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Entschäumer TEGO® Foamex

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EntschäumerTEGO® Foamex

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Schaum ist ein häufig auftretendes Phänomen bei der Herstellung und Ver-arbeitung von Farben, Lacken und Druck-farben. So stört die Bildung von Schaum z. B. bei der Herstellung von Farben, Lacken und Druckfarben die Produktions-abläufe, vermindert das effektiv verfüg-bare Volumen von Produktionsanlagen und führt zu unnötigen Wartezeiten. Schaum stört auch bei der Applikation von Farben und Lacken. Beim Druckvor-gang beispielsweise führt Schaum zum Überlaufen der Farbwannen und beein-trächtigt die Farbübertragung von der Walze auf das Substrat. Getrockneter Schaum hinterlässt Oberflächendefekte im Lackfilm.

Die Ursache für Schaum ist der Eintrag von Gas in das flüssige Material.

Dies geschieht zum Beispiel durch:• mechanischen Eintrag der Luft bei der

Herstellung durch Rühren und Mischen• Verdrängung von Luft bei der Benet-

zung von Pigmenten und Füllstoffen

• mechanischen Eintrag von Luft bei der Applikation, z. B. durch Rollen, Spritzen, Drucken

• Verdrängung von Luft bei der Be-schichtung poröser Untergründe

• chemische Reaktion, z. B. durch Neben-reaktion von Isocyanaten mit Wasser

Die Stabilisierung der freigesetzten Luft zu Schaum geschieht durch in der Formu-lierung vorhandene grenzflächenaktive Substanzen (Tenside), welche unvermeid-lich in Farben, Lacken und Druckfarben vorkommen, da sie zur Stabilisierung, Dis pergierung und Benetzung an der Formulierung notwendig sind.

Somit muss das Auftreten von Schaum als ein unerwünschtes aber auch unvermeid-liches Phänomen von Farben, Lacken und Druckfarben betrachtet werden. Um Schaum zu vermeiden und entstandenen Schaum zu zerstören, müssen den Formu-lierungen daher Entschäumer zugesetzt werden.

Was ist Schaum?

Eine stabile Verteilung von Gas in einer Flüssigkeit wird als Schaum bezeichnet. Leitet man einen Luftstrom in eine Flüs-sigkeit ein, so bilden sich darin Blasen, die eine kugelförmige Gestalt annehmen. Da sie im Vergleich zur Flüssigkeit leichter sind, steigen die Blasen nach oben. Eine Gasblase, die die Oberfläche einer tensid-freien Flüssigkeit durchdringt, hat nur eine sehr geringe Stabilität und zerfällt spontan. Die eingeschlossene Luft ent-weicht und die Flüssigkeit, die sie zuvor umhüllte, fließt zusammen. Auf reinen tensidfreien Flüssigkeiten bildet sich da-her kein stabiler Schaum (Abb. 1).

In tensidhaltigen Flüssigkeiten, zu denen auch Lacke gehören, werden die Gasblasen hingegen durch die Tenside stabilisiert. Um die aufsteigende Gasblase legt sich ein Tensidfilm. Trifft diese Blase nun an die ebenfalls mit Tensiden belegte Ober-fläche, entsteht eine durch eine Tensid-doppelschicht stabilisierte Lamelle, der so genannte Duplexfilm (Abb. 2).

Mikroschaum

Makroschaum

Abbildung 2: Aufstieg und Stabilisierung von Luftblasen in tensidhaltiger Flüssigkeit

Abbildung 1: Aufstieg und Platzen von Luft-blasen in tensidfreien Flüssigkeiten

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Duplexfilme können mitunter nur Bruch-teile von Mikrometern dick sein. Obgleich ihrer geringen Filmdicke können sie aber sehr stabile und extrem schwer zu zer-störende Schäume ausbilden.

Beim Schaum unterscheidet man zwischen Makro- und Mikroschaum. Als Makro-schaum bezeichnet man den an der Ober-fläche sichtbaren Schaum. Schaumblasen haben in der Regel einen Durchmesser von mehr als 50 μm und sind durch einen Duplexfilm stabilisiert. Sehr feine Schaum-blasen, die in der Matrix des Beschich-tungsfilms eingeschlossen sind, werden als Mikroschaum bezeichnet. Zur Beseiti-gung von Makroschaum werden Ent-schäumer eingesetzt, für die Beseitigung von Mikroschaum Entlüfter, die im tech-nischen Hintergrund Entlüfter behandelt werden.

