.

Die Leistung P ist das Produkt aus der Ver-schiebekraft F und der Verschiebegeschwindig-keit v (Leistung gleich Kraft mal Geschwindig-keit).

P ¼ F v

Momentan-leistung

Man pragt sich die Definitionen der beiden tech-nisch wichtigen Großen Arbeit W und Leistung Pbesser ein, wenn man sie untereinander stehendvor Augen hat. Man erkennt: W enthalt nicht dieZeit t ; P dagegen ist geschwindigkeits- und daherzeitabhangig.

ArbeitW ¼ Kraft F �Weg sLeistung P ¼ Kraft F � Geschwindigkeit v

W ¼ FsP ¼ Fv

Entsprechend den speziellen Bezeichnungen furdie mechanischen Arbeitsformen kennzeichnetman auch die Leistung.

Beispiele:

Hubleistung Ph ¼ HubarbeitWh

Zeit t

Reibungsleistung PR ¼ ReibungsarbeitWR

Zeit t

4.5.6 Wirkungsgrad h

Kein technischer Vorgang lauft verlustfrei ab. EinTeil der aufgebrachten Arbeit (oder Leistung) gehtfur den eigentlichen Zweck verloren. In technischenMaschinen und Vorrichtungen ist das vor allem dieReibungsarbeit (oder Reibungsleistung) infolge derunvermeidlichen Reibung zwischen den Maschi-nenteilen. Die Reibungsarbeit wird dabei in Warmeumgewandelt, spurbar in der Temperaturerhohungdes festen, flussigen oder gasformigen Korpers.

Beispiel:

Die Reibung in den Lagern eines Getriebeserwarmt Welle und Lagerteile, ebenso wiedie Reibung zwischen den Zahnflanken dieZahnrader erwarmt. Das �l erwarmt sich undmuss im Rucklauf gekuhlt werden. DurchKonvektion und Strahlung geht ein Teil derWarme an die umgebende Luft uber.

P F v

W ¼ Nm

s¼ J

sN

m

s

W P F s v

J W N mm

s

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 209

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Zur Beurteilung der Verluste in Maschinen, in ein-zelnen Maschinenteilen und Vorrichtungen hatman den Wirkungsgrad definiert:

Der Wirkungsgrad h ist das Verhaltnis derNutzarbeit Wn (Nutzleistung Pn) zur aufgewen-deten Arbeit Wa (aufgewendeten Leistung Pa).

h ¼ NutzarbeitWn

aufgewendete ArbeitWa< 1

h ¼ Wn

Wa¼ Pn

Pa¼ P2

P1< 1

Es ist ublich, die aufgewendete Leistung Pa alsAntriebsleistung zu bezeichnen und mit dem Index 1zu kennzeichnen (Pa ¼ Pan ¼ P1). Die Nutzleis-tung Pn wird als Abtriebsleistung mit P2 bezeich-net. Meistens setzt man nicht die Arbeiten, son-dern die Leistungen ins Verhaltnis.

Hinweis: Die Wirkungsgraddefinition gilt furalle technischen Vorgange, also auch z. B. furwarmetechnische und chemische Vorgange.Allein wegen der immer vorhandenen Rei-bungswiderstande kann der Wirkungsgradniemals den Wert 1 erreichen.

Am Beispiel eines einfachen Getriebes soll unter-sucht werden, wie sich der Gesamtwirkungsgradhges einer Anlage aus den Einzelwirkungsgradenzusammensetzt.

Die Antriebsleistung Pan ¼ P1 wird durch die La-gerverluste in den Lagern 1 und 2 vermindert aufhLg1, 2 � P1. Das ist zugleich die „neue“ Antriebs-leistung, die in den Zahneingriff einfließt und dortverringert wird auf hLg1, 2 � hz � P1. Dieser Leis-tungsbetrag wiederum wird in den Lagern 4 und 5auf hLg1, 2 � hz � hLg4, 5 � P1 reduziert. Das ist dieAbtriebsleistung Pab ¼ P2.

Mit der Ausgangsgleichung h ¼ P2/P1 erhalt manabschließend die Beziehung fur den Gesamtwir-kungsgrad.

1, 2, 4, 5 Leistungsverluste durch Rei-bungsleistung in den Lagern(Lagerverluste)

3 Leistungsverlust zwischen denZahnen (Zahnverluste)

hges ¼Pab

Pan¼ hLg1, 2 � hz � hLg4, 5 ¼

P2

P1

Der Gesamtwirkungsgrad hges einer Maschine,einer Anlage oder eines physikalischen Vor-gangs ist das Produkt der Einzelwirkungsgrade.

hges ¼ h1 � h2 � h3 � . . . � hn ¼Pab

Pan¼ P2

P1< 1

Gesamtwirkungsgrad

Der Wirkungsgrad wird nicht nur als Dezimalzahlangegeben, z. B. h ¼ 0,86, sondern auch als Pro-zentzahl, z. B. h ¼ 86%.

Beispiele fur Wirkungsgrade:

Gleitlager h ¼ 0,98 (98%)

Verzahnung h ¼ 0,98 (98%)

E-Motor h ¼ 0,9 (90%)

Ottomotor h ¼ 0,25 (25%)

Aufgaben Nr. 526–542

4 Dynamik210

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4.5.7 �bungen mit den Großen Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad

1. �bung: Beim Zerspanen auf einer Dreh-maschine wird mit dem Schnittkraftmessgerat dieSchnittkraft Fc ¼ 5000 N gemessen. Werkstuck-drehzahl und -durchmesser ergeben eine Schnitt-geschwindigkeit (Umfangsgeschwindigkeit) vonvu ¼ 60 m/min.

Der Gesamtwirkungsgrad hges der Drehmaschinevom Elektromotor bis zur Zerspanungsstelle zwird mit 78% angenommen.

Es ist die Antriebsleistung Pmot fur den Motor zubestimmen.

Gegeben:

Schnittkraft Fc ¼ 5000 N

Schnittgeschwindigkeit vu ¼ 60m

min

Gesamtwirkungsgrad hges ¼ 0,78

Gesucht: Antriebsleistung Pmot

Losung: Das Schnittkraftmessgerat zeigt nur ge-ringe Schwankungen fur den Betrag der Schnitt-kraft Fc an, es kann also Fc ¼ konstant angenom-men werden. Ebenso ist vu ¼ konstant. DieWirklinien von Kraft und Geschwindigkeit deckensich (Tangente), so dass die Schnittleistung ausPc ¼ Fcvu berechnet werden kann.

Aus der allgemeinen Beziehung h ¼ Pab/Pan erhaltman die erforderliche Motorleistung Pmot. Siemuss naturlich großer sein als die Schnittleistung(Pmot > Pc).

Bei allen Aufgaben dieser Art wird in Zukunftaber nicht schrittweise vorgegangen, sondernman geht von der Definitionsgleichung fur denWirkungsgrad aus und bestimmt daraus die ge-suchte Große.

Die Schnittleistung Pc betragt:

Pc ¼ Fcvu ¼ 5000 N � 1ms

Pc ¼ 5 000Nm

s¼ 5000

J

s¼ 5000 W

Pc ¼ 5 kW

hgesPab

Pan¼ Pc

Pmot

Pmot ¼ Pc

hges¼ 5 kW

0,78¼ 6,41 kW

hges ¼Pab

Pan¼ Pc

Pmot¼ Fc vu

Pmot

Pmot ¼ Fc vuhges

¼5000 N � 1 m

s0,78

¼ 6,41 kW

2. �bung: Ein Kran hebt eine Last von derMasse m ¼ 2 t mit einer Hubgeschwindigkeitv ¼ 0,25 m/s. Der Antriebsmotor entnimmt dabeidem Netz die Leistung Pnetz ¼ 7 kW, sein Wir-kungsgrad betragt hmot ¼ 0,9.

Es ist der Wirkungsgrad hanlage der restlichenMaschinenteile vom Motorritzel bis zum Kran-haken zu bestimmen.

Losung: Hier geht man von der Gleichung fur denGesamtwirkungsgrad hges ¼ hmothanlage aus. FurPab und Pan werden dann die speziellen Großenmit den allgemeinen Bezeichnungen eingesetztund nach der gesuchten Große aufgelost, hier alsonach hanlage.

Gegeben: m ¼ 2 t

v ¼ 0,25m

sPnetz ¼ 7 kW

hmot ¼ 0,9

Gesucht: hanlage

hges ¼Pab

Pan¼ Ph

Pnetz¼ hmothanlage

hanlage ¼mgv

Pnetzhmot

Ph ¼ mgv(Hubleistung)

hanlage ¼2000 kg � 9,81 m

s2� 0,25 m

s

7000Nm

s� 0,9

¼ 0,779

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 211

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4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung(Kreisbewegung)

4.6.1 Gegenuberstellung der allgemeinen Großen mit den entsprechendenKreisgroßen

Ebenso wie im Abschnitt 4.3.1 (Seite 181) werden hier die Kreisgroßen den allgemeinenGroßen gegenuber gestellt (Analogieverfahren). Dabei erkennt man die Gleichartigkeit ein-ander entsprechender Großen und Gleichungen und kommt zu besserem Verstandnis. Wer dieDefinitionen der allgemeinen Großen kennt, hat dann auch sofort die Definitionen der entspre-chenden Kreisgroßen zur Hand, und er wird beim Losen von Aufgaben sicherer sein. Vor allemist die Erkenntnis wichtig, dass der Kraft F (Verschiebekraft) im allgemeinen Fall das Dreh-moment M bei der Kreisbewegung entspricht (F ¼b M).

Allgemeine Große mit Definitionsgleichung Einheit Kreisgroße mit Definitionsgleichung Einheit

Zeit t s Zeit t s

Verschiebeweg s m Drehwinkel j rad

Verschiebegeschwindigkeit(v ¼ konstant)

v ¼ s

t

m

sWinkelgeschwindigkeit(w ¼ konstant)

w ¼ j

t

rad

s

Verschiebekraft F N Drehmoment M ¼ FT r Nm

Arbeit W ¼ Fs Nm ¼ J Dreharbeit Wrot ¼ Mj ¼ FT rj Nm ¼ J

Leistung P ¼ W

t¼ Fv

Nm

s¼ W Drehleistung Prot ¼ Wrot

t¼ Mw

Nm

s¼ W

F; s-Diagramm je nach Aufgabenstellung: M;j-Diagramm je nach Aufgabenstellung:

F

0 ss

F-Linie

A = W =F + F

21 2

s

F1

F2

M

0 f f

M-Linie

A = W =rotM + M

21 2 f

M1

M2

Beachte: Die Flache A unter der F-Linieentspricht der Arbeit W

Beachte: Die Flache A unter der M-Linieentspricht der Dreharbeit Wrot

4 Dynamik212

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4.6.2 Dreharbeit Wrot (Rotationsarbeit)

An einer Kurbel oder Kurbelwelle wirkt die kons-tante Kraft FT in tangentialer Richtung. Manspricht daher auch von Tangentialkraft oder Um-fangskraft. FT dreht hier die Kurbel rechts herumund verrichtet uber dem Drehweg s die DreharbeitWrot ¼ FT s.

Mit der Anzahl der Umdrehungen z kann man furden Drehweg s ¼ 2pr z schreiben und hat damitschon eine auf Kreisgroße bezogene Gleichung furdie Dreharbeit Wrot.

Wrot ¼ FT s

Wrot ¼ FT 2pr z

Das Produkt aus Tangentialkraft FT und Wirk-abstand r (Radius) ist das Drehmoment M. DasProdukt 2pz ist schon aus der Drehbewegungbekannt als Drehwinkel j ¼ 2pz. Damit erhaltman die der allgemeinen Definition W ¼ Fs ent-sprechende Definitionsgleichung fur die Dreh-arbeit Wrot.

FT r ¼ Drehmoment M (Kraftmoment)

2pz ¼ Drehwinkel j

Wrot ¼ FT s ¼ Mj Rotationsarbeit

Zeichnerisch stellt sich die Dreharbeit Wrot imM;j-Diagramm als Flache unter der M-Linie dar.Man erkennt hier wieder die Entsprechung zurFlache unter der F-Linie im F; s-Diagramm (siehe4.5.2, Seite 203):

In jedem M;j-Diagramm entspricht die FlacheA unter der M-Linie der Rotationsarbeit Wrot

des Drehmoments M.

Arbeitsdiagramm fur die Drehbewegung

Ist das Drehmoment M nicht konstant, sondernsteigt es linear an, dann gelten die gleichen Dia-gramme und Gleichungen wie auf der Seite 204,wenn darin fur die Federkraft F das DrehmomentM und fur den Federweg s der Drehwinkel j ein-setzt wird.

An die Stelle der in 4.5.3 (Seite 204) behandeltenSchraubenzugfeder tritt die Torsionsstabfeder.

Beispiel: Das Drehmoment in der Torsions-stabfeder eines Autos steigt linear von120 Nm auf 250 Nm an. Dabei wird dieFeder um 30� verdreht.Die Federarbeit betragt dann nach Seite 204:

Wf ¼ M1 þM2

2j ¼ ð120þ 250Þ Nm

2� 30

� � p180�

Wf ¼ 96,9 J

Wrot FT s, r z

Nm ¼ J N m 1

Wrot M j

Nm ¼ J Nm rad ¼ 1

4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung 213

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4.6.3 Drehleistung Prot (Rotationsleistung)

Wie bei der Herleitung der Gleichung fur dieDreharbeit geht man auch hier von der Tangential-kraft FT aus. In jedem Augenblick sind die Tan-gentialkraft FT und die Umfangsgeschwindigkeitvu gleichgerichtet. Dann gilt die allgemeine Be-ziehung: Leistung ist Kraft mal Geschwindigkeit.Mit den speziellen Bezeichnungen gilt demnachP ¼ FT vu.

Nach Abschnitt 4.2.7 (Seite 178) kann fur die Um-fangsgeschwindigkeit vu das Produkt aus Winkel-geschwindigkeitw und Radius r eingesetzt werden.Das Produkt aus Tangentialkraft FT und Radius rist wieder das Drehmoment M. Damit erhalt mandie der allgemeinen Definition P ¼ F v ent-sprechende Definitionsgleichung fur die Dreh-leistung Prot (F ¼b M und v ¼b w, siehe 4.6.1,Seite 212).

Mit den koharenten Einheiten Newton N, Meter mund Sekunde s erhalt man als koharente Einheitfur die Leistung P das Watt W.

Prot ¼ FT vu

vu ¼ rw ¼ r2pn

Prot ¼ FT rw ¼ FT 2pr n

FT r ¼ Drehmoment M

Prot ¼ Mw ¼ M 2pn Drehleistung

4.6.4 Zahlenwertgleichung fur die Drehleistung Prot

Auf den Leistungsschildern der Motoren ist nichtdie Winkelgeschwindigkeit w, sondern die Dreh-zahl n angegeben (in U=min ¼ min�1). Soll dieseDrehzahl unmittelbar in die Leistungsgleichungeingesetzt werden, muss sie durch 60 dividiertwerden. Die Leistung ergibt sich dann in derEinheit Watt. Um Kilowatt kW zu bekommen,muss noch durch 1000 dividiert werden(1 kW ¼ 1000 W).

Fasst man den Quotienten von2p=ð60 � 1 000Þ ¼ 1=9 550 zusammen, ergibt dasdie in der Technik ubliche Zahlenwertgleichungfur die Drehleistung Prot. Wie jede Zahlenwertglei-chung gilt sie nur fur die eingetragenen Einheiten.

Prot ¼ Mn2p

60 � 1000 ¼ Mn1

60 0002p

Prot ¼ Mn1

9550

Prot ¼ Mn

9550

Zahlenwertgleichung

Auf den Leistungsschildern steht neben der Motor-drehzahl n auch die zur Verfugung stehende Leis-tung P. Aus beiden Angaben kann mit der nach Maufgelosten Gleichung das verfugbare Drehmo-ment in Nm berechnet werden (siehe auch Festig-keitslehre, Torsionsbeanspruchung).

M ¼ 9550Prot

n

Zahlenwertgleichung

Prot FT vu

Nm

s¼ W N

m

s

Prot M w n

Nm

s¼ W Nm

rad

s¼ 1

s

1

s¼ s�1

Prot M n

kW Nm min�1

M Prot n

Nm kW min�1

4 Dynamik214

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4.6.5 Wirkungsgrad, Drehmoment und �bersetzung

Eine wichtige Beziehung zwischen Wirkungsgradh, Drehmoment M und �bersetzung i erhalt man,wenn von der Definitionsgleichung fur den Wir-kungsgrad ausgegangen wird und man fur dieLeistung P ¼ Mw oder P ¼ M 2pn einsetzt. Eskann damit beispielsweise der Wirkungsgrad einesGetriebes berechnet werden, wenn man vorherAn- und Abtriebsmoment gemessen und die �ber-setzung an Hand der Baugroßen (z. B. Zahnezahl)bestimmt hat.

h ¼ Pab

Pan¼ P2

P1¼ M2w2

M1w1¼ M2 2pn2

M1 2pn1

w2

w1¼ n2

n1¼ 1

i(siehe 4.2.9, Seite 180)

h ¼ M2

M1� 1i

M2 Abtriebsmoment, M1 Antriebsmoment

M2 ¼ M1ih

4.6.6 �bungen zu Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad und �bersetzungbei Drehbewegung

1. Ein Werkstuck von m ¼ 100 kg Masse soll10 m hoch gehoben werden. Es steht eine Windemit dem Kurbelradius r ¼ 400 mm zur Verfugung.Die Handkraft (Tangentialkraft) an der Kubel soll60 N betragen. Es soll die Anzahl z der Kurbel-umdrehungen bestimmt werden, wenn von Verlus-ten abgesehen wird.

Wh ¼ mgh

Wrot ¼ FT 2pr z ¼ Wh

FT 2pr z ¼ mgh

erforderliche Hubarbeit(Hubarbeit ¼Dreharbeit)

z ¼ mgh

FT 2pr¼

100 kg � 9,81ms2

� 10 m

60N � 2p � 0,4 m¼ 65,05 U

2. Der Flanschmotor eines Getriebes gibt bein ¼ 2 880 min�1 eine Leistung von 18 kW ab.Das Getriebe hat eine �bersetzung von i ¼ 420und einen geschatzten Wirkungsgrad von h ¼ 0,7.

Welches Drehmoment steht an der Abtriebswelledes Getriebes zur Verfugung?

M1 ¼ 9550P1

n1¼ 9550 � 18

2 880Nm ¼ 59,69 Nm

M2 ¼ M1ih ¼ 59,69 Nm � 420 � 0,7M2 ¼ 17549 Nm

Hinweis: Ohne Berucksichtigung desWirkungsgrades hatte sich ergeben:

M2 ¼ M1i ¼ 59,69 Nm � 420 ¼ 25 070 Nm

3. Ein E-Motor gibt am Wellenstumpf ein Dreh-moment von 16 Nm ab bei einer Drehzahl von2800 min�1. Das Wattmeter zeigt hierbei eineelektrische Leistungsaufnahme von 5,6 kW an.Wie groß ist der Wirkungsgrad des Motors?

Hier wird schrittweise gelost, um Großengleichun-gen und Zahlenwertgleichungen nicht miteinanderzu vermischen.

Pmot ¼ Pab ¼ Prot ¼ Mn

9550¼ 16 � 2800

9550kW

Pab ¼ 4,69 kW ¼ Pmot

hmot ¼Pab

Pan¼ Pmot

Pnetz¼ 4,69 kW

5,6 kW¼ 0,838

Aufgaben Nr. 543–560

4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung 215

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Lehrbeispiel: Wirkungsgrad

Aufgabenstellung:

Welche Last kann mit der skizzierten Handwindegehoben werden?

Gegebene Großen:

Handkraft Fh ¼ 150 NHandkurbelradius rk ¼ 350 mmGesamtwirkungsgrad h ¼ 0,6Trommeldurchmesser dt ¼ 180 mmTrommelraddurchmesser d2 ¼ 490 mmRitzeldurchmesser d1 ¼ 70 mm

Losung:

Die Handkraft Fh soll in jeder Kurbelstellung tangential (im rechten Winkel zum Radius) angreifen. DerSeildurchmesser kann vernachlassigt werden.

Getriebe sollen meist das Drehmoment von Welle zu Welle andern. �bersetzungen ins „Langsame“ ver-großern das Abtriebsmoment, �bersetzungen ins „Schnelle“ verkleinern es.

�bersetzung i ¼ Antriebsdrehzahl nan

Abtriebsdrehzahl naboder

i ¼ nk

nt¼ d2

d1

Beachte: Die Baugroßen (d1, d2 ) verhalten sich umgekehrt wie dieDrehzahlen (nk Drehzahl der Kurbelwelle, nt Drehzahl der Trommel-welle).

i ¼ 490 mm70 mm

¼ 7 (�bersetzung ins „Langsame“, weil i > 1 ist)

Fur �bersetzung i und Drehmoment M gilt:

i ¼ M2

M1h¼ Mt

Mkh

Mt ¼ Mk ih ¼ Fhrk ihMt ¼ 150 N � 0,35 m � 7 � 0,6Mt ¼ 220,5 Nm

Mt TrommeldrehmomentMk Kurbeldrehmoment

Das Drehmoment Mt der Trommelwelle T ist:

Mt ¼ FGdt

2daraus FG ¼ 2Mt

dtfur FG ¼mg eingesetzt und nach der Masse m aufgelost:

m ¼ 2Mt

dtg

m ¼2 � 220,5 kg m2

s2

0,18 m � 9,81 ms2

¼ 250 kg Last

Trommel

Trommelwelle T

Kurbelwelle K

d2

d1

Fh

FG

4 Dynamik216

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4.7 Energie

4.7.1 Energie, Begriffsbestimmung und Einheit

Unter bestimmten Bedingungen sind feste Korper,Flussigkeiten und Gase in der Lage, von sich ausArbeit zu verrichten. Das ist immer dann der Fall,wenn an ihnen selbst vorher eine Arbeit auf-gebracht wurde. Die im Korper „gespeicherte“ Ar-beit kann dann „abgerufen“ werden:

Die im Korper gespeicherte Arbeitsfahigkeitheißt Energie E des Korpers.Kurz: Energie gleich Arbeitsfahigkeit.Die Energie ist wie die Arbeit ein Skalar,mehrere Energiebetrage durfen also algebraischaddiert werden.

Beispiele:

Der herabfallende Bar eines Fallhammersverformt das Schmiedestuck, verrichtet alsoVerformungsarbeit (Formanderungsarbeit).

Ein fahrendes Auto prallt auf ein Hindernis.Es verrichtet Formanderungsarbeit.

Eine vorher gespannte Schraubenfeder hebtein Werkstuck. Sie verrichtet Hubarbeit.

Nach dem Ursprung des Arbeitsvermogens derKorper unterscheidet man drei mechanische Ener-giearten: die potenzielle Energie (Hohenenergie),die kinetische Energie (Bewegungsenergie) unddie Spannungsenergie (Verformungsenergie) elas-tischer Korper.

Daruber hinaus gibt es noch andere Energiearten,z. B. Warmeenergie, chemische Energie (in allenBrennstoffen), Atomenergie, Druckenergie, elek-trische Energie, Strahlungsenergie (z. B. von derSonne).

Beispiele:

Der Bar des Fallhammers hatte in seineroberen Ruhelage potenzielle Energie(Hohenenergie, Energie der Lage).

Das fahrende Auto besaß vor dem Aufprallkinetische Energie (Bewegungsenergie).

Gespannte Federn aller Art besitzen Span-nungsenergie (Verformungsenergie).

Die verschiedenen Energiearten konnen ineinanderuberfuhrt werden. Man spricht dann von Energie-umwandlung, meint aber damit nicht nur dieUmwandlung von einer Energieart in eine andere,sondern auch die Umwandlung von Energie inmechanische Arbeit und umgekehrt.

Beispiele:

Die chemische Energie im Brennstoff wird inWarme umgewandelt, ebenso die Strahlungs-energie der Sonne.

Jede Reibung erzeugt Warme: Reibungsarbeitwird in Warme umgewandelt (Temperatur-erhohung der Maschinenteile).

Bei jeder technischen Energieumwandlung treten„Verluste“ auf. Das heißt nicht, dass Energie „ver-schwindet“, man meint damit nur, dass ein Teil derAnfangsenergie fur den beabsichtigten technischenZweck verloren geht.

Bei technischen Vorgangen ist der Arbeits-aufwand immer großer als der Nutzen. DieseTatsache fuhrte zur Festlegung des BegriffesWirkungsgrad (siehe 4.5.6, Seite 209).

4.7 Energie 217

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Bei der Energieumwandlung in Maschinen tretenEnergieverluste hauptsachlich dadurch auf, dasssich ein Teil der Energie uber die Reibungsarbeitin Warmeenergie umwandelt.

Hinweis: Die bei der Umwandlung von Rei-bungsarbeit in Warme auftretende Tempera-turerhohung der Teile ist technisch nichtmehr nutzbar.

Dass Energie nicht verloren geht, sondern nur vonder einen in die andere Form ubergeht, ist schonseit uber hundert Jahren bekannt und konnte bisheute nur bestatigt werden. Es gilt der Satz von derErhaltung der Energie (Energieerhaltungssatz):

Mayer und Helmholtz haben diesen wichti-gen Erfahrungssatz um 1840 unabhangigvoneinander gefunden. Alle Versuche habenihn bis heute bestatigt.

Die Summe aller im Universum vorhandenenEnergien bleibt erhalten (konstant); Energiekann weder aus Nichts gewonnen werden nochgeht sie verloren. Energie kann nur umgewan-delt werden.

Der Energieerhaltungssatz muss auch furtechnische Vorgange gelten, wenn man siesich „abgeschlossen“ vorstellt: Man sprichtdann von einem abgeschlossenen System undmeint damit ein von außeren Kraften freiesSystem.

Da Energie die Fahigkeit der Korper ist, Arbeit zuverrichten, mussen Energie- und Arbeitseinheitgleich sein.

Die Einheit der Energie und der Arbeit istdas Joule (J), siehe 4.5.1, Seite 202.

1 J ¼ 1 Nm ¼ 1 Ws ¼ 1kg m2

s2¼ 1 m2 kg s�2

4.7.2 Potenzielle Energie Epot und Hubarbeit Wh

Wird ein Korper von der Masse m um die Hohe hgegenuber einer Bezugsebene gehoben, dann istdazu die Hubarbeit Wh ¼ FG h ¼ mgh erforder-lich (siehe Seite 205).

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfahigkeit,mit der er nun an einem anderen Korper Arbeitverrichten kann. Er kann z. B. uber Seil und Rolleeinen anderen Korper heben.

potenzielle Energie Epot ¼ HubarbeitWh

Epot ¼ FG h ¼ mghpotenzielle Energie(Hohenenergie)

Besitzt der Korper schon die potenzielle EnergieEpot1 ¼ mgh1 gegenuber der um h1 tiefer liegendenBezugsebene, dann ist zum weiteren Heben aufdie Hohe h2 die Hubarbeit Wh ¼ mgðh2 � h1Þerforderlich. Das ist zugleich die �nderung derpotenziellen Energie des Korpers:Wh ¼ DEpot ¼ Epot2 � Epot1.

Wh ¼ mgðh2 � h1Þ ¼ DEpot

�nderung der potenziellen Energie

Epot , Wh FG m g h

J ¼ Nm N kgm

s2m

4 Dynamik218

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4.7.3 Kinetische Energie Ekin und Beschleunigungsarbeit Wa

Wird ein Korper, z. B. ein Auto, aus dem Stillstandauf die Geschwindigkeit v gebracht, dann ist dazunach dem dynamischen Grundgesetz die resul-tierende Kraft Fres ¼ ma erforderlich. Fres wirktdabei in Bewegungsrichtung auf dem Weg s, ver-richtet also am Korper eine Arbeit, die Beschleuni-gungsarbeit Wa ¼ Fres s genannt wird.

Fres ¼ ma ¼ mDv

Dt; Dv ¼ v gesetzt

Fres s ¼ mv

Dts

Fres s ¼ mv

Dt

v Dt

2

Fres s ¼ m

2v2 ¼ Wa

v

0 tΔt

s =v t

2

ΔΔv=v

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfahigkeit,mit der der Korper nun an einem anderen KorperArbeit verrichten kann. Da nur solche Korper dieseEnergieart besitzen, die sich mit der Geschwindig-keit v bewegen, spricht man von Bewegungsener-gie oder kinetischer Energie Ekin.

kinetische

Energie Ekin¼ Beschleunigungs-

arbeitWa

Ekin ¼ m

2v2

kinetische Energie (Bewegungsenergie)

Besitzt ein Korper schon die Geschwindigkeit v1und wird durch Fres auf dem Wegabschnitt s aufdie Geschwindigkeit v2 beschleunigt, dann wirdfur s nicht v Dt=2 (wie oben) eingesetzt, sondernðv22 � v1

2Þ=2a (Tabelle 4.1, Seite 153). Damit er-halt man eine Gleichung fur die Beschleunigungs-arbeit Wa in der allgemeinen Form. Wa gibt dannzugleich die �nderung der kinetischen Energie desKorpers an:Wa ¼ DEkin ¼ Ekin2 � Ekin1.

Fres s ¼ mas ¼ Wa

s ¼ v22 � v12

2a

Wa ¼ mav22 � v12

2a

v

t0 Δt

v1 v2

s =v – v22

21

2a

Wa ¼ m

2ðv22 � v1

2Þ ¼ DEkin

�nderung der kinetischen Energie

4.7.4 Spannungsenergie Es und Formanderungsarbeit Wf

Wird eine vorher unverformte Feder gespannt,dann ist dazu die Formanderungsarbeit oder Feder-arbeit Wf erforderlich (siehe 4.5.3, Seite 204). Ausdem Federdiagramm (F; s-Diagramm) liest mandafur Wf ¼ Fs=2 ¼ Rs2=2 ab, mit R als Federrate.

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfahigkeit,mit der die gespannte Feder nun an einem anderenKorper Arbeit verrichten kann. Diese Energie wirdSpannungsenergie Es genannt.

Besitzt die Feder schon die Spannungsenergie Es1,weil sie mit F1 vorgespannt worden ist, dann istzum weiteren Spannen die FederarbeitWf ¼ ðF1 þF2Þ s=2 ¼ Rðs22 � s1

2Þ=2 erforderlich.Das ist zugleich die �nderung der Spannungs-energie in der Feder: Wf ¼ DEs ¼ Es2 � Es1.

A = E =sFs

2

R

2= s2

F

0 s s

F

Spannungsenergie Es ¼ FederarbeitWf

Es ¼ Fs

2¼ R

2s 2

Spannungsenergie

Wf ¼ F1 þ F2

2s ¼ R

2ðs22 � s1

2Þ ¼ DEs

�nderung der Spannungsenergie

Ekin , Wa m v

J ¼ Nm kgm

s

Wf, Es F s R

J ¼ Nm N mN

m

4.7 Energie 219

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4.7.5 Energieerhaltungssatz fur technische Vorgange

Ein Korper der Masse m, zunachst durch die SperreS in Ruhe gehalten, wird nach seiner Freigabedurch eine Zugfeder die schiefe Ebene abwartsgezogen. Er durchlauft den Weg s vom Anfangs-punkt (A) des Vorganges bis zum Endpunkt (E),wo die Feder gerade entspannt ist, also noch nichtzusammengedruckt wird.

In (A) besitzt der Korper die AnfangsenergieEA ¼ Epot ¼ mgh gegenuber der um h tiefer lie-genden Bezugsebene BE.

Am Ende des Vorganges ist Epot ¼ 0 geworden;dafur besitzt der Korper die EndenergieEE ¼ Ekin ¼ mv2=2.

Nach dem Energieerhaltungssatz mussten die bei-den Energiebetrage gleich groß sein (EE ¼ EA).Das kann hier nicht sein, weil der Korper auf demWeg s sowohl Arbeit aufgenommen als auch abge-geben hat:

Beachte: Es ware ein Fehler zu meinen,die Arbeit der Abtriebskomponente derGewichtskraft FG sin a mit aufnehmen zumussen:

Der Arbeitsbetrag FG sin as ist die beimHeben um die Hohe h vorher aufgenommenepotenzielle Energie Epot ¼ mgh (siehe 4.5.4,Seite 205, 1. �bung).

Aufgenommen hat der Korper die zugefuhrteFederarbeit Wzu ¼ Wf ¼ Rs2=2.

Abgegeben hat der Korper die abgefuhrteReibungsarbeit Wab ¼ WR ¼ FRs.

Die Energieumwandlung durch Zu- und Abfuhrmechanischer Arbeit kann man in das Schema derEnergiebilanz eintragen und danach den Energie-erhaltungssatz fur technische Vorgange aufstellen,so wie er kunftig beim Losen von Aufgaben ange-wandt wird:

Schema der Energiebilanz

EnergieerhaltungssatzDie Energie EE am Ende eines Vorgangs ist gleich der Energie EA am Anfang des Vorgangs,vermehrt um die wahrend des Vorgangs zugefuhrte Arbeit Wzu und vermindert um diewahrend des Vorgangs abgefuhrte Arbeit Wab.

EE ¼ EA þ Wzu � Wab

Energie amEnde desVorgangs

¼Energie amAnfang desVorgangs

þ zugefuhrteArbeit

� abgefuhrteArbeit

4 Dynamik220

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4.7.6 �bungen zum Energieerhaltungssatz

1. �bung: Ein Waggon von der Massem ¼ 40000 kg rollt aus der Geschwindigkeitv ¼ 1,8 m/s auf horizontaler Bahn aus. Dabeiwirkt ein Fahrwiderstand Fw ¼ 280 N.

Wie lang ist der Ausrollweg s?

Gegeben: m ¼ 40000 kg

v ¼ 1,8m

sFw ¼ 280 N

Gesucht: Ausrollweg s

Losung: Am Ende des Vorgangs ruht der Korperauf der Bezugsebene, das heißt, seine Endenergieist null (EE ¼ 0).

Am Anfang des Vorgangs besitzt er die kinetischeEnergie EA ¼ mv2=2.

EE ¼ EA �Wab

0 ¼ m

2v2 � Fws

Zwischen Anfang und Ende des Vorgangs wird dieArbeit des Fahrwiderstands Wab ¼ Fws abgefuhrt.

Aus dem Energieerhaltungssatz findet man damitauf einfache Weise die gesuchte Gleichung undden Betrag fur den Ausrollweg s.

s ¼ mv2

2Fws ¼ f ðm; v;FwÞ

s ¼40 000 kg � 3,24 m2

s2

2 � 280 kg m

s2

¼ 231,4 m

2. �bung: Die Skizze zeigt das Schema einerSackrutsche. Die Reibungszahl zwischen Sack undRutsche soll m ¼ 0,3 betragen.

Gesucht ist die Endgeschwindigkeit v des Sackesam Ende der schiefen Ebene.

Losung: Man geht wieder vom Energieerhaltungs-satz aus: Die Energie am Ende des Vorgangs kannnur kinetische Energie sein, denn der Korper besitztdort die Geschwindigkeit v, und der Hohenunter-schied zur Bezugsebene BE ist null geworden(Epot ¼ 0). Am Anfang besaß der Korper nurpotenzielle Energie, denn er ruhte in der Hohe h. Ab-gefuhrt wird nur die Reibungsarbeit WR ¼ FRs. Furdie Reibungskraft wird FR ¼ FNm und fur die Nor-malkraft FN ¼ FG cos a ¼ mg cos a eingesetzt.

EE ¼ EA � Wab

kinetischeEnergie ¼ potenzielle

Energie � Reibungsarbeit

Ekin ¼ Epot � WR

m

2v2 ¼ mgh � FR s

m

2v2 ¼ mgh � mg cos amsj : m

v2

2¼ gh � gms cos a

4.7 Energie 221

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Da der Weg s nicht gegeben ist, wird s ¼ l= cos aeingesetzt (l ist gegeben). Dadurch kurzt sichauch cos a heraus und man findet die ein-fachste Gleichung fur die Endgeschwindigkeitv ¼ f ðg; h; m; lÞ.

v2

2¼ gh� gm

l

cos acos a

v2 ¼ 2gðh� m lÞ

v ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gðh� m lÞp

v ¼ f ðg, h, m, lÞ

Man erkennt, dass die erreichbare Endgeschwin-digkeit des Sackes unabhangig von seiner Massem ist. Das gilt fur alle auf einer schiefen Ebeneohne zusatzliche außere Kraftwirkung gleitendenKorper.

v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � 9,81 m

s2ð2 m� 0,3 � 6 mÞ

rv ¼ 1,98

m

s

3. �bung: Welcher Hubarbeit Wh oder potenziel-len Energie Epot oder Warme (Warmemenge) Qentspricht die kinetische Energie eines Autos von1500 kg Masse, das mit 160 km/h fahrt?

Gegeben: m ¼ 1500 kg

v ¼ 160km

h¼ 160

3,6

m

sGesucht: Ekin

Losung:

a) Die kinetische Energie eines Fahrzeugeswachst mit dem Quadrat seiner Geschwindigkeit.Eine Verdoppelung der Fahrzeuggeschwindigkeithat also eine Erhohung der kinetischen Energie aufdas Vierfache zur Folge.

Ekin ¼ m

2v2 ¼ 1 500 kg

2� 160

3,6

� �2 m2

s2

Ekin ¼ 1 481 481,5 Nm ¼ 1 481 481,5 J

Ekin ¼ Epot ¼ Wh ¼ Q ¼ 1 481 481,5 J

b) Eine Vorstellung von den Folgen eines Auf-pralls aus dieser Geschwindigkeit erhalt man,wenn die Fallhohe h berechnet wird, die dieserEnergie entspricht.

Ekin ¼ Epot ¼ mgh

h ¼ Ekin

mg¼

1 481 481,5kg m2

s2

1 500 kg � 9,81 m

s2

¼ 100,67 m

c) Da Ekin auch gleich der Warme Q ist, kann maneine entsprechende warmetechnische Rechnungdurchfuhren. Die Warme Q zum Erwarmen einesStoffes ist gleich dem Produkt von Masse m,spezifischer Warmekapazitat c und Temperatur-differenz DT (siehe Boge/Eichler, Physik):

Die kinetische Energie des Autos wurde aus-reichen (bei h ¼ 1), die Temperatur von 10 kgWasser (10 l) um DT ¼ 35,4 K zu erhohen.

Q ¼ mc DT

DT ¼ Q

mc¼ 1 481 481,5 J

10 kg � 4 186,8 J

kg K

DT ¼ 35,4 K ¼ 35,4 �C

Aufgaben Nr. 561–576

Q m c DT

J ¼ Nm kgJ

kg KK

4 Dynamik222

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4.8 Gerader zentrischer Stoß

4.8.1 Stoßbegriff, Krafte und Geschwindigkeiten beim Stoß

Der physikalische Vorgang Stoß liegt dann vor,wenn sich zwei Korper wahrend eines sehr kleinenZeitabschnitts Dt beruhren und dabei ihren Bewe-gungszustand andern.

Beachte: �nderung des Bewegungszustandes

heißt �nderung der Geschwindigkeit der

Korper nach Betrag oder Richtung oder auch

nach beiden gleichzeitig.

Bei Beruhrung wirken an den Beruhrungsflachengleich große Normalkrafte (Wechselwirkungs-gesetz). Wahrend der Beruhrungszeit Dt erfahrenalso beide Korper den gleichen Kraftstoß F Dt(siehe 4.4.9, Seite 201). Dadurch verringert sichder Impuls mv des einen Korpers um denselbenBetrag, um den der Impuls des anderen Korperszunimmt, und man erkennt:

Beachte:Werden die beiden Korper als einSystem betrachtet, dann sind die Normal-krafte beim Stoß innereKrafte dieses Systems.

Da wahrend des Stoßes keine außeren Krafteauf die beiden Korper wirken, handelt es sichum ein kraftefreies System nach 4.4.9, dessengesamter Impuls auch wahrend des Stoßeskonstant bleibt.

Die Summe der Impulse (Bewegungsgroßen)beider Korper bleibt in jedem Augenblick desStoßes konstant.

Da die Massen beider Korper unverandert bleiben,bedeutet das, dass die Geschwindigkeit des einenKorpers kleiner, die des anderen großer wird.

m1v1 þ m2v2 ¼ m1c1 þ m2c2

Smv ¼ SmcImpulserhaltungs-satz fur zwei Korper

m1, m2 Massen beider Korper

v1, v2 Geschwindigkeiten vor dem Stoß

c1, c2 Geschwindigkeiten nach dem Stoß

4.8.2 Merkmale des geraden zentrischen Stoßes

Durch den Beruhrungspunkt beider Korper beiStoßbeginn legt man die Tangentialebene und er-richtet darauf im Beruhrungspunkt eine Normale,die Stoßnormale. Sie ist die Wirklinie der beidenNormalkrafte, die wahrend des Stoßes zwischenbeiden Korpern wirken.

Verlauft die Stoßnormale durch die Schwerpunktebeider Korper, dann spricht man von zentrischemStoß. Wird diese Bedingung nicht erfullt, dannliegt exzentrischer Stoß vor.

Beachte: Die Lage der Normalkrafte imBeruhrungspunkt bestimmt, ob zentrischeroder exzentrischer Stoß vorliegt.

Liegen die Geschwindigkeitsvektoren v1 und v2beider Korper beim Stoßbeginn parallel zur Stoß-normalen, dann spricht man von geradem Stoß.Bewegt sich einer der Korper oder auch beidenicht parallel zur Stoßnormalen, dann liegt schie-fer Stoß vor.

Beim geraden zentrischen Stoß verlauft dieStoßnormale durch beide Korperschwerpunkte.Beide Korper bewegen sich in Richtung derStoßnormalen.

Beachte: Die Richtung der Geschwindig-keiten v1 und v2 bestimmt, ob gerader oderschiefer Stoß vorliegt.

Beispiel fur geraden zentrischen Stoß:

Zusammenstoß von Kegelkugeln auf derRucklaufbahn.

Eine weitere Unterteilung der Stoßarten istnotwendig durch das unterschiedliche Verfor-mungsverhalten der Korper: Man unterschei-det elastischen, unelastischen und wirklichenStoß.

4.8 Gerader zentrischer Stoß 223

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4.8.3 Elastischer Stoß

Elastische Korper verformen sich beim Stoßfedernd. Nach dem Stoß ist die Verformungvollstandig zuruckgegangen. Auch die Verlusteinfolge außerer und innerer Reibung werden ver-nachlassigt.

Merkmale des elastischen Stoßes:

Keine bleibende Formanderung nach demStoß, vollstandige Trennung der Korper von-einander nach dem Stoß, verlustfreier Ener-gieaustausch.

Zwei Kugeln bewegen sich in gleichem Rich-tungssinn auf gemeinsamer Bahn. Stoßt dieschnellere Kugel mit der Masse m1 und derGeschwindigkeit v1 auf die langsamere Kugel mitder Masse m2 und der Geschwindigkeit v2, so wirdbeim Stoß die schnellere Kugel verzogert und dielangsamere Kugel beschleunigt.

Zur Berechnung der Geschwindigkeiten c1, c2beider Kugeln nach dem Stoß wird der gesamteStoßvorgang in zwei Abschnitte unterteilt.

Erster Stoßabschnitt (Zusammendrucken)

Er beginnt mit der Beruhrung der Kugeln undendet, wenn ihr Abstand ein Minimum (lmin)geworden ist (siehe F; s-Diagramm). Dabei verfor-men sich die Kugeln. Die FormanderungsarbeitW1 wird der kinetischen Energie der schnellerenKugel entzogen.

Am Ende des ersten Stoßabschnitts besitzen beideKugeln dieselbe Geschwindigkeit c.

Nach dem Impulserhaltungssatz bleibt dieSumme der Impulse (Bewegungsgroßen)konstant:

m1v1 þ m2v2zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{vor demStoß

¼ m1cþ m2czfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflffl{

nach dem erstenStoßabschnitt

c ¼ m1v1 þ m2v2m1 þ m2

Geschwindigkeitbeider Korper amEnde des erstenStoßabschnitts

Zweiter Stoßabschnitt (Entspannen)

Er beginnt beim Abstandsminimum lmin der Kugel-mittelpunkte und endet mit der Trennung derKugeln. Dabei wird die durch die Abplattung derKugeln gespeicherte Spannungsenergie verlustlosan die Kugel 2 abgegeben (E2 ¼ E1). Kugel 1andert dabei ihre Geschwindigkeit von c auf c1und Kugel 2 von c auf c2.

Beim Entspannen wirkt auf beide Kugeln der glei-che Kraftstoß wie beim Zusammendrucken. Folg-lich ist fur jede der beiden Kugeln die Geschwin-digkeitsanderung in beiden Stoßabschnitten gleichgroß: v1 � c ¼ c� c1 und c� v2 ¼ c2 � c. Ausdieser Erkenntnis kann eine Gleichung fur dieGeschwindigkeit c1 der Kugel 1 nach dem Stoßentwickelt werden; in gleicher Weise erhalt mandie entsprechende Gleichung fur die Kugel 2.

Fur Kugel 1 gilt:

v1 � c ¼ c� c1 daraus folgt:

c1 ¼ 2c� v1 ¼ 2m1v1 þ m2v2m1 þ m2

� v1

¼ 2ðm1v1 þ m2v2Þ � ðm1 þ m2Þ v1m1 þ m2

¼ m1v1 þ 2m2v2 � m2v1m1 þ m2

¼ ðm1 � m2Þ v1 þ 2m2v2m1 þ m2

c1 ¼ ðm1 � m2Þ v1 þ 2m2v2m1 þ m2

c2 ¼ ðm2 � m1Þ v2 þ 2m1v1m1 þ m2

Geschwindigkeiten beider Korpernach dem Stoß

4 Dynamik224

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Da ein „kraftefreies System“ vorausgesetzt wird(es wirken keine außeren Krafte), gilt neben demImpulserhaltungssatz auch der Energieerhaltungs-satz (4.7.1, Seite 218).

Beim elastischen Stoß bleibt die Summe derkinetischen Energien beider Korper bei hori-zontaler Bewegung konstant.

Energieerhaltungssatz fur den elastischenStoß:

EEnde des Stoßes ¼ EAnfang des Stoßes

1

2ðm1c1

2 þ m2c22Þ ¼ 1

2ðm1v1

2 þ m2v22Þ

Mit Hilfe des Energieerhaltungssatzes und desImpulserhaltungssatzes kann man eine weiterewichtige Beziehung herleiten:

Beim elastischen Stoß wird die Relativ-geschwindigkeit (Differenz der Geschwindig-keiten v1 und v2) nicht geandert.

Der umgeformte Energieerhaltungssatz wirddurch den Impulserhaltungssatz dividiert:

m1ðv12 � c12Þm1ðv1 � c1Þ ¼ m2ðc22 � v22Þ

m2ðc2 � v2Þv1 þ c1 ¼ c2 þ v2

v1 � v2 ¼ c2 � c1

Sonderfalle des geraden zentrischen Stoßes elasti-scher Korper:

Beim elastischen Stoß zweier Korper mitgleichen Massen tauschen die Korper ihreGeschwindigkeiten aus.

Beim elastischen Stoß eines Korpers gegeneine starre Wand, prallt er mit gleicher Ge-schwindigkeit zuruck.

Beim elastischen Stoß eines Korpers sehr gro-ßer Masse m1 gegen einen ruhenden Korperkleiner Masse m2 erhalt der ruhende Korper diedoppelte Geschwindigkeit des stoßenden Kor-pers (c2 ¼ 2v1).

Aus der Gleichung von Seite 224:

c1 ¼ ðm1 � m2Þ v1 þ 2m2 v2m1 þ m2

ergibt sich mit m1 ¼ m2 ¼ m:

c1 ¼ ðm� mÞ v1 þ 2mv2mþ m

c1 ¼ 2mv22m

¼ v2 und analog c2 ¼ v1

m2 ¼ 1; v2 ¼ 0; m1 vernachlassigt

c1 ¼ �m2 v1 þ 2m2 � 0m2

¼ �v1

c1 ¼ �v1

m1 > m2; v2 ¼ 0; m2 vernachlassigt

c2 ¼ �m1 � 0þ 2m1 v1m1

¼ 2v1

c2 ¼ 2v1

Bewegen sich die beiden Korper auf der Stoßnormalen aufeinander zu, so erhalten dieGeschwindigkeiten v1 und v2 und damit auch die Impulse beider Korper entgegengesetzte Vor-zeichen (der Impuls ist ein Vektor). Beim Stoß kehrt dann entweder einer der beiden Korperseine Bewegungsrichtung um, oder beide.

Auch fur diesen Fall gelten fur die Geschwindigkeiten c, c1 und c2 die entwickelten Gleichun-gen. Man erkennt die Richtungsumkehr eines Korpers daran, dass seine Geschwindigkeit nachdem Stoß ein anderes Vorzeichen hat als vor dem Stoß.

4.8 Gerader zentrischer Stoß 225

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4.8.4 Unelastischer Stoß

Unelastische Korper verformen sich beim Stoßplastisch, d. h. sie erhalten eine bleibende Form-anderung. Es wird also angenommen, dass keinerder beiden Korper federt.

Merkmale des unelastischen Stoßes:

bleibende Formanderung nach dem Stoß,keine Trennung der Korper voneinander nachdem Stoß.

Erster Stoßabschnitt

Er verlauft wie beim elastischen Stoß. Beide Kor-per besitzen am Ende des ersten Stoßabschnittsdie gemeinsame Geschwindigkeit c. Die Form-anderungsarbeit wurde jedoch nicht als Span-nungsenergie gespeichert, sondern in Warme um-gesetzt.

Da auch hier ein kraftefreies System vorliegt,bleibt wie beim elastischen Stoß der Gesamt-impuls erhalten, und fur die Geschwindigkeit c giltdieselbe Beziehung wie beim elastischen Stoß.

+ + + +

1. Stoßabschnitt

E = W1

s

Δ

F

cv > v1 2

Zweiter Stoßabschnitt

Er entfallt, weil ohne gespeicherte Spannungsener-gie auch kein Kraftstoß mehr auftritt, sobald beideKorper die gemeinsame Geschwindigkeit c er-reicht haben. Beide bewegen sich mit der Ge-schwindigkeit c weiter:

Beim unelastischen Stoß wird die Relativ-geschwindigkeit zu null. Ein Teil der kineti-schen Energie wird uber die Formanderungs-arbeit DW in Warme umgesetzt.

Der Energieverlust der Korper (¼ Formanderungs-arbeit DW ) wird aus dem Energiesatz berechnet,in den der Ausdruck fur die Geschwindigkeit c(Seite 224) einzusetzen ist.

Energieerhaltungssatz fur den unelastischenStoß:

1

2ðm1 þ m2Þ c2 ¼ 1

2ðm1v1

2 þ m2v22Þ � DW

DW ¼ 1

2½m1v1

2 þ m2v22 � ðm1 þ m2Þ c2

c2 ¼ m1v1 þ m2v2m1 þ m2

� �2

eingesetzt und umgeformt ergibt:

DW ¼ 1

2

m1m2ðv1 � v2Þ2m1 þ m2

Energieabnahme beimunelastischen Stoß

Dieser Energie-„Verlust“ ist fur einige technische Anwendungsfalle von großer Bedeutung:das Schmieden und Kaltumformen von Werkstucken, das Nieten und das Rammen.

4.8.4.1 Schmieden und Nieten

Hierbei soll die aufgebrachte Energie der Form-anderung dienen. Die verbleibende kinetischeEnergie der Korper nach dem Stoß muss niedriggehalten werden.

Beim Schmieden ist der angestrebte technischeNutzen die Formanderung des Werkstucks.

Hinweis: Die Erfahrung lehrt, dass zumNieten ein Hammer kleiner Masse und alsGegenhalter ein Korper großer Masse zweck-maßig sind.

h ¼ Formanderungsarbeit DW

kinetische Energie E1 vor dem Stoß

W m v

J kgm

s

4 Dynamik226

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Der Schlagwirkungsgrad h ist dann das Verhaltniszwischen der Formanderungsarbeit DW und derkinetischen Energie E1 ¼ m1v1

2=2 des Hammer-bars beim Stoßbeginn. Amboss und Werkstuck ha-ben die gemeinsame Masse m2 und ihre Geschwin-digkeit vor dem Stoß ist v2 ¼ 0.

Die Wirkungsgradgleichung zeigt: Je großer dieAmbossmasse m2 im Verhaltnis zur Barmasse m1

wird, umso großer wird der Wirkungsgrad h.

Tatsachlich verformt sich der Bar elastisch. Erspringt also nach dem Schlag geringfugig zuruck.Dadurch wird der Wirkungsgrad verringert.

h ¼m1m2ðv1 � v2Þ22ðm1 þ m2Þ

m1v12

2

¼ m2ðv1 � v2Þ2ðm1 þ m2Þ v12 v2 ¼ 0

h ¼ m2

m1 þ m2¼ 1

1þ m1

m2

Wirkungsgradbeim Schmieden

Hinweis: Bei normalen Maschinenhammernist die Masse der Schabotte (¼ Amboss mitUnterbau) etwa zwanzigmal so groß wie dieMasse des Bars.

Der Schmiedevorgang ist nur annahernd einunelastischer Stoß.

4.8.4.2 Rammen von Pfahlen, Eintreiben von Keilen

Hier wird keine Formanderung angestrebt. Viel-mehr sollen beide Korper nach dem ersten Stoß-abschnitt eine moglichst große gemeinsame Ge-schwindigkeit c besitzen, um den Widerstand derUnterlage gegen das Eindringen zu uberwinden.

Beim Rammen ist der angestrebte technische Nut-zen eine moglichst große kinetische Energie E2

beider Korper nach dem Stoß (genauer: nach dem1. Stoßabschnitt, weil der Untergrund durch plas-tische Verformung nachgibt). Der Schlagwirkungs-grad h ist darum hier das Verhaltnis zwischen derkinetischen Energie E2 bei Stoßende und der kine-tischen Energie E1 bei Stoßbeginn. Auch hier istdie Geschwindigkeit des einzurammenden Pfahles(Korper 2) v2 ¼ 0. Die entwickelte Gleichungzeigt, dass der Wirkungsgrad umso großer wird, jegroßer die Masse m1 des Bars oder Hammers ge-genuber der Masse m2 des Pfahles oder Keiles ist.

Tatsachlich federn aber beide Korper beim Schlag.Dadurch wird der Wirkungsgrad kleiner.

Hinweis: Die Erfahrung lehrt, dass beimRammen und Eintreiben ein schwerer Baroder Hammer wirksamer ist als ein leichter.

h ¼ kinetische Energie E2 bei Stoßende

kinetische Energie E1 bei Stoßbeginn

h ¼ðm1 þ m2Þ c2

2m1v12

2

c2 ¼ m1v1 þ m2v2m1 þ m2

� �2

v2 ¼ 0

h ¼ ðm1 þ m2Þ m12v12

m1v12ðm1 þ m2Þ2¼ m1

m1 þ m2

h ¼ 1

1þ m2

m1

Wirkungsgradbeim Rammen

Beachte: Das Rammen ist nur annahernd einunelastischer Stoß.

4.8.5 Wirklicher Stoß

Wirkliche Korper sind weder vollkommen elastischnoch vollkommen unelastisch, so dass ihr Verhal-ten zwischen den beiden in 4.8.3 und 4.8.4 behan-delten Grenzfallen liegt. Die Aussagen fur elasti-schen und unelastischen Stoß lassen sich fur denwirklichen Stoß kombinieren.

Merkmale des wirklichen Stoßes:

Ein Teil der Formanderungsarbeit W1 ver-wandelt sich infolge der inneren Reibung inWarme Q ¼ DE und wird nicht zuruckgege-ben. Es kann bleibende Formanderung auftre-ten (geringer als beim unelastischen Stoß).Trennung der Korper nach dem Stoß.

4.8 Gerader zentrischer Stoß 227

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Beim wirklichen Stoß verkleinert sich die Rela-tivgeschwindigkeit. Die Formanderungsarbeitwird im zweiten Stoßabschnitt nicht vollstandigzuruckgegeben, sondern teilweise in Warmeumgewandelt.

+ + + + + +

1. Stoßabschnitt

E > E1 2

s

Wärme Q = EΔ Δ

F

c c < c1 2v > v1 2

2. Stoßabschnitt

Die fur den elastischen Stoß hergeleiteten Glei-chungen lassen sich fur den wirklichen Stoß wei-terentwickeln, wenn als Verhaltnis der Relativ-geschwindigkeiten die Stoßzahl k eingefuhrt wird.

Die Stoßzahl k hangt von der Werkstoffpaarung abund wird durch Fallversuche ermittelt.

k ¼ c2 � c1v1 � v2

Definitionsgleichungder Stoßzahl

Stoßzahlen: k ¼ 1 elastischer Stoßk ¼ 0 unelastischer Stoßk ¼ 0,35 Stahl bei 1100 �Ck ¼ 0,7 Stahl bei 20 �C

Beim Fallversuch fallt eine Kugel aus dem einenWerkstoff auf eine festliegende Unterlage aus ei-nem anderen Werkstoff. Die Geschwindigkeit derUnterlage vor und nach dem Stoß ist gleich null(v2 ¼ 0 und c2 ¼ 0). Die Fallhohe h und dieRucksprunghohe h1 werden gemessen. Darauswird mit den Gesetzen des freien Falls und desWurfs senkrecht nach oben die Stoßzahl k berech-net.

k ¼ 0� ð�c1Þv1 � 0

¼ c1v1

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

p ffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

p ¼ffiffiffiffiffih1h

r

k ¼ffiffiffiffiffih1h

rDie Ruckprallgeschwindigkeit c1 der Kugelist der Aufprallgeschwindigkeit v1 entgegen-gerichtet und muss deshalb mit negativemVorzeichen in die Stoßzahlgleichung einge-setzt werden.

Auch fur den wirklichen Stoß gilt der Impulserhal-tungssatz fur kraftefreie Systeme. Wird in den Im-pulserhaltungssatz die Beziehung fur c2 eingesetzt,die man aus der Definitionsgleichung fur die Stoß-zahl entwickeln kann, dann ergibt die weitere Ent-wicklung eine Gleichung fur die Geschwindigkeitc1 des Korpers 1 nach dem wirklichen Stoß.

Durch Vertauschen der Indizes erhalt man die ent-sprechende Gleichung fur die Geschwindigkeit c2des Korpers 2.

m1v1 þ m2v2 ¼ m1c1 þ m2c2c2 ¼ kðv1 � v2Þ þ c1 eingesetzt ergibt:

c1 ¼ m1v1 þ m2v2 � m2ðv1 � v2Þ km1 þ m2

c2 ¼ m1v1 þ m2v2 þ m1ðv1 � v2Þ km1 þ m2

Geschwindigkeiten nach dem wirklichen Stoß

Werden die so entwickelten Beziehungen fur c1und c2 in die Gleichung fur den Energieerhaltungs-satz des wirklichen Stoßes E2 ¼ E1 � DW einge-setzt, dann erhalt man nach einer langeren Ent-wicklung die Gleichung fur den EnergieverlustDW beim wirklichen Stoß.

E2 ¼ E1 � DW1

2ðm1c1

2 þ m2c22Þ ¼ 1

2ðm1v1

2 þ m2v22Þ � DW

DW ¼ 1

2

m1m2ðv1 � v2Þ2 ð1� k2Þm1 þ m2

Energieverlust beim wirklichen Stoß

4 Dynamik228

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4.8.6 �bungen zum geraden zentrischen Stoß

1. �bung: Ein beladener Waggon von 80 t Massestoßt mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s aufeinen Waggon von 15 t Masse, der ihm mit einerGeschwindigkeit von 1,8 m/s entgegenkommt.

Welche Geschwindigkeit c haben beide nach demersten Stoßabschnitt und mit welchen Geschwin-digkeiten c1, c2 fahren sie nach dem Stoß weiter,wenn elastischer Stoß angenommen wird?

Gegeben: m1 ¼ 80 t v1 ¼ 1m

s

m2 ¼ 15 t v2 ¼ �1,8m

s

Gesucht: Geschwindigkeitenc, c1 und c2

Losung: Da sich beide Waggons aufeinander zubewegen, muss die eine Geschwindigkeit ein nega-tives Vorzeichen bekommen. Man wahlt dafur dieGeschwindigkeit v2 des kleineren Korpers, da dieErfahrung lehrt, dass meistens der Korper mit gro-ßerer Masse seine Bewegungsrichtung beibehalt.

Die gemeinsame Geschwindigkeit c nach derersten Stoßperiode betragt:

c ¼ m1v1 þ m2v2m1 þ m2

c ¼80 t � 1 m

sþ 15 t � �1,8

m

s

� �80 tþ 15 t

¼ 0,5579m

s

Der Betrag fur die gemeinsame Geschwindigkeit chat ein positives Vorzeichen, also gleichen Rich-tungssinn wie v1 (kein Vorzeichenwechsel), aberentgegengesetzten Richtungssinn wie v2 (Vorzei-chenwechsel).

Zur Berechnung der Geschwindigkeiten c1 und c2setzt man in die Gleichungen aus 4.8.3 (Seite 224)den Betrag der Geschwindigkeit v2 mit negativemVorzeichen ein.

Beide Geschwindigkeiten c1 und c2 ergeben sichpositiv, d. h. Waggon 1 behalt seine Bewegungs-richtung bei, Waggon 2 lauft ruckwarts weiter.

Zusammenfassend kann gesagt werden:

Waggon 2 lauft nach dem Stoß in entgegengesetz-ter Richtung mit erhohter Geschwindigkeit weiter,Waggon 1 wird langsamer, behalt aber seine Be-wegungsrichtung bei.

c1 ¼ ðm1 � m2Þ v1 þ 2m2 v2m1 þ m2

c1 ¼ð80� 15Þ t � 1 m

sþ 2 � 15 t � �1,8

m

s

� �80 tþ 15 t

c1 ¼ 0,1158m

s

c2 ¼ ðm2 � m1Þ v2 þ 2m1v1m1 þ m2

c2 ¼ð15� 80Þ t � �1,8

m

s

� �þ 2 � 80 t � 1m

s80 tþ 15 t

c2 ¼ 2,9158m

s

2. �bung: Der Bar eines Fallhammers wiegt1000 kg und seine Schabotte 25000 kg. Der Bartrifft mit einer Geschwindigkeit von 6 m/s auf dasWerkstuck. Die Stoßzahl betragt k ¼ 0,5.

Gegeben:

Barmasse m1 ¼ 1000 kg

Schabottemasse m2 ¼ 25000 kg

Auftreffgeschwindigkeit v1 ¼ 6 m/s

Stoßzahl k ¼ 0,5Zu berechnen sind: der Schlagwirkungsgrad h unddie prozentuale Verteilung der Gesamtenergie amSchlagende auf Bar, Schabotte und Werkstuck.Die Massen von Amboss und Werkstuck konnenvernachlassigt werden.

Gesucht:

Wirkungsgrad h, prozentuale Verteilung derEnergie auf Bar, Werkstuck und Schabotte.

4.8 Gerader zentrischer Stoß 229

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Losung: Den Wirkungsgrad berechnet man ausNutzen und Aufwand beim Schlag.

Der Nutzen besteht hierbei in der dem Werkstuckzugefuhrten Verformungsarbeit. Das ist der Ener-gieverlust DW beim Stoß.

Als Aufwand wird die Energie E1 beider Korperunmittelbar vor dem Stoß eingesetzt. Das ist diekinetische Energie des Bars, da die Schabotte mitAmboss und Werkstuck ruht.

Der errechnete Wirkungsgrad sagt aus, dass dieAnfangsenergie zu 72,11% in Verformungsarbeitumgesetzt wird. Der Rest verbleibt als kinetischeEnergie nach dem Stoß in beiden Korpern.

Es werden zunachst die Geschwindigkeiten c1 undc2 der Korper nach dem Stoß berechnet.

Die Geschwindigkeit c1 enthalt ein negatives Vor-zeichen, d. h. sie ist der positiv in die Rechnungeingesetzten Geschwindigkeit v1 entgegengerichtet(Vorzeichenwechsel ¼ Ruckprall des Bars).

Die Geschwindigkeit c2 der Schabotte nach demStoß bestimmt man am einfachsten aus der Defini-tionsgleichung fur die Stoßzahl k.

In die Gleichung fur c2 muss c1 mit seinem Minus-Zeichen eingesetzt werden.

Nun ist es moglich die kinetischen Energien E2B

fur den Bar und E2S fur die Schabotte nach demStoß zu berechnen.

Die Energiebilanz zeigt, dass fast 20% der auf-gewendeten Energie durch den Ruckprall des Barsnicht in Verformungsarbeit umgesetzt werden; eineFolge des halbelastischen Stoßes mit der Stoß-zahl 0,5.

Der Schlagwirkungsgrad wird dadurch betracht-lich verschlechtert.

Aufgaben Nr. 577–581

DW ¼ m1m2

2ðm1 þ m2Þ ðv1 � v2Þ2 ð1� k2Þ

DW ¼ 103 kg � 25 � 103 kg2 � 26 � 103 kg � 36 m2

s2� 0,75

DW ¼ 12 980,77 Nm ¼ 1,298 � 104 J

E1 ¼ m1v12

1 000 kg � 36 m2

s2

2¼ 1,8 � 104 J

h ¼ DW

E1¼ 1,298 � 104 J

1,8 � 104 J ¼ 0,7211

c1 ¼ m1v1 þ m2v2 � m2ðv1 � v2Þ km1 þ m2

; v2 ¼ 0

c1 ¼ m1v1 � m2v1k

m1 þ m2

c1 ¼103 kg � 6 m

s� 25 � 103 kg � 6 m

s� 0,5

26 � 103 kg

c1 ¼6m

s� 75

m

s26

¼ �2,6538m

s

k ¼ c2 � c1v1 � v2

¼ c2 � c1v1

mit v2 ¼ 0

c2 ¼ k v1 þ c1

c2 ¼ 0,5 � 6 m

sþ �2,6538

m

s

� �¼ þ0,3462

m

s

E2B ¼ m1c12

103 kg � 2,6538m

s

� �2

2

E2B ¼ 3521,33 Nm ¼ 3,521 � 103 J

E2S ¼ m2c22

25 � 103 kg � 0,3462m

s

� �2

2

E2S ¼ 1498,18 Nm ¼ 1,498 � 103 J

Energiebilanz:

Korper Energie in J %

Bar 3521,33 19,56Schabotte 1498,18 8,32Werkstuck 12980,77 72,11

E1 18000,28 99,99

4 Dynamik230

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4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation)

Wie in der Bewegungslehre sollen auch hier die hergeleiteten Gleichungen und die wichtigstenErkenntnisse sofort mit den entsprechenden Gleichungen der Dynamik fur die geradlinige Be-wegung verglichen werden (Analogiebetrachtung). Damit kommt man uber Bekanntes leichterzum Verstandnis des Neuen.

4.9.1 Das dynamische Grundgesetz fur die Drehbewegung

Das dynamische Grundgesetz Fres ¼ ma der gerad-linigen Bewegung gilt auch fur jede Teilmasse Dmdes beschleunigt umlaufenden Korpers. Fur die re-sultierende Kraft Fres setzt man hier die (kleine)Tangentialkraft DFT ein. Gleichsinnig gerichtet istdie Tangentialbeschleunigung aT. Damit wird ausFres ¼ ma nach 4.4.3 (Seite 191) das dynamischeGrundgesetz fur die TeilmasseDFT ¼ Dm aT.

Resultierende Tangentialkraft DFT und Tan-gentialbeschleunigung aT der Teilmasse Dm

Multipliziert man das dynamische Grundgesetz furdie Teilmasse Dm mit dem Radius r, dann stehtlinks vom Gleichheitszeichen mit DFTr ¼ DMdas Teil-Drehmoment der Tangentialkraft FT inBezug auf die Drehachse A des beschleunigt um-laufenden Korpers. Außerdem wird nach 4.3.4(Seite 183) fur die TangentialbeschleunigungaT ¼ ar eingesetzt (a Winkelbeschleunigung).

Fres ¼ ma

DFT ¼ Dm aTj � rDFT r ¼ Dm aT r

DM ¼ Dm aT r

DM ¼ Dm ar r ¼ Dm r2a

Es wird nun die Summe aller Teil-DrehmomenteS DM gebildet.

S DM ¼ S Dmn rn2a

Dann steht auf der linken Gleichungsseite das re-sultierende Drehmoment Mres , was der resultieren-den Kraft Fres bei der geradlinigen Bewegung ent-spricht (Mres ¼b Fres).

Mres ¼ S Dmn rn2a

(Index n heißt naturliche Zahl, also 1, 2, 3, . . .)

Auf der rechten Seite der Gleichung darf die kon-stante Winkelbeschleunigung a vor das Summen-zeichen gesetzt werden. Der restliche Summenaus-druck S Dmn rn

2 wird als Tragheitsmoment Jbezeichnet. Das muss man gesondert behandeln(4.9.2, Seite 232).

Damit ist das dynamische Grundgesetz fur dieDrehung eines Korpers um eine raumfeste Achsegefunden.

Mres ¼ a S Dmn rn2|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}

JMres ¼ a J

Das Tragheitsmoment J kann nach DIN 1304auch als Massenmoment 2. Grades bezeich-net werden.

Gleichungen fur das Tragheitsmomentverschiedener Korper siehe Seite 234.

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 231

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Das auf einen Korper vom Tragheitsmoment Jeinwirkende resultierende Drehmoment Mres istgleich dem Produkt aus dem TragheitsmomentJ und der Winkelbeschleunigung a (Winkelver-zogerung) des Korpers.

resultierendesDrehmomentMres

¼ Tragheits-moment J

�Winkel-beschleuni-gung a

Mres ¼ Ja

Der Vergleich mit dem dynamischen GrundgesetzFres ¼ ma zeigt:

Das resultierende Drehmoment entspricht derresultierenden Kraft (Mres ¼b Fres), das Tragheits-moment entspricht der Masse des Korpers (J ¼b m)und die Winkelbeschleunigung entspricht der Be-schleunigung (a ¼b a).

Dynamisches Grundgesetz fur Drehung

Mres ¼b Fres J ¼b m a ¼b a

Fres ¼ maMres ¼ Ja

siehe auch 4.3.1, Seite 181und 4.6.1, Seite 212.

4.9.2 Tragheitsmoment J und Tragheitsradius i

4.9.2.1 Definition des Tragheitsmomentes

In der Herleitung des dynamischen Grundgesetzesfur die Drehung eines Korpers entstand der Sum-menausdruck S Dmn rn

2, der mit Tragheitsmoment Jbezeichnet wird:

Mres ¼ aS Dmn rn2 ¼ a J

Multipliziert man jede Teilmasse Dm einesKorpers mit dem Quadrat ihres Abstands vonder Drehachse, dann ergibt die Summe dieserProdukte das Tragheitsmoment J dieses Kor-pers.

J ¼ Dm1 r12 þ Dm2 r2

2 þ Dm3 r32 þ . . .þ Dmn rn

2

J ¼ S Dmn rn2

Die Einheit des Tragheitsmoments J ergibt sichwie gewohnt aus der Definitionsgleichung:

Mit den koharenten Einheiten kg und m erhaltman hier das Kilogramm-Meterquadrat (kg m2).

ðJÞ ¼ ðmÞ ðr 2ÞðJÞ ¼ kg m2

Naturlich kann auch mit jedem anderen Produktaus einer gesetzlichen Masseneinheit und demQuadrat einer gesetzlichen Langeneinheit gerech-net werden.

Beispiel:

J ¼ 0,004 kg m2 ¼ 0,004 � 103 g � 106 mm2

J ¼ 4 � 106 g mm2 ¼ 4 � 104 g cm2 ¼ 40 000 g cm2

Mit Hilfe der Gesetze der Integralrechnung hatman fur geometrisch einfache Korper die Be-rechnungsgleichungen fur das Tragheitsmomententwickelt (siehe Tabelle 4.5, Seite 234). Fur kom-pliziertere Korper bestimmt man das Tragheits-moment z. B. durch Schwingungsversuche (sieheFußnote Seite 204).

Beispiel:

Fur einen Kreiszylinder wird in Bezug aufseine Langsachse mit m ¼ 10 kg undr ¼ 200 mm nach Tabelle 4.5, Seite 234:

Jx ¼ 1

2mr 2 ¼ 1

2� 10 kg � ð0,2 mÞ2 ¼ 0,2 kg m2

J Dm r

kg m2 kg m

Mres J a

Nm ¼ kg m2

s2kg m2 rad

s2

4 Dynamik232

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4.9.2.2 �bung zum Tragheitsmoment

Das Verstandnis fur die Berechnungsgleichungenin Tabelle 4.5 (Seite 234) wird vertieft, indem mitHilfe der Definitionsgleichung fur das Tragheits-moment J ¼ S Dmn rn

2 eine Gleichung entwickeltwird, die fur den Kreiszylinder gilt. Fur die x-Ach-se des Kreiszylinders muss man nach Tabelle 4.5die Gleichung Jx ¼ rpr4h=2 finden (r ist dieDichte des Stoffs).

Man lost zunachst den Kreiszylinder in drei Teil-korper auf (Dm1, Dm2, Dm3) und legt deren mitt-lere Radien r1, r2, r3 in Abhangigkeit vom Radius rfest, denn das sind die Radien, mit deren Quadratdie Teilmassen Dm1, Dm2, Dm3 zu multiplizierensind (Jx ¼ S Dmn rn

2).

Die Teilmassen selbst erhalt man nach 4.4.2(Seite 188) als Produkt aus Dichte r, Flache A undDicke h.

A1 ¼ p2

10r

� �2

¼ pr24

100

A2 ¼ p6

10r

� �2

� p2

10r

� �2

¼ pr232

100

A3 ¼ p10

10r

� �2

� p6

10r

� �2

¼ pr264

100

Die Summierung der Produkte S Dmn rn2 ¼ Jx

ergibt in der Rechnung vor dem Produkt rpr4hden Faktor 1/2,17, wahrend die exakte Berechnungzu dem Faktor 1/2,00 fuhren wurde, wie die Tabel-le 4.5 (Seite 234) zeigt. Wenn die sehr grobe Auf-teilung des Kreiszylinders schon zu dieser An-naherung fuhrt, dann ist anzunehmen, dass eineUnterteilung in 6 oder 12 Teilkorper fast genauden exakten Faktor 1/2,00 ergibt.