Makroschaumblasen nehmen zunächst, nachdem sie die Oberfläche durchstoßen haben, eine kugelförmige Gestalt an. In dieser Phase ist der Volumenanteil der Flüssigkeit im Schaum größer als der Volumenanteil der Luft in den Schaum-blasen. Dieser Schaum wird daher auch als nasser Schaum bezeichnet. Die Schaumblasen haben noch eine runde Ge-stalt und werden von dicken Schaum-lamellen stabilisiert. Aus der Flüssigkeit nach kommende Schaumblasen lassen die Schaumkrone kontinuierlich ansteigen.

Durch die Gravitation fließt die Flüssigkeit aus den Schaumlamellen. Bei diesem, als Drainage bezeichneten, Prozess nimmt der Anteil der Luft im Schaum zu. Der Kugelschaum wird jetzt gezwungen, eine andere stabilere Form einzunehmen – die Polyederform. Den Polyederschaum be -zeichnet man auch als trockenen Schaum, weil er nur noch einen geringen Volu-menanteil an Flüssigkeit enthält. Poly-ederschaum besteht aus dünnen aber auch sehr elastischen Schaumlamellen mit einer Dicke von etwa 100 nm, die durch die Belegung der Oberflächen mit Tensid-molekülen stabilisiert ist. Die unterschied-liche Struktur von Schaum ist in Abb. 3 zusammengefasst.

Schaumstabilisierung

Eigentlich wäre zu erwarten, dass Schaumlamellen durch Drainage voll-ständig entwässern und damit selbständig kollabieren. In der Praxis kommt die Drai-nage jedoch zum Stillstand, wenn durch den Flüssigkeitsverlust in der Lamelle die Tensidkonzentration so hoch ist, dass

amphiphiles Molekül

Schaumlamelle

MikroschaumEntlüfter

Entschäumer

Makroschaum

hydrophobhydrophil

~ 1 nmGrenzschichtWasser mit schaumstabilisierendenSubstanzen

Gas Flüssigkeit

Gas GasFlüssigkeit~10 ... 100nmSchaumlamelle

Abbildung 3: Struktur von Schaum- und Tensidstabilisierung der Lamelle

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Grundsätzlich müssen Entschäumer in der zu entschäumenden Formulierung unlös-lich sein und in Form von fein verteilten Entschäumertröpfchen in der Formulie-rung vorliegen. Andererseits ist es jedoch erforderlich, dass der Entschäumer mit dem zu entschäumenden Medium immer noch eine ausreichende Verträglichkeit hat, um keine Oberflächenstörungen wie z. B. Krater zu erzeugen. Die Auswahl eines Entschäumers ist somit immer ein Kompromiss zwischen seiner Entschäu-mungsleistung und seiner Verträglich-keit/Unlöslichkeit.

Wie bereits beschrieben wirken Ent-schäumer, indem sie in die Schaumlamelle eindringen und sie zerstören. Eine Grund-voraussetzung hierfür ist, dass der Ent-schäumer in der Lage ist, die Oberfläche der Schaumlamelle zu durchstoßen. Die erste zu überwindende Barriere beim Durchstoßen der Schaumlamelle ist die sogenannte Pseudoemulsionsschicht. Dies ist eine dünne Flüssigkeitslamelle zwi-schen dem aufsteigenden Entschäumer-tropfen und der Flüssigkeitsoberfläche.

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durch sterische oder elektrostatische Abstoßungskräfte zwischen den Tensid-molekülen eine weitere Annäherung der Lamellenwände nicht mehr möglich ist. Die Schaumlamelle nimmt einen thermo-dynamisch sehr stabilen Gleichgewichts-zustand zwischen Drainage und Tensid-abstoßung ein. Stark ausgedünnte Schaumlamellen sind daher sehr stabil und sehr elastisch. Das elastische Verhal-ten der Lamellen kann über die Gibbs-Marangoni-Elastizität erklärt werden. Eine durch eine Verformung der Schaum-lamelle hervorgerufene Vergrößerung der Lamellenoberfläche führt zu einer lokal verringerten Tensidkonzentration und damit zu einer Erhöhung der Oberflächen-spannung der Lamelle. Das sich hieraus ergebende Ungleichgewicht führt zu star-ken Rückstellkräften, hin zum energetisch günstigeren, ungestreckten Zustand der Schaumlamelle (Abb 4).

Wie wirken Ent-schäumer?Je nachdem welche Art von Schaum vor-liegt, ob Makro- oder Mikroschaum, kommen eher Entschäumer oder Entlüfter zum Einsatz. Zur Beseitigung von Makro-schaum an der Oberfläche, zum Vermei-den großer Lufteinschlüsse und für einen schnellen Schaumzusammenbruch in wässrigen Formulierungen, werden bevor-zugt Entschäumer eingesetzt. Ist es hin-gegen erforderlich fein verteilte Luft aus dem System zu entfernen, sind Ent lüfter die bevorzugten Typen. Die Praxis hat gezeigt, dass eine klare Differenzierung zwischen Entschäumern und Entlüftern meist nicht möglich ist. Die meisten Ent-

Mit Tensiden gesättigte GrenzflächenRegion niedriger Oberflächenspannung

Nicht mit Tensiden gesättigte GrenzflächenRegion erhöhter Oberflächenspannung

Nachstellkraft zur Equilibrierungder Oberflächenspannung

Dehnung

Gibbs-Marangoni-Elastizität

Rückstellung

Abbildung 4: Gibbs-Marangoni-Elastizität

schäumer besitzen zu einem gewissen Grad auch eine entlüftende Wirkung und umgekehrt. Die Mechanismen der Entlüf-tung werden im Kapitel Entlüfter be-schrieben.

Entschäumer wirken, indem sie in die Schaumlamelle eindringen, die Lamelle destabilisieren und damit zum Platzen bringen. Aus Versuchen an Modellsyste-men werden verschiedene Mechanismen der Entschäumung in der Literatur disku-tiert. Aus den Modellen lassen sich An-forderungen für Entschäumer ableiten, die erfüllt sein müssen, damit eine Sub-stanz oder Formulierung als Entschäumer wirken kann.

Anforderungskriterien für Entschäumer:• unlöslich in der zu entschäumenden

Formulierung• niedrige Oberflächenspannung• positiver Eindringkoeffizient (E)• positiver Spreitungskoeffizient (S) oder

positiver Überbrückungskoeffizient und Entnetzungseigenschaft

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Ist die Pseudoemulsionsschicht zu stabil, kann ein Entschäumertropfen nicht die Ober fäche durchstoßen. Eine Entschäu-mung ist dann nicht möglich.

Hat der Entschäumertropfen die Pseudo-emulsionsschicht überwunden und die Lamelle durchstoßen, kann sein weiteres Verhalten über den Eindringkoeffizienten beschrieben werden. Der Eindringkoeffi-zient kann über die Grenzflächenspan-nungen zwischen den drei Phasen zu ent-schäumende Flüssigkeit, Entschäumer und Luft berechnet werden und be-schreibt das Kräftegleichgewicht der drei Phasen zueinander. Nur bei einem posi tiven Eindringkoeffizienten bleibt der Entschäumertropfen dauerhaft an der Lamellen oberfläche. Ist der Eindring -koeffizient negativ, kann der Entschäu-mertropfen wieder zurück in die flüssige Phase wandern.

Betrachtet man die Grenzflächenspan-nung des zu entschäumenden Mediums �w/a als unveränderlich vorgegeben, ist anhand der Formel erkennbar, dass ein positiver Spreitungskoeffizient nur dann erreicht werden kann, wenn die Ober-flächenspannung des Entschäumers �o/a ausreichend klein ist.