Dm1 ¼ rA1h ¼ rhpr24

100

Dm2 ¼ rA2h ¼ rhpr232

100

Dm3 ¼ rA3h ¼ rhpr264

100

Dm1 r12 ¼ rhpr2

4

100� 1

100r2

¼ rpr4h4

10 000

Dm2 r22 ¼ rhpr2

32

100� 16100

r2

¼ rpr4h512

10 000

Dm3 r32 ¼ rhpr2

64

100� 64100

r2

¼ rpr4h4096

10 000

S Dmn rn2 ¼ 4612

10 000rpr4h ¼ 1

2,17rpr4h

Jx ¼ 1

2,17rpr4h�

exakt nach Tabelle 4.5: Jx ¼ 1

2,00rpr4h

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 233

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Tabelle 4.5 Gleichungen fur Tragheitsmomente J (Massenmoment 2. Grades)

Art des Korpers Tragheitsmoment J (Jx um die x-Achse;Jz um die z-Achse; J0 um die 0-Achse)

Rechteck, QuaderJx ¼ 1

12mðb2 þ h2Þ ¼ 1

12rhbsðb2 þ h2Þ

bei geringer Plattendicke s ist

Jz ¼ 1

12mh2 ¼ 1

12rbh3 s; J0 ¼ 1

3mh2 ¼ 1

3rbh3 s

Wurfel mit Seitenlange a: Jx ¼ Jz ¼ ma2

6

KreiszylinderJx ¼ 1

2mr2 ¼ 1

8md2 ¼ 1

32rpd4 h ¼ 1

2rpr4 h

Jz ¼ 1

16m d2 þ 4

3h2

� �¼ 1

64rpd2 h d2 þ 4

3h2

� �

HohlzylinderJx ¼ 1

2mðR2 þ r2Þ ¼ 1

8mðD2 þ d2Þ ¼ 1

32rphðD4 � d4Þ

Jx ¼ 1

2rphðR4 � r4Þ

Jz ¼ 1

4m R2 þ r2 þ 1

3h2

� �¼ 1

16m D2 þ d2 þ 4

3h2

� �

KreiskegelJx ¼ 3

10mr2

Kreiskegelstumpf: Jx ¼ 3

10m

R5 � r5

R3 � r3

ZylindermantelHohlzylinder mit Wanddicke s ¼ ðD� dÞ=2sehr klein im Verhaltnis zum mittlerenDurchmesser dm ¼ ðDþ dÞ=2

Jx ¼ 1

4mdm

2 ¼ 1

4rpdm

3hs

Jz ¼ 1

8m dm

2 þ 2

3h2

� �¼ 1

8rpdm hs dm

2 þ 2

3h2

� �

KugelJx ¼ 2

5mr2 ¼ 1

10md2 ¼ 1

60rpd5 ¼ 8

15rpr5

Hohlkugel (Kugelschale)Wanddicke s ¼ ðD� dÞ=2 sehr kleinim Verhaltnis zum mittlerenDurchmesser dm ¼ ðDþ dÞ=2

Jx ¼ Jz ¼ 1

6mdm

2 ¼ 1

6rpdm

4s

RingJz ¼ m R2 þ 3

4r2

� �¼ 1

4m D2 þ 3

4d2

� �Jz ¼ 1

16rp2Dd2 D2 þ 3

4d2

� �¼ 1

4mD2 1þ 3

4

d

D

� �2" #

4 Dynamik234

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4.9.2.3 Verschiebesatz (Steiner’scher Satz)

Die Berechnungsgleichungen fur Tragheitsmo-mente J in Tabelle 4.5 (Seite 234) wurden fur dieSchwerachsen der Korper entwickelt, so wie beider Herleitung der Gleichung Jx ¼ 0,5rpr4h furden Kreiszylinder. Diese Gleichungen gelten alsofur den Fall, dass die Korperschwerachse zugleichDrehachse ist.

In Tabelle 4.5 (Seite 234) sind die x-Achsenund die z-Achsen Schwerachsen der Korper.

Jx ist das Tragheitsmoment des Korpers bezo-gen auf die Schwerachse x � x usw.

Decken sich Korperschwerachse x � x und Dreh-achse 0–0 (Bezugsachse) nicht, wie z. B. beimKurbelzapfen (Kreiszylinder) auf der Kurbelscheibe,dann muss man das Tragheitsmoment J0 desTeilkorpers (Kurbelzapfen) in Bezug auf die paral-lele Drehachse 0–0 nach dem Verschiebesatz vonSteiner bestimmen. Das ist das gleiche Verfahrenwie z. B. bei der Biegebeanspruchung in der Fes-tigkeitslehre, wenn die Flachenschwerachse derTeilflache nicht zugleich Biegeachse der ganzenFlache ist (siehe 5.7.6, Seite 312).

x�x Schwerachse des Kreiszylinders0–0 Drehachse (Bezugsachse)rn zu Dmn gehoriger RadiusDmn beliebige Teilmassel Abstand Schwerachse-Drehachse

(Bezugsachse)

Zur Herleitung des Verschiebesatzes geht man vonder uneingeschrankt gultigen Definitionsgleichungfur das Tragheitsmoment aus, hier bezogen auf dieDrehachse 0–0. Der Abstand der Teilmasse Dmvon der Bezugsachse betragt jetzt lþ rn, wie dieSkizze der Kurbelscheibe zeigt.

J0 ¼ Summe aller Teilmassen mal Abstands-quadrat

J0 ¼ S Dmnðlþ rnÞ2

J0 ¼ S Dmnðl2 þ 2 l rn þ rn2Þ

J0 ¼ l2S Dmn|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}1: Glied

þ 2 lS Dmn rn|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}2: Glied

þS Dmn rn2|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}

3: Glied

Das erste Glied der gefundenen Gleichung fuhrtzum Produkt ml2, weil S Dm ¼ m ¼ Masse desKurbelzapfens ist.

l2S Dmn ¼ l2m ¼ ml2

Das zweite Glied wird null, weil S Dmnrn ¼ 0 ist.S Dmn rn ist die Summe der statischen Momentealler Teilmassen bezogen auf die Schwerachse desKorpers. Diese Momentensumme ist gleich null(siehe Momentensatz und Schwerpunktslehre).

2l S Dmn rn ¼ 2 l � 0 ¼ 0

Das dritte Glied erkennt man sofort: Es ist dasTragheitsmoment Jx des Teilkorpers (Kurbelzap-fen) in Bezug auf die eigene Schwerachse (Jx ¼ Jsnach Tabelle 4.5).

S Dmn rn2 ¼ Jx ¼ Js

Js ist das Tragheitsmoment des Korpers bezo-gen auf die eigene Schwerachse. Es kann Jx,Jz oder J0 nach Tabelle 4.5 sein.

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 235

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Damit kann man den Verschiebesatz formulieren:

Das Tragheitsmoment J0 fur eine Drehachse0–0 ist gleich dem Tragheitsmoment Js fur dieparallele Schwerachse s�s des Korpers, ver-mehrt um das Produkt aus der Masse m desKorpers und dem Abstandsquadrat l2 der bei-den Achsen. Eine der beiden parallelen Achsenmuss immer Schwerachse sein.

J0 ¼ Js þ ml2

Verschiebesatz

Sind die Tragheitsmomente Js1, Js2, Js3 mehrererTeilkorper auf eine zu den Teilschwerachsen paral-lele Drehachse 0–0 zu beziehen, dann ist immerdas Produkt m1l1

2, m2l22, m3l3

2 hinzuzufugen.

J0 ¼ Js1 þ m1l12 þ Js2 þ m2l2

2 þ . . .

Verschiebesatz

Beachte: Bei Bohrungen werden Js und auchml2 fur die Bohrung negativ.

Decken sich die Schwerachsen der Teilkorper mitder Drehachse, dann werden die Produkte ml2

gleich null, d. h. man darf dann (aber nur dann)die Tragheitsmomente einfach addieren (fur Boh-rungen subtrahieren).

J0 ¼ Js1 þ Js2 þ Js3 þ . . .þ Jsn

(gilt nur fur l1 ¼ 0; l2 ¼ 0; l3 ¼ 0 . . . ln ¼ 0)

�bung: Die im Abstand l ¼ 200 mm um eineDrehachse 0 rotierende Kugel hat den Radiusr ¼ 10 mm und die Dichte r ¼ 8,6 g/cm3. Es solldas Tragheitsmoment J0 fur die Drehachse be-stimmt werden.

Losung: Der Verschiebesatz wird angesetzt. Furdas Tragheitsmoment Js der Kugel in Bezug aufdie eigene Schwerachse findet man in Tabelle 4.5(Seite 234) die Beziehung Jx ¼ ð2=5Þ mr2 ¼ Js.

Aus der Mathematik ist die Gleichung fur das Ku-gelvolumen bekannt. Außerdem weiß man, dassm ¼ Vr ist (4.4.2, Seite 190).

Fur die Ausrechnung wird hier als Masseneinheit g,und als Langeneinheit cm benutzt.

Mit 1 g ¼ 10�3 kg und 1 cm2 ¼ 10�4 m2 kann ab-schließend leicht umgerechnet werden.

J0 ¼ Js þ ml2

m ¼ 4

3pr3r (Kugelmasse)

Js ¼ 2

5mr2 (nach Tabelle 4.5, Seite 234)

J0 ¼ 2

5mr2 þ ml2 ¼ m

2

5r2 þ l2

� �J0 ¼ 4

3pr3r

2

5r2 þ l2

� �J0 ¼ 14 424 g cm2 ¼ 14,4 kg cm2

J0 ¼ 14,4 � 10�4 kg m2

J0, Js m l

kg m2 kg m

4 Dynamik236

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4.9.2.4 Reduzierte Masse mred und Tragheitsradius i

Reduzierte Masse mred eines Korpers ist eine in be-liebigem Abstand r von der Drehachse gedachteErsatzmasse, die in Bezug auf die Drehachse dasgleiche Tragheitsmoment Js besitzt, wie die ver-teilte Masse m des ursprunglichen Korpers. Dabeikann man sich die reduzierte Masse mred als sehrdunnen Hohlzylinder, als Kugel, als Punkt usw.denken. Manche Rechnungen und �berlegungenwerden dadurch einfacher. Je nach Wahl des Ab-standes r fur die reduzierte Masse erhalt man dafureinen anderen Betrag, denn es muss immer vonder Definitionsgleichung fur das Tragheitsmomentausgegangen werden, in diesem Fall also vonJs ¼ mredr2.

Beispiel:

Gesucht ist die reduzierte Masse mred fureinen Kreiszylinder der Masse m, wenn mansich die Masse m auf den Zylinderumfangreduziert denkt.

Im nebenstehenden Beispiel soll die Masse m desKreiszylinders auf den Zylinderumfang bezogenwerden (r bleibt gleich groß). Dann ergibt sich ausJs ¼ mredr2 die reduzierte Massemred ¼ Js=r

2 ¼ m=2.

Js ¼ mr2

2mred ¼ Js

r2¼ mr2

2r2¼ m

2

Man erhalt demnach die reduzierte Masse mred,indem das Tragheitsmoment Js des ursprunglichenKorpers durch das Quadrat des gewahlten Radiusdividiert wird.

Js ¼ mred r2

mred ¼ Jsr2

mred Ersatzmasse(reduzierte Masse)

Tragheitsradius i eines Korpers ist derjenige Ab-stand von der Drehachse, in dem man sich dieMasse m des Korpers als reduzierte Masse umlau-fend vorstellen muss, ohne dass sich das ursprung-liche Tragheitsmoment Js des Korpers andert.

Nach der Definitionsgleichung fur das Tragheits-moment muss mit Masse m und Tragheitsradius ijetzt Js ¼ mi2 gelten. Daraus lasst sich der Trag-heitsradius bestimmen.

Js ¼ mi2

i ¼ffiffiffiffiJsm

r Js gegebenes Tragheitsmomentm gegebene Massei gesuchter Tragheitsradius

Aufgaben Nr. 582–596

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 237

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4.9.3 �bung zum dynamischen Grundgesetz fur die Drehung

�bung: Durch einen Bremsversuch soll das Trag-heitsmoment J einer Scheibenkupplung bestimmtwerden. Die Kupplung besitzt die Massem ¼ 135 kg. Sie wird durch ein resultierendesBremsmoment von 20 Nm in 25 s von n1 ¼2800 min�1 auf n2 ¼ 1345 min�1 abgebremst.

Gegeben: Mres ¼ 20 Nm

Dt ¼ 25 s

w1 ¼ pn130

¼ 293,2rad

s

w2 ¼ pn230

¼ 140,8rad

sGesucht: Js ¼ J ¼ f ðMres,Dt,w1,w2Þ

Losung: Im dynamischen Grundgesetz ersetztman die Winkelbeschleunigung a definitions-gemaß durch a ¼ Dw=Dt ¼ ðw1 � w2Þ=Dt undlost die Gleichung nach J auf.

In der Ausrechnung wird die Einheit Nm fur dasresultierende Drehmoment durch die Basiseinhei-ten (1 N ¼ 1 kgm/s2) ersetzt.

Mres ¼ Ja ¼ JDw

Dt¼ J

w1 � w2

Dt

J ¼ Mres Dt

w1 � w2J ¼ f ðMres,Dt,w1,w2Þ

J ¼20

kg m2

s2� 25 s

ð293,2� 140,8Þ rad

s

¼ 3,28 kg m2

4.9.4 Drehimpuls (Drall) und Impulserhaltungssatz fur die Drehung

Das dynamische Grundgesetz fur Drehung kann ineine andere Form gebracht werden, mit der sichbestimmte Aufgaben einfacher losen lassen. Dazuschreibt man fur die Winkelbeschleunigunga ¼ Dw=Dt und multipliziert die so entstandeneGleichung mit dem Zeitabschnitt Dt. Diese Glei-chung eignet sich besonders fur Aufgaben, indenen der (meist sehr kurze) Zeitabschnitt Dt eineRolle spielt (vergleiche mit 4.4.9, Seite 201).

Mres ¼ Ja a ¼ Dw

Dt

Mres ¼ JDw

Dt

� DtMres Dt ¼ J Dw

Dt ¼ t2 � t1Dw ¼ w2 � w1

Mres ðt2 � t1Þ|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}Dt

¼ J ðw2 � w1Þ|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}Dw

gilt furMres ¼ konstant

Das Produkt aus dem resultierenden außeren Dreh-moment Mres und dem Zeitabschnitt Dt heißt Mo-mentenstoß.

Mres Dt Momentenstoß des resultierendenDrehmomentes

Das Produkt aus dem Tragheitsmoment J einesKorpers und seiner Winkelgeschwindigkeit w wirdals Drehimpuls oder Drall bezeichnet:

Jw Drehimpuls (Drall) des Korpers

Die �nderung des Drehimpulses eines Korpersist gleich dem Momentenstoß des resultieren-den Drehmomentes wahrend des betrachtetenZeitabschnitts.Der Drehimpuls ist ein Vektor.

Mres Dt ¼ Jw2 � Jw1

4 Dynamik238

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Ist das resultierende Drehmoment Mres aller auße-ren Drehmomente gleich null (momentfreies Sys-tem), dann ist auch der Momentenstoß Mres Dtgleich null:

Mres Dt ¼ Jw2 � Jw1 ¼ 0

Bei Mres ¼ 0 bleibt der Drehimpuls eines Kor-pers unverandert (Jw ¼ konstant).

Ein Vergleich der voranstehenden Entwicklungenmit den Herleitungen zum Impuls bei geradlinigerBewegung (4.4.9, Seite 201) zeigt deutlich diestrukturelle �bereinstimmung der Gesetze der ge-radlinigen Bewegung und der Drehbewegung(Analogie).

Jw2 ¼ Jw1 ¼ konstant

Impulserhaltungssatz furDrehung

4.9.5 Kinetische Energie Erot (Rotationsenergie)

Man geht auf die gleiche Weise vor wie im Ab-schnitt 4.7.3, Seite 219:

Wird ein Korper, z. B. eine Schwungscheibe, ausdem Stillstand heraus auf die Winkelgeschwindig-keit w gebracht, dann ist dazu nach dem dyna-mischen Grundgesetz das resultierende Dreh-moment Mres ¼ Ja erforderlich (4.9.1, Seite 231).Mres dreht den Korper um den Drehwinkel Dj,verrichtet also am Korper eine Arbeit, die Be-schleunigungsarbeit Wa ¼ Mres Dj.

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfahigkeit,mit der der Korper, z. B. das Schwungrad, aneinem anderen Korper Arbeit verrichten kann. Danur solche Korper diese Energieart besitzen, diesich mit der Winkelgeschwindigkeit w drehen,spricht man von Rotationsenergie Erot.

Mit der bisherigen Kenntnis der einander entspre-chenden Großen der geradlinigen und der Drehbe-wegung hatte man die Gleichung fur die Rotati-onsenergie sofort aufschreiben konnen.

Besitzt ein Korper schon die Winkelgeschwindig-keit w1 und wird er durch Mres uber dem Drehwin-kel Dj auf die Winkelgeschwindigkeit w2 ge-bracht, dann wird fur Dj ¼ ðw2

2 � w12Þ=2a

eingesetzt (Tabelle 4.3, Seite 185). Damit erhaltman eine Gleichung fur die BeschleunigungsarbeitWa in der allgemeinen Form. Wa gibt dann zu-gleich die �nderung der Rotationsenergie des Kor-pers an (DErot ¼ Erot 2 � Erot 1). Vergleiche mitSeite 219.

Mres ¼ Ja ¼ JDw

DtDw ¼ w gesetzt

Mres Dj ¼ Jw

DtDj

Mres Dj ¼ Jw

Dt

w Dt

2

Mres Dj ¼ J

2w2 ¼ Wa

Rotations-energie Erot

¼ Beschleunigungs-

arbeitWa

Erot ¼ J

2w2

Rotationsenergie

Masse m ¼b Tragheitsmoment J

Geschwindigkeit v ¼b Winkel-geschwindigkeit w

Ekin ¼ m

2v2 ) Erot ¼ J

2w2

Mres Dj ¼ Ja Dj

Dj ¼ w22 � w1

2

2a

Mres Dj ¼ Jaw2

2 � w12

2a

Wa ¼ J

2ðw2

2 � w12Þ ¼ DErot

�nderung der Rotationsenergie

Erot , Wa J w

J ¼ Nm kg m2 rad

s

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 239

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4.9.6 Energieerhaltungssatz fur Drehung

Der Energieerhaltungssatz fur technische Vorgange nach Abschnitt 4.7.5, Seite 220, muss auchfur die Drehbewegung gelten.

EnergieerhaltungssatzDie Rotationsenergie Erot E am Ende eines Vorgangs ist gleich der Rotationsenergie Erot A

am Anfang des Vorgangs, vermehrt um die wahrend des Vorgangs zugefuhrte Arbeit Wzu

und vermindert um die wahrend des Vorgangs abgegebene Arbeit Wab.

Erot E ¼ Erot A þ Wzu � Wab

Rotations-energie am Endedes Vorgangs

¼Rotations-energie am Anfangdes Vorgangs

þ zugefuhrteArbeit

� abgefuhrteArbeit

�bung: Eine Schleifscheibe von d1 ¼ 500 mmDurchmesser und der Masse m ¼ 25 kg wird beieiner Drehzahl n ¼ 1 480 min�1 ausgeschaltet undlauft in 387 s aus. Der Lagerdurchmesser betragtd2 ¼ 50 mm.

Gesucht wird die mittlere Reibungszahl m in denbeiden Gleitlagern der Schleifscheibenwelle.

Losung: Bei diesem „Auslaufversuch“ zur Be-stimmung der Reibungszahl in den Lagern istErot E ¼ 0, denn am Ende des Vorgangs ruht dieScheibe. Ebenso ist Wzu ¼ 0, weil keine Arbeit zu-gefuhrt wird. Dagegen wird wahrend des VorgangsReibungsarbeit WR abgefuhrt (Reibungsarbeit derReibungskraft FNm).

Anfangsenergie ist die RotationsenergieErot ¼ Jw2=2, mit J ¼ mr2=2 nach Tabelle 4.5,Seite 234. Fur r2 muss man ðd1=2Þ2 einsetzen.

Beim Auslaufen wird demnach die gesamte An-fangsenergie durch die Reibungsarbeit aufgezehrt(Erot ¼ WR).

Aufgaben Nr. 597–605

Erot E ¼ Erot A þWzu �Wab

0 ¼ J

2w2 þ 0 �WR

WR ¼ MR Dj ; Dj ¼ w Dt

2

v

v

0 tΔt

Δf =

vΔt2

MR ¼ FN md22¼ mgm

d22; FN ¼ FG ¼ mg

WR ¼ mgmd22� w Dt

2

J

2w2 ¼ WR ; J ¼ 1

2mr2 ¼ 1

2m

d12

� �2

1

2� 12

md12

4w2 ¼ mgm

d22� w Dt

2

� 4

mw

d12

4w ¼ gmd2 Dt

m ¼ d12w

4gd2 Dtm ¼ 0,051

4 Dynamik240

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4.9.7 Fliehkraft

4.9.7.1 Zentripetalbeschleunigung und Zentripetalkraft

Nach dem Tragheitsgesetz bewegt sich jeder Kor-per mit konstanter Geschwindigkeit (v ¼ konstant)auf geradliniger Bahn weiter, solange keine resul-tierende Kraft auf ihn einwirkt. Dann bleibt alsonicht nur der Betrag des Geschwindigkeitsvektorserhalten (z. B. v ¼ 4 m/s), sondern auch Richtungund Richtungssinn.

Beachte:Wichtig ist fur die folgende Be-trachtung, dass jeder Korper ohne außereEinflusse von sich aus bestrebt ist, die geradeBewegungsbahn beizubehalten.

Soll sich ein Korper auf einer kreisformigen Bahnbewegen, dann kann zwar der Betrag der Ge-schwindigkeit vu (Umfangsgeschwindigkeit) gleichgroß bleiben (vu ¼ konstant), aber die Richtung desGeschwindigkeitsvektors andert sich laufend.

Beachte: Auch bei gleichformiger Kreisbe-wegung muss der umlaufende Korper dau-ernd in Richtung zum Mittelpunkt hin abge-lenkt werden: Das ist einBeschleunigungsvorgang und es giltFres ¼ ma.

Es soll nun der Betrag der zum Mittelpunkt M ge-richteten Zentripetalbeschleunigung az bestimmtwerden:

Bei gleichformiger Kreisbewegung bleibt der Be-trag der Umfangsgeschwindigkeit gleich groß, alsovu1 ¼ vu2 ¼ vu, jedoch hat sich ihre Richtung aufdem Weg von P1 nach P2 geandert. In beidenPunkten ist vu tangential gerichtet. Der Kreisbogen_P1P2 muss entsprechend der Grundgleichung furdie gleichformige Bewegung gleich vu Dt sein,also

_P1P2 ¼ vu Dt.

Der Radius des Kreises wird mit rs bezeichnet, umschon hier deutlich zu zeigen, dass immer die Um-laufbahn des Massenschwerpunkts eines Korperszu betrachten ist.

Man zeichnet sich nun die beiden Geschwindigkeits-vektoren in den beiden Punkten P1 und P2 heraus(Parallelverschiebung) und bezeichnt die Endpunkteder Geschwindigkeitspfeile mit P0

1 und P02.

Δϕ

Δϕ

P’2

P’1

vu2

vu1

v = v – v ,

denn v + v = vu2 u1

u1 u2

M’

M

P2

P1

az

az

vu2

vu1

Tangente

Normale

n( )ω

rs

� �s = v tu

Aus der �hnlichkeit der beiden schraffierten Drei-ecke kann die Verhaltnisgleichung herausgelesenwerden.

_P1P2

rs¼_P01P

02

vu

Fur sehr kleine Zeitabschnitte Dt kann man_P01P

02 ¼ P0

1P02 setzen. Die Richtungsanderung der

beiden Geschwindigkeitsvektoren vu1, vu2 ist derVektor der Geschwindigkeitsanderung Dv. Damitwird die Verhaltnisgleichung entsprechend umge-schrieben.

_P1P2 ¼ vu Dt

P01P

02 ¼ Dv

vu Dt

rs¼ Dv

vu

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 241

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Lost man die Gleichung nach Dv=Dt auf, und be-achtet, dass jeder Quotient aus einer Geschwindig-keitsanderung und dem zugehorigen Zeitabschnitteine Beschleunigung darstellt, dann erhalt man dieGleichung fur den Betrag der Zentripetalbeschleu-nigung az. Eine zweite Form findet man, indemnach 4.2.7 (Seite 178) fur vu ¼ rsw eingesetztwird. Die Zentripetalbeschleunigung az ist zumDrehmittelpunkt gerichtet.

Dv

Dt¼ az ¼ vuvu

rs¼ vu2

rs

az ¼ vu2

rs¼ rsw

2

Zentripetalbeschleunigung

Beachte: rs ist der Radius des Kreises, aufdem der Schwerpunkt des Korpers umlauft.

Ursache jeder Beschleunigung ist nach dem dyna-mischen Grundgesetz immer eine resultierende KraftFres ¼ ma. Diese Kraft heißt hier ZentripetalkraftFz. Sie steht nach d’Alembert im Gleichgewichtmit der entgegengesetzt gerichteten Tragheitskraftdes Korpers, die Fliehkraft oder Zentrifugalkraftheißt. Diese Krafte haben Bedeutung bei Flieh-kraftreglern, Kreiselpumpen, Unwuchten, Schleu-dergussverfahren, Kurvenfahrten von Fahrzeugenusw.

Fres ¼ ma

Fres ¼ Fz a ¼ az

Fz ¼ maz ¼ mrsw2 ¼ m

vu2

rs

Zentripetalkraft

4.9.7.2 �bungen zur Fliehkraft

1. �bung: Eine Rennstrecke soll in einer Kurvevom Radius rs ¼ 400 m eine Geschwindigkeit vonv ¼ 280 km/h ermoglichen, ohne dass an den Rei-fen seitliche Reibungskrafte abgestutzt werdenmussen. Dazu muss der Neigungswinkel a derFahrbahn so groß werden, dass die Resultierendeaus Fliehkraft Fz und Gewichtskraft FG in Norma-lenrichtung auf der Fahrbahn steht.

Welchen Neigungswinkel a muss die Fahrbahn er-halten?

Losung: Der Neigungswinkel a der Fahrbahn-decke zur Horizontalen tritt auch im Krafteck auf,und zwar zwischen Gewichtskraft FG und Resul-tierender Fres.

Die Entwicklung der Gleichung zeigt, dass derNeigungswinkel a der Fahrbahn unabhangig istvon der Masse m des Fahrzeugs, jedoch nicht vonder Fallbeschleunigung g.

tan a ¼ Fz

FG¼

mvu

2

rsmg

vu ¼ v gesetzt

tan a ¼ v2

grs

a ¼ arctanv2

grsa ¼ arctan

280

3,6

m

s

� �2

9,81m

s2� 400 m

¼ 57�

az vu rs w

m

s2m

sm

rad

s

Fz m az rs w vu

N ¼ kgm

s2kg

m

s2m

rad

s

m

s

4 Dynamik242

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2. �bung: Ein Lieferwagen mit der Massem ¼ 1000 kg fahrt mit v ¼ 80 km/h durch einenicht uberhohte Kurve vom Radius rs ¼ 55 m. DerFahrzeugschwerpunkt S liegt h ¼ 0,65 m uber derFahrbahndecke, die Spurweite der Rader betragtl ¼ 1,2 m. Als Haftreibungszahl wird m0 ¼ 0,6 an-genommen.

Es ist zu untersuchen, ob der Wagen in der Kurvekippt oder rutscht.

Losung: Die Lageskizze zeigt, dass der Wagendann nicht um A kippt, wenn das linksdrehendeMoment Fzh (Kippmoment) kleiner ist als dasrechtsdrehende FG l=2 (Standmoment). Auch hierzeigt die Entwicklung der Gleichung die Unabhan-gigkeit von der Masse m des Wagens.

Die Ausrechnung ergibt: Der Wagen kippt (geradenoch) nicht.

Fz h FGl

2Fz ¼ m

v 2

rsFG ¼ mg

v 2

rsh g

l

2

80

3,6

m

s

� �2

� 0,65 m

55 m 9,81

m

s2� 0,6 m

5,836 < 5,886

Der Wagen rutscht in der Kurve, wenn die Summeder an den vier Radern angreifenden Reibungs-krafte kleiner ist, als die nach links wirkendeFliehkraft Fz. Diese Bedingung wird uberpruft, in-dem man die Gleichung nach der Haftreibungszahlm0 auflost.

Die Ausrechnung zeigt: Die Haftreibungszahl m0ist kleiner als erforderlich, d. h. der Wagen rutscht(m0 ¼ 0,6 < 0,915).

FR0max Fz

mgm0 mv2

rs

m0 v2

grs

m0 80

3,6

m

s

� �2

9,81m

s2� 55 m

¼ 0,915

0,6 < 0,915

3. �bung: Ein dunner Ring von der Dichte r lauftmit der Winkelgeschwindigkeit w (Umfangs-geschwindigkeit vu) um.

Es soll eine Gleichung zur Bestimmung der Zug-spannung sz im Schnitt A� B des Ringes herge-leitet werden.

Losung: Fur den geschnittenen Ring muss in dergezeichneten Stellung SFx ¼ 0 sein, d. h. im Fla-chenschwerpunkt beider Querschnitte greift dieNormalkraft FN ¼ Fz=2 als innere Kraft an. DieseNormalkraft FN erzeugt die Zugspannungsz ¼ FN=A ¼ Fz=2A (A ¼Querschnittsflache).

sz ¼ Fz

2A¼ mrsw2

2A

m ¼ Vr ¼ prAr

rs ¼ 2r

pSchwerpunktsabstanddes Halbkreisbogens

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 243

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Die Fliehkraft Fz ist eine Tragheitskraft (siehed’Alembert, 4.4.6, Seite 194), d. h. sie greift imSchwerpunkt der Halbkreislinie mit dem Radius ran: rs ¼ 2r=p. Es muss zwischen r und rs unter-schieden werden.

Man sieht, dass die Zugspannung sz unabhangigvon der Querschnittsflache A des dunnen Ringesist.

Dreht sich der dunne Ring mit einer Umfangs-geschwindigkeit von 36 m/s, und besitzt er eineDichte von 7850 kg/m3, dann betragt die Zugspan-nung sz � 10 N=mm2.

Aufgaben Nr. 610–620

sz ¼prAr

2r

pw2

2A

sz ¼ r2w2rsz ¼ vu2r

1N

m2¼ 10�6 N

mm2

sz ¼ vu2r ¼ 362

m2

s2� 7 850 kg

m3

sz ¼ 10,17 � 106 N

m2¼ 10,17

N

mm2

4.9.8 Gegenuberstellung der translatorischen und rotatorischen Großen

Geradlinige (translatorische) Bewegung Drehende (rotatorische) Bewegung

sz r w vu r

N

m2m

rad

s

m

s

kg

m3

Große Definitionsgleichung Einheit Große Definitionsgleichung Einheit

Zeit t Basisgroße s Zeit t Basisgroße s

Verschiebeweg s Basisgroße m Drehwinkel j j ¼ b

rrad

Masse m Basisgroße kg Tragheitsmoment J J ¼ S Dmr2 kgm2

Geschwindigkeit v(v ¼ konstant) v ¼ Ds

Dt

m

s

Winkel-geschwindigkeit w(w ¼ konstant)

w ¼ Dj

Dt

rad

s

Arbeit W W ¼ Fs J Dreharbeit Wrot Wrot ¼ Mj ¼ FTrj J

Leistung P P ¼ W

t¼ F v W Drehleistung Prot Prot ¼ Wrot

t¼ Mw W

ElastischeVerformung(geradlinig)

F ¼ Rs

W ¼ 1

2Rs2

N

J

ElastischeVerformung(kreisformig)

M ¼ Rj

W ¼ 1

2Rj2

Nm

J

Beschleunigung a a ¼ Dv

Dt

m

s2Winkel-beschleunigung a

a ¼ Dw

Dt

rad

s2

Beschleunigungs-kraft Fres

Fres ¼ ma N Beschleunigungs-moment Mres

Mres ¼ Ja Nm

kinetischeEnergie Ekin

Ekin ¼ m

2v2 J Rotations-

energie ErotErot ¼ J

2w2 J

Impulserhaltungs-satz

mv ¼ konstant Impulserhaltungs-satz

Jw ¼ konstant

4 Dynamik244

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4.10 Mechanische Schwingungen

4.10.1 Begriff

Schwingung ist eine auch im Alltag bekannte Bewegungsform von Korpern oder Masseteil-chen, die sich am Ort um eine Ruhe- oder Nulllage herum bewegen (pendeln, schwingen),z. B. hin und her bei allen Pendeln wie Uhrenpendel, Fadenpendel, Federpendel. Bruckenschwingen bei Belastung, ebenso eine Blattfeder oder (drehend) eine Torsionsstabfeder amAuto, aber auch Masseteilchen in einer Flussigkeit oder Elektronen in der Atomhulle schwin-gen.

Man spricht von elektrischen Schwingungen (Schwingkreis), optischen und akustischen(Ton-) Schwingungen. In diesem Kapitel werden nur mechanische Schwingungen behandelt;unterteilt in den kinematischen Bereich mit der Frage nach den Veranderungen der Bewe-gungsgroßen Weg s, Geschwindigkeit v, Beschleunigung a und in den kinetischen Bereichmit der Frage nach den Kraften F und Kraftmomenten M.

4.10.2 Ordnungsbegriffe

Der Pendelkorper (Schwinger) einer Uhr fuhrt eine freie Schwingung aus, wenn er ohne An-trieb nie zur Ruhe kame. Tatsachlich tritt immer Reibung auf und es kommt zu gedampftenSchwingungen. Die Reibung entzieht dem Schwinger (Kugel, Pendel) Energie, die Auslenkung(Großtwert: Amplitude) wird immer kleiner. Wird dem Schwinger von außen Energie zuge-fuhrt, spricht man von erzwungener Schwingung. Ist dabei die zugefuhrte Energiemenge durchRegelung so dosiert, dass die Schwingung gerade aufrecht erhalten bleibt, nennt man das eineerzwungene selbsterregte Schwingung (mechanisches Uhrwerk).

4.10.3 Die harmonische Schwingung

4.10.3.1 Die Bewegungsgesetze der harmonischen Schwingung

Lauft der Punkt P auf dem Radius r gleichformigmit der Winkelgeschwindigkeit w um, dann ent-spricht einem Umlauf auf der Kreisbahn eine Auf-und Abwartsbewegung des projizierten Punktesauf der Projektionswand. Die so entstandene Be-wegung heißt harmonische Schwingung.

Gesucht werden die Gesetzmaßigkeiten zur Be-rechnung von Auslenkung y, Geschwindigkeit vyund Beschleunigung ay des schwingenden Punk-tes P.

Die gefundenen Gleichungen sind die Gleichun-gen der harmonischen Schwingung.

Auslenkung y

ω = konst.

P r

2

1

08

76

5

4

32

1(3)

0,8(4)

7(5)6

Projektionsebene

Nulllage

-y

M

4.10 Mechanische Schwingungen 245

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4.10.3.1.1 Auslenkung-Zeit-Gesetz

Der Punkt P bewegt sich mit konstanter Winkel-geschwindigkeit w von 0 bis 1. Der Radius r hatdabei den Drehwinkel Dj uberstrichen. Die zuge-horige momentane Auslenkung y von der Mittel-lage (Nulllage) ist die Sinuskomponente des Ra-dius r (y ¼ r sin Dj).

Wird nach 4.2.6 (Seite 178) w ¼ Dj=Dt und da-raus Dj ¼ w Dt eingesetzt, ergibt sich das Aus-lenkung-Zeit-Gesetz y ¼ r sin ðwtÞ.Fur Dt schreibt man verkurzt t und bezeichnet denKlammerausdruck als „Omega-t“.

M

ωr

ΔϕPy

0

1

y ¼ r sin Djy ¼ r sin ðw DtÞy ¼ r sin ðwtÞ

4.10.3.1.2 Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz

Punkt P lauft mit der tangential gerichteten kons-tanten Umfangsgeschwindigkeit vu um.

Gesucht wird die momentane Geschwindigkeit vydes auf der Projektionsebene schwingenden Punk-tes P. Wie das Parallelogramm nach der Zerlegungdes Geschwindigkeitsvektors vu zeigt, ist vy dieKosinuskomponente der Umfangsgeschwindigkeitvu: vy ¼ vu cos Dj.

Fur die Umfangsgeschwindigkeit vu kann nach4.2.7 (Seite 178) das Produkt aus Winkel-geschwindigkeit w und Radius r eingesetzt werden(vu ¼ wr).

M

vy vu

Δϕ

Δϕ- 0

1

ω

vy ¼ vu cos Djvy ¼ rw cos ðwtÞvy ¼ rw sin

p

2� wt

� �Beachte: Es ist

cos Dj ¼ sin ð90� DjÞ, alsocos ðwtÞ ¼ sin ðp=2� wtÞ

4.10.3.1.3 Beschleunigung-Zeit-Gesetz

Jeder auf einer Kreisbahn umlaufende Punkt, auchder gleichformig umlaufende, wird in jedem Au-genblick zum Kreisbahnmittelpunkt M hin be-schleunigt. Diese Beschleunigung heißt Zentripe-talbeschleunigung az (siehe 4.9.7.1, Seite 241).

Die momentane Beschleunigung des Punktes P inder Projektionsebene ist die Sinuskomponenteay ¼ �az sin Dj. Die Beschleunigung ay ist im-mer der Auslenkung y entgegengerichtet. Deshalbsteht rechts vom Gleichheitszeichen das Minuszei-chen.

ω

1

- 0ay az

Δϕ

ay ¼ �az sin Djay ¼ �rw2 sin ðwtÞay ¼ �yw2

4 Dynamik246

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4.10.3.2 Die Graphen der harmonischen Schwingung

Werden mit den entwickelten Bewegungsgesetzen fur gleiche Zeitabschnitte Dt (z. B.Dt ¼ 10 s) die Auslenkung y, die Geschwindigkeit vy und die Beschleunigung ay im recht-winkligen Achsenkreuz uber der Zeitachse t aufgetragen, erhalt man die folgenden Kurven:

a) Fur die Auslenkung-Zeit-Linie (y; t-Linie) gilt das zuvor entwickelte Auslenkung-Zeit-Ge-setz y ¼ r sin Dj ¼ r sin ðwtÞ. Der Radius r ist eine Konstante, folglich ist die y; t-Linieeine Sinuskurve mit positivem Richtungssinn fur die Auslenkung y im DrehwinkelbereichDj � 0 180� und negativem Richtungssinn im Drehwinkelbereich Dj � 180� 360�.

b) Fur die Geschwindigkeit-Zeit-Linie (v; t-Linie) gilt das zuvor entwickelte Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz vy ¼ vu cos Dj ¼ rw cos ðwtÞ. Radius r und Winkelgeschwindigkeit w sindKonstante, folglich ist die v; t-Linie eine Kosinuskurve mit positivem Richtungssinn fur dieGeschwindigkeit vy im Drehwinkelbereich zwischen 0� und 90� sowie zwischen 270� und360� und negativem Richtungssinn im Drehwinkelbereich zwischen Dj � 90� 270�.

c) Fur die Beschleunigung-Zeit-Linie (ay; t-Linie) gilt das zuvor entwickelte Beschleunigung-Zeit-Gesetz ay ¼ �az sin Dj ¼ �rw2 sin ðwtÞ. Radius r und Winkelgeschwindigkeit wsind Konstante, folglich ist die ay; t-Linie eine Sinuskurve mit negativem Richtungssinn furdie Beschleunigung ay im Drehwinkelbereich zwischen 0� und 180� und positivem Rich-tungssinn zwischen 180� und 360�.

y

y

y = r sin = r sin ( t)Δϕ ω

Δϕ

Δϕ

Δϕ

y = rmax

y = - rmax

t

t

t

0 1 2 3 4 5 6 7 8

08

6

5

4

3

2

M

vu

vx

ay

ay

ay

ax

vy vy

v = vy max u v = vy max u

v = -vy ma ux

a = ay max z

a = - ay max z

vy

b)

c)

4

5

6

ω

v = v cos = r cos ( t) = r sin( + t)y u Δϕ ω ω ω ωπ2

0 1 2 3 4 5 6 7 8

0 2 3 4 5 6 7 8

a = -a sin = - r sin ( t) = -yy z 2 2Δϕ ω ω ω

y

M

ΔϕP

r

08

7

6

5

4

3

2

1

ω = konst.

a)

Δϕ

r

0

7

3

2

1

r

7

2

1

az

4.10 Mechanische Schwingungen 247

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4.10.3.3 Zusammenstellung der wichtigsten Großen und Gleichungen der harmonischenSchwingung

Periode (Schwingung) ist ein Hin- und Hergang;eine Schwingung entspricht einem Umlauf auf derKreisbahn (siehe 4.10.3.1).

Auslenkung y (Elongation) ist die momentaneEntfernung des schwingenden Punktes von derNulllage (Mittellage, Gleichgewichtslage).

Amplitude A (Schwingungsweite) ist die maxi-male Auslenkung aus der Nulllage. A ist konstantbei ungedampfter Schwingung.

y

-y

0

A

A

Zeit t

T = 1f

Periodendauer T (Schwingungsdauer) ist die Zeitfur eine volle Schwingung. T ¼ Dt

z

Frequenz f ist der Quotient aus der Anzahl z derPerioden und dem zugehorigen Zeitabschnitt Dt,also die Anzahl der Perioden je Sekunde.

Die Frequenz f hat die Einheit 1/s und die Bezeich-nung Hertz1) (Hz).

f ¼ z

Dt¼ 1

T¼ w

2p

Kreisfrequenz w ergibt sich aus w ¼ 2pf ¼2pz=Dt, sie ist also die schon bekannte Winkel-geschwindigkeit w (nach DIN 1304).

w ¼ 2p f ¼ 2p

T

Phase Dj ist der Winkel im Bogenmaß, den derumlaufende Punkt im Zeitabschnitt Dt durchlauft.

Dj ¼ w Dt ¼ 2p f Dt ¼ 2pz

Mit den festgesetzten Großen konnen die hergelei-teten Bewegungsgesetze fur die harmonischeSchwingung neu geschrieben werden. Dazu setztman fur den Radius r die Amplitude A und fur dieKreisfrequenz w ¼ 2p f ¼ 2pz=T ein.

Aufgaben Nr. 621–624

y ¼ A sin ðwtÞ ¼ A sin ð2p f tÞy ¼ A sin

2p t

T

vy ¼ Aw cos ðwtÞ ¼ Aw cos ð2p f tÞvy ¼ Aw cos

2p t

T

ay ¼ �Aw2 sin ðwtÞ ¼ �Aw2 sin ð2p f tÞay ¼ �Aw2 sin

2p t

T¼ �yw2

1) Heinrich Hertz, deutscher Physiker, 1857–1894.

y, A t, T w, f vy ay

m s1

s

m

s

m

s2

4 Dynamik248

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4.10.3.4 Ruckstellkraft FR, Richtgroße D und lineares Kraftgesetz bei der harmonischenSchwingung

In den vorausgegangenen Kapiteln wurden die Bewegungsgleichungen fur die harmonischeSchwingung entwickelt und in 4.10.3.3 zusammengestellt. Jetzt sind noch die Kraftegleichun-gen fur den harmonisch schwingenden Korper zu ermitteln. Auch dabei muss von der Kreisbe-wegung ausgegangen werden.

Aus Kapitel 4.9.7, Seite 241, ist die Zentripetal-kraft Fz ¼ mrw2 bekannt, die den Korper der Mas-se m auf der Kreisbahn halt und immer zumKreismittelpunkt M hin gerichtet ist. Ist die Win-kelgeschwindigkeit w konstant, gilt das auch furdie Zentripetalkraft Fz und fur deren KomponentenFx ¼ Fz cos Dj und Fy ¼ Fz sin Dj.

Die Komponente Fy ist die in Schwingungs-richtung wirkende Ruckstellkraft FR ¼ Fy ¼Fz sin Dj. Sie ist immer der Auslenkung y ent-gegen zur Nulllage hin gerichtet. Der Sinus desDrehwinkels Dj lasst sich durch die Auslenkung yund die Amplitude A ausdrucken (sin Dj ¼ y=A),sodass sich fur die Ruckstellkraft FR ¼ Fz y=A er-gibt. Darin sind Zentripetalkraft Fz (gleichformigeDrehung) und Amplitude A ¼ r ¼ konstante Gro-ßen. Damit ist auch der Quotient Fz /A konstant.

Nulllage

m

M

r=

A

y

0 0Fy

Fz

Δϕ

ω

F = F cosx z Δϕ

F = F siny z Δϕ

Fz

Δϕ

Fy ¼ FR ¼ Fz sin Dj ¼ Fz y=A

FR ¼ Fz

A� y

Fz

A¼ konstant ¼ Richtgroße D

Diese Große wird in der Schwingungslehre alsRichtgroße D bezeichnet.

Die Ruckstellkraft FR ist demnach der momenta-nen Auslenkung y proportional (FR � y).

FR ¼ Dy FR � y

Zusammenfassung: Die kinematische Unter-suchung fuhrte bei der gleichformigen Kreis-bewegung zu den Bewegungsgleichungen derharmonischen Schwingung. Die kinetischeUntersuchung hat gezeigt, dass die RuckstellkraftFR linear von der Auslenkung y abhangig ist.Wird diese Aussage in den folgenden Unter-suchungen bestatigt, liegt eine harmonischeSchwingung vor:

Eine harmonische Schwingung liegt vor, wenndie Ruckstellkraft FR dem linearen Kraftgesetzin der Form FR � y ¼ Dy folgt.

FR ¼ DyKriterium fur die harmoni-sche Schwingung

4.10 Mechanische Schwingungen 249

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4.10.4 Das Schraubenfederpendel

4.10.4.1 Ruckstellkraft FR und Federrate R

Eine unbelastete, masselos gedachte Schrauben-feder wird mit einem Korper der Masse m belastet,sodass sie sich um Ds dehnt.

In dieser Ruhelage (Nulllage 0–0) ist die Feder-spannkraft FS gleich der Gewichtskraft FG desKorpers (FS ¼ FG), wie der frei gemachte Korperzeigt.

Umkehrpunkt

Umkehrpunkt

Ebene derRuhelage m0 0

y

- y

Δs

F = 0R

Wird der Korper um die Amplitude A ¼ ymax nachunten gezogen und dann losgelassen, schwingt erum die Ruhelage 0–0 mit der Amplitude A weiter(reibungsfrei betrachtet).

Im unteren Umkehrpunkt des frei gemachten Pen-delkorpers zieht die Feder mit der Federkraft FS

nach oben, denn sie wirkt in dieser Stellung alsZugfeder.

Die Ruckstellkraft FR ist immer die resultierendeKraft, hier also die Differenz von FederspannkraftFS und Gewichtskraft FG: FR ¼ FS � FG.

F = F – FR S G

y

0

-y

0

A=

y max

v = 0y

FS

FS

FR

FGFG

Im oberen Umkehrpunkt wirkt die Feder alsDruckfeder auf den Pendelkorper. GewichtskraftFG und Federspannkraft FS sind gleich gerichtet(beide nach unten).

Dann ist die Ruckstellkraft FR die algebraischeSumme von Gewichtskraft und Federspannkraft:FR ¼ FG þ FS.

y

-y

0 0

A=

y max

v = 0y

FSFS

FGFG FR

F = F + FR S G

Auch die Untersuchung des frei gemachten Pen-delkorpers in beliebigen Zwischenstellungen kannzu keinem anderen Ergebnis fuhren:

FR ¼ FS � FG

4 Dynamik250

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Die Ruckstellkraft FR beim Federpendel ist dieResultierende aus Federspannkraft FS und Ge-wichtskraft FG des Pendelkorpers (Summe oderDifferenz).

Nach Kapitel 4.5.3 (Seite 204) ist die FederrateR1) der Quotient aus Federkraft FS und zugehori-gem Federweg Ds, also diejenige Kraft, die erfor-derlich ist, die Feder um eine Langeneinheit zudehnen oder zu verkurzen.

F ¼ Federkraft FS

Federweg Ds

Zur Klarung der Frage, ob fur das Federpendel daslineare Kraftgesetz der harmonischen Schwingungaus dem vorhergehenden Kapitel 4.10.3.4 gilt,werden zwei Pendelstellungen untersucht.

Stellung a), unterhalb der NulllinieFR ¼ FS � FG ¼ Rs� R Dss ¼ yþ Ds

FR ¼ Rðyþ Ds� DsÞ ¼ Ry

Stellung b), oberhalb der NulllinieFR ¼ FG þ FS ¼ R Dsþ Rss ¼ y� Ds

FR ¼ R Dsþ Rðy� DsÞ ¼ Ry

0 0

y

y

s

s

F = RS S

F = R sG Δ

F = R sG ΔFR

FRay

ay

vy

vy

Δs

Δs

a) b)

F = RS S

Beachte:

Fur die Schraubenfeder gilt FR ¼ Ry, folglichist die Federrate R gleich der Richtgroße D.

In beiden Fallen ist die Ruckstellkraft FR der Aus-lenkung y proportional (R ist eine Konstante) unddamit gilt:

Das Federpendel schwingt harmonisch, denn esgilt das lineare Kraftgesetz.

FR ¼ Dy ¼ Ry

In der Maschinenbautechnik (z. B. Pressen- und Vorrichtungsbau) reicht zur federnden Kraft-ubertragung haufig eine Einzelfeder nicht aus.

In diesem Fall werden je nach Verwendungszweck zwei oder mehr Federn in Parallel- oderReihenschaltung (Hintereinanderschaltung) angeordnet. Fur die konstruktiven Berechnungenbraucht man dann die Federrate des ganzen Federsystems, die so genannte resultierende Feder-rate R0, deren Betrag von der Art der Federschaltung abhangt.

R FS Ds

N

mmN mm

FR D, R y

NN

mm

1) Versuch in A. Boge; J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Losungen, ViewegþTeubner 2008Bezeichnung Federrate R nach DIN 2089, Nov. 92

4.10 Mechanische Schwingungen 251

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Parallelschaltung

Das Diagramm zeigt die Federkennlinien zweierparallel geschalteter Einzelfedern mit bekanntenFederraten R1 und R2. Wird das Federsystem vons ¼ 0 auf den Federweg s0 gedehnt, gilt fur die re-sultierende Federkraft F0 ¼ F1 þ F2, fur den re-sultierenden Federweg dagegen s0 ¼ s1 ¼ s2. Mitdiesen Bedingungen kann eine Gleichung zur Be-rechnung der resultierenden Federrate R0 bei Pa-rallelschaltung entwickelt werden:

R0 ¼ F0

s0¼ F1 þ F2

s0¼ F1

s1þ F2

s2¼ R1 þ R2

R0 ¼ R1 þ R2

R0 ¼ R1 þ R2 þ . . .þ Rn

Federrate bei Parallelschaltungvon n Federn

Reihenschaltung

Das Diagramm zeigt die Federkennlinien zweierin Reihe (hintereinander) geschalteter Einzelfedernmit den Federraten R1 und R2. Wird das Feder-system von F ¼ null auf die FederkraftF ¼ F0 ¼ F1 ¼ F2 belastet, gilt fur den resultie-renden Federweg s0 ¼ s1 þ s2. Mit diesen Bedin-gungen kann eine Gleichung zur Berechnung derresultierenden Federrate R0 bei Reihenschaltungentwickelt werden:

R0 ¼ F0

s0¼ F0

s1 þ s2

1

R0¼ s1 þ s1

F0¼ s1

F1þ s2F2

¼ 1

R1þ 1

R2

1

R0¼ 1

R1þ 1

R2þ . . .þ 1

Rn

Federrate bei Reihenschaltungvon n Federn

R0 ¼ R1 � R2

R1 þ R2

gilt nur fur zwei Federn

4.10.4.2 Periodendauer T des Schraubenfederpendels

Die Ruckstellkraft FR ist immer die resultierendeKraft Fres und es gilt das dynamische GrundgesetzFres ¼ ma. Bei der harmonischen Schwingung istfur die momentane Beschleunigung a ¼ ay undnach 4.10.3.1.3 (Seite 246) ay ¼ yw2 einzusetzen.

FR ¼ may; ay ¼ yw2; w ¼ 2p

TFR ¼ myw2

4 Dynamik252

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Das dort vorhandene negative Vorzeichen entfallt,da nur der Absolutbetrag interessiert. FR ¼ m

4p2

T2y ¼ Ry

Die Periodendauer T ist unabhangig von derAmplitude A. Sie ist umso großer, je großer dieMasse m des Pendelkorpers und je kleiner dieFederrate R ist, d. h. je „weicher“ die Feder ist.

T ¼ 2p

ffiffiffiffim

R

r

Aus der Gleichung fur die Schwingungsdauerkann auch eine neue Beziehung fur die Berech-nung der Federrate der Schraubenfeder entwickeltwerden.

R ¼ m4p2

T2¼ D

Aufgaben Nr. 625–628

4.10.5 Das Torsionsfederpendel

4.10.5.1 Federrate R, Ruckstellmoment MR und Periodendauer T

Wird der in Ruhelage an einem Stahldraht han-gende Korper um den Drehwinkel Dj verdreht,beschreibt jedes Teilchen eine Kreisbewegung.

Zur �berleitung von der geradlinigen in die kreis-formige Bewegung wird das Analogieverfahrenbenutzt. Die Beziehung fur die Kreisbewegung be-kommt man, indem in die bekannte Beziehung dergeradlinigen Bewegung die entsprechenden Gro-ßen der Kreisbewegung eingesetzt werden. BeimTorsionsfederpendel entspricht der RuckstellkraftFR das Ruckstellmoment MR, der Auslenkung yder Drehwinkel Dj. Auch fur die Torsions-beanspruchung des tordierten Drahtes gilt dasHooke’sche Gesetz, sodass die Gleichung fur dieFederrate R mit den entsprechenden Großen fest-gelegt werden kann.

Δϕ

FR ¼b MR

y ¼b Dj

R ¼ RuckstellmomentMR

Drehwinkel Dj

R ¼ MR

Dj

Das Ruckstellmoment MR andert seinen Betragproportional mit dem Drehwinkel Dj (MR � Dj)(wie beim Schraubenfederpendel die Ruckstell-kraft FR mit der Auslenkung y), sodass man fest-stellen kann:

MR ¼ R Dj kreisformige Pendelbewegung

FR ¼ Ry geradlinige Pendelbewegung

Fur das Torsionsfederpendel gilt ein linearesMomentengesetz und es liegt eine harmonischeSchwingung vor.

FR m T R

N kg sN

m

R, D m T

N

mkg s

R MR j

Nm

radNm rad

4.10 Mechanische Schwingungen 253

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Eine Gleichung fur die Periodendauer T beimTorsionsfederpendel erhalt man mit der Analogie-betrachtung zum Schraubenfederpendel im vorher-gehenden Kapitel 4.10.4.2. Das Tragheitsmoment Jbeim Torsionsfederpendel entspricht der Masse mdes Pendelkorpers.

T ¼ 2p

ffiffiffiJ

R

rTorsionsfederpendel

T ¼ 2p

ffiffiffiffim

R

rSchraubenfederpendel

Beachte: J ist das Tragheitsmoment bezogenauf die Drehachse (siehe Kapitel 4.9.2,Seite 232)

Auch beim Torsionsfederpendel ist die Peri-odendauer T unabhangig von der Amplitude A.Sie ist umso großer, je großer das Tragheits-moment J und je kleiner die Federrate R ist.

4.10.5.2 Experimentelle Bestimmung von Tragheitsmomenten J aus der Periodendauer

Kupplungsscheiben, Zahnrader, Wellen undSchwungscheiben mussen im Betrieb beschleunigtund verzogert werden. Den erforderlichen Berech-nungen liegt das dynamische Grundgesetz fur dieRotation Mres ¼ Ja zugrunde (siehe 4.9.1, Seite231). Dazu muss das Tragheitsmoment J des um-laufenden Bauteils bekannt sein.

Nicht alle Bauteile sind so einfach aufgebaut, dassdas Tragheitsmoment J aus fertigen Formeln be-rechnet werden kann (siehe Tabelle 4.5, Seite 234).Dann wird das Tragheitsmoment J experimentellauf folgende Weise bestimmt:

Ein geometrisch einfacher Rotationskorper K1 vonbekanntem oder berechenbarem TragheitsmomentJ1 wird an einen Torsionsstab von bekanntemDurchmesser d und bekannter Lange l gehangt.

Prüfkörper K2mit unbekanntem J2

d

lh

rKörper K1

Benutzt man als Korper K1 z. B. eine Kreisscheibe,kann nach Tabelle 4.5 das Tragheitsmoment J1 be-rechnet werden.

J1 ¼ 1

2rpr4 h

rStahl ¼ 7,85 � 103 kg=m3

Fur den Korper K1 gilt fur die PeriodendauerT1 ¼ 2p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiJ1=R

p. Steckt man beide Prufkorper

auf, dann gilt fur die PeriodendauerT2 ¼ 2p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðJ1 þ J2Þ=Rp

. Darin ist R die in beidenFallen gleiche Federrate des Torsionsstabs.

T12 ¼ 4p2 J1

R

T22 ¼ 4p2 J1 þ J2

R

J r r, h

kg m2 kg

m3m

4 Dynamik254

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Durch Division beider Gleichungen ergibt sicheine Gleichung fur das unbekannte Tragheits-moment J2, in der neben dem berechneten Trag-heitsmoment J1 nur noch die Periodendauer T1und T2 steht, die man experimentell bestimmt.

Aufgaben Nr. 629–630

T12

T22¼ J1

J1 þ J2

J2 ¼ J1T2

2 � T12

T12

4.10.6 Das Schwerependel (Fadenpendel)

Auch hier wird als Erstes untersucht, ob die Ruck-stellkraft FR der Auslenkung (hier dem Bogen s)proportional ist, denn nur dann gilt das lineareKraftgesetz als Voraussetzung fur eine harmo-nische Schwingung.

Die Auslenkung s lasst sich aus der Pendellange lund dem Winkel a bestimmen. Da fur kleineWinkel (a < 14�) der Arcus gleich dem Sinusgesetzt werden kann (arc a ¼ sin a),ist s ¼ l arc a ¼ l sin a und daraus sin a ¼ s=l.

h y

ααmax

s

α

F cosG αFG

F = F sinR G α

l

v0

Die Ruckstellkraft FR ist die Sinuskomponente derGewichtskraft FG des Pendelkorpers. Sie andertsich laufend mit dem Winkel a. Masse m, Fall-beschleunigung g und Pendellange l sind fur einbestimmtes Pendel gleich bleibende Großen, d. h.es ist auch der Quotient mg=l eine Konstante. Sieist die schon bekannte Richtgroße D:

FR ¼ FG sin a ¼ mg sin a

sin a ¼ s

leingesetzt ergibt

FR ¼ mg sin a ¼ mg

ls

Auch fur das Schwerependel gilt das lineare Kraft-gesetz und es liegt eine harmonische Schwingungvor.

FR ¼ Ds D ¼ mg

l

Einschrankung: Die Auslenkung muss kleinsein. Allerdings betragt der Fehler beia ¼ 14� nur ca. 1%.

Die Periodendauer T fur das Schwerependel er-halt man, wenn in die Gleichung fur das Schrau-benfederpendel T ¼ 2p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffim=R

pfur die Federrate

R ¼ Richtgroße D ¼ mg=l eingesetzt wird.

T ¼ 2p

ffiffiffiffim

R

r¼ 2p

ffiffiffiffim

D

r¼ 2p

ffiffiffiffiffiffiffiml

mg

s

FR D s, l m g

NN

mm kg

m

s2

4.10 Mechanische Schwingungen 255

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Beim Schwerependel ist die Periodendauer Tunabhangig von der Amplitude s und von derMasse m des Pendelkorpers.

T ¼ 2p

ffiffiffiffiffil

g

s

Am selben Ort, also bei gleicher Fallbeschleuni-gung g, verhalten sich die Quadrate der Perioden-dauer verschiedener Pendel wie ihre Pendellangen l.

Aufgaben Nr. 631–633

T12

T22¼ l1

l2

4.10.7 Schwingung einer Flussigkeitssaule

In Ruhe steht die Flussigkeit in Hohe der Nulllinie0–0. Hebt man z. B. durch Ansaugen die Flussig-keitssaule auf der einen Seite um die Hohe h, musssie auf der anderen Seite um den gleichen Betragsinken.

0

h 2h

h

0

ARohrquerschnitt

l

Die Ruckstellkraft FR ist die resultierende Ge-wichtskraft FG der uberstehenden Flussigkeits-saule mit dem Volumen V ¼ A � 2h.

FR ¼ FG ¼ Vrg ¼ A � 2hrg

Flache A, Dichte r und Fallbeschleunigung g sindkonstante Großen, die man wieder zu einer Richt-große D zusammenfassen kann. Damit ist nach-gewiesen, dass auch bei der schwingenden Flus-sigkeitssaule im U-Rohr die Ruckstellkraft FR derAuslenkung h proportional ist.

Fur die schwingende Flussigkeitssaule gilt daslineare Kraftgesetz und damit die Gesetzmaßig-keit der harmonischen Schwingung.

D ¼ 2Arg FR ¼ Dh

Die Periodendauer T fur die schwingende Flussig-keitssaule erhalt man wieder, indem in die Glei-chung fur das SchraubenfederpendelT ¼ 2p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffim=R

pfur die Federrate

R ¼ Richtgroße D ¼ 2Arg eingesetzt wird.Außerdem wird fur die Masse m ¼ Vr ¼ Alr ein-gesetzt. Dann gilt:

T ¼ 2p

ffiffiffiffim

R

r¼ 2p

ffiffiffiffim

D

r

T ¼ 2p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiAlr

2Arg

s

T l g

s mm

s2

FR D A r g h

NN

mm2 kg

m3

m

s2m

4 Dynamik256

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Die Periodendauer T ist unabhangig von derAmplitude h und von der Masse m ðDichte rÞder Flussigkeit.

T ¼ 2p

ffiffiffiffiffil

2g

s

Ein Vergleich mit der Gleichung fur die Peri-odendauer des Schwerependels zeigt, dass diePeriodendauer Tf der Flussigkeitssaule mit derPeriodendauer TS eines Schwerependels uberein-stimmt, dessen Lange ls gleich der halben Lange lder Flussigkeitssaule ist. Aufgaben Nr. 634

4.10.8 Analogiebetrachtung zum Schraubenfederpendel, Torsionsfederpendel,Schwerependel und zur schwingenden Flussigkeitssaule

G ¼ Schubmodul, d ¼ Draht- oder Stabdurchmesser, Dm ¼ mittlerer Windungsdurchmesser, if ¼ Anzahl derWindungen, l ¼ Pendellange, s ¼ Auslenkung des Pendelkorpers, h ¼ Auslenkung der Flussigkeitssaule,Ip ¼ polares Flachenmoment 2. Grades nach Tabelle 5.2 (Seite 310), J ¼ Tragheitsmoment nach Tabelle 4.5(Seite 234)

4.10.9 Dampfung, Energiezufuhr, erzwungene Schwingung, Resonanz

4.10.9.1 Dampfung

Durch die Gleitreibung in den Gelenken und Fuh-rungen, durch Luft- oder Flussigkeitsreibung wirddie Bewegung eines schwingenden Korpers ge-bremst. Neben dieser „außeren“ Reibung steht die„innere“, die Reibung der Teilchen im Korperselbst. Ergebnis: Die Schwingung wird gedampft.

y

t

a

b

T

A

bleibt erhalten

wird

klei

ner

Auslenkung-Zeit-Diagramm fur ungedampfte(a) und gedampfte Schwingung (b)

Physikalische Große Schrauben-Federpendel

Torsionsfeder-pendel

Schwerependel SchwingendeFlussigkeitssaule

Federrate R(Richtgroße D) R ¼ d4G

8Dm3 if

R ¼ IpG

l¼ pd4G

32 � l D ¼ mg

lD ¼ 2Arg

Ruckstellkraft FR undRuckstellmoment MR

FR ¼ Ry MR ¼ R Dj FR ¼ Ds FR ¼ Dh

Periodendauer T T ¼ 2p

ffiffiffiffim

R

rT ¼ 2p

ffiffiffiJ

R

rT ¼ 2p

ffiffiffiffiffil

g

sT ¼ 2p

ffiffiffiffiffiffil

2g

s

T l g

s mm

s2

4.10 Mechanische Schwingungen 257

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4.10.9.2 Energieminderung durch Dampfung

Durch die Reibung wird dem schwingenden Kor-per Energie in Form von Reibungsarbeit entzogen(siehe 4.5.4, Seite 205). Beispiel Schwerependel:Der Pendelkorper schwingt nicht bis zur Ausgangs-hohe zuruck, die Amplitude verringert sich von Aauf A1, der Winkel von a auf a1 und die abgefuhrteReibungsarbeit WR entspricht der HohendifferenzDh, was mit dem Energieerhaltungssatz (siehe4.7.5, Seite 220) nachgewiesen werden kann.

Was fur das Schwerependel gilt, kann bei allenSchwingungsvorgangen beobachtet werden:

m

BE

Δh

A1A

h

α α1

WE ¼ WA �Wab

Wab ¼ WA �WE

Wab ¼ mgh� mgðh� DhÞWab ¼ mg Dh ¼ ReibungsarbeitWR

Durch Dampfung wird die Amplitude A jedermechanischen Schwingung immer kleiner, weilsich die Energie des Schwingers laufend umdie Reibungsarbeit WR vermindert.

Soll die Dampfung uberwunden werden, mussdem schwingenden System dauernd Energie zuge-fuhrt werden.

Aufgabe Nr. 635

4.10.9.3 Energiezufuhr

Ursache jeder Dampfung ist die dauernde Energie-umwandlung in Reibungsarbeit. Den umgewandel-ten Energiebetrag muss man immer wieder erset-zen, wenn die Amplitude unverandert bleiben oderder Schwingungsvorgang uberhaupt in Gang ge-halten werden soll. Das kann z. B. durch periodi-sches Anstoßen des Schwingers geschehen, aberim richtigen Augenblick, damit der Schwingungs-vorgang nicht gestort wird.

Die Energiezufuhr wird daher am besten durch dieEigenschwingung des schwingenden Systems ge-steuert. Das nennt man Selbststeuerung oderRuckkopplung, wie z. B. bei der Pendeluhr durchAnker und Steigrad. Das Steigrad wird durch dieUhrfeder angetrieben, ruckt bei jeder Pendel-schwingung um einen Zahn weiter und gibt dabeieinen Energiebetrag uber den Anker an das Pendelab (Arbeit wird zugefuhrt).

Anker

Steigrad

Pendel

4 Dynamik258

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Die Frequenz des periodisch wirkenden außerenErregers heißt Erregerfrequenz f, die Frequenz desSchwingers nach einmaligem Anstoßen ist die Ei-genfrequenz f0.

4.10.9.4 Die erzwungene Schwingung und Resonanz

Der Erreger (Oszillator)1), z. B. Motor mit Exzen-ter zwingt der Schraubenfeder mit dem anhangen-den Korper der Masse m, dem Resonator 2)

Schwingungen mit der Erregerfrequenz f auf. Da-bei soll die Masse des Resonators klein sein ge-genuber der Masse des Erregers, damit dieSchwingungen des Resonators nicht auf den Erre-ger zuruckwirken.

Wahlt man zunachst die Frequenz f der erzwunge-nen Schwingung sehr klein gegenuber der Fre-quenz f0 der Eigenschwingung, macht der Resona-tor genau die Bewegung der Fuhrungsstange mit.

Mit wachsender Erregerfrequenz f werden die Am-plituden des Resonators immer großer.

Die Erregerschwingung lauft der Eigenschwin-gung etwa um eine Viertelperiode voraus. Bei feh-lender Dampfung wurden dann die Amplitudendes Resonators unendlich groß und das Systemwurde zerstort werden. Das sind die in der Technikgefurchteten Resonanzkatastrophen, z. B. bei Bru-cken, Schiffen, Maschinenfundamenten.

Wachst die Erregerfrequenz f weiter ( f > f0), wer-den die Amplituden des Resonators wieder kleiner,die Bewegung wird ungeordnet, bis schließlich einkaum merkliches Zittern die kleinsten Amplitudenanzeigt.

ne

Schnur

Erreger(Oszillator)

Mitschwinger(Resonator)

Führungsstange

m

Beachte: Kleine Frequenz f heißt geringe An-zahl Schwingungen je Sekunde.

Bei f < f0 bewegen sich Fuhrungsstange undMitschwinger (Resonator) fast wie ein starrerKorper.

Die Amplitude des Resonators wird umsogroßer, je mehr sich die Erregerfrequenz f derEigenfrequenz f0 des Mitschwingers nahert(unterkritischer Bereich).

Bei Resonanz ( f ¼ f0) wird die Amplitude amgroßten (kritischer Bereich).

Im uberkritischen Bereich (f > f0) verringertsich die Amplitude mit zunehmender Erre-gerfrequenz.

1) Oszillator: Gerat zur Erzeugung von Schwingungen2) Resonator: Korper, der vom Erreger zum Schwingen angeregt wird (Mitschwinger)

4.10 Mechanische Schwingungen 259

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4.10.9.5 Das Amplituden-Frequenz-Diagramm

�ber der Erregerfrequenz f (als Vielfaches der Ei-genfrequenz f0) ist die Vergroßerungszahl VZ alsVerhaltnis der Amplitude der erzwungenenSchwingung zur Amplitude des Erregers aufgetra-gen. Kurve a gilt fur die dampfungsfreie Schwin-gung, Kurve b fur schwache, Kurve c fur starkereund Kurve d fur sehr starke Dampfung des Reso-nators. Man erkennt, dass das Maximum mit zu-nehmender Dampfung nach links ruckt, also zuFrequenzen f < f0.

Vz

5

4

3

2

1

0

a

b

f = f0 f = 2f0Erregerfrequenz f

cd

Resonanzstelle

Die bei f ¼ f0 auftretende Resonanz ist im Maschi-nenbau von großter Bedeutung. Vor allem beiKraft- und Arbeitsmaschinen und Getrieben mitschnell laufenden Wellen zeigen sich durch kleineUngleichformigkeiten Schwingungen, die etwa dieFrequenz der Drehzahl (oder eines Vielfachen da-von) haben. Stimmt die Frequenz f eines Antriebs-motors mit der Eigenfrequenz f0 der umlaufendenTeile eines Getriebes uberein, kann es zu Reso-nanzschwingungen mit großer Amplitude kom-men, die zerstorende Wirkung haben. Die Reso-nanzdrehzahl einer Maschine heißt kritischeDrehzahl, die moglichst schnell durchfahren wer-den muss, d. h. man muss moglichst im uber- oderim unterkritischen Drehzahlbereich arbeiten, umBruch oder auch nur Verminderung der Lebens-dauer zu vermeiden.

Beispiel:

Die Gehauseteile eines großen Walzwerk-getriebes sind durch Passstifte miteinanderverbunden. Diese losen sich durch Schwin-gungen: das Getriebe fallt aus, die Produk-tion steht vorubergehend still.

Aufgaben Nr. 636–637

4 Dynamik260

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5 Festigkeitslehre

Formelzeichen und Einheiten1)

A mm2, cm2, m2 Flache, AM Momentenflachea mm Abstandb mm Stabbreited mm Stabdurchmesserd0 mm ursprunglicher Stabdurchmesserd1 mm Durchmesser des geschlagenen Nietes ¼ NietlochdurchmesserDd mm Durchmesserabnahme oder -zunahme

EN

mm2Elastizitatsmodul

e1 mm Entfernung der neutralen Faser von der Druckfasere2 mm Entfernung der neutralen Faser von der ZugfaserF N Kraft, Belastung, Last, Tragkraft

F 0 N

mBelastung der Langeneinheit, Streckenlast

FK N Knickkraft (nach Euler)f mm Durchbiegung

GN

mm2Schubmodul

H mm Gesamthohe eines Querschnittsh mm Hohe allgemein, StabhoheI mm4, cm4 axiales Flachenmoment 2. GradesIa, Ix, Iy mm4 auf die Achse a, x oder y bezogenes Flachenmoment 2. GradesIp mm4 polares Flachenmoment 2. GradesIs mm4 Flachenmoment 2. Grades, bezogen auf die Schwerachse des

QuerschnittsIxy mm4 Zentrifugal- oder FliehmomentII, III mm4 Hauptflachenmoment 2. Gradesi mm Tragheitsradiusl (L) mm Stablange nach der Dehnung oder Stauchungl0 (L0) mm ursprungliche Stablange (Ursprungslange)Dl mm Langenzunahme oder -abnahmelr km ReißlangeM Nmm, Nm Drehmoment, Moment einer Kraft, KraftmomentMb Nmm, Nm BiegemomentMT Nmm, Nm Torsionsmoment

n1

min¼ min�1 Drehzahl

P W, kW Leistung

1) siehe Fußnote Seite 1

261

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6_5,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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pN

mm2Flachenpressung

RN

mm,N

mFederrate

Re (sS) StreckgrenzeRm (sB) ZugfestigkeitRp 0,2 |

fflfflfflffl{zfflfflfflffl}

N

mm20,2-Dehngrenze

r mm Radiuss mm Stabdicke, BlechdickeDT K, �C TemperaturdifferenzV mm3, m3 VolumenW Nm ¼ J ¼ Ws Arbeit, FormanderungsarbeitW mm3 axiales WiderstandsmomentWp mm3 polares Widerstandsmoment fur Kreis- und KreisringquerschnittWt mm3 Widerstandsmoment bei Torsion nicht kreisformiger QuerschnitteWx, Wy mm3 auf die x- oder y-Achse bezogenes Widerstandsmoment

al1

K¼ 1

�CLangenausdehnungskoeffizient

a0 1 Anstrengungsverhaltnisd % Bruchdehnung, Bruchstauchung

e 1 Dehnung, Stauchung, e ¼ Dl

l0

eq 1 Querdehnung, eq ¼ Dd

d0

J �C Temperatur in Grad Celsius (1 �C ¼ 1 K)l 1 Schlankheitsgradl0 1 Grenzschlankheitsgrad (untere Grenze)

m 1 Poisson-Zahl, m ¼ eqe

v 1 Sicherheit gegen Knickenv 1 Sicherheit, allgemein bei Festigkeitsuntersuchungenr mm Biegeradius, Krummungsradius der elastischen Linie

s Normalspannung allgemein(Druck, Zug, Biegung, Knickung)

sb Biegespannung

sd Druckspannung

sEN

mm2

Spannung an derElastizitatsgrenze

sK Knickspannung

sl Lochleibungsdruck

sP Spannung an derProportionalitatsgrenze

sz |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

Zugspannung

szul zulassige Normalspannung(sb zul, sd zul, sKzul, sz zul)

sEntwurf Entwurfsspannung

t Schubspannung allgemein,Tangentialspannung(Schub, Abscheren, Torsion)

ta

N

mm2

Abscherspannung, ta ¼ F

A

ts Schubspannung, ts ¼ cF

A

tt Torsionsspannung|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

j rad Biege- oder Verdrehwinkel

5 Festigkeitslehre262

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5.1 Grundbegriffe

5.1.1 Die Aufgabe der Festigkeitslehre

Man betrachtet die technische Zeichnung einerGetriebewelle. Sie enthalt samtliche zur Herstel-lung notigen Maße. Beispielsweise sieht man so-fort, dass der linke Lagerzapfen 30 mm Durchmes-ser und 16 mm Lange haben soll. Wie ist derKonstrukteur, der die Welle entworfen hat, geradeauf diese Maße gekommen? Es soll seinen �berle-gungen bei der Gestaltung der Welle einmal nach-gegangen werden.

Technische Zeichnung einer Getriebewelle

Der Konstrukteur kennt das Drehmoment M, dasvon der Welle ubertragen werden soll. Mit Hilfeder statischen Gleichgewichtsbedingungen werdensamtliche an der Welle angreifenden Krafte ermit-telt. Das sind die am Zahn angreifenden Umfangs-krafte Fu und Radialkrafte Fr sowie die an den La-gerzapfen angreifenden Stutzkrafte FA und FB mitden Komponenten FAy, FAz und FBy, FBz. Damitist die Belastung der Welle bekannt. Nach einerReihe gegebener Bedingungen werden die Abstan-de l, l1, l2 festgelegt. Der Werkstoff wird gewahlt.Von diesem sind die wichtigsten Festigkeitswerteaus Tabellen oder Diagrammen greifbar. Jetzt be-ginnen die �berlegungen der Festigkeitslehre.