Ein möglicher nachfolgender Mecha-nismus auf das Eindringen des Entschäu-mertropfens in die Lamelle kann die Spreitung des Entschäumertröpfchens sein. Ist ein Entschäumer in der Lage an der Oberfläche zu spreiten, bildet er eine Entschäumerlinse an der Lamellenober-fläche und verdrängt an dieser Stelle die Tenside an der Oberfläche der Lamelle. Hierdurch verliert die Lamelle an Stabili-tät und an Flexbilität, was zum Zusam-menbruch der Schaumlamelle führen kann. Der Vorgang der Spreitung führt zudem zu einer Strömung der Lamellen-flüssigkeit entlang der Spreitungsrich-tung. Dieses auch als Marangoni-Strö-mung bekannte Phänomen bewirkt eine lokale Ausdünnung der Lamelle am Ort des spreitenden Entschäumertröpchens und führt damit zu einer weiteren Desta-

bilisierung der Lamelle. Das Eindringen und Spreiten eines Entschäumertröpf-chens wird in Abb. 5 verdeutlicht.

Das Spreitungsverhalten kann über den Spreitungskoeffizienten als Gleichgewicht der Oberflächenspannungen der drei Phasen zueinander beschrieben werden. Nur Entschäumertropfen mit positivem Spreitungskoeffizienten sind in der Lage, an der Oberfläche des zu entschäumen-den Mediums zu spreiten.

Betrachtet man die Formel für den Sprei-tungskoeffizienten, erkennt man, dass nur die Entschäumer zur Spreitung in der Lage sind, deren Grenzflächenspannun-gen zur Luft und zum entschäumenden Medium in Summe kleiner sind als die Oberflächenspannung der zu entschäu-menden Flüssigkeit.

Ein weiterer Entschäumungsmechanismus für Entschäumer, die kein ausreichendes Spreitungsvermögen besitzen, ist die Ent-schäumung durch Überbrückung. Grund-voraussetzung ist, dass der Entschäumer in der Lage ist die Schaumlamelle zu durchstoßen und einen positiven Ein-

E = �w/a+ �w/o– �o/a

�w/a = Oberflächenspannung der schäumenden Flüssigkeit

�w/o = Grenzflächenspannung zwischen Entschäumer und der schäumenden Flüssigkeit

�o/a = Oberflächenspannung des Ent-schäumers

S = �w/a– �w/o– �o/a = �w/a– (�w/o+ �o/a)

Abbildung 5: Eindringen und Spreiten des Entschäumerwirkstoffs

Formel Spreitungskoeffizient

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dringkoeffizienten besitzt. Für die Ent-schäumung durch Überbrückung muss ein Entschäumertröpfchen, welches die Lamellenoberfläche durchstoßen hat, in der Lage sein auch die gegenüberliegende Lamellenseite zu durchstoßen. Häufig ist das erst möglich, nachdem die Lamelle durch fortgesetzte Drainage ausreichend ausgedünnt ist. In manchen Fällen bekom-men Entschäumertröpfchen auch eine für den Überbrückungsmechanismus aus-reichende Größe durch Koaleszenz mit anderen Entschäumertröpfchen. Hat das Entschäumertröpfchen beide Seiten der Lamelle durchstoßen, kann durch einen nachfolgenden Entnetzungs- oder Dehnungsmechanismus die Lamelle zum Kollabieren gebracht werden.

Eine Grundvoraussetzung für beide Mechanismen ist ein positiver Über-brückungskoeffizient des Entschäumers.In die Berechnung des Überbrückungs-koeffizienten gehen jeweils die Quadrate der Grenzflächenspannungen ein. Ein positiver Überbrückungskoeffizient ist nur möglich, wenn die Grenzflächen-spannung des Entschäumers zur Luft ausreichend klein ist.

Im Fall des Entnetzungsmechanismus ist die zu entschäumende Flüssigkeit nicht in der Lage, die Oberfläche des Entschäu-mertröpfchens zu benetzen. Daraus re-sultiert eine Entnetzung des Entschäu-mertröpfchens, mit der Folge, dass die Schaumblase zusammenbricht. Auch feste Entschäumerwirkstoffe können über einen Entnetzungsmechanismus wirken (Abb. 6).

Geschieht die Entschäumung über einen Dehnmechanismus, markiert das über-brückende Entschäumertröpfchen die schwächste Stelle in der Lamelle. Tritt eine Dehnung der Lamelle auf, zerreißt die Lamelle schon bei geringen Dehn-kräften an der Stelle des Entschäumer-tröpchens (Abb. 7).