Belastungsskizze einer Getriebewelle

Fu1, Fu2 Umfangskrafte, Fr1, Fr2 Radialkrafte,FAy, FAz, FBy, FBz Komponenten der Stutz-krafte FA, FB, M Drehmoment

5.1 Grundbegriffe 263

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Die Welle darf nicht brechen. Sie darf sich aberauch nicht derart stark verformen (durchbiegen,verdrehen), dass das Getriebe klemmt oder durchstarken Verschleiß vorzeitig unbrauchbar wird,z. B. durch eine unzulassig hohe Kantenpressungin den Lagern. Kantenpressung im Lager infolge der Durch-

biegung

Die „von außen“ auf ein Bauteil einwirkendenKrafte wie beispielsweise die Umfangskrafte amZahnrad, die Stutzkrafte in den Lagern und die Ge-wichtskrafte nennt man außere Krafte. Sie rufenim Werkstoffgefuge die inneren Krafte hervor, diedem Bruch und der Verformung des Bauteils ent-gegenwirken. Bevor die Maße fur ein Bauteil fest-gelegt werden konnen, mussen Betrag, Richtungund Richtungssinn der inneren Krafte bekanntsein, z. B. die inneren Krafte im Querschnitt x––xeines Zahnrades oder eines Hebezeugtragers. �ußere Krafte rufen innere Krafte hervor

5.1.2 Das Schnittverfahren zur Bestimmung des inneren Kraftesystems

Die erste und wichtigste Arbeit beim Losen einer Aufgabe aus dem Bereich der Festigkeits-lehre ist die Beantwortung der Frage, welche inneren Krafte die Bauteile zu ubertragen haben.Denn von der Art des „inneren Kraftesystems“ hangt es ab, mit welchen Festigkeitsgleichun-gen gearbeitet werden muss. Aus der Statik ist bekannt, dass eine Kraft nur dann eindeutigbestimmt ist, wenn ihr Betrag (z. B. 150 N), ihre Richtung (z. B. waagerecht, senkrecht, inRichtung der x-Achse) und ihr Richtungssinn (z. B. Druckkraft, Zugkraft) festgelegt wordenist. Das gilt auch fur innere Krafte. Das Verfahren, mit dem die drei Bestimmungsstucke furjede innere Kraft ermittelt werden, heißt Schnittverfahren. Es wird an einem einfachen BeispielSchritt fur Schritt vorgefuhrt.

Das stabformige Bauteil mit der Querschnittsfla-che A wird durch die Federkrafte F ¼ 50 N belas-tet (außere Krafte). Der Stab befindet sich imGleichgewicht, das heißt, die beiden Zugkraftesind gleich groß (von gleichem Betrag). Sie wirkenauf einer gemeinsamen Wirklinie und sind ent-gegengesetzt gerichtet.

A

F = 50 N

x

x

IIIF = 50 N

a

b

Zugfederbelasteter Rundstab (a),freigemacht (b)

5 Festigkeitslehre264

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Man denkt sich den Stab an der (beliebigen) Stellex––x quer zur Stabachse durchgeschnitten. So ent-stehen die beiden Teilstucke I und II. Der Werk-stoffzusammenhang ist damit aufgehoben und eineKraftubertragung vom Schnittufer I zum Schnitt-ufer II nicht mehr moglich: Die beiden Teilstuckewerden durch die außeren Krafte nach links undrechts gerissen.

Im Schnittflachenschwerpunkt SP wird nun eineNormalkraft FN angebracht, die den Restkorperwieder ins Gleichgewicht zuruckversetzt. Damitist diejenige innere Kraft gefunden, die von derQuerschnittsflache (kurz: Schnittflache) im unbe-schadigten Zustand ubertragen wurde.

Zugfederbelasteter Rundstab getrennt inTeilstucke I und II und mit inneren Kraftenversehen.

fur Teilstuck I: fur Teilstuck II:

� F þ FN ¼ 0 � FN þ F ¼ 0FN ¼ F ¼ 50 N FN ¼ F ¼ 50 N

Den Betrag der von einem Schnittufer zu ubertra-genden inneren Kraft liefern die rechnerischenGleichgewichtsbedingungen aus der Statik: Fur je-des Stabteil muss die Summe aller Krafte gleichnull sein (Kraftmomente wirken hier nicht).

Ergebnis des Schnittverfahrens im Beispiel:Die untersuchte Querschnittsflache hat eine inNormalenrichtung auf die Schnittflache wir-kende innere Kraft FN ¼ 50 N zu ubertragen.

Schnittverfahren:

Im Schnittflachenschwerpunkt SP werden die-jenigen Krafte und Kraftmomente angebracht,die den „abgeschnittenen“ Teilkorper in dasGleichgewicht zuruckversetzen. Diese innerenKrafte und Kraftmomente hat der Querschnittzu ubertragen.

Beachte: Normalkrafte FN stehen rechtwink-lig auf der Schnittflache, Querkrafte Fq dage-gen liegen in der Schnittflache.

Nach dem Wechselwirkungsgesetz (Aktion¼ Reaktion) von Newton mussen die innerenKrafte und Kraftmomente beider Schnittufergleich groß sein (von gleichem Betrag), je-doch entgegengesetzten Richtungssinn ha-ben.

5.1.3 Spannung und Beanspruchung

Es wird angenommen, dass mit dem Schnittver-fahren die innere Kraft, die ein Zugstab auf-zunehmen hat, mit FN ¼ 300 N gefunden wurde.Damit ist noch unklar, ob diese innere Kraft denWerkstoff stark oder weniger stark „bean-sprucht“. Das hangt offenbar davon ab, wie vieleFlachenteilchen an der Kraftubertragung beteiligtsind, z. B. 60 mm2 oder nur 6 mm2. Als Maß furdie Hohe der Beanspruchung des Werkstoffesbietet sich diejenige innere Kraft an, die von derFlacheneinheit ubertragen werden muss, z. B.von 1 mm2 oder von 1 cm2.

Spannung als innere Kraft je Flacheneinheit;wegen der einfacheren Rechnung wurde einRechteckquerschnitt gewahlt.

Beachte: Der Werkstoff wird durch innereKrafte beansprucht, der Korper wird durchaußere Krafte belastet.

5.1 Grundbegriffe 265

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Wird vorausgesetzt, dass jedes Flachenteilcheneines Querschnitts gleichmaßig an der Kraft-ubertragung beteiligt ist, dann ist der Quotient ausder inneren Kraft (z. B. FN ¼ 300 N) und derQuerschnittsflache (z. B. A ¼ 6 mm2) ein Maß furdie Beanspruchung des Werkstoffs.

Der Quotient aus innerer Kraft und der an derKraftubertragung beteiligten Flache heißt Span-nung. Die Einheit der Spannung muss ebenfallsder Quotient aus einer Krafteinheit (z. B. Newton)und einer Flacheneinheit (z. B. mm2) sein:

Beispiel:

Mit FN ¼ 300 N und A ¼ 6 mm2 betragt dasMaß fur die Beanspruchung des Werkstoffs50 N/mm2. Mit anderen Worten: Jeder Qua-dratmillimeter des Querschnitts ubertragteine Kraft von 50 N.

Man sagt: „Die Spannung betragt 50 Newtonpro Quadratmillimeter“.

Die Spannung ist vorstellbar als die pro Flachen-einheit vom Werkstoff aufzunehmende Kraft.Einheit der Spannung ist der Quotient aus einergesetzlichen Krafteinheit und einer gesetzlichenFlacheneinheit.

Statt Spannung sagt man auch „mechanische“Spannung.

Spannung ¼ innere Kraft

Querschnittsflache

Einheit der Spannung ¼ N

mm2

Hinweis: In der Festigkeitslehre wird alsEinheit der mechanischen Spannung das„Newton pro Quadratmillimeter“ verwendet.

�bung: Der Kreisquerschnitt eines Stahlstabesvon 3 mm Durchmesser hat eine innere KraftFN ¼ 50 N zu ubertragen. Es soll die Beanspru-chung des Werkstoffs bestimmt werden.

Die Rechnung zeigt, dass jeder Quadratmillimetereine innere Kraft von 7,07 N zu ubertragen hat.

Losung: Bei d ¼ 3 mm Durchmesser betragtdie Querschnittsflache

A ¼ pd2

4¼ pð3 mmÞ2

4¼ 7,069 mm2

Damit ergibt sich die zu ubertragende

Spannung ¼ FN

A¼ 50 N

7,069 mm2¼ 7,07

N

mm2

5.1.4 Die beiden Spannungsarten (Normalspannung s und Schubspannung t)

Nicht immer liegt die Wirklinie der außeren Kraftin der Stabachse, sie kann auch rechtwinklig(quer) zur Stabachse liegen. Die entsprechendeninneren Krafte erhalten daher unterschiedliche Be-zeichnungen:

Steht eine innere Kraft in Normalrichtung aufdem Querschnitt A, dann heißt sie

Normalkraft FN,

liegt die innere Kraft dagegen im Querschnitt A,dann nennt man sie

Querkraft Fq.

AA

Fq

Fq

FN

FN

Normalkraft FN Querkraft Fq

5 Festigkeitslehre266

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Die beiden inneren Krafte, die Normalkraft FN

und die Querkraft Fq, stehen rechtwinklig auf-einander, also auch die aus ihnen zu berechnendenSpannungen. Es sind daher zwei Spannungsartenzu unterscheiden.

Wird die Spannung aus einer inneren NormalkraftFN berechnet, dann heißt sie Normalspannung undwird mit dem griechischen Buchstaben s (Sigma)bezeichnet. Wie die Normalkraft FN muss auch dievon ihr herruhrende Normalspannung rechtwinkligauf dem Querschnitt stehen. Spannungen dieser Arttreten als Zugspannung z. B. in Kettengliedern, alsDruckspannung z. B. in Pleuelstangen auf.

Die Normalspannung s, hervorgerufen durchdie Normalkraft FN, steht rechtwinklig auf derQuerschnittsflache.

1 mm2

A Querschnittsfläche in mm2

Normalspannung σ =

F

AN N

mm2in

F Normalkraft in NN

( zum Schnitt)

Wird die Spannung aus einer inneren Querkraft Fq

berechnet, dann heißt sie Schubspannung und wirdmit dem griechischen Buchstaben t (Tau) bezeich-net. Wie die Querkraft Fq muss auch die von ihrherruhrende Schubspannung in der Querschnitts-flache liegen. Spannungen dieser Art treten als Ab-scherspannung z. B. in Scherstiften auf.

Die Schubspannung t, hervorgerufen durch dieQuerkraft Fq, liegt in der Querschittsflache.

Schubspannung =τF

A

q N

mm2in

A Querschnittsfläche in mm2

F Querkraft in Nq

( zum Schnitt)1 mm2

5.1.5 Die funf Grundbeanspruchungsarten

Am stabformigen Bauteil lassen sich die Beanspruchungsarten am einfachsten erkennen.Dazu wird das Schnittverfahren (siehe 5.1.2) eingesetzt.

Die Berechnungsgleichungen in den gerasterten Rechtecken werden spater hergeleitet.

5.1.5.1 Zugbeanspruchung (Zug)

Die außeren Krafte ziehen in Richtung der Stab-achse. Sie versuchen, die beiden Schnittufer I undII voneinander zu entfernen: Der Stab wird verlan-gert (gedehnt). Die innere Kraft FN steht recht-winklich auf der Schnittflache, es entsteht die Nor-malspannung sz (Zugspannung).

A

FStabachse

F

sz =F

AN

inN

mm2

Beispiele fur Zugbeanspruchung:

Seile, Ketten, Zuganker, Turbinenschaufelnund Luftschrauben infolge der Fliehkrafte,Zugstabe in Fachwerktragern.

5.1 Grundbegriffe 267

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5.1.5.2 Druckbeanspruchung (Druck)

Die außeren Krafte drucken in Richtung der Stab-achse. Sie versuchen, die beiden Schnittufer einan-der naher zu bringen: Der Stab wird verkurzt. Dieinnere Kraft FN steht normal (rechtwinklig) zurSchnittflache, es entsteht wieder eine Normalspan-nung sd (Druckspannung). Bei schlanken Stabenbesteht die Gefahr des „Ausknickens“. Diese Be-anspruchungsart wird als Sonderfall Knickung be-handelt (5.10, Seite 350).

Die Beanspruchung der Beruhrungsflachen vonzwei aufeinander gepressten Bauteilen heißtFlachenpressung (5.5, Seite 287).

A

FStabachse

F

sd =F

AN

inN

mm2

Stabachse ausgeknickt

F F

sK =E p

l

2

2

Beispiele fur Druckbeanspruchung:

Kolbenstangen, Druckspindeln, Saulen,Lochstempel, Nahmaschinennadeln, Knick-stabe im Stahlhochbau und Kranbau.

5.1.5.3 Abscherbeanspruchung (Abscheren)

Beim Scherschneiden wirken zwei gleich großegegensinnige Krafte F auf leicht versetzten paral-lelen Wirklinien quer zur Stabachse. Sie ver-suchen, die beiden Schnittufer parallel zueinan-der zu verschieben. Das entstehende Kraftepaarwird erst in Abschnitt 5.6.1 (Seite 294) in dieUntersuchung einbezogen. Im Schnittufer bewirktdie innere Querkraft Fq ¼ F die Schubspannungt. Zur Kennzeichnung der Beanspruchungsartheißt sie Abscherspannung ta.

F A

F

Stabachse

Schneidspalt u

beim Scherschneiden

ta =F

Aq

inN

mm2

Beispiel fur Abscherbeanspruchung:

In gescherten (Scherschneiden) undgestanzten Werkstucken, in Nieten,Schrauben, Bolzen, Schweißnahten.

5.1.5.4 Biegebeanspruchung (Biegen)

Die außeren Krafte ergeben zwei Kraftepaare, dieim Gleichgewicht stehen. Die beiden Kraftepaarewirken in einer durch die Stabachse verlaufendenEbene und versuchen die Schnittufer gegeneinan-der schrag zu stellen: Der Stab wird gebogen.

Da das innere Kraftmoment, das BiegemomentMb, in einer Ebene rechtwinklig zur Schnittflachewirkt, entsteht die Normalspannung s (Biegespan-nung sb ¼ Zug- und Druckspannung).

In den Gleichungen sb ¼ Mb=W und tt ¼ MT=Wp

erscheinen die Großen W und Wp. Sie heißen Wi-derstandsmomente und werden in einem besonde-ren Abschnitt (5.7, Seite 302) behandelt.

sb =M

Wb

inN

mm2

F F

FF Stabachse

Mb Mb

Beispiele fur Biegebeanspruchung:

Biegetrager im Stahlhochbau und Kranbau,Wellen, Achsen, Drehmaschinenbetten,Spindeln von Arbeitsmaschinen, Kranhaken.

5 Festigkeitslehre268

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5.1.5.5. Torsionsbeanspruchung (Torsion, Verdrehung)

Die außeren Krafte ergeben zwei Kraftepaare, dieim Gleichgewicht stehen. Die beiden Kraftepaarewirken in zwei rechtwinklig (quer) zur Stabachsestehenden Ebenen und versuchen, die Schnittufergegeneinander zu verdrehen: Der Stab wird ver-dreht (tordiert).

Da das innere Kraftmoment, das TorsionsmomentMT, in der Schnittflache wirkt, entsteht die Schub-spannung t (Torsionsspannung tt).

tt =M

WT

pin

N

mm2F

F

F

F

MT

MT

Stabachse

Beispiele fur Torsionsbeanspruchung:

Getriebewellen, Torsionsstabfedern,Schraubenfedern, Schrauben, Kurbelwellen

5.1.5.6 Kurzzeichen fur Spannung und Beanspruchung

Aus dem Kurzzeichen fur die Spannung (s oder t)erkennt man, ob es sich um eine rechtwinklig (inNormalenrichtung) auf dem Querschnitt stehendeNormalspannung (Kurzzeichen s) oder um eineim Querschnitt liegende Schubspannung (Kurzzei-chen t) handelt.

Die Beanspruchungsart, also Zugbeanspruchung,Druckbeanspruchung, Abscherbeanspruchung,Biegebeanspruchung und Torsionsbeanspruchungwird mit einem Index gekennzeichnet.

Eine Einfuhrung in den Begriff der zulassigenSpannung steht im Abschnitt 5.12 (Seite 374).Vorlaufig wird die zulassige Spannung fur alleFestigkeitsaufgaben gegeben (siehe „Aufgaben-sammlung Technische Mechanik“).

sz Zugspannung

sz zul zulassige Zugspannung

sd Druckspannung

sd zul zulassige Druckspannung

sb Biegespannung

sb zul zulassige Biegespannung

ta Abscherspannung

ta zul zulassige Abscherspannung

tt Torsionsspannung

tt zul zulassige Torsionsspannung

5.1.6 Die zusammengesetzte Beanspruchung

Die meisten Bauteile werden durch die außerenKrafte so beansprucht, dass mehrere der vorstehen-den Grundbeanspruchungsarten gleichzeitig auf-treten. Kraftrichtungen mit beliebigem Winkel zurStabachse ergeben immer zusammengesetzte Be-anspruchung. Auch hierbei gibt das Schnittverfah-ren Aufschluss.

Im beliebigen Schnitt x––x mussen zur Herstellungdes Gleichgewichts am abgetrennten Stabteil dieinneren Krafte FN und Fq sowie das BiegemomentMb angebracht werden. Der Vergleich mit den funfGrundbeanspruchungsarten ergibt Zug-, Abscher-und Biegebeanspruchung.

Zusammengesetzte Beanspruchung durcheine schrag zur Stabachse wirkende Einzel-kraft F

5.1 Grundbegriffe 269

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5.1.7 Bestimmen des inneren ebenen Kraftesystems (Schnittverfahren)und der Beanspruchungsarten

Fur die funf Grundbeanspruchungsarten Zug,Druck, Abscheren, Biegung und Torsion gelteneinfache Gleichungen, die spater grundlich ent-wickelt werden. Jetzt geht es darum, Sicherheit imErkennen der Beanspruchungsarten zu gewinnen,die bei den verschiedenartigen Belastungen in denBauteilen entstehen. Den Schlussel zum Verstand-nis liefert immer das Schnittverfahren. Dazu ist eserforderlich, die folgenden �bungen gewissenhaftdurchzuarbeiten.

Die �bungen eignen sich sehr gut zur Gruppen-arbeit: Jede Gruppe erarbeitet eine �bung oder ei-nen �bungsschritt.

Zur Einfuhrung in das Schnittverfahren wird dasallgemeine innere Kraftesystem untersucht.

Zugbeanspruchung:

sz ¼ FN

A¼ Normalkraft

Querschnittsflache

Druckbeanspruchung:

sd ¼ FN

A¼ Normalkraft

Querschnittsflache

Biegebeanspruchung:

sb ¼ Mb

W¼ Biegemoment

axiales Widerstandsmoment

Abscherbeanspruchung:

ta ¼ Fq

A¼ Querkraft

Querschnittsflache

Torsionsbeanspruchung:

tt ¼ MT

Wp¼ Torsionsmoment

polares Widerstandsmoment

5.1.7.1 Das allgemeine innere Kraftesystem

Im allgemeinen Fall kann der Querschnitt einesBauteils das folgende innere Kraftesystem zu uber-tragen haben:

eine normal auf der Schnittflache stehende innereKraft FN, sie erzeugt die Normalspannung s (Zug-oder Druckspannung sz, sd);

eine in der Schnittflache liegende innere Kraft Fq

(Komponenten Fqx, Fqy), sie erzeugt die Schub-spannung t;

ein normal auf der Schnittflache wirkendes Biege-moment Mb (Komponenten Mbx, Mby), es erzeugtdie Normalspannung s (Biegespannung sb);

ein in der Schnittflache liegendes TorsionsmomentMT, es erzeugt die Schubspannung t (Torsions-spannung tt).

M

F

y

z

xz

x

y

FN

Fqy

Fqx

M = Mz T

M = Mx bx

M = My by

Das allgemeine innere Kraftesystem

In nicht leicht durchschaubaren Fallen (z. B. Kurbelwelle) ist es zweckmaßig, diese vier sta-tischen Großen in der Schnittflache anzubringen und mit den Gleichgewichtsbedingungen am„abgeschnittenen“ Bauteil die inneren Krafte und Momente zu bestimmen.

Meist wird es genugen, wenn durch Hinzufugen von inneren Kraften und Kraftmomenten dasabgeschnittene Bauteil Schritt fur Schritt ins Gleichgewicht gesetzt wird. Dafur stehen die fol-genden �bungen.

5 Festigkeitslehre270

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Da diese �bungen eine der wichtigsten Grundaufgaben der Festigkeitslehre erfassen, geht mannach einem Arbeitsplan vor. In jedem Fall mussen zuerst die außeren Krafte und Kraftmo-mente mit den Gesetzen der Statik bestimmt werden.

5.1.7.2 Arbeitsplan zur Bestimmung des inneren Kraftesystemsund der Beanspruchungsarten

Aufgaben Nr. 651–656

5.1.7.3 �bungen zum Schnittverfahren

1. �bung: Durch die Last F wird ein Seil (Kette,Draht) belastet. Man macht das Seil frei und zer-legt es durch den Schnitt x––x in Teil I und II. Derbetrachtete Restkorper ist wieder im Gleichge-wicht, wenn man im Schnitt die normal (recht-winklig) zur Schnittflache wirkende innere KraftFN ¼ F ¼ 4000 N anbringt (SFy ¼ 0). Der Ver-gleich mit den Angaben im Abschnitt 5.1.5 ergibt,dass Zugbeanspruchung vorliegt. Es tritt die Nor-malspannung sz (Zugspannung) auf. Ihr Betragwird bestimmt durch die Zug-Hauptgleichungsz ¼ FN=A. Inneres Kraftesystem beim Seil

�ußere Krafte und Kraftmomente mit Hilfe der statischen Gleichgewichts-bedingungen bestimmen (zeichnerisch oder rechnerisch).

1. Schritt

Bauteil durch einen Schnitt quer zur Stabachse an der Stelle schneiden, derenBeanspruchung untersucht werden soll.

2. Schritt

In den Schnitt Normalkraft FN, Querkraft Fq und Kraftmomente Mb und MT

so einzeichnen, dass der Restkorper wieder im Gleichgewicht steht.3. Schritt

Betrage der inneren Krafte und Kraftmomente mit Hilfe der rechnerischenGleichgewichtsbedingungen bestimmen.

4. Schritt

Beanspruchungsarten durch Vergleich des inneren Kraftesystems mit denAngaben im Abschnitt 5.1.5 festlegen.

5. Schritt

Spannungen nach Abschnitt 5.1.7 berechnen. 6. Schritt

5.1 Grundbegriffe 271

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2. �bung: Das innere Kraftesystem im Quer-schnitt x––x eines Stutztragers soll bestimmtwerden. Zunachst mussen mit Hilfe der Gleichge-wichtsbedingungen am Gesamtkorper die Stutz-krafte FA und FB berechnet werden.

Stutztrager, freigemacht

Die Rechnung ergibt

fur die Stutzkraft FA ¼ 20 kN ¼ 20 000 Nfur die Stutzkraft FB ¼ 40 kN ¼ 40 000 N

SMðAÞ ¼ 0 ¼ FB l� F l2

FB ¼ Fl2l¼ 60 kN

4 m

6 m¼ 40 kN

SFy ¼ 0 ¼ FA � F þ FB

FA ¼ F � FB ¼ 20 kN

Man sieht sich die Teilstucke an, und wahlt zu-nachst Teil I. Soll sich der Restkorper I nicht mehrverschieben, muss im Schnitt eine nach unten wir-kende innere Kraft Fq ¼ FA ¼ 20 000 N ange-bracht werden (SFy ¼ 0). Nun bilden Fq und FA

jedoch ein Kraftepaar, das den Restkorper rechts-drehend belastet. Folglich bringt man im Schnittein linksdrehendes, normal zur Flache wirkendesBiegemoment Mb ¼ FAl1 ¼ 60 000 Nm an, dasdie Drehung verhindert (SMðSPÞ ¼ 0).

Auf diese Weise kann auch der Restkorper II un-tersucht werden. Stutzbalken geschnitten und mit innerem

Kraftesystem versehen. Die inneren Krafte-systeme in I und II sind gleich groß undentgegengesetzt gerichtet.

Man erkennt:

Waagerecht wirkende Krafte sind nicht vorhan-den. Die im Schnitt wirkende innere KraftFq ¼ 20 000 N ergibt nach Abschnitt 5.1.5 Ab-scherbeanspruchung mit Schubspannung ta (Ab-scherspannung). Ihr Betrag wird bestimmt durchdie Abscher-Hauptgleichung ta ¼ Fq=A .

Außer der inneren Querkraft Fq hat der Quer-schnitt noch ein Biegemoment Mb zu ubertragen.Wie jedes Kraftmoment wird auch das Biegemo-ment Mb durch ein Kraftepaar erzeugt. Die Teil-krafte dieses Kraftepaares stehen hier normal zurFlache und ergeben nach Abschnitt 5.1.5 Biege-beanspruchung mit der Normalspannung sb. IhrBetrag wird bestimmt durch die Biege-Hauptglei-chung sb ¼ Mb=W . Biegemoment und Kraftepaar

5 Festigkeitslehre272

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3. �bung: Durch das Anziehen soll in der Schrau-benspindel der skizzierten Schraubzwinge eineLangskraft F ¼ 3000 N entstehen. Diese Kraftwird die Schraubzwinge etwas aufweiten. Es sollfur die willkurlich gelegten Schnitte x––x und y––ydas innere Kraftesystem und die dort vorhandenenBeanspruchungsarten festgelegt werden.

Schraubzwinge mit außerer Belastung F

a) Schnitt x––x

Die Kraft F wurde Schnittteil I nach rechts ver-schieben. Daher muss man im Schnitt die innereKraft Fq ¼ F ¼ 3000 N anbringen (SFx ¼ 0).�ußere Kraft F und innere Kraft Fq ergeben nunaber ein Kraftepaar, das den Korper mit demrechtsdrehenden Kraftmoment

M ¼ �F l1 ¼ �3000 N � 0,2 m ¼ �600 Nm

rechtsherum drehen wurde. Gleichgewicht bringterst das eingezeichnete linksdrehende Biegemo-ment Mb ¼ F l1 ¼ 600 Nm (SMðSPÞ ¼ 0). Damitliegen auch die Beanspruchungsarten fest.

SFx ¼ 0 ¼ F � Fq

Fq ¼ F ¼ 3000 N

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �F l1 þMb

Mb ¼ Fl1 ¼ 600 Nm

Inneres Kraftesystemam Teilstuck I

Beanspruchungsarten im Schnitt x––x:Abscherbeanspruchung durch die QuerkraftFq ¼ F ¼ 3000 N mit Abscherspannungta ¼ Fq=A und Biegebeanspruchung durchdas Biegemoment Mb ¼ F l1 ¼ 600 Nm mitBiegespannung sb ¼ Mb=W .

b) Schnitt y––y

Zur Herstellung des Gleichgewichts am abge-schnittenen Bauteil II muss man im Schnitt die in-nere Normalkraft FN ¼ F ¼ 3000 N anbringen(SFx ¼ 0). Auch hier hat man dann ein Kraftepaarmit dem Kraftmoment F l2, dem man mit dem ein-gezeichneten Biegemoment Mb ¼ �F l2 rechtsdre-hend entgegenwirken muss (SMðSPÞ ¼ 0). Damitliegen auch fur diesen Schnitt die Beanspru-chungsarten fest.

SFx ¼ 0 ¼ �F þ FN

FN ¼ F ¼ 3000 N

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ F l2 �Mb

Mb ¼ F l2 ¼ 900 Nm

Inneres Kraftesystem am Teilstuck II

Beanspruchungsarten im Schnitt y––y:Zugbeanspruchung durch die NormalkraftFN ¼ F ¼ 3000 N mit Zugspannungsz ¼ FN=A und Biegebeanspruchung durchdas Biegemoment Mb ¼ F l2 ¼ 900 Nm mitBiegespannung sb ¼ Mb=W .

5.1 Grundbegriffe 273

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4. �bung: Nun zu einer recht schwierigen Auf-gabe: Fur die drei eingezeichneten Schnittstellen I,II, III einer Handkurbel sollen das innere Krafte-system und die Beanspruchungsarten bestimmtwerden. Gleiche oder ahnliche Probleme sind inder Praxis haufig. z. B. bei Kurbelwellen, beiGetriebewellen, uberall dort, wo eine außere Kraftdrehend auf einen Korper wirkt.

a) Schnittstelle I (Bolzen)

Um das Gleichgewicht am abgeschnittenen Bol-zen wieder herzustellen, muss man zunachst dieinnere Querkraft Fq ¼ F ¼ 200 N anbringen(SFy ¼ 0). Dadurch entsteht das aus Fq und Fbestehende (rechtsdrehende) Kraftepaar.

In gleicher Ebene wirkt das linksdrehende Biege-moment Mb ¼ 200 N � 0,120 m ¼ 24 Nm. Es er-gibt sich aus der Momentengleichgewichtsbe-dingung um den Schnittflachenschwerpunkt SP(SMðSPÞ ¼ 0).

InneresKraftesystemin derSchnittstelle I

SFy ¼ 0 ¼ �F þ Fq

Fq ¼ F ¼ 200 N

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �F l1 þMb

Mb ¼ F l1 ¼ 200 N � 0,12 m ¼ 24 Nm

Die Beanspruchungsarten mit der jeweiligen Span-nung, hier Abscherspannung ta und Biegespan-nung sb, erhalt man durch Vergleich mit den An-gaben im Abschnitt 5.1.5, Seite 267.

Beanspruchungsarten im Schnitt I:

Abscherbeanspruchung durch die QuerkraftFq ¼ F ¼ 200 N mit Abscherspannungta ¼ Fq=A und

Biegebeanspruchung durch das BiegemomentMb ¼ F l1 ¼ 24 Nm mit Biegespannungsb ¼ Mb=W .

5 Festigkeitslehre274

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b) Schnittstelle II (Kurbel)

Bevor das innere Kraftesystem im Schnitt II desKurbelarms bestimmt werden kann, muss manwissen, wie die Handkraft F in Bezug auf denKurbelarm wirkt. Um das festzustellen, werdennach dem Parallelverschiebungssatz (siehe Statik)im Kurbelarmpunkt A zwei gleich große gegensin-nige Krafte F angebracht. Man erkennt, dass dieHandkraft im Punkt A zweierlei bewirkt: zumeinen die nach unten gerichtete Kraft F, zum ande-ren aber noch das dem Kraftepaar (zweifach gestri-chene Krafte) entsprechende (rechtsdrehende)Drehmoment M ¼ F l01 ¼ 26 Nm.

Mit diesem in Awirkenden Kraftesystem kann nunweitergearbeitet werden.

Kurbelarm mit Handkraft F und außeremKraftesystem in Punkt A

Die in A angreifende Einzelkraft F ¼ 200 N unddas um A drehende Drehmoment M ¼ 26 Nm sinddasjenige außere Kraftesystem, dem man in derQuerschnittsstelle II ein entsprechendes inneresKraftesystem entgegensetzen muss.

Der Kurbelarm soll sich weder verschieben nochsoll er sich um seine Langsachse z––z verdrehen.

Die Verschiebung kann ausgeschlossen werden,indem man im Schnitt die QuerkraftFq ¼ F ¼ 200 N anbringt (SFy ¼ 0).

Dadurch entsteht ein Kraftepaar (aus F und FqÞ,dem man im Schnitt ein entsprechendes Moment ent-gegensetzen muss. Das kann nur das um die x-Achsedrehende Biegemoment Mb ¼ F l2 ¼ 40 Nm sein(SMðSPÞ ¼ 0).

Nun wurde aber das außere DrehmomentM ¼ 26 Nm den Kurbelarm um die z-Achserechtsherum drehen. Folglich hat der Querschnittnoch das linksdrehende und in der Flache lie-gende Torsionsmoment MT ¼ 26 Nm zu ubertra-gen. Statt SMðSPÞ ¼ 0 musste man hier exakterSMðz-AchseÞ ¼ 0 sagen.

Die Beanspruchungsarten mit der zugehorigenSpannung erhalt man wie gewohnt nach Abschnitt5.1.5.

Inneres Kraftesystem in der Schnittstelle II

SFy ¼ 0 ¼ �F þ Fq

Fq ¼ F ¼ 200 N

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �F l2 þMb

Mb ¼ F l2 ¼ 200 N � 0,2 m ¼ 40 Nm

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �M þMT

MT ¼ M ¼ 26 Nm

Beanspruchungsarten im Schnitt II:

Abscherbeanspruchung durch die QuerkraftFq ¼ F ¼ 200 N mit Abscherspannungta ¼ Fq=A und

Biegebeanspruchung durch das BiegemomentMb ¼ F l2 ¼ 40 Nm mit Biegespannungsb ¼ Mb=W und

Torsionsbeanspruchung durch das Torsions-moment MT ¼ 26 Nm mit der Torsionsspan-nung tt ¼ MT=Wp.

5.1 Grundbegriffe 275

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c) Schnittstelle III (Kurbelwelle)

Auch hier muss erst einmal festgestellt werden,welche Wirkung die Handkraft F auf den zu unter-suchenden Korper ausubt. Dazu wird die Achsex––x der Welle bis zum Schnittpunkt B verlangert.Dort bringt man die beiden gleich großen gegen-sinnigen Krafte F an.

Man erhalt in Bezug auf die x-Achse die außereKraft F ¼ 200 N und das dem gestrichenen Kraf-tepaar entsprechende (rechtsdrehende) Drehmo-ment M ¼ Fr ¼ 50 Nm.

Mit diesem in Punkt B wirkenden Kraftesystemkann man weiterarbeiten.

Handkurbel mit Handkraft F und außeremKraftesystem in Punkt B

Schritt fur Schritt wird nun der abgeschnitteneKorper ins Gleichgewicht zuruckversetzt:

Zuerst bringt man eine nach oben gerichtete Quer-kraft Fq im Schnittflachenschwerpunkt an. Damitwird das Gleichgewicht in der x, y-Ebene wiederhergestellt (SFy ¼ 0).

Nun ist aber das Kraftepaar F, Fq entstanden, dasdie Welle in der x, y-Ebene rechtsdrehend belastet.Folglichmussman als nachstes ein in gleicher Ebenewirkendes Kraftmoment im Schnitt anbringen, daslinksdrehende Biegemoment Mb ¼ F l4 ¼ 52 Nm(SMðSPÞ ¼ 0).

Inneres Kraftesystem in der Schnittstelle III

Bis hierher ist gesichert, dass sich die Welle inder x, y-Ebene weder verschiebt noch dreht. Siewurde sich aber unter der Wirkung des Drehmo-mentes M um die x-Achse drehen (gegenuberdem Restteil der Welle). Das verhindert das inder Schnittebene liegende linksdrehende Torsi-onsmoment MT ¼ 50 Nm.

SFy ¼ 0 ¼ �F þ Fq

Fq ¼ F ¼ 200 N

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �F l4 þMb

Mb ¼ F l4 ¼ 200 N � 0,26 m ¼ 52 Nm

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �M þMT

MT ¼ M ¼ 50 Nm

Wie ublich erhalt man die Beanspruchungsartenund die Spannungen nach Abschnitt 5.1.5.

Beanspruchungsarten im Schnitt III:

Abscherbeanspruchung durch die QuerkraftFq ¼ 200 N mit Abscherspannungta ¼ Fq=A,

Biegebeanspruchung durch das BiegemomentMb ¼ 52 Nm mit Biegespannungsb ¼ Mb=W und

Torsionsbeanspruchung durch das Torsions-moment MT ¼ 50 Nm mit der Torsionsspan-nung tt ¼ MT=Wp.

5 Festigkeitslehre276

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5.2 Beanspruchung auf Zug

5.2.1 Spannung

Ein Stab von beliebiger, gleich bleibender Quer-schnittsflache Awird durch die außere Kraft F aufZug beansprucht.

Man legt einen Schnitt x––x quer (rechtwinklig)zur Stabachse. Das Gleichgewicht am linken Stab-teil wird hergestellt durch die im Schnittflachen-schwerpunkt SP angreifende innere Kraft FN

normal zum Schnitt (Normalkraft). Die Gleichge-wichtsbedingung SFx ¼ 0 ergibt FN ¼ F.

F

x

x

F

FSP

FN

Querschnittsfläche A

Zugbeanspruchter Stab

Angenommen jedes Flachenteilchen des Quer-schnitts ist gleich stark an der Aufnahme der inne-ren Kraft beteiligt. Dann erhalt man die Zugspan-nung sz einfach als Quotienten aus derNormalkraft FN und dem Flacheninhalt A derQuerschnittsflache.

Zugspannung sz ¼ Normalkraft FN

Querschnittsflache A

sz ¼ FN

A

Damit wurde die Zug-Hauptgleichung gefunden,die fur jede gerade vorliegende Aufgabe umge-stellt werden kann.

Zug-Hauptgleichung

Je nach vorliegender Aufgabe wird die Zug-Hauptgleichung umgestellt:

Ist der Querschnitt langs der Stabachse gleichblei-bend, herrscht auch in jedem Schnitt die gleicheSpannung. Bei (allmahlichen) Querschnittsan-derungen gehort zum kleineren Querschnitt diegroßere Spannung und umgekehrt. Die im so ge-nannten gefahrdeten Querschnitt herrschendeSpannung darf den festgelegten zulassigen Span-nungswert nicht uberschreiten.

Gefahrdet ist bei Zugbeanspruchung der Quer-schnitt mit der kleinsten Flache.

Aerf ¼ FN

sz zul

erforderlicherQuerschnitt

sz vorh ¼ FN

A� sz zul

vorhandeneSpannung

FN max ¼ A sz zulmaximaleBelastung

5.2.2 Erkennen des gefahrdeten Querschnitts in zugbeanspruchten Bauteilen

Eine festigkeitstechnische Aufgabe kann nur dann richtig gelost werden, wenn das zu un-tersuchende Bauteil richtig freigemacht und der gefahrdete Querschnitt Agef richtig erkanntwird.

Zur �bung wird das Aufsuchen des gefahrdeten Querschnitts bei Zugbeanspruchung an eini-gen haufig vorkommenden Bauteilen erlautert.

sz FN A

N

mm2N mm2

5.2 Beanspruchung auf Zug 277

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5.2.2.1 Profilstabe mit Querbohrung

In ungeschwachten Profilstaben (Kreis-, Kreisring,Rechteck-, Winkel-, Doppel-T-Profile usw.) mussin jedem Querschnitt langs der Zugachse die glei-che Spannung herrschen, weil die Querschnitts-flache uberall gleich groß ist. Querbohrungen oderQuerschnittsminderungen anderer Art fuhren andieser Stelle zur Spannungserhohung. Dort liegtalso auch der gefahrdete Querschnitt Agef ; fur denman mit den gewahlten Bezeichnungen fur diegeometrischen Großen (Durchmesser d, Breite b,Dicke s usw.) eine Gleichung schreiben kann, z. B.fur den gefahrdeten Querschnitt eines Flachstahlsin der Form Agef ¼ bs� d s ¼ sðb� dÞ. Falschware etwa Agef ¼ bs� sd 2p=4.

Agef ¼ Ax ¼ p

4d2 � dd1

Agef ¼ Ax ¼ sðb� dÞ

5.2.2.2 Zuglaschen

�ndern sich bei Zugstaben Querschnittsform oderFlacheninhalt langs der Zugachse, so legt maneinen Schnitt nach jeder Querschnittsanderung; inder skizzierten Zuglasche beispielsweise dieSchnitte x––x und y––y. Erst der Vergleich der Fla-cheninhalte Ax, Ay lasst den gefahrdeten Quer-schnitt erkennen; er liegt dort, wo der Flachen-inhalt am kleinsten ist, denn nach sz ¼ FN=Agehort zum kleineren Querschnitt die großereSpannung und umgekehrt.

Ax ¼ sðD� dÞAy ¼ bs

5.2.2.3 Zugschrauben

Auch fur Schrauben gilt, dass der gefahrdete Quer-schnitt dort liegt, wo sich der kleinste Flachen-inhalt ergibt. Setzt man einen Schnitt im Gewinde-grund eines Spitzgewindes an, dann endet dieserSchnitt auf der anderen Seite im Gewindegang,und die Form des Querschnitts weicht etwas vonder Kreisform ab. Der so entstandene gefahrdeteQuerschnitt heißt Spannungsquerschnitt AS. Er istfur alle Befestigungsgewinde (Spitzgewinde) be-rechnet worden. Man kann ihn in mm2 den Tabel-len entnehmen (siehe Formelsammlung).

Agef ¼ Ax ¼ AS

AS Spannungsquerschnitt

Hinweis: Als gefahrdeten Querschnitt beiBewegungsgewinden (z. B. Trapezgewinde)nimmt man immer den Kernquerschnitt.

d

Agef

∅d1

b

s

Agef

∅d

∅ ∅D d

b

ss

A = A oder Agef x y

Agef

d

5 Festigkeitslehre278

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5.2.2.4 Herabhangende Stabe oder Seile

Man denkt sich einen frei herabhangenden Stabder von unten nach oben fortschreitend durch dieSchnitte x1 � x1, x2 � x2 usw. zerlegt ist, dann hatder jeweils hoher liegende Schnitt eine großereTeilgewichtskraft FGx aufzunehmen. Das bedeutet,dass die Spannung an der Einspannstelle am groß-ten ist. Dort liegt der gefahrdete Querschnitt. Dadie Belastung durch das Eigengewicht linear zu-nimmt, muss die Begrenzung der Spannungsver-teilung eine Gerade sein. Tragt der Stab am unte-ren Ende noch die Last F, dann betragt dieGesamtbelastung Fges ¼ F þ FG. Damit ist diemaximale Spannung smax zu berechnen.

Agef ¼ Ax smax ¼ F þ FG

Ax

Ax Querschnitt an der Einspannstelle

Vielfach muss bei solchen Aufgaben die Gewichts-kraft FG ¼ mg berechnet werden. Dazu ersetztman die Gewichtskraft durch das Produkt aus demVolumen V , der Dichte r des Stoffes und der Fall-beschleunigung g.

FG ¼ Vrg FG ¼ mg

5.2.2.5 Ketten

Zur Vereinfachung werden Ketten entgegen dentatsachlichen komplizierteren Beanspruchungsver-haltnissen (Biegung) nur auf Zug berechnet. DieSicherheit im Hinblick auf die tatsachliche großteBeanspruchung eines Kettengliedes liegt in derbehordlich vorgeschriebenen zulassigen Zugspan-nung.

Bei den Rechnungen wird haufig vergessen, dassder Schnitt x––x zwei Rundstahlquerschnitte trifft.

Agef ¼ 2p

4d2 ¼ p

2d2

Aufgaben Nr. 661–694

5.2.3 Elastische Formanderung (Hooke’sches Gesetz)

Bei Belastung verandert ein Werkstuck seineForm. Man unterscheidet „elastische“ und „plas-tische“ Formanderung. Hier wird nur auf die elas-tische Formanderung eingegangen, bei der dasWerkstuck nach Entlastung seine ursprunglicheForm wieder annimmt.

Das von Robert Hooke (engl. Physiker,1635––1703) gefundene Gesetz ist dasGrundgesetz fur jede elastische Verformungfester Korper.

Im Physik-Lehrbuch1) wird ein Versuch zumHooke’schen Gesetz beschrieben.

FG V r m g

N ¼ kg m

s2m3 kg

m3kg

m

s2

Agef

d

1) A. Boge, J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Losungen. ViewegþTeubner, 2008

5.2 Beanspruchung auf Zug 279

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5.2.3.1 Verlangerung D l und Dehnung e

Jeder auf Zug beanspruchte Korper (Gummifaden,Stahldraht, Zugstab eines Fachwerkes usw.) ver-langert sich um einen bestimmten Betrag Dl. Hatder Korper im ungespannten Zustand die Ur-sprungslange l0, im gespannten Zustand dagegendie Lange l, so ist seine Verlangerung Dl die Dif-ferenz von Lange l bei Belastung und Ursprungs-lange l0.

Stab ungespannt und gespannt

Dl ¼ l� l0

Es wird angenommen, ein Stahlstab von beliebigerLange l0 verlangere sich bei einer bestimmtenZugspannung um 10 mm. Dann wurde sich eindoppelt so langer Stab unter sonst gleichen Voraus-setzungen um 20 mm verlangern. Je nach großereroder kleinerer Ursprungslange l0 wird also die Ver-langerung Dl trotz gleicher Spannung großer oderkleiner. Um langenunabhangige Vergleichswertefur die Werkstoffbeurteilung zu erhalten, beziehtman die Verlangerung Dl auf die Ursprungslangel0. Dieser Quotient aus Verlangerung Dl und Ur-sprungslange l0 heißtDehnung e.

Dehnung e ¼ Verlangerung Dl

Ursprungslange l0

e ¼ Dl

l0¼ l� l0

l0

Beachte: Als Verhaltnis zweier Langen(Verlangerung Dl und Ursprungslange l0) istdie Dehnung e eine Verhaltnisgroße mit derEinheit Eins.

In der Werkstoffprufung gibt man die Dehnung inProzenten an. In Festigkeitsrechnungen dagegendarf nur mit der Dezimalzahl gerechnet werden.

Beispiel: Ein Stab von 100 mm Lange verlan-gert sich bei einer bestimmten Belastung um10 mm. Dann betragt die Dehnung

e ¼ Dl

l0¼ 10 mm

100 mm¼ 0,1 ð10 %Þ

5.2.3.2 Querdehnung eq

An einem Gummifaden erkennt man, dass er beiBelastung nicht nur langer, sondern auch dunnerwird. Ebenso nimmt auch der Querschnitt eines aufZug beanspruchten Metallstabs ab, wenn auchnicht mit bloßem Auge erkennbar. Querdehnung des Stabes

Jede Dehnung ist also mit einer Querschnitts-minderung verbunden. Daher hat man entspre-chend der Dehnung e die Querdehnung eq defi-niert, und zwar als Verhaltnis von DickenanderungDd (entsprechend Dl) und Ursprungsdicke d0 (ent-sprechend l0).

Als Verhaltnis zweier Langen muss auch die Quer-dehnung eq die Einheit Eins erhalten.

Querdehnung eq ¼ Dickenanderung Dd

ursprungliche Dicke d0

eq ¼ Dd

d0¼ d0 � d

d0

e Dl, l0, l

1 mm

eq Dd, d0, d

1 mm

5 Festigkeitslehre280

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5.2.3.3 Poisson-Zahl m

Fur bestimmte Festigkeitsuntersuchungen ist esbequem, mit dem Verhaltnis von Querdehnung eqund Dehnung e zu rechnen. Dieses Verhaltnis be-zeichnet man als Poisson-Zahl m. Fur Stahl wurdedie Poisson-Zahl m ¼ 0,3 ermittelt; fur Gusseisenist m ¼ 0,25; fur Gummi ist m ¼ 0,5.

Poisson-Zahl m ¼ Querdehnung eqLangsdehnung e

m ¼ eqe

5.2.3.4 Das Hooke’sche Gesetz

Fur viele Festigkeitsrechnungen ist es wichtig, denZusammenhang zwischen der Spannung s und derzugehorigen Dehnung e zu erkennen. Beim Zieheneines Gummifadens sieht man, dass mit zuneh-mender Spannung s auch die Dehnung e (Verlan-gerung Dl) ansteigt. Versuche mit Probestaben(siehe Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Seite375) zeigen, dass bei vielen Werkstoffen die Deh-nung e mit der Spannung s im gleichen Verhaltnis(proportional) wachst. Bei doppelter Spannung szeigt sich dann auch die doppelte Dehnung e. Mankann auch sagen: Das Verhaltnis von Spannung sund Dehnung e ist fur jeden Werkstoff ein be-stimmter, in den fur die Praxis wichtigen Span-nungsgrenzen gleich bleibender Wert, der Elastizi-tatsmodul E.

Elastizitatsmodul E ¼ Spannung s

Dehnung e

Umgestellt und fur e ¼ Dl=l0 eingesetzt,ergibt sich die ubliche Form:

s ¼ eE ¼ Dl

l0E

Hooke’sches Gesetz

Hinweis: Versuche mit druckbeanspruchtenStaben zeigen die gleichen Gesetzmaßig-keiten wie bei Zugbeanspruchung:Das Hooke’sche Gesetz gilt fur Zug- undDruckbeanspruchung. Statt sz und sd

schreibt man daher hier nur s.

Der Elastizitatsmodul (kurz: E-Modul) ist eineWerkstoffkonstante, die man selbst durch einfacheDehnversuche ermitteln kann. Im Physik-Lehr-buch ist ein solcher Versuch ausfuhrlich beschrie-ben. Die Tabellen 5.8 und 5.9 (Seite 384) enthaltenden E-Modul fur die wichtigsten Werkstoffe.

Beispiele:

EStahl ¼ 210 000N

mm2¼ 2,1 � 105 N

mm2

EAlCuMg ¼ 0,72 � 105 N

mm2

EGG26 ¼ 1,2 � 105 N

mm2

Dem Elastizitatsmodul E entspricht fur Schubspan-nungen (Abscher- und Torsionsspannung) demSchubmodulG (5.6.2, Seite 296).

Hinweis: Manchmal erscheint eine Auf-gabe nur deshalb schwierig, weil man ver-gisst, dass der E-Modul schon bekannt ist(Tabelle 5.8).

s, E Dl, l0 e

N

mm2mm 1

5.2 Beanspruchung auf Zug 281

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Nach dem Hooke’schen Gesetz s ¼ eE muss derE-Modul die Einheit der Spannung haben(N/mm2), denn die Dehnung e hat die EinheitEins. �ber das Hooke’sche Gesetz E ¼ s=e kannman den E-Modul auch als diejenige Spannungansehen, die bei der Dehnung e ¼ 1 auftreten wur-de. Allerdings muss dabei beachtet werden, dasssich Metallstabe nicht auf das Doppelte ihrer Ur-sprungslange verlangern lassen und dass dasHooke’sche Gesetz nur im elastischen Bereich gilt(Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Seite 374).

Beispiel:

Angenommen, ein Probestab verlangert sichbei der Spannung sz ¼ 1000 N=mm2 auf dasDoppelte seiner Ursprungslange. Dann wareseine Dehnung e ¼ Dl=l0 ¼ 1 und damit

E ¼ sz

e¼ 1000

1

N

mm2¼ 1000

N

mm2¼ sz

5.2.3.5 Warmespannung

Alle Metallstabe dehnen sich bei Erwarmung ausund ziehen sich bei Abkuhlung wieder auf die Ur-sprungsgroße l0 zusammen. Die Verlangerung Dl(Verkurzung) des Stabes ist abhangig von der Ur-sprungslange l0, von der TemperaturdifferenzDT ¼ J2 � J1 vor und nach der Erwarmung (Ab-kuhlung) und vom Langenausdehnungskoeffizien-ten al (siehe Physik-Lehrbuch).

Wird ein Metallstab durch entsprechende Einspan-nungen an der Langenanderung gehindert, dannmussen Zug- oder Druckspannungen auftreten. Siekonnen mit Hilfe des Hooke’schen Gesetzes be-rechnet werden. Diese Normalspannungen heißenWarmespannung sJ, weil die Temperatur all-gemein mit dem griechischen Buchstaben Thetabezeichnet wird. Den Elastizitatsmodul E entnimmtman den Tabellen 5.8 und 5.9, Seite 384, den Lan-genausdehnungskoeffizienten al dem HandbuchMaschinenbau.

Dl ¼ l0al DT

Hinweis: Fur Stahl ist alSt ¼ 12 � 10�6 1=K,das heißt, ein Stahlstab von 1 m Lange veran-dert sich bei Erwarmung um 1 K ¼ 1 �C um12 � 10�6 m ¼ 0,012 mm.

sJ ¼ eE ¼ Dl

l0E Hooke’sches Gesetz

in allgemeiner Form

Fur die Verlangerung (Verkurzung) wirdDl ¼ l0al DT eingesetzt:

sJ ¼ l0al DT

l0E

sJ ¼ al DT E

Warmespannung

Beachte: Die Warmespannung sJ ist unab-hangig von den Abmessungen des Stabs.

5.2.3.6 Formanderungsarbeit W f

Im elastischen Bereich steigt die Belastung F vonZug- und Druckstaben proportional zur Langen-anderung an. Dabei verrichtet die Kraft F auf demWeg Dl (Verlangerung) eine mechanische Arbeit,die im Werkstoff gespeichert und bei Entlastungwieder vollstandig frei wird. Man sagt: Der Korper„federt“.

Das Kraft-Verlangerungs-Schaubild zeigt als Kraft-linie eine ansteigende Gerade. Die darunter liegen-de Flache entspricht der mechanischen Arbeit.

Verlängerung

Kra

ft

F

F

Δl

Δll0

W =fF

2

Δl

Kraft-Verlangerung-Schaubild eines elastischverlangerten Stabs.

Beachte: Bei Zug- oder Druckfedernohne Vorspannung ist die Arbeitsflacheein Dreieck.

Dl, l0 al DT

mm1

KK

sJ, E al DT

N

mm2

1

KK

5 Festigkeitslehre282

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Mit Hilfe des Hooke’schen Gesetzess ¼ eE ¼ Dl E=l0 schreibt man fur die Verlange-rung

Dl ¼ s l0E

:

Fur die Zugkraft F schreibt man mit der Zug-Hauptgleichung F ¼ sA.

Dann ergibt sich mit Al0 ¼ Volumen V die ub-liche Form fur Wf.

Die Formanderungsarbeit Wf wird auch als Feder-arbeit bezeichnet. Als Einheit erhalt man dasNewtonmillimeter. Zur Umrechnung in J ¼ Nmdividiert man den Betrag durch 1000(1 mm ¼ 1/1000 m ¼10�3 m).

Wf ¼ Kraft F � Verlangerung Dl2

Wf ¼ F Dl

2Formanderungsarbeit

Wf ¼ sA s l02E

Wf ¼ F Dl

2¼ s2V

2E

5.2.4 Reißlange

Die Belastung frei hangender Seile z. B. in For-deranlagen setzt sich aus der Nutzlast und derEigengewichtskraft des Seiles zusammen. Mitzunehmender Seillange wird man infolge deransteigenden Gewichtskraft FG des Seiles immerweniger Nutzlast anhangen durfen, bis der gefahr-dete Querschnitt (Aufhangequerschnitt) nur nochdie Seilgewichtskraft FG tragen kann.

Wie das Bild zeigt, steigt die allein durch die Seil-gewichtskraft verusachte Zugspannung sz linearmit der Lange an. Das zeigt auch die folgende Ent-wicklung (siehe 5.2.2.4, Seite 279).

In der Zug-Hauptgleichung wird die Zugkraft Fdurch die Gewichtskraft FG ¼ mg ersetzt. DieMasse m des Seils ersetzt man durch das Produktaus Dichte r und dem Volumen V , letzteres wiederdurch das Produkt aus Querschnittsflache A undSeillange l.

sz ¼ FG

AFG ¼ mg ¼ rV g ¼ rAlg

sz ¼ rAlg

A¼ r lg

sz ¼ r lg

Nach der Gleichung sz ¼ r lg ist die Zugspannungim Seil nicht vom Seildurchmesser abhangig.

Hinweis: Die Gleichung fur sz zeigt, dass dieZugspannung gleichmaßig mit der Seillange lnach oben hin ansteigt.

Wird in sz ¼ r lg statt der Zugspannung sz dieZugfestigkeit Rm fur den Seilwerkstoff eingesetzt,so erhalt man eine Gleichung fur die so genannteReißlange l r, bei der das frei hangende Seil unterseiner Eigengewichtskraft reißt.

sz ¼ r lg ; sz ¼ Rm ; l ¼ l r

l r ¼ Rm

rg

Rm Zugfestigkeit (Seite 374)r Dichteg Fallbeschleunigung

Reißlange

Wf F Dl s, E V

Nmm ¼ 10�3J N mmN

mm2mm3

5.2 Beanspruchung auf Zug 283

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Setzt man in die Großengleichung fur die Reißlan-ge die Zugfestigkeit Rm in N/mm2 ein, die Dichter in kg/m3 und die Fallbeschleunigung g in m/s2,dann muss bei der Ausrechnung die Flachenein-heit mm2 in m2 umgewandelt werden. Hierfur gilt

1 mm2 ¼ ð10�3 mÞ2 ¼ 10�6 m2 :

ðlrÞ ¼ ðRmÞðrÞ ðgÞ ¼

N

mm2

kg

m3� ms2

¼ N �m3 � s2mm2 � kg �m

ðlrÞ¼kgm

s2�m3 � s2

10�6 m2 � kg �m¼ kg �m4 � s210�6 m2 � kg �m � s2

ðlrÞ ¼ 106 m ¼ 103 km

Damit kann auch eine auf die Langeneinheit kmzugeschnittene Zahlenwertgleichung entwickeltwerden.

Auch nach der Zahlenwertgleichung ist die Reiß-lange eines Seils nicht vom Seildurchmesser odervom Querschnitt A abhangig.

lr ¼ 103Rm

rg

Zahlenwert-gleichung

Rm siehe Seite 384

Aufgaben Nr. 696–713

5.3 Beanspruchung auf Druck

Die außeren Krafte wirken hier entgegengesetztwie bei der Zugbeanspruchung. Man kann sagen:Zug- und Druckbeanspruchung liegen spiegel-bildlich zueinander, und die Gesetzmaßigkeitensind von gleicher Art. Das gilt sowohl fur dieSpannungsart (Normalspannung) als auch fur dieSpannungsverteilung. Daher hat die Druck-Haupt-gleichung die gleiche Form wie die Zug-Haupt-gleichung.

Grundsatzlich gilt auch fur die Druckbeanspru-chung:

Bei gleich bleibendem Querschnitt herrscht injedem Schnitt die gleiche Spannung.

Bei Querschnittsanderungen tritt im kleinerenQuerschnitt die großere Spannung auf und umge-kehrt.

Die im gefahrdeten Querschnitt vorhandene Span-nung darf den festgelegten zulassigen Spannungs-betrag nicht uberschreiten.

Gefahrdet ist der Querschnitt mit dem kleinstenFlacheninhalt (siehe auch Seite 277).

Fur die Formanderungsarbeit Wf gelten die Bezie-hungen von Seite 282.

x

x

A

F

F

SPFN

F

Druck-beanspruchterStab

Druckspannung sd ¼ Normalkraft FN

Querschnittsflache A

sd ¼ FN

A

Druck-Hauptgleichung

Je nach vorliegender Aufgabe wird dieDruck-Hauptgleichung umgestellt:

Aerf ¼ FN

sd zul

erforderlicherQuerschnitt

sd vorh ¼ FN

A� sd zul

vorhandeneSpannung

FNmax ¼ Asd zulmaximaleBelastung

lr Rm r g

kmN

mm2

kg

m3

m

s2

sd FN A

N

mm2N mm2

5 Festigkeitslehre284

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5.4 �bungen zur Zug- und Druckbeanspruchung

Hier wird die rechnerische Auswertung der bisher bekannten festigkeitstechnischen Beziehun-gen vorgefuhrt. Der Studierende wird vor allem lernen, welche Form seine Rechnungen habenmussen und nach welchem Konzept er technische Berechnungen aufbauen sollte.

Die beiden folgenden Aufgaben sind von der gleichen Art, wie sie in dem Buch „Aufgaben-sammlung Technische Mechanik“ zusammengestellt wurden.

Die Losungsgedanken stehen links, die numerische Rechnung in der rechten Spalte.

1. �bung: Ein Stahldraht aus 20MnCr5 von 1 mmDurchmesser und 2 m Lange wird durch Zugbelas-tung um 4 mm verlangert.

Zu bestimmen sind

a) die Dehnung des Drahtes,

b) die vorhandene Zugspannung,

c) die Zugkraft.

d) Es soll nachgewiesen werden, dass im Rech-nungsbereich das Hooke’sche Gesetz tatsach-lich noch gilt.

Gegeben:

A ¼ p

4d2 ¼ p

4ð1 mmÞ2 ¼ 0,785 mm2

l0 ¼ 2 m ¼ 2 � 103 mm ; Dl ¼ 4 mm

EStahl ¼ 2,1 � 105 N

mm2

Gesucht:

a) e b) sz vorh c) F

d) Spannungsnachweis fur Hooke

Losung:

a) Da Ursprungslange l0 und Verlangerung Dl ge-geben sind, lasst sich die Dehnung e sofort berech-nen (als Dezimalzahl und in %).

b) Ist eine Formanderung im Spiel, hier die gege-bene Verlangerung Dl, dann ist sicher, dass dasHooke’sche Gesetz gebraucht wird (sz ¼ eE oderauch in der Form sz ¼ Dl E=l0Þ. Daher hat manunter „Gegeben“ auch sofort den E-Modul auf-geschrieben.

c) Die Zugkraft F lasst sich nun uber die Zug-Hauptgleichung mit der vorher bestimmten Zug-spannung berechnen. Allerdings: Das Ergebnisdieser Rechnung kann nur dann richtig sein, wennsz vorh fehlerfrei bestimmt wurde. Auch fur Teil-rechnungen sollte man daher immer versuchen,eine Gleichung fur die gesuchte Große (hier Zug-kraft F) zu entwickeln, in der rechts vom Gleich-heitszeichen nur die gegebenen Ausgangsgroßenstehen. In diesem Sinn ware auch die hier vor-gefuhrte Kontrollrechnung noch nicht exakt, weilstatt pd2=4 der schon berechnete Wert fur denQuerschnitt A ¼ 0,785 mm2 eingesetzt wurde.

e ¼ Dl

l0¼ 4 mm

2 � 103 mm¼ 2 � 10�3 ¼ 0,002

e ¼ 2 � 10�3 � 100% ¼ 2 � 10�1 % ¼ 0,2%

sz vorh ¼ FN

A¼ F

A) fuhrt nicht weiter.

sz vorh ¼ eE ¼ 2 � 10�3 � 2,1 � 105 N

mm2

sz vorh ¼ 4,2 � 10�3 � 105 N

mm2¼ 420

N

mm2

F ¼ sz vorh A ¼ 420N

mm2� 0,785 mm2

F ¼ 329,7 N

Kontrolle:

sz ¼ Dl

l0E sz ¼ F

Aeingesetzt:

F

A¼ Dl

l0E ) nach F aufgelost:

F ¼ Dl EA

l0

F ¼4 mm � 2,1 � 105 N

mm2� 0,785 mm2

2 � 103 mm

F ¼ 329,7 N ðwie obenÞ

5.4 �bungen zur Zug- und Druckbeanspruchung 285

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d) Nach Tabelle 5.8, Seite 384, betragt die Rp 0,2�Dehngrenze fur 20 MnCr5 850 N/mm2, d. h. beidieser Spannung wurde sich der Probestab um0,2 % bleibend gedehnt haben. Da die hier vorhan-dene Spannung (420 N/mm2) weit unter dieserDehngrenze 850 N/mm2 liegt, durfte tatsachlich mitdemHooke’schen Gesetz gerechnet werden.

Rp 0,2 ¼ 850N

mm2

sz vorh ¼ 420N

mm2< Rp 0,2

2. �bung: Ein Gummipuffer mit Kreisquerschnittsoll durch eine Druckkraft F ¼ 500 N von 30 mmauf 25 mm elastisch zusammengedruckt werden.Der E-Modul der verwendeten Gummisorte ist mit5 N/mm2 angegeben.

Zu bestimmen sind

a) die Druckspannung im Gummipuffer,

b) der erforderliche Pufferdurchmesser,

c) die vom Puffer aufgenommene Formanderungs-arbeit.

Gegeben:

F ¼ 500 N

l0 ¼ 30 mm 10Dl ¼ 5 mm

E ¼ 5N

mm2

Gesucht:

a) sd vorh b) derf c) Wf

Losung:

a) Man sollte sich kunftig die Erkenntnisse aus dervorigen Aufgabe zunutze machen und grundsatz-lich die entsprechende Hauptgleichung und dasHooke’sche Gesetz aufschreiben. Entweder fuhrtdann eine der beiden Gleichungen direkt zum Zieloder beide werden zu einer Gleichung fur die ge-suchte Große entwickelt.

sd vorh ¼ F

A¼ eE

sd vorh ¼ eE ¼ Dl

l0E ¼ 5 mm

30 mm� 5 N

mm2

sd vorh ¼ 0,83N

mm2

b) Aus der Druck-Hauptgleichung und demHooke’schen Gesetz wird eine Gleichung fur diegesuchte Große (hier derf ) entwickelt. Nur so erhaltman eine „rechnergemaße“ Beziehung, die es er-moglicht, die gegenseitigen Abhangigkeiten allerGroßen zu diskutieren. Beispielsweise ist zu erken-nen, dass bei großerem E-Modul der erforderlicheDurchmesser kleiner wird, denn E steht im Nennerder Funktionsgleichung d ¼ f ðF, l0, Dl, EÞ.

sd vorh ¼ F

A¼ Dl

l0E ; A ¼ p

4d2

A ¼ p

4d2 ¼ F l0

Dl Eund daraus

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4F l0p Dl E

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 � 500 N � 30 mm

p � 5 mm � 5 N

mm2

vuuutderf ¼ 27,6 mm

c) Die aufgenommene Federarbeit Wf erhalt mandirekt aus den gegebenen Großen F und Dl (sieheSeite 283).

Wf ¼ F Dl

2¼ 500 N � 5 mm

2¼ 1250 Nmm

Wf ¼ 1,25 Nm ¼ 1,25 J

5 Festigkeitslehre286

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5.5 Flachenpressung

5.5.1 Begriff und Hauptgleichung

Unter Flachenpressung p (auch: Pressung) verstehtman die Beanspruchung in den Beruhrungsflachen(Oberflachen) zweier gegeneinander gedruckterBauteile. Ursache jeder Flachenpressung ist eineNormalkraft FN, die haufig erst aus der beliebiggerichteten Kraft F bestimmt werden muss. Wer-den zwei ebene Flachen gegeneinander gepresst,dann gilt:

Die Flachenpressung p ist der Quotient aus derNormalkraft FN und dem Flacheninhalt A derBeruhrungsflache.

Je nach vorliegender Aufgabe stellt man dieFlachenpressungs-Hauptgleichung um.

Flachenpressungebener Flachen

Flachenpressung p ¼ Normalkraft FN

Beruhrungsflache A

p ¼ FN

A

Flachenpressungs-Hauptgleichung

Aerf ¼ FN

pzul

erforderlicheBeruhrungsflache

pvorh ¼ FN

A� pzul

vorhandeneFlachenpressung

FNmax ¼ ApzulmaximaleNormalkraft

5.5.2 Flachenpressung an geneigten Flachen

Im Maschinenbau und in der Feinwerktechnikstellt sich haufig die Aufgabe, die Flachenpressungauf geneigten ebenen Flachen zu bestimmen, wiebeispielsweise zwischen den Gleitflachen einerPrismenfuhrung.

Der herausgeschnittene Teil der Gleitfuhrungzeigt, dass das Prisma neben der BelastungF ¼ 800 N die Normalkrafte FN1 und FN2 auf-zunehmen hat. Das zugehorige Krafteck bildet einrechtwinkliges Dreieck, aus dem die Gleichungenfur FN1 und FN2 abgelesen werden konnen.

Sind die Flacheninhalte A1 und A2 der Gleitflachenbekannt, kann die Flachenpressung p1 und p2 be-rechnet werden.

p1 ¼ FN1

A1¼ F

A1 cos a¼ 0,462

N

mm2

p2 ¼ FN2

A2¼ F tan a

A2¼ 0,462

N

mm2

p FN A

N

mm2N mm2

5.5 Flachenpressung 287

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Die Flachenpressung p1 auf der geneigten Gleit-flache A1 lasst sich bequemer nach folgender�berlegung berechnen:

Im Nenner der Gleichung p1 ¼ F=ðA1 cos aÞ stehtder Ausdruck A1 cos a. Das ist die Projektion derBeruhrungsflache A1 auf die zur Wirklinie von Frechtwinklige Ebene. Daraus folgt: Man kann ––ohne den Umweg uber die Normalkraft –– mit derKraft F und der so genannten projizierten Beruh-rungsflache Aproj die Flachenpressung p berech-nen.

p ¼ F

Aproj

In Zweifelsfallen fuhrt der Weg uber das exakteFreimachen und das Bestimmen der NormalkrafteFN immer zum Ziel. Jedoch ist es in vielen prakti-schen Fallen einfacher, mit der projizierte Flachezu rechnen. Typische technische Beispiele zeigendie folgenden Bilder.

Beachte: Aproj ist die Projektion der Be-ruhrungsflache auf eine Ebene, die recht-winklig zur Wirklinie der Belastung F steht.

Beispielsweise ist beim Kegelzapfen Aproj

eine Kreisringflache, wie das folgende Bildzeigt.

Typische techische Beispiele fur die Verwendung der Gleichung p ¼ F=Aproj

p F Aproj

N

mm2N mm2

5 Festigkeitslehre288

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5.5.3 Flachenpressung am Gewinde

Der Verschleiß an den Gewindegangen einerSchraubenverbindung ist von der Flachenpressungzwischen Mutter- und Bolzengewinde abhangig.Vor allem bei so genannten Bewegungsschrauben(Spindeln in Pressen, Leitspindeln in Drehmaschi-nen usw.) muss die Mutterhohe m so groß gemachtwerden, dass die zulassige Flachenpressung imGewinde nicht uberschritten wird.

Fur Bewegungsschrauben benutzt man hauptsach-lich metrisches ISO-Trapezgewinde, seltener me-trisches ISO-Gewinde. Fur beide Formen geltendie im Bild eingetragenen Bezeichnungen.

Bezeichnungen am Trapezgewinde

Zur Herleitung einer Gleichung fur die erforder-liche Mutterhohe m geht man von der projiziertenFlache eines Gewindeganges aus (DAproj). Dieseprojizierte Flache DAproj ist eine Kreisringflachemit der Tragtiefe H1 als Ringbreite (siehe auchBilder Seite 288).

DAproj ¼ pd2H1

Die Anzahl der tragenden Gewindegange i erhaltman, wenn die Mutterhohe m durch die Gewinde-steigung P dividiert wird.

i ¼ Mutterhohe m

Gewindesteigung P

Die gesamte projizierte Beruhrungsflache Aproj

zwischen Gewindebolzen und Mutter muss dasProdukt aus DAproj und i sein. Damit erhalt maneine Gleichung zur Berechnung der Flachenpres-sung p im Gewinde.

Bei dieser Berechnung wird vorausgesetzt, dassalle beteiligten Gewindegange gleichmaßig tragen.Tatsachlich werden die ersten Gange starker bean-sprucht.

Zum Schluss wird die Flachepressungsgleichungzur Berechnung der erforderlichen Mutterhohemerf umgestellt.

Aproj ¼ DAproj i ¼ pd2H1 i ¼ pd2H1m

P

p ¼ F

Aproj¼ FP

pd2H1m� pzul

Flachenpressungsgleichung fur Gewinde

merf ¼ FP

pd2H1 pzul

erforderlicheMutterhohe

m, P, d2, H1 F p

mm NN

mm2

5.5 Flachenpressung 289

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5.5.4 Flachenpressung in Gleitlagern, Niet- und Bolzenverbindungen

Schwieriger als bei ebenen Flachen sind die Pres-sungsverhaltnisse an der Oberflache eines Lager-zapfens, eines Bolzens oder eines Nietes. Die Fla-chenpressung ist in Belastungsrichtung am großten(pmax) und nimmt nach den Seiten hin bis auf nullab. Der Maximalwert pmax musste eingesetzt wer-den, wenn z. B. fur ein Gleitlager die erforderlicheLagerlange l bestimmt werden soll. Beziehungenzur Berechnung von pmax hat Hertz aufgestellt(Hertz’sche Gleichungen, siehe Seite 291). DieseGleichungen sind nicht einfach aufgebaut. Deshalbarbeitet man bei der Berechnung von Gleitlager-abmessungen sowie bei Niet- oder Bolzenverbin-dungen nicht mit den Hertz’schen Gleichungen,sondern rechnet mit einem Mittelwert p der Fla-chenpressung. Dazu denkt man sich die Kraft Fgleichmaßig uber die projizierte Flache Aproj desZapfens (Bolzen, Niet) verteilt.

Der „Fehler“ bei dieser Betrachtung wird dadurchausgeglichen, dass man die zulassige Flachenpres-sung entsprechend niedriger festlegt, so dass dietatsachlich auftretende Pressung pmax von den ver-wendeten Werkstoffen vertragen wird.

p ¼ F

Aproj¼ F

d l� pzul

Flachenpressungsgleichungfur Gleitlager und Bolzen-verbindungen

Die Flachenpressung am Nietschaft wird Lochlei-bungsdruck sl genannt. Er ist abhangig von deraufzunehmenden Kraft F, von der Anzahl n derNiete und von der projizierten SchaltflacheAproj ¼ d1s eines Nietes.

sl ¼ F

nAproj¼ F

nd1s� sl zul

Flachenpressungsgleichungfur Nietverbindungen

Bei einschnittigen Nietverbindungen muss man furs die kleinere der beiden Blechdicken einsetzen,weil hier der großere Lochleibungsdruck auftritt.

Ist die Verbindung mehrschnittig, dann ist s diekleinere der beiden Bleckdickensummen in einerKraftrichtung. Im skizzierten Beispiel (vierschnit-tig) musste man also s ¼ 10,5 mm in die Glei-chung fur den Lochleibungsdruck sl einsetzen.

p F d, l

N

mm2N mm

5 Festigkeitslehre290

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5.5.5 Flachenpressung an gewolbten Flachen (Hertz’sche Gleichungen)

Die Flachenpressung zwischen Korpern mit ge-krummter (gewolbter) Oberflache lasst sich mitden von Hertz aufgestellten Gleichungen berech-nen. Diese Beanspruchungsart tritt beispielsweisezwischen den Walzkorpern (Kugeln, Walzen, Rol-len, Nadeln) und Laufringen von Walzlagern auf(Kugellager, Kegelrollenlager, usw.).

Die Hertz’schen Gleichungen gelten unter folgen-den Voraussetzungen:

a) Die Korper verhalten sich vollkommen elas-tisch (keine bleibende Formanderung).

b) Es gilt das Hook’sche Gesetz s ¼ eE.

c) Die elastische Verformung ist klein gegenuberden Abmessungen des Korpers.

d) In der Beruhrungsflache beider Korper tretennur Normalspannungen s auf, keine Schub-spannungen t.

Bedeutung der Formelzeichen:

a Radius der kreisformigen oder halbenBreite der rechteckigen Druckflache in mm

F Druckkraft in Nm Poisson-Zahl, Verhaltnisgroße mit der

Einheit 1, siehe Seite 281r Krummungsradius der Kugel oder des Zy-linders in mm; bei Krummung beider Kor-per ist die Summe beider Krummungeneinzusetzen, also 1=r ¼ 1=r1 þ 1=r2.Fur die ebene Platte ist 1=r2 ¼ 0, fur dieHohlkugel ist 1=r2 negativ einzusetzen.

E Elastizitatsmodul in N/mm2; bei unter-schiedlichen E-Moduln istE ¼ 2E1E2=ðE1 þ E2Þ einzusetzen.

l Lange des Zylinders in mmp Druck auf der Beruhrungsflache imAbstand r in N/mm2

p0 ¼ pmax Druck in der Mitte derBeruhrungsflache in N/mm2

r veranderlicher Radius oder Ordinate inBreitenrichtung der Beruhrungsflachein mm

d Gesamtabplattung in mm, d. h. diegesamte Naherung der beiden Korper

5.5.5.1 Pressung zwischen Kugel und Ebene oder zwischen zwei Kugeln

a ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1,5ð1� m2Þ Fr

E

3

r¼ 1,11

ffiffiffiffiffiFr

E

3

r

p ¼ p0

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia2 � r2

pa

p0 ¼ 1

p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1,5 FE 2

r2ð1� m2Þ23

s¼ 0,388

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiFE 2

r23

r¼ 1,5 F

pa2

d ¼ a2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2,25ð1� m2Þ2 F 2

E 2r

3

s¼ 1,23

ffiffiffiffiffiffiffiffiF 2

E 2r

3

r

5.5.5.2 Pressung zwischen Zylinder und Ebene oder zwischen zwei Zylindern

a ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi8ð1� m2Þ Fr

pE l

r¼ 1,52

ffiffiffiffiffiffiF r

E l

r

p ¼ p0

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia2 � r2

a

r

p0 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

FE

2pr lð1� m2Þ

s¼ 0,418

ffiffiffiffiffiffiFE

r l

r¼ 2F

pal

5.5 Flachenpressung 291

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5.5.6 �bungen zur Flachenpressung

1. �bung: Eine Zugspindel soll uber die Mutter inLangsrichtung 20 kN ubertragen. Die Zugspan-nung in der Spindel darf 80 N/mm2 nicht uber-schreiten, die Flachenpressung im Gewinde sollhochstens 15 N/mm2 betragen.

Zu bestimmen sind

das erforderliche Trapezgewinde,

die erforderliche Mutterhohe.

Gegeben:

Zugkraft F ¼ 20 kN ¼ 20 � 103 Nsz zul ¼ 80

N

mm2pzul ¼ 15

N

mm2

Gesucht:

Trapezgewinde

Mutterhohe m

Losung: Der Kernquerschnitt der Zugspindel mussbei sz zul ¼ 80 N=mm2 die Zugkraft F ¼ 20 000 Nubertragen. Aus der Zug-Hauptgleichung (Seite277) findet man fur Aerf ¼ 250 mm2 Kernquer-schnitt.

Aus der Formelsammlung wird dasjenige Trapez-gewinde gewahlt, das den nachstgroßeren Kern-querschnitt A3 ¼ 269 mm2 besitzt.

Zur Berechnung der Mutterhohe m setzt man indie Gleichung nach Seite 289 die gegebenen unddie aus der Gewindetafel (Formelsammlung) ent-nommenen Großen ein.

Als Normmaß wird m ¼ 40 mm gewahlt.

sz ¼ F

A(Zug-Hauptgleichung)

Aerf ¼ F

sz zul¼ 20 000 N

80N

mm2

¼ 250 mm2

Gewahlt wird Tr 24� 5 mit A3 ¼ 269 mm2,Steigung P ¼ 5 mm, Flankendurchmesserd2 ¼ 21,5 mm, Tragtiefe H1 ¼ 2,5 mm.

merf ¼ FP

pd2H1 pzul

merf ¼ 20 � 103 N � 5 mm

p � 21,5 mm � 2,5 mm � 15 N

mm2

merf ¼ 39,48 mm; m ¼ 40 mm gewahlt

2. �bung: Ein Gleitlager hat eine RadialkraftFr ¼ 15 000 N und eine Axialkraft Fa ¼ 6000 Naufzunehmen. Das Bauverhaltnis soll l=d ¼ 1,2,die zulassige Flachenpressung 5 N/mm2 betragen.Zu bestimmen sind die Maße d, D, l.

Losung: In die Flachenpressungsgleichung furGleitlager, Seite 290, wird aus dem vorgegebenenBauverhaltnis l=d ¼ 1,2 entweder d ¼ l=1,2 oderfur l ¼ 1,2d eingesetzt. Hier entscheidet man sichfur die zweite Moglichkeit und erhalt damit eineGleichung zur Bestimmung des erforderlichenWellendurchmessers d. Im anderen Fall hatte sicheine Gleichung zur Berechnung der Lagerlange lergeben.

Aus dem Bauverhaltnis l=d ¼ 1,2 ergibt sich dieLagerungslange l.

p ¼ Fr

Aproj¼ Fr

d l

l

d¼ 1,2 ) l ¼ 1,2d

p ¼ Fr

d � 1,2d ¼ Fr

1,2d2

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFr

1,2pzul

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi15 000 N

1,2 � 5 N

mm2

vuut

derf ¼ 50 mm

l ¼ 1,2d ¼ 1,2 � 50 mm ¼ 60 mm

5 Festigkeitslehre292

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Man setzt die Beziehung fur den Kreisringquer-schnitt A in die Flachenpressungs-Hauptgleichungp ¼ FN=A ¼ Fa=A ein und entwickelt eine Glei-chung zur Berechnung des erforderlichen Bund-durchmessers D ¼ f (Fa, pzul, d), aus der D berech-net werden kann.

Gewahlt wird D ¼ 65 mm als nachsthoheresNormmaß.

p ¼ FN

A¼ Fa

p

4ðD2 � d2Þ

Derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4Fa

ppzulþ d2

sD ¼ f ðFa, pzul, dÞ

Derf ¼ 63,47 mm D ¼ 65 mm gewahlt

3. �bung: Fur die Festigkeitsuberprufung (Span-nungsnachweis) der Abmessungen eines Zahnra-des, insbesondere des gewahlten Modus, ist dieFlachenpressung pC im Walzpunkt C der beidenZahnflanken von besonderer Bedeutung. pC darfnicht großer sein als ein Grenzwert pzul, der in Ver-suchen ermittelt wurde.

Die Krummungsradien r1 und r2 fur die skizzierteNullstellung beider Rader lassen sich berechnen;hier ist r1 ¼ 60 mm, r2 ¼ 40 mm.

Fur b ¼ 50 mm Zahnradbreite undpzul ¼ 520 N/mm2 soll die maximale NormalkraftFNmax bestimmt werden, die zwischen den beidenZahnflanken auftreten darf.

Losung: Die Beruhrung zweier Zahnflanken imWalzpunkt C entspricht der Pressung zwischenzwei Zylindern nach 5.5.5.2, Seite 291.

Da beide Korper gekrummt sind, muss der Krum-mungsradius r aus 1=r ¼ 1=r1 þ 1=r2 berechnetwerden. Diese Gleichung kann man in eine zweck-maßigere Form bringen und daraus dann r berech-nen.

Die Ausgangsgleichung wird nach FNmax umge-stellt, wobei man auch noch pC ¼ pzul setzt. Wegender Wurzel muss die Gleichung zuerst quadriertwerden. Das Elastizitatsmodul fur Stahl betragt wieublich 2,1 � 105 N/mm2. Man erhalt als Ergebnisfur die großte Normalkraft FNmax ¼ 9187 N.

Damit kann der Konstrukteur das maximal zulas-sige Drehmoment und die entsprechende Getriebe-leistung festlegen.

Aufgaben Nr. 714–736

p0 ¼ 0,418

ffiffiffiffiffiffiffiFE

r l

rHertz’sche Gleichung

p0 ¼ pC F ¼ FN l ¼ b

1

r¼ 1

r1þ 1

r2¼ r2 þ r1

r1r2

r ¼ r1r2r1 þ r2

¼ ð60 � 40Þ mm2

ð60þ 40Þ mm¼ 24 mm

pC2 ¼ 0,4182

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiFNE

rb

r !2

pC2 ¼ 0,4182

FNE

rb

FNmax ¼ p2zul r b

0,4182E

FNmax ¼530

N

mm2

� �2

� 24 mm � 50 mm

0,4182 � 2,1 � 105 N

mm2

FNmax ¼ 9187 N

5.5 Flachenpressung 293

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5.6 Beanspruchung auf Abscheren

5.6.1 Spannung

Die Beanspruchungsart Abscheren tritt immer dannauf, wenn die Belastung F rechtwinklig (quer) zurAchse des Bauteils wirkt.

Praktisches Beispiel fur das Auftreten von Ab-scherspannungen ist das Scherschneiden. Die au-ßeren Schnittkrafte F bilden ein Kraftepaar mitdem (kleinen) Wirkabstand u (Schneidspalt). Dasentsprechend kleine Kraftmoment M ¼ Fu wirdbei dieser Untersuchung venachlassigt.

A F

l

F

s

u

F

F

F

A = QuerschnittsflächeF = Fq

W

In der Schnittflache des Werkstucks W wird dasKraftegleichgewicht durch die innere SchnittkraftFq (Querkraft) ¼ F wieder hergestellt. Fq wirkttangential zur Schnittebene, die auftretende Span-nung ist also die Schubspannung t (Tangential-spannung). Zur Kennzeichnung der Beanspru-chungsart nennt man sie Abscherspannung ta.

Scherschneiden (Parallelschnitt)A ¼ l s Querschnittsflache,WWerkstuck, F Schnittkraft,u Schneidspalt

Vereinfachend wird zunachst angenommen, dassjedes Flachenteilchen gleichmaßig an der �bertra-gung der inneren Kraft Fq beteiligt ist. Dann erhaltdie Abscher-Hauptgleichung die gleiche Form wiedie schon bekannten Zug/Druck-Hauptgleichun-gen.

Abscherspannung ta ¼ Querkraft Fq

Querschnittsflache A

ta ¼ Fq

A

Abscher-Hauptgleichung

Die Abscherfestigkeit taB von Stahl und Gusseisenkann aus der Zugfestigkeit Rm bestimmt werden:

fur Flussstahl ist taB ¼ 0,85 � Rm

fur Gusseisen ist taB ¼ 1,1 � Rm

Die Abscherfestigkeit taB wird fur Aufgaben ausder Stanzereitechnik gebraucht (siehe z. B. Auf-gabe 741 aus der Aufgabensammlung).

Zur richtigen Festlegung des gefahrdeten Quer-schnitts in Abscheraufgaben geben die nachste-henden Lehrbeispiele Anregungen.

Je nach vorliegender Aufgabe wird dieAbscher-Hauptgleichung umgestellt:

Aerf ¼ Fq

ta zul

ta vorh ¼ Fq

A� ta zul

Fq max ¼ Ata zul

erforderlicherQuerschnitt

vorhandeneSpannung

maximaleBelastung

ta Fq A

N

mm2N mm2

5 Festigkeitslehre294

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Bei den auf Abscheren zu berechnenden Bauteilenwie Niete und Bolzen tritt außer der Querkraftnoch ein Biegemoment auf. Allein deshalb ist eineeinfache Schubspannungsverteilung im Quer-schnitt nicht zu erwarten. In warm eingezogenenNieten tritt keine Schubspannung auf, sie werdendurch das Schrumpfen auf Zug beansprucht undtrotzdem auf Abscheren berechnet. Genauere rech-nerische Untersuchungen am Rechteckquerschnittzeigen eine parabolische Schubspannungsvertei-lung mit t ¼ 0 in der Randfaser und t ¼ tmax inder mittleren Faserschicht.

Schubspannungsverteilung im schub-beanspruchten Rechteckquerschnitt

Mit dem Mittelwert tmittel ¼ ta ¼ Fq=A ergibt dieRechnung fur den Rechteckquerschnitttmax ¼ ð3=2Þ � ta, d. h. die maximale Schubspan-nung ist um 50% großer als die rechnerische Ab-scherspannung ta ¼ Fq=A.

Fur die folgenden Querschnittsformen gilt:

Rechteckquerschnitt tmax ¼ ð3=2Þ � taKreisquerschnitt tmax ¼ ð4=3Þ � taRohrquerschnitt tmax ca. 2 � ta

Niete und Bolzen werden mit der Abscher-Haupt-gleichung berechnet, obwohl in der Schnittflachenoch ein Biegemoment ubertragen werden muss.Berucksichtigt wird dies durch eine geringere zu-lassige Spannung ta zul. Bei langeren Bolzen solltedie Biegespannung uberpruft werden.

Die zulassigen Abscherspannungen fur Nietver-bindungen im Stahlhoch- und Kranbau sind vor-geschrieben (siehe Tabellen 5.5 und 5.6, Seite363).

Schnittuntersuchungam Niet

5.6 Beanspruchung auf Abscheren 295

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5.6.2 Elastische Formanderung (Hooke’sches Gesetz fur Schub)

AmBeispiel einer wurfelformigen Schubfeder kanndie Formanderung bei Schub erlautert werden:

Die Kraft F verschiebt die beiden Schnittufer 1und 2 parallel gegeneinander, so dass sich die Sei-tenflachen des Wurfels um den Winkel g neigen.

Fur kleine Winkel g darf angenommen werden,dass der Abstand l0 der beiden Schnittufer wah-rend der elastischen Formanderung erhalten bleibt.Dann ist der Tangens des Winkels g ungefahrgleich dem Winkel in der Einheit rad, alsotan g ¼ Dl=l0 � g. Der Winkel g wird als Schie-bung bezeichnet.

Schiebung g ¼ Verschiebung Dl

Schnittuferabstand l0

tan g � g ¼ Dl

l0

Man versteht die Zusammenhange besser und er-halt zusatzlich eine gute Gedachtnisstutze, wennman die Formanderung bei Schub und bei Zug(5.2.3.4, Seite 281) einander gegenuberstellt.

Bei Zug ist die Dehnung e das Verhaltnis vonVerlangerung Dl und Ursprungslange l0, beiSchub ist die Schiebung g das Verhaltnis vonVerschiebung Dl und Schnittuferabstand l0.

Die bei Schubverformungen auftretende Schub-spannung t wachst mit der Schiebung g verhaltnis-gleich: Bei doppelter Schiebung stellt sich die dop-pelte Spannung ein.

Bei Zug wachst die Dehnung e proportionalmit der Normalspannung s (siehe Seite 282),bei Schub wachst die Schiebung g proportio-nal mit der Schubspannung t.

Wie bei der Zugbeanspruchung (Seite 281) istauch hier das Verhaltnis von Spannung t undSchiebung g ein bestimmter und bei elastischerVerformung gleich bleibender Wert. Nach DIN1304 heißt er Schubmodul G.

Wird die Gleichung fur den Schubmodul G umge-stellt, erhalt man das Hooke’sche Gesetz fur Schubmit dem gleichen Aufbau wie bei Zugbeanspru-chung.

Die Definitionsgleichung fur den SchubmodulG ¼ t=g gibt zu erkennen, dass G die Einheit derSpannung besitzt (vgl. mit 5.2.3.4, Seite 281).

Schubmodul G ¼ Schubspannung t

Schiebung g

t ¼ gG ¼ Dl

l0G

Hook’sches Gesetzfur Schub

ðGÞ ¼ ðtÞðgÞ ¼

N

mm2

rad¼ N

mm2

Ebenso wie das Elastizitatsmodul E ist auch derSchubmodul G eine Werkstoffkonstante, die denTabellen auf Seite 384 entnommen werden konnen.

Beispiel:

GStahl ¼ 80 000N

mm2¼ 8 � 104 N

mm2

Aufgaben Nr. 738–765

g Dl, l0

rad mm

t,G �l, l0 g

N

mm2mm 1 ¼ rad

5 Festigkeitslehre296

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Lehrbeispiel: Nietverbindung im Stahlhochbau

Aufgabenstellung:

An einen L 200�100�10 soll ein Flachstahl genietetwerden. Zugkraft F ¼ 70 kN.

Nietung und Flachstahlprofil sind zu berechnen, wenndas Breitenverhaltnis fur den Flachstahl

Breite bDicke s

¼ 10 gewahlt wird

Niete aus USt 36-1; Stab aus S235JR (St 37); Lastfall H(Hauptlasten, siehe Tabelle 5.5, Seite 363)

Losung:a) Stabprofil:

Beanspruchung auf Zug, gefahrdeter Querschnitt im Schnitt quer zur Stabachse durch ein Nietloch.Die Schwachung des Stabprofils durch die Nietlocher wird durch das

Verschwachungsverhaltnis v ¼ An

A¼ Nutzquerschnitt

ungeschwachter Querschnittberucksichtigt :

Man wahlt v � 0, 8.

Die zulassige Spannung wird der Tabelle 5.5, Seite 363, entnommen.

Fur Bauteile aus S235JR sz zul ¼ 160N

mm2

Aerf ¼ Fsz zul v

Aerf ¼ 70 000 N

160N

mm2 � 0, 8¼ 547 mm2 ¼ bs ¼ 10 s � s ¼ 10 s2

Aerf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiAerf

10

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi54, 7 mm2

p¼ 7, 4 mm

s ¼ 8 mm b ¼ 10 s ¼ 80 mm gewahlt : 80 � 8

b) Nietdurchmesser d1:

Der Nietdurchmesser wird nach der Erfahrungsformel gewahlt:

d1 � s þ 10 mm d1 ¼ 8 mm þ 10 mm ¼ 18 mm

s kleinste Blechdicke (dmax ¼ 28 mm nach DIN 997)

d1 Durchmesser desgeschlagenen Nietes

gewahlt: d1 ¼ 17 mm

A1 ¼ 227 mm2

Rohnietdurchmesser d ¼ 16 mm

100s

200

F = 70 kN

5.6 Beanspruchung auf Abscheren 297

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c) Nietanzahl n:

Beanspruchung der Niete auf Abscheren. (Einschnittige Verbindung: m ¼ 1)

n erf ¼ Fta zulA1m

ta zul ¼ 140N

mm2 nerf ¼ 70 000 N

140N

mm2 � 227 mm2 � 1¼ 2, 2

(fur Nietverbindungenmit Bauteilen aus S235JRund Nietwerkstoff USt 36-1nach Tabelle 5.5)

gewahlt: n ¼ 3 Niete

d) Nachprufung des Lochleibungsdruckes sl :

Der Lochleibungsdruck kann unzulassig hohe Werte erreichen, auch wenn der Niet auf Abscheren sicherbestimmt wurde.

sl vorh ¼ Fd1sn

sl zul ¼ 280N

mm2 nach Tabelle 5:5 sl vorh ¼ 70 000 N17 mm � 8 mm � 3 ¼ 172

Nmm2

sl vorh ¼ 172N

mm2 < sl zul ¼ 280N

mm2

s kleinste Blechdickes ¼ 8 mm

3 Niete zulassig mit d ¼ 16 mmRohnietdurchmesser

e) Spannungsnachweis fur Stabprofil im Schnitt I–– II:

sz vorh ¼ FAn

sz vorh ¼ 70 000 N80 mm � 8 mm � 17 mm � 8 mm

¼ 139N

mm2

sz vorh ¼ 139N

mm2 < sz zul ¼ 160N

mm2

f) Nietbild:

Das Nietbild wird mit den Maßen fur Nietabstand a und Randabstand e entwickelt.

Nietabstand:

a � 2, 5 d1 ¼ 2, 5 � 17 mm ¼ 42, 5 mm

a � 45 mm

Randabstand:

e ¼ 2 d1 ¼ 2 � 17 mm ¼ 34 mm

e � 35 mm

seitlicher Randabstand:

e0 � 1, 5 d1 ¼ 1, 5 � 17 mm ¼ 25, 5 mm

fur 80 � 8 wird:

e0 � 40 mm

I II

17

80

8 mm dick

160

e’ = 40

e=35a=45

a=45

e=35

5 Festigkeitslehre298

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Lehrbeispiel: Nietverbindung im Stahlbau

Aufgabenstellung:

Fur eine Laufbuhne sollen Konsolbleche an Stutzen genietetwerden. Belch S235JR; Niete USt 36-1. Zulassige Spannungennach Tabelle 5.5, Seite 363.

Es sind die Abmessungen des Blechs (s und h) und dieVernietung zu berechnen. Lastfall H.

Losung:

a) Konsolblech

Beanspruchung auf Biegung; gefahrdeter Querschnitt in der Nietreihe.

Werf ¼ Mbmax

sb zulsb zul ¼ 160

Nmm2 Werf ¼ F l

sb zul¼ 12 000 N � 600 mm

160N

mm2

¼ 45 � 103 mm3

bei ungeschwachtem Querschnitt.

Die Schwachung des Querschnitts wird durch das Verschwachungsverhaltnisv ¼ 0,8 berucksichtigt:

Werf ¼ 45 � 103 mm3

0, 8¼ 56, 25 � 103 mm3

Daraus kann (bei s ¼ 8 mm (gewahlt)) die Konsolblechhohe h berechnet werden:

W ¼ s h2

6herf ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi6Werf

s

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi6 � 56, 25 � 103 mm3

8 mm

r¼ 205 mm

gewahlt: h ¼ 210 mm

b) Nietdurchmesser d1

d1 � s þ 10 mm d1 Durchmesser des geschlagenen Nietes: d1 ¼ 8 mm þ 10 mm ¼ 18 mm

gewahlt: d1 ¼ 19 mm

A1 ¼ 284 mm2

Rohnietdurchmesser d ¼ 18 mm

c) Nietanzahl

Es werden zunachst n ¼ 4 Niete gewahlt, weil diese gut in der Hoheverteilt werden konnen (a ¼ 2,5 d ¼ 2,5 � 18 mm ¼ 50 mm).

Das Nietsystem muss sowohl das außere Biegemoment Mb ¼ F l alsauch die Querkraft ubertragen. Dabei werden die außeren Niete amstarksten beansprucht. Die Abscherspannung und der Lochleibungs-druck sind nachzuprufen.

s

h

l = 600 mmF = 12 kN

30

30

50

50

50

210

5.6 Beanspruchung auf Abscheren 299

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Aus der Skizze des freigemachten Konsolblechs entnimmtman:

SMðSP Þ ¼ 0

2F1 � 32 a þ 2F2 � a2� F l ¼ 0

Das Belastungsbild zeigt die Proportion:

F1F2

¼3

a2

a2

¼ 31

daraus :

F2 ¼ F13

eingesetz in SMðSP Þ ¼ 0

2F1 � 32 a þ 2 � F13

� a2

� F l ¼ 0

F1 3a þ a3

� �¼ F l ¼ 12 kN � 600 mm ¼ 7,2 � 106 Nmm

F1 ¼ 7,2 � 106 Nmm

3 � 50 mm þ 503

mm¼ 43 200 N

Konsolblech freigemacht(Krafte bezogen auf Blech-Lochquerschnitt)

Die maximale Nietbelastung wird:

Fmax ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF1

2 þ F4

� �2s

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið43,2 � 103 NÞ2 þ ð3 � 103 NÞ2

q

Fmax ¼ 43 300 N

Die zusatzliche Belastung der Niete druch die Querkraft F/4 hatteman hier nicht zu berucksichtigen brauchen.

Abscherspannung ta :

ta ¼ Fmax

A1¼ 43 300 N

284 mm2 ¼ 152,46N

mm2 > ta zul ¼ 140N

mm2

Die zulassige Abscherspannung ist also uberschritten.Neue Abmessungen geschatzt und nachgepruft:

4 Niete mit d1 ¼ 21 mm ; A1 ¼ 346 mm2

Blechhohe h ¼ 210 mm

Krafte bezogen auf deneinzelnen Niet(Reaktionskrafte ausobiger Skizze)

Nachprufung fur 4 Niete mit d1 ¼ 21 mm:

Abscherspannung ta:

ta ¼ Fmax

A1¼ 43 300 N

346 mm2 ¼ 125N

mm2 < ta zul ¼ 140N

mm2

Lochleibungsdruck sl:

sl ¼ Fmax

d1s¼ 43 300 N

21mm � 8 mm¼ 258

Nmm2 < sl zul ¼ 280

Nmm2

4 Niete mit d ¼ 20 mm Rohnietdruchmesser zulassig .

l

SP = Schwerpunktdes Nietsystems

F1

F1

F2

F2

F = Fq

3a 2

a 2

F

F

4Fmax

Fmax

F1

F2

F2

F1

F

4

F

4

F

4

5 Festigkeitslehre300

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Lehrbeispiel: Zugbolzen

Aufgabenstellung

Fur den skizzierten Zugbolzen, der von einer Kraft F ¼ 2 � 104 N ruhendbelastet wird, sind zu bestimmen:

a) Der erforderliche Bolzendurchmesser d, wenn sz zul ¼ 60N

mm2 ist.

b) Der Kopfdurchmesser D, wenn die Flachenpressung an der Beruhrungsstelle

p zul ¼ 15N

mm2 nicht uberschreiten soll.

c) Die Kopfhohe h bei einer zulassigen Abscherspannung

ta zul ¼ 30N

mm2

Losung:

a) Bolzendurchmesser d:

sz ¼ FA

Aerf ¼ Fsz zul

¼ 20 000 N

60N

mm2

¼ 333 mm2

d erf ¼ 20,6 mm

gewahlt: d ¼ 22 mm

b) Kopfdurchmesser D:

p ¼ FA

Aerf ¼ Fpzul

¼ 20 000 N

15N

mm2

¼ 1 333 mm2 ðRingflacheÞ

A ¼ p

4ðD2 � d2 Þ D2 ¼ 4

pAþ d2 Derf ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4p

Aerf þ d2

r

Bohrung angefast: Fur d hier 22 mm þ 3 mm ¼ 25 mm

Derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4p� 1 333 þ 252

� �mm2

s¼ 48,2 mm

gewahlt: D ¼ 50 mm

c) Kopfhohe h:

ta ¼ FA

Aerf ¼ Fta zul

¼ 20 000 N

30N

mm2

¼ 667 mm2

A ¼ pdh herf ¼ Serf

pd¼ 667 mm2

p � 22 mm¼ 9,66 mm

gewahlt: h ¼ 10 mm

d + 3 mm

D

d

h

h

F

S = Zylindermantel

5.6 Beanspruchung auf Abscheren 301

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5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W

Es bleibt selbstverstandlich dem Lehrer uberlassen, an welcher Stelle er im Stoffplan die Fla-chenmomente 2. Grades und die Widerstandsmomente behandelt. Mancher Lehrer wird diesenAbschnitt erst einmal auslassen, um mit der Torsionsbeanspruchung und der Herleitung derTorsions-Hauptgleichung (5.8.2, Seite 321) einen engeren Bezug zu den Flachenmomentenherzustellen. Einige Lehrer sind der Meinung, man sollte auch noch die Biege-Hauptgleichung(5.9.4, Seite 329) vor diesen Abschnitt ziehen.

Zum leichteren Einstieg fur den Studierenden wurde der Stoff in Teilschritte zerlegt, und dieTeilprobleme werden so eingehend behandelt, dass auch das Selbststudium zum Ziel fuhrt. DieAufgabenstellungen in den �bungen des Abschnitts 5.7.4, Seite 305 und 5.7.7, Seite 315, kon-nen den Gruppen zur selbststandigen Losung vorgelegt werden.

5.7.1 Gleichmaßige und lineare Spannungsverteilung (Gegenuberstellung)

Zum Verstandnis der Beanspruchungsarten Tor-sion, Biegung und Knickung muss man eine geo-metrische Betrachtung vorausschicken.

Die bisher bekannten Hauptgleichungen sind allenach dem gleichen Schema aufgebaut:

sz, d ¼ FN

A

Zug/Druck-Hauptgleichung

ta ¼ Fq

A

Abscher-Hauptgleichung

Im Zahler des Bruchs steht in allen Fallen dieKraft F als statische Große, im Nenner die Quer-schnittsflache A als geometrische Große, weil beidiesen vier Beanspruchungsarten jedes Flachen-teilchen den gleichen Spannungsbetrag zu ubertra-gen hat. Anders gesagt: Die Spannung (oder Pres-sung) ist gleichmaßig uber dem Querschnittverteilt.

p ¼ FN

Asl ¼ F1

Aproj

Flachenpressungs-Hauptgleichungen

Das ist bei den Beanspruchungsarten Torsion undBiegung anders. Hier haben die Randfasern desQuerschnitts die großte Spannung zu ubertragen.(tmax bei Torsion und smax bei Biegung).

Nach der Querschnittsmitte zu, genauer: zur neu-tralen Faser hin, sinkt die Spannung gleichmaßigbis auf null ab. Man spricht dann von einer li-nearen Spannungsverteilung, im Gegensatz zurgleichmaßigen Spannungsverteilung bei den Be-anspruchungsarten Zug, Druck, Abscheren undFlachenpressung.

Aussagebegrenzung: Alle Erlauterungen zur Torsi-onsbeanspruchung gelten nur fur Kreis- und Kreis-ringquerschnitte.

Spannungsbild bei Torsions- und Biege-beanspruchung (lineare Spannungsvertei-lung)

5 Festigkeitslehre302

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5.7.2 Definition der Flachenmomente 2. Grades

Aus der unterschiedlichen Spannungsverteilunggegenuber Zug-, Druck-, Abscher- und Pressungs-beanspruchung wird verstandlich, dass die Haupt-gleichungen fur Biegung und Torsion nicht ganzso einfach aufgebaut sein konnen, wie die bisherbekannten Hauptgleichungen.

Tatsachlich erscheint in den Herleitungen dieserGleichungen (5.8.2, Seite 321 und 5.9.4, Seite329) nicht mehr die Querschnittsflache als geo-metrische Große im Nenner, sondern ein Summen-ausdruck, der als Flachenmoment 2. Grades I be-zeichnet wird.

Beachte:

Gleichmaßige Spannungsverteilung bei Zug,Druck, Abscheren und Flachenpressung.

Lineare Spannungsverteilung bei Biegungund Torsion.

sb ¼ Mb

Ie tt ¼ MT

Ipr

Biege- und Torsions-Hauptgleichung in nochnicht endgultiger Form (siehe Seite 322 und330).

Das Flachenmoment fur Biegung heißt axiales,das fur Torsion von Staben mit Kreis- oder Kreis-ringquerschnitt (Wellen) heißt polares Flachenmo-ment 2. Grades. Da beide Flachenmomente ausder Herleitung heraus gleichartig aufgebaut sind,gilt die folgende Definition:

Ix ¼ DA1y12 þ DA2y2

2 þ DA3y32 þ . . .þ DAnyn

2

Iy ¼ DA1x12 þ DA2x2

2 þ DA3x32 þ . . .þ DAnxn

2

Ix ¼ S DA y2

Iy ¼ S DA x2

axiales Flachenmoment2. Grades (fur Biegungund Knickung erforderlich)

Definitionsgleichung

Multipliziert man jedes Flachenteilchen DAeiner Flache mit dem Quadrat seines Abstandesvon einem Bezugspunkt oder von einer Be-zugsachse (r, x, y), dann ergibt die Summe die-ser Produkte das Flachenmoment zweiten Gra-des I dieser Flache.

Ip ¼DA1r12 þDA2r2

2 þDA3r32 þ . . .þ DAnrn

2

Ip ¼ SDA r2polares Flachenmoment2. Grades (fur Torsionvon Staben mit Kreis-oder Kreisringquerschnitterforderlich)

Definitions-gleichung

Bezugsachse ist immer diejenige neutrale Faserdes Querschnitts, um die gebogen oder verdrehtwird (x––x, y––y oder 0).

Aus dieser Definition ergibt sich auch die Einheitmm4 (Flache mal Abstandsquadrat).

ðIÞ ¼ ðAÞ � ðx, y, rÞ2 ¼ mm2 �mm2 ¼ mm4

ðIÞ ¼ mm4

Hinweis: Man geht hier von der Langenein-heit mm aus, weil im Maschinenbau und inder Feinwerktechnik damit gearbeitet wird.Grundsatzlich durfen auch cm und m benutztwerden (cm4, m4).

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 303

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In den Herleitungen der Abschnitte 5.8.2 (Seite321) und 5.9.4 (Seite 329) erscheint außer demSummenausdruck der Quotient Ip/r (bei Torsion)und I/e (bei Biegung). Darin sind r und e dieRandfaserabstande, d. h. die Abstande vom Be-zugspunkt oder von der Bezugsachse bis zurRandfaser. Dieser Quotient heißt

Randfaserabstand e und r

Widerstandsmoment W ¼ Flachenmoment I

Randfaserabstand r ðoder eÞW ¼ I

e

Wp ¼ Ipr

Am haufigsten werden die Widerstandsmomentein Bezug auf die beiden in der Querschnittsflacheliegenden Achsen x, y und in Bezug auf die recht-winklig zum Querschnitt stehende 0-Achse ge-braucht. Nach den Achsen werden sie auch be-zeichnet.

Mit Hilfe der Integralrechnung lassen sich fur dieverschiedenen Querschnittsformen Berechnungs-gleichungen entwickeln; die wichtigsten sind inden Tabellen 5.1 (Seite 308) und 5.2 (Seite 310)zusammengestellt. Fur genormte Profile (Winkel-,I-Profil usw.) enthalten die Profilstahltabellen aus-gerechnete Werte fur Flachenmomente I und Wi-derstandsmomente W.

Wx ¼ Ixex

axiales Widerstandsmomentin Bezug auf die x-Achse

Wy ¼ Iyey

axiales Widerstandsmomentin Bezug auf die y-Achse

Wp ¼ Ipr

polaresWiderstandsmomentin Bezug auf die Verdreh-achse 0 (gilt nur fur Kreis-oder Kreisringquerschnitt)

5.7.3 Herleitungsubung

Um das Verstandnis fur das Flachenmoment zuvertiefen, wird erst einmal versucht, eine Berech-nungsgleichung fur das Flachenmoment Ix einesRechteckquerschnitts ohne Integralrechnung zuentwickeln. Bezugsachse soll also die waagerechtim Rechteckquerschnitt liegende x-Achse sein.

Was bei dieser Untersuchung herauskommenmuss, kann aus Tabelle 5.1, Seite 308, abgelesenwerden: In Bezug auf die dort eingezeichnetewaagerechte Achse muss I ¼ bh3=12 sein.

Gegebener Rechteckquerschnitt bh, zerlegtin Flachenstreifen DA parallel zur x-Achse.

W, Wp I, Ip e, r

mm3 mm4 mm

5 Festigkeitslehre304

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Losung: Die Rechteckflache von der Breite b undder Hohe h wird in 8 Flachenstreifen gleicher Ho-he zerlegt, deren Flacheninhalt dann DA ¼ bh=8betragt. Die mittleren Abstande der Flachenstrei-fen von der Bezugsachse x druckt man als Bruch-teile der Gesamthohe h aus und bildet die Produkteaus Flachenteilchen DA und zugehorigem Ab-standsquadrat.

DA1y12 ¼ bh

8

1

16h

� �2

DA2y22 ¼ bh

8

3

16h

� �2

DA3y32 ¼ bh

8

5

16h

� �2

DA4y42 ¼ bh

8

7

16h

� �2

Die Definitionsgleichung weist den weiteren Weg: Gemaß Ix ¼ SDA y2 summiert man dieProdukte aus FlachenteilchenDA und Abstandsquadrat und rechnet die bestimmten Zahlen aus:

Ix ¼ SDA y2 ¼ ðDA1 y12 þ DA2 y2

2 þ DA3 y32 þ DA4 y4

2Þ � 2Ausgerechnet ergibt das:

Ix ¼ bh

8� 1

256h2 þ bh

8� 9

256h2 þ bh

8� 25256

h2 þ bh

8� 49256

h2� �

� 2

Ix ¼ 2 � bh8� h2

256ð1þ 9þ 25þ 49Þ ¼ bh3

12,2

Beachte: Jedes Flachen-teilchen DA1,DA2,DA3,DA4 ist oberhalb undunterhalb der x-Achsevorhanden, erscheintalso zweimal in derRechnung.

Der Vergleich mit der Gleichung in Tabelle 5.1, Seite 308 (Ix ¼ bh3=12) zeigt, dass schon diegrobe Aufteilung des Querschnitts dicht an den richtigen Wert im Nenner heranfuhrt (12,2 statt12). Auf gleiche Weise konnen samtliche Gleichungen der Tabellen 5.1 und 5.2 genugendgenau entwickelt werden. Allerdings fuhrt die Integralrechnung schneller zum genauen Ergeb-nis.

5.7.4 �bungen mit Flachen- und Widerstandsmomenten einfacher Querschnitte

1. �bung: Fur eine Welle von 60 mm Durchmes-ser sollen die axialen und polaren Flachen- undWiderstandsmomente berechnet werden.

Die erforderlichen Gleichungen stehen in den Ta-bellen 5.1 und 5.2 ab Seite 308.

Gegeben:Wellendurchmesser d ¼ 60 mm

Gesucht:Ix,Wx, Iy,Wy, Ip,Wp

Losung: Wegen der Querschnittssymmetrie sinddie axialen Flachenmomente Ix, Iy und die zugeho-rigen Widerstandsmomente Wx,Wy, jeweils gleichgroß.

Ix ¼ Iy ¼ pd4

64¼ 63,6 � 104 mm4

Wx ¼ Wy ¼ pd3

32¼ 21,2 � 103 mm3

Die axialen Widerstandsmomente Wx und Wy kon-nen auch einfacher aus den vorher berechnetenFlachenmomenten bestimmt werden, wenn mansich daran erinnert, dass allgemein W ¼ I=e ist(e Randfaserabstand).

Wx ¼ Ixe¼ Ix

ðd=2Þ ¼ 21, 2 � 103 mm3

Wy ¼ Iyewie vorher

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 305

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Ein Vergleich der Ergebnisse und auch der Glei-chungen aus den Tabellen 5.1 und 5.2 zeigt:

Ip ¼ pd 4

32¼ p

32� ð60 mmÞ4 ¼ 127,2 � 104 mm4

Die polaren Flachen- und Widerstandsmomente(Ip, Wp) sind beim Kreisquerschnitt und beimKreisringquerschnitt doppelt so groß wie dieaxialen Widerstandsmomente (I, W ).

Wp ¼ pd3

16¼ p

16� ð60 mmÞ3 ¼ 42,4 � 103 mm3

oder einfacher wie beim axialen Widerstands-moment:

Wp ¼ Ipr¼ 127,2 � 104 mm4

30 mm¼ 42,4 � 103 mm3

2. �bung: Fur eine Hohlwelle von 60 mm Außen-und 40 mm Innendurchmesser sollen wie in derersten �bung die axialen und polaren Flachen-und Widerstandsmomente bestimmt werden.

Gegeben:

D ¼ da ¼ 60 mm, d ¼ di ¼ 40 mm

Gesucht:

Ix, Iy, Ip,Wx,Wy,Wp

Losung: Die axialen Flachen- und Widerstands-momente sind auch hier wegen der Querschnitts-symmetrie fur jede Schwerachse jeweils gleichgroß, so dass man sie einfach mit I und W bezeich-nen kann.

I ¼ p

64ðD4 � d 4Þ ¼ p

64ð604 � 404Þmm4

I ¼ 51,1 � 104 mm4

W ¼ I

ðD=2Þ ¼51,1 � 104 mm4

30 mm¼ 17 � 103 mm3

Auch hier erkennt man wieder, dass die polarenFlachenmomente doppelt so groß sind wie dieaxialen, so dass Ip und Wp noch einfacher hatte be-rechnet werden konnen (Ip ¼ 2 I undWp ¼ 2W ).

Ip ¼ p

32ðda4 � di

4Þ ¼ p

32ð604 � 404Þmm4

Ip ¼ 102,1 � 104 mm4

Wp ¼ Ipðda=2Þ ¼

102,1 � 104 mm4

30 mm¼ 34 � 103 mm3

3. �bung: Fur einen Holzbalken mit Rechteck-querschnitt von 180 mm Hohe und 90 mm Breitesollen die axialen Flachenmomente 2. Gradesbestimmt werden. Wird nichts anderes gesagt,gelten als Bezugsachsen die beiden rechtwinkligaufeinander stehenden „Hauptachsen“ (x- undy-Achse).

Gegeben:Rechteckquerschnitt mit h ¼ 180 mm,b ¼ 90 mm

Gesucht:

Ix,Wx, Iy,Wy

Losung: Die axialen Flachenmomente sind einMaß fur die Steifigkeit des Querschnitts gegenBiegung oder Knickung. Der Balken ist „hoch-kant“ schwerer zu biegen (Ix ¼ 43,74 � 106 mm4)als „flachkant“ (Iy ¼ 10,94 � 106 mm4). Bei Knick-beanspruchung wurde er nach der Seite mit demgeringsten I ausknicken, also flachkant (um diey-Achse), weil Iy < Ix ist.

Ix ¼ bh3

12¼ 43,74 � 106 mm4

Wx ¼ Ixe¼ 48,6 � 104 mm3

Iy ¼ hb3

12¼ 10,94 � 106 mm4

Wy ¼ Iye¼ 24,3 � 104 mm3

5 Festigkeitslehre306

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4. �bung: Fur den skizzierten Querschnitt(H-Profil) sollen die axialen Flachenmomente umdie x- und y-Achse berechnet werden, damit fest-gelegt werden kann, um welche Achse ein Balkenmit diesem Querschnitt die großere Biege- undKnicksteifigkeit besitzt.

Losung: Man benutzt die Gleichungen aus Tabelle 5.1 von Seite 309 zur Bestimmung von Ixund Iy und erkennt aus den Ergebnissen:

Die großere Steifigkeit gegen Biegung und Knickung besitzt ein Balken dieses Querschnittsum die y-Achse (Iy > Ix). Bei Knickung wurde er um die x-Achse ausknicken, weil Ix < Iy ist.

Ix ¼ BH3 þ bh3

12¼ 60 mm � ð150 mmÞ3 þ 140 mm � ð30 mmÞ3

12

Ix ¼ 17,19 � 106 mm4

Wx ¼ Ixe¼ 17,19 � 106 mm4

75 mm¼ 22,92 � 104 mm3

Iy ¼ BH3 � bh3

12¼ 150 mm � ð200 mmÞ3 � 120 mm � ð140 mmÞ3

12

Iy ¼ 72,56 � 106 mm4

Wy ¼ Iye¼ 72,56 � 106 mm4

100 mm¼ 72,56 � 104 mm3

Beachte:

Flachenmomente I (nichtWiderstandsmomente W) vonTeilflachen durfen dann ad-diert oder subtrahiert werden,wenn sich die Schwerachsender Teilflachen mit der Be-zugsachse des Querschnittsdecken. Das lasst sich hier so-wohl fur Ix als auch fur Iydurch eine entsprechende Zer-legung der Gesamtflache er-reichen. Das Vorgehen wirdim folgenden Abschnitt 5.7.5auf Seite 311 erlautert.

5. �bung: Zur �bung im Auswerten von Tabellen sollen die Flachenmomente 2. Grades ge-gen Biegung und Knickung und die Widerstandsmomente aus den Profilstahltabellen heraus-gesucht werden (siehe Formelsammlung).

Losung:

IPE 100 A¼ 1030 mm2 Ix ¼ 171 �104 mm4 Wx ¼ 34,2 �103 mm3

Iy ¼ 15,9 �104 mm4 Wy ¼ 5,79 �103 mm3

großter Widerstand gegen Biegung und Knickung also um die x-Achse.

U 100 A¼ 1350 mm2 Ix ¼ 206 �104 mm4 Wx ¼ 41,2 � 103 mm3

Iy ¼ 29,3 �104 mm4 Wy1 ¼ 18,9 � 103 mm3

Wy2 ¼ 8,49 � 103 mm3

L 60 � 6 A¼ 691 mm2 Ix ¼ 22,8 � 104 mm4 Wx1 ¼ 13,5 � 103 mm3

Wx2 ¼ 5,29 � 103 mm3

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 307

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Tabelle 5.1 Axiale Flachenmomente 2. Grades I, WiderstandsmomenteWund Tragheitsradius ifur Biegung und Knickung

Ix ¼ bh3

12

Wx ¼ bh2

6

ix ¼ 0,289 h

Iy ¼ hb3

12

Wy ¼ hb2

6

iy ¼ 0,289 b

Ix ¼ Iy ¼ ID ¼ h4

12

Wx ¼ Wy ¼ h3

6WD ¼

ffiffiffi2

p h3

12

i ¼ 0,289 h

I ¼ 5ffiffiffi3

p

16s4 ¼ 0,5413s4

W ¼ 0,5413s 3

i ¼ 0,456s

I ¼ 5ffiffiffi3

p

16s4 ¼ 0,5413s4

W ¼ 5

8s 3 ¼ 0,625s 3

i ¼ 0,456s

I ¼ 6b2 þ 6bb1 þ b12

36 ð2bþ b1Þ h3

W ¼ 6b2 þ 6bb1 þ b12

12 ð3bþ 2b1Þ h2

e ¼ 1

3

3bþ 2b12bþ b1

h

I ¼ ah3

36e ¼ 2

3h

W ¼ ah2

24i ¼ 0,236 h

I ¼ pd 4

64� d 4

20

W ¼ pd3

32� d3

10

i ¼ d

4

I ¼ p

64� ðD4 � d 4Þ

W ¼ p

32� D

4 � d 4

D

i ¼ 0,25ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiD2 þ d 2

p

Ix ¼ pa3b

4

Wx ¼ pa2b

4

ix ¼ a

2

Iy ¼ pb3a

4

Wy ¼ pb2a

4

iy ¼ b

2

Ix ¼ p

4ða3b� a1

3b1Þ

Ix � p

4a2d ðaþ 3bÞ

W ¼ Ixa

� p

4ad ðaþ 3bÞ

Ix ¼ 0,0068d 4

Wx1 ¼ 0,0238d3

Wy ¼ 0,049d3

Iy ¼ 0,0245d 4

Wx2 ¼ 0,0323d3

ix ¼ 0,132d

e1 ¼ 4r

3p¼ 0,4244r

Ix ¼ 0,1098 ðR 4 � r 4Þ � 0,283R2r2R� r

Rþ rWx1 ¼ Ix

e1

Iy ¼ pR 4 � r 4

8Wy ¼ p

ðR 4 � r 4Þ8R

Wx2 ¼ Ixe2

e1 ¼ 2 ðD 3 � d 3Þ3p ðD 2 � d 2Þ

5 Festigkeitslehre308

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Fortsetzung Tabelle 5.1

Ix ¼ b

12ðH3 � h3Þ

Wx ¼ b

6HðH3 � h3Þ

ix ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiH3 � h3

12 ðH � hÞ

s

Iy ¼ b 3

12ðH � hÞ

Wy ¼ b 2

6ðH � hÞ

iy ¼ 0,289b

I ¼ bðh3 � h13Þ þ b1ðh13 � h23Þ12

W ¼ bðh3 � h13Þ þ b1ðh13 � h23Þ6h

I ¼ BH3 þ bh3

12

W ¼ BH3 þ bh3

6H

I ¼ BH3 � bh3

12

W ¼ BH3 � bh3

6H

I ¼ 1

3ðBe13 � bh3 þ ae2

e1 ¼ 1

2� aH

2 þ bd2

aH þ bd

e2 ¼ H � e1

I ¼ 1

3ðBe13 � bh3 þ B1e2

3 � b1h13Þ

e1 ¼ 1

2� aH

2 þ bd2 þ b1 d1 ð2H � d1ÞaH þ bd þ b1d1

e2 ¼ H � e1

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 309

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Tabelle 5.2 Polare Flachenmomente 2. Grades Ip und Widerstandsmomente Wp fur Torsion1)

QuerschnittWiderstandsmoment

Wp

FlachenmomentIp

Bemerkung

Wp ¼ p

16d3 � d3

5Ip ¼ p

32d4 � d4

10

großte Spannungin allen Punkten desUmfanges

Wp ¼ p

16� da

4 � di4

daIp ¼ p

32ðda4 � di

4Þgroßte Spannungin allen Punkten desUmfanges

Wt ¼ p

16nb3

h

b¼ n > 1

It ¼ p

16� n3b4

n2 þ 1

in den Endpunkten derkleinen Achse:

tt max ¼ MT

Wt

in den Endpunkten dergroßen Achse:

tt ¼ tt max

n

haba

¼ hibi

¼ n > 1

hiha

¼ biba

¼ a < 1

Wt ¼ p

16nba

3 ð1� a4Þ

It ¼ p

16� n3

n2 þ 1�

� ba4 ð1� a4Þ

in den Endpunkten derkleinen Achse: tt max

in den Endpunkten dergroßen Achse:

tt ¼ tt max

n

Wt ¼ 0,208a3 It ¼ 0,14a4 ¼ a4

7,1

in der Mitte der Seite:

tt max

in den Ecken: tt ¼ 0

Wt ¼ 0,05b3 ¼ h 3

7,5ffiffiffi3

p

Wt ¼ h3

13¼ 2 It

h

It ¼ h4

15ffiffiffi3

p

It ¼ b4

46,2

in der Mitte der Seite:

tt max

in den Ecken: tt ¼ 0

1) Der Torsion nicht kreisformiger Querschnitte liegen andere schwierigere Gleichungen zugrunde als beimKreis- oder Kreisringquerschnitt. Zur klaren Unterscheidung werden benannt: It Torsionsflachenmoment, Wt

Torsionswiderstandsmoment. Es gelten die Gleichungen: Torsionsspannung tt max ¼ MT=Wt; Verdrehwinkelj ¼ MTl=ðGItÞ.

5 Festigkeitslehre310

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5.7.5 Axiale Flachenmomente 2. Grades symmetrischer Querschnitte

Lassen sich Querschnitte derart in Teilflachen zerlegen, dass alle Teilschwerachsen mit derGesamtschwerachse zusammenfallen, dann kann das Flachenmoment 2. Grades des Gesamt-querschnitts aus der Summe oder Differenz der Teilflachenmomente berechnet werden.Anders ausgedruckt:

Flachenmomente 2. Grades durfen addiert und subtrahiert werden, wenn Teil- und Gesamt-schwerachse zusammenfallen.Widerstandsmomete durfen keinesfalls addiert oder subtrahiert werden.

Man kann sich am Beispiel eines H-Profils klarmachen, wie vorzugehen ist. Das Profil lasstsich in drei Teilflachen zerlegen, deren Teilschwerachsen mit der Gesamtschwerachse x––x zu-sammenfallen.

Gesamtflachenmoment2. Grades als Summe vonTeilflachenmomenten

Nun wird das Gesamtflachenmoment einfach aus der Summe der Teilflachenmomente berech-net. Die Teilflachen sind Rechtecke, fur die I ¼ bh3=12 gilt (Tabelle 5.1, Seite 308):

Ix ¼ 2 I1 þ I2 ¼ 2 � 30 mm � ð150 mmÞ312

þ 140 mm � ð30 mmÞ312

¼ 17,19 � 106 mm4

Wx ¼ Ixe¼ 17,19 � 106 mm4

75 mm¼ 22,92 � 104 mm3

Auch das axiale Flachenmoment des Querschnitts fur die y-Achse lasst sich so bestimmen.Zur besseren �bersicht dreht man fur die Rechnung den Querschnitt um 90�.

Gesamtflachenmoment2. Grades als Differenz vonTeilflachenmomenten

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 311

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Wie vorher wird der Rechengang aus dem Bild der Teilflachen abgelesen, das heißt, man sub-trahiert vom Teilflachenmoment I1 das doppelte Teilflachenmoment I2:

Iy ¼ I1 � 2 I2 ¼ 150 mm � ð200 mmÞ312

� 2 � 60 mm � ð140 mmÞ312

¼ 72,56 � 106 mm4

Wy ¼ Iye¼ 72,56 � 106 mm4

100 mm¼ 72,56 � 104 mm3

In der folgenden Bildtafel sind andere symmetrische Querschnitte so zerlegt, dass die Teil-schwerachsen mit der Gesamtschwerachse zusammenfallen. Das Gesamtflachenmoment2. Grades kann dann als Summe oder Differenz der Teilflachenmomente berechnet werden.

Profile mit gleichenGesamt- undTeilschwerachsen

5.7.6 Axiale Flachenmomente 2. Grades unsymmetrischer Querschnitte(Steiner’scher Verschiebesatz)

Zerlegt man die skizzierten unsymmetrischenQuerschnitte in die Teilflachen A1 und A2, dannfallt auf, dass die Schwerachsen der Teilflachen(x1 � x1 und x2 � x2) nicht mit der Gesamtschwer-achse x––x zusammenfallen. Beim Winkelprofilgilt das auch fur die Achse y––y. Die Schwerachsenaller Teilflachen sind gegenuber den Gesamt-schwerachsen um die Langen l parallel verschoben.Daher durfen hier die Teilflachenmomente 2. Gra-des nicht einfach addiert werden, wie bei denQuerschnitten in Abschnitt 5.7.5 auf Seite 311.

Die Vorgehensweise in solchen Fallen kann amBeispiel des T-Profils gelernt werden. Dabei sollman aus dem speziellen Beispiel eine allgemeingultige Beziehung entwickeln.

Teil- und Gesamtschwerachsen unsymmetri-scher zusammengesetzter Querschnitte

5 Festigkeitslehre312

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5.7.6.1 Erste Herleitung des Steiner’schen Satzes1)

Fur ein T-Profil soll das axiale Flachenmoment Ixfur die Gesamtschwerachse x––x ermittelt werden.Das Problem wird vereinfacht, indem nur die Teil-flache A1 betrachtet wird. Deren Teilschwerachsex1 � x1 liegt um die Lange l1 gegenuber der Ge-samtschwerachse parallel verschoben. Erinnerung:Das Flachenmomet Ix1 der Teilflache A1 in Bezugauf die Teilschwerachse x1 � x1 ist bekannt; mitIx1 ¼ bh3=12 konnte man es sofort berechnen. Eswird aber eine Gleichung gesucht, in der das Fla-chenmoment der Teilflache A1 auf die Gesamt-schwerachse x � x bezogen ist.

Das erreicht man mit dem folgenden Kunstgriff.Es wird ein zur Achse x � x symmetrisches Profilgebildet, indem man die obere Teilflache A1 nocheinmal unterhalb der x-Achse ansetzt. Dann kannman nach Abschnitt 5.7.5, Seite 311, vorgehenund das Gesamtflachenmomemt in Bezug auf diex-Achse mit den allgemeinen Bezeichnungen be-stimmen. Man subtrahiert vom Flachenmomentder aus bH gebildeten Rechteckflache das Fla-chenmoment der Rechteckflache bðH � 2hÞ;(beide Schwerachsen decken sich). Dieses Fla-chenmoment muss doppelt so groß sein wie dasvon nur einer Teilflache A1 gebildete Flachenmo-ment Ix, da die beiden Teilflachen A1 symmetrischzur x-Achse liegen. Es kann also Ix ges ¼ 2 Ix ge-setzt werden.

Mit der bekannten Gleichung zur Berechnung desFlachenmomentes von Rechteckquerschnitten fin-det man die Ausgangsbeziehung, in die man furdie Hohe H die Beziehung H ¼ 2 l1 þ h einfuhrt(siehe Skizze).

Die Differenz der Potenzausdruckeð2 l1 þ hÞ3 � ð2 l1 � hÞ3wird gesondert berechnet und das Ergebnis einge-setzt.

Ix ges ¼ 2 Ix ¼ bH3

12� bðH � 2hÞ3

12

2 Ix ¼ bð2 l1 þ hÞ312

� b ð2 l1 þ h� 2hÞ312

2 Ix ¼ b½ð2 l1 þ hÞ3 � ð2 l1 � hÞ312

ð2 l1 þ hÞ3 � ð2 l1 � hÞ3 ¼ 24hl12 þ 2h3

1) Jakob Steiner, Schweizer Mathematiker, 1796––1863.

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 313

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Nach der Ausrechnung erhalt man rechts vomGleichheitszeichen eine Summe. Diese kann mitbh ¼ A1 vereinfacht werden. Daruber hinaus istbekannt, dass bh3=12 das axiale FlachenmomentIx1 der Teilflache A1 in Bezug auf die eigeneSchwerachse x1 � x1 ist. Damit wurde der Ver-schiebesatz von Steiner gefunden:

2 Ix ¼ bð24hl12 þ 2h3Þ12

¼ 24bhl12 þ 2bh3

12

Ix ¼ bhl12 þ bh3

12

Ix ¼ A1 l12 þ Ix1

Das axiale Flachenmoment 2. Grades Ix einerTeilflache A1 in Bezug auf eine zur Schwerachseum den Abstand l1 parallel verschobene Achseist gleich dem Flachenmoment Ix1 der Teilflachein Bezug auf deren Schwerachse, vemehrt umdas Produkt aus der Teilflache A1 und demAbstandsquadrat l12.

Ix ¼ Ix1 þ A1l12Verschiebesatzvon Steiner

Ix Flachenmoment fur parallele Achse x––xIx1 Flachenmoment der Teilflache in Bezug

auf die eigene Schwerachse x1 � x1A1 Flacheninhalt der Teilflache

l1 Abstand der parallelen Achsen

Haufig muss mit mehreren Teilflachen A1,A2 . . .gerechnet werden, deren Teilschwerachsen die Ab-stande l1, l2 . . . von der Bezugsachse haben. Dazuschreibt man den Steiner’schen Satz in allgemeinerForm. I1, I2 . . . sind die Flachenmomente 2. Gra-des der Teilflachen in Bezug auf die eigene Teil-schwerachse. Sie werden mit den Gleichungen ausTabelle 5.1, Seite 308, berechnet.

I ¼ I1 þA1l12 þ I2 þA2l2

2 þ . . .þ In þAnln2

Verschiebesatz von Steiner

Beachte: Fallen Teilschwerachsen undBezugsachse zusammen, dann sind dieAbstande l1, l2 . . . gleich null, und es wirdI ¼ I1 þ I2 þ . . .þ In, d. h. die Teilflachen-momente 2. Grades werden einfach addiert(siehe Tabelle 5.7.5, Seite 311).

5.7.6.2 Zweite Herleitung des Steiner’schen Satzes

Gesucht wird wieder eine Beziehung zur Berech-nung des Flachenmomentes 2. Grades Ix einerTeilflache A1 in Bezug auf eine zur Teilschwer-achse x1 � x1 parallel um den Abstand l1 verscho-bene Achse x�x. Das Flachenmoment Ix1 der Teil-flache wird als bekannt vorausgesetzt (Tabelle 5.1,Seite 308). Man beginnt die Entwicklung mit derfur alle Achsen gultigen allgemeinen Definitions-gleichung:

Losungsskizze

Als „Abstandsquadrat“ wird hier ðl1 þ yÞ2 einge-setzt. Nach der Ausrechnung erhalt man eine Sum-me von drei Gliedern. Die konstanten Großen wer-den vor das Summenzeichen geschrieben.

Ix ¼ SDA ðl1 þ yÞ2Ix ¼ SDA ðl12 þ 2l1 yþ y2ÞIx ¼ SDAl1

2 þ SDA2l1 yþ SDAy 2

Ix ¼ l12SDAþ 2l1SDAyþ SDAy2

Das erste Glied ergibt das Produkt aus demAbstandsquadrat und der Teilflache, weilSDA ¼ A1 ist.

l12SDA ¼ l12A1

5 Festigkeitslehre314

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Das zweite Glied ist gleich null, denn der FaktorSDAy stellt die Summe der Flachenmomente1. Grades aller Flachenteilchen DA in Bezug aufdie Achse x1 � x1 dar. Da das die Schwerachse derFlache A1 ist, wird y0 ¼ 0 und damit auch dasProdukt A1y0.

2 l1SDAy ¼ 2 l1A1y0 ¼ 0

Beachte: Das Produkt aus einer Flache A undihrem Schwerpunktsabstand x oder y voneiner Bezugsachse heißt Flachenmoment1. Grades (siehe Schwerpunktslehre 2.2.1,ab Seite 76).

Das dritte Glied ist das axiale Flachenmoment Ix1der Teilflache A1, bezogen auf die Teilschwerachsex1 � x1.

SDAy2 ¼ Ix1

Damit erhalt man zum Schluss die gleiche Formfur den Steiner’schen Satz wie in der ersten Herlei-tung uber den speziellen Fall auf Seite 313.

Ix ¼ Ix1 þ A1l12Verschiebesatzvon Steiner

5.7.6.3 Arbeitsplan zur Berechnung axialer Flachenmomente 2. Grades

5.7.7 �bungen mit Flachen- und Widerstandsmomenten zusammengesetzterQuerschnitte

1. �bung: Fur das skizzierte Winkelprofil soll dasaxiale Flachenmoment 2. Grades fur die Profil-schwerachse x � x bestimmt werden.

Nach dem Losungsplan zerlegt man den Quer-schnitt in die Teilflachen A1 und A2. Die Lage derTeilschwerpunkte ergibt sich aus den gegebenenLangenmaßen, ebenso die Abstande l1, l2.

Querschnitt in Teilflachen A1,A2 . . . zerlegen und deren Flachenschwer-punkte S1, S2 . . . bestimmen.

1. Schritt

Abstande l1, l2 . . . der Teilschwerachsen von der Bezugsachse fur das Flachen-moment festlegen.

2. Schritt

Flachenmomente I1, I2 . . . der Teilflachen A1,A2 . . . nach Tabelle 5.1(Seite 308) berechnen.

3. Schritt

Flacheninhalte der Teilflachen und die Quadrate der Abstande (l12, l22 . . .)berechnen.

4. Schritt

Steiner’schen Satz aufstellen und ausrechnen. 5. Schritt

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 315

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Losung:

Ix ¼ I1 þ A1l12 þ I2 þ A2l2

2

Ix ¼ ð0,75þ 144þ 229þ 87,5Þ � 104 mm4

Ix ¼ 461,25 � 104 mm4

Nebenrechnung:

I1 ¼ bh3

12¼ 90 mm � ð10 mmÞ3

12¼

¼ 0,75 � 104 mm4

A1 ¼ bh ¼ 900 mm2 ; l1 ¼ 40 mm

I2 ¼ bh3

12¼ 10 mm � ð140 mmÞ3

12¼

¼ 229 � 104 mm4

A2 ¼ bh ¼ 1400 mm2 ; l2 ¼ 25 mm

Aus dem Flachenmoment Ix erhalt man die beidenaxialen Widerstandsmomente Wx1 und Wx2.

Wx1 ¼ Ixe1

¼ 461,25 � 104mm4

45 mm¼

¼ 10,25 � 104 mm3

Wx2 ¼ Ixe2

¼ 461,25 � 104 mm4

95 mm¼

¼ 4,86 � 104 mm3

2. �bung: Da der Steiner’sche Satz fur beliebigeparallele Achsen gilt, kann das axiale Flachenmo-ment des Winkelprofils aus der 1. �bung auch furdie Achse N––N bestimmt werden.

Die Schwerpunkte SP1 und SP2 der Teilflachensind festgelegt, ebenso die Abstande der Teil-schwerachsen von der Bezugsachse N––N mitl1 ¼ 5 mm und l2 ¼ 70 mm.

Losung:

IN ¼ I1 þ A1l12 þ I2 þ A2l2

2

IN ¼ ð0,75þ 9 � 0,25þ 229þ 14 � 49Þ � 104 mm4

IN ¼ 918 � 104 mm4

Nebenrechnung:

I1 ¼ bh3

12¼ 0,75 � 104 mm4

A1 ¼ bh ¼ 9 � 102 mm2

l12 ¼ ð5 mmÞ2 ¼ 0,25 � 102 mm2

I2 ¼ bh3

12¼ 229 � 104 mm4

A2 ¼ bh ¼ 14 � 102 mm2

l22 ¼ ð70 mmÞ2 ¼ 49 � 102 mm2

5 Festigkeitslehre316

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3. �bung: Zu bestimmen sind das axiale Flachen-moment Ix und die Widerstandsmomente Wx1, Wx2

fur den skizzierten zusammengesetzten Quer-schnitt.

Losung: Es werden Fehler vermieden, wenn mansich eine kleine �bersicht zusammenstellt, etwa inder Form:

Die Teilschwerpunkte SP1 und SP2 liegen im Ab-stand e1 und e2 von der unteren Kante (¼ Bezugs-achse fur die Schwerpunktsbestimmung) entfernt.

e1 ¼ 400 mm

2¼ 200 mm

e2 ¼ ð400þ 12,5Þmm ¼ 412,5 mm

Die Lage des Gesamtschwerpunktes SP berechnetman nach 2.2.3.1, Seite 76. Als Bezugsachse wirddie Unterkante des Querschnitts benutzt.

Mit e0 kann man die Abstande der Teilschwerach-sen von der Bezugskante x––x bestimmen.

e0 ¼ A1e1 þ A2e2A1 þ A2

¼ 270 mm

l1 ¼ e0 � e1 ¼ 70 mm ; l12 ¼ 49 � 102 mm2

l2 ¼ e2 � e0 ¼ 142,5 mm ; l22 ¼ 203 � 102 mm2

Nun lassen sich die Flachenmomente I1 und I2 derTeilflachen in Bezug auf ihre Schwerachsen be-rechnen. Zur Berechnung von I1 wird nach 5.7.5,ab Seite 311, vorgegangen.

I1 ¼ 300 mm ð400 mmÞ312

�2 � 143 mm ð348 mmÞ312

I1 ¼ 59 556 � 104 mm4

I2 ¼ 400 mm � ð25 mmÞ312

¼ 52 � 104 mm4

Es sind nun alle Großen vorhanden, die zur Be-rechnung des Flachenmomentes Ix gebraucht wer-den. Damit stellt man wieder den Steiner’schenSatz auf.

Ix ¼ I1 þ A1l12 þ I2 þ A2l2

2

Ix ¼ ð59 556þ204,7 � 49þ52þ100 � 203Þ �104 mm4

Ix ¼ 89 938 � 104 mm4 � 9 � 108 mm4

Zum Schluss werden die beiden axialenWiderstands-momente Wx1 und Wx2 berechnet. Der außere Rand-faserabstand fur Wx1 ist die Lange e0 ¼ 270 mm,fur Wx2 dagegen 425 mm� e0 ¼ 155 mm.

Wx1 ¼ Ixe0

¼ 89 938 � 104 mm4

270 mm¼ 3331 � 103mm3

Wx2 ¼ Ix425 mm� e0

¼ 5802 � 103 mm3

Teilflache Ain mm2

ein mm

lin mm

l2

in mm2I

in mm4

12

204,7 � 102100 � 102

200412,5

70142,5

49 � 102203 � 102

59 556 � 10452 � 104

Gesamt 304,7 � 102

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 317

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4. �bung: Fur den skizzierten unsymmetrischenQuerschnitt sollen die Flachen- und Widerstands-momente berechnet werden.

Losung fur die x-Achse: Man denkt sich denQuerschnitt entstanden aus der vollen Rechteck-flache (200 � 300) mm2 abzuglich der Hohlraum-flache (160 � 150) mm2, also A ¼ A1 � A2. Mitdieser �berlegung berechnet man sowohl dieSchwerpunktslage (e0) als auch die Flachenmo-mente 2. Grades. Es wird mit der Schwerpunkts-berechnung begonnen:

Unsymmetrischer Querschnitt mit Hohlraum

Ae0 ¼ A1 � 150 mm� A2 � 175mm ðMomentensatz fur Flachen nach 2:2:3:1, Seite 80ÞA1 ¼ ð200 � 300Þmm2 ¼ 600 � 102 mm2 ; A2 ¼ ð160 � 150Þmm2 ¼ 240 � 102 mm2

A ¼ A1 � A2 ¼ ð600� 240Þ � 102 mm2 ¼ 360 � 102 mm2

e0 ¼ 600 �102 mm2 �1,5 �102mm�240 �102mm2 �1,75 �102 mm

360 � 102 mm2¼

¼ 900 �104mm3�420 �104mm3

3,6 � 104 mm2

e0 ¼ 133 mm

l1 ¼ 150 mm�e0 ¼ 17mm ; l12 ¼ 2,89 �102 mm2; l2 ¼ 175mm�e0 ¼ 42mm

l22 ¼ 17,6 �102mm2

I1 ¼ 200 mm � ð300 mmÞ312

¼ 45 000 � 104 mm4; I2 ¼ 160 mm � ð150 mmÞ312

¼ 4500 � 104 mm4

Ix ¼ I1 þ A1l12 � ðI2 þ A2l2

2Þ ¼ ð45 000þ 600 � 2,89� 4500� 240 � 17,6Þ � 104 mm4

Ix ¼ 3,8 � 108 mm4

Wx1 ¼ Ixe0

¼ 3,8 � 108 mm4

133 mm¼ 2,85 � 106 mm3

Wx2 ¼ Ix300 mm� e0

¼ 3,8 � 108 mm4

167 mm¼ 2,28 � 106 mm3

Losung fur die y-Achse: Die Berechnung der Fla-chen- und Widerstandsmomente fur die y-Achseist einfacher als fur die x-Achse, weil jetzt Teil-schwerachsen und Gesamtschwerachse zusam-menfallen:

Iy ¼ I1 � I2 ¼ 300 mm � ð200 mmÞ312

� 150 mm � ð160 mmÞ312

Iy ¼ 1,488 � 108 mm4

Wy1 ¼ Wy2 ¼ Iye¼ 1,488 � 108 mm4

100 mm¼ 1,488 � 106 mm3

5 Festigkeitslehre318

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5. �bung: Ein Trager hat den skizzierten zusam-mengesetzten Querschnitt aus genormten L-Stah-len und Blechen. Mit Hilfe der Profilstahltabelleaus der Formelsammlung ist zu berechnen:

a) das Flachenmoment der oberen und unterenGurtplatte,

b) das Flachenmoment des Stegblechs,c) das Flachenmoment der L-Profile,d) das Gesamtflachenmoment in Bezug auf die

Gesamtschwerachse 0––0.e) das Widerstandsmoment.

Losung:

aÞ I1 ¼ I2 ¼ 200 mm � ð10 mmÞ312

¼ 1,67 � 104 mm4 bÞ I3 ¼ 10 mm � ð300 mmÞ312

¼¼ 2250 � 104 mm4

cÞ I4 ¼ I5 ¼ I6 ¼ I7 ¼ 52,6 � 104 mm4 ðFormelsammlungÞdÞ Iges ¼ 2ðI1 þ A1l1

2Þ þ ðI3 þ A3l32Þ þ 4ðI4 þ A4l4

Zwischenrechnung: A1 ¼ 200 � 10 mm2 ¼ 20 � 102 mm2 ; l1 ¼ 155 mm

l12 ¼ 240 � 102 mm2

A3 ¼ 10 � 300 mm2 ¼ 30 � 102 mm2 ; l3 ¼ 0 ; l32 ¼ 0

A4 ¼ 11,9 � 102 mm2 ðFormelsammlungÞl4 ¼ ð150� 20,5Þmm ¼ 129,5 mm ; l42 ¼ 167,7 � 102 mm2

Iges ¼ ½2 ð1,67þ 20 � 240Þzfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{9603

þð2250þ 30 � 0Þ þ 4 ð52,6þ 11,9 � 167,7Þ � 104 mm4

¼ 2 � 108 mm4

¼

e) W ¼ Igese

¼ 2 � 108 mm4

1,6 � 102 mm¼ 1,25 � 106 mm3

Obwohl die Einzelflachenmomente I1 und I2 der Gurtplatten nur je 1,67 � 104 mm4 betragen,tragen sie doch den großten Anteil (� 9600 � 104 mm4 � 108 mm4) zum Iges bei, einfach des-halb, weil sie am weitesten von der Bezugsachse 0––0 entfernt liegen.

Daraus erkennt man:

Es kommt beim Flachenmoment 2. Grades eines Querschnitts nicht auf den Flacheninhalt,sondern auf die Flachenform an, d. h. es muss moglichst viel Werkstoff moglichst weit von derBezugsachse entfernt liegen, wenn der Querschnitt ein großes Flachenmoment haben soll.Weiter kann man sagen: Bohrungen in Schwerpunktsnahe haben nur geringen Einfluss; siemindern das Flachenmoment 2. Grades nur geringfugig.

Aufgaben Nr. 766–808

5.7 Flachenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 319

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5.8 Beanspruchung auf Torsion

Die folgenden Herleitungen und Berechnungsgleichungen gelten fur rotationssymmetrischeQuerschnitte (Kreise und Kreisringe). Fur andere Querschnitte siehe Tabelle 5.2, Seite 310.

5.8.1 SpannungsverteilungEine Welle wird durch das Drehmoment M aufTorsion (Verdrehung) beansprucht. Ein achsparal-lel angebrachter Kreidestrich geht dabei in eineSchraubenlinie uber. Man legt einen Schnitt recht-winklig zur Stabachse und stellt durch das innereTorsionsmoment MT ¼ M das Gleichgewicht amStabteil I wieder her. Die Mantelgerade AB ist zurSchraubenlinie AC geworden. Die Schnittufer wer-den demnach drehend gegeneinander verschoben.Es entsteht eine in der Flache wirkende Schub-spannung. Sie heißt Torsionsspannung tt.

Im Gegensatz zur Zug-, Druck- und Abscher-beanspruchung werden die Werkstoffteilchen beider Torsionsbeanspruchung nicht gleich stark ver-formt. Dementsprechend wird sich auch eine ande-re Spannungsverteilung uber dem Querschnitt ein-stellen mussen. Verformungs- und Spannungsbildgeben daruber Aufschluss.

Das Verformungsbild des Schnittufers zeigt, dassdie Stoffteilchen umso weiter drehend gegen-einander verschoben werden, je weiter sie vonder Wellenachse entfernt liegen. Man sieht, dassTeilchen B auf dem Bogen b nach C gewandertist, d. h. die starkste Verdrehung stellt sich amQuerschnittsumfang ein. Im Abstand r von derWellenachse ist die Verdrehung schon geringer(B 0 wandert auf Db nach C 0). Die Wellenachse 0selbst ist unverformt.

Im elastischen Bereich ist die Verformung derSpannung proportional (siehe Hooke’sches Gesetz,5.2.3.4, Seite 281), d. h. die Spannung muss imQuerschnitt ebenso verteilt sein wie die Verfor-mung. Man spricht von einer linearen Spannungs-verteilung: Die Wellenachse ist unverformt, alsospannungsfrei. Die Spannung wachst mit r biszum Hochstwert tmax am Querschnittsumfang(Randspannung). Mit dieser Randspannung mus-sen die Festigkeitsrechnungen erfolgen.

Torsionsbeanspruchte Welle

Verformungsbild

Die Verformungen wachsen linear mit demAbstand von der neutralen Faser:

Db

b¼ r

r

Nach Hooke sind die Verformungen denSpannungen proportional:

Db

b¼ t

tmaxund folglich

t

tmax¼ r

r

Daraus ergibt sich die Spannung t an einerbeliebigen Stelle:

t ¼ tmaxr

r

Spannungsbild

5 Festigkeitslehre320

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Bei Torsion erhalten die Randfasern die starksteBeanspruchung, die Wellenachse ist span-nungslos. Daher kann die Wellenachse auchzentrisch ausgebohrt werden.

5.8.2 Herleitung der Torsions-Hauptgleichung

Das Flachenteilchen DA im Abstand r von derWellenachse (Spannungsbild) ubertragt die imQuerschnitt liegende Teilkraft DF. Unter der An-nahme, daß die Spannung t uber dem (sehr kleingedachten) Flachenteilchen DA gleichmaßig ver-teilt ist (wie beim Abscheren), kann manDF ¼ DAt schreiben.

Die Teilkraft DF wirkt in Bezug auf die Wellen-achse drehend am Hebelarm r. Sie erzeugt alsoein „kleines“ Torsionsmoment DMT ¼ DFr.

Mit der Spannung t kann man nichts anfangen;dagegen wird die Randfaserspannung tmax ge-braucht, denn durch sie wird der Werkstoff amstarksten beansprucht. Man ersetzt daher t durchdie aus dem Spannungsbild abgelesene Beziehungt ¼ tmaxr=r und erhalt damit eine erweiterteGleichung fur das Torsionsmoment DMT.

Die Summe dieser kleinen Torsionsmomente istdas im Querschnitt wirkende (innere) Torsions-moment MT.

Die gleich bleibenden Großen tmax und r konnenvor das Summenzeichen gesetzt werden.

Der Summenausdruck SDAr2 ist das schon be-kannte polare Flachenmoment 2. Grades Ip; derAusdruck Ip=r ist das polare WiderstandsmomentWp. Nur wegen der einfachen Schreibweise wirdtmax ¼ tt eingesetzt. tt ist also ab jetzt immer dieRandfaserspannung, die großte Spannung imQuerschnitt.