B = (�w/a)2 + (�w/o)2 – (�o/a)2

Formel Überbrückungskoeffizient

Abbildung 6: Filmüberbrückung und Entnetzung

Abbildung 7: Entschäumung über einen Dehnmechanismus

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Typische Wirkstoffe für die Formulierung von Entschäumern für wässrige Lack-rezepturen sind Polysiloxane (Silicone), Mineral- und Pflanzenöle oder Polymere. Durch Kombination der Wirkstoffe unter-einander, aber auch durch Zusatz fein-teiliger hydrophober Festkörper, wie bei-spielsweise Kieselsäuren, lassen sich auf spezifische Anwendungen zugeschnit-tene, besonders wirksame Entschäumer formulieren.

Siliconentschäumer (Polysiloxane)

Polysiloxane und modifizierte Poly-siloxane gehören zu der am breitesten einsetzbaren Gruppe von Entschäumer-wirkstoffen. Über die Modifizierung mit Polyethern oder anderen Polymeren ist eine enorme Bandbreite an unterschiedli-chen Entschäumerwirkstoffen zugänglich, welche in ihrer Verträglichkeit und Wirk-samkeit auf individuelle Lackformulierun-

gen eingestellt werden können. Polysilo-xanentschäumer sind sehr spreitungsaktiv und hochwirksam. Besonders häufig wer-den sie in modernen, wässrigen Lack- und Druckfarbenformulierungen mit hohen Ansprüchen an die Entschäumerleistung und an die Oberflächenqualität einge-setzt. Dies sind z. B. pigmentierte und nicht pigmentierte Holz-, Bauten- oder Industrielacke oder Druckfarben. Neben dem Vorteil, den Glanz nicht zu beein-trächtigen, zeichnen sich diese Entschäu-mer durch gute Verträglichkeit aus. Die Synthese von modifizierten Polysiloxanen erfolgt durch eine Si-O-C bzw. einer Si-C-Verknüpfung zwischen dem Siloxan-block und der organischen Modifizierung(Abb. 8).

Mineralölentschäumer

Mineralöle sind schon seit langem ver-wendete Entschäumerwirkstoffe. Sie ha-ben ein hohes Spreitungsvermögen und eine hohe Unverträglichkeit. In Entschäu-merformulierungen werden heute haupt-sächlich aliphatische Mineralöle einge-setzt. Aufgrund ihrer physiologischen und ökologischen Bedenklichkeit sind die frü-her verwendeten, aromatenhaltigen Öle immer seltener anzutreffen. Häufig wer-den Mineralöle in der Bautenfarben- und Druckfarbenindustrie eingesetzt. Bei der Verwendung in wässrigen Formulierun-gen, mit hohen Anforderungen an die Oberfläche und den Glanz, stoßen die Mineralöle häufig an ihre Grenzen, da sie dazu neigen den Glanz zu reduzieren oder andere Oberflächendefekte zu ver-ursachen.

Welche Substanzklassen wirken in wässrigen Lacken entschäumend?

Abbildung 8: Strukturtypen von Polyethersiloxanen

ABA Blockcopolymer

Verzweigtes Copolymer

Kammartiges Copolymer

A(BA)n Blockcopolymer

n-1

Me–Si –O– und ähnliche Me

Hydrophober Polyether

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Pflanzenölbasierende Entschäumer

Pflanzenöle als nachwachsende Rohstoffe bekommen eine zunehmende Bedeutung für die Herstellung von Entschäumern. Sie haben eine hohe Unverträglichkeit und kommen in ihren Eigenschaften den Mineralölen sehr nahe. Pflanzenöle wer-den hauptsächlich in Formulierungen in der Bautenfarben industrie eingesetzt, gewinnen aber auch zunehmende Be-deutung in anderen Anwendungen.

Polymerbasierende Entschäumer

Vertreter polymerbasierender Entschäu-mer können modifizierte Fettsäuren, Polyether oder modifizierte Amide sein. Über die Zusammensetzung der Polymere lässt sich die Polarität der Entschäumer gezielt einstellen. Im Vergleich zu Ent-schäumern anderer Substanzklassen sind polymere Entschäumer häufig nicht so stark in ihrer Wirksamkeit. Die verfüg-bare chemische Bandbreite der polymeren Entschäumer bietet aber die Möglichkeit, bei sehr kritischen Lacksystemen die Wirksamkeit und die Verträglichkeit des Entschäumers gezielt einzustellen. Daher werden polymere Entschäumer häufig in Formulierungen eingesetzt, wo andere Entschäumertechnologien zu unverträg-lich sind.

Tröpfchengröße des Entschäumers

verträglich Optimum unverträglich

Entschäumer/Entlüfter

schl

echt

Ent

schä

umer

wirk

sam

keit

g

ut

Abbildung 9: Wirksamkeit in Abhängigkeit von der Tröpfchengröße

Gegensatz zu den Entschäumeremulsio-nen müssen beim Entschäumerkonzentrat die in der fertigen Lackformulierung ent-schäumend wirkenden Entschäumertröpf-chen erst bei der Einarbeitung in den Lack erzeugt werden. Dies geschieht, indem der Entschäumer durch ausreichend hohe Scherkräfte im Lack fein verteilt wird. Daher wird empfohlen, Entschäumerkon-zentrate zum Mahlgut zuzugeben. Die Wahl der Einarbeitungsbedingungen kann direkten Einfluss auf die Wirksamkeit des Entschäumers nehmen. Eine zu schwache Dispergierung bewirkt zu große Ent-schäumertropfen und damit Oberflächen-störungen. Wird der Entschäumer zu stark dispergiert, sind die Entschäumertropfen zu klein und können nicht ihre Wirksam-keit entfalten. Entschäumerkonzentrate aus der TEGO® Produktfamilie sind die Typen TEGO® Foamex 3062, 810, 883 und 8050 (Abb. 9).

Wie sind Entschäumer einzuarbeiten?

Die Kenntnis der Lieferform eines Ent-schäumers ist eine wichtige Information, um eine geeignete Einarbeitungsmethode zu wählen. Häufig anzutreffende Liefer-formen sind Entschäumeremulsionen oder Entschäumerkonzentrate.

In Entschäumeremulsionen liegt der Wirkstoff bereits fein verteilt als Ent-schäumertröpfchen in emulgierter Form vor. Entschäumeremulsionen können daher mit geringer Rührintensität in die Formulierung eingearbeitet werden und sind auch für die nachträgliche Zugabe in die fertige Formulierung geeignet. Typi-sche Vertreter für Entschäumeremulsio-nen für wässrige Lacke und Druckfarben von Evonik sind TEGO® Foamex 805, 815 N, 822, 825 oder 1488.

Entschäumerkonzentrate bestehen größ-tenteils aus dem Entschäumerwirkstoff. Sie sind wasser- und lösemittelfrei. Im

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Entscheidende Kriterien für die Auswahl eines Entschäumers sind die Formulierung und die Applikationsmethode. Unter-schiedliche Formulierungen erfordern jeweils geeignete Entschäumer. Wichtige, zu berücksichtigende Einflussgrößen der Formulierung sind z. B. die Pigmentie-rungshöhe oder die chemische Basis des Bindemittels. Zudem nimmt die Art der Applikationsmethode Einfluss auf den Eintrag von Schaum in den Beschich-tungsstoff und damit auch auf die Aus-wahl eines geeigneten Entschäumers. Die Entschäumerempfehlungen von Evonik erfolgen unter Berücksichtigung der Eignung für bestimmte Formulierun-gen und Applikationsmethoden. Dennoch wird empfohlen, einen Entschäumer in Labortests zu bewerten, bevor er in der Produktion eingesetzt wird.

Wird ein Entschäumer für eine Formulie-rung gesucht, sollte die Wirksamkeit des Entschäumers vorab in Laborversuchen ermittelt werden. Da die Wirksamkeit der Entschäumung sehr stark von den realen Bedingungen bei der Herstellung und bei der Applikation der Farbe beeinflusst wird, wird empfohlen zur Prüfung von Entschäumern eine Methode zu wählen, welche eine Bewertung der Wirksamkeit des Entschäumers unter anwendungs-nahen Bedingungen zulässt. Die Prüfung auf eventuelle Oberflächenstörungen durch den Entschäumer sollte immer ein Bestandteil der Prüfung sein.