Hinweis: Vor allem im Fahrzeugbau wirdder Konstrukteur Hohlwellen vorsehen(Leichtbau).

DF ¼ DAt

DMT ¼ DFr ¼ DAtr

DMT ¼ DAtr ¼ DAtmax � rrr

DMT ¼ tmax

rDAr2

MT ¼ SDMT

MT ¼ SDMT ¼ Stmax

rDAr2

MT ¼ tmax

rSDAr2

SDAr2 ¼ Ip (siehe 5.7.2, Seite 304)

Ipr¼ Wp

MT ¼ ttIpr¼ ttWp

5.8 Beanspruchung auf Torsion 321

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Die gefundene Gleichung lost man nach der Span-nung auf und erhalt so die gesuchte Tor-sions-Hauptgleichung.

Torsionsspannung tt ¼ Torsionsmoment MT

polares Widerstandsmoment Wptt ¼ MT

Wp

tt MT Wp

N

mm2Nmm mm3

Torsions-Hauptgleichung

Am haufigsten werden Kreisring- und Kreisquer-schnitte zu berechnen sein. Wird aus Torsions-moment MT und zulassiger Torsionsspannung tt zuldas erforderliche Widerstandsmoment Wp erf ermit-telt, dann lassen sich mit den Gleichungen inTabelle 5.2, Seite 310, die erforderlichen Durch-messer (d, da, di) berechnen. Ob dabei mit den ge-nauen Gleichungen oder mit den abgerundeten Be-ziehungen gerechnet wird, ist gleichgultig.

Statt zuerst Wp erf und daraus erst den Durchmesserzu bestimmen, kann man auch sofort eine Glei-chung fur den erforderlichen Durchmesser ent-wickeln. Das wird in den folgenden Lehrbeispie-len vorgefuhrt.

Das die Welle beanspruchende TorsionsmomentMT ist gleich dem von der Welle zu ubertragendenDrehmoment M.

Das Drehmoment M wird entweder mit derGroßengleichung P ¼ Mw oder mit der im Ma-schinenbau gebrauchlichen Zahlenwertgleichungbestimmt. Dann sind die im Einheitenraster ange-gebenen Einheiten zu benutzen. Bei der Großen-gleichung ist man von dieser Bedingung frei.

Die Zahlenwertgleichung ist hier zugeschnittenauf die Einheit Nm fur das Drehmoment M, wenndie Leistung P in kW und die Drehzahl n in min�1

eingesetzt werden.

Je nach vorliegender Aufgabe wird dieTorsions-Hauptgleichung umgestellt:

Wp erf ¼ MT

tt zulerforderlichesWiderstandsmoment

tt vorh ¼ MT

Wp� tt zul vorhandene

Spannung

MTmax ¼ Wptt zulmaximalesTorsionsmoment

MT ¼ M

M ¼ P

ww ¼ 2pn

Großengleichung zwischen Drehmoment M,Leistung P und Winkelgeschwindigkeit w

M ¼ 9550P

n

M P n

Nm kW min�1

Zahlenwertgleichung mit P in kW und n inU/min ¼ 1/min ¼ min�1

5 Festigkeitslehre322

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5.8.3 Formanderung bei Torsion

Zwei benachbarte Querschnitte einer Welle werdendurch Torsionsbeanspruchung gegeneinander ver-dreht. Bringt man vor der Verformung auf der Wel-le mit der Wellenlange l den Kreidestrich AB an,dann wird daraus nach der Verformung die Schrau-benlinie AC. Zugleich dreht sich der Radius OBum den Kreismittelpunkt O in die Stellung OC,das heißt, die beiden Stirnflachen der Welle habensich um den Verdrehwinkel j gegeneinander ver-dreht.

Die starkste Verformung zeigt die Randfaser: DasStoffteilchen in B durchlauft die Formanderung b

(Bogen BC_

).

Im Bereich der elastischen Formanderung giltauch bei Torsion das Hooke’sche Gesetz, in dasdie entsprechenden Großen der Torsionsbeanspru-chung eingesetzt werden. Man setzt fur

Zugspannung s ) Torsionsspannung tt

Formanderung Dl ) Formanderung b

Stablange l0 )Wellenlange l

Stoffkonstante E ) Stoffkonstante G

(Elastizitatsmodul) (Schubmodul)

Das Bogenstuck BC_ ¼ b ist vom Radius r abhan-

gig. Es ist einfacher, mit dem Verdrehwinkel j inGrad zu rechnen. Zwischen b und j besteht eineBeziehung, die man aus der Skizze fur die Form-anderung (oben) ablesen kann.

Es wird nun in die Gleichung j ¼ b � 180�=pr derWert b ¼ tt l=G nach dem Hooke’schen Gesetzeingesetzt.

Fur tt kann man auch tt ¼ MT=Wp und furWp r ¼ Ip einsetzen und damit drei Formande-rungsgleichungen fur Torsionsbeanspruchung ent-wickeln.

Man erkennt aus den Gleichungen, dass bei Stahl-wellen der Verdrehwinkel j unabhangig von derWerkstoffgute ist, denn der Schubmodul G ist furalle Stahlsorten gleich groß (siehe Tabelle 5.8,Seite 384).

Formanderungbei Torsions-beanspruchung

tt ¼ b

lG , s ¼ Dl

l0E

Hooke’schesGesetz furTorsion

Hooke’schesGesetz furZug/Druck

Beachte: Der Schubmodul G entsprichtdem Elastizitatsmodul (siehe Tabelle 5.8,Seite 384) und Abschnitt 5.6.2, Seite 296):

GStahl ¼ 80000 N/mm2

EStahl ¼ 210000 N/mm2

b

2pr¼ j

360�

j ¼ b � 360�2pr

¼ b

r� 180

p

j ¼ b

r� 180

p

j ¼ ttl

Gr� 180

p

j ¼ tt l

Gr� 180

p

j tt, G l , r MT

� N

mm2 mm Nmm

j ¼ MT l

Wp rG� 180

p

j ¼ MT l

IpG� 180

p

Wp Ip

mm3 mm4

5.8 Beanspruchung auf Torsion 323

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5.8.4 Formanderungsarbeit Wf

Bei der Beanspruchung einer Welle auf Torsionsteigt das Torsionsmoment MT von null bis zu ei-nem Hochstwert proportional zum Verdrehwinkelan. Dabei wird in der Welle eine Formanderungs-arbeit Wf gespeichert. Die Gleichung dafur liestman wieder aus dem Arbeitsdiagramm als Flacheunter der Belastungskurve ab. Das Arbeitsdia-gramm oder Federungsdiagramm entsteht, wennuber dem Verdrehwinkel j das TorsionsmomentMT aufgetragen wird.

Geht die Belastung von null aus, dann ist die Fla-che unter der Federkennlinie ein Dreieck und esgilt Wf ¼ MTj=2. Bei vorbelasteter Feder ergibtsich eine Trapezflache mit entsprechender Fla-chenformel.

Die Neigung der Federkennlinie ist ein Maß furdie „Harte“ oder „Weichheit“ der Feder. Eine Fe-der ist umso weicher, je flacher die Kennlinie ver-lauft oder, rechnerisch ausgedruckt, je kleiner dieFederrate R ist. Sie entspricht dem Tangens desNeigungswinkels a (siehe Arbeitsdiagramm).

Fur Torsionsstabfedern von kreisformigem Quer-schnitt kann man wie fur die Zugfedern auf Seite283 die Gleichung fur die Formanderungsarbeitweiter entwickeln, indem fur MT ¼ ttWp (Torsi-ons-Hauptgleichung) und fur Wp ¼ pd3=16 (Ta-belle 5.2. Seite 310) eingesetzt wird.

Mit der Formanderungsgleichung fur den Verdreh-winkel j erhalt man die endgultige Form der ge-suchten Beziehung fur Wf.

Solange die Torsionsbeanspruchung im elastischen Bereich liegt, wird die im Werkstoffgespeicherte Arbeit bei Entlastung wieder vollstandig frei. Torsions- oder Drehstabfedern ver-wendet man z. B. als Wagenfeder oder Drehstab-Stabilisator im Kraftfahrzeugbau, fur Dreh-momentenschlussel zum Anziehen von Schrauben und Muttern oder im Messgeratebau.

Aufgaben Nr. 809–833

Verdrehwinkel0

Torsionsmoment

Belastungslinie=Federkennlinie

f

MT

a

Dreieckfläche =

W =fM

2T f

Arbeitsdiagramm fur Torsionsstabfedern imGultigkeitsbereich des Hooke’schen Gesetzes(MT � j)

Wf ¼ MTj

2

Formanderungs-arbeit(Federarbeit)

R ¼ MT

j¼ tan a

Federrate

MT ¼ ttWp Wp ¼ pd3

16¼ pd2

4

d

4

j ¼ tt l

Gd

2

pd2

4l ¼ Volumen V

Wf ¼ MTj

2¼ ttA

d

4

tt l

Gd

22¼ tt

2V

4G

Wf ¼ MTj

2¼ tt

2V

4G

Formanderungs-arbeit(Federarbeit),vergleiche mitSeite 283

Wf MT j R

J Nm rad ¼ 1Nm

rad

5 Festigkeitslehre324

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Lehrbeispiel: Torsionsstabfeder

Aufgabenstellung:

Eine Torsionsstabfeder soll fur folgendeEinbaugroßen berechnet werden:

l1 ¼ 400 mm

l ¼ 600 mm

F ¼ 2500 N

Werkstoff mit tt zul ¼ 320N

mm2 G ¼ 80 000N

mm2

Es sind zu berechnen:

a) Federdurchmesser d bei Vollprofilb) Federweg fc) Außendurchmesser D und Innendurchmesser d fur Rohrquerschnitt der Feder mit

Dd

¼ 108

d) Federweg f’ fur Rohrquerschnitt.

Losung:

a) Federdurchmesser d: MT ¼ F l1 ¼ 2500 N � 400 mm ¼ 106 Nmm

tt ¼ Mt

WpWp ¼ pd3

16

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi16MT

p tt zul

3

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi16 � 106 Nmm

p � 320 Nmm2

3

vuuut ¼ 25,2 mmgewahlt :d ¼ 25 mm

b) Federweg f: Ip ¼ pd4

32¼ p � 254

32mm4 ¼ 3,83 � 104 mm4

j ¼ MT l

IpGj ¼ 106 Nmm � 0,6 � 103 mm

3,83 � 104 mm4 � 8 � 104 Nmm2

¼ 0,196 rad

f ¼ jl1 ¼ 0,196 � 400 mm ¼ 78,4 mm

c) Rohrquerschnitt: Wp erf ¼ MT

tt zul¼ 106 Nmm

320N

mm2

¼ 3,125 � 103 mm3 d ¼ 0,8 D

Wp ¼ p

16� D

4 � d4

DWp erf ¼ p

16� D

4 � d4

D¼ p

16� D

4 � ð0,8DÞ4D

¼ p

16� D

4ð1� 0,84ÞD

¼ 0,116 D 3

Derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3,125 � 103 mm3

0,1163

s¼ 29,98 mm

gewahlt :D ¼ 30 mmd ¼ 0,8 D ¼ 24 mm

d) Federweg f’: Ip ¼ pðD4 � d4Þ32

¼ pð304 � 244Þmm4

32¼ 4,695 � 104 mm4

Ip ¼ p

32� ðD4 � d4Þ j ¼ MT l

IpG¼ 106 Nmm � 0,6 � 103 mm

4,695 � 104 mm4 � 8 � 104 Nmm2

¼ 0,16 rad

f 0 ¼ jl1 ¼ 0,16 � 400 mm ¼ 64 mm

Stellung beiungespannter Feder

Feder

Fl

l1

f

5.8 Beanspruchung auf Torsion 325

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Lehrbeispiel: Verdrehwinkel (Drehmomentschlussel)

Aufgabenstellung

Ein Torsionsstab-Messgerat soll bei einem Torsionsmomentvon MT ¼ 8 Nm einen Verdrehwinkel von j ¼ 35� anzeigen.Werkstoff 42CrMo4 mit tt zul ¼ 400 N/mm2.

Bestimme:

a) Stabdurchmesser db) Stablange l

Losung:

a) Stabdurchmesser d:

tt ¼ MT

WpWp erf ¼ MT

tt zul¼ 8 � 103 Nmm

400N

mm2

¼ 20 mm3

Wp ¼ pd3

16derf ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi16Wp erf

p

3r

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi16 � 20 mm3

p

3r

derf ¼ 4,67 mm

gewahlt : d ¼ 4,8 mm

b) Stablange l aus der Verdrehwinkel-Gleichung:

G ¼ 8 � 104 Nmm2 Ip ¼ pd4

32¼ p � 4,84 mm4

32¼ 52 mm4

j ¼ MT l

GIp� 180

pl ¼ pjGIp

180 �MT¼

p � 35� � 8 � 104 Nmm2 � 52 mm4

180 � � 8 � 103 Nmm¼ 317,65 mm

5 Festigkeitslehre326

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5.9 Beanspruchung auf Biegung

5.9.1 Spannungsarten und inneres Kraftesystem bei Biegetragern

Der skizzierte Stab wird durch die Kraft F auf Bie-gung beansprucht. Die vor der Belastung geradeStabachse verformt sich zur Biegelinie.

Auf Biegung beanspruchte gerade stabformigeBauteile wie Achsen, Wellen, Hebel nennt manTrager oder auch Balken.

An einer beliebigen Stelle der Tragerlange l legtman den Schnitt x––x rechtwinklig zur Stabachseund bringt im Schnittflachenschwerpunkt dasjeni-ge innere Kraftesystem an (Fq und Mb), das denRestteil I ins Gleichgewicht setzt.

Nach der Berechnung der Stutzkrafte FA ¼ 500 Nund FB ¼ 1500 N ergibt die Untersuchung desKraftegleichgewichts fur Tragerteil I:

SFy ¼ 0 ¼ þFA � Fq Fq ¼ FA ¼ 500 N

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ �FA x þMb

Mb ¼ FA x ¼ 500 N � 1,2 m ¼ 600 Nm

Der Querschnitt hat demnach wegen SFy ¼ 0 diein der Flache liegendeQuerkraft Fq ¼ FA ¼ 500 Nzu ubertragen. Die Querkraft Fq ruft die Schub-spannung t hervor.

Aus SMðSPÞ ¼ 0 ergibt sich weiter, dass der Quer-schnitt noch das rechtwinklig zur Flache wirkendeBiegemoment Mb ¼ FA x ¼ 600 Nm zu ubertragenhat.

Die Lage der großten Durchbiegung fmax wirddurch die Lange xm bestimmt:

xm ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðl 2 � l22Þ=3p ¼ 2,23 m

Bei Biegung muss der Querschnitt eine Quer-kraft Fq und ein Biegemoment Mb ubertragen.Das Biegemoment belastet den Querschnitt amstarksten; es erzeugt Biegespannungen sb:

Inneres Kraftesystem bei Biegung

Hinweis: Das BiegemomentMb ruft im Quer-schnitt die Normalspannung s hervor, weiles dem in Normalenrichtung auf der Flachestehenden Kraftepaar FN entspricht. DieseNormalspannung heißt Biegespannung sb

und besteht aus Zug- und Druckspannungen,entsprechend den beiden Normalkraften FN

(Zug- und Druckkraft).

Hinweis: Bei langen Staben ist der Einflussder Querkraft gering, d. h. die Schubspan-nung t kann daher meist vernachlassigt wer-den. Bei kurzen, dicken Staben ist zu prufen,ob der Wert zulassig ist.

F

FBFA

x

x

FAFN

FN

Mb Mb

Fq Fq

SP SP

x = 1,2 m

l = 4 m

l1 = 3 m l2 = 1 m

F = 2000 N

A B

Biegelinie

(l - l )/3 = 2,23 m222

-Stellefmaxx =m

F

FBFA

x

x

x = 1,2 m

xm

5.9 Beanspruchung auf Biegung 327

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5.9.2 Bestimmung der Biegemomente undQuerkrafte an beliebigen Tragerstellen

Das Biegemoment Mb fur eine beliebige Stelle langs des Biegetragers erhalt man als Momen-tensumme fur die Schnittstelle am linken oder rechten Tragerteil; ebenso erhalt man die Quer-kraft Fq als Kraftsumme an einem der beiden Teile. Am besten wird Schritt fur Schritt nachfolgendem Arbeitsplan vorgegangen:

Man schaut von der Schnittstelle aus nach links(oder rechts) und addiert die Momente. Das Er-gebnis ist das im Querschnitt wirkende Biege-moment Mb:

Man schaut von der Schnittstelle aus nach links(oder rechts) und addiert die Querkrafte.Das Ergebnis ist die im Querschnitt wirkendeQuerkraft Fq.

5.9.3 Spannungsverteilung im Tragerquerschnitt bei Biegung

Die außere Kraft F biegt den Trager nach untendurch. Die vorher gerade Tragerachse wird einegekrummte Linie, auch Biegelinie oder „elastischeLinie“ genannt.

Zwei vorher parallele Schnitte ab; cd stellen sichbei Biegebelastung schrag gegeneinander: a 0b 0,c 0d 0. Dabei werden die oberen Werkstoff-Fasernverkurzt (Stauchung �e), die unteren dagegen ver-langert (Dehnung þe), so wie es das Verformungs-bild auf der folgenden Seite zeigt.

Hinweis: Dieser Merksatz veranschaulichtden dritten und vierten Schritt im Arbeits-plan. Da sich Biegemoment und Querkraftlangs des Tragers andern, mussen mehrereSchnittstellen untersucht werden. Zweck-maßig legt man die Schnitte in die Wirkliniender Belastungskrafte.

Biegebeanspruchter Trager (Biegetrager)

Arbeitsplan zur Biegemomenten- und Querkraftbestimmung:

Freimachen des Biegetragers. 1. Schritt

Bestimmung der Stutzkrafte mit den drei statischen Gleichgewichts-bedingungen (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0).

2.Schritt

Momentensumme fur die gewahlte Schnittstelle bilden. Damit ergibt sich dasdort vorhandene Biegemoment Mb.

3. Schritt

Kraftsumme fur die gewahlte Schnittstelle bilden (nur Querkrafte nehmen).Damit ergibt sich die dort vorhandene Querkraft Fq.

4. Schritt

5 Festigkeitslehre328

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Zwischen den oberen (gestauchten) und den unte-ren (gestreckten) Stoffteilchen muss eine Faser-schicht liegen, die sich weder verkurzt noch ver-langert, die ihre Lange also beibehalt. Das ist die„neutrale Faserschicht“, bei der �e ¼ 0 ist. Siegeht durch den Schwerpunkt SP der Schnittflache.

Nach dem Hooke’schen Gesetz sind im elastischenBereich die Spannungen ebenso verteilt wie dieFormanderungen. Wie die Langenanderung wachstauch die Spannung von der neutralen Faserschicht(Nulllinie) nach oben und unten gleichmaßig. DieSpannung verteilt sich linear. Die neutrale Faser-schicht ist unverformt, also auch spannungslos.Die Spannung wachst mit dem Abstand y von derneutralen Faser bis zum Hochstwert þsmax (Zug-spannung) und �smax (Druckspannung). Genauwie bei der Torsion muss man also auch bei derBiegung mit der Randspannung smax rechnen, wo-bei die Unterscheidung zwischen þsmax als groß-ter Zugspannung und �smax als großter Druck-spannung nur bei solchen Werkstoffen notwendigist, die auf Zug und Druck unterschiedlich reagie-ren, z. B. Gusseisen.

Bei Biegung erhalten die Randfasern die stark-ste Beanspruchung, die neutrale Faserschichtist spannungslos, Bohrungen in Schwerpunkts-nahe schaden daher nicht. Biegespannungensind Zug- und Druckspannungen (Normalspan-nungen). Sie sind linear uber dem Querschnittverteilt.

5.9.4 Herleitung der Biege-Hauptgleichung

Das Flachenteilchen DA im Abstand y von derx-Achse (Schwerachse) ubertragt die rechtwinkligauf dem Querschnitt stehende Teilkraft DF. Unterder Annahme, dass die Spannung s gleichmaßiguber dem Flachenteilchen DA verteilt ist (wie beiZugbeanspruchung), kann man fur DF ¼ DAsschreiben.

Verformungsbild

Die Verformungen wachsen linear mit demAbstand von der neutralen Faserschicht.Nach Hooke sind die Verformungen denSpannungen proportional, also wachsen auchdie Spannungen linear mit dem Abstand vonder neutralen Faserschicht. Wie das Span-nungsbild zeigt, ist

s

smax¼ y

e

Daraus ergibt sich fur die Spannung s aneiner beliebigen Stelle:

s ¼ smaxy

e

Spannungsbild

5.9 Beanspruchung auf Biegung 329

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Die Teilkraft DF wirkt in Bezug auf die x-Achsedrehend am Hebelarm y, sie erzeugt also ein „klei-nes“ Innenmoment DMi ¼ DF y.

Die Spannung s andert ihren Betrag mit dem Ab-stand y. Fur die Hauptgleichung braucht man dieRandfaserspannung smax, weil sie den Werkstoffam starksten beansprucht. Es wird daher s durchdie aus dem Spannungsbild abgelesene Beziehungs ¼ smax y=e ersetzt.

Die Summe der kleinen Innenmomente DMi haltdem einwirkenden Biegemoment Mb das Gleich-gewicht.

Die gleichbleibenden Großen smax und Randfaser-abstand e konnen vor das Summenzeichen gesetztwerden.

Der Summenausdruck SDAy2 ist das schon be-kannte axiale Flachenmoment 2. Grades I, derAusdruck I=e ist das axialeWiderstandsmomentW .Die gefundene Gleichung lost man nach der Span-nung auf und erhalt so die gesuchte Biege-Haupt-gleichung.

Biegespannung sb ¼ BiegemomentMb

axialesWiderstandsmomentW

Hat man aus Biegemoment und zulassigerBiegespannung das erforderliche axiale Wider-standsmoment Werf berechnet, konnen mit denGleichungen aus Tabelle 5.1, Seite 308, die Quer-schnittsmaße festgelegt werden.

Bei Tragern mit konstantem Querschnitt, z. B. beiallen Profilstahlen, reicht die Bestimmung desmaximalen Biegemomentes aus. Dagegen ist esbei abgesetzten Bauteilen notig, das Biegemomentfur samtliche �bergangsstellen zu ermitteln und zugarantieren, dass sb vorh � sb zul ist.

DMi ¼ DFy ¼ DAs y

DMi ¼ DAs y ¼ DAsmaxy

ey

DMi ¼ smax

eDAy 2

Mb ¼ SDMi ¼ Ssmax

eDAy 2

Mb ¼ smax

eSDAy 2

Mb ¼ sbI

e¼ sbW

Hinweis: Nur wegen der einfacheren Schreib-weise wird sb, statt smax geschrieben. sb istalso immer die Randfaserspannung, diegroßte Spannung im Querschnitt.

sb ¼ Mb

W

Biege-Haupt-gleichung

Je nach vorliegender Aufgabe wird die Biege-Hauptgleichung umgestellt:

Werf ¼ Mb max

sb zul

erforderlichesWiderstandsmoment

sb vorh ¼ Mb max

W� sb zul

vorhandeneSpannung

Mb max ¼ Wsb zulmaximalesBiegemoment

sb Mb W

N

mm2Nmm mm3

5 Festigkeitslehre330

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5.9.5 Spannungsverteilung im unsymmetrischen Querschnitt

Das skizzierte T-Profil (z. B. nach DIN EN 10025)ist zur y-Achse symmetrisch, zur x-Achse jedochunsymmetrisch. Es gibt dann zwei verschiedengroße Randfaserabstande e1 6¼ e2 und damit auchdie beiden unterschiedlichen WiderstandsmomenteW1 und W2.

Aus der Beziehung Ix=e1 ¼ W1 erhalt man im Bei-spiel des T-Profils die großte Zugspannung, diekleiner sein muss als sz zul.

Aus der Beziehung Ix=e2 ¼ W2 erhalt man diegroßte Druckspannung, die kleiner sein muss alssd zul.

�bung: Aus der Profilstahltabelle fur das T-ProfilT80 ist abzulesen: Ix ¼ 73,7 � 104 mm4, Rand-faserabstand e1 ¼ 22,2 mm, damit wird e2 ¼ð80�22,2Þmm ¼ 57,8 mm. Fur das zu ubertra-gende Biegemoment Mbx ¼ 520 Nm sind die bei-den Randfaserspannungen (sb1, sb2) zu berechnen.

5.9.6 Gultigkeitsbedingungen fur die Biege-Hauptgleichung

Die Biegehauptgleichung sb ¼ Mb=W gilt unterfolgenden Voraussetzungen:

1. Die Stabachse ist gerade, also nicht gekrummtwie z. B. beim Kranhaken.

2. Die Belastungen F liegen in einer Ebene, diedurch die Stabachse geht. Das ist gleichzeitigdie Ebene, in der die Biegemomente wirken.

3. Die Querschnitte bleiben bei der Beanspru-chung eben.

4. Fur den Werkstoff gilt das Hooke’sche Gesetz.

5. Der Elastizitatsmodul ist fur Zug- und Druck-beanspruchung gleich groß (wie bei Stahl).

6. Die Spannungen bleiben unter der Proportiona-litatsgrenze sP (siehe Seite 374).

Spannungsverteilung im unsymmetrischenQuerschnitt

sz max ¼ Mbx e1Ix

¼ Mb

W1

großteZugspannung

sd max ¼ Mbx e2Ix

¼ Mb

W2

großteDruckspannung

Losung:

sb1 ¼ Mbx � e1Ix

¼ 520 � 103 Nmm � 22,2 mm

73,7 � 104 mm4

sb1 ¼ 15,7N

mm2

sb2 ¼ Mbx � e2Ix

¼ 520 � 103 Nmm � 57,8 mm

73,7 � 104 mm4

sb2 ¼ 40,8N

mm2

Rechtecktrager, biegebeansprucht

5.9 Beanspruchung auf Biegung 331

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5.9.7 �bungen zur Berechnung des Biegemomenten- und Querkraftverlaufsbei den wichtigsten Tragerarten und Belastungen

Man unterscheidet Freitrager und Stutztrager.

Ein typischer Freitrager ist z. B. das angeschweißteKonsolblech.

Stutztrager sind z. B. alle zwei- oder mehrfach anden Tragerenden gelagerte Achsen oder Wellen.Ein Stutztrager wird als Kragtrager bezeichnet,wenn er mit einem oder mit beiden Enden uber dieLagerstelle hinausragt.

5.9.7.1 Freitrager mit Einzellast

Eine Blattfeder wird nach Skizze im Abstandl ¼ 120 mm von der Einspannstelle B durch dieFederkraft F ¼ 100 N biegend und abscherendbelastet.

Es wird der Biegemomenten- und Querkraftverlauf(Mb- und Fq-Linie) gesucht. Dazu lasst man eineSchnittebene x––x von A nach B wandern und er-mittelt von dort aus Biegemoment Mb und Quer-kraft Fq nach dem Arbeitsplan Seite 328 (3. und4. Schritt).

Fur die eingezeichnete Schnittebene x––x im Ab-stand x vom Kraftangriffspunkt A erhalt man dieFunktionsgleichung fur

a) das Biegemoment MbðxÞ ¼ F x und fur

b) die Querkraft FqðxÞ ¼ F

In einemMb, x-Diagramm istMbðxÞ ¼ F x die Glei-chung einer mit zunehmendem Abstand xansteigenden Geraden. Das Biegemoment MbðxÞwachst also proportional von null bis zum Großt-wert Mb max an der Einspannstelle B.

Dort betragt bei x ¼ l ¼ 120 mm das BiegemomentMb max ¼ F l ¼ 100 N � 120 mm ¼ 12 000 Nmm ¼¼ 12 Nm.

Tragerarten: Freitrager, Stutztrager,Kragtrager

Lageskizze einer Blattfeder als Freitrager mitEinzellast

Fur den Freitrager mit Einzellast gelten dieFunktionsgleichungen:

MbðxÞ ¼ Fx

FqðxÞ ¼ F

Mb, x-Diagramm

Mb max ¼ F l

Maximales Biegemoment

5 Festigkeitslehre332

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Die Querkraft Fq ist an jeder Tragerstelle gleichgroß: Fq ¼ F ¼ 100 N. Daher hat die Querkraft-flache im Fq, x-Diagramm Rechteckform mit demFlacheninhalt Aq ¼b F l.

Das ist exakt die Gleichung fur das im Einspann-querschnitt zu ubertragende maximale Biege-moment. Gleiches gilt fur das Biegemoment MbðxÞan der Schnittstelle x � x: AqðxÞ ¼b MbðxÞ ¼ F x.

Von links nach rechts fortschreitend (A ! B)lasst sich fur jeden Tragerquerschnitt die Glei-chung fur das Biegemoment Mb aus der Fla-chenformel fur die Querkraftflache Aq ablesen(Querkraftsatz).

5.9.7.2 Freitrager mit mehreren Einzellasten

Der skizzierte Freitrager wird durch drei Einzel-krafte F1, F2, F3 belastet.

Gesucht werden die Biegemomente Mb1, Mb2, undMb3 fur die Kraftangriffsstellen, das maximale Bie-gemoment Mbmax in der Einspannstelle B und dieQuerkraftflache Aq.

Die Biegemomente werden nach dem Arbeitsplan(3. Schritt) berechnet:

Mb1 ¼ 0 an der Kraftangriffsstelle von F1.

Mb2 ¼ F1ðl1 � l2Þ an der Kraftangriffsstelle von F2:

Mb2 ¼ 30 kNm.

Mb3 ¼ F1ðl1 � l3Þ þ F2ðl2 � l3Þ:Mb3 ¼ 100 kNm

MbðBÞ ¼ Mbmax ¼ F1l1 þ F2l2 þ F3l3:

Mbmax ¼ 190 kNm

Diese Berechnungen lassen sich auch aus demFq-Diagramm ablesen. Das maximale Biegemo-ment Mb max entspricht dem Flacheninhalt Aq ges

der gesamten Querkraftflache.

Tragt man die berechneten Mb-Werte als Ordinatenin ein Mb, x-Diagramm ein, ergibt sich die Biege-linie.

Danach steigt das Biegemoment linear vonMb1 ¼ 0 auf Mb max an.

Fq, x-Diagramm

Aq ¼b Mb max

Mb max ¼ F lMaximales Biegemoment

Beachte: Dieser Satz von der Querkraftflachegilt fur alle Tragerarten und Belastungen.Vielfach genugt es den Querkraftverlauf an-nahernd maßstablich aufzuzeichnen.

Lageskizze des Freitragers mit Einzellasten

Fq, x-Diagramm

Mb max ¼ F1l1 þ F2l2 þ F3l3

Mb max ¼b Aq ges

Maximales Biegemoment

Mb, x-Diagramm

5.9 Beanspruchung auf Biegung 333

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5.9.7.3 Freitrager mit konstanter Streckenlast (gleichmaßig verteilte Streckenlast)

In einer Stahlbaukonstruktion wird ein Profilstahl-trager IPE 360 nach DIN 1025 verwendet. Der360 mm hohe Freitrager hat eine Eigengewichts-kraft von F 0 ¼ 560 N/m (siehe Formelsammlung).Das ist der typische Fall einer konstanten Stre-ckenlast F 0. Beim Profilstahltrager wird sie inNewton pro Meter (N/m) angegeben.

Gesucht werden wieder das maximale Biegemo-ment Mb max in der Einspannstelle B und die Quer-kraftflache Aq.

Zur Darstellung der Querkraftflache Aq verwendetman die Teilkrafte F0 und erhalt einen stufenformi-gen Querkraftverlauf. Bei feinerer Unterteilungder Streckenlast, z. B. in acht Teilstrecken, ergibtsich eine immer feinere Stufung, bis die Querkraft-flache Aq eine Dreieckflache wird.

Mit der Erkenntnis, dass der gesamte Flachen-inhalt Aq dem maximalen Biegemoment an derEinspannstelle entspricht, erhalt man die Glei-chung fur Mb max ¼ F l=2 ¼ F 0l 2=2.

Wie bei der Gesamtflache erhalt man auch mit derTeilflache AqðxÞ das im Schnitt x––x wirksame Bie-gemoment MbðxÞ.Die entsprechende Gleichung MbðxÞ ¼ F 0x2=2 istdie Funktionsgleichung zum Aufzeichnen desMb, x-Diagramms. Sie ist die Gleichung einer Pa-rabel, wie die Mb-Linie im skizzierten Mb,x-Diagramm zeigt.

Lageskizze desFreitragers mit konstanter Streckenlast

Fq, x-Diagramm

Mb max ¼ F 0 l2

2Mb max ¼b Aq

Maximales Biegemoment

x

0A B

x

Mb maxMb

Mb(x)

M , xb -Diagramm

M = F’b(x)x

2

2 M -Linieb

5 Festigkeitslehre334

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5.9.7.4 Freitrager mit Mischlast (Einzellast und konstante Streckenlast)

Bei Mischlast haben Biegetrager Strecken- undEinzellasten zu tragen. Diesen Fall zeigt derskizzierte Freitrager. Maße und StreckenlastF 0 ¼ 560 N/m sind dieselben wie bei der voran-gegangenen �bung in 5.9.7.3. Zusatzlich wird derTrager durch die Einzelkraft F1 ¼ 1500 N belastet.Sie wirkt im Abstand l1 ¼ 3 m vom Einspann-punkt B unter dem Winkel a ¼ 60� zur Trager-achse. Biegend wirkt aber nur die rechtwinklig zurTragerachse stehende Komponente F1 sin a.

Die waagerechte Komponente F1 cos a muss dieEinspannung in B aufnehmen (FBx ¼ F1 cos a).

Gesucht werden wieder eine Gleichung fur dasmaximale Biegemoment Mb max an der Einspann-stelle B des Tragers und die Querkraftflache Aq.

Mit den Angaben aus der Lageskizze wird das Fq,x-Diagramm gezeichnet.

Vom Punkt A an nach rechts fortschreitend setztman an die erste Streckenlast F 0 ¼ 560 N/m dieKraftkomponente F1 sin a ¼ 1299 N an. Danachfolgen auf ihren Wirklinien die restlichen dreiStreckenlasten und zum Abschluss die im Ein-spannquerschnitt B wirkende GleichgewichtskraftFBy ¼ F 0lþ F1 sin a.

Die gesamte Querkraftflache Aq setzt sich aus derDreieckflache Aq1 ¼b F 0l 2=2 und der Parallelo-grammflache F1 sin a l1 zusammen. Mb max an derEinspannstelle B entspricht dem Inhalt dieser bei-den Teilflachen. Es kann also die Berechnungs-gleichung sofort aufgeschrieben werden.

Die Gleichung fur Mb max kann auch auf anderemWeg gewonnen werden:

Man zeichnet die Querkraftflache nacheinanderfur den Trager mit konstanter Streckenlast F0 undfur die Einzelkraft F1 sin a. Der Grundgedankedazu: Der Trager wird erst allein mit der Strecken-last und danach allein mit der Einzelkraft belastet(�berlagerungsprinzip).

Lageskizze des Freitragers mit Mischlast

Fq, x-Diagramm

Aq ¼ Aq1 þ Aq2 ¼b Mb max

Mb max ¼ F 0l2

2þ F1 sin a l1

Maximales Biegemoment

Hinweis: Das Verfahren, Belastungen schritt-weise aufzusetzen, heißt �berlagerungsver-fahren (auch: �berlagerungsprinzip oderSuperpositionsprinzip).

5.9 Beanspruchung auf Biegung 335

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Zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagramms berechnetman einige MbðxÞ-Werte oder entwickelt die Funk-tionsgleichung fur den Graphen.

Fur Querschnitte von x ¼ 0 bis zur Lastangriffs-stelle von F1 gilt:

MbðxÞ ¼ F 0xx

2¼ F 0

2x2

An der Einspannstelle B gilt:

MbðxÞ ¼ F 0

2x2þF1 sin a½x � ðl� l1Þ�

Der Ausdruck F 0x2=2 weist auf einen parabo-lischen Kurvenverlauf hin.

Aufgaben Nr. 835–863

5.9.7.5 Stutztrager mit Einzellast

Wie bei Freitragern lassen sich auch fur Stutztragerfur jeden Querschnitt x Biegemoment MbðxÞ undQuerkraft FqðxÞ berechnen (Arbeitsplan in 5.9.2).

Der skizzierte Stutztrager wird mit der EinzelkraftF ¼ 6000 N biegend belastet.

Mit Hilfe der GleichgewichtsbedingungenSFy ¼ 0 und SMðBÞ ¼ 0 werden die StutzkrafteFA ¼ 4000 N und FB ¼ 2000 N berechnet.

Fur die eingezeichneten Schnittstellen 1, 2 und 3berechnet man die Biegemomente Mb1, Mb2 undMb3. Fur jeden Schnitt zwischen dem LagerpunktA und der Kraftangriffsstelle ist das BiegemomentMbðxÞ ¼ �FAx. Das ist im Mb, x-Diagramm derGraph einer Geraden ðy ¼ mx mit m ¼ konstant).

Mb, x-Diagramm

Beispiel fur das maximale Biegemoment:

Mit x ¼ l wird

Mbðx¼lÞ ¼ F 0

2l 2 þ F1 sin a l1 ¼ Mb max

Mb max ¼ 560

2

N

m� 42 m2þ1500 N � sin 60� �3 m

Mb max ¼ 8377 Nm

Lageskizze des frei gemachten Stutztragersmit Einzellast F ¼ 6000 N

Mb1 ¼�FAx1 ¼�4000 N � 1 m¼�4000 Nm

Mb2 ¼�FAx2 ¼�4000 N � 2 m¼�8000 Nm

Mb3 ¼�FAx3þ Fðx3 � x2ÞMb3 ¼�4000 N � 4 mþ 6000 N � 2 mMb3 ¼�4000 Nm

Mb, x-Diagramm

5 Festigkeitslehre336

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Das Querkraftdiagramm wird aufgezeichnet: VonA nach B fortschreitend tragt man die aus dem La-geplan erkennbaren Krafte aneinander. Es ergebensich zwei gleich große Rechteckflachen uber undunter der Nulllinie:

Das Biegemoment MbðxÞ in jedem Tragerquer-schnitt entspricht der Flache links oder rechtsvom Schnitt.

Das großte Biegemoment Mb max liegt dort, wodie Querkraftlinie durch die Nulllinie geht. Gehtdie Querkraftlinie mehrfach durch null, mussfur alle Nulldurchgange das Biegemoment be-rechnet und soMb max bestimmt werden.

Greift die Einzelkraft in der Mitte des Tragers an,dann wird mit FA ¼ FB ¼ F=2 und l1 ¼ l=2 dasmaximale BiegemomentMb max ¼ ðF=2Þ ðl=2Þ¼ F l=4.

5.9.7.6 Stutztrager (Kragtrager) mit mehreren Einzellasten

Die Querkraftflache im Fq, x-Diagramm zeigt zweiNulldurchgange (1 und 2).

Um festzustellen, welche der beiden Querschnitts-stellen das maximale Biegemoment Mb max zuubertragen hat, fuhrt man eine Vergleichsrechnungdurch (ohne Berucksichtigung der Vorzeichen).

Fq, x-Diagramm

Mb max ¼b Aq

Mb max ¼ FAl1 � FBðl� l1ÞMaximalesBiege-moment

FA ¼ 4000 N FB ¼ 2000 N

Mb max ¼�FAl1 ¼�4000N � 2m¼�8000Nm

Mb max ¼ FBðl� l1Þ ¼ 2000N �4m¼ 8000Nm

Beachte: Beim Stutztrager mit Einzellastwirkt Mb max dort, wo die Einzelkraft angreift.Berechnet wird Mb max aus der Querkraft-flache rechts oder links vom Nulldurchgang.

Nulldurchgang 1:

Mb1 ¼b Aq1 ¼b FAl1Mb1 ¼ 9,583 kN � 2,5 mMb1 ¼ 23,958 kNm

5.9 Beanspruchung auf Biegung 337

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Das Biegemoment Mb1 erhalt man am einfachstenuber die Rechteckflache links vom Nulldurch-gang 1. ZurMb2-Berechnung wird die Flache rechtsvom Nulldurchgang 2 genommen.

Die Rechnung zeigt:

Das großte Biegemoment tritt im Nulldurchgang 2auf. Mb2 ¼ 40 kNm > Mb1 ¼ 23,958 kNm. Damithat man die Mb max-Stelle und den Betrag desmaximalen Biegemoments gefunden.

Zur Kontrolle kann die Flache links vom Null-durchgang 2 berechnet werden. Die algebraischeSumme der Flacheninhalte Aq1 und Aq3 mussgleich dem Flacheninhalt Aq2 sein.

Begrundung: Das Biegemoment Mb2 im linkenSchnittufer des Querschnitts 2 muss gleich demBiegemoment im rechten Schnittufer sein.

Die beiden Betrage haben entgegengesetztes Vor-zeichen (�40 kNm, þ40 kNm), weil fur denSchwerpunkt des Querschnitts SM ¼ 0 erfullt seinmuss.

Mb, x-Diagramm

Die Tragerstelle mit MbðxÞ ¼ 0 liegt zwischen denLagerpunkten A und B. Fur diese Schnittstellemuss die Summe der Querkraftflachen Aq1 undAqðxÞ gleich null sein.

Nulldurchgang 2:

Mb2 ¼b Aq2 ¼b F3l2Mb2 ¼ 20 kN � 2 m

Mb2 ¼ 40 kNm

Mb max ¼ Mb2 ¼ F3l2Mb max ¼ 40 kNm

Mb2 ¼ FAl1 � ðF1 � FAÞðl� l1Þ � F2l3

¼ ð9,583 � 2,5� ð25� 9,583Þ � 3,5� 10 � 1Þ kNmMb2 ¼ �40 kNm

Mb2 þMb2 ¼ 0

Mb2 ¼ �Mb2

Zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagrammswerden die Biegemomente an den Last-angriffsstellen berechnet:

Fur x ¼ l1 ist:

MbðxÞ ¼ �FAl1 ¼ �9,583 kN � 2,5 m

¼ 23,958 kNm

Fur x ¼ l� l3 ist:

MbðxÞ ¼ �F4ðl� l3Þ þ F1ðl� l3 � l1ÞMbðxÞ ¼ �9,583 kN � 5 mþ 25 kN � 2,5 m

MbðxÞ ¼ 14,585 kNm

Fur x ¼ l ist:

Mb2 ¼ �FAlþ F1ðl� l1Þ þ F2l3

Mb2 ¼ �9,583 kN � 6mþ 25 kN � 3,5mþ 10 kN � 1mMb2 ¼ 40 kNm ¼ Mb max

Aq1 ¼ AqðxÞFAl1 ¼ ðx � l1ÞðF1 � FAÞx ¼ FAl1

F1�FAþ l1 ¼ 9,583 kN � 2,5m

25 kN�9,583 kNþ2,5m

x ¼ 4,059 m

5 Festigkeitslehre338

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5.9.7.7 Stutztrager (Kragtrager) mit konstanter Streckenlast

Die Querkraftflache zeigt auch hier zwei Null-durchgange (1 und 2) wie beim vorhergehendenTrager.

Nur an einem der beiden kann Mb max auftreten.Auch hier lasst sich nicht sofort erkennen, welcheder beiden Querkraftflachen großer ist, Aq1 oderAq2. Daher mussen beide berechnet werden.

Eine Kathete des rechtwinkligen Dreiecks derQuerkraftflache Aq1 hat die Lange x. Sie kann ab-gemessen oder berechnet werden.

Zur Rechnung benutzt man hier die Tatsache, dassbeim Nulldurchgang, von links nach rechts gese-hen, die Querkraft gleich null geworden ist.

Nun lassen sich beide Querkraftflachen auswertenund damit das maximale Biegemoment und dessenLage bestimmen.

Die Vergleichsrechnung zeigt, dass das maximaleBiegemoment Mb max von 4410 Nm im linkenNulldurchgang 1 auftritt.

Beachte: Das Biegemoment Mb1 im Null-durchgang 1 berechnet man mit Blickrich-tung von 1 nach links und sieht Aq1. Fur denQuerschnitt 2 blickt man vom Lagerpunkt Baus nach rechts und sieht Aq2.

Vom Nulldurchgang 1 aus nach links gesehenergibt:

FA � F 0x ¼ 0

x ¼ FA

F 0 ¼4200 N

2000N

m

¼ 2,1 m

x ¼ 2,1 m

Mb1 ¼b Aq1 ¼ FAx

2¼ 4200 N � 2,1 m

2Mb1 ¼ 4410 Nm

Mb2 ¼b Aq2 ¼ F 0l1l12¼ F 0 l1

2

2

Mb2 ¼ 2000N

m� 4 m2

2¼ 4000 Nm < Mb1

Mb max ¼ Mb1 ¼ 4410 Nm

5.9 Beanspruchung auf Biegung 339

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Mb, x-Diagramm

Fur die beiden Nulldurchgange im Fq, x-Diagrammsollen die Biegemomente berechnet werden.

Fur die Schnittstelle 1 wurde x ¼ 2,1 m ermittelt.

Das Biegemoment in der Lagerstelle B wird mitx ¼ l1 ¼ 2 m berechnet.

Ein Verlgeich zeigt, dass im Tragerquerschnitt 1das großte Biegemoment auftritt: Mb1 > Mb2.

Zur Ermittlung der Schnittstelle fur den Nulldurch-gang der Mb, x-Kurve ist Mb ¼ 0 in die Gleichungfur die Schnittstelle 1 einzusetzen. Die Rechnungzeigt, dass im Tragerquerschnitt bei x ¼ 4,2 m dasBiegemoment gleich null ist.

Aufgaben Nr. 864–880

Im Gegensatz zum Freitrager (5.9.7.4) sindhier wegen des Stutzlagers B zwei Funktions-gleichungen zumAufzeichnen desMb, x-Dia-gramms erforderlich.

Fur die Mb-Werte zwischen 0 und B gilt mitBlick nach links in Richtung A in der Lage-skizze:

Mb1 ¼ F 0x2

2� FA x

Fur die Mb-Werte rechts von B gilt mit Blicknach rechts:

Mb2 ¼ F 0x2

2

In beiden Gleichungen erscheint der mathe-matische Ausdruck F 0x2=2. Die entsprechen-den Kurvenzuge mussen daher parabolischenVerlauf haben (siehe Mb, x-Diagramm).

Mb1 ¼ F 0x2

2� FA x

Mb1 ¼2000

N

mð2,1 mÞ2

2� 4200 N � 2,1 m

Mb1 ¼ �4410 Nm

Mb2 ¼ F 0x2

2000N

mð2 mÞ2

2

Mb2 ¼ �4000 Nm

Mb1 ¼ F 0x2

2� FAx ¼ 0

F 0x2

2� FA x ¼ 0; x x

F 0

2� FA

� �¼ 0; x 6¼ 0

x ¼ FA � 2F 0 ¼ 4200 N � 2

2000N

m

¼ 4,2 m

5 Festigkeitslehre340

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5.9.7.8 Stutztrager mit Mischlast (Einzellast und konstante Streckenlast)

Lageskizze mit Fq, x-Diagramm

Mb, x-Diagramm

Dieser Fall zeigt besonders deutlich, wie einfach sich Lage und Betrag von Mb max mit Hilfeder Querkraftflache bestimmen lassen.

Nachdem die Stutzkrafte berechnet wurden, kann der Querkraftverlauf aufgezeichnet werden.Bei nur einem Nulldurchgang liegt die Mb max-Stelle sofort fest. Das Maß x wird abgemessenoder berechnet. Damit lasst sich dann aus der Querkraftflache rechts oder links vom Nulldurch-gang Mb max berechnen.

Aufgaben Nr. 881–897

Zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagrammsgenugt es, die Mb-Werte fur die Querschnitteunter dem Lastangriff von F und an den bei-den Begrenzungen der Streckenlast F 0 zuberechnen:

MbðFÞ ¼ �FAl1 ¼ 3300 Nm

MbðlinksÞ ¼ �FA l� l2� l32

� �þ

þF l� l2� l32þ l1

� �¼ �4275 Nm

MbðrechtsÞ ¼ �FB l2 � l32

� �¼ 2625 Nm

Der Mb-Verlauf zwischen den Endpunktender Ordinatenwerte und den Nullpunkten Aund B muss liniear sein (siehe 5.9.7.1 und5.9.7.2). Dazwischen liegt der parabolischeKurvenzug fur denMb-Verlauf infolge derStreckenlast F 0 (siehe 5.9.7.3).

5.9 Beanspruchung auf Biegung 341

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5.9.8 Trager gleicher Biegespannung

5.9.8.1 Allgemeine Anformungsgleichung

Hat ein Biegetrager durchgehend gleichen Quer-schnitt (W ¼ konstant), dann hat im Normalfalljeder Querschnitt eine andere Biegespannung sb.Die Maximalspannung sbmax tritt nur in demQuerschnitt auf, der das maximale Biegemomentzu ubertragen hat.

Durch die so genannte Anformung erreicht man,dass jeder Querschnitt gerade so groß wird, wie eszur Aufnahme der zulassigen Biegespannung sb zul

erforderlich ist. Man hat dann einen Trager gestal-tet, der in allen Querschnitten die gleiche Biege-spannung aufweist.

Fur jeden beliebigen Querschnitt x gilt die Biege-Hauptgleichung sbx ¼ Mbx=Wx, mit BiegemomentMbx und dem Widerstandsmoment Wx. GleicheBiegespannung sbx ¼ sb zul werden dann erreicht,wenn dafur gesorgt wird, dass uberall der QuotientMbx=Wx gleich groß ist. Diese Bedingung fuhrt zurAnformungsgleichung in der allgemeinen Form.

5.9.8.2 Achsen und Wellen

Am Beispiel einer Radachse von kreisformigemQuerschnitt wird die Anformung von Achsen undWellen erlautert:

Die Einspannstelle hat das maximale BiegemomentMbmax ¼ F l zu ubertragen und der (beliebige)Querschnitt x�x das Biegemoment Mbx ¼ F lx.Die Anformung erfordert, dass der Quotient ausBiegemoment Mb und Widerstandsmoment W inallen Querschnitten gleich groß bleibt.

Fur die Mbmax-Stelle gilt Mbmax=Wmax ¼ sb zul, furjede beliebige Stelle Mbx=Wx ¼ sb zul, so dass manbeide Quotienten gleichsetzen kann.

Beim Kreisquerschnitt gilt fur das axiale Wider-standsmoment W ¼ 0,1d3. Wird dieser Ausdruckin die Ausgangsgleichung eingesetzt und außer-dem die beiden Biegemomente durch F l und F lxersetzt, dann erhalt man die gesuchte Anformungs-gleichung fur Achsen und Wellen mit kreisformi-gem Querschnitt.

sbx ¼ Mbx

Wx¼ sb zul ¼ konstant

Mbx1

Wx1¼ Mbx2

Wx2¼ . . . ¼ konstant

Anformungsgleichung, allgemeine Form

Mbmax

Wmax¼ Mbx

Wx) Mbmax

Mbx¼ Wmax

Wx

F l

F lx¼ 0,1d 3

max

0,1dx3l

lx¼ d 3

max

dx3

dx ¼ dmax

ffiffiffiffilxl

3

r

Anformungsgleichung fur Achsen und Wellen

5 Festigkeitslehre342

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Mit der Anformungsgleichung konnen nun die Durchmesser dx fur mehrere Tragerstellen xberechnet und in eine Wertetabelle eingetragen werden:

Wertetabelle

Lastentfernung lx ¼ l3

4l

1

2l

1

4l

1

8l

Wurzelfaktor ¼ 1

ffiffiffiffiffi3

4

3

r� 0,9

ffiffiffiffiffi1

2

3

r� 0,8

ffiffiffiffiffi1

4

3

r� 0,63

ffiffiffiffiffi1

8

3

r� 0,5

Durchmesser dx ¼ dmax d1 ¼ 0,9 � dmax d2 ¼ 0,8 � dmax d3 ¼ 0,63 � dmax d4 ¼ 0,5 � dmax

Die Durchmesser nehmen vom Hochstwert dmax

an der Einspannstelle bis zum Tragerende nacheiner kubischen Parabel ab. Als praktische Aus-fuhrung der Anformung dient die Kegelform. DerKegelstumpfmantel muss den Parabelkorper ein-hullen.

Mit der Anformungsgleichung lasst sich die Anfor-mung als Graph gut auf dem Rechner darstellen.

5.9.8.3 Biegefeder mit Rechteckquerschnitt

Der Rechteckquerschnitt von Biegetragern lasstsich in der Breite b oder in der Hohe h anformen.

Als Beispiel kann man die Biegefeder als Bie-getrager ansehen und sie in der Breite b anformen,also die Hohe (Dicke) h konstant halten. Dazuwird in gleicher Weise vorgegangen wie unter5.9.8.2 bei der angeformten Achse. StattW ¼ 0,1 d3 muss man hier W ¼ bh2=6 einsetzen(Tabelle 5.1, Seite 308). Die Anformung der Hoheh bei konstanter Breite b wird im Anschluss unter5.9.8.4 behandelt.

Die Anformungsgleichung zeigt, dass die Breitevon bmax an der Einspannstelle bis zum Tragerendegleichmaßig abnimmt. Es entsteht eine Dreieck-blattfeder von gleichbleibender Dicke h.

Wird der Wert bmax zu groß, teilt man die Blatt-feder in gleich breite Streifen auf und schichtetdiese aufeinander zur Mehrschichtfeder.

Bei z ¼ Blattzahl ist bmax ¼ zb0, wobei b0 dieBlattbreite ist.

Anformung einer Radachse

Mbmax

Mbx¼ Wmax

Wx

F l

F lx¼ bmax h2 6

bx h2 6

l

lx¼ bmax

bx

bx ¼ bmaxlxl

Anformungsgleichungfur Blattfedern

Anformung einer Biegefeder

5.9 Beanspruchung auf Biegung 343

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5.9.8.4 Konsoltrager mit Einzellast

Das Belastungsschema ist beim Konsoltrager dasgleiche wie bei der Blattfeder, nur wird man beimKonsoltrager nicht die Breite b, sondern die Hoheh anformen.

Wird auch hier wieder vom Rechteckquerschnitt aus-gegangen, also W ¼ bh2=6, dann kurzt sich in derGleichung unter anderem die Breite b heraus. Manerhalt die Anformungsgleichung fur die Hohe hx.

Mit der Anformungsgleichung kann die Hohe hxfur mehrere Tragerstellen x berechnet und in eineWertetabelle eingetragen werden:

Wertetabelle

Lastentfernung lx ¼ l3l

4

l

2

l

4

l

8

Tragerhohe hx ¼ hmax h1 ¼ 0,866 � hmax h2 ¼ 0,707 � hmax h3 ¼ 0,5 � hmax h4 ¼ 0,354 � hmax

Die Hohen h1, h2 . . . nehmen vom Hochstwert hmax

an der Einspannstelle bis zum Tragerende nach ei-ner quadratischen Parabel ab.

Auch hier ist eine Graphik auf dem Rechner leichtzu erstellen.

5.9.8.5 Konsoltrager mit Streckenlast

Auch bei gleichmaßig verteilter Last wird man ei-nen Konsoltrager nach der Hohe h anformen.

Im Gegensatz zum Konsoltrager mit Einzellast hatman hier in die allgemeine Anformungsgleichungfur die Biegemomente einzusetzen:

Mbmax ¼ F 0l 2=2 und Mbx ¼ F 0lx2=2. Dann wirdin gewohnter Weise die Anformungsgleichung ent-wickelt. Sie ist ebenso aufgebaut wie die Glei-chung in 5.9.8.3: Die Hohe hx wachst proportionalmit lx.

Die Querschnittshohe nimmt vom Hochstwert hmax

an der Einspannstelle bis zum Tragerende gleich-maßig ab. Es entsteht ein Trager in Hochdreieck-form (Keilform).

Mbmax

Mbx¼ Wmax

Wx

F l

F lx¼ bh 2

max6

bhx2 6

l

lx¼ h 2

max

hx2

hx ¼ hmax

ffiffiffiffilxl

rAnformungsgleichungfur Konsoltrager

Angeformter Konsoltrager mit Einzellast

Mbmax

Mbx¼ Wmax

Wx

F 0l 2=2F0 lx2=2

¼ bh2max6

bhx26

l 2

lx2¼ h2

max

hx2

hx ¼ hmaxlxl

Anformungsgleichung furFreitrager mit Streckenlast

AngeformterKonsoltragermitStreckenlast

5 Festigkeitslehre344

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5.9.9 Formanderung bei Biegung1)

Wird ein Stab elastisch gebogen, dann behalt nurdie neutrale Faserschicht ihre ursprungliche Langebei, alle anderen Schichten verlangern oder verkur-zen sich.

Die in der neutralen Faserschicht liegende und vordem Kraftangriff noch gerade Stabachse wird zurBiegelinie verformt. Dabei entsteht die Durchbie-gung f. Die Endtangente t der Biegelinie liegt unterdem Neigungswinkel a.

Beide Großen sind fur die Konstruktion vonBiegetragern aller Art von Bedeutung, z. B. furGetriebewellen. Es sollen deshalb Berechnungs-gleichungen fur Durchbiegung und Neigung derBiegelinie entwickelt werden. Dabei geht man im-mer von einem Trager mit gleichbleibendem Quer-schnitt aus (Achse, -Trager).

5.9.9.1 Krummungsradius, Krummung

Die beiden dicht beieinander liegenden Schnitt-ufer 1 und 2, die vor der Verformung parallel zu-einander lagen, stehen nun unter dem Winkel jzueinander geneigt. Ihre Fluchtlinien schneidensich im Krummungsmittelpunkt 0 und ergebenden Krummungsradius rx an der untersuchtenTragerstelle x.

Gegenuber dem kleinen Bogenstuck s der Biege-linie hat sich die außere Zugfaser um Ds ver-langert. Mit dem �hnlichkeitssatz erhalt man dieProportion Ds=s ¼ e=rx.

Geometrische Verhaltnisse ameinseitig eingespannten Biege-trager (Freitrager) mit Einzellast;Krummung stark ubertriebengezeichnet.

sþ Ds

s¼ rx þ e

rxðAhnlichkeitssatzÞ

1þDs

s¼ 1þ e

rx) Ds

s¼ e

rx

1) Formeln zur Berechnung der Stutzkrafte, Momente und Durchbiegungungen bei Biegetragernsiehe A. Boge: Formeln und Tabellen zur Technischen Mechanik, Verlag Vieweg.

5.9 Beanspruchung auf Biegung 345

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Mit dem Hooke’schen Gesetz, hier also mitsx ¼ eE, ergibt sich aus der AusgangsproportionDs=s ¼ e=rx eine Beziehung fur den Krummungs-radius rx an der untersuchten Tragerstelle x.

Darin ist sx die zwischen den Schnittufern herr-schende Biegespannung.

Schreibt man die Biegehauptgleichung in derForm sb ¼ Mb e=I nach 5.9.5 (Seite 331), dannlassen sich Biegespannung sx und Randfaser-abstand e durch die Großen Biegemoment Mx undaxiales Flachenmoment 2. Grades I ersetzen.

Der Kehrwert des Krummungsradius wird alsKrummung kx bezeichnet.

5.9.9.2 Allgemeine Durchbiegungsgleichung

Durch die Neigung der einzelnen Querschnitte ent-steht am Tragerende die Durchbiegung f. Werdenin den Punkten 1 und 2 an die Biegelinie die Tan-genten angelegt, so schließen sie ebenso wie dieKrummungsradien rx den Winkel j ein. Die Tan-genten schneiden auf der Vertikalen am Trager-ende (Wirklinie von F) von der gesamten Durchbie-gung f das stark ubertrieben gezeichnete Stuck D fab. Es ist also f ¼ SD f :

Aus der �hnlichkeit der schraffierten Dreiecke ander Biegelinie ergibt sich die Proportions=rx ¼ D f =x. Fur den Krummungsradius rx kanndie oben hergeleitete Beziehung eingesetzt wer-den. Werden noch die Teillangen D f summiert,dann findet man die gesuchte Gleichung fur diegesamte Durchbiegung f . Elastizitatsmodul E undFlachenmoment 2. Grades I sind Konstante, siekonnen also vor das Summenzeichen S gezogenwerden.

Ds

s¼ Dehnung e ðsiehe 5:2:3:1; Seite 280Þ

e ¼ sx

EHooke0sches Gesetz nach 5:2:3:4Þ

Ds

s¼ e

rx¼ sx

Eund daraus rx ¼

eE

sx

rx ¼eE

sxsx ¼ Mx e

I) e

sx¼ I

Mx

rx ¼EI

Mx

Krummungsradius

kx ¼ 1

rx¼ Mx

E IKrummung

x

1

2F

�f

fBiegelinie

r x

r x

s

s

α

ϕ

ϕ

Beachte: Nur im Grenzfall sind die beidenschraffierten Dreiecke ahnlich.

s

rx¼ D f

x) D f ¼ sx

rx

D f ¼ sxMx

E I¼ 1

EIMx sx

f ¼ SD f ¼ S1

E IMx sx

f ¼ 1

E ISMx sx

rx E I Mx

mmN

mm2mm4 Nmm

5 Festigkeitslehre346

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Das ProduktMx s (Biegemoment mal Teillange s ander Tragerstelle x) ist im Bild der Momentenflachedas Teilstuck DAM der gesamten MomentenflacheAM. Aus der Schwerpunktslehre (2.2, Seite 76) istbekannt, dass die Summe der Momente der Teilfla-chen gleich demMoment der Gesamtflache ist.

Mit x0 als Schwerpunktsabstand der gesamtenMomentenflache (hier Dreieckflache) ergibt sichabschließend die allgemeine Durchbiegungsglei-chung.

Die Momentenflache DAM ist das Produkt ausdem Biegemoment Mx und der Teillange s; folg-lich hat AM die Einheit Nmm � mm ¼ Nmm2.

5.9.9.3 Neigungswinkel der Biegelinie

Das Bild zur allgemeinen Durchbiegungsglei-chung zeigt, dass zwei dicht benachbarte Tangen-ten an die Biegelinie den Winkel j einschließen.Der Neigungswinkel a der Endtangente ist alsodie Summe aller Winkel j. Die Gleichungj ¼ s=r ist die Definitionsgleichung fur denWinkel j. Das Produkt Mxs ist gleich dem Fla-cheninhalt der Teilflache DAM; außerdem istSDAM ¼ AM.

Es ist bekannt, dass fur kleine Winkel mit derEinheit rad auch der Tangens des Winkels einge-setzt werden kann. Damit ist die Endform fur dieGleichung des Neigungswinkels a gefunden. Inder zweiten Form dieser Beziehung hat man ent-sprechend der allgemeinen Durchbiegungsglei-chung AM=EI ¼ f =x0 einzusetzen.

SMxsx ¼ SDAMx ¼ AM x0

f ¼ 1

E IAMx0

Allgemeine Durch-biegungsgleichung

f E I AM x0

mmN

mm2mm4 Nmm2 mm

j ¼ Bogenstuck s

Krummungsradius r

a ¼ Sj ¼ P s

rr ¼ EI

Mxeingesetzt

a ¼ P sE I

Mx

¼ P sMx

E I¼ 1

EISMx s

a ¼ 1

E ISDAM ¼ 1

EIAM

a ¼ arc a ¼ tan a

tan a ¼ 1

E IAM

tan a ¼ f

x0

Neigung der Endtangentean die Biegelinie

5.9 Beanspruchung auf Biegung 347

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5.9.10 �bungen zur Durchbiegungsgleichung

1. �bung: Freitrager mit Einzellast

Fur den skizzierten Freitrager mit Einzellast hatdie Momentenflache die Form eines Dreiecks. Mitder Balkenlange l und der Dreieckshohe Mbmax

¼ F l lasst sich der Flacheninhalt AM ausdrucken.Der Schwerpunktsabstand der Dreieckflache be-tragt x0 ¼ 2 l=3. Mit den Beziehungen fur Mbmax,AM und x0 erhalt man aus der allgemeinen Durch-biegungsgleichung die spezielle Durchbiegungs-gleichung und die Gleichung zur Berechnung desNeigungswinkels a fur die Endtangente.

2. �bung: Freitrager mit konstanter Streckenlast

Die Momentenflache beim Freitrager mit konstan-ter Streckenlast wird von einer Parabel begrenzt(siehe 5.9.7.3, Seite 334). Der Flacheninhalt AM istgleich einem Drittel der umschriebenen Rechteck-flache: AM ¼ Mbmax l=3. Der Schwerpunktsab-stand betragt x0 ¼ 3 l=4 (Formelsammlung).

Das maximale Biegemoment ist hier halb so großwie beim Freitrager mit Einzellast, also Mbmax ¼F l=2, mit der Resultierenden aus der StreckenlastF ¼ F 0l.Damit erhalt man wie in der 1. �bung die spezielleDurchbiegungsgleichung und die Gleichung furden Neigungswinkel a der Endtangente an dieBiegelinie.

3. �bung: Stutztrager mit Einzellast in Tragermitte

Zur Herleitung einer Gleichung fur die maximaleDurchbiegung f in Tragermitte darf nur mit derMomentenflache bis zur Stelle der großten Durch-biegung gerechnet werden. Das ist zugleich dieMbmax-Stelle, mit Mbmax ¼ ðF=2Þ � ðl=2Þ ¼ F l=4(siehe 5.9.7.5, Seite 336). Der Schwerpunktsab-stand der Momentenflache AM (Dreieckflache) be-tragt x0 ¼ l=3.

f ¼ 1

EIAM x0; AM ¼Mbmax

l

2¼F l

l

2¼ F l 2

2

f ¼ 1

EI� F l 2

2� 23

l

f ¼ F l 3

3EItan a ¼ f

x0¼ F l 2

2EI

f ¼ 1

EIAM x0 ; AM ¼ 1

3Mbmax l ¼ 1

3�F l

2l

f ¼ 1

EI� F l 2

6� 34

l

f ¼ F l 3

8EItan a ¼ f

x0¼ F l 2

6EI

5 Festigkeitslehre348

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Mit dem Ausdruck fur x0 und mit der Bezie-hung fur den Flacheninhalt der MomentenflacheAM ¼ F l2=16 ergibt sich die spezielle Durchbie-gungsgleichung und die Gleichung zur Berech-nung des Neigungswinkels a fur die Endtangente.

4. �bung: Stutztrager mit konstanter Streckenlast

Zur Herleitung einer Gleichung fur die maximaleDurchbiegung f in Tragermitte darf nur mit derMomentenflache bis zur Stelle der großten Durch-biegung gerechnet werden (siehe 3. �bung).Das ist hier zugleich die Mbmax-Stelle, mitMbmax ¼ F l=8. Der Flacheninhalt AM der Parabel-flache betragt zwei Drittel der umschriebenenRechteckflache (siehe 2. �bung). Der Schwer-punktsabstand betragt 5 l=16 (siehe auch Hand-buch Maschinenbau, Flachenschwerpunkt).

Wie in der 2. �bung wird die Resultierende derStreckenlast mit F ¼ F 0l berechnet.

Wie in den vorhergehenden �bungen geht manvon der allgemeinen Durchbiegungsgleichung aus,um die speziellen Gleichungen fur f und tan a zubekommen.

5. �bung: Biegetrager mit mehreren Belastungen (�berlagerungsprinzip)

In praktischen Aufgaben wirken haufig mehrereBelastungen zugleich in einer Ebene biegend, z. B.eine Einzelkraft neben der gleichmaßig uber demTrager verteilten Eigengewichtskraft. Solche Auf-gabenstellungen lost man nach dem �berlage-rungsprinzip. Es besteht darin, dass man sich dieBelastungen einzeln auf den Trager aufgesetzt vor-stellt, deren Einzeldurchbiegungen f1, f2, f3 . . . mitden bekannten Gleichungen bestimmt und zumSchluss diese Betrage addiert.

Im vorliegenden Fall sind die Gleichungen fur f1(3. �bung) und f2 (4. �bung) bekannt und es kanndamit eine Gleichung fur fges ¼ f1 þ f2 erstellt wer-den.

f ¼ 1

E IAM x0

AM ¼Mbmaxl

4¼ F l

4� l4¼ F l2

16

f ¼ 1

E I� F l 2

16� l3

f ¼ F l3

48EItan a ¼ f

x0¼ F l 2

16EI

f ¼ 1

E IAM x0

AM ¼ 2

3Mbmax

l

2¼ 2

3� F l

8¼ l

2

f ¼ 1

E I� F l 2

24� 516

l

f ¼ 5

384� F l 3

E Itan a ¼ f

x0¼ F l2

24EI

fges ¼ f1 þ f2 ¼ F l3

EI

1

48þ 5

384

� �

fges ¼ 0,034 � F l 3

E I

5.9 Beanspruchung auf Biegung 349

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5.10 Beanspruchung auf Knickung

5.10.1 Grundbegriffe

Ist bei der Beanspruchung auf Druck der Stab sehrschlank, d. h. ist die Stablange l im Verhaltnis zuseiner Querschnittsflache A sehr groß, so bestehtdie Gefahr des seitlichen Ausknickens. Das kanngeschehen, obwohl der Stab genau in Richtungseiner Achse belastet wird und obwohl die Druck-spannung sd noch unter der Proportionalitats-grenze sdP liegt. Die Tragfahigkeit ist also schonvorher erschopft. Knickung ist daher auch keinSpannungsproblem wie Zug, Druck, Biegung undTorsion, sondern ein Stabilitatsproblem: Trotz glei-cher Querschnittsflache A und gleicher DruckkraftF steigt die Gefahr des Ausknickens mit zuneh-mender Lange l.

Die besondere Problematik der Knickung hat zurDefinition besonderer Großen gefuhrt.

Knickkraft FK ist diejenige Kraft, bei der das Aus-knicken eines Stabes gerade beginnt. Dividiertman die Knickkraft FK durch die Querschnittsfla-che A, erhalt man eine Spannung, die als Knick-spannung sK bezeichnet wird. Entsprechend derDefinition von FK herrscht die Knickspannung sK

dann, wenn der Stab auszuknicken beginnt.

Da ein Bauteil nicht ausknicken darf, ist dafur zusorgen, dass die tatsachliche Belastung, die Druck-kraft F, immer wesentlich kleiner bleibt als dieKnickkraft FK. Das gleiche gilt dann auch fur dietatsachlich im Bauteil vorhandene Druckspannungsd vorh und fur die Knickspannung sK. Immer musssd vorh < sK sein. Knickkraft FK und Knickspan-nung sK sind also Großen, die niemals erreichtwerden durfen.

Beispiele knickgefahrdeter Bauteile aus demMaschinenbau:

Pleuelstangen, Kolbenstangen, Stoßel,Spindeln von Pressen, Bremsgestange

zunehmende Länge bedeutet

zunehmende Knickgefahr

A

A

A

A

F

F

F

F

l

l

l

l

Neue Großen sind:

Knickkraft FK, Knickspannung sK, Trag-heitsradius i, Schlankheitsgrad l (Lambda)

Knickspannung sK ¼ Knickkraft FK

Querschnittsflache A

sK ¼ FK

A

Sicherheit gegen Knicken

ðKnicksicherheit vÞ v ¼ Knickkraft FK

Druckkraft F

v ¼ FK

F¼ sK

sd vorh

v � 3 . . . 10 imMaschinenbau

sK FK A

N

mm2N mm

2

5 Festigkeitslehre350

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Die Knickkraft FK (Knickspannung sK) ist die-jenige Kraft (Spannung), bei der das Auskni-cken beginnt. Die vorhandene Druckkraft mussmit Sicherheit unter der Knickkraft bleiben,ebenso die vorhandene Druckspannung unterder Knickspannung.

5.10.2 Elastische Knickung (Eulerfall)

Fur den Fall, dass die Knickspannung sK noch un-terhalb der Proportionalitatsgrenze sdP des Werk-stoffs liegt, hat Euler1) eine Gleichung fur dieKnickkraft FK entwickelt.

Mit einem Lineal kann man sich klarmachen, dassein Stab immer um diejenige Achse knickt, fur diedas axiale Flachenmoment 2. Grades den kleinstenWert hat (Imin).

Die Knickkraft FK, also diejenige Kraft, bei derdas Knicken gerade beginnen wurde, kann alleindurch die Fuhrungsverhaltnisse verandert werden,unter denen sich die Stabenden in Richtung derStabachse aufeinander zu bewegen. Je sicherer esist, dass die Druckkraft F wahrend des Zusam-mendruckens exakt in der Stabachse wirkt, destogroßer kann die Knickkraft FK angesetzt werden.Mit Ausnahme der Einspannung mit freiem Ende(Fall 1) sollte immer nach dem Grundfall (Fall 2)gearbeitet werden, das heißt, man setzt nichts ¼ 0,707 l (Fall 3) oder s ¼ 0,5 l (Fall 4), sonderns ¼ l in die Eulergleichung ein.

Die Eulergleichung wird nun so geschrieben, wiesie fur das Losen von praktischen Aufgaben ge-braucht wird. Dazu sollte man sich der Beziehungzwischen Knickkraft FK und vorhandener Druck-kraft F uber die Knicksicherheit v ¼ FK=F erin-nern. Statt Imin wird Ierf geschrieben, in Anlehnungan die Arbeitsgleichungen der vorangegangenenBeanspruchungsarten. Ist das erforderliche axialeFlachenmoment 2. Grades Ierf berechnet, konnenmit den Gleichungen aus Tabelle 5.1, Seite 308,die Querschnittsmaße festgelegt werden.

Beispiel:

Fur die Kolbenstange einer Kolbenpumpe seidie Knickkraft FK ¼ 20 000 N. Mit Knick-sicherheit v ¼ 8 darf die vorhandene Druck-kraft hochstensF ¼ FK=v ¼ 20 000 N=8 ¼ 2500 N betragen.

FK ¼ EIminp2

s2

E Elastizitatsmodul (Tabelle 5.8, Seite 384)

Imin kleinstes axiales Flachenmoment2. Grades des Querschnitts (Tabelle 5.1,Seite 308)

s freie Knicklange

FK ¼ Fv ¼ EIminp2

s2

Ierf ¼ vF s2

Ep2

v Knicksicherheit (Einheit Eins)

F vorhandene Druckkraft

s ¼ l Einspannlange

E Elastizitatsmodul (Tabelle 5.8, Seite 384)

1) Leonhard Euler, Mathematiker, 1707–1783

FK E I s

NN

mm2mm4 mm

Ierf v F E

mm4 1 NN

mm2

5.10 Beanspruchung auf Knickung 351

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Die nach Ierf aufgeloste Eulergleichung garantiertnicht, dass der vorliegende Fall tatsachlich im Gul-tigkeitsbereich dieser Gleichung liegt, also im Gul-tigkeitsbereich des Hooke’schen Gesetzes. Nur indiesem Bereich ist der E-Modul eine Konstante,und nur fur diesen Fall kann die Eulergleichunggelten.

Um zu wissen, ob und wann man im Einzelfall mitder Eulergleichung rechnen darf, wird eine Glei-chung fur die Knickspannung sK entwickelt. Dazubenutzt man die Beziehung sK ¼ FK=A. Zur Ver-einfachung wird statt Imin nur I geschrieben.

Mit dem Ziel, eine moglichst einfach aufgebauteGleichung fur sK zu erhalten, hat man zwei neueGroßen eingefuhrt, den Tragheitsradius i und denSchlankheitsgrad l:

Zunachst bieten sich die beiden geometrischenGroßen I und A zur Vereinfachung an. Man setztdas axiale Flachenmoment I ¼ i2A und bezeichneti als den Tragheitsradius des Querschnitts.