Rührtest

Eine häufig verwendete Methode für niedrig bis mittelviskose Formulierungen ist der Rührtest. In diesem Test wird mit

einem schnell laufenden Rührer Luft in die Formulierung eingerührt. Über das Volumen des aufgeschäumten Materials kann die Wirksamkeit verschiedener Ent-schäumer verglichen werden. Als interner Standard empfiehlt es sich, immer das Volumen einer Probe ohne Entschäumer vor und nach der Durchführung des Rühr-tests zu prüfen.

Ablauftest

In diesem Test wird mit einem schnell lau-fenden Rührer Luft in die Formulierung eingerührt. Die frisch aufgeschäumte Probe wird an einer Oberfläche abge-gossen. Die Aktivität des Entschäumers kann am frischen Ablauf beurteilt wer-den. Nach Trocknen des Ablaufs kann der Film auf das Vorhandensein von Schaum und Oberflächenstörungen visuell aus-gewertet werden. Der Ablauftest kann häufig auch als Ergänzung zum Rührtest durchgeführt werden. Ebenso wie der Rührtest ist der Ablauftest für niedrig bis mittel viskose Farben geeignet.

Welche Tests werden zur Bewertung von Entschäumern empfohlen?

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Rollentest

Der Rollentest ist eine Prüfung für Farben, die mit der Rolle appliziert wer-den. Er orientiert sich stark an den realen Applikationsbedingungen. Auf einem Substrat wird die Farbe mit einer Rolle aufgetragen und das Schäumen bei der Applikation beurteilt. Am getrockneten Farbfilm kann man Oberflächenstörungen durch Schaum, Unverträglichkeiten oder Lufteinschlüsse in der Beschichtung beur-teilen.

Die Durchführung der verschiedenen Tests werden in Videos auf unserer Homepage gezeigt.

FAQs:

Wir setzen TEGO® Foamex 810 in einem pigmentierten UV-Holzlack ein und haben an der Applikations anlage manch-mal vereinzelte Krater. Im Labor kann man den Fehler leider nicht nachstellen. Was können wir tun?Eine Möglichkeit, Krater zu beseitigen, ist die Zugabe eines Netzmittels, wie z. B. TEGO® Wet 270 oder TEGO® Twin 4100 in einer Dosierung zwischen 0,1 % – 0,4 %.

Wir produzieren verschiedene Innen-wandfarben. Der PVK-Bereich liegt zwischen 50 % und 80 %. Zudem setzen wir verschiedene Bindemittel in diesen Farben ein. Momentan verwenden wir auch verschiedene Entschäumer. Wir würden gerne nur noch einen Entschäu-mer benutzen. Gibt es einen Entschäu-mer, der in allen Farben wirksam ist? Verantwortlich für die Schaumentstehung und -stabilisierung ist meist ein Mix aus Emulgatoren und Stabilisatoren aus dem Bindemittel und anderen, direkt oder indirekt über weitere Rohstoffe zuge-

setzten, grenzflächenaktiven Substanzen, zu denen der Entschäumer passen muss. Einen Universalentschäumer, der immer in allen Formulierungen funktioniert, kann es daher nicht geben. Empirische Erfahrungen haben aber gezeigt, dass bestimmte Entschäumer für einzelne Anwendungsgebiete eine besonders gute Eignung haben, z. B. zeigen TEGO® Foamex 1488, 855 oder K 8 ein breites Wirkungsspektrum im PVK-Bereich von 50 - 80 % und besitzen auch eine breite Wirksamkeit in den typischen Bindemit-teln für den PVK-Bereich, wie z. B. Styrol-acrylat oder Vinylacetatcopolymeren.

Kann man Entschäumeremulsionen mit Glykolen vorverdünnen, um den Ent-schäumer ohne Verträglichkeitsprobleme in einen Parkettlack einzuarbeiten?Wir empfehlen bei Entschäumeremulsio-nen grundsätzlich die Zugabe in Liefer-form. Eine Vorverdünnung mit Lösemit-teln kann die Emulsion destabilisieren, welches zu einer Koagulation der Emul-sion führt.

Mit welcher Art von Pumpen sollte man zweckmäßigerweise Entschäumeremul-sionen transportieren? Entschäumeremulsionen sollten grund-sätzlich mit scherkraftarmen Pumpen be-fördert werden. Kontinuierliches Rühren oder Pumpen ist zu vermeiden, da hier-durch die Entschäumeremulsion verändert oder gar destabilisert werden kann.

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