Fur den Kreisquerschnitt ist nach Tabelle 5.1, Sei-te 308, das axiale Flachenmoment I ¼ pd 4=64;die Kreisflache berechnet sich aus A ¼ pd 2=4.Damit erhalt man eine sehr einfache Beziehung furden Tragheitsradius eines Kreisquerschnitts.

Nach der Einfuhrung des Tragheitsradius erscheintbei entsprechender Schreibweise in der Eulerglei-chung fur die Knickspannung nun der Quotients2=i 2 (siehe oben). Die Wurzel daraus heißtSchlankheitsgrad l.

Damit ist die einfachste Form fur die Eulerglei-chung gefunden. Sie zeigt, dass Stabe von glei-chem Schlankheitsgrad (geometrisch ahnlicheStabe) die gleiche Knickspannung sK haben unddass sK außer von l nur vom Elastizitatsmodul Eabhangig ist.

Beachte: Die Eulergleichung gilt nur dann,wenn die Knickspannung sK gleich oderkleiner ist als die Proportionalitatsgrenze sdP

des Werkstoffs.

Zur Proportionalitatsgrenze sieheAbschnitt 5.12.1, Seite 374.

sK ¼ FK

A¼ E Ip2

s2A

sK ¼ Ep2 � IA� 1s2

sK ¼ Ep2 � ðI=AÞs2

¼ Ep2 � i2

s2¼ Ep2

ðs2=i2Þ

Tragheitsradius i ¼ffiffiffiffiI

A

ri 2 ¼ I

A

(Gleichungen fur i in Tabelle 5.1, Seite 308)

I� ¼ pd 4

64A� ¼ pd 2

4

i� ¼ffiffiffiffiffiffiI�A�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffipd4

64� 4

pd 2

r

i� ¼ d

4

Tragheitsradiusfur Kreisquerschnitt

Schlankheitsgrad l ¼ freie Knicklange s

Tragheitsradius i

l ¼ s

i

sK ¼ Ep2

l2

Knickspannung

sK,E l s, i

N

mm21 mm

5 Festigkeitslehre352

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Tragt man entsprechend der Eulergleichung dieKnickspannung sK uber dem Schlankheitsgrad lauf, so ergibt sich eine Hyperbel dritten Grades. Eswird mit dem Elastizitatsmodul fur Stahl gerechnet:

E ¼ 210 000 N=mm2 ¼ 2,1 � 105 N=mm2 :

Bekannt ist, dass die Eulergleichung nur gilt, so-lange die Knickspannung sK � sdP (Proportiona-litatsgrenze) ist. Mit diesem Wert fur sdP (furS235JR etwa 190 N/mm2) kann mit einer Waa-gerechten im Diagramm die obere und linke Gren-ze des Gultigkeitsbereichs fur die Eulergleichungfestgelegt werden (elastischer Bereich). Lotet manvom Schnittpunkt der Waagerechten mit der Euler-Hyperbel auf die l-Achse, dann wird als einfachesKriterium fur alle Rechnungen der Grenzschlank-heitsgrad l0 gefunden. Nur mit Schlankheits-graden l rechts vom Grenzschlankheitsgrad l0 istdie Gultigkeit der Eulergleichung gewahrt (sieheArbeitsplan 5.10.4, Seite 355).

�ber die Eulergleichung fur die Knickspannungkann man den Grenzschlankheitsgrad l0 fur ver-schiedene Werkstoffe in Abhangigkeit von der Pro-portionalitatsgrenze sdP berechnen. Da l0 immerder untere Grenzwert ist, fur den die Eulerglei-chung gerade noch gilt, wird l0 ¼ lmin geschrie-ben.

Je hoher die Proportionalitatsgrenze sdP des Werk-stoffs liegt, umso kleiner ist der Grenzschlank-heitsgrad l0, das heißt, umso großer wird der Be-reich, fur den die Eulergleichung gilt.

Fur die wichtigsten Werkstoffe gibt Tabelle 5.3 dieGrenzschlankheitsgrade zur Euler’schen Knick-berechnung an.

Die Eulergleichung gilt nur, solange der errech-nete Schlankheitsgrad l gleich oder großer istals der in Tabelle 5.3 angegebene Grenz-schlankheitsgrad l0. Gultigkeitsbereich der Eu-lergleichung: s=i ¼ lvorh � l0.

Euler-Hyperbel mit Grenzschlankheitsgradl0 fur S235JR

Beachte: Bei allen Rechnungen nach Eulermuss garantiert sein, dass der vorhandeneSchlankheitsgrad lvorh großer ist als derGrenzschlankheitsgrad l0:

lvorh > l0 Eulerbedingung

l0 ¼ lmin ¼ p

ffiffiffiffiffiffiffiE

sdP

r

Grenzschlankheitsgrad

Beispiel:

Fur den Werkstoff Stahl mitE ¼ 2,1 � 105 N=mm2 und einer Proportiona-litatsgrenze sdP ¼ 190 N=mm2 (S235JR)wird der Grenzschlankheitsgrad:

l0 ¼ p

ffiffiffiffiffiffiffiE

sdP

r¼ p

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2,1 � 105 N

mm2

190N

mm2

vuuuuut

l0 ¼ 104,44

5.10 Beanspruchung auf Knickung 353

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Tabelle 5.3 Grenzschlankheitsgrad l0 fur Euler’sche Knickung und Tetmajergleichungen

Werkstoff E-Modul inN

mm2

Grenz-schlankheitsgrad l0

Tetmajergleichungen

fur sK inN

mm2

NadelholzGusseisenS235JRE295 und E335Al––Cu––MgAl––Mg3

10 000100 000210 000210 00070 00070 000

100801058966110

sK ¼ 29,3� 0,194 � lsK ¼ 776� 12 � lþ 0,053 � l2sK ¼ 310� 1,14 � lsK ¼ 335� 0,62 � l

Beachte: Die Tetmajergleichungen sindZahlenwergleichungen mit sK in N/mm2.

5.10.3 Unelastische Knickung (Tetmajerfall)

Es wird nun die Frage geklart, was zu tun ist, wennsich bei der Nachrechnung des Schlankheitsgradesl mit den gegebenen Abmessungen zeigt, dass derGrenzschlankheitsgrad l0 (Tabelle 5.3) unter-schritten worden ist (lvorh < l0).

In diesem Fall konnen die Eulergleichungen nichtmehr gelten. Man hatte dann mit einer Knickspan-nung sK gerechnet, die großer ist als die Propor-tionalitatsgrenze sdP. In diesem Spannungsbereichgilt das Hooke’sche Gesetz, das Euler seiner Glei-chung zugrunde gelegt hat, nicht mehr. Das wirddaran erkannt, dass in den Eulergleichungen furdie Knickkraft FK und Knickspannung sK derElastizitatsmodul E erscheint.

Tetmajer und andere Forscher haben fur die Fallelvorh < l0 aus vielen Versuchen Berechnungsglei-chungen entwickelt. Weil diesen Versuchen Knick-spannungen sK zugrunde liegen, die großer sindals die Proportionalitatsgrenze sdP, spricht manvon unelastischer Knickung.

Mit den Tetmajergleichungen ist eine unmittelbareBerechnung der Querschnittsabmessungen im Ge-gensatz zum Eulerfall nicht moglich.

Bei allen Knickaufgaben mit unbekannten Quer-schnittsabmessungen, also auch unbekanntemSchlankheitsgrad l, berechnet man daher zunachstdas erforderliche axiale Flachenmoment 2. Gradesaus der Eulergleichung und bestimmt nach Tabelle5.1, Seite 308, die Querschnittsabmessungen (imBeispiel den Durchmesser d ) und den Tragheits-radius i.

Beispiel:

Fur einen knickbeanspruchten Stab ausS235JR stellt sich heraus:

lvorh ¼ s

i¼ 100 mm

2 mm¼ 50 < l0 ðS235JRÞ ¼ 105

Fur lvorh ¼ 50 und E ¼ 2,1 � 105 N=mm2

wird

sK ¼ E p2

l2¼

2,1 � 105 N

mm2p2

2500¼ 829

N

mm2

Die Proportionalitatsgrenze fur S235JR liegtdagegen bei etwa 190 N/mm2 (siehe auchEuler-Hyperbel Seite 353).

Beispiel:

Nach Tabelle 5.3 ergibt sich mit l ¼ 50 ausder Tetmajergleichung fur S235JR

sK ¼ 310� 1,14 � l

sK ¼ ð310� 1,14 � 50Þ N

mm2¼ 253

N

mm2

Beispiel:

Fur einen Stab aus S235JR (Kreisquerschnitt)wird bei s ¼ l ¼ 300 mm, F ¼ 10 000 N und10-facher Knicksicherheit (v ¼ 10):

Ierf ¼ vF l2

Ep2¼ 10 � 104 N � 9 � 104 mm2

2,1 � 105 N

mm2� p2

Ierf ¼ 4342 mm4

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi20 Ierf

4p

¼ 17,2 mm

i ¼ d

4¼ 4,3 mm

5 Festigkeitslehre354

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Jetzt lasst sich der vorhandene Schlankheitsgradberechnen und mit dem Grenzschlankheitsgrad(Tabelle 5.3, Seite 354) vergleichen. Ist lvorh gro-ßer als l0, dann war die Rechnung nach Euler zu-lassig. Die Aufgabe ware also gelost.

Im anderen Fall berechnet man lvorh mit etwas ver-großerten Abmessungen und bestimmt damit nachTetmajer die Knickspannung sK.

Zur �berprufung der Knicksicherheit v muss dievorhandene Druckspannung ermittelt werden. Istvvorh kleiner als die geforderte Knicksicherheit verf ,sind die Querschnittsabmessungen noch ein odermehrere Male zu vergroßern, bis endlich verf er-reicht wird.

5.10.4 Arbeitsplan fur Knickungsaufgaben

Aufgaben Nr. 898–916

lvorh ¼ s

i¼ 300 mm

4,3 mm¼ 69,8 < l0 ¼ 105

Also war die Rechnung nach Euler nicht zu-lassig (lvorh < l0), daher mit etwas vergro-ßertem d ¼ 20 mm nach Tetmajer:

lvorh ¼ l

d=4¼ 4 l

d¼ 4 � 300 mm

20 mm¼ 60

sK ¼ 310� 1,14 � lvorh ¼ 241,6N

mm2

sd vorh ¼ F

A¼ 104 N

314 mm2¼ 31,85

N

mm2

vvorh ¼ sK

sd vorh¼ 241,6 N=mm2

31,85 N=mm2¼ 7,586

vvorh ¼ 7,586 < verf ¼ 10

Knickkraft FK aus Sicherheit v und Belastung F berechnen. 1. Schritt

Erforderliches Flachenmoment 2. Grades Ierf nach der Eulergleichungberechnen.

2. Schritt

Durchmesser oder andere Querschnittsabmessungen mit den Gleichungenaus Tabelle 5.1 (Seite 308) festlegen

3. Schritt

Tragheitsradius i nach Tabelle 5.1 berechnen. 4. Schritt

Schlankheitsradius lvorh berechnen und mit dem Grenzschlankheitsgrad l0nach Tabelle 5.3 vergleichen. Ist lvorh � l0, ist die Rechnung beendet.

5. Schritt

Bei lvorh kleiner als l0 wird mit den Tetmajer-Formeln aus Tabelle 5.3 dieKnickspannung sK berechnet. Dabei lvorh (eventuell neu mit vergoßertemQuerschnitt), nicht etwa l0 einsetzen.

6. Schritt

Vorhandene Druckspannung sd vorh ¼ F=A berechnen 7. Schritt

Mit sK und sd vorh die vorhandene Sicherheit v berechnen und mit dergeforderten Sicherheit vergleichen.

8. Schritt

Bei zu kleiner Sicherheit v mussen die Querschnittsabmessungen weitervergroßert werden. Die Rechnung ist vom 5. Schritt an zu wiederholen.

9. Schritt

Eventuell muss noch die auftretende Druckspannung sd vorh mit der zulassi-gen Druckspannung sd zul verglichen werden.

10. Schritt

5.10 Beanspruchung auf Knickung 355

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Lehrbeispiel: Knickung im elastischen Bereich

Aufgabenstellung:

Die Kolbenstange einer Wasserpumpe hat einenkreisformigen Querschnitt.

Werkstoff: E295 mit einer zulassigen Druck-

spannung von 98N

mm2

Gegebene Großen:

F ¼ 80 kN; Sicherheit gegen Knicken n ¼ 3,5

Gesucht: Kolbenstangendurchmesser d

Losung:

a) Kolbenstangendurchmesser d:

FK ¼ EIp2

s2 Ierf ¼ FK s2

Ep2Knickkraft FK ¼ Fns ¼ l (Grundfall)

Ierf ¼ Fnl2

Ep2 ¼ 80 � 103 N � 3,5 � ð1,4 � 103 mmÞ2

2,1 � 105 Nmm2 � p2

¼ 26,48 � 104 mm4

Io � pd4

64) derf ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi64 Ierf

p

4r

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi64 � 26,48 � 104 mm4

p

4r

¼ 48,2 mm

gewahlt: d ¼ 50 mm (Normalmaß nach DIN 3)

b) Nachprufung des Schlankheitsgrades l:

l ¼ si¼ l

iio ¼

ffiffiffiffiffiffiIoAo

r¼ d

4(s ¼ l)

l ¼ 1400 mm � 450 mm

¼ 112 > l0 ð� 89Þ

Also war die Rechnung nach Euler richtig.

c) Spannungsnachweis fur die Druckspannung sd :

sd vorh ¼ FA

¼ 80 � 103 N � 4502 �mm2 � p ¼ 40,7

Nmm2 < sd zul ¼ 98

Nmm2

Die zulassige Spannung wurde eingehalten.

F F

l = 1400 mm

d

5 Festigkeitslehre356

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Lehrbeispiel: Knickung im unelastischen Bereich

Aufgabenstellung:Ein Hydraulikarbeitszylinder soll eine Kraft F ¼ 100 kNaufbringen. Die freie Knicklange betragt s ¼ l ¼ 350 mm.

Es ist der Durchmesser der Kolbenstange mit kreisformigemQuerschnitt zu bestimmen. Sicherheit gegen Knicken n ¼ 5.Werkstoff E295.

Losung:

FK ¼ EIp2

s2

Die Knickkraft FK , die der Stab gerade noch aushalt, soll sein:

FK ¼ Fn ¼ 100 kN � 5 ¼ 500 kN

Ierf ¼ FK s2

Ep2 ¼ 500 � 103 N � 3,52 � 104 mm2

2,1 � 105 Nmm2 � p2

¼ 2,955 � 104 mm4

I ¼ pd4

64derf ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi64 Ierf

p

4r

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi64 � 2,955 � 104 mm4

p

4r

¼ 27,85 mm

gewahlt: d ¼ 30 mm

Nachprufung des Schlankheitsgrades:

l ¼ si¼ l

il ¼ 4s

d¼ 4 � 350 mm

30 mm¼ 46,7 < l0 ¼ 89

Die Rechnung nach Euler ist also unzulassig.

Nachrechnung nach Tetmajer:Da l ¼ 47 sehr weit im Tetmajer-Bereich liegt, wird der Durch-messer erhoht auf d ¼ 35 mm. Dadurch wird

l ¼ 4 � 350 mm35 mm

¼ 40

sK ¼ 335 � 0,62 l sK ¼ 335 � 0,62 � 40 ¼ 310,2N

mm2

Die vorhandene Druckspannung sd vorh ist:

sd vorh ¼ FA¼ 100 � 103 N � 4

352 mm2p¼ 103,94

Nmm2

nvorh ¼ sK

sd vorh¼

310,2N

mm2

103,94N

mm2

¼ 2,98 < nerf ¼ 5 d neu gewahlt : d ¼ 45 mm

Neuer Schlankheitsgrad l ¼ 4 � 350 mm45 mm

¼ 31,1

sK ¼ 335 � 0,62 � 31,1 ¼ 315,7N

mm2

sd vorh ¼ 100 � 103 N � 4452 mm2 � p ¼ 62,88

Nmm2

nvorh ¼ sK

sd vorh¼

315,7N

mm2

62,88N

mm2

¼ 5,02 Die verlangte Sicherheit ist vorhanden:

F

l

d

5.10 Beanspruchung auf Knickung 357

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5.10.5 Knickung im Stahlbau

5.10.5.1 VorschriftenDie in den vorhergehenden Abschnitten entwickel-ten Knickungsgleichungen gelten nicht fur dieDruckstabe im Stahlbau. Hier sind die Berech-nungsverfahren und die dabei verwendeten Glei-chungen in Normen vorgeschrieben.

5.10.5.2 Tragsicherheitsnachweis beieinteiligen Knickstaben

Nach DIN 18 800, Teil 2, muss die so genannteTragsicherheit nachgewiesen werden. Tragsicher-heit besteht dann, wenn in der Ausweichrichtungdes Stabquerschnitts bei mittiger Druckbelastungdie Bedingung der Tragsicherheits-Hauptglei-chung erfullt ist. Die dazu erforderlichen Berech-nungen enthalt der Arbeitsplan (AP) in 5.10.5.4.

5.10.5.3 Herleitung einer Entwurfsformel(Zugeschnittene Großengleichung)

Der Tragsicherheitsnachweis nach DIN 18 800 istnur moglich, wenn die geometrischen Großen desKnickstabs bekannt sind (Querschnittsflache A undaxiales Flachenmoment I). Man nimmt daher ver-suchsweise einen Stabquerschnitt (Profil) an oderverwendet die folgende Entwurfsformel zur Profil-ermittlung. Sie wird hier aus der fur elastischeKnickung gultigen Eulergleichung entwickelt.

Fur die uberschlagige Querschnittsbestimmungnimmt man eine Sicherheit an, z. B. v ¼ 3. Mitdem Elastizitatsmodul fur Baustahl E ¼ 210 000N/mm2 und 103 N ¼ 1 kN fasst man die Konstan-ten zusammen und erhalt die Entwurfsformel.

5.10.5.4 Arbeitsplan (AP) zum Tragsicher-heitsnachweis bei einteiligen Knick-staben

Sind sowohl die Belastung F des Knickstabs alsauch das Stabprofil bekannt, bestimmt man derReihe nach die folgenden Großen:

Bis zum Erscheinen einer EuropaischenNorm (EN) gilt fur die Ausbildung vonDruckstaben die Norm DIN 18 800 vom Nov.1990. Diese ersetzt die DIN 4114 von 1953,in der fur die Knickungsberechnung das sogenannte Omegaverfahren vorgeschriebenwar.

F

jFpl� 1

Tragsicherheits-Hauptgleichung

F Belastung (Normalkraft) in Richtung derStabachse

Fpl Normalkraft im vollplastischen Zustandnach AP Nr. 8

j Abminderungsfaktor nach AP Nr. 6

Im Abschnitt 5.10.2 wird die Eulergleichungentwickelt:

Ierf ¼ vF sK2

Ep2

Ierf erforderliches axiales Flachenmomentv KnicksicherheitF vorhandene Druckkraft (Normalkraft)sK KnicklangeE Elastizitatsmodul (Tabelle 5.8, Seite 384)

Ierf ¼ 3 � F sK2

210 000 � p2

Ierf � 1,5 � 10�3 � F sK2

Entwurfsformel

Gegeben: Stabprofil (z. B. IPE 200), Werk-stoff (z. B. S235JR), Belastung F des Druck-stabs (z. B. F ¼ 50 kN).

Gesucht: Tragsicherheit

F Fpl j

N N 1

Ierf v F sK E

mm4 1 N mm N/mm2

I F sK

mm4 kN mm

5 Festigkeitslehre358

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1. Knicklange sK

Die Knicklange sK entspricht der freien Knick-lange s in Abschnitt 5.10.2 (Seite 351) (Eulerfall)und es gilt auch das Bild fur die Fuhrungsverhalt-nisse mit den Fallen 1 bis 4 (siehe Seite 351).

Die Druckstabe in Fachwerken konnen in derFachwerkebene oder rechtwinklig dazu auswei-chen (ausknicken).

Fur das Ausweichen in der Fachwerkebene ist dieSystemlange l der geschatzte Abstand der beidenAnschlussverbindungen an den Stabenden.

Fur das Ausweichen rechtwinklig zur Fachwerk-ebene ist die Systemlange l der Abstand der Netz-linien.

2. Schlankheitsgrad lK und Tragheitsradius i

Der Schlankheitsgrad lK wird wie bei der Eu-ler’schen Knickung in 5.10.2 (Seite 352) aus derKnicklange sK und dem Tragheitsradius i berechnet.

Der Tragheitsradius i ist die Wurzel aus dem Fla-chenmoment 2. Grades I und der Querschnitts-flache A des Knickstabprofils.

Die Betrage fur das Flachenmoment I und die ent-sprechende Querschnittsflache A werden den Pro-filstahltabellen entnommen.1)

3. Bezogener Schlankheitsgrad �llK

Der bezogene Schlankheitsgrad �llK ist der Quotientaus dem Schlankheitsgrad lK und dem Bezugs-schlankheitsgrad la, der von den FestigkeitswertenE (Elastizitatsmodul) und Re (Streckgrenze) desProfilwerkstoffs abhangt.

sK ¼ b l

b Knicklangenbeiwert nach Bild in 5.10.2.Danach ist einzusetzen fur

Ausweichen in derFachwerkebene

Ausweichen recht-winklig zur Fachwerk-ebene

lK ¼ sKi

i ¼ffiffiffiffiI

A

r

�llK ¼ lKla

1) Formeln und Tabellen zur Technischen Mechanik, Vieweg þ Teubner, 21. Auflage

sK b l

mm 1 mm

Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4

b ¼ 2 b ¼ 1 b ¼ 0,7 b ¼ 0,5

lK sK i

1 mm mm

i I A

mm mm4 mm2

�llK lK la

1 1 1

5.10 Beanspruchung auf Knickung 359

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4. Bezugsschlankheitsgrad la

Der Elastizitatsmodul fur Stahl betragtE ¼ 210 000 N=mm2, die Streckgrenze Re ist ab-hangig vom verwendeten Werkstoff des Knick-stabs. Fur die im Stahlbau haufig verwendetenWerkstoffe ergibt sich damit:

Bei S235JR (RSt 37-2) mit Re ¼ 235 N=mm2 undeiner Erzeugnisdicke t � 40 mm zu la ¼ 93,9, beiS355J2G3 (St 52-3) mit Re ¼ 355 N=mm2 und ei-ner Erzeugnisdicke t � 40 mm zu la ¼ 76,4.

In Klammern stehen die fruher gultigen Bezeich-nungen fur Baustahl.

5. Ermittlung der Knickspannungslinien

Den im Stahlbau verwendeten verschiedenen Quer-schnittsformen (z. B. U-, L-, T-Profile) sind so ge-nannte Knickspannungslinien a, b, c, d zugeordnet.Sie werden Tabelle 5.4 entnommen. AusfuhrlichereHinweise in DIN 18 800, Teil 2, Tabelle 5.

la ¼ p

ffiffiffiffiffiE

Re

r

la ¼ 93,9 fur S235JR und t � 40 mm

la ¼ 76,4 fur S355J2G3 und t � 40 mm

Beispiel:

Einem Doppel-T-Profil mit den Wertenh=b > 1,2 und Erzeugnisdicke t � 40 mm istnach Tabelle 5.4 die Knickspannungslinie bzugeordnet, wenn das Ausknicken rechtwink-lig zur y-Achse erfolgt.

Die Werte fur t (Steg- oder Flanschdicke)stehen in den Profilstahltabellen.1)

1) Formeln und Tabellen zur Technischen Mechanik, Verlag Vieweg, 22. Auflage

la E Re

1 N

mm2

N

mm2

5 Festigkeitslehre360

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6. Abminderungsfaktor j

Bereich �llK � 0,2 Bereich �llK > 0,2 Bereich �llK > 3,0

j ¼ 1 j ¼ 1

k þffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffik2 � �llK2

p j ¼ 1

�llK ð�llK þ aÞmit

k ¼ 0,5 ½1þ a ð�llK � 0,2Þ þ �llK2�

7. Parameter a zur Berechnung des Abminderungsfaktors j

Knickspannungslinie a b c d

a 0,21 0,34 0,49 0,76

8. Normalkraft Fpl

Fpl ist diejenige Normalkraft, bei der im Werkstoffdes Stabes vom Querschnitt A vollplastischer Zu-stand erreicht wird. Als Widerstandsgroße wird dieStreckgrenze Re oder die obere Streckgrenze ReH

eingesetzt.

5.10.5.5 Zusammengesetzte Knickstabe

Die Berechnungsgleichungen im obigen Arbeits-plan gelten fur mittig belastete einteilige Knick-stabe. Dazu gehoren auch die aus mehreren Walz-profilen zusammengesetzten Knickstabe, wenn dieEinzelprofile durch Nieten oder Schweißen (nichtSchrauben) so verbunden sind, dass sie als einzel-nes Bauglied angesehen werden konnen.

Die Gleichungen gelten nicht fur Knickstabe,deren Querschnitt eine stofffreie Achse y––y hat.

Fpl ¼ ReA

Re Streckgrenze, siehe Tabelle 5.8(Seite 384)

A Querschnittsflache, siehe Tabellen4.27––4.311)

1) Formeln und Tabellen zur Technischen Mechanik, Vieweg þ Teubner, 22. Auflage

Fpl Re A

NN

mm2mm2

5.10 Beanspruchung auf Knickung 361

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Tabelle 5.4 Zuordnung der Knickspannungslinien zu den Stab-Querschnittsformen

Stab-QuerschnittsformenAusknickenrechtwinkligzur Achse

Knickspan-nungslinie

Hohlprofile

d � D=10

warm gefertigt x––xy––y

a

kalt gefertigt x––xy––y

b

geschweißteKastenquer-schnitte

x––xy––y

b

dicke Schweiß-naht undhx=tx < 30hy=ty < 30

x––xy––y

c

gewalzte I-Profile h=b > 1,2 t � 40 mm x––xy––y

ab

h=b > 1,2 40 < t � 80 mmh=b < 1,2 t � 80 mm

x––xy––y

bc

t > 80 mm x––xy––y

d

geschweißteI-Querschnitte(tn ¼ t, t1, t2)

tn � 40 mm x––xy––y

bc

tn > 40 mm x––xy––y

cd

gewalzte Profileund Vollquerschnitte

x––xy––y

c

5 Festigkeitslehre362

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Tabelle 5.5 Zulassige Spannungen im Stahlhochbaua) Zulassige Spannungen in N/mm2 fur Bauteile

Spannungsart

Werkstoff

S235 S355 E360

Lastfall1)

H HZ H HZ H HZ

Druck und Biegedruck, wenn Stabilitatsnachweisnach DIN 18800 erforderlich ist

140 160 210 240 410 460

Zug und Biegezug, Biegedruck, wenn Stabilitats-nachweis nach DIN 18800 erforderlich ist

160 180 240 270 410 460

Schub 92 104 139 156 240 270

b) Zulassige Spannungen in N/mm2 fur Verbindungsmittel

Spannungsart

Niete (DIN 124 und DIN 302) Passschrauben (DIN 7986)

Ust 36-1fur Bauteileaus S235

RSt 44-2fur Bauteileaus S355

4.6fur Bauteileaus S235

5.6fur Bauteileaus S355

Lastfall1)

H HZ H HZ H HZ H HZ

Abscheren ta zul 140 160 210 240 140 160 210 240

Lochleibungsdruck sl zul 280 320 420 480 280 320 420 480

Zug sz zul 48 54 72 81 112 112 150 150

Tabelle 5.6 Zulassige Spannungen im Kranbau fur Stahlbauteile und ihre Verbindungsmittela) Zulassige Spannungen in N/mm2 fur Bauteile

Spannungsart

Werkstoff Außer dem allgemeinen Spannungsnachweisauf Sicherheit gegen Erreichen der Fließ-grenze ist fur Krane mit mehr als 20000Spannungsspielen noch ein Betriebsfestig-keitsnachweis auf Sicherheit gegen Bruch beizeitlich veranderlichen, haufig wiederholtenSpannungen fur die Lastfalle H zu fuhren.Zulassige Spannungen beim Betriebsfestig-keitsnachweis siehe Normblatt.

S235 S355

Lastfall1)

H HZ H HZ

Zug- und Vergleichsspannung 160 180 240 270

Druckspannung, Nachweis auf Knicken 140 160 210 240

Schubspannung 92 104 138 156

b) Zulassige Spannungen in N/mm2 fur Verbindungsmittel

Spannungsart

Passschrauben (DIN 7986) Rohe Schrauben (DIN 7900) Niete

4.6fur Bautieleaus S235

5.6fur Bauteileaus S355

4.6fur Bauteileaus S235

5.6fur Bauteileaus S355

(DIN 124)fur Bauteileaus S235

Lastfall1)

H HZ H HZ H HZ H HZ H HZ

Abscheren einschnittigzweischnittig

84112

96128

126168

144192

70 80 70 80 84112

96128

Lochleibungsdruck einschnittigzweischnittig

210280

240320

315420

360480

160 180 160 180 210280

240320

Zug einschnittigzweischnittig

100100

110110

140140

154154

100 110 140 154 3030

3030

1) Einteilung nach DIN 18801 in Hauptlasten (H), Zusatzlasten (Z) und Sonderlasten (S). Hauptlasten (H) sind alle planma-ßigen außeren Lasten und Einwirkungen, die nicht nur kurzzeitig auftreten wie standige Last, planmaßige Verkehrslast,Schneelast, sonstige Massenkrafte. Zusatzlasten (Z) sind alle ubrigen bei der planmaßigen Nutzung auftretenden Lasten undEinwirkungen wie Windlast, Bremslast, Seitenstoßlast, nur kurzzeitig auftretende Massenkrafte, Warmewirkung. Sonder-lasten (S) sind nicht planmaßige mogliche Lasten und Einwirkungen aus moglichen Baugrundbewegungen.

5.10 Beanspruchung auf Knickung 363

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5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung

5.11.1 Zug und Biegung

Am Beispiel der skizzierten Schraubzwinge kannman sich Klarheit uber das innere Krafte- undSpannungssystem verschaffen und die Spannungs-gleichungen herleiten. Wie gewohnt, wird einSchnitt x––x an eine zweckmaßige Querschnitts-stelle gelegt und dort dasjenige innere Krafte-system angebracht, durch das der Restkorper wie-der ins Gleichgewicht gesetzt wird.

Aus der Kraft-Gleichgewichtsbedingung SFy ¼ 0ergibt sich als innere Kraft die Zugkraft FN undaus der Momentengleichgewichtsbedingung dasBiegemoment Mb.

Die innere Kraft FN (Normalkraft) ruft im Quer-schnitt x––x die gleichmaßig verteilte Zugspan-nung sz ¼ FN=A hervor (Zug-Hauptgleichung).

Durch das innere Biegemoment Mb entsteht imQuerschnitt x––x das bekannte System der Bie-gespannung, aufgebaut aus den linear verteiltenZug- und Druckspannungen (Biege-Hauptglei-chung). Im symmetrischen Querschnitt sind dieGroßtwerte beider Normalspannungen gleich groß,also sbz ¼ sbd ¼ sb ¼ Mb=W .

Sowohl Zug- als auch Biegebeanspruchung erge-ben Normalspannungen s (rechtwinklig auf derSchnittflache stehend), die wie parallele Krafteaddiert und subtrahiert werden konnen. Tragt manan die Spitzen der Biegespannung die Zugspan-nung richtungsgemaß an, erhalt man das Bild derGesamtspannung (resultierende Spannung).

Aus dem Bild der Gesamtspannung lassen sichnun leicht die Beziehungen fur die resultierendeZug- und Druckspannung ablesen. Beide mussengleich oder kleiner als die zugehorige zulassigeSpannung sein.

Schraubzwinge Inneres Kraftesystem

SFy ¼ 0 ¼ FN � F ) FN ¼ F

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Mb � F l ) Mb ¼ F l

sz ¼ FN

A

Gleichmaßig verteilte Zugspannung

sb ¼ Mb

W

Linear verteilte Biegespannung

Bild der resultierendenSpannung

sres Zug ¼ sbz þ sz � sz zul

sres Druck ¼ sbd � sz � sd zul

5 Festigkeitslehre364

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Manchmal ist es zweckmaßiger, die Biegespan-nungen sbz und sbd nicht mit dem Widerstands-moment W , sondern mit dem axialen Flachenmo-ment 2. Grades I zu bestimmen. Das gilt vor allembei unsymmetrischen Querschnitten mit unter-schiedlichen Randfaserabstanden e (siehe 5.9.5,Seite 332). In beide Gleichungen wurde fur dasBiegemoment Mb ¼ F l eingesetzt.

Wie das Bild der resultierenden Spannung zeigt,ist die spannungsfreie Faserschicht um den Betraga nach links verschoben. Aus der �hnlichkeit derschraffierten Dreiecke erhalt man eine Proportion,die zu einer einfachen Beziehung fur die Verschie-bungsgroße a weiterentwickelt werden kann.

Aus dem Spannungsbild erkennen man weiter,dass die Verschiebungsgroße a ein Kriterium furdie Spannungsverteilung ist.

5.11.2 Druck und Biegung

Grundsatzlich unterscheidet sich diese Beanspru-chung von der vorangegangenen nur dadurch, dasssich hier der Biegespannung sb nicht eine Zug-spannung sz, sondern die Druckspannung sd

uberlagert. Wieder erhalt man das Bild der resul-tierenden Spannung, indem an die Spitzen der Bie-gespannung richtungsgemaß die uber dem Quer-schnitt konstante Druckspannung angetragen wird.

Die resultierende Druckspannung sres Druck ergibtsich ebenso wie die resultierende Zugspannungsres Zug nach dem Spannungsbild wieder als Sum-me oder Differenz der beiden Normalspannungen.

Ist die Stablange eines auf Druck und Biegung be-anspruchten Bauteils groß im Verhaltnis zumQuerschnitt (schlanker Stab), dann muss auf Kni-ckung nachgerechnet werden.

sbz ¼ Mb e1I

¼ F le1I

sbd ¼ Mb e2I

¼ F le2I

sres Zug ¼ F le1I

þ F

A� sz zul

sres Druck ¼ F le2I

� F

A� sd zul

a

sz¼ e

sbz) a ¼ sz

sbze

sz ¼ F

Aund sbz ¼ Mb

W¼ F le

Ieingesetzt:

a ¼ F l

AF lee ¼ I=A

l¼ i 2

l

a > e bedeutet, dass nur Zugspannungenauftreten

a < e bedeutet, dass sowohl Zug- als auchDruckspannungen auftreten

Bild der resultierenden Spannung

sres Druck ¼ sbd þ sd � sd zul

sres Zug ¼ sbz � sd � sz zul

sres Druck ¼ F le

Iþ F

A

sres Zug ¼ F le

I� F

A

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 365

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5.11.3 �bung zur zusammengesetzten Beanspruchung durch Normalspannungen

An einem Trager aus IPE 160 ist ein 12 mm dickesKnotenblech angeschweißt, das die Zugkraft F inden Trager einleitet. Wie groß darf diese Zugkraftim Hinblick auf den Querschnitt A––B des Tragershochstens werden, wennsz zul ¼ sd zul ¼ 120 N/mm2 nicht uberschrittenwerden darf ?

Losung: Wie gewohnt wird der abgeschnitteneRestkorper durch das innere Kraftesystem wiederins Gleichgewicht gesetzt. Als inneres Kraftesys-tem erscheint die Zugkraft FN ¼ F und das Biege-moment Mb ¼ F l.

Mit der Vorstellung vom inneren Kraftesystem istes leicht, das Bild der resultierenden Spannung zuskizzieren, wenn man zuerst den Verlauf der Bie-gespannung zeichnet und darauf die konstanteZugspannung aufsetzt. Allerdings weiss man nochnicht, ob die Verschiebungsgroße a tatsachlichkleiner ist als der Randfaserabstand e. Das wirderst die Rechnung erweisen.

In der Formstahltabelle finden sich alle fur dieweitere Rechnung notigen Großen, wobei vorallem darauf geachtet werden muss, dass das rich-tige Flachenmoment 2. Grades abgelesen wird,hier also Ix.

Die Frage, ob die Verschiebungsgroße a großeroder kleiner als der Randfaserabstand e ist, wirddurch die Rechnung a ¼ i 2=l schnell geklart. Dahier tatsachlich a < e ist, muss neben sres Zug nochsres Druck auftreten.

Die resultierende Zugspannung sres Zug ist großerals die resultierende Druckspannung sres Druck.Folglich geht man von der Beziehung

sres Zug ¼ sz þ sbz � sz zul

aus, schreibt sie in der erweiterten Form und ent-wickelt daraus eine „gleich-kleiner-Beziehung“ furdie Zugkraft F.

Das Ergebnis sagt aus, das die Zugkraft F immerunter 93079 N bleiben muss, wenn sz zul nichtuberschritten werden soll.

InneresKrafte-system

Bild der resul-tierenden Spannung

Ix ¼ 869 cm4 ¼ 869 � 104 mm4

A ¼ 20,1 cm2 ¼ 20,1 � 102 mm2

Tragheitsradius i ¼ 6,58 cm ¼ 65,8 mmRandfaserabstand e ¼ 80 mm

a ¼ i 2

l¼ i 2

eþ s

2

¼ ð65,8 mmÞ286 mm

a ¼ 50,3 mm < e ¼ 80 mm

F

Aþ F le

I� sz zul

F1

Aþ l e

I

� �� sz zul

F � sz zul

1

Aþ l e

I

F �120

N

mm2

1

2010 mm2þ 86 mm � 80 mm

869 � 104 mm4

¼ 93 079 N

5 Festigkeitslehre366

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Zuerst wird die Zugspannung sz, dann die Bie-gespannung sbz ¼ sbd ¼ sb berechnet. Beide setztman zur resultierenden Spannung zusammen undvergleicht diese Betrage mit der angegebenen zu-lassigen Spannung. Fur die Zugseite ist daszugleich eine Kontrolle der Kraftberechnung,denn nur bei richtiger Rechnung kann sichsres Zug ¼ sz zul ¼ 120 N/mm2 ergeben.

Die resultierende Druckspannung sres Druck erhaltman nach dem Spannungsbild als Differenz vonBiege- und Zugspannung (sres Druck ¼ sbd � sz).

Aufgaben Nr. 927–938

5.11.4 Biegung und Torsion

5.11.4.1 Festigkeitshypothesen und Vergleichsspannung sv

Wellen sollen Drehmomente ubertragen, z. B. vomElektromotor uber ein Zahnradpaar auf eine zweiteGetriebewelle. Neben der dadurch hervorgerufenenTorsionsbeanspruchung tritt aber auch noch Bie-gung auf. Der Querschnitt einer Welle hat demnachsowohl Normalspannungen (Biegespannung sb)als auch Schubspannungen (Torsionsspannung tt)aufzunehmen. Wahrend die Normalspannungrechtwinklig auf dem Querschnitt steht, liegt dieSchubspannung im Querschnitt. Eine einfacheAddition beider Spannungen –– wie bei Biegungund Zug/Druck –– ist hier nicht moglich.

Da beide Spannungsarten rechtwinklig aufeinan-der stehen, konnte man auf den Gedanken kom-men, sie wie zwei Krafte geometrisch zu einerresultierenden Spannung sres ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffis2 þ t2

pzusam-

menzusetzen. So einfach geht das schon deshalbnicht, weil der Werkstoff gegenuber einer Schub-spannung anders reagiert als gegenuber einer Nor-malspannung (vergleiche Schub- und Elastizitats-modul, Seite 384).

sz ¼ F

A¼ 93 079 N

2010 mm2¼ 46,3

N

mm2

sbz ¼ sbd ¼ sb ¼ F le

I

sb ¼ 93 079 N � 86 mm � 80 mm

869 � 104 mm4

sbz ¼ sbd ¼ 73,7N

mm2

sres Zug ¼ sz þ sbz ¼ ð46,3þ 73,7Þ N

mm2

sres Zug ¼ 120N

mm2¼ sz zul

sres Druck ¼ sbd � sz ¼ ð73,7� 46,3Þ N

mm2

sres Druck ¼ 27,4N

mm2< sd zul ¼ 120

N

mm2

Krafte und Momente in Bezug auf dieobere Getriebewelle

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 367

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Alle Festigkeitshypothesen zur Losung dieses Pro-blems laufen darauf hinaus, mit Hilfe einer so ge-nannten Vergleichsspannung sv die gemeinsameWirkung der beiden ungleichartigen Spannungenzu erfassen. Die Vergleichsspannung wird auchideelle Spannung genannt.

Hier wird mit der Vergleichsspannung nach derHypothese der großten Gestaltanderungsenergiegearbeitet, weil sie mit Versuchsergebnissen gutubereinstimmt. Die geometrische Addition beiderSpannungen nach der vorherigen �berlegung istnoch erkennbar.

Der bei tt stehende Faktor a0 heißt Anstrengungs-verhaltnis. Es ist abhangig von den Grenzfestig-keitswerten fur den betreffenden Werkstoff.

Fur Wellen aus Stahl ist das Verhaltnis der zulassi-gen Spannungen in Abhangigkeit vom jeweiligenBelastungsfall annahernd bekannt, so dass man dieangegebenen Werte fur a0 einsetzen kann.

Der Begriff Belastungsfall wird im Abschnitt5.12.2.3 (Seite 375) erlautert.

5.11.4.2 Vergleichsmoment Mv

Fur Wellen mit Kreis- oder Kreisringquerschnittlasst sich die Gleichung fur die Vergleichsspan-nung weiter entwickeln. Dazu werden fur dieSpannungen sb und tt entsprechend den zugehori-gen Hauptgleichungen, die Quotienten aus demKraftmoment und dem Widerstandsmoment einge-setzt.

Die Gleichungen fur axiales und polares Wider-standsmoment bei Kreis- und Kreisringquerschnit-ten zeigen, dass das polare WiderstandsmomentWp doppelt so groß ist wie das axiale Widerstands-moment WðWp ¼ 2WÞ, so dass im Nenner derTorsions-Hauptgleichung Wp durch 2W ersetztwerden kann.

Hinweis: Bekannt geworden sind vor allemdie Dehnungshypothese, die Schubspan-nungshypothese und die Hypothese dergroßten Gestaltanderungsenergie.

sv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffisb

2 þ 3ða0ttÞ2q

� sb zul

a0 ¼ sb Grenz

1,73tGrenzAnstrengungs-verhaltnis

a0 ¼ 1 wenn sb und tt im gleichenBelastungsfall wirken

a0 ¼ 0,7 wenn sb wechselnd (III) und ttschwellend (II) wirkt (Hauptfallbei Wellen, weil die Randfasernwahrend jeder Wellenumdrehungeinmal unter þsb und einmalunter �sb stehen.

sv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffisb

2 þ 3ða0ttÞ2q

sb ¼ Mb

Wtt ¼ MT

Wp¼ MT

2Weingesetzt :

sv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

W

� �2

þ3 a0MT

2W

� �2s

Beispiel:

Fur den Kreisquerschnitt ist

W ¼ pd 3

32und

Wp ¼ pd 3

16also auch

Wp ¼ 2 � pd3

32¼ 2W

5 Festigkeitslehre368

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Das Quadrat des Widerstandsmoments lasst sichunter der Wurzel ausklammern und dann als 1/Wvor die Wurzel schreiben. Bringt man das Wider-standsmoment W nun noch auf die linke Seite derGleichung, dann erhalt man dort das ProduktsvW . In Anlehnung an die Bezeichnung in derBiege-Hauptgleichung (Biegemoment Mb ¼ sbW)wird hier das entsprechende Produkt als Ver-gleichsmoment Mv bezeichnet.

Das Vergleichsmoment Mv lasst sich auch zeich-nerisch bestimmen (rechtwinkliges Dreieck, Lehr-satz des Pythagoras), wenn man beachtet, dass0,8662a0

2MT2 ¼ 0,75 (a0MT)2 ist.

Entsprechend der Biege-Hauptgleichung schreibtman sv ¼ Mv=W � sb zul und entwickelt darausmit W ¼ 0,1d 3 eine Gleichung fur den erforder-lichen Durchmesser einer Welle mit Kreisquer-schnitt.

Ebenso kann man bei Kreisquerschnitt verfahrenund

Werf ¼ Mv=sb zul ¼ 0,1d 3erfð1� q4Þ

schreiben, wenn man q ¼ di=d setzt. Auf dieseWeise erhalt man auch fur den Kreisringquer-schnitt eine Gleichung fur den erforderlichenAussendurchmesser d.

5.11.4.3 �bung zu Biegung und Torsion

Der gefahrdete Querschnitt einer Getriebewelle(Kreisquerschnitt) wird durch ein Biegemomentund ein Torsionsmoment beansprucht. Daraus sol-len Vergleichsmoment und Wellendurchmesser be-stimmt werden. Fur das Anstrengungsverhaltniswird a0 ¼ 0,7 eingesetzt (siehe Seite 368).

Losung: Die Losung macht keineSchwierigkeiten, weil hier nur mit denentwickelten Gleichungen zu arbeitenist.

Aufgaben Nr. 939–949

sv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

2

W2þ 3a0

2MT

2

4W2

rsv ¼ 1

W

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

2 þ 3

4ða0MTÞ2

rsvW ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

2 þ 0,75ða0MTÞ2q

Mv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

2 þ 0,75ða0MTÞ2q Vergleichs-

moment

Zeichnerische Be-stimmung des Ver-gleichsmoments Mv

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

Mv

0,1sb zul

3

rgilt fur Kreisquerschnitt

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

Mv

0,1sb zulð1� q 4Þ3

s

gilt fur Kreisquerschnitt mit:

q ¼ Innendurchmesser diAußendurchmesser d

Gegeben: Mb ¼ 416 NmMT ¼ 200 Nmsb zul ¼ 60 N=mm2, gewahlta0 ¼ 0,7

Gesucht: Mv und d

Mv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

2 þ 0,75ða0MTÞ2q

Mv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið416 � 103 NmmÞ2 þ 0,75ð0,7 � 200 � 103 NmmÞ2

qMv ¼ 43,3 � 104 Nmm

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

Mv

0,1sb zul

3

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi433 � 103 Nmm

0,1 � 60 N

mm2

3

vuutderf ¼ 41,6 mm dausgefuhrt ¼ 42 mm ðNormmaßÞ

derf Mv sb zul

mm NmmN

mm2

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 369

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Lehrbeispiel: Berechnung einer Getriebewelle

Aufgabenstellung:

Ein Getriebe mit Geradzahn-Stirnradern(Eingriffswinkel a ¼ 20�) soll eineGesamtubersetzung

iges ¼ n1

n4¼ 960 min�1

48 min�1 ¼ 20

durch zwei Zahnradpaare ermoglichen.Die Entwurfsberechnung ergab die Teil-kreisdurchmesser:

d1 ¼ 48 mmd2 ¼ 240 mm i1 ¼ 5d3 ¼ 72 mm i2 ¼ 4d4 ¼ 288 mm

Getriebeskizze

Es wird die Aufgabe gestellt, den Durchmesser fur die Getriebewelle II festzulegen, fur die Werkstoff E335verwendet werden soll. Da der Wirkungsgrad h fur Zahnradgetriebe sehr gut ist (hier etwa h � 0,96), kanner bei Festigkeitsrechnungen unberucksichtigt bleiben.

Losung:Die zu ubertragenden Drehmomente konnen aus gegebener Antriebsleistung P ¼ 8 kW und Antriebs-drehzahl n ¼ 960 min�1 berechnet werden.

M ¼ 9550Pn

MI ¼ 9550Pn

¼ 9550 � 8960

Nm ¼ 79,583 Nm

MII ¼ MIi1 ¼ 79,583 Nm � 5 ¼ 397,915 Nm

MIII ¼ MII i2 ¼ 397,915 Nm � 4 ¼ 1591,66 Nm

Aus den errechneten Drehmomenten ergeben sich die Umfangs-krafte am Teilkreisumfang:

M ¼ Fud2

Fu2 ¼ 2MII

d2¼ 2 � 397,915 � 103 Nmm

240 mm¼ 3316 N

Fu3 ¼ 2MII

d3¼ 2 � 397,915 � 103 Nmm

72 mm¼ 11053 N

Die Umfangskrafte Fu2 und Fu3 sind Komponenten der in Eingriffs-richtung auf die Zahne wirkenden Zahnkrafte F2 und F3 .Der Eingriffswinkel betragt a ¼ 20�.

Rad 1

Rad 3

Welle I

Rad 2

Rad 4

II

III

80 120 80

i2

i1

70°

P = 8 kW

n = 960 min–1

EingriffslinieC3

Ende des Eingriffs

Beginn des Eingriffs

Fu3

Fu3

F2F3

Fu2

F3Fu3

=cos �

Wälzvorgang in C3

Wälzpunkt C3

Wälzpunkt C1

vergrößert

Rad 4

Rad 3

III

I

II

Rad 2

Rad 1

Fu

M

d

d 2

5 Festigkeitslehre370

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Beachte: F3 ist die von Rad 4 auf Rad 3 ausgeubte Kraft.

Die Kraftrichtungen nach dem Gefuhl prufen: Zahnrad 2 muss von Rad 1 nach unten,Rad 3 dagegen von Rad 4 nach oben gedruckt werden.

F2 ¼ Fu2cos a

¼ 3316 Ncos 20� ¼ 3529 N

F3 ¼ Fu3cos a

¼ 11 053 Ncos 20� ¼ 11762 N

Diese Zahnekrafte F2 und F3 beanspruchen die Welle II auf Verdrehung und Biegung: Man bringt in denRadmittelpunkten je zwei Krafte F2 bzw. F3 an (zweite und vierte statische Grundoperation), dannergibt sich je ein Kraftepaar (Drehmoment MII ) und eine Einzelkraft (Biegekraft F2 und F3 ).

Die Kraftepaare ergeben Momente, die gleich groß sind und sich entgegenwirken:

þMII �MII ¼ 0; Welle II wird davon auf Verdrehung beansprucht. Die Komponenten Fx und Fy derBiegekrafte F2 und F3 sind aus dem Krafteck abzulesen:

F2y ¼ F2 sin 40� ¼ 3529 N � sin 40� ¼ 2268 N

F2x ¼ F2 cos 40� ¼ 3529 N � cos 40� ¼ 2703 N

F3y ¼ F3 sin 20� ¼ 11762 N � sin 20� ¼ 4023 N

F3x ¼ F3 cos 20� ¼ 11 762 N � cos 20� ¼ 11 053 N

Die perspektivische Belastungsskizze gibt Aufschluss uber die Weiterentwicklung der Rechnung:

Biegekraft F3

Rad 4

Rad 3

Kräftepaarerzeugt – MII

F3y

F3x

F3

III

20°

II

F3

Rad 1Kräftepaarerzeugt + MII

Biegekraft F2

II

Rad 2

40°

F2y

F2

F2F2x

F3y

FBy

F3x FBx

F2x F2y

FAy

FAx

Lager B

Rad 3

Rad 2Lager A

Welle II

80

80

120

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 371

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Man bestimmt nun die Stutzkraft-Komponenten FAx , FAy , FBx , FBy mit Hilfe der statischen Gleichgewichts-bedingungen (aus Platzgrunden kann hier SM ¼ 0 nicht ausgeschrieben werden):

waagerechte Ebene senkrechte Ebene

SMðAÞ ¼ 0 ¼ . . . SMðAÞ ¼ 0 ¼ . . .

FBx ¼ F2x � 80 mm þ F3x � 200 mm280 mm

FBy ¼ F3y � 200 mm þ F2y � 80 mm280 mm

FBx ¼ 8667 N FBy ¼ 2226 N

SFx ¼ 0 ¼ þFAx � F2x � F3x þ FBx SFy ¼ 0 ¼ þFAy � F2y þ F3y � FBy

FAx ¼ 5089 N FAy ¼ 471 N

Die Komponenten werden geometrisch addiert:

FA ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFAx 2 þ FAy 2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi50892 N2 þ 4712 N2

p¼ 5111 N

FB ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiFBx 2 þ FBy 2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi86672 N2 þ 22262 N2

p¼ 8948 N

Zur Ermittlung der großten Biegebeanspruchung werden fur die beiden Ebenen die Momentenflachengekennzeichnet und zu einer resultierenden Momentenflache geometrisch addiert.

Die großte Biegebeanspruchung ist bei Rad 3 vorhanden.

Mb max ¼ Mres 3 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiM3x

2 þM3y2

qMb max ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið69,3 � 104 NmmÞ2 þ ð17,8 � 104 NmmÞ2

qMb max ¼ 71,55 � 104 Nmm

waagerechte Ebene

FAx

F3y

F2y FBy

FAy

FBx

M2x

Mres2

F3xF2x

geometrische Addition

senkrechte Ebene

resultierende Momentenfläche

=F

·80mm

=40,7·10

Nmm

Ax

4

M = F · 80 mm2y Ay

= 3,77 · 10 Nmm4

M = F · 80 mm3y By

= 17,8 · 10 Nmm4

M3x

=F

·80mm

=69,3·10

Nmm

Bx

4

Mres3

Mres2

Mres3

5 Festigkeitslehre372

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Die Welle II wird beim Rad 3 beansprucht durch

das Biegemoment Mb max ¼ 71,55 � 104 Nmm und

das Torsionsmoment MT ¼ 39,79 � 104 Nmm.

Weil das Torsionsmoment MT ¼ MII in der Welle II von Rad 2 bis Rad 3 konstant ist, ergibt sich der gefahr-dete Querschnitt im Punkt der großten Biegebeanspruchung, also bei Rad 3.

Das resultierende Moment Mv aus Biege- und Torsionsbeanspruchung (¼ Vergleichsmoment) betragt:

Mv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiMb

2 þ 0,75ða0MT Þ2q

Bei gleichbleibender Drehrichtung liegt wechselnde Biege- und schwellende Torsionsbeanspruchung vor,also a0 ¼ 0,7

Mv ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið71,55 � 104 NmmÞ2 þ 0,75ð0,7 � 39,79 � 104 NmmÞ2

qMv ¼ 75,51 � 104 Nmm

Nach Abschnitt 5.11.4.2 (Seite 368) lasst sich das Vergleichsmoment Mv auch zeichnerisch bestimmen.Beachte: 0,866 � a0 �MT ¼ 0,866 � 0,7 �MT ¼ 0,606 �MT .

Momentenmaßstab MM ¼ 15 � 104 Nmmcm

(1 cm ¼b 15 � 104 Nmm)

Ergebnis:

Mv ¼ 5 cm � 15 � 104 Nmmcm

¼ 75 � 104 Nmm

Mit dem Vergleichsmoment Mv und der zulassigen Biegespannung kann der Wellendurchmesserbestimmt werden:

sv ¼ Mv

W� sb zul W ¼ 0,1d3 fur den Kreisquerschnitt eingesetzt und nach d aufgelost :

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

Mv

0,1sb zul

3

ssb zul ¼ 80

Nmm2 gewahlt

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi75,51 � 104 Nmm

0,1 � 80 Nmm2

3

vuuutderf ¼ 45,53 mm d ¼ 46 mm gewahlt ðNormmaßÞ

Mv

Mb max

0,606MT

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 373

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5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit

5.12.1 Festigkeitswerte im Spannungs-Dehnungs-Diagramm

Beim Zugversuch nach DIN EN 10002 wird eineZugprobe allmahlich verlangert und die dabei vonder Zugprufmaschine angezeigte Zugkraft F er-mittelt. Aus der Zugkraft F wird die auf denAusgangsquerschnitt A0 bezogene Zugspannungsz ¼ F=A0 berechnet. Ebenso aus der Langenande-rung Dl die auf die Messlange l0 bezogene Deh-nung e.

Zu jeder berechneten Spannung gehort ein be-stimmter Dehnungswert. Tragt man die Spannungs uber der Dehnung e in ein rechwinkliges Achsen-kreuz ein, dann erhalt man das Spannungs-Deh-nungs-Diagramm. Bis zum Punkt E verhalt sichStahl elastisch. Der zugehorige Festigkeitswert istdie Elastizitatsgrenze sE. Bei anschließender Ent-lastung ist keine bleibende Dehnung festzustellen.

Bis zum Punkt P ist der Spannungsanstieg gerad-linig, also gilt bis zur Proportionalitatsgrenze sP

das Hooke’sche Gesetz s ¼ eE. Der Elastizitats-modul E erscheint im schraffierten Dreieck alsTangens des Neigungswinkels der Spannungslinie(tan j ¼b E).

Die den Punkten P und E entsprechenden Festig-keitswerte (Proportionalitats- und Elastizitats-grenze) sind nicht leicht zu bestimmen.

Anders dagegen ist es mit Punkt S (StreckgrenzeRe). Er ist durch einen plotzlichen Spannungs-abfall deutlich markiert (jedenfalls bei weichemStahl) und erscheint in allen Festigkeitsangaben.Die Streckgrenze ist der wichtigste Festigkeitswertbei statischer (ruhender) Belastung. Den eigen-tumlichen Zustand des Spannungsabfalls bei fort-schreitender Verlangerung des Stabes nennt manFließen des Werkstoffes.

Es gibt Werkstoffe ohne erkennbare Streckgrenze(z. B. legierte Stahle). Als gleichwertigen Ersatzermittelt man fur diese Werkstoffe die 0,2 %-Dehngrenze und nennt die dort wirkende Span-nung Rp 0,2.

Dehnung e ¼ Verlangerung Dl

Ursprungslange l0

e ¼ Dl

l0¼ l� l0

l0

Spannungs-Dehnungs-Diagramm fur Stahl(schematisch)

Zusammenfassung der Festigkeitswerte furZugbeanspruchung (Tabelle 5.8, Seite 384):

sE

sP

Elastizitatsgrenze

Proportionalitatsgrenze

�von geringerer

Bedeutung

Re Streckgrenze, wichtigster Kennwert,fur S235JR z. B. Re ¼ 235 N/mm2

Rm Zugfestigkeit fur S235JRz. B. Rm � 360 N/mm2

Rp 0,2 0,2 %-Dehngrenze ist die Spannung,bei der nach Entlastung der Zugprobeeine bleibende Dehnung e ¼ 0,2 %zuruckbleibt.

e Dl, l, l0

1 mm

5 Festigkeitslehre374

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5.12.2 Einflusse auf die Festigkeit des Bauteils

5.12.2.1 Beanspruchungsart und Festigkeit

Die verschiedenen Beanspruchungsarten (Zug, Ab-scheren, Biegung usw.) rufen in den BauteilenSpannungen verschiedener Richtung (Normal- undSchubspannungen) hervor. Auch die Spannungs-verteilung uber dem Querschnitt ist z. B. bei Zugund Biegung verschieden, so dass es einleuchtet,dass die Festigkeitswerte fur die einzelnen Bean-spruchungsarten zum Teil recht unterschiedlichsind.

Den erheblichen Unterschied zwischen Zug- undDruckfestigkeit bei Gusseisen erklart der Gefuge-aufbau: Die zwischen den Korngrenzen liegendenGraphitteilchen vermindern bei Zugbeanspruchungden Zusammenhang der Korner, wahrend sie beiDruck mittragen.

Stahl halt im Gegensatz zu Gusseisen bei Zug-und Druckbeanspruchung gleich viel aus. AndereFestigkeitswerte werden von der Art der Beanspru-chung beeinflusst. So andert sich beispielsweisedie Streckgrenze bei E295 in folgender Weise:

Re bei Zug ¼ 280 N/mm2

Re bei Biegung ¼ 350 N/mm2

Re bei Verdrehung ¼ 190 N/mm2

5.12.2.2 Temperatur und Festigkeit

Bei hoherer Temperatur als 20 ºC wird die Festig-keit des Werkstoffs vermindert. Zum Vergleich dieStreckgrenzwerte fur GJMW-400-5:

Re bei 20 ºC ¼ 220 N/mm2

Re bei 200 ºC ¼ 180 N/mm2

Re bei 300 ºC ¼ 140 N/mm2

5.12.2.3 Belastungsart und Festigkeit

Die Festigkeit eines Bauteils ist nicht nur von derBeanspruchungsart wie Zug, Verdrehung usw. ab-hangig; sie wird außerdem sehr stark beeinflusstdurch die Belastungsart, d. h. durch den zeitlichenVerlauf der jeweils vorliegenden Spannung.

Beispiel:

Die Zugfestigkeit Rm von GJL-200 beiRaumtemperatur betragt (siehe Tabelle 5.9,Seite 384):

Zugfestigkeit Rm ¼ 200 N/mm2

Druckfestigkeit sdB ¼ 720 N/mm2

Biegefestigkeit sbB ¼ 290 N/mm2

sdB � 4 � Rm (gilt nur fur GJL)

Beachte: Bei der Auswahl der Festigkeits-werte ist die Beanspruchungsart (Zug,Druck, Biegung, Torsion) zu berucksich-tigen.

Beachte: Bei der Auswahl der Festigkeits-werte ist die Temperatur zu berucksichtigen.

Beachte:Man unterscheidet drei idealisierteBelastungsfalle: ruhende, schwellende undwechselnde Belastung (Fall I, II und III).

5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit 375

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a) Ruhende (statische) Belastung

Wird ein Blechband nach Skizze im Schraubstockin eine Richtung gebogen und dort festgehalten,liegt festigkeitstechnisch „statische“ oder „ruhen-de“ Belastung vor. Die Spannung s steigt dabei vonnull auf einen Hochstwert an und bleibt dann gleichgroß. Diese Belastungsart wird als Belastungsfall Ibezeichnet. Er kann bei jeder Beanspruchungsartauftreten (Zug, Druck, Biegung, Torsion).

Man unterscheidet in der Zustandsbeschreibungzwischen Belastung und Beanspruchung.

Fur Festigkeitsrechnungen maßgebend ist die imZugversuch nach DIN 10020 ermittelte Streck-grenze Re oder die fur festere Stahlsorten entspre-chende 0,2%-Dehngrenze Rp 0,2 (siehe 5.12.1) undTabelle 5.8 (Seite 384).

b) Schwellende (dynamische) Belastung

Wird das Blechband fortwahrend in eine Richtunggebogen und von dort in die Ausgangsstellungzuruckgefuhrt, ist das „schwellende“ Belastung.Die Spannung s schwillt dabei zwischen null undeinem Hochstwert an und ab. Die Zeitdauer einersolchen Schwingung ist festigkeitstechnisch ohneEinfluss.

Diese Belastungsart ist als Belastungsfall II be-kannt. Er kann ebenfalls bei jeder Beanspru-chungsart auftreten.

Fur Festigkeitsrechnungen an Bauteilen, die indieser Weise belastet werden, ist die im Dauer-schwingversuch nach DIN 50100 ermittelteSchwellfestigkeit sSch oder tSch maßgebend(Werte in Tabelle 5.8).

c) Wechselnde (dynamische) Belastung

Wird das Blechband fortwahrend in entgegen-gesetzte Richtungen gebogen, ist das „wechselnde“Belastung. Ebenso wie die Belastung F wechseltdie Spannung s ihre Richtung zwischen gleichgroßen Plus- und Minuswerten. Auch hier ist dieSchwingungsfrequenz festigkeitstechnisch ohneEinfluss. Diese Belastungsart ist als Belastungs-fall III bekannt. Er kann ebenfalls bei jeder Bean-spruchungsart auftreten.

Belastungsart ruhend

Belastungsart schwellend

Die Schwellfestigkeit ist diejenige Span-nung, die ein schwellend belasteter, glat-ter, polierter Probestab dauernd ertragt,ohne zu brechen.

Balastungsart wechselnd

5 Festigkeitslehre376

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Fur Festigkeitsrechnungen an Bauteilen, die indieser Weise belastet werden, ist die im Dauer-schwingversuch nach DIN 50100 ermittelte Wech-selfestigkeit sW oder tW maßgebend (Werte in Ta-belle 5.8).

Wie Tabelle 5.8 zeigt, ist die Wechselfestigkeitimmer kleiner als die entsprechende Schwellfestig-keit: Ein wiederholt hin- und her gebogenesBauteil bricht nach einer geringeren Anzahl Last-wechsel als ein schwellend belastetes Teil.

5.12.2.4 Gestalt und Dauerfestigkeit

Die Festigkeitswerte sSch, tSch, sW, tW aus demDauerschwingversuch nach DIN 50100 werdenmit dem Sammelbegriff „Dauerfestigkeit sD, tD“bezeichnet. Man ermittelt sie an glatten, poliertenStaben mit einem Durchmesser von 7 bis 15 mm,am haufigsten als Biegewechselfestigkeit sbW.

Sollen die an Probestaben gemessenen Festigkeits-werte auf Bauteile anderer Große, Form und Oberfla-che ubertragen werden, dann ist noch zu beachten:

a) Große und Dauerfestigkeit

Die Dauerfestigkeitswerte nehmen vor allem beiBiegebeanspruchung mit steigendem Durchmesserab. Bei Großteilen muss also mit kleineren Wertengerechnet werden.

b) Form und Dauerfestigkeit

Die meisten Bauteile weichen von der Form desProbestabs ab, hauptsachlich durch Kerben jederForm. Im erweiterten Sinn ist jede schroffe Quer-schnittsanderung eine Kerbe.

Die Kerbe ruft im Querschnitt ortliche Spannungs-spitzen hervor. Messungen zeigen, dass die Span-nungsspitze im Kerbgrund ein Mehrfaches derrechnerischen Spannung betragen kann. Die rech-nerische Spannung heißt Nennspannung sn. DieSpannungsspitze wird umso großer, je spitzer dieKerbe ist; jedoch tritt nicht bei allen Werkstoffendie Spannungserhohung in gleichem Maß auf.Hochlegierte und gehartete Stahle sind am kerb-empfindlichsten, Gusseisen und viele Leicht-metalllegierungen sind wenig kerbempfindlich.

Die Wechselfestigkeit ist diejenige Span-nung, die ein wechselnd belasteter, glat-ter, polierter Probestab dauernd ertragt,ohne zu brechen.

Beispiele (siehe Tabelle 5.8, Seite 384):

sb Sch, E335 ¼ 435 N/mm2

tt Sch, E295 ¼ 160 N/mm2

szW, E360 ¼ 310 N/mm2

ttW, S235JR ¼ 105 N/mm2

Beachte: Die Beanspruchungsart wird mitkleinem, die Belastungsart mit großem Buch-staben gekennzeichnet.

Beispiele:

10 % weniger bei 20 mm Durchmesser20 % weniger bei 30 mm Durchmesser30 % weniger bei 50 mm Durchmesser40 % weniger bei 100 mm Durchmesser

Beispiele fur Kerben:

Wellenabsatze, Keilnuten, Bohrungen,Naben.

Spannungsverlauf im Kerbquerschnitt(Belastungsart wechselnd,Beanspruchungsart Zug/Druck).

5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit 377

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Die tatsachliche ortliche Spannungsspitze smax istdie Kerbspannung, die aus Nennspannung sn undso genannter Kerbwirkungszahl bk

1) berechnetwird.

Jede Kerbe verringert demnach die Dauerfestigkeitdes Bauteiles mehr oder weniger, wie man am Bei-spiel eines wechselnd auf Biegung beanspruchtenProbestabs erkennen kann. sbWK ist die Kerb-Wechselfestigkeit.

Der festigkeitsmindernde Einfluss der Kerbe wirdbei hochfesten Stahlen besonders deutlich.

Die Dauerfestigkeitswerte sSch, sW, tSch, tWkennzeichnen diejenige Spannung, die einglatter, polierter Probestab im Dauerschwing-versuch (DIN 50100) dauernd ertragt, ohne zubrechen.Die Kerb-Dauerfestigkeitswerte sSchK, sWK,tSch K, tWK geben diejenigen Spannungen an,die ein gekerbter Probestab im Dauerschwing-versuch dauernd ertragt, ohne zu brechen.

Mit bekannter Kerbwirkungszahl bk und Dauerfes-tigkeit kann die Kerb-Dauerfestigkeit berechnetwerden.

Angenommen, die Kerbwirkungszahl bk einer mitLagerzapfen abgesetzten Welle aus E295 sei be-kannt (bk ¼ 1,8). Die Welle wird wechselnd aufBiegung beansprucht. Dann kann mit dem Festig-keitswert aus Tabelle 5.8 (Seite 384), die Kerb-wechselfestigkeit sbWK berechnet werden.

c) Oberflache und Dauerfestigkeit

Die Probestabe sind poliert und gelappt. Eineandere Oberflachengute setzt die Dauerfestigkeitdes Bauteils herab.

Oberflachendrucken, Harten und Ziehen kanndagegen die Dauerfestigkeit deutlich erhohen.

smax ¼ sn � bk

Beispiel:

Biege-Wechselfestigkeit des glatten, poliertenund des gekerbten (Index K) Stabes aus E295.

sbW, glatt ¼ 245 N=mm2 ðTabelle 5:8; Seite 384ÞsbWK ¼ 136,1 N=mm2

Beispiel:

Fur Federstahl betragt:

sbW ¼ 560 N=mm2 ðWechselfestigkeitÞsbWK ¼ 270 N=mm2ðKerb-Wechselfestigkeit)

Das Verhaltnis von Dauerfestigkeit zur Kerb-Dauerfestigkeit nennt man die

Kerbwirkungszahl bk ¼Dauerfestigkeit

Kerb-Dauerfestigkeit

bk ¼sD

sDK

Kerbwirkungszahl(Tabelle 5.7, Seite 384)

Die Kerbwirkungszahl bK ist abhangig vomWerkstoff, von der Kerbform und von derBeanspruchungsart des gekerbten Stabes.

sDK ¼ sD

bkKerb-Dauerfestigkeit

Beispiel:

sbW, E295 ¼ 245 N=mm2 (Tabelle 5.8)

sbWK ¼ sbW

bk¼

245N

mm2

1,8¼ 136,1

N

mm2

Hinweis: Man rechnet mit einem Abzug

von 10% bei geschliffener Oberflache,von 20% bei geschlichteter Oberflache undvon 30% bei Walz-, Gluh- oder Gusshaut.

1) Beachte: Zu den Rechnungen nach der FKM-Richtlinie (siehe 5.12.3.5) wird mit der KerbwirkungszahlKf gearbeitet.

5 Festigkeitslehre378

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5.12.3 Spannungsbegriffe

5.12.3.1 Nennspannung

Berechnet man die Normal- oder Schubspannung (s, t) mit den klassischen Gleichungen derFestigkeitslehre (wie im Buch), z. B. die Normalspannung sz ¼ F=A in einem Zugstab, wirddie Zuspannung als Zug-Nennspannung sz, n bezeichnet. Vereinbart gelten die Bedingungen:a) gleichmaßig verteilter Kraftfluss uber dem belasteten Querschnitt, b) es treten nur elastischeVerformungen auf, c) die Schnittflachen bleiben dabei eben.

5.12.3.2 �rtliche Spannung

Bei den praktisch verwendeten Bauteilen treten die obigen Bedingungen selten zusammen auf.Die Bauteile weichen von der idealisierten Form des glatten, polierten Probestabs im genormtenZugversuch ab, z. B. durch Kerben aller Art (Rundkerbe, Spitzkerbe), durch Absatze mit unter-schiedlichen Abrundungsradien, durch Querbohrungen und Wanddurchbruche. Dadurch andernsich Verlauf und Dichte der Kraftflusslinien, sie werden an Querschnittsubergangen zusammen-gedrangt und die auftretende Spannung wird um eine Formzahl großer als die berechnete Nenn-spannung sz, n¼ F=A. Diese Spannung nennt man ortliche Spannung oder Kerbspannung.

5.12.3.3 Zulassige Spannung

Die zulassige Spannung wird zur Bestimmung geo-metrischer Großen am Bauteil gebraucht. Bei-spielsweise soll der erforderliche Querschnitt Aerf

(Durchmesser d) eines Zugankers aus Stahl S235JRbei gegebener maximaler Zugkraft Fmax ¼ 50 MNermittelt werden. Es liegt schwellende Belastungvor. Fur die Zugbeanspruchung gilt die Nennspan-nungsgleichung sz, n¼ F=A oder Aerf¼ Fmax=sz zul .Zur Wahl der zulassigen Spannung sz zul wird derWerkstoffkennwert Kw des Werkstoffs zugrundegelegt.

Bei ruhender Belastung ware dies die Streck-grenze Re des Werkstoffs: Kw ¼ Re ¼ 235 N/mm2

(Tabelle 5.8, Seite 384 fur S235JR).

In festigkeitstechnische Entwurfsberechnungenfuhrt man den Ausnutzungsgrad n < 1 ein undsetzt sz zul ¼ sz Entwurf ¼ n � Kw ¼ n � Re.

Bei dynamischer Belastung wird als Werkstoff-kennwert Kw die Schwell- oder Wechselfestigkeit(Tabelle 5.8) eingesetzt (Kw ¼ sz Sch oder sz, dW).Mit sz Sch, S235JR ¼ 158 N=mm2 und Ausnut-zungsgrad n ¼ 0,8 fur schwellende Belastungund geschmiedetes Bauteil erhalt man den gesuch-ten erforderlichen Durchmesser derf ¼ 22,5 mm.Weitere Rechnungen werden mit dem nachst hohe-ren Normmaß dNorm ¼ 25 mm durchgefuhrt.

Spannungs-Dehnungs-Diagramm (schematisch)

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

4Fmax

p � n � sz; Sch

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 � 50 � 103 N �mm2

p � 0,8 � 158 N

s¼ 22,5 mm

dNorm ¼ 20

5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit 379

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5.12.3.4 Berechnungen im Buch

Aufgaben zur Festigkeitslehre werden im Lehrbuch (Beispiele, �bungen) und im Losungsbuchzur Aufgabensammlung1) auf folgenden Wegen gelost:

a) Gestalt und Bemaßung des Bauteils sind in einer Konstruktionsskizze dargestellt:

Mit den Gesetzen der Statik werden die von außen auf das Bauteil einwirkenden Krafte F(Normal- und Querkrafte) und Momente M (Dreh-, Biege- und Torsionsmomente) ermittelt.Mit diesen Großen lassen sich die inneren Krafte und Momente bestimmen (siehe 5.1.7, Seite270). Daraus konnen die auftretenden Nennspannungen svorh und tvorh und die Formanderun-gen (z. B. Langenanderungen Dl ) am vorhandenen Bauteil berechnet werden.

b) Vom geplanten Bauteil sind die Hauptmaße fur eine Entwurfsskizze zu berechnen:

Die Hauptabmessungen wie Kantenlangen l oder Durchmesser d am Entwurf werden mit einerzulassigen Spannung szul und tzul ermittelt. Man nennt diese Entwurfsberechnung das„Dimensionieren“ des Bauteils. Dazu ist eine „zulassige“ Spannung vorzugeben (szul ¼sEntwurf ), die aus Tabellen entnommen oder aus Erfahrungswerten festgelegt werden kann.

Fur die Festigkeitsrechnungen im Lehrbuch und fur die entsprechenden Aufgaben in derAufgabensammlung werden die Bezeichnungen szul ¼ sEntwurf methodisch gleichwertig ver-wendet.

5.12.3.5 Praktische Festigkeitsberechnungen im Maschinenbau

Ziel aller Festigkeitsrechnungen ist die Ermittlung der vorhandenen Spannung und der Nach-weis, dass ein konstruiertes Bauteil mit Sicherheit „halt“. So muss seine geforderte oder erwar-tete Tragfahigkeit unter allen denkbaren Umstanden gewahrleistet sein, es darf z. B. auch beiDauerbelastung in der vorgeschriebenen Lebensdauer nicht brechen oder seine Form bleibendso verandern, dass es seine Funktion nicht mehr ausreichend erfullt. Das gilt fur den Maschi-nen- und Geratebau ebenso wie fur den Stahlbau- und Stahlhochbau (Brucken- und Gebaude-bau), den Schiffs- und Flugzeugbau. Am Ende dieser Berechnungen steht der Zahlenwert furdie „Sicherheit S � geforderter Mindestsicherheit Smin“.

Die Festigkeitsrechnung beginnt mit dem Festlegen der Entwurfs- oder Dimensionierungs-spannung sEntwurf � szul. Damit werden die Hauptmaße der Konstruktion berechnet, z. B. derDurchmesser einer Welle an einer bestimmten Stelle, dem sog. gefahrdeten Querschnitt.

Mit der Wahl des Werkstoffs liegen die Festigkeitsgroßen vor, z. B. die Zug-, Druck-, Biege-und Torsions-Wechselfestigkeit (szW, sdW, sbW, ttW) oder die entsprechenden 0,2%-Dehn-grenzen (Rp 0,2). Diese aus Tabellen greifbaren Werte sind an genormten (glatten, polierten)Probestaben ermittelt worden (also nicht am Maschinenbauteil selbst) oder an Bauteilen mitanderer Oberflachenbeschaffenheit, anderer Form usw. Zur Ermittlung der sog. Gestaltfestig-keit werden Faktoren K in die Berechnung der Sicherheit SD gegen Dauerbruch (Dauerhaltbar-keit) oder gegen bleibende Verformung (Fließgrenze) eingefuhrt, z. B. der Rauheitsfaktor KFs

oder die Kerbwirkungszahl Kf, die aus der Kerbformzahl Kt berechnet werden kann. Auf dieseWeise wird z. B. die Biegewechselfestigkeit des Probestabs sbW in die BiegewechselfestigkeitsbWK des gekerbten Stabs umgerechnet.

1) Losungen zur Aufgabensammlung Technische Mechanik, Boge/Schlemmer, 15. Auflage 2011,Vieweg þ Teubner

5 Festigkeitslehre380

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Die dazu erforderlichen Rechnungsgange, Methoden und Tabellen liegen unter anderem vor in:

FKM-Richtlinie: Rechnerischer Festigkeitsnachweis fur Maschinenbauteile, 5. erweiterte Aus-gabe 2003, VDMAVerlag;

DIN 743 Tragfahigkeitsberechnung von Wellen und Achsen, Oktober 2000;

VDI-Richtlinie, VDI 2230: Systematische Berechnung hoch beanspruchter Schraubenverbin-dungen.

5.12.4 Dauerbruchsicherheit

5.12.4.1 Sicherheit SD bei ruhender Belastung

Ruhende Belastung ist im Maschinenbau selten.Der zugehorige Festigkeitswert ist fur Baustahl dieStreckgrenze Re des verwendeten Werkstoffs undder vorliegenden Beanspruchungsart (Zug, Druck,Biegung, Torsion). Bei festeren Stahlsorten wieVergutungsstahl tritt an die Stelle der Streckgrenzedie 0,2%-Dehngrenze Rp 0,2 (siehe 5.12.1). Eine�bersicht gibt Tabelle 5.8.

Bei Werkstoffen ohne ausgepragte Fließgrenze wieGusseisen werden die Zugfestigkeit Rm und dieBruchfestigkeiten sdB, sbB aus Tabelle 5.9 ver-wendet.

Kerbwirkungen sind beim Belastungsfall I (ruhend) nicht zu berucksichtigen. Die Bruchgefahrwird bei Ruhelast durch Kerben nicht erhoht, sondern durch Stutzwirkung weniger belasteterStoffteilchen eher vermindert. Bei GJL (Lamellengusseisen) ist die Kerbwirkung durch dasschon von Graphitteilchen vorgekerbte Gefuge selbst bei dynamischer Belastung (schwellend,wechselnd) kaum spurbar (Kerbwirkungszahl bk ¼ 1).

5.12.4.2 Sicherheit SD bei dynamischer Belastung

Schwellende und wechselnde Belastung tritt imMaschinenbau am haufigsten auf.

Der zugehorige Festigkeitswert ist die Dauerfestig-keit sD des verwendeten Werkstoffs bei der vorlie-genden Beanspruchungsart (Zug=Druck, Biegung,Torsion).

SD ¼ Re

sn¼ Rp 0;2

sn� Smin ¼ 1,5

(gilt fur Stahl; sn Nennspannung)

SD ¼ Rm

sn� Smin ¼ 2,0

(gilt fur Gusseisen)

SD ¼ sD b1 b2bk sn

� Smin ¼ 1,2

(fur Bauteile mit Kerbwirkung)

sn Nennspannung,

b1 Oberflachenbeiwert, siehe Diagramm,

b2 Großenbeiwert, siehe Diagramm,

bk Kerbwirkungszahl siehe Tabelle 5.7(Seite 384).

5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit 381

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Die Dauerfestigkeit sD des Probestabs wird durchdie Faktoren b1, b2, bk verringert, sie erhalten inder neueren Literatur1) zum Teil andere Bezeich-nungen z. B. Kf, b statt bk, b fur die Kerbwirkungs-zahl bei Biegebeanspruchung.

Die vorhandene Sicherheit vvorh lasst sich mit derDauerfestigkeit, der Nennspannung sn und denbeiden Beiwerten fur Oberflachen- und Großenein-fluss sowie der Kerbwirkungszahl bk bestimmen.

Die Nennspannung sn ist die Spannung, die mitHilfe der bekannten Hauptgleichungen berechnetwurde.

Der Oberflachenbeiwert b1berucksichtigt das Zuruck-gehen der Dauerfestigkeitdurch Oberflachenrauigkei-ten (Schleif- oder Drehrie-fen, Poren, Walznarben).

Der Großenbeiwert b2 be-rucksichtigt das Zuruckge-hen der Dauerfestigkeit mitzunehmender Baugroße. b2kann nur fur Wellen angege-ben werden.

5.12.5 �bungen zur Dauerfestigkeit

1. �bung: Ein Bauteil aus S235JR wird durchF ¼ 6000 N schwellend auf Zug beansprucht.Gefahrdeter Querschnitt A ¼ 100 mm2

Kerbwirkungszahl bk ¼ 3,1.

Die vorhandene Sicherheit und die maximaleSpannung sollen berechnet werden.

Losung: Die Nennspannung sn wird immer ausden bekannten Hauptgleichungen berechnet, hieralso aus der Zug-Hauptgleichung.

vvorh ¼ sDb1b2sn

¼ mindestens 1,2

bei Bauteilen ohne Kerbwirkung

vvorh ¼ sDb1b2sn bk

¼ mindestens 1,2

bei Bauteilen mit Kerbwirkung, bk bekannt

Gegeben: Werkstoff S235JRZugkraft F ¼ 6000 NBelastungsfall II (schwellend)Querschnitt A ¼ 100 mm2

Kerbwirkungszahl bk ¼ 3,1

Gesucht: Vorhandene Sicherheit SD; vorhSpannungsspitze smax

sn ¼ F

A¼ 6000 N

100 mm2¼ 60

N

mm2

1) z. B. FKM-Richtlinie fur den rechnerischen Festigkeitsnachweis, siehe Seite 381

5 Festigkeitslehre382

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Aus Tabelle 5.8 wird die Zug-Schwellfestigkeitdes Werkstoffs S235JR entnommen(sz Sch ¼ 158 N=mm2)und bestimmt damit die vorhandene Sicherheit.

Die Spannungsspitze ist das Produkt aus Nenn-spannung und Kerbwirkungszahl. Die Rechnungzeigt, dass smax > sz Sch ist.

Abschließend bestimmt man noch die Festigkeitdes gekerbten Bauteils, die Kerb-DauerfestigkeitsDK. Sie soll großer sein als die geforderte Min-destsicherheit Smin ¼ 1,2.

2. �bung: Fur eine auf Biegung schwellend be-anspruchte Achse aus S275JO ist die vorhandeneSicherheit Svorh zu ermitteln.

Der Querschnitt ist durch eine Sicherungsring-Kerbe geschwacht.

Losung: Aus Tabelle 5.8 wird die Schwellfestig-keit sb Sch ¼ 320 N=mm2 entnommen, aus Tabelle5.7 die Kerbwirkungszahl bk � 3 fur Sicherungs-kerben.

Die vorhandene Nennspannung betragt mitd ¼ 50 mm sn ¼ 25,5 N/mm2.

Mit dem Oberflachenwert b1 ¼ 0,85 (geschlich-tet) und mit dem Großenbeiwert b2 ¼ 0,7 (fur40 . . . 120 mm) kann die Sicherhet SD gegenDauerbruch berechnet werden. Die vorhandeneSicherheit ist großer als die Mindestsicherheit:SDvorh ¼ 2,5 > Smin ¼ 1,2.

3. �bung: Der gefahrdete Querschnitt des skiz-zierten Flachstabs wird mit einer Zugspannung(Nennspannung) sz, n ¼ 60 N/mm2 schwellendbeansprucht. Zu ermitteln ist die Sicherheit SD ge-gen Dauerbruch.

Losung: Mit sz Sch ¼ 158 N=mm2 aus Tabelle 5.8und bk ¼ 1,8 aus Tabelle 5.7 fur Flachstabe mitQuerbohrung sowie b1 ¼ 0,8 (geschruppt) undb2 ¼ 1 (geschatzt) ist die SicherheitSDvorh ¼ 1,17 < Smin ¼ 1,2.

vvorh ¼ sz Sch

sn bk¼

158N

mm2

60N

mm2� 3,1

¼ 0,85

smax ¼ sn bk ¼ 60N

mm2� 3,1 ¼ 186

N

mm2

sDK ¼ sz SchK ¼ sz Sch

bk¼

158N

mm2

3,1¼ 51

N

mm2

Gegeben:Werkstoff S275JOBelastungsfall IIBiegebeanspruchungDurchmesser d ¼ 50 mmGesucht:Sicherheit gegen Dauerbruch

SD ¼ sD b1 b2bk sn

¼320

N

mm2� 0,85 � 0,7

3 � 25,5 N

mm2

¼ 2,5 > Smin

sn Nennspannung,

b1 Oberflachenbeiwert, siehe Diagramm,

b2 Großenbeiwert, siehe Diagramm,

bk Kerbwirkungszahl siehe Tabelle 5.7.

Gegeben:Werkstoff S235JR

Belastungsfall II

Zugbeanspruchung

Nennspannung 60 N/mm2

Gesucht:Sicherheit SD

SD ¼ sD b1 b2bk sn

¼158

N

mm2� 0,8 � 1,0

1,8 � 60 N

mm2

¼ 1,17

5.12 Festigkeit, zulassige Spannung, Sicherheit 383

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Tabelle 5.7 Richtwerte fur die Kerbwirkungszahl bk

Kerbform Beanspruchung Werkstoff bk

Hinterdrehung in Welle (Rundkerbe)Hinterdrehung in Welle (Rundkerbe)Eindrehung fur Sicherungsring in Welleabgesetzte Welle (Lagerzapfen)abgesetzte Welle (Lagerzapfen)Passfedernut in WellePassfedernut in WellePassfedernut in WellePassfedernut in WelleQuerbohrung in Achse (Schmierloch)Bohrung in FlachstabBohrung in FlachstabWelle an �bergangsstelle zu festsitzender Nabe

BiegungVerdrehungBiegung und VerdrehungBiegungVerdrehungBiegungBiegungVerdrehungVerdrehungBiegung und VerdrehungZugBiegungBiegung und Verdrehung

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{z

fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}

S235JR-E335

CrNiStS235JR-E335CrNiSt

|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflffl

fflfflfflfflffl}

S235JR-E335

1,5 . . . 2,21,3 . . . 1,83 . . . 4

1,5 . . . 2,01,3 . . . 1,8

1,51,82,32,8

1,4 . . . 1,71,6 . . . 1,81,3 . . . 1,5

2

Tabelle 5.8 Festigkeitswerte fur Stahle (alle Werte in N/mm2)

Werkstoff Rm Re,Rp 0,2 szd Sch szdW sb Sch5Þ sbW tt Sch6Þ ttW Elastizitats-modul E

Schub-modul G

S235JRS275JOE295S355JOE335E36050 CrMo42)

20 MnCr53)

34 CrAlNi74)

36043049051059069011001200900

235275295355335360900850680

158185205215240270385365335

160195220230265310495480405

270320370380435500785765650

180215245255290340525510435

115140160165200220350335300

105125145150170200315305260

210000210000210000210000210000210000210000210000210000

800008000080000800008000080000800008000080000

1) Richtwerte fur dB < 16 mm, 2) Vergutungsstahl, 3) Einsatzstahl, 4) Nitrierstahl,5) berechnet mit 1,5 � sbW, 6) berechnet mit 1,1 � ttW

Tabelle 5.9 Festigkeitswerte fur Gusseisen (alle Werte in N/mm2)

Werkstoff Rm Re,Rp 0,2 sdB sbB szdW sbW ttW Elastizitatsmodul E Schubmodul G

GJL-150GJL-200GJL-250GJL-300GJL-350GJMW-400-5GJMB-350-10

150200250300350400350

90130165195228220200

600720840960108010001200

250290340390490800700

40506075851201000

7090120140145140120

6075100120125115100

82000100000110000120000130000175000175000

35000400004300049000520006700067000

Diese Werte gelten fur 15–30 mm Wanddicke; fur 8–15 mm 10% hoher, fur > 30 mm 10% niedriger;Dauerfestigkeitswerte im bearbeiteten Zustand; fur Gusshaut 20% Abzug.

5 Festigkeitslehre384

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6 FluidmechanikFormelzeichen und Einheiten1)

F, FI , FD N Kraft, Impulskraft, Druckkraft_II N Impulsstromm kg Masse_mm kg/s Massenstromp N/m2 ¼ Pa DruckRe 1 Reynolds’sche Zahl (Re-Zahl)t s ZeitV m3 Volumen_VV m3/s Volumenstromv m/s Stromungsgeschwindigkeita 1 Durchflusszahl bei Blendenz 1 Widerstandszahl eines einzelnen Hindernisses in Rohrleitungenh kg/m � s�1 ¼ Pa � s dynamische Viskositatl 1 Widerstandszahl fur Rohrleitungenm 1 Ausflusszahln m2/s kinematische Viskositat; n ¼ h=rr kg/m3 Dichtej 1 Geschwindigkeitszahl

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik)

6.1.1 Eigenschaften der FlussigkeitenFlussigkeiten unterscheiden sich von festen Kor-pern durch leichte Verschiebbarkeit der Teilchen.Wahrend bei festen Korpern vielfach erheblicheKrafte notig sind, um ihre Form zu andern, ist dieFormanderung einer Flussigkeit ohne Krafteinwir-kung moglich, wenn nur hinreichend Zeit zur Ver-fugung steht. Bei raschem Formwechsel ist auchbei Flussigkeiten ein Widerstand spurbar; er hatseine Ursache in der „Zahigkeit“ (Viskositat) undder Massentragheit.

In Ruhezustanden oder bei sehr langsamen Bewe-gungen darf der Widerstand gegen Formanderunggleich null gesetzt werden.

Der widerstandslosen Formanderung der Flussigkeiten steht ihr großer Widerstand bei Volumen-anderung gegenuber. Beispielsweisewird es nicht gelingen, 1 LiterWasser in einGefaß von 1/2 Li-ter hineinzupressen. Ebensowenig ist es moglich, 1/2 Liter Wasser auf ein Volumen von einemLiter auszudehnen. Erst bei sehr hohen Drucken ist eine kleine Volumenanderung messbar, z. B.in Einspritzleitungen von Dieselmotoren. Wasser druckt sich bei einem Druck von p ¼ 100 MPa(¼ 1000 bar) um ca. 5% zusammen. Stoße und Drucke werden daher in unvermindeter Starkeubertragen, z. B. Wasserschlage in Rohrleitungen und Drucke in hydraulischen Pressen.

Hinweis:

Fluid ist die ubergeordnete Bezeichung furFlussigkeiten, Gase und Dampfe. Das Wort„Hydraulik“ kommt aus dem Griechischen:hydro ¼Wasser.

Im ubertragenen Sinn spricht man von„Hydraulik“ auch bei Verwendung andererFlussigkeiten, wie z. B. �l (�lhydraulik).Die Hydraulik behandelt alle Vorgange, beidenen Krafte und Bewegungen durch eineFlussigkeit ubertragen werden. Die Flussig-keit ist der Energietrager, z. B. im hydrau-lischen Getriebe, bestehend aus den hydrau-lischen Elementen Pumpe, Motor undLeitung.

1) siehe Fußnote Seite 1

385

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6_6,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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6.1.2 Hydrostatischer Druck (Flussigkeitsdruck, hydraulische Pressung)

In der Festigkeitslehre nennt man die im Innereneines festen Korpers je Flacheneinheit aufzuneh-mende Kraft die Spannung. Die Spannung in einerruhenden Flussigkeit heißt hydrostatischer Druckoder kurz Druck p.

Der hydrostatische Druck ist die je Flachen-einheit von außen (oder in ihrem Inneren) aufeine Flussigkeit wirkende Kraft.

Die Einheit des Druckes ergibt sich aus der Defini-tionsgleichung p ¼ F=A: Sie ist der Quotient auseiner Krafteinheit und einer Flacheneinheit.

Die gesetzliche und internationale Einheit(SI-Einheit) des Druckes p ist das Newton jeQuadratmeter. Einheitenname: Pascal mit demKurzzeichen Pa:

1N

m2¼ 1 Pa

6.1.3 Druckverteilung in einer Flussigkeit ohne Berucksichtigung der Schwerkraft,das Druck-Ausbreitungsgesetz

Jede Flussigkeit hat eine Masse und folglich aucheine Schwerkraft, die Gewichtskraft FG. In vielenFallen, z. B. bei hohen Drucken, braucht man sienicht zu berucksichtigen.

Man stellt sich im Inneren einer Flussigkeit einenflachliegenden „Flussigkeitsquader“ vor, auf dendie Gesetze der Statik fester Korper angewendetwerden konnen.

Beachte: Der Druck p steht immerrechtwinklig auf der betrachteten Flache.

p ¼ Kraft F

Flache A

hydrostatischer Druck

ðpÞ ¼ ðFÞðAÞ ¼

N

m2¼ Nm�2 ¼ Pascal ðPaÞ

Hinweis:

1 MPa (Megapascal) ¼ 106 Pa ¼ 106N

m2

Einheitenname nachBlaise Pascal, 1623–1662

p F A

N

m2N m2

6 Fluidmechanik386

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Es soll das Gleichgewicht gegen Verschiebenlangs der Prismenachse betrachtet werden wobeiman zunachst annimmt, dass die Drucke auf dieStirnseiten (p1 und p2) verschieden groß sind. Dadie Druckkrafte auf den Seitenflachen immerrechtwinklig auf diese Flachen wirken, tragen siezu den Kraften F1 und F2 auf die Stirnflachennichts bei.

Da der Quader in der Flussigkeit ruht, muss fur dieauf die Stirnflachen wirkenden Krafte F1 und F2

die Gleichgewichtsbedingung SF ¼ 0 erfullt sein.

Die Entwicklung der Gleichung zeigt, dass derDruck an beiden Stirnseiten gleich ist. Dasselbemuss auch fur die anderen einander gegenuber-liegenden Flachen gelten.

Daraus ergibt sich das von Pascal aufgestellteDruck-Ausbreitungsgesetz:

Der Druck, der auf irgendeinen Teil einer abge-sperrten Flussigkeit ausgeubt wird, breitet sichnach allen Richtungen hin gleichmaßig aus.

6.1.4 Anwendungen des Druck-Ausbreitungsgesetzes

6.1.4.1 Hydraulischer Hebebock

An das vollstandig mit Wasser gefullte Gefaß einesWasserdruckhebebocks sind zwei Zylinder ange-schlossen, in denen Kolben gleiten. Die Kolben-flachen sind A1 und A2. Auf den Kolben mit derFlache A1 wirkt die Triebkraft F1.

Es sollen die Beziehungen zwischen den Kolben-kraften, Kolbenflachen und Kolbenwegen unter-sucht werden.

Der Druck in der abgeschlossenen Flussigkeit istuberall gleich groß. Man kann ihn aus TriebkraftF1 und Triebkolbenflache A1 oder aus der Last F2

und der Lastkolbenflache A2 berechnen. Hat derTriebkolben einen kleineren Durchmesser als derLastkolben, kann man mit kleiner Triebkraftgroßere Lasten heben.

Beachte:Weil p ¼ F=A ist, ist auch F ¼ pA,also F1 ¼ p1A und F2 ¼ p2A.

SF ¼ 0 ¼ F1 � F2 ¼ p1A� p2A

p1A ¼ p2A ! p1 ¼ p2

d. h. es herrscht Druckgleichheit:

p1 ¼ p2 ¼ p3 ¼ . . .

Beachte: Das Druck-Ausbreitungsgesetz,also Druckgleichheit an jeder Stelle derFlussigkeit, gilt nur ohne Berucksichtigungder Schwerkraft der Flussigkeit.

Hydraulischer Hebebock

p ¼ F1

A1¼ F2

A2¼ . . . ¼ Fn

An

F1

F2¼ A1

A2

Die Kolbenkrafte verhaltensich zueinander wie dieKolbenflachen.

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 387

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Bewegt sich der Triebkolben um die Strecke s1nach unten, so verdrangt er das Volumen V ¼ A1 s1.Das vom Triebkolben verdrangte Volumen mussgleich dem vom Lastkolben freigegebenen RaumV ¼ A2 s2 sein.

Zum gleichen Ergebnis kommt man mit der �ber-legung, dass die Triebarbeit W ¼ F1 s1 gleich derLastarbeit W ¼ F2 s2 sein muss, wenn die Reibungunberucksichtigt bleibt. Fur F ¼ pA eingesetztergibt sich fur das Verhaltnis der Kolbenweges1=s2 ¼ A2=A1.

Wird in die zuletzt gefundene Gleichung schließ-lich fur die Flache A1 ¼ pd12=4 und fur die FlacheA2 ¼ pd22=4 eingesetzt, dann erhalt man dieBeziehung zwischen Kolbenwegen und Kolben-durchmessern.

�bung: Mit einem hydraulischen Hebebock sollam Lastkolben eine Kraft von 80 kN erzeugtwerden. Mit einer entsprechenden Hebeluberset-zung wird auf den Triebkolben eine Triebkraft von1,2 kN ausgeubt. Der hydrostatische Druck imBehalter soll 45 � 105 Pa betragen.Ohne Berucksichtigung der Reibung sind dieDurchmesser der beiden Zylinder zu bestimmen.Außerdem ist die erforderliche Hebelubersetzungfur eine Handkraft von 150 N zu berechnen.

Losung: Aus dem hydrostatischen Druck p, derTriebkraft F1 und der Hubkraft F2 konnen mitHilfe der Druckgleichung die Kolbenflachen A1

und A2 und daraus die Zylinderdurchmesser d1und d2 berechnet werden. Man setzt fur

1 kN ¼ 103 N und 105 Pa ¼ 105N

m2

in die Gleichungen ein und erhalt die Kolben-flachen in der Einheit m2. Mit 10�6 m2 ¼ 1 mm2

kann dann umrechnet werden.

Die erforderliche Hebelubersetzung i druckt mandurch das Verhaltnis der Triebkraft F1 zur Hand-kraft F aus.

V ¼ A1 s1 ¼ A2 s2

s1s2

¼ A2

A1

Die Kolbenwege verhaltensich umgekehrt zueinanderwie die Kolbenflachen.

W ¼ F1 s1 ¼ F2 s2

pA1 s1 ¼ pA2 s2s1s2

¼ A2

A1

s1s2

¼ A2

A1¼ pd22=4

pd12=4

s1s2

¼ d22

d12

Die Kolbenwege verhaltensich umgekehrt zueinanderwie die Quadrate der Kolben-durchmesser.

Gegeben:

Hubkraft F2 ¼ 80 kN ¼ 80 � 103 NTriebkraft F1 ¼ 1,2 kN ¼ 1; 2 � 103 NDruck p ¼ 45 � 105 N/m2

Handkraft F ¼ 150 N

Gesucht:

Triebkolbendurchmesser d1Lastkolbendurchmesser d2Hebelubersetzung i

p ¼ F1

A1daraus erhalt man

A1 ¼ F1

p¼ 1,2 � 103N

45 � 105 N=m2 ¼ 2,67 � 10�4 m2

A1 ¼ 267 mm2 d1 ¼ 18,4 mm

p ¼ F2

A2daraus erhalt man

A2 ¼ F2

p¼ 80 � 103 N

45 � 105 N=m2 ¼ 1,778 � 10�2 m2

A2 ¼ 17 780 mm2 d2 ¼ 150,5 mm

i ¼ F1

F¼ 1200 N

150 N¼ 8 : 1

6 Fluidmechanik388

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6.1.4.2 Druckkraft auf gewolbte Boden

Der zylindrische Kessel wird in Richtung seinerLangsachse durch die beiden Krafte F1 und F2 be-lastet. Beide Krafte sind gleich groß und werdenaus dem inneren �berdruck p und der kreisformi-gen Querschnittsflache berechnet.

Die Querschnittsflache ist die Projektion der ge-wolbten Boden auf eine Ebene rechtwinklig zurKraftrichtung.

Im technischen Anwendungsbereich sind die Dru-cke meist in Pa und die Durchmesser in mm odercm gegeben. Man sollte diese Großen wie in dervorangegangenen �bung vor der Rechnung in diekoharenten Einheiten umrechnen.

6.1.4.3 Beanspruchung einer Kessel- oder Rohrlangsnaht

Die Kraft F, die einen Kessel oder ein Rohr inradialer Richtung auseinanderzureißen versucht,wird in ahnlicher Weise berechnet wie die Axial-kraft auf gewolbte Boden. Die projezierte Flacheist ein Rechteck mit den Seitenlangen d (lichterDurchmesser) und l (Kessel- oder Rohrlange). Ausder Beziehung p ¼ F=A ergibt sich die Gleichungfur die Kraft F.

Ist s die Wanddicke des Kessels oder Rohrs, dannerzeugt die Radialkraft F in zwei einander gegen-uberliegenden Langsnahten die Zugspannungs ¼ F=A ¼ F=2 s l. Wird in diese Gleichung furF ¼ pd l eingesetzt, dann erhalt man schließlicheine Gleichung fur die erforderliche Wanddicke sbei gegebener zulassiger Spannung szul.

F1 ¼ F2 ¼ pp

4d2

p ¼ F

A¼ F

d l

F ¼ pd l

s ¼ F

A

s ¼ pd l

2s l

A Bruchflache beim Ausein-anderreißen; es entstehenzwei Bruchflachen A ¼ 2s l.

Daraus folgt die erforderlicheWanddicke:

serf ¼ pd

2szul

Wanddicke

F1,F2 p d

N Pa ¼ N

m2m

F p d, l

N Pa ¼ N

m2m

s p d szul

m Pa ¼ N

m2m

N

m2

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 389

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6.1.4.4 Hydraulische Presse

Die hydraulische Presse arbeitet wie der hydrau-lische Hebebock in 6.1.4.1. Auch hier gilt dasDruck-Ausbreitungsgesetz. Beim Hebebock wurdedie Reibung an den Dichtungsstellen vernach-lassigt. Bei der hydraulischen Presse wird die Rei-bung berucksichtigt.

Bei reibungsfreiem Betrieb verhalten sich dieKrafte zueinander wie die Kolbenflachen. Darauserhalt man eine Gleichung fur die Presskraft F2.

Soll die Reibung berucksichtigt werden, dannmuss man sich klar daruber sein, dass die Rei-bungskrafte an den Dichtungsstellen den Kolben-kraften entgegen wirken. Die Lippendichtungenwerden mit dem Druck p an die Kolben auf einerRingflache angepresst, die sich aus dem Kolben-umfang pd und der Dichtungshohe h ergibt.

Um in der Flussigkeit den Druck p zu erzeugen,muss die tatsachliche Triebkraft F 0

1 um die Rei-bungskraft FR1 großer sein als bei reibungsfreiemBetrieb. Die Presskraft F 0

2 dagegen ist um die Rei-bungskraft FR2 kleiner. Wird das VerhaltnisF 0

1=F02 ¼ ðF1 þ FR1Þ=ðF2 � FR2Þ gebildet, dann

kann man daraus eine Gleichung zur Berechnungder tatsachlichen Presskraft F 0

2 in Abhangigkeitvon der tatsachlichen Triebkraft F 0

1, den Zylinder-durchmessern d1 und d2 und der Reibungszahl mzwischen Dichtung und Kolben entwickeln.

Den letzten Faktor in der Gleichung fur die Press-kraft bezeichnet man als Wirkungsgrad h derhydraulischen Presse.

Man erkennt, dass dieser Faktor von der Reibungs-zahl, den Kolbendurchmessern und den Hohen derKolbendichtungen abhangt.

F1

F2¼ A1

A2¼

p

4d1

2

p

4d2

2

F2 ¼ F1d22

d12Presskraft bei reibungs-freiem Betrieb

FR1 ¼ FN1 m ¼ ppd1 h1 m

FR2 ¼ FN2m ¼ ppd2 h2 m

F 01 ¼ p

p

4d1

2 þ ppd1 h1 m ¼ pp

4d1

2 1þ 4mh1d1

� �

F 02 ¼ p

p

4d2

2 � ppd2 h2 m ¼ pp

4d2

2 1� 4mh2d2

� �

Beide Gleichungen durcheinander dividiert:

F 01

F 02

¼pp

4d1

2 1þ 4mh1d1

� �pp

4d2

2 1� 4mh2d2

� � ¼ d12

d22�1þ 4m

h1d1

1� 4mh2d2

F 02 ¼ F 0

1

d22

d12�1� 4m

h2d2

1þ 4mh1d1

Presskraft bei Berucksichtigung der Reibung

h ¼1� 4m

h2d2

1þ 4mh1d1

Wirkungsgrad

F 02 ¼ F 0

1

d22

d12h

Presskraft bei Beruck-sichtigung der Reibung

6 Fluidmechanik390

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�bung: Der Lastkolben einer hydraulischen Pres-se hat 500 mm Durchmesser, der Triebkolben hat40 mm Durchmesser. Die Hohen der Lederdich-tungen betragen h2 ¼ 100 mm und h1 ¼ 16 mm.Die Reibungszahl betragt m ¼ 0,1.

a) Wie groß ist der Wirkungsgrad h?

b) Wie groß ist die Presskraft F 02, wenn die Trieb-

kraft F 01 ¼ 1000 N wirkt?

c) Wie groß ist das Hubverhaltnis der Kolben?

Losung:

a) Der Wirkungsgrad wird mit der bekanntenGleichung aus den Kolbendurchmessern d1, d2,den Dichtungshohen h1, h2 und der Reibungs-zahl m bestimmt.

b) Da der Wirkungsgrad bekannt ist, verwendetman die letzte Presskraftgleichung und berech-net F 0

2 aus der Triebkraft F01, den Kolbendurch-

messern d1, d2 und dem Wirkungsgrad.

c) Unter dem Hubverhaltnis versteht man dasVerhaltnis der Kolbenwege s2=s1.

Aufgaben Nr. 1001–1012

6.1.5 Druckverteilung in einer Flussigkeit unter Berucksichtigungder Schwerkraft

Im Abschnitt 6.1.3 (Seite 386) wurde gezeigt, dassder Druck in jeder waagerechten Ebene innerhalbeiner Flussigkeit konstant ist. Anders ausgedruckt:Der Druck an allen Stellen gleicher Flussigkeits-hohe ist gleich groß.

Es soll nun festgestellt werden, welche Beziehun-gen zwischen verschiedenen horizontalen Ebenenbestehen. Dazu wird das Gleichgewicht eines Flus-sigkeitsquaders, dessen Langsachse vertikal steht,untersucht.

Die Gewichtskraft FG (Schwerkraft) muss manjetzt in die Gleichgewichtsbetrachtung in Richtungder Langsachse mit einbeziehen.

Gegeben:

Lastkolbendurchmesser d2 ¼ 500 mm

Triebkolbendurchmesser d1 ¼ 40 mm

Dichtungshohe h2 ¼ 100 mm

Dichtungshohe h1 ¼ 16 mm

Triebkraft F 01¼ 1000 N

Reibungszahl m ¼ 0,1

Gesucht:

Wirkungsgrad h, Presskraft F 02,

Hubverhaltnis s2=s1

h ¼1� 4m

h2d2

1þ 4mh1d1

¼1� 4 � 0,1 � 10 cm

50 cm

1þ 4 � 0,1 � 1,6 cm4 cm

¼ 0,79

F 02 ¼ F0

1

d22

d12h ¼ 1 kN � ð500 mmÞ2

ð40 mmÞ2 � 0,79

F 02 ¼ 123,4 kN

s2s1

¼ d12

d22¼ ð40 mmÞ2

ð500 mmÞ2 ¼1

156,25

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 391

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Nach den Gesetzen der Statik mussen die Druck-krafte F1 und F2 die auf die Stirnseiten des Qua-ders einwirken und die Gewichtskraft FG dieGleichgewichtsbedingung erfullen. Wird die An-satzgleichung weiter entwickelt, dann ergibt sicheine Beziehung zwischen beiden Drucken p1, p2und der Druckwirkung der Schwerkraft (rgh).

Legt man die obere Stirnflache des Quaders in dieFlussigkeitsoberflache, so ist dort der Druckp1 ¼ 0. Auf seine untere Stirnflache wirkt dannallein der Druck p ð¼ p2Þ, der durch die Schwer-kraft in der Tiefe h verursacht wird. Der hydrosta-tische Druck ist an allen Stellen gleicher Tiefegleich groß. Die Funktionsgleichung p ¼ f ðr, hÞzeigt, dass der hydrostatische Druck proportionalmit der Flussigkeitsdichte und der Tiefe zunimmt.

Die Einheitenrechnung kann bei dieser GleichungSchwierigkeiten bereiten.

Man muss die Einheit kg/s2 m mit 1 ¼ m/m erwei-tern, um die Druckeinheit Pa zu erhalten.

Die Erkenntnis uber den hydrostatischen Druckvon Flussigkeiten infolge ihrer Schwerkraft ver-wendet man unter anderem zum Messen vonDrucken, besonders des Luftdrucks. Den Luft-druckunterschied zwischen zwei voneinander ab-geschlossenen Raumen (oder Gefaßen) kann manz. B. mit einem beiderseits offenen U-Rohr mes-sen, das teilweise mit einer Flussigkeit gefullt ist(siehe Skizze).

Der Druck auf die Flussigkeit an der Stelle E2 desU-Rohrs ist gleich dem absoluten Luftdruck imabgeschlossenen Raum (z. B. in einem Kessel-raum).

Der Druck in waagerechten Ebenen einer zusam-menhangenden Flussigkeit ist konstant. Folglichherrscht an der Stelle E1 des U-Rohrs der gleicheDruck p2 wie bei E2. Der Druck p2 ist die Summeaus dem Flussigkeitsdruck der Saule von derHohe h und dem Atmospharendruck (außerenLuftdruck) p1.

SFy ¼ 0 ¼ F2 � F1 � FG

F2 ¼ F1 þ FG

fur F1 ¼ p1A , F2 ¼ p2A undFG ¼ rgV ¼ rgAh gesetzt, ergibt

p2A ¼ p1Aþ rgAh .

p2 ¼ p1 þ rgh

p ¼ rgh

Druck infolgeder Schwerkraft

Die Flussigkeitshohe h, die den Druck phervorruft, heißt Druckhohe oder auchPressungshohe.

ðpÞ ¼ ðrÞ ðgÞ ðhÞ ¼ kg

m3� ms2

�m ¼ kg

s2 m

kg m

s2 m2¼ kg m=s2

m2¼ N

m2¼ Pa

Beispiel:

Der Kesselraum eines Schiffs wird durchein Geblase unter �berdruck pu gesetzt. Dasmit Wasser gefullte U-Rohr-Manometer zeigteinen Hohenunterschied von 200 mm an.Der außere Luftdruck betragt1,027 � 105 Pa ¼ 102,7 kPa.

Zu berechnen ist der �berdruck pu und derabsolute Druck p2 im Kesselraum.

Losung:

Den �berdruck pu berechnet man aus derFlussigkeitshohe h ¼ 200 mm.

pu ¼ rgh ¼ 103kg

m3� 9,81 m

s2� 0,2 m ¼ 1962 Pa

p2 ¼ p1 þ pu ¼ 102,7 kPaþ 1962 Pa

p2 ¼ 104,7 kPa

p r g h

Pa ¼ N

m2

kg

m3

m

s2m

6 Fluidmechanik392

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6.1.6 Kommunizierende Rohren

Kommunizierende Rohren sind oben offene, untenmiteinander verbundene Rohren (vgl. U-Rohr).Enthalt dieses Rohrengefaß nur eine Flussigkeit,so steht sie in den beiden Schenkeln gleich hoch,unabhangig von der Form und Große der Schen-kel. Die Flussigkeitsspiegel stehen immer waage-recht. Enthalt das Gefaß zwei Flussigkeiten vonverschiedener Dichte, so steht bei Gleichgewichtdie leichtere Flussigkeit in dem einen Schenkelhoher als die schwerere in dem anderen Schenkel.

Sind r1 und r2 die Flussigkeitsdichten und h1 undh2 ihre Flussigkeitshohen uber der TrennebeneA�B, so sind in dieser Ebene die Drucke in beidenSchenkeln gleich groß: p1 ¼ p2 ¼ p. Die Entwick-lung der Gleichung zeigt, dass sich die Flussig-keitshohen uber der Trennebene umgekehrt zuei-nander verhalten wie die Flussigkeitsdichten.

6.1.7 Bodenkraft

Auf den waagerechten Boden eines Flussigkeits-behalters wirkt der hydrostatische Druck p ¼ rgh(h Flussigkeitshohe uber dem Boden). DieBodenflache A wird dann mit der BodenkraftFb ¼ pA ¼ rghA belastet.

Die Belastung des Bodens ist also abhangig vonder Flussigkeitshohe h uber dem Boden, von derBodenflache A und von der Dichte der Flussigkeit.Sie ist dagegen unabhangig von der Form des Ge-faßes. Das zeigt auch die Versuchsanordnung zurMessung der Bodenkraft. Die vier Behalter habendie gleiche Bodenflache A, die uber einen Hebelgegen die Bodenoffung gepresst wird. Fullt mandie Gefaße nacheinander mit Wasser, so wird manfeststellen, dass sich die Bodenklappe bei allenGefaßen bei der gleichen Fullhohe h offnet. DieBodenkraft ist in allen vier Fallen gleich groß.

p ¼ p1 ¼ p2 ¼ r1 gh1 ¼ r2 gh2

h1h2

¼ r2r1

Beispiel:

Wie groß ist die Dichte eines �ls, das einer500 mm hohen Wassersaule mit einer Hohevon 545 mm das Gleichgewicht halt?

Losung:

h1h2

¼ r2r1

und daraus

r2 ¼h1 r1h2

¼500 mm � 1000 kg

m3

545 mm¼ 917

kg

m3

Fb ¼ pA ¼ rghA Bodenkraft

Fb p r g h A

N Pa ¼ N

m2

kg

m3

m

s2m m2

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 393

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6.1.8 Seitenkraft

Da sich der Druck in einer Flussigkeit nach allenSeiten hin gleichmaßig ausbreitet, wird nicht nurder Boden eines Gefaßes belastet, sondern auchseine Seitenwande.

Teilt man die rechteckige Seitenwand eines Ge-faßes in eine Anzahl schmaler Flachenstreifen DAvon gleichem Flacheninhalt, so wird z. B. dasFlachenteilchen DA unter der Hohe h1 mitF1 ¼ rgh1 DA, dasjenige unter der Hohe h2 mitF2 ¼ rgh2 DA belastet. Die Belastung nimmtproportional mit der Hohe nach dem Flussigkeits-spiegel hin ab. Das Belastungsbild veranschaulichtdiese Tatsache.

Die Gesamtbelastung der Seitenflache, die Seiten-kraft Fs, ist die Summe aller Teilkrafte F.

Der Klammerwert ist, bezogen auf den Flussig-keitsspiegel, die Summe aller Flachenmomente derTeilflachen DA. Diese Summe muss gleich demFlachenmoment der gesamten Flache A sein (siehe2.2.1, Seite 76 Flachenschwerpunkt). Fur die Sei-tenkraft Fs ergibt sich daraus eine Funktionsglei-chung der Form Fs ¼ f ðA, y0, rÞ. Daraus gehthervor, dass die Seitenkraft vom Betrag der Seiten-flache A, von ihrem Schwerpunktsabstand y0, d. h.also ihrer Form, und von der Dichte r der Flussig-keit abhangt.

Der Angriffspunkt der Seitenkraft Fs heißt Druck-mittelpunkt D, er liegt immer tiefer als der Schwer-punkt der gedruckten Flache. Ist z. B. die gedruckteFlache ein Rechteck, so ist das Belastungsbild einDreieck. Die Resultierende Fs aller Teilkrafte Fmuss durch den Schwerpunkt D des Dreiecks ge-hen, der h=3 von der Basis bzw. 2h=3 vom Flussig-keitsspiegel entfernt liegt.

Ist e der Abstand des Druckmittelpunkts D vomFlachenschwerpunkt, so gilt allgemein:

e ¼ Flachenmoment 2. Grades der gedruckten Flache bezogen auf die waagerechte Flachenschwerachse

Flachenmoment 1. Grades der gedruckten Flache bezogen auf den Flussigkeitsspiegel

Fs ¼SF¼ rg DAh1þrg DAh2þ . . . rg DAhn

Fs ¼ rgðDAh1 þDAh2 þ . . .DAhnÞ ¼ rgAy0

Fs ¼ rgAy0 Seitenkraft

y0 Schwerpunktsabstand der belastetenSeitenflache vom Flussigkeitsspiegel

Beachte: Diese Momente der Flachen(DAh,Ay0) heißen nach DIN 1304„Flachenmomente 1. Grades“.

e ¼ I

Ay0

Abstanddes Druckmittelpunktsvom Schwerpunkt

y ¼ y0 þ e

Abstanddes Druckmittelpunktsvom Flussigkeitsspiegel

e I A y0

m m4 m2 m

6 Fluidmechanik394

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Die Gleichungen fur Seitenkraft und Abstandegelten nicht nur fur die ganze Seitenwand undRechteckflachen, sondern auch fur Teile oderAusschnitte der Wand von beliebiger Form.

1. �bung: Eine Ufermauer wird einseitig durchden Druck des Wassers belastet, das 6 m uber derSohle steht.

a) Wie groß ist die Seitenkraft Fs fur b ¼ 1 mMauerlange?

b) Wie tief liegt der Druckmittelpunkt unter demWasserspiegel?

c) Wie groß ist das Kippmoment je Meter Lange,bezogen auf die Kippkante A?

Losung:

a) Die gedruckte Flache ist ein Rechteck mitBreite b ¼ 1 m und Hohe h ¼ 6 m. Ihr Schwer-punkt liegt in halber Hohe: y0 ¼ h=2 ¼ 3 m.Die Kraft Fs wird mit der Seitenkraft-Glei-chung berechnet.

b) Das Flachenmoment 2. Grades der Rechteckfla-che ist I ¼ bh3=12, ihr Flacheninhalt A ¼ bhund ihr Schwerpunktsabstand y0 ¼ h=2. Mitdiesen Großen entwickelt man eine Gleichungfur den Druckmittelpunktsabstand e.

c) Das Kippmoment ist das Produkt aus der Sei-tenkraft Fs und ihrem Wirkabstand l von derKippkante A.

2. �bung: In einem Wehr befindet sich 1 m unterdem hochsten Wasserspiegel eine rechteckige�ffnung von 400 mm Breite und 600 mm Hohe.Die �ffnung ist mit einer drehbaren Klappe ver-schlossen, die sich offnen soll, falls die Hohe desWasserspiegels 1,80 m ubersteigt.

Beispiel:

Fur die im Bild dargestellte Rechteckflachewird

e ¼ I

Ay0¼

bh3

12

bhh

2

¼ h

6

y ¼ y0 þ e ¼ h

2þ h

6¼ 2

3h

d. h. der Druckmittelpunkt D liegt um 2h=3unter dem Flussigkeitsspiegel.

Gegeben:

h ¼ 6 m b ¼ 1 m

r ¼ 1000 kg=m3

Gesucht:

Seitenkraft Fs

Abstand yKippmoment Mk

Fs ¼ rgAy0 ¼ 103kg

m3�9,81 m

s2�1 m �6 m �3 m

Fs ¼ 17,6 � 103 kg m

s2¼ 176,6 kN

e ¼ I

Ay0¼ h

6¼ 6 m

6¼ 1 m

(Entwicklung der Gleichung fur e siehe oben)

y ¼ y0 þ e ¼ 3 mþ 1 m ¼ 4 m

Mk ¼ Fs l ¼ 176,6 kN � ð6 m� 4 mÞMk ¼ 352,2 kNm

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 395

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Mit welcher Gewichtskraft FG muss der Klappen-hebel belastet werden, wenn der Klappendreh-punkt 950 mm unter dem hochsten Wasserspiegelliegt und die Hebelausladung 800 mm betragt?

Losung: Um die Momentenverhaltnisse an derKlappe untersuchen zu konnen, muss man dieSeitenkraft Fs kennen, mit der die Klappe durchden Wasserdruck belastet wird. Dafur wird zuerstder Schwerpunktsabstand der Klappenflache(Rechteck) vom hochsten Flussigkeitsspiegel be-stimmt: y0 ¼ l1 þ h=2.

Außerdem muss der Angriffspunkt der Seitenkraftbekannt sein. Man ermittelt hierfur den Druck-mittelpunkts-Abstand e und daraus den Abstand yder Seitenkraft vom Wasserspiegel.

Die Klappe muss im Momentengleichgewichtsein. Man ermittelt den Wirklinienabstand l4 derKraft Fs vom Klappendrehpunkt A und setzt danndie Momentengleichgewichtsbedingung fur denDrehpunkt A an.

6.1.9 Auftriebskraft

Taucht ein Korper in eine Flussigkeit ein, so wirdseine Oberflache allseitig durch den Flussigkeits-druck belastet. Die horizontalen Druckkrafte F3

heben sich auf, aber in vertikaler Richtung ist dienach oben gerichtete Kraft F2 großer als die nachunten gerichtete Kraft F1.

Die Resultierende dieser beiden Krafte ist nachoben gerichtet. Sie heißt AuftriebskraftFa ¼ F2 � F1.

Wird die Gleichung Fa ¼ F2 � F1 weiter ent-wickelt, dann erkennt man, dass die AuftriebskraftFa genauso groß ist wie die Gewichtskraft FG dervon dem eingetauchten Korper verdrangten Flus-sigkeitsmenge. Ihr Angriffspunkt muss demzu-folge im Schwerpunkt F der verdrangten Flussig-keitsmenge liegen (Verdrangungsschwerpunkt,Formschwerpunkt). Das gilt auch fur teilweise ein-getauchte, also schwimmende Korper.

Gegeben:

�ffnungsabstand l1¼ 1 m�ffnungshohe h ¼ 0,6 m�ffnungsbreite b ¼ 0,4 mDrehpunktsabstand l2¼ 0,95 mHebelausladung l3¼ 0,8 mDichte r¼ 103 kg/m3

Gesucht:

Gewichtskraft FG

y0 ¼ l1 þ h

2¼ 1 mþ 0,3 m ¼ 1,3 m

Dann ist die Seitenkraft

Fs ¼ rgAy0 ¼ 103kg

m3� 9,81 m

s2� 0,24 m2 � 1,3 m

Fs ¼ 3,06 � 103 N ¼ 3060 N

e ¼ I

Ay0¼ bh3

12bhy0¼ h2

12y0¼ 0,023 m

y ¼ y0 þ e ¼ 1,3 mþ 0,023 m ¼ 1,323 m

l4 ¼ y� l2 ¼ 1,323m�0,95m¼ 0,373m

SMðAÞ ¼ 0 ¼ Fs l4 � FG l3

FG ¼Fsl4l3¼ 3060 N � 0,373 m

0,8 m¼ 1427 N

VollstandigeingetauchterKorper:

Verdragungs-schwerpunkt Ffallt mit Korper-schwerpunkt Kzusammen

Es ist F1 ¼ rgh1A und F2 ¼ rgh2Aund Fa ¼ F2 � F1 ¼ rgAðh2 � h1ÞHierin ist Aðh2 � h1Þ ¼ V das Volumen,rAðh2 � h1Þ ¼ rV ¼ m die Masse undrAðh2 � h1Þ g ¼ mg die Gewichtskraft derverdrangten Flussigkeitsmenge.

Fa ¼ Vrg

Auftriebskraft

Fa V r g

N m3 kg

m3

m

s2

6 Fluidmechanik396

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Auftriebskraft und Gewichtskraft des eingetauch-ten Korpers sind entgegengerichtete Krafte. Da-raus folgt:

Die Gewichtskraft eines in eine Flussigkeit ein-getauchten Korpers verringert sich (scheinbar)um die Gewichtskraft der von ihm verdrangtenFlussigkeitsmenge.

�bung: Ein Korper mit der Masse mk ¼ 250 ghangt ganz in Wasser eingetaucht an einer Waage.Die Waage ist im Gleichgewicht, wenn sie miteinem Wagestuck von 200 g Masse belastet ist.

Wie groß sind Volumen V und Dichte rk des Kor-pers?

Losung: Die Auftriebskraft Fa am Korper ist dieDifferenz der Gewichtskrafte des Korpers FGk unddes Wagestucks FG. In die Auftriebsgleichungsetzt man fur die Krafte die Produkte aus Masseund Fallbeschleunigung ein und erkennt, dass dieMasse mw des verdrangten Wassers gleich der Dif-ferenz zwischen Korpermasse mk und Wagestuck-masse m ist.

Aus der Beziehung mw ¼ Vrw wird das Verdran-gungsvolumen V bestimmt, das gleich dem Kor-pervolumen V sein muss.

Die Korpermasse mk ist das Produkt aus demVolumen V und der Korperdichte rk. Aus dieserBeziehung kann die Dichte rk des eingetauchtenKorpers bestimmt werden.

Aufgaben Nr. 1013–1024

6.1.10 Schwimmen

Wirken nur die Gewichtskraft FG und die Auf-triebskraft Fa auf einen Korper, so richtet sich seinVerhalten in einer Flussigkeit danach, wie groß dieAuftriebskraft ist.

SchwimmenderKorper:Verdrangungs-schwerpunkt Fliegt unter demKorperschwer-punkt K.

Beachte: Die Auftriebskraft ist nach obengerichtet und gleich der Gewichtskraft dervom Korper verdrangten Flussigkeitsmenge.Sie greift im Formschwerpunkt F (Verdran-gungsschwerpunkt) der verdrangten Flussig-keitsmenge an.

Gegeben:Masse des Korpers mk ¼ 250 gMasse des Wagestucks m ¼ 200 gDichte des Wassers rw ¼ 103 kg=m3

Gesucht:

Volumen V und Dichte rk des Korpers

Fa ¼ FGk � FG

mw g ¼ mk g� mg

(mw Masse des ver-drangten Wassers)

Daraus ergibt sich:

mw ¼ mk � m

mw ¼ Vrw , folglich ist

V ¼ mw

rw¼ mk � m

rw¼ 50 � 10�3 kg

103kg

m3

V ¼ 50 � 10�6 m3 ¼ 50 cm3

mk ¼ Vrk folglich ist

rk ¼mk

V¼ 250 � 10�3 kg

50 � 10�6 m3¼ 5 � 103 kg

m3

Beispiel:

Wie tief taucht ein Wurfel aus Gusseisen mita ¼ 10 cm Kantenlange und der Dichter1 ¼ 7500 kg/m3 in ein Quecksilberbad mitder Dichte r2 ¼ 13 600 kg/m3 ein?

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 397

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Ist die Auftriebskraft kleiner als die Gewichtskraftdes Korpers, so sinkt er. Ist die Auftriebskraftgleich der Gewichtskraft, so bleibt der Korper anjeder beliebigen Stelle innerhalb der Flussigkeit, erschwebt. Ist die Auftriebskraft großer als dieGewichtskraft, schwimmt der Korper an der Ober-flache. Er ist im Gleichgewicht, wenn er so weitauftaucht, dass die Auftriebskraft (¼ Gewichts-kraft der verdrangten Flussigkeit) gleich der Ge-wichtskraft des schwimmenden Korpers ist. Dannist auch die Masse der verdrangten Flussigkeitgleich der Masse des Korpers.

6.1.11 Gleichgewichtslagen schwimmender Korper

Man unterscheidet bei schwimmenden Korpernstabile und labileGleichgewichtslagen.Das Bild zeigt den Fall einer stabilen Schwimm-lage. Zwei Krafte wirken auf den schwimmendenKorper: Die im Korperschwerpunkt K angreifende,nach unten gerichtete Schwerkraft FG (Gewichts-kraft) und die im Verdrangungsschwerpunkt F an-greifende Auftriebskraft Fa. In der Gleichgewichts-lage wirken die beiden gleich großen Krafte Fa undFG langs der gemeinsamen WirklinieW –– der Kor-permittellinie –– in entgegengesetzter Richtung.

Dreht man nun den Korper in der Zeichenebenenach links (Schraglage), so wird die vorher ver-tikale Mittellinie W um den Winkel j geneigt.

Dabei bleibt zwar die Lage des Korperschwer-punkts K erhalten, jedoch bringt jede Neigungs-anderung den Verdrangungsschwerpunkt F an eineandere Stelle. Das heißt aber auch: Die Parallel-krafte Fa und FG bekommen einen mehr oderweniger großen Wirkabstand h, sie bilden einrechtsdrehendes Kraftepaar.

Das Drehmoment von Auftriebskraft Fa und Ge-wichtskraft FG wirkt der Drehung des Korpers ent-gegen: Der Korper hat also eine stabile Schwimm-lage.

Das Wiederaufrichtungsmoment –– die Stabilitat ––hangt vom Wirkabstand h ab. Er heißt deshalbauch:Hebelarm der statischen Stabilitat.

Losung:

Die Masse des Wurfels ist

m1 ¼ V1r1 ¼ a3r1 ¼ 10�3 m3 � 7,5 � 103 kg

m3

m1 ¼ 7,5 kg

Bei Schwimmen ist die Masse m2 des ver-drangten Quecksilbers gleich der Masse m1

des Wurfels. Das verdrangte Quecksilber-volumen hat die Form eines quadratischenPrismas mit der Hohe h: V2 ¼ a2h:

Folglich ist:

m2 ¼ V2 r2 ¼ a2hr2 ¼ m1

h ¼ m1

a2 r2¼ 7,5 kg

10�2 m2 � 13,6 � 103 kg

m3

¼ 5,51 cm

Stabile Schwimmlage

Fa Auftriebskraft, in F angreifend

FG Gewichtskraft, in K angreifend

W Mittellinie des Korpers(Schwimmachse)

F Verdrangungsschwerpunkt ¼ Schwer-punkt der verdrangten Flussigkeit

K Schwerpunkt des Korpers

M Metazentrum ¼ Schnittpunkt derMittellinie W mit der Wirklinie derAuftriebskraft

h ¼ MK � sin j Hebelarm der statischenStabilitat

j Neigungswinkel

MK metazentrische Hohe

6 Fluidmechanik398

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Jeder andere Neigungswinkel j bringt eine andereLage des Verdrangungsschwerpunktes F und da-mit auch einen anderen Hebelarm h.

Kennzeichnend und entscheidend fur das Verhal-ten eines schwimmenden Korpers bei Storungendes Gleichgewichts ist das so genannte Metazen-trum M, der Schnittpunkt der Korpermittellinie Wmit der Wirklinie der Auftriebskraft: Liegt M uberdem Korperschwerpunkt K, so schwimmt derKorper stabil. Das Drehmoment von Auftriebs-kraft und Gewichtskraft hat dann eine aufrich-tende Wirkung. Die Strecke MK heißt metazentri-sche Hohe.

Die labile Schwimmlage erkennt man sofort daran,dass das Metazentrum M unterhalb des Korper-schwerpunkts K liegt. Der nach links gedrehteKorper richtet sich nicht wieder auf. Das links-drehende Kraftepaar aus Auftriebskraft und Ge-wichtskraft unterstutzt die Drehung des Korpersnoch, bis er in die stabile Schwimmlage kommt.

6.1.12 Stabilitat eines Schiffes

Das Bild zeigt ein Schiff von bestimmtem Aus-rustungszustand geneigt um zwei verschiedeneNeigungswinkel j1 und j2. Wahrend bei allenNeigungen die Lage des Schiffsschwerpunkts Kunverandert bleibt, bekommt der Verdrangungs-schwerpunkt F jeweils eine andere Lage (hiervon F1 nach F2). Damit andert sich auch dieLage des Metazentrums M (hier von M1 nachM2), es wandert je nach Neigung auf der Schiffs-mittellinie auf- oder abwarts, die metazentrischeHohe MK wird großer oder kleiner. Ebenso ver-andert sich der Hebelarm h, dessen Große dieStabilitat des Schiffes, d. h. sein Wiederaufrich-tungsvermogen bestimmt. Ist h klein, so ist auchdas Drehmoment von Schiffsgewichtskraft FG

und Auftriebskraft Fa klein.

Labile Schwimmlage

6.1 Statik der Flussigkeiten (Hydrostatik) 399

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Durch Auftragen der Große h in Abhangigkeitvom Neigungswinkel j erhalt man die „Stabilitats-kurve“. Sie vermittelt eine Vorstellung von denStabilitatseigenschaften des Schiffes. Je steiler dieHebelarmkurve gleich im Anfang ansteigt, d. h. jerascher die Hebelarme h zunehmen, desto stabiler(steifer) ist das Schiff. Die aufrichtenden Dreh-momente sind dann schon bei Neigungsbeginnverhaltnismaßig groß. Je flacher dagegen dieHebelarmkurve verlauft, desto weicher (ranker) istdas Schiff. Das großte Aufrichtungsvermogenwird gekennzeichnet durch den hochsten Punktder Kurve, d. h. durch den maximalen Hebelarm h.Er liegt im Beispiel bei 35�. Bei einem gutenSchiff liegt er zwischen 30� und 45�. 10� bis 15�

sind schon unzulassig schlechte Werte.

Neigt sich das Schiff uber den Nulldurchgang derHebelarmkurve hinaus (hier bei 75�), so kehrt sichdie Momentendrehrichtung um und unterstutzt dieNeigung des Schiffs; es wurde kentern. DieserPunkt wird deshalb auch Kenterpunkt genannt.Der Bereich von 0� bis zum Kenterpunkt heißt„Umfang der Stabilitat“. Der Kenterpunkt (hier75�) gilt jedoch nur dann, wenn das Schiff z. B. imSeegang bis auf diesen Winkel aufgeschaukeltwurde, ohne dass ein kontinuierlich wirkendeskrangendes Moment, z. B. durch einseitige Be-ladung, Trossenzug, Winddruck oder Zentrifugal-kraft im Drehkreis verursacht wird. Neigt sichdagegen das Schiff druch ein solches, anhaltendwirkendes Moment bis zu dem Winkel, bei demdie Hebelarmkurve ihr Maximum besitzt (hier35�), so kentert es bereits bei dieser Schraglage,nicht erst beim eigentlichen Kenterpunkt.

Treten ein kontinuierlich wirkendes, jedoch zumKentern allein nicht ausreichendes krangendesMoment und Schlingerbewegungen gleichzeitigauf, so liegt der Kenterwinkel zwischen Kurven-maximum und Nulldurchgang (hier zwischen 35�

und 75�). Das Schiff schlingert dann um diejenigeNeigung als Mittellage, die dem krangendenMoment entspricht.

Stabilitatskurve

Hinweis:

1. Sehr stabile (steife) Schiffe haben unange-nehme, im Verhaltnis zur Große rascheSchlingerbewegungen. Im Fall der Reso-nanz mit den Wellenbewegungen, die beidiesen Schiffen leichter eintritt, werdendie Ausschlage groß.

2. Wenig stabile, ranke (weiche) Schiffehaben angenehme, im Verhaltnis zurGroße langsame, meist kleine Schlinger-bewegungen.

3. Bei einem guten, seetuchtigen Schiffliegen die Eigenschaften dazwischen.

6 Fluidmechanik400

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6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik)

6.2.1 �bersicht

Fluide (von lat. fluidus, fließend, stromend) ist der Oberbegriff fur Flussigkeiten und Gase, alsoStoffe, die sich ohne großeren Zwang ausbreiten. Die beim Stromen dieser Fluide in Leitungen(Rohre, Rinnen) auftretenden physikalischen Zustande und Vorgange werden beschrieben inder Fluidmechanik. Andere gleichwertige Bezeichnungen sind Stromungsmechanik, Stro-mungslehre, Hydrodynamik. Fur Gase allein gibt es die Gasdynamik.

Stromende Fluide wie Wasser, �l oder Gase und Dampfe (bei Stromungsgeschwindigkeitenunter 100 m/s) uben auf das Leitungssystem Krafte und Kraftmomente aus. Zum Leitungssys-tem gehoren Kanale, Rohrleitungen mit Formstucken wie Krummern und Dusen, auf dieDruckkrafte, Schwerkraft und Zentrifugalkrafte einwirken. Deutlich spurbar ist das beim Aus-tritt von Wasser aus den Spritzdusen der Feuerwehrschlauche. Bei großen Austrittsdurchmes-sern mussen die Dusen dann fest montiert sein, wie beispielsweise bei der Bewasserung vonFeldern in der Landwirtschaft.

Zur rechnerischen Erfassung des Stromungsvorgangs sind die physikalischen Großen einge-bunden in ein Gleichungssystem, das aus den drei sogenannten Erhaltungssatzen hergeleitetwird. Es sind dies:

der Massenerhaltungssatz,

der Energieerhaltungssatz (Bernoulligleichung) und

der Impulserhaltungssatz.

Reibungsvorgange im Fluid und um das Fluid herum werden dabei zunachst nicht einbezogen.Ebenso wird die Dichte r als unveranderlich angesehen (r ¼ konstant). Von stationarer, ein-dimensionaler und inkompressibler Stromung spricht man unter der Annahme, dass bei kon-stanter Dichte r alle Fluidteilchen eines Stromungsquerschnitts A eine gemeinsame Stro-mungsrichtung und mittlere Geschwindigkeit v haben.

Zur rechnerischen Vereinfachung verwendet manbei Stomungsvorgangen statt der Masse m denMassenstrom _mm und anstelle des Volumens V denVolumenstrom _VV (Sprechweise: m Punkt und VPunkt).

Der Massenstrom _mm gibt die Masse m in kg an, diepro Sekunde durch einen Stromungsquerschnitt Afließt (Masse m in kg dividiert durch den zugehori-gen Zeitabschnitt Dt, z. B. in Sekunden s). Ebensogibt der Volumenstrom _VV das Volumen V in m3 an,das pro Sekunde durch einen Stromungsquer-schnitt A fließt.

Massenstrom _mm ¼ m

Dtin

kg

s

Volumenstrom _VV ¼ V

Dtin

m3

s

_VV ¼ A � DsDt

¼ A � v

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 401

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Sind Volumenstrom _VV und StromungsquerschnittA gegeben, lasst sich die auftretende mittlere Stro-mungsgeschwindigkeit v berechnen.

Fur glatte Kreisrohre kann daraus eine Gleichungfur den erforderlichen Rohrdurchmesser d auf-gestellt werden.

�bung: Durch eine Rohrleitung werden pro Minu-te 800 Liter Wasser geleitet. Die zulassige Stro-mungsgeschwindigkeit betragt

vmax ¼ 1,5 m=s; Dichte r ¼ 1000kg

m3

Losung:

a) Der Volumenstrom _VV gibt das Wasservolumenbeispielsweise in m3 pro Sekunde an.

b) Der Massenstrom _mm ist das Produkt aus Volu-menstrom _VV und Dichte r.

c) Der erforderliche Rohrinnendurchmesser derfwird mit den beiden Großen Volumenstrom _VVund Stromungsgeschwindigkeit vmax berechnet.

6.2.2 Erhaltungssatze der Stromung

6.2.2.1 Massenerhaltungssatz (Kontinuitatsgleichung)

Ist ein Fluid inkompressibel (z. B. Wasser), mussdurch die verschieden großen Querschnitte A1, A2

einer Rohrleitung in jeder Sekunde das gleicheVolumen V fließen, d. h. auch der Volumenstrom _VVbleibt konstant, z. B. _VV ¼ 1,5 �m3=s ¼ konstant:

Stromungsgeschwindigkeit v ¼_VV

A

Beachte: Der Punkt uber einem Formelzei-chen kennzeichnet bei physikalischen Vor-gangen die erste Ableitung nach der Zeit t(siehe DIN 1302 Nr. 10.4).

Zum Beispiel ist die Geschwindigkeit v dieerste Ableitung des Weges s nach der Zeit tðv ¼ ds=dtÞ.

Rohrdurchmesser derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 � _VV

p � v

s

Gegeben:

Wasservolumen V ¼ 800 Liter

Stromungsgeschwindigkeit vmax ¼ 1,5 m/s

Dichte r ¼ 1000kg

m3

Gesucht:

a) Volumenstrom _VV

b) Massenstrom _mm

c) erforderlicher Rohrinnendurchmesser derf

_VV ¼ 800 l

1 min¼ 800 � 10�3 m3

60 s¼ 0,013

m3

s

_mm ¼ _VV � r ¼ 0,013m3

s� 1000 kg

m3¼ 13,33

kg

s

derf ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 � _VV

p � vmax

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 � 0,013 m3 � ss � p � 1,5 m

s

derf ¼ 0,105 m ¼ 105 mm

6 Fluidmechanik402

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Der Volumenstrom _VV ist das Produkt aus demStromungsquerschnitt A und der Stromungs-geschwindigkeit v. Das ist die Kontinuitatsglei-chung, geschrieben mit dem Volumenstrom _VV .

Multipliziert man die Gleichung mit der Dichte r,erhalt man wegen _VV � r ¼ _mm die Kontinuitatsglei-chung in der Form mit dem Massenstrom _mm (Mas-senerhaltungssatz). Am einfachsten merkt mansich: Der Volumenstrom _VV ist beim Eingang A1und Ausgang A2 gleich groß. Gleiches gilt fur denMassenstrom _mm.

�bung: Der Querschnitt A einer Wasserleitung ver-ringert sich von A1¼ 314 mm2 auf A2 ¼ 177 mm2.

Die Rohrleitung fuhrt einen Volumenstrom von72 l/min (Liter je Minute).

Wie viel Kilogramm Wasser stromen in jeder Se-kunde durch Eingangs- und Ausgangsquerschnitt(Index 1 und 2) und wie groß ist die Stromungs-geschwindigkeit im Ein- und Ausgangsquer-schnitt?

Losung: Der Massenstrom _mm ist das Produkt ausVolumenstrom _VV und Fluiddichte r.

Der Volumenstrom _VV ist das Produkt aus Stro-mungsquerschnitt A und Stromungsgeschwindig-keit v.

Daraus lassen sich die Geschwindigkeiten v1 imEintrittsquerschnitt A1 und v2 im Ausgangsquer-schnitt A2 berechnen.

Nach der Kontinuitatsgleichung sind die Stro-mungsgeschwindigkeiten umgekehrt proportionalzu den Stromungsquerschnitten. Damit kann dieRechnung uberpruft werden:

_VV ¼ A � v

Volumenstrom _VV_VV ¼ _VV1 ¼ _VV2 ¼ konstant_VV ¼ A1v1 ¼ A2v2 ¼ konstant

_mm ¼ _mm1 ¼ _mm2 ¼ konstant

Massenerhaltungssatz (Kontinuitatsglei-chung)

_VVEingang ¼ _VVAusgang

_mmEingang ¼ _mmAusgang

Gegeben:

Volumenstrom _VV ¼ 72 l/min

Stromungsquerschnitte A1 ¼ 314 mm2

A2 ¼ 177 mm2

Gesucht:

Massenstrom _mm

Stromungsgeschwindigkeiten v1, v2

_mm ¼ _VV � r ¼ 72 � 10�3 m3

60 s� 1000 kg

m3¼ 1,2

kg

s

_VV ¼ A � v ¼ A1 � v1 ¼ A2 � v2

v1 ¼_VV

A1¼

1,2 � 10�3 �m3

s314 � 10�6 m2

¼ 3,822m

s

v2 ¼_VV

A2¼

1,2 � 10�3 �m3

s177 � 10�6 m2

¼ 6,779m

s

A1

A2¼ v2

v1

314 mm2

177 mm2¼

6,779m

s

3,822m

s1,774 ¼ 1,774

_VV A v

m3

sm2 m

s

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 403

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6.2.2.2 Energieerhaltungssatz (Bernoulli’sche Gleichung)

6.2.2.2.1 Horizontale Stromung (Stromung ohne Hohenunterschied)

In einer horizontalen Leitung mit veranderlichemQuerschnitt stromt ein Fluid. Im Querschnitt A hates die kinetische Energie Ekin 1 ¼ mv12/2, im Quer-schnitt E die kinetische Energie Ekin 2 ¼ mv22/2(siehe 4.7.3, Seite 219).

Da der Leitungsquerschnitt A2 > A1 ist, muss nachder Kontinuitatsgleichung die Stromungsge-schwindigkeit v2 < v1 sein. Die Drucke p1, p2 hei-ßen statische Drucke.

An einer beliebigen Stelle, z. B. bei A, wird demFluid uber einen Kolben durch die Kraft F1 langsdes Weges s1 die Arbeit W1 ¼ F1s1 zugefuhrt. BeiE wird gegen die Kraft F2 die Arbeit W2 ¼ F2s2abgefuhrt.

Nach dem Energieerhaltungssatz (siehe 4.7.5, Seite220) ist die Energie EE am Ende dieses Vorgangsgleich der Energie EA am Anfang, vermehrt umdie zugefuhrte Arbeit Wzu und vermindert um dieabgefuhrte Arbeit Wab:

Wird in den Quotienten fur die kinetische Energiefur die Masse m das Produkt Volumen V multipli-ziert mit der Dichte r eingesetzt, dann erhalt manden Energieerhaltungssatz in einer neuen Form.

Auch die Ausdrucke F1s1 und F2s2 konnen weiter-entwickelt werden, indem man fur die KrafteF ¼ pA und fur As das Volumen V setzt.

Der Energieerhaltungssatz erhalt dann eine Form,in der die Quotienten rv2V=2 die kinetische Ener-gie des Fluids und die Produkte pV seine Druck-energie darstellen.

Dividiert man den Energieerhaltungssatz noch durchdas Volumen V , dann erhalt man die Bernoulli’scheDruckgleichung fur horizontal stromende Fluide.

Die einzelnen Glieder der Bernoulligleichung sindalso nichts anderes, als die Energien je Volumen-einheit.

Aus der Druckgleichung erkennt man:

Bei horizontaler Stromung ist die Summe ausstatischem Druck p und kinetischem Druckq ¼ rv2=2 konstant.

W1 ¼ F1 s1 W2 ¼ F2 s2zugefuhrte Arbeit abgefuhrte Arbeit

EE ¼ EA þWzu �Wab

Ekin 2 ¼ Ekin 1 þW1 �W2

mv22

2¼ mv12

2þ F1 s1 � F2 s2

mv12

2¼ rv12

2V

mv22

2¼ rv22

2V

F1 s1 ¼ p1A1 s1 ¼ p1V

F2 s2 ¼ p2A2 s2 ¼ p2V

r

2v2

2V ¼ r

2v1

2V þ p1V � p2V

Energieerhaltungssatz fur horizontaleStromung

p1 þ r

2v1

2 ¼ p2 þ r

2v2

2

Bernoulli’sche Druckgleichung furhorizontale Stromung

p r v V

Pa ¼ N

m2

kg

m3

m

sm3

Beachte: Der kinetische Druck q ¼ rv2=2wird auch Geschwindigkeitsdruck oderStaudruck genannt.

6 Fluidmechanik404

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6.2.2.2.2 Nichthorizontale Stromung (Stromung mit Hohenunterschied)

Der einzige Unterschied gegenuber der horizonta-len Stromung besteht darin, dass die Fluidteilchenim Verlauf der Stromung ihre Hohenlage gegen-uber einer beliebig gewahlten horizontalen Be-zugsebene andern. Dadurch erhalten sie verschie-den große potenzielle Energie (Lageenergie).

Im Energieerhaltungssatz muss also noch diepotenzielle Energie Epot ¼ mgh im Anfangs- undEndzustand hinzugefugt werden, hier bezogen aufdie gekennzeichnete Bezugsebene.

Wird dann wieder m ¼ Vr undFs ¼ pV gesetzt, erhalt man den Ener-gieerhaltungssatz fur die nichthorizon-tale Stromung.

Die Division durch das Volumen V ergibt wiederdie Energien je Volumeneinheit und damit die Ber-noulli’sche Druckgleichung fur nichthorizontalstromende Fluide.

Man erkennt:

In einem Fluid ist die Summe aus statischemDruck p, kinetischem Druck q ¼ rv2=2 undgeodatischemDruck rgh konstant.

In der Praxis wird die Bernoulligleichung oft ineiner anderen Form angewendet. Wird die Druck-gleichung durch rg dividiert, dann ergeben sichfur die einzelnen Glieder Ausdrucke, die Hohendarstellen.

Die auf diese Weise gewonnene Gleichung nenntman die Bernoulli’sche Druckhohengleichung furnichthorizontal stromende Fluide.

EE ¼ EA þWzu �Wab

mv22

2þ mgh2 ¼ mv12

2þ mgh1 þ F1 s1 � F2 s2

r

2v2

2V þ rgh2V ¼ r

2v1

2V þ rgh1V þ p1V � p2V

Energieerhaltungssatz fur nichthorizontale Stromung

p1 þ rgh1 þ r

2v1

2 ¼ p2 þ rgh2 þ r

2v2

2

Bernoulli’sche Druckgleichung furnichthorizontale Stromung

Beachte:

p statischer Druck

q ¼ r

2v2 kinetischer Druck (Geschwindig-

keitsdruck, Staudruck)

rgh geodatischer Druck

Die Summe der drei Drucke ist der Gesamt-druck pges. Er ist an allen Stellen der Leitunggleich groß.

p1rg

þ h1 þ v12

2g¼ p2

rgþ h2 þ v22

2g

Bernoulli’sche Druckhohengleichung furnichthorizontale Stromung

p r g h v V

Pa ¼ N

m2

kg

m3

m

s2m

m

sm3

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 405

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Man erkennt:

Bei nichthorizontaler Stromung ist die Summeaus statischer Druckhohe, kinetischer Druck-hohe und geodatischer Druckhohe konstant.

Die drei Gleichungen dieses Abschnitts sind auchfur die horizontale Stromung anwendbar. Dann isth1 ¼ h2 und die Glieder, die die Hohenlage be-rucksichtigen, fallen aus den Gleichungen heraus.

6.2.2.2.3 Anwendung der Bernoulligleichung

Druck in einer Leitung

In einer Leitung herrscht im Querschnitt 1 derDruck p ¼ 1,2 � 105 Pa. Das Fluid hat eine Ge-schwindigkeit v1 ¼ 5 m/s. Es soll sich im erstenFall um Wasser (rw ¼ 1000 kg/m3), im zweitenFall um Luft von 20 �C (rl ¼ 1,4 kg/m3) handeln.

Der Atmospharendruck betragt in beiden Fallenp0 ¼ 1,015 � 105 Pa.

In beiden Fallen sollen fur den Querschnitt 2 derDruck p2 und der Unterdruck pu gegenuber demAtmospharendruck p0 ermittelt werden.

Es wird zunachst nach der Kontinuitatsgleichungdie Stromungsgeschwindigkeit v2 im Querschnitt 2berechnet.

Dann entwickelt man aus der Bernoulli’schenDruckgleichung fur die horizontale Stromung eineGleichung fur den Druck p2.

Fur den Fall des stromenden Wassers setzt man indiese Gleichung neben den anderen Großen dieDichte des Wassers rw ¼ 1000 kg/m3 ein.

Beachte:

p

rgstatische Druckhohe

v2

2gkinetische Druckhohe

h geodatische Druckhohe

Die Summe der drei Hohen ist die Gesamt-hohe H. Sie ist fur alle Stellen der Leitunggleich groß.

Gegeben:

Druck p1 ¼ 1,2 � 105 PaGeschwindigkeit v1 ¼ 5 m/sDichte des Wassers rw ¼ 1000 kg/m3

Dichte der Luft rl ¼ 1,4 kg/m3

Atmospharendruck p0 ¼ 1,015 � 105 PaGesucht:

Druck p2Unterdruck pu

A1v1 ¼ A2v2

v2 ¼ A1

A2v1 ¼ 707 mm2

254 mm2� 5 m

s¼ 13,92

m

s

p1 þ r

2v1

2 ¼ p2 þ r

2v2

2

p2 ¼ p1 þ r

2v1

2 � r

2v2

2 ¼ p1 þ r

2ðv12 � v2

p2 ¼ 1,2 � 105 N

m2þ 103 kg

2 m3ð52 � 13,922Þ m2

s2

p2 ¼ 1,2 � 105 Pa� 0,844 � 105 Pap2 ¼ 0,356 � 105 Pa

6 Fluidmechanik406

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Der Unterdruck wird aus dem Atmospharendruckp0 und dem Druck p2 in der Leitung berechnet.

Fur den Fall der stromenden Luft verfahrt man ge-nauso, jetzt mit r ¼ 1,4 kg/m3. Dabei wird vorausgesetzt, dass auch bei einem stromenden Gas dieDichte rl konstant bleibt.

Die Rechnung ergibt im Querschnitt 2 einen gro-ßeren Druck als in der Atmosphare. Es herrschtalso kein Unterdruck, sondern �berdruck.

Aufgaben Nr. 1025–1027

Ausfluss aus einem Gefaß

Angenommen, die Fluidspiegelflache B eines Ge-faßes sei groß gegenuber der Ausflussoffnung A.Dann sinken die Fluidteilchen bei B sehr langsamab, und man kann das Quadrat ihrer Geschwindig-keit gegen das der Geschwindigkeit bei A vernach-lassigen. Da das Gefaß bei A und B offen ist, istder statische Druck an beiden Stellen gleich demAtmospharendruck p0 ¼ pA ¼ pB.

Die Ausflussgeschwindigkeit wird mit der Ber-noulli’schen Druckhohengleichung ermittelt. DieEntwicklung fuhrt zu der Gleichung fur die theo-retische Ausflussgeschwindigkeit vA ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffi

2ghp

.

Ein Vergleich mit den Gleichungen fur den freienFall in Tabelle 4.1, Seite 153, zeigt die �bereinstim-mung mit der Gleichung vt ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g Ds

p(mitDs ¼ hÞ

fur die Endgeschwindigkeit vt eines Korpers nachdem freien Fall um die Fallhohe h. Die theoretischeAusflussgeschwindigkeit vA ist demnach ebensogroß wie die Endgeschwindigkeit vt eines um dieHohe h frei fallenden Flussigkeitteilchens.

Die Hohe h, die dem Fluid die Geschwindigkeit verteilt, nennt man die Geschwindigkeitshohe.

Nach der gleichen �berlegung, die zur Kontinui-tatsgleichung fuhrte, stromt aus einer �ffnung mitdem Querschnitt A in jeder Sekunde der Volumen-strom _VV ¼ Av aus.

pu ¼ p0 � p2 ¼ 1,015 � 105 Pa� 0,356 � 105 Papu ¼ 0,659 � 105 Pa

p2 ¼ p1 þ r

2ðv12 � v2

p2 ¼ 1,2 � 105 Paþ 0,7kg

m3ð25� 194Þ m2

s2

p2 ¼ 1,2 � 105 Pa� 118 Pa ¼ 1,1988 � 105 Papu ¼ p2 � p0 ¼ 1,1988 � 105 Pa� 1,015 � 105 Papu ¼ 0,1838 � 105 Pa

Bernoulli’sche Druckhohengleichung:

p0rg

þ hB þ vB2

2g¼ p0

rgþ hA þ vA2

2g

Die statische Druckhohe p0=rg fallt auf bei-den Seiten heraus, die GeschwindigkeitshohevB2=2g kann vernachlassigt werden und esbleibt:

vA2

2g¼ hB � hA ¼ h

v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

p theoretische Ausfluss-geschwindigkeit

h ¼ v2

2gGeschwindigkeitshohe

_VV ¼ Av ¼ Affiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

p theoretischerVolumenstrom

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 407

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Der wirkliche Volumenstrom ist kleiner als dertheoretische, weil die Ausflussgeschwindigkeit veinfolge der inneren Reibung und der Reibung anden Gefaßwanden nicht ganz den theoretischenWert v ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffi

2ghp

erreicht. Dieser Einfluss wirddurch die Geschwindigkeitszahl j < 1 beruck-sichtigt.

Von noch großerem Einfluss auf die Verringerungdes Volumenstroms ist die Einschnurung (so ge-nannte Kontraktion) des Fluidstrahls: Die Strom-faden im Inneren des Gefaßes laufen radial auf die�ffnung zu und konnen nicht plotzlich in Strahl-richtung umlenken. Der wirkliche Strahlquer-schnitt ist dann nicht A sondern aA. a ist die Kon-traktionszahl; sie ist immer kleiner als eins. DasProdukt aj heißt Ausflusszahl m.

Der wirkliche Volumenstrom _VVe ist das Produktaus Ausflusszahl m und theoretischem Volumen-strom _VV .

Die Ausflusszahl m ist abhangig von der Form derAusflussoffnung. Drei Hauptformen mit den zu-gehorigen Ausflusszahlen fur Wasser zeigt dasnebenstehende Bild.

�bung: Ein Wasserbehalter hat eine Bodenoff-nung von 65 mm Durchmesser. Sie liegt 5 m unterdem unveranderlich gedachten Wasserspiegel. DieAusflusszahl betragt 0,8.

In welcher Zeit fließen Ve ¼ 2,5 m3 Wasser ausder Bodenoffnung?

Losung: Zunachst wird die Querschnittsflache Ader Bodenoffnung berechnet.

Um festzustellen, wieviel Wasser in einer Sekundeausstromt, berechnt man den Volumenstrom _VVe.

Demnach kann aus dem Ausflussvolumen Ve unddem sekundlichen Ausflussvolumen ¼ Volumen-strom _VVe die Ausflusszeit t berechnet werden.

ve ¼ jv ¼ jffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

pwirkliche Ausflussgeschwindigkeit

j ist abhangig von der Zahigkeit des Fluidsund betragt fur Wasser 0,97 . . . 0,99.

Strahlkontraktion

_VVe ¼ m _VV ¼ mAffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

pwirklicher Volumenstrom

Ausflusszahlen fur Wasser

Gegeben:

�ffnungsdurchmesser d ¼ 65 mmGeschwindigkeitshohe h ¼ 5 mAusflusszahl m ¼ 0,8wirkliches Ausflussvolumen Ve¼ 2,5 m3

Gesucht:

Ausflusszeit t

A ¼ p

4d 2 ¼ p

4ð0,065 mÞ2 ¼ 0,00332 m2

_VVe ¼ mAffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh

p_VVe ¼ 0,8 � 0,00332 m2 �

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � 9,81 m

s2� 5 m

r_VVe ¼ 0,0263

m3

s

t ¼ Ve

_VVe

¼ 2,5 m3

0,0263m3

s

¼ 95 s

6 Fluidmechanik408

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Ausfluss unter dem Fluidspiegel

Verbindet eine Ausflussoffnung zwei benachbarteGefaße unterhalb ihrer Fluidspiegel, so stromt dasFluid aus dem Gefaß 1 in das Gefaß 2 uber, so-lange noch eine Hohendifferenz h ¼ h1 � h2 vor-handen ist.

Die theoretische Ausflussgeschwindigkeit v istvon dieser Druckhohendifferenz abhangig, ebensoder wirkliche Volumenstrom _VVe.

Ausfluss bei �berdruck im Gefaß

Auf dem Fluidspiegel B eines Gefaßes lastet derDruck p1, wahrend an der Ausflussoffnung A derAtmospharendruck p0 herrscht. Man nimmt wiederan, dass die Geschwindigkeit der Fluidteilchen beiB vernachlassigbar klein ist.

Die Ausflussgeschwindigkeit ermittelt man mitHilfe der Bernoulli’schen Druckhohengleichung.Darin ist vB2=2g vernachlassigbar, also gleichnull. Statt der beiden geodatischen Hohen hAund hB wird die geodatische Hohendifferenzh ¼ hB � hA eingesetzt. Damit erhalt man eineGleichung fur die theoretische Ausflussgeschwin-digkeit vA ¼ v.

Den wirklichen Volumenstrom bekommt man mitdieser Geschwindigkeit, der �ffnungsflache A undder Ausflusszahl m mit Hilfe der bekannten Glei-chung.

Wird nun noch der �berdruck pu im Behaltergegenuber dem außeren Luftdruck fur die Druck-differenz p1 � p0 gesetzt, dann vereinfacht sich dieGleichung.

�bung: In einem Dampfkessel lastet auf derWasseroberflache ein �berdruck von 3,5 � 105 Pa.Das Ablassrohr liegt 2,3 m unter dem Wasserspie-gel und hat eine lichte Weite von 50 mm. Die Aus-flusszahl betragt 0,8.

Wieviel Wasser stromt in jeder Sekunde durch dasRohr?

v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g ðh1 � h2Þ

p theoretischeAusfluss-geschwindigkeit

_VVe ¼ mAffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g ðh1 � h2Þ

p wirklicherVolumenstrom

p1rg

þ hB þ vB2

2g¼ p0

rgþ hA þ vA2

2g

vA2

2g¼ p1

rg� p0rg

þ hB � hA ¼ p1 � p0rg

þ h

v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g hþ p1 � p0

rg

� �s theoretischeAusfluss-geschwindig-keit

_VVe ¼ mAv ¼ mA

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g hþ p1 � p0

rg

� �s

_VVe ¼ mA

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g hþ pu

rg

� �s

wirklicher Volumenstrom

_VVe m A g h p1, p0, pu r

m3

s1 m2 m

s2m Pa ¼ N

m2

kg

m3

Gegeben:

�berdruck pu ¼ 3,5 � 105 Pageodatische Druckhohendifferenz h ¼ 2,3 mRohrdurchmesser d ¼ 50 mmAusflusszahl m ¼ 0,8

Gesucht:

wirklicher Volumenstrom _VVe

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 409

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Losung: Zunachst wird die Querschnittsflache Ades Ablassrohrs berechnet.

Dann bestimmt man mit Hilfe der bekannten Glei-chung den Volumenstrom _VVe. Dabei muss beachtetwerden, dass der �berdruck pu mit der EinheitPa ¼ N=m2 eingesetzt wird.

Ausfluss bei sinkendem Fluidspiegel

Bei den bisherigen Betrachtungen wurde die geo-datische Druckhohe h des Fluidspiegels gegenuberder Ausflussoffnung als konstant angenommen.Damit war auch die Ausflussgeschwindigkeitkonstant.

Soll ein Gefaß aber ganz oder teilweise entleertwerden, dann muss man den absinkenden Fluid-spiegel berucksichtigen. Mit sinkendem Fluid-spiegel nimmt die Ausflussgeschwindigkeit v undnaturlich auch der Volumenstrom _VVe ab.

Die Ausflussgeschwindigkeit folgt dem Gesetzdes freien Falls: v ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffi

2ghp

. Weil hier die Hoheaber nicht zu- sondern abnimmt, handelt es sichum einen gleichmaßig verzogerten Geschwindig-keitsverlauf.

Man rechnt deshalb in diesem Fall mit der mitt-leren Ausflussgeschwindigkeit vm und erhalt darausden mittleren Volumenstrom _VVem. Das wirklichausfließende Volumen Ve ist das Produkt aus demmittleren Volumenstrom _VVem und der Ausflusszeit t:Ve ¼ _VVem t. Aus dieser Beziehung kann schließlichauch die Ausflusszeit t ¼ Ve= _VVem ermittelt wer-den.

Soll das Gefaß vollig entleert werden, verringertsich die Ausflussgeschwindigkeit vom Anfangs-wert v1 bis auf v2 ¼ 0, weil die Hohe h2 am Endeder Entleerung gleich null ist. Damit vereinfachensich die Gleichungen durch den Fortfall des letztenZahler- oder Nennerglieds.

A ¼ p

4d 2 ¼ p

4� 25 � 10�4 m2 ¼ 19,63 � 10�4 m2

_VVe ¼ mA

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2g hþ pu

rg

� �s¼ 0,0429

m

s2

Bei teilweiser Entleerung sind die Ausfluss-geschwindigkeiten

v1 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

pund v2 ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh2

p

vm ¼ v1 þ v22

¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh2

p2

mittlere theoretische Ausflussgeschwindigkeit

_VVem ¼ mA

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh2

p2

mittlerer wirklicher Volumenstrom

t ¼ Ve

_VVem¼ 2Ve

mA ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh2

wirkliche Ausflusszeit

vm ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

p2

mittlere theoretischeAusflussgeschwindigkeitbei volliger Entleerung

_VVem ¼ mA

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

p2

mittlererwirklicherVolumenstrom

t ¼ 2Ve

mAffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

p wirkliche Ausflusszeit

6 Fluidmechanik410

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�bung: Ein zylindrischer Wasserbehalter von 8 mDurchmesser hat in seinem Boden eine Ausfluss-offnung von 400 mm Durchmesser. Das Wassersteht im Behalter 6 m hoch. Die Ausflusszahl be-tragt 0,65.

In welcher Zeit fließen 120 m3 Wasser aus?

Losung: Da nicht bekannt ist, ob der Behalternach der Entnahme von 120 m3 Wasser teilweiseoder vollig entleert ist, wird zunachst die Wasser-spiegelhohe h2 nach der Entnahme bestimmt.

Dann berechnet man die Ausflusszeit mit der Glei-chung fur teilweise Entleerung.

Aufgaben Nr. 1028–1035

6.2.2.3 Impulserhaltungssatz

Stromende Fluide uben Krafte F auf das Leitungssystem (Rohrleitungen mit Krummern, Du-sen) aus. Man berechnet sie wie bei bewegten festen Korpern mit dem Impulssatz I ¼ mv(siehe Kapitel 4.4.9, Seite 201).

Die Kraftbetrage sind abhangig von der Stromungsgeschwindigkeit v, vom Stromungsquer-schnitt A, von der Fluiddichte r, vom Druck p und von der Hohendifferenz Dh zwischen Zu-und Ableitungen.

Zur Ermittlung der Stromungsgroßen in der skiz-zierten horizontal liegenden Wasserleitung wird,wie in der Statik, ein markantes Teilstuck freige-macht. Zweckmaßig werden die Schnittebenen 1und 2 durch Anfang und Ende von Querschnittsan-derungen gelegt wie in dem skizzierten dusenfor-migen Leitungsstuck. Die Eingangsgroßen werdenmit dem Index 1 (F1, A1, . . .), die Ausgangsgroßenmit dem Index 2 gekennzeichnet. Die Schnitte 1und 2 begrenzen das so genannte KontrollvolumenKV. Bei den spateren Kraftebetrachtungen wirddas Kontrollvolumen als fester Korper angesehen.

Der Impuls I eines bewegten Korpers ist das Pro-dukt aus Masse m und Geschwindigkeit v. Die da-zu in Kapitel 4.4.9 entwickelten Gleichungen gel-ten auch fur stromende Fluide.

Gegeben:

Behalterdurchmesser d ¼ 8 mm�ffnungsdurchmesser d1¼ 0,4 mWasserspiegelhohe h1¼ 6 mAusflusszahl m ¼ 0,65wirkliches Ausflussvolumen Ve¼ 120 m3

Gesucht: Ausflusszeit t

Ve ¼ p

4d 2 ðh1 � h2Þ

h2 ¼ h1 � 4Ve

pd 2¼ 6 m� 4 � 120 m3

p � ð8 mÞ2 ¼ 3,61 m

Der Behalter wird nur teilweise entleert.

t ¼ 2Ve

mA ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh1

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gh2

pÞ¼ 152,5 s

FI1 m = ·Vr 1

m = ·Vr 2

Kontrollvolumen KVF = FI2 I1

v1 v2

d 2d 1

x

y

21

Ein

gang

Aus

gang

I ¼ m � vImpuls

I m v

kg m

skg

m

s

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 411

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Bei Stromungsvorgangen wird nicht mit der Masse

m, sondern mit dem Massenstrom _mm ¼ m

Dtgerech-

net (siehe Kapitel 6.2.1, �bersicht).

Das Produkt aus Massenstrom _mm und Geschwin-digkeit v ist der Impulsstrom _II ¼ _mm � v.Wie fur die Energie E gilt auch fur den Impuls I einErhaltungssatz: Der Impuls I2 am Ende eines physi-kalischen Vorgangs (Zustand 2) ist gleich dem Im-puls I1 am Anfang des Vorgangs (Zustand 1).

Fur stromende Fluide gilt der Impulserhaltungssatzin gleicher Form, wenn man statt der Masse m mit

dem Massenstrom _mm ¼ m

Dtrechnet.

Die Impulsstrome _II1 und _II2 im Impulserhaltungs-satz fur Fluide haben die Wirkung einer Kraft Fauf das Rohrleitungssystem. Deshalb nennt mansie Impulskrafte FI1 und FI2. Die Impulskrafte wir-ken immer rechtwinklig zur Querschnittsebene.

Zusatzlich zur Impulskraft FI wirkt die hydrostati-sche Druckkraft FD. Sie ist das Produkt aus stati-schem Druck p und Querschnittsflache A.

Die Gesamtdruckkraft F ist die Summe aus Im-pulskraft FI und Druckkraft FD.

Die Krafte F1 und F2 sind Druckkrafte auf dasKontrollvolumen, sie stehen rechtwinklig auf denQuerschnitten A1 und A2.

Die Richtungen der Krafte F1 und F2 auf das Kon-trollvolumen ergeben sich nach den Regeln desFreimachens in der Statik. Das Kontrollvolumenist im Gleichgewicht, wenn F1 in positiver und F2

in negativer Richtung wirken. Die Krafte F1 undF2 wirken immer als Druckkrafte auf das Kontroll-volumen.

_II ¼ _mm � v ¼ r � _VV � vImpulsstrom

m2 � v2 ¼ m1 � v1I2 ¼ I1 ¼ I

Impulserhaltungssatz fur feste Korper

(siehe Kapitel 4.4.9, Seite 201)

_mm2 � v2 ¼ _mm1 � v1_II2 ¼ _II1 ¼ _II

Impulserhaltungssatz fur Fluide

ð _II1,2Þ ¼ ð _mm1,2Þ � ðvÞ ¼ kg

s�ms¼ kg �m

s2¼ N

Einheitengleichung Impulsstrome

FI ¼ _II ¼ _mm � vFI ¼ r � _VV � vFI ¼ r � A � v2

Impulskraft

FD ¼ p � A

Hydrostatische Druckkraft

F ¼ FI þ FD

Gesamtdruckkraft

F2 ¼ FI1 þ FD ¼ F1

F2 ¼ r � A1 � v21 þ p1 � A1|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl} |fflfflffl{zfflfflffl}dynamischer statischer

Kraftanteil Kraftanteil

_II _mm v r _VV

Nkg

s

m

s

kg

m3

m3

s

I, I1, I2 m1, m2 v1, v2

N kgm

s

_II, _II1, _II2 _mm1, _mm2 v1, v2

Nkg

s

m

s

FI , _II _mm v r _VV A

Nkg

s

m

s

kg

m3

m3

sm2

FD p A

N Pa ¼ N

m2m2

6 Fluidmechanik412

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1. �bung: Eine Rohrleitung mit 100 mm Innen-durchmesser d wird unter einem Druck von300 kPa stundlich von 100000 Litern Wasserdurchstromt. Ermittelt werden sollen die Impuls-kraft FI ¼ _II, die hydrostatische Druckkraft FD unddie Gesamtdruckkraft F.

Losung: Die Impulskraft FI entspricht dem Im-pulsstrom _II, also dem Produkt aus Massenstrom _mmund Geschwindigkeit v des Fluids.

Nach Kapitel 6.2.1 ist der Massenstrom _mm das Pro-dukt aus Volumenstrom _VV und Dichte r.

Fur den Volumenstrom _VV kann das Produkt ausQuerschnittsflache A und Geschwindigkeit v desFluids eingesetzt werden.

Damit ergibt sich die ubliche Form der Gleichungfur die Impulskraft FI oder den Impulsstrom _II.

Stromungsgeschwindigkeit v

Der Betrag von 98 N ist die in der Stromung auf-tretende Impulskraft FI.

Die hydrostatische Druckkraft FD ist das Produktaus statischem Druck p und Querschnittsflache A.

Die Gesamtdruckkraft F ist die Summe aus dyna-mischem und statischem Kraftanteil.

Gegeben:

Rohrdurchmesser d ¼ 100 mm

Volumenstrom _VV ¼ 100m3

h

Dichte r ¼ 1000kg

m3

Druck p ¼ 300 kPa

Gesucht:

Impulskraft FI

hydrostatische Druckkraft FD

Gesamtdruckkraft F

FI ¼ _II ¼ _mm � v

FI ¼ _II ¼ _VV � r � v

_VV ¼ A � v

FI ¼ _II ¼ A � v � r � v ¼ r � A � v2

v ¼_VV

100 m3

3600 sp � 0,12 m2

4

¼ 3,537m

s

FI ¼ _II ¼ 1000kg

m3� p � 0,12 m2

4� 3,5372 m

s

� �2

FI ¼ 98 N

FD ¼ p � A ¼ 300 � 103 N

m2� p � 0,12 m2

4FD ¼ 2356 N

F ¼ FI þ FD ¼ 98 Nþ 2356 N

F ¼ 2454 N

FI; _II A v r

N m2 m

s

kg

m3

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 413

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2. �bung: Der waagerecht liegende Rohrbogeneiner Wasserleitung fuhrt den Volumenstrom

_VV ¼ 0,3m3

sbei einem Druck p ¼ 300 kPa. Der

Innendurchmesser des Rohres betragt d ¼ 0,4 m.

Dichte r ¼ 1000kg

m3, Krummungswinkel des

Rohrbogens a ¼ 60�:

Losung:

a) Der Massenstrom _mm ist das Produkt aus Volu-menstrom _VV und Dichte r.

b) Die Stromungsgeschwindigkeit v ist der Quo-tient aus Volumenstrom _VV und Querschnittsfla-che A des Rohres.

c) Der Impulsstrom _II ist das Produkt aus Massen-strom _mm und Stromungsgeschwindigkeit v.Der Impulsstrom _II ist gleich der ImpulskraftFI.

d) Die hydrostatische Druckkraft FD ist das Pro-dukt aus statischem Druck p und Querschnitts-flache A.

e) Die Gesamtdruckkraft F ist die Summe aus hy-drodynamischer und hydrostatischer Druck-kraft.

Gegeben:

Volumenstrom _VV ¼ 0,3m3

s

Druck p ¼ 300 kPa

Rohrdurchmesser d ¼ 0,4 m

Dichte r ¼ 1000kg

m3

Krummungswinkel a ¼ 60�

Gesucht:

a) Massenstrom _mm

b) Stromungsgeschwindigkeit v

c) Impulsstrom _II

d) Druckkraft FD

e) Gesamtdruckkraft F

f) Resultierende Fr der beidenGesamtkrafte F

_mm ¼ _VV � r ¼ 0,3m3

s� 1000 kg

m3¼ 300

kg

s

v ¼_VV

A¼ 4 � _VV

p � d2 ¼4 � 0,3 m3

s � p � ð0,4 mÞ2 ¼ 2,39m

s

_II ¼ _mm � v ¼ r � A � v2_II ¼ 1000

kg

m3� p4ð0,4 mÞ2 � 2,39

m

s

� �2

_II ¼ 717,8 N

FI ¼ _II ¼ 717,8 N(hydrodynamische Druckkraft)

FD ¼ p � p4d2 ¼ 300 � 103 N

m2� p4ð0,4 mÞ2

FD ¼ 37 699,1 N

(hydrostatische Druckkraft)

F ¼ FI þ FD ¼ 38 416,9 N

Fr

F

F

F

F

aAusgang

Ein

gang

2

1

6 Fluidmechanik414

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f) Die beiden Gesamtdruckkrafte F am Anfangund Ende des Rohrbogens bilden die resultie-rende Kraft Fr. Sie kann analytisch oder trigo-nometrisch berechnet werden.

Analytische Berechnung der Resultierenden Fr:

Anhand der Lageskizze werden die beiden Glei-chungen zur Berechnung der rechtwinklig auf-einander stehenden Kraftkomponenten Frx und Fry

entwickelt.

Die Resultierende Fr wird mit dem Satz des Pytha-goras berechnet.

Der Richtungswinkel b ergibt sich aus

6.2.3 Stromung in Rohrleitungen

Fließt ein Fluid durch eine Rohrleitung, so musses dabei Reibungswiderstande an den Rohrwandenuberwinden. Die Folge ist ein Druckabfall Dp(Druckverlust), der von der Fluiddichte r, derStromungsgeschwindigkeit v, dem Verhaltnis zwi-schen Rohrlange l und Rohrdurchmesser d und derRohrreibungszahl l abhangt.

Die Reibungszahl l (auch Widerstandszahl ge-nannt) ist abhangig von der Reynolds’schen ZahlRe und von der Rauigkeit der Rohrwandung.

1. �bung: Durch eine gerade, 600 m lange Rohr-leitung von 400 mm Durchmesser fließen 12 m3

Wasser in der Minute.

Die Widerstandszahl betragt 0,03.

Es soll die Ausflussgeschwindigkeit v und der Druck-abfallDp in der Rohrleitung berechnet werden.

b

Fr F

F sina

a b bF cosa

Fr FrFry

Frx

F

x x

y y

F

Frx ¼ SFx ¼ F � cos a ¼ 38 416,9 N � 0,5Frx ¼ 19208,5 NFry ¼ SFy ¼ F � sina ¼ 38 416,9 N � 0,866Fry ¼ 33 269 N

Fr ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF2rx þ F2

ry

qFr ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið19 208,5 NÞ2 þ ð33 269 NÞ2

qFr ¼ 38 416 N

b ¼ arctanFry

Frx¼ 33 269 N

19 208,5 N¼ 60�

Dp ¼ ll

d

r

2v2 Druckabfall

Dp l l, d r v

Pa ¼ N

m21 m kg

m3

m

s

Gegeben:

Rohrlange l ¼ 600 mRohrdurchmesser d ¼ 0,4 mVolumenstrom _VV ¼ 12 m3/min ¼ 0,2 m3/sRohrreibungszahl l ¼ 0,03

Gesucht:

Ausflussgeschwindigkeit v, Druckabfall Dp

6.2 Dynamik der Fluide (Hydrodynamik, Stromungsmechanik) 415

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Losung: Aus der Rohrleitung fließt der Volumen-strom _VV ¼ Av aus. Daraus berechnet man die Aus-flussgeschwindigkeit v ¼ Stromungsgeschwindig-keit.

Mit den bekannten Großen wird der DruckabfallDp ermittelt.

2. �bung: Durch eine Rohrleitung von 100 NWund 60 m Lange sollen 210 m3 Wasser je Stundegedruckt werden.

Welcher Druckunterschied ist zwischen den beidenLeitungsenden erforderlich, wenn die Rohrrei-bungszahl l ¼ 0,03 betragt?

Losung: Hier fuhren dieselben Gedanken wie inder ersten �bung zum Ergebnis.

Aufgaben Nr. 1036–1038

_VV ¼ Av

v ¼_VV

A¼ 0,2 m3=s

p=4 ð0,4 mÞ2 ¼ 1,59m

s

Dp ¼ l lrv2

2d¼0,03 � 600 m � 103 kg

m3� 1,59

m

s

� �2

2 � 0,4 mDp ¼ 56 880 N=m2 ¼ 56 880 Pa

Gegeben:

Rohrdurchmesser d ¼ 100 mm ¼ 0,1 mRohrlange l ¼ 60 mVolumenstrom _VV ¼ 210 m3=h¼ 0,0583 m3=sRohrreibungszahl l ¼ 0,03

Gesucht:

Druckabfall Dp

v ¼_VV

0,0583m3

sp

4� ð0,1 mÞ2

¼ 7,43m

s

Dp ¼ l lrv2

2d¼ 4,97 � 105 Pa

6 Fluidmechanik416

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Sachwortverzeichnis

Aa, t-Diagramm 146, 149, 151abgeleitete Großen 143Abminderungsfaktor 361Abscher-Hauptgleichung 294Abscherbeanspruchung 268, 270Abscherfestigkeit 294Abscherspannung 294Abscheren 294absoluter Druck 392Abtriebsdrehzahl 180Abtriebsmoment 215Achsen 342actio gleich reactio 191Additionstheoreme 101, 106, 201�hnlichkeitssatz 345Allgemeine Durchbiegungsgleichung 346allgemeines Kraftesystem 21, 38Amboss 230Amplitude 245, 248Amplituden-Frequenz-Diagramm 260Analogie 239Analogieschluss 181Analogieverfahren 212Analogien bei Schwingungen 257analytische Losung 100, 102, 105analytische Methode 22, 36Anfangsenergie 220Anfangsgeschwindigkeit 145, 153Anfangswinkelgeschwindigkeit 186Anformungsgleichung 342Anlaufreibung 115Anstrengungsverhaltnis 368Anstromquerschnitt 156Antriebsdrehzahl 180Antriebsleistung 210Antriebsmoment 215Anzugsmoment 120, 122Aproj 288Arbeit 202, 212, 244Arbeit einer veranderlichen Kraft 204Arbeit, �bungen 205, 211, 215Arbeit, zeichnerische Darstellung 203Arbeitsdiagramm 213, 324Arbeitsfahigkeit 217, 239Atmospharendruck 392, 406

Auflagereibmoment 120Auflagerkrafte 2Auftriebskraft 396, 399Ausflussgeschwindigkeit 406, 408, 410Ausflussoffnung 407Ausflussvolumen 408Ausflusszahl 407–411Ausfluss aus einem Gefaß 407– bei sinkendem Fluidspiegel 410– bei �berdruck im Gefaß 409– unter dem Fluidspiegel 409Ausflusszahl 385Ausflusszeit 410Ausknicken 268, 350Auslaufversuch 240Auslenkung 245, 248Auslenkung-Zeit-Gesetz 246Auslenkung-Zeit-Linie 247Ausrollweg 221außere Krafte 264axiale Flachenmomente 302– Herleitung 303– Tabelle 308– symmetrischer Querschnitte 311– unsymmetrischer Querschnitte 312– �bungen 305axiale Widerstandsmomente 302– �bungen 305– Tabelle 308Axialkraft 64

BBackenbremse 94, 127f.Bandbremse 131Bandreibung 131Barmasse 227Basiseinheiten 143, 148, 151Basisgroßen 143Baugroßen 179Bauverhaltnis 292Beanspruchung 265, 377– auf Abscheren 294– auf Biegung 327– auf Druck 284– auf Knickung 350

Sachwortverzeichnis 417

A. Böge, Technische Mechanik, DOI 10.1007/978-3-8348-8107-6,© Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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– auf Torsion 320– auf Zug 277–, zusammengesetzte 269, 364Beanspruchungsart 267, 269, 270Befestigungsgewinde 278Befestigungsschraube 122Befestigungsschraube mit Spitzgewinde 120Beharrungsgesetz 187Beharrungsvermogen 187Belastungsart und Festigkeit 375– ruhend 376– schwellend 376– wechselnd 376Belastungsbild, Konsolblech 300Belastungsfall 376– I 376– II 376– III 376Belastungskrafte 2Bemaßung eines Bauteils 380Berechnung axialer Flachenmomente 2. Grades,

�bungen 315Berechnung des Biegemomenten- und Quer-

kraftverlaufs, �bungen 332Bernoulligleichung 401, 404–, Anwendungen 406Bernoulli’sche Druckgleichung 404– Druckhohengleichung 405, 407, 409– Gleichung 404Beruhrungsflachen 13, 288Beschleunigung 143, 151, 153, 181, 244beschleunigte Bewegung, Formeln 153Beschleunigung-Zeit-Diagramm 146, 149, 151Beschleunigung-Zeit-Gesetz 246Beschleunigung-Zeit-Linie 247Beschleunigungs-Linie 149, 151Beschleunigungsarbeit 219, 239Beschleunigungsbegriff 149Beschleunigungskraft 244Beschleunigungsmoment 244Bestimmung des Flachenschwerpunkts 78Bestimmung des inneren Kraftesystems und der

Beanspruchungsarten 271Betrag einer Kraft 3Betragszeichen 24Bewegungsanderung 188Bewegungsaufgaben, Arbeitsplan 152Bewegungsbahn 144Bewegungsenergie 217Bewegungsgroße 201, 223Bewegungslehre 143Bewegungsprobe 15, 18f.Bewegungsschraube 289

– mit Flachgewinde 118– mit Spitz- oder Trapezgewinde 119Bewegungszustand 7, 144, 178, 188, 223Bewegung des Kolbens 150Bewegung in Getrieben 179bezogener Schlankheitsgrad 359Bezugsachse 235Bezugsebene 218, 220Bezugsschlankheitsgrad 360Biege-Hauptgleichung 330, 342, 364–, Gultigkeitsbedingungen 331–, Herleitung 329Biegebeanspruchung 268, 270, 272Biegefeder 343Biegefestigkeit 375Biegelinie 327, 345, 347Biegemoment 2, 270, 327, 330, 332–342,

346, 364Biegemoment und Kraftepaar 272Biegemomenten- und Querkraftbestimmung,

Arbeitsplan 328Biegemomentenverlauf 332Biegepresse 62Biegespannung 327, 330, 342, 364Biegetrager 328– mit mehreren Belastungen 349Biegewechselfestigkeit 378, 379Biegung 268, 327– und Torsion 367– –, �bung 369Blattfeder 332, 343Bodenflache 393Bodenklappe 393Bodenkraft 393Bogen 77Bogenhohe 78Bogenlange 77, 83Bogenmaß 123, 158, 347Bohrmaschinentisch 114Bolzenverbindungen 290Bremsbacke 94, 127Bremsen 127Bremshebel 94, 127, 129, 131Bremshebeldrehpunkt 127, 131Bremsklotz 94Bremskraft 127, 129, 132, 193, 202Bremsmoment 94, 127, 129, 131, 238Bremsscheibe 94, 96, 127, 131Bremsversuch 238Bremsverzogerung 155, 159Bremsweg 159, 197Bruchfestigkeit 381

Sachwortverzeichnis418

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CCulmann’sche Gerade 50–52

Dd’Alembert 194d’Alembert’sches Prinzip 194Dachbinder 68Dachpfanne 174Dachtraufe 174Dampfung einer Schwingung 257Dauerbruchsicherheit 381Dauerfestigkeit 377, 382Dauerfestigkeitswerte 377Dauerschwingversuch 376Definitionsgleichung, Beispiele 181, 192, 202,

212, 296, 303, 305Dehngrenze 374, 376Dehnung 280, 374Dehnungshypothese 368Diagramme der gleichformigen Bewegung 147Dichte 188, 190, 393–, Einheit 190–, Luft 156Dichtungshohe 390Dichtungsstellen 390Dickenanderung 280Differenzbremse 131Doppelbackenbremse 129Drall 238Dreharbeit 213, 244Drehbewegung 175, 231, 240–, Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 212–, gleichmaßig beschleunigte 181Drehimpuls 238Drehleistung 212, 214, 244Drehmoment 2, 4, 5, 16, 121, 126, 212, 232,

238, 322Drehmomentschlussel 122, 326Drehsinn des Drehmoments 4Drehstab-Stabilisator 324Drehstabfedern 324Drehung 6, 7Drehweg 213Drehwinkel 178, 181, 185, 212, 244Drehwinkelgleichungen 184Drehwirkung 4, 6Drehzahl 175, 179, 214Dreieck 77Dreieckblattfeder 343Dreieckflache 77Dreiecksumfang 83Dreiecksverband 68

Dreikrafteverfahren 48, 95–, Arbeitsplan 50dreiwertige Lager 17Druck 268, 385, 386, 392, 405, 411Druck-Ausbreitungsgesetz 386Druck-Hauptgleichung 284Druck- und Zugbeanspruchung, �bungen 285Druckabfall 415Druckbeanspruchung 268, 270, 284Druckdifferenz 409Druckeinheit 386, 392Druckenergie 404Druckgleichung 404, 405Druckhohe 392, 406, 410Druckhohendifferenz 409Druckkraft 350, 385, 406, 412– auf gewolbte Boden 389–, hydrodynamische 414–, hydrostatische 412, 414Druckmittelpunkt 394Druckspannung 284Druckstabe im Stahlbau 358Druckverlust 415Druckverteilung in einer Flussigkeit 386, 391Druck in einer Leitung 406Druck und Biegung 365Durchbiegung 345, 349Durchbiegungsgleichung 346–349–, �bungen 348Durchschnittsgeschwindigkeit 147, 176Dynamik 142, 143– der Drehbewegung 231– der Fluide 401– der geradlinigen Bewegung 187dynamische Belastung 376Dynamisches Grundgesetz 191, 219, 231, 238– fur Drehung 232– –, �bungen 192, 238

EE-Modul 281Ebenenwinkel 91, 102Eigenfrequenz 260Eigenschwingungen 259Einbahnverkehr 33, 37Einbahnverkehrsregel 33, 35, 49, 52Eingriffslinie 180Eingriffspunkt 65Eingriffswinkel 180, 370Einheit– der Arbeit 202– der Beschleunigung 151– der Dichte 190

Sachwortverzeichnis 419

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– des Drucks 386– der Kraft 1, 2, 192, 392– der Leistung 208– der Masse 189– Eins 148, 280Einheiten–, Dynamik 142–, Festigkeitslehre 261–, Hydraulik 385–, Statik 1–, Umrechnungen Einheitskreis 179–, Geschwindigkeit 148Einheitengleichung, Impulsstrome 412Einscheibenbremse 132einschnittige Nietverbindung 290Einschnurung 408Einspannlange 351Einspannmoment 17Einspannpunkt 335Einspannstelle 332, 335, 342Einspannung 351Eintreiben von Keilen 227einwertige Lager 15Einzellast 336Einzelubersetzung 181Einzelwirkungsgrad 210elastische Knickung 351elastische Formanderung 279, 296, 323elastischer Bereich 353elastischer Stoß 224Elastizitatsgrenze 374Elastizitatsmodul 281, 323, 374, 384elektrische Arbeit 203Elongation 248Endenergie 220Endgeschwindigkeit 145, 153Endtangente 345, 347, 349Endwinkelgeschwindigkeit 185Energie 217–, Einheit 217Energieaustausch 224Energiebilanz 220, 230Energieerhaltungssatz 218, 220, 225, 240, 401,

404, 405Energieerhaltungssatz der Stromung 404–, �bungen 221Energieumwandlung 217Energieverluste 218, 226, 228, 230Entwurfsformel 358Entwurfsberechnungen 379erforderliche Beruhrungsflache 287erforderlicher Querschnitt 277, 284erforderliches Widerstandsmoment 322, 330

Ermittlung– der Resultierenden, rechnerisch 22, 38– der Resultierenden, zeichnerisch 26, 40– unbekannter Krafte, Arbeitsplan 45– unbekannter Krafte, rechnerisch 28, 44– unbekannter Krafte, zeichnerisch 32, 48Ersatzkraft 3, 8, 90, 92, 94, 101, 103Erregerfrequenz 260erzwungene Schwingung 245, 259Euler 123, 351, 355, 357– Euler-Hyperbel 353– Eulerfall 351– Eulergleichung 351–354Eulergleichung, Gultigkeitsbereich 353Euler’sche– Gleichung 123, 126– Knickung 351– Zahl 123exzentrischer Stoß 223Eytelwein 123

FF, s-Diagramm 203, 212Fachwerke 68Fachwerktrager 68Fadenpendel 255Fahrbahnneigung 242Fahrrad 5Fahrwerkbremse 128Fahrwiderstand 133–136, 193, 221–, �bungen 134Fahrwiderstandszahl 133Fallbeschleunigung 145, 156, 189Fallhammer 217, 229Fallhohe 222Federarbeit 204, 219, 283, 286, 324Federdiagramm 204, 206Federdurchmesser 325Federkennlinie 204, 207, 324Federkraft 204, 206Federrate 204, 206, 251, 324Federreihenschaltung 252Federparallelschaltung 252Federungsdiagramm 324Federwaage 89Federweg 204, 325Feldkrafte 11Feste Rolle 137Festigkeit 374Festigkeitslehre 261Festigkeitsberechnungen im Maschinenbau 380Festigkeitsrechnung 2

Sachwortverzeichnis420

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Festigkeitswerte 374, 381, 384Festlager 2, 15, 16, 53Festlagerkraft 60, 63Festlagerpunkt 53, 54, 56Flachen- und Widerstandsmomente zusammen-

gesetzter Querschnitte, �bungen 315Flachenmoment – Herleitungsubung 304Flachenmomente 303, 394Flachenmomente 2. Grades 302, 307, 311, 318,

395–, �bungen 305Flachenpressung 268, 287, 290– am Gewinde 289– an geneigten Flachen 287– an gewolbten Flachen 291– an Nieten 290– an Schrauben 289– in Gleitlagern 290–, �bungen 292Flachenpressungs-Hauptgleichung 287Flachenpressungsgleichungen 290Flachenschwerpunkt 76, 85–, �bung 80Flachfuhrung 114Flachgewinde 119Flachriemengetriebe 126Flankendurchmesser 121Flankenradius 118Flankenumfang 118Flankenwinkel 119Flasche 140Fliehkraft 241, 244–, �bungen 242Fließen des Werkstoffes 374Fluid 401, 412–, stromendes 412Fluiddichte 411Fluidmechanik 385, 401Flussigkeiten, Eigenschaften 385Flussigkeitsbehalter 393Flussigkeitsdichten 393Flussigkeitsdruck 386, 392Flussigkeitshohe 391Flussigkeitsmenge 396Flussigkeitsoberflache 392Flussigkeitsquader 386Flussigkeitsreibung 115Flussigkeitssaule, Schwingung 256Form und Dauerfestigkeit 379Formanderung 323– bei Biegung 345– bei Schub 296– bei Torsion 323

Formanderungsarbeit 204, 217, 219, 224, 282– bei Torsion 324Formanderungsgleichungen 323Formelzeichen und Einheiten, Dynamik 142–, Festigkeitslehre 261–, Hydraulik 385–, Statik 1Fq, x-Diagramm 333–341Freier Fall 144, 156– mit Luftwiderstand 157– ohne Luftwiderstand 156freie Knicklange 351freie Schwingung 245freigemachtes Konsolblech 300Freiheitsgrade 6Freimachen 11–17, 94–, Arbeitsplan 17–, �bungen 18–20Freischneiden 12Freitrager 17, 332, 335– mit Einzellast 332, 348– mit konstanter Streckenlast 334, 348– mit mehreren Einzellasten 333– mit Mischlast 335– mit Streckenlast 344Frequenz 248Fuhrungsbuchse 115Fuhrungslange 115Fuhrungsverhaltnisse 351Funktionsgleichung 97, 102, 392, 394–, Beispiele 167, 184, 196, 199, 285, 332Fußkreisdurchmesser 180

GGalilei 187gedampfte Schwingung 245gefahrdeter Querschnitt 277, 284Gelenke 13Gelenkpunkte 13, 68Gelenkviereck 69geodatische Druckhohe 406geodatischer Druck 405geometrische Addition 164, 372Gesamtenergie 229Gesamtflachenmoment 319– 2. Grades 311Gesamtmoment 55, 61Gesamtresultierende 40Gesamtschwerpunkt 79, 84Gesamtspannung 364Gesamtubersetzung 181Gesamtwirkungsgrad 210geschlossenes Krafteck 33

Sachwortverzeichnis 421

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Geschwindigkeit 143, 147, 156, 181, 411Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm

(v, t-Diagramm) 144, 148Geschwindigkeitsanderung 150Geschwindigkeitsbegriff 147Geschwindigkeitsdruck 404Geschwindigkeitseinheit 147Geschwindigkeits-Umrechnungsbeziehung 148Geschwindigkeitshohe 407Geschwindigkeits-Linie 149Geschwindigkeitszahl 385, 408Geschwindigkeitszunahme 145, 150Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz 246Geschwindigkeit-Zeit-Linie 247Gesetz der Dynamik 191Gestalt und Dauerfestigkeit 377Getriebe 179, 370Getriebewelle 2, 16, 64, 263, 332, 367, 370Getriebezwischenwelle 64, 67Gewichtskraft 11, 12, 188– der verdrangten Flussigkeit 398Gewinde 288Gewindeflankendurchmesser 121Gewindegange 289Gewindelinie 118Gewindereibmoment 119–121Gewindesteigung 118, 289gleichformige Bewegung 144, 147Gleichgewicht 2, 6, 29, 188–, indifferentes 86–, labiles 86–, stabiles 86Gleichgewichtsbedingungen 7, 16–, rechnerische 29, 44–, zeichnerische 33, 48Gleichgewichtslagen 86– schwimmender Korper 398Gleichgewichtszustande 188gleichmaßig beschleunigte Bewegung 144gleichmaßig beschleunigte und verzogerte

Bewegung, �bungen 159Gleichung der Wurfbahn 167Gleichungssysteme 53Gleitflache 89, 90Gleitfuhrung 287Gleitlager 15, 292Gleitreibung 89, 90Gramm 189Grauguss (Gusseisen) 375Grenzschlankheitsgrad 353, 355–, Tabelle 354Große und Dauerfestigkeit 377Großenbeiwert 382

Großengleichung 177, 179, 322Grundaufgaben der Statik 22, 38Grundbeanspruchungsarten 267Grundgleichung 152– der gleichformigen Bewegung 147Grundkreisdurchmesser 180Guldin’sche– Oberflachenregel 85– Regeln 85– –, �bungen 86– Volumenregel 85Gummipuffer 286Gurte 67Gurtplatten 319Gusseisen (Grauguss) 375, 377, 384

HHaftreibkraft 91, 200Haftreibung 89, 90Haftreibwinkel 91Haftreibzahl 91Halbkreisbogen 83Halbkreisflache 77Halslager 16, 19, 44, 48Halslagerkraft 44, 48Haltekraftgleichung 105, 108Haltekraft 118, 120Handkraft 120, 275Handkurbel 274, 276Handraddurchmesser 121Handwinde 216Hangabtriebskomponente 205Hangabtriebskraft 133, 136harmonische Schwingung 245Hauptaufgaben der Statik 21Hauptgleichung–, Druck 284–, Flachenpressung 287–, Zug 277Hebebock 390Hebelarm– der Rollreibung 133, 135– der statischen Stabilitat 398, 400Hebeldrehpunkt 128, 131Hebelubersetzung 388Herleitung des Steiner’schen Satzes 313Hertz’sche Gleichungen 291, 293Hohendifferenz 411Hohenenergie 217Hohlwellen 321Hohlzylinder 234, 237Hooke 279

Sachwortverzeichnis422

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Hooke’sches Gesetz 279, 281, 296, 346– fur Schub 296– fur Torsion 323Horizontalbewegung 166, 169horizontale Stromung 404Hubarbeit 119, 138, 205, 209, 215, 217, 222Hubgeschwindigkeit 211Hubhohe 206Hubleistung 209Hubverhaltnis 391Hubweg 138Hubwerksbremse 127Hydraulik 385Hydraulikkolben 62Hydraulikzylinder 132, 357hydraulische Elemente 385hydraulische Presse 390hydraulische Pressung 386hydraulischer Hebebock 387Hydrodynamik 401Hydrostatik 385hydrostatischer Druck 386, 388, 392Hypothese der großten Gestaltanderungsenergie

368

Iideelle Spannung 368Impuls 201, 223, 411Impulserhaltungssatz 201, 223, 239, 244, 401, 411– fur Drehung 238– fur Fluide 412Impulskraft 385, 412Impulssatz 411Impulsstrom 385, 412innere Krafte 264inneres Kraftesystem 264, 270, 364, 366– bei Biegetragern 327–, �bungen 271Internationales Einheitensystem 1

JJoule 202, 218

KKantenpressung 264Kegel 86Kegelbremse 132Kegelkupplung 288Kegelstumpf 343Kegelzapfen 288Keilnut 113Keilreibungskraft 113Keilreibungszahl 113

Keilriemen 113Keilwinkel 113Kentern 400Kenterpunkt 400Kenterwinkel 400Kerb-Dauerfestigkeit 378Kerbformen 384Kerbquerschnitt 377Kerbwechselfestigkeit 378Kerbwirkung 378, 381Kerbwirkungszahl 384Kernquerschnitt 292Kesselnaht 389Ketten 12, 279Kilogramm 189Kilowatt 214Kinematik 143kinetische Druckhohe 406kinetische Energie 217, 219, 221, 239, 244,

404kinetischer Druck 404Kippen 87Kippkante 87, 135, 395Kippmoment 87, 243, 395Klappendrehpunkt 396Klapptisch 62Klemmbedingung 114, 115Klemmen 114Klotzbremsen 127Knickkraft 350, 351Knickung im Stahlbau 358Knicksicherheit 350, 355Knickspannung 350–355Knickspannungslinien 360, 362Knickstabe 359, 361Knickung 268, 350–, elastische 351–, unelastische 354Knickungsaufgaben, Arbeitsplan 355Knoten 68Knotenblech 68Knotenschnittverfahren 71, 72Kolbendichtungen 390Kolbendurchmesser 388, 390Kolbenflachen 387, 390Kolbengeschwindigkeit 175Kolbenkrafte 387Kolbenpumpe 351Kolbenstange 356, 357Kolbenwege 388kommunizierende Rohren 393Konsolblech 299, 332–, freigemacht 300

Sachwortverzeichnis 423

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Konsoltrager– mit Einzellast 344– mit Streckenlast 344konstante Streckenlast 335Kontinuitatsgleichung 403, 406Kontraktion 408Kontraktionszahl 408Kontrollvolumen 411Koordinaten 62– des Festlagerpunktes 54– – Loslagerpunktes 54Koordinatenbedingung 54, 55, 60Koordinatendifferenz 54Kopfdurchmesser 301Kopfhohe 301Kopfkreisdurchmesser 180Kosinussatz 37, 165Kraft 2, 3–, Einheit 2, 192, 385– -Verlangerung-Schaubild 282– -Weg-Diagramm 203Krafteck 8Kraftedreiecke 8kraftefreies System 225Kraftegleichgewicht 327Kraftegleichgewichtsbedingung 50, 57, 58, 66Kraftemaßstab 3Kraftepaar 4, 269, 272, 371Krafteparallelogramm 8Krafteplan 27, 31, 33, 41Kraftereduktion 8, 22, 26, 38, 40, 190Kraftesystem 21Kraftmoment 2, 4–, Einheit 2Kraftstoß 201, 223Kraftzerlegung 9Kragtrager 332, 337Krangungswinkel 400Kran 205, 208, 211Kranhaken 12, 192Kreisabschnitt 78Kreisausschnitt 77Kreisbahn 176, 188Kreisbewegung 144, 175, 181, 212–, Arbeitsplan 183–, Formeln 185Kreisbogen 83Kreisfrequenz 248Kreisgroße 181, 183, 212–, Gegenuberstellung 212Kreiskegel 234Kreiskegelstumpf 234Kreisringstuck 77

Kreiszylinder 234, 237krummlinige Bewegung 144Krummung 345Krummungsmittelpunkt 345Krummungsradius 293, 345–347kubische Parabel 343Kugel 86, 234Kugellager 15Kupplung 89, 238Kupplungsbelag 288Kurbel 213Kurbelarm 275Kurbelgetriebe 175Kurbelwelle 175, 213Kurvenradius 242

Llabile Schwimmlage 399Lageenergie 405Lageplan 3, 27Lager 19, 115Lagerreibkraft 116Lagerungslange 292Lagerverluste 210Lagerzapfen 115, 384Lageskizze 18, 19Langenausdehnungskoeffizient 282Langsdehnung 280Langsvorschub 163, 164Lambda 350Lastarbeit 388Lastfalle 363Lastheben 138Lastkahn 124Lastkolben 387, 391Lasttrum 126Laufkatze 165Laufkran 165Leertrum 126Lehrbeispiele:– Berechnung einer Getriebewelle 370– Knickung im elastischen Bereich 356– Knickung im unelastischen Bereich 357– Nietverbindung im Stahlbau 299– Nietverbindung im Stahlhochbau 297– Prinzip von d’Alembert 197– Rechnerische Bestimmung der Resultierenden

Fr eines zentralen Kraftesystems 30– Reibung in Ruhe und Bewegung 93– Seileckverfahren, Zusammensetzung zweier

Parallelkrafte 43– Torsionsstabfeder 325– Verdrehwinkel (Drehmomentschlussel) 326

Sachwortverzeichnis424

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– v, t-Diagramm 155– Wirkungsgrad 216– Zeichnerische Bestimmung der Resultierenden

Fr eines zentralen Kraftesystems 31– Zugbolzen 301Leistung 208, 212, 244, 322–, �bungen 211, 215Leistungsgleichung 208, 214Leiter 18Leiteraufgabe 97Lichtgeschwindigkeit 190lineare Spannungsverteilung 302, 320lineares Kraftgesetz 249Linienmomente 82Linienschwerpunkt 82, 85Linienzuge 83Lochleibungsdruck 290, 298, 363lose Rolle 138Loslager 2, 15, 46, 53Loslagerkraft 47, 60, 63– Fehlerwarnung 57Loslagerpunkt 53, 56Losungsmethoden der Statik 22Luckenweite 180Luftdichte 156Luftdruck 392, 409Luften der Bremse 132Luftwiderstand 144, 156Luftwiderstandsbeiwert 156

MM, j-Diagramm 212Magnetfeld 11Mantelflache 85Masse 188, 237, 385Masseneinheit 189Massenerhaltungssatz 401Massenmoment 231Massenschwerpunkt 241Massenstrom 385, 401, 412maximale Belastung 277, 284maximale Normalkraft 287maximales Biegemoment 330, 332–336maximales Torsionsmoment 322Mb, x-Diagramm 332–341mechanische Arbeit 202, 282mechanische Energiearten 217mechanische Schwingungen 245Megapascal 386Mehrfachubersetzung 181Mehrscheibenbremsen 132Mehrschichtfeder 343

mehrschnittige Nietverbindung 290metazentrische Hohe 398Metazentrum 398Mischlast 335Mischreibung 115Mittelpunktsgeschwindigkeit 177mittlere Geschwindigkeit 150, 151mittlere Leistung 208mittlere Winkelgeschwindigkeit 182Mobilkran 88Modul 180Momentangeschwindigkeit 150, 157,

171Momentanwegstrecke 158Momentenbedingung 60Momentenbezugspunkt 45, 78, 81, 84Momentendrehpunkt 54, 139Momentendrehsinn 4, 79, 81Momentenflache 347Momentengleichgewichtsbedingung 46, 56, 65,

95, 127, 129, 130, 133, 396Momentensatz 38, 76, 79, 81, 84–, Arbeitsplan 39– fur Flachen 76, 78, 318– fur Linien 82, 84Momentenstoß 238Momentensumme 85Momentenverhaltnis 87Motordrehmoment 126Mutterhohe 289, 292

NNeigungswinkel 345, 347, 400Nennspannung 379neutrale Faser 320neutrale Faserschicht 329Newton 2, 187, 190Newtonmeter 2, 202Newton’sches Axiom 191–, erstes 187–, zweites 190Nietabstand 298Nietanzahl 298Nietbild 298Nietdurchmesser 299Niete 363Nieten 226Nietverbindung 297Normalkeilriemen 113Normalkraft 13, 15, 16, 89, 267, 270Normalspannung 266, 267, 272Normfallbeschleunigung 156, 189, 191Normgewichtskraft 189, 191

Sachwortverzeichnis 425

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Nulldurchgang 336–339Nulllinie 329Nutzarbeit 119, 138, 210Nutzleistung 210Nutzquerschnitt 297

Ow, t-Diagramm 181, 185Oberflache 85Oberflache und Dauerfestigkeit 378Oberflachenbeiwert 382Oberflachenberechnung 85Oberflachenkrafte 11Obergurt 67ortliche Spannung 379Ortsvektor 164Ortsveranderung 143, 164Oszillator 259

PParabel 166, 334, 343Parabelflache 349Parallelogramm 77Parallelogrammflache 77Parallelogrammkonstruktion, wiederholte 40Parallelogrammsatz 8, 164Parallelogrammumfang 83Parallelschaltung von Federn 252Pascal 386Passfedernut 384Passschrauben 363Pendelstutze 13Periode (Schwingung) 248Periodendauer 175, 248physikalische Große 2Planvorschub 163, 164Platin-Iridiumzylinder 189Poisson-Zahl 281Pol 41Polstrahl 41polare Flachenmomente 306, Tabelle 310polare Widerstandsmomente, Tabelle 310polares Flachenmoment 2. Grades 303polares Widerstandsmoment 304, 322Polstrahlen 41Polygon-Fachwerktrager 68Polynomdivision 140potentielle Energie 217, 221, 405Pressenstoßel 114Presskraft 390Presskraftgleichung 390Pressung 291Pressungshohe 392

Prinzip von d’Alembert 194–, Arbeitsplan 196–, �bungen 196prismatische Nut 35Prismenfuhrung 113, 287Probestab 380Profilflache 85, 86Profillinie 85, 86Profilstabe 278Profilstahltrager 334Programmablaufplan 61Programmschleife 61Programmverzweigung 61Projektionsflache 157projizierte Beruhrungsflache 288–, technische Beispiele 288projizierte Flache 288, 290, 389Proportionalitatsgrenze 353, 374Pythagoras 58, 67, 165, 168, 369

QQuadranten 22, 53quadratische Gleichung 172–, Beispiele 152, 163, 171Querbohrung 278, 384Querdehnung 280Querkraft 267, 270, 328Querkraftflache 333–339Querkraftlinie 334, 336Querkraftsatz 333Querkraftschaubild 336Querkraftverlauf 332, 339Querlager 115, 117Querschnittsflache 264, 350Querschnittsformen 304

RRadachse 343Radialkraft 14, 20, 64, 367Radiant (rad) 123, 178Rammen 227Randabstand 298Randfaser 323Randfaserabstand 304, 331, 365, 366Randfaserspannung 321, 330, 331Randspannung 320Rauigkeit 415raumliches Kraftesystem 64Reaktionszeit 161rechnerische Ermittlung– der Resultierenden, Arbeitsplan 26rechnerische Gleichgewichtsbedingungen 28,

44, 46

Sachwortverzeichnis426

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Rechnerprogramm 53, 55, 58, 61Rechteck 234reduzierte Masse 237Reibungsarbeit 207, 209, 220, 240–, Diskussion der Formel 208Reibungskraft 13, 89, 94Reibungsleistung 116, 209Reibungsmoment 115–117Reibungsradgetriebe 180reibungsschlussige Schraubenverbindung

122Reibung 13, 89– am Spurzapfen 116– am Tragzapfen 115– an Maschinenteilen 113– auf der schiefen Ebene 99– auf der schiefen Ebene, �bungen 112Reibungsaufgaben 94Reibungskegel 92, 114Reibungswinkel 90, 91Reibungszahl 90, 91–, Ermittlung 91–, Wertetafel 91Reißlange 283Reihenschaltung von Federn 251Relativgeschwindigkeit 225Relativitatstheorie 190Resonator 259Resonanz 259Resultierende 3, 8, 22, 26, 201resultierende– Druckspannung 365– Federrate 251– Kraft 188, 190, 192, 232– Momentenflache 372– Spannung 364, 367– Zugspannug 366resultierendes– Moment 60, 373– Drehmoment 239Reynolds’sche Zahl 385, 415Richtgroße 249Richtungsannahme 33Richtungsregel 28Richtungssinn 3Richtungswinkel 3, 10, 22, 28, 33, 59, 61, 168, 171– der Loslagerkraft 54Riemen 12Riemengetriebe 126, 179Riemenkrafte 16Riemenscheibe 126Riemenvorspannkraft 126Riemenvorspannung 126

Ring 234Ringflache 85Ringspurlager 117Ringspurzapfen 116Ringvolumen 85Ritter’sches Schnittverfahren 73–, Arbeitsplan 74Rohnietdurchmesser 297Rohrlangsnaht 389Rohrreibungszahl 415, 416Rollbedingung 134Rolle 14, 137Rollendrehpunkt 137Rollenradius 137Rollenzug 137, 140–, �bung 141Rollkorper 14, 133Rollkraft 133, 135Rollmoment 134Rollradius 133Rollreibung 134Rollwiderstand 13, 90, 133Rotation 231Rotationsarbeit 213Rotationsenergie 239, 244Rotationskorper 85Rotationsleistung 214Ruckprallgeschwindigkeit 228Ruckstellmoment 253ruhende Belastung 376Ruhezustand 188Rundkerbe 384Rutschbeginn 97Rutsche 112Rutschen 197

Ss, h-Diagramm 169s, t-Diagramm 148, 158Sackrutsche 221Schabotte 227, 229Schabottemasse 229Schallgeschwindigkeit 162Schallzeit 162Scheibenbremsen 132Scheibenkupplung 238Scheitelhohe 170Schiebung 296schiefe Ebene 91, 99, 101, 187, 198schiefer Stoß 223Schiffsmittellinie 399Schiffsschwerpunkt 399Schlagwirkungsgrad 227, 230

Sachwortverzeichnis 427

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Schlankheitsgrad 352, 355, 359Schleifendurchlauf 61Schleifscheibe 177, 240Schlingerbewegungen 400Schlupf 179Schlusselradius 120Schmieden 226Schmiedevorgang 227Schmierloch 384Schnittflache 265, 364Schnittgeschwindigkeit 177, 211Schnittkraft 211Schnittkraftmessgerat 211Schnittmethode 265Schnittufer 265, 269, 296, 338, 346Schnittuntersuchung am Niet 295Schnittverfahren 264, 269–, �bungen 271Schragaufzug 20Schrager Wurf 169Schraglage 398Schragstirnradgetriebe 67Schraube 118, 120–, �bungen 121Schrauben 278, 363Schraubenfederpendel 250Schraubenlangskraft 118, 120, 121Schraubgetriebe 102, 118Schraubverbindung 120, 122Schraubzwinge 273, 364Schubfeder 296Schubkraftgleichung 109–112Schubmodul 296, 323, 326, 384Schubspannung 267, 272, 295, 320, 327Schubspannungshypothese 368Schubspannungsverteilung 295Schubverformung 296schwellende Belastung 376Schwellfestigkeit 376Schwenkarm 19Schwerachse 235Schwerebene 75Schwerefeld 11Schwerependel 255Schwerkraft 75Schwerlinie 75, 80, 81Schwerpunkt 75, 82– zusammengesetzter Flachen 78Schwerpunktsabstand 77, 80, 82, 394Schwerpunktsberechung 318Schwerpunktsbestimmung 82– fur Flachen, Arbeitsplan 79– fur Liniengebilde, Arbeitsplan 84

Schwerpunktslage 82Schwerpunktslehre 75, 85Schwerpunktsweg 86Schwimmen 397Schwimmlage 398Schwingung 175Schwingung, erzwungene 259Schwingungen, Analogien 257Schwingungsdauer 248Schwingungsweite 248Sechstelkreisbogen 83Sechstelkreisflache 77Sehnenlange 77, 83Seil 12Seileck 42Seileckverfahren 41, 75–, Arbeitsplan 42Seilgewichtskraft 283Seilkraft 123Seilreibungskraft 123, 126Seilreibung 123, 131–, �bungen 124Seilstrahlen 42Seilzugkraft 123, 125Seitenhalbierende 77Seitenkraft 394, 396– -Gleichung 395selbsterregte Schwingung 245Selbsthemmung 118, 127, 131, 208Selbsthemmungsbedingung 92, 107, 127Selbsthemmungsbereich 92Selbsthemmungsgrenze 119Sicherheit 355– gegen Dauerbruch 381– gegen Knicken 350Sicherheitsgrad gegen Kippen 87Sicherungsring 384Sicherungsring-Kerbe 383SI-Einheiten 1Sinkgeschwindigkeit 157Sinussatz 37, 101, 166, 200Skalar 3, 202, 208Spannrolle 126Spannschienen 126Spannung 265, 277, 379Spannungart 267Spannungsbegriffe 379Spannungsbild 302, 320, 329, 365Spannungsenergie 217, 219, 224Spannungs-Dehnungs-Diagramm 374Spannungshypothese 368Spannungsnachweis 285, 298, 367, 381Spannungsquerschnitt 277

Sachwortverzeichnis428

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Spannungsspitze 377Spannungsverlauf 377Spannungsverteilung 320– im Tragerquerschnitt bei Biegung 328– im unsymmetrischen Querschnitt 331Spannwellenbetrieb 126Spillanlage 125Spillkopf 124Spindelkopf 121Spindelpresse 102Spurlager 16, 19, 44, 49Spurlagerkraft 44, 49Spurzapfen 116Spurzapfenreibzahl 116stabile Schwimmlage 398– eines Schiffes 399Stabilitatsproblem 350Stabilitatskurve 400Stahlbau 68Standflache 87Standmoment 87Standsicherheit 86, 87–, �bungen 88Standsicherheitsgleichung 87Statik 1, 2– der Flussigkeiten 385statische Belastung 376statische Bestimmtheit 69, 70statische Druckhohe 406statischer Druck 404Staudruck 404s, t-Diagramm 148, 158Steigungswinkel 118, 121, 169Steigzeit 170Steiner’scher Verschiebesatz 235, 313–315Strebe 68stofffreie Biegeachse 361Stoß 201, 223–, Sonderfalle 225–, �bungen 229–, wirklicher 227Stoßabschnitt 224, 226, 228Stoßbegriff 223Stoßel 150Stoßelbewegung 146Stoßnormale 223, 225Stoßzahlen 228Stoßzahlgleichung 228Strahlquerschnitt 408Strahlungsenergie 217Strecke 82Streckenlast 334, 339Streckgrenze 374, 381, 384

Stromfaden 408Stromung 401–406–, eindimensionale 401–, horizontale 404–, inkompressible 401–, nichthorizontale 405–, stationare 401– in Rohrleitungen 415– mit Hohenunterschied 405– ohne Hohenunterschied 404Stromungsgeschwindigkeit 165, 385, 404, 406,

411, 415Stromungsgroßen 401, 411Stromungsmechanik 401Stromungsquerschnitt 401, 403, 411Stutzbalken 272Stutzflachen 13Stutzhaken 16Stutzkraftberechung 53, 62–, Programmablaufplan 61Stutzkraftermittlung beim raumlichen Krafte-

system 64Stutzkrafte 2, 11, 16, 53, 64, 272Stutzkraftkomponenten 64Stutztrager 272, 332, 336– mit Einzellast 336, 348– mit konstanter Streckenlast 339, 348– mit mehreren Einzellasten 337– mit Mischlast 339Summenbremse 131Summenformeln 201Symmetrieebene 75, 80, 83systemanalytisch 53systemanalytisches Losungsverfahren 62– zur Stutzkraftberechnung 53Systemgleichungen, Zusammenstellung 60

TTangensfunktion 24, 135Tangentialbeschleunigung 185, 185, 231Tangentialgroße 176, 183Tangentialkraft 13, 20, 64, 89, 213, 231Tangentialverzogerung 186Teilkreisdurchmesser 180Teilschwerpunkt 78Teilung 180Temperaturdifferenz 222Temperatur und Festigkeit 375Tetmajer 354, 357Tetmajergleichungen 354Tonne 189Torsion 269, 320–, Formanderung 323

Sachwortverzeichnis 429

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Torsionsbeanspruchung 269Torsions-Hauptgleichung 322–, Herleitung 321Torsionsmoment 2, 269, 320, 324, 326Torsionspendel 253Torsionsspannung 269, 320, 322Torsionsstabfeder 213, 324, 325Torsionsstab-Messgerat 325Totpunkt 150Trag- und Spurzapfenreibung, �bungen 117Trager 15– gleicher Biegespannung 342Tragerbelastung 334Tragsicherheit 358Tragsicherheitsnachweis 358Tragheit 187Tragheitsgesetz 7, 176, 187, 190, 241Tragheitskraft 157, 195, 200, 244Tragheitsmoment 231, 235, 244, 254–, �bung 233Tragheitsmomente, Gleichungen 234Tragheitsradius 232, 237, 308, 350, 366Tragtiefe 289Tragzapfen 115Tragzapfenreibzahl 115Translation 6, 187translatorische und rotatorische Großen, Gegen-

uberstellung 244Transportband 199Trapez 77Trapezgewinde 119, 121, 278, 292–, Bezeichnungen 289Tretkurbel 5Triebarbeit 388Triebkolben 387, 391Triebkraft 188, 387, 390trigonometrische– Losung 101, 103, 106– Auswertung 37– Methode 37Trum 126

UU-Rohr 392U-Rohrmanometer 392�berdruck 392, 407, 409, 410�berlagerung 163– von beschleunigter Bewegung 166– von gleichformig geradlinigen Bewegungen

165�berlagerungsprinzip 164, 335, 349�bersetzung 180, 215–, �bungen 215

�bersetzungsverhaltnis 180Ufermauer 395Umdrehung 175, 178Umdrehungsfrequenz 142Umfahrungssinn 37Umfangsgeschwindigkeit 116, 176, 211, 214Umfangskraft 16, 118, 367, 370Umkehrpunkt 150Umlaufzeit 175Umlenkrolle 137Umrechnungsbeziehung 148– (Grad in rad) 123Umschlingungswinkel 123, 125unelastische Knickung 354unelastischer Stoß 226ungleichformige Bewegung 144unsymmetrische Querschnitte 312, 318Unterdruck 406Untergurt 68Ursprungslange 280, 282, 374

Vv, t-Diagramm 143, 146, 151, 155, 181– des freien Falls 145– eines Stoßelhubes 146– fur senkrechten Wurf 145–, �bungen 145v-Linie 145, 151Vektor 3, 8, 151, 225verdrangte Flussigkeitsmenge 396Verdrangungsschwerpunkt 396–398Verdrehung 269, 320Verdrehwinkel 323, 324, 326Verformungsarbeit 217, 230Verformungsbild 320, 329Verformungsenergie 217Vergleichsmoment 368, 373–, zeichnerische Bestimmung 369Vergleichsspannung 367Verhaltnisgroße 280Verkurzung 282Verlangerung 280, 282, 374Versatzwinkel 64Verschiebegeschwindigkeit 209, 212Verschiebekraft 14, 206, 209, 212Verschiebesatz (Steiner’sche) 235, 313–315Verschiebeweg 206, 212, 244Verschiebung 6Verschiebungsgroße 365Verschwachungsverhaltnis 297Vertikalbewegung 166, 169verzogerte Bewegung, Formeln 154

Sachwortverzeichnis430

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Verzogerung 143, 146, 154Vierkrafteverfahren 50–, Arbeitsplan 52Viertelkreisbogen 83Viertelkreisflache 77Viskositat 385–, dynamische 385–, kinematische 385Vollspurzapfen 116Volumen 190Volumenanderung 385Volumenberechnung 85Volumenkrafte 11Volumenstrom 385, 401, 407–411vorhandene Flachenpressung 287vorhandene Spannung 277, 284, 322, 330Vorschubbewegung 144Vorspannkraft 118, 206

WWaagerecht-Stoßmaschine 146Waagerechter Wurf 164, 166Walze 35Walzpunkt 370Wanddicke eines Kessels 389Wanddrehkran 19, 44, 48Warme 222Warmekapazitat 222Warmemenge 203, 222Warmespannung 282Wasserdruckhebebock 387Wassersaule 393Watt 208Wattsekunde 202Wechselfestigkeit 376, 378wechselnde Belastung 376Wechselwirkungsgesetz 191, 223Weg-Linie 148Weg-Zeit-Diagramm 148Wegabschnitt 143, 147, 153, 181Wegeinheit 147Weggleichung 152, 166– fur Rollenzuge 140Wehr 395Wellen 342Wellenachse 321Wellendrehmoment 115Werkzeugtrager 147Widerstandsmoment 302, 304, 308, 311, 318,

310, 322, 365–, �bungen 305Widerstandszahl 385, 415

Winkelbeschleunigung 181, 185, 231, 244Winkelgeschwindigkeit 117, 178, 212, 214, 244,

322Winkelgeschwindigkeitsanderung 182Winkelhebel 46, 53Winkelprofil 315Winkelverzogerung 186, 232Wirkabstand 2, 213– der Auflagereibkraft 120wirklicher Stoß 227Wirklinie 3Wirkungsgrad 202, 209, 215, 229– der festen Rolle 138– der hydraulischen Presse 390– der losen Rolle 139– mr des Rollenzuges 141– fur Schraubgetriebe 119–, �bungen 211, 215–, Beispiele 210Wirkungsgradgleichung 138, 228Wirkungsgradtabelle 141Wurfbahn 169– beim waagerechten Wurf 167Wurfhohe 169Wurfparabel 167, 172Wurfweite 167, 169, 173Wurfzeit 170, 172

ZZahigkeit 385, 408Zahlenwertgleichung 177, 179, 214, 284, 322,

354, 389Zahndicke 180Zahneingriff 64Zahnezahlen 180Zahnflanken 293Zahnfußhohe 180Zahnkopfhohe 180Zahnkraft 65Zahnkraftkomponente 16, 64Zahnrad 293Zahnradgetriebe 179Zahnradkraft 16Zapfenradius 137Zapfenreibzahl 115, 117zeichnerische Ermittlung– der Resultierenden, Arbeitsplan 28– unbekannter Krafte, Arbeitsplan 34Zeitabschnitt 143, 147, 153, 181, 185Zeiteinheit 147Zeitkonstante 157zentrales Kraftesystem 21, 22Zentrifugalkraft 242

Sachwortverzeichnis 431

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Zentripetalbeschleunigung 241, 246Zentripetalkraft 241, 249Zerlegung einer Kraft 9Ziehschlitten 114Zug 267, 277Zug- und Druckbeanspruchung, �bungen

285Zug und Biegung 364Zugbeanspruchung 267, 270, 277Zugbolzen 301Zug-Hauptgleichung 277, 364Zughaken 20, 136Zugkraft 12, 136– an der festen Rolle 137– beim Lastheben 139Zugkraftgleichung 100, 102– fur Rollenzuge 140Zugfestigkeit 283, 374Zuglaschen 278

Zugschrauben 278Zugspannung 277Zugversuch 374zulassige Spannung 379–, Begriff 379– fur Bauteile 363– fur Verbindungsmittel 363– Spannungen im Stahlhochbau 363zusammengesetzter Querschnitt 319Zusammensetzen und Zerlegen von Wegen,

Geschwindigkeiten und Beschleunigungen 164Zweigelenkstabe 13, 68zweischnittig 363zweiwertige Lager 15Zwischenresultierende 40Zylinderfuhrung 114Zylinderfuhrungsbuchse 114Zylindermantel 234

Sachwortverzeichnis432