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"G R U N D L A G E N D E R P H Y S I K III "

Teil I: Wellen

Vorlesung gehalten von

8% JkXdgX8% JkXdgX

im WS 1996/97

Universität GH Essen

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Inhalt Seite

Grundlagen der Physik III, Teil I, Wellen

KAPITEL A: Einleitung

1. Was sind Wellen? 6

2. Warum befaßt man sich mit Wellen? 6

3. Das räumlich- zeitliche Verhalten von Wellen 7

4. Die harmonische Welle 7

5. Überlagerung von Wellen 9

a) Einleitung 9

b) Fourierzerlegung 10

KAPITEL B: Eindimensionale Wellen

1. Wellen ohne Veränderung der Form 13

a) Einleitung 13

b) Eigenschaften von Kabeln 13

c) Wellengleichung 14

d) Wellenwiderstand eines Kabels 16

e) Computersimulation 17

f) Reflexion am Ende eines Kabels 18

g) Leistungsfluß 19

2. Wellen mit Veränderung der Form 20

a) Dispersion 20

b) Gruppengeschwindigkeit 20

3. Beispiele von Wellenleitern 22

a) Seilwelle 22

b) Elastische Longitudinalwelle in Festkörpern 23

c) Schallwelle 24

4. Stehende Wellen 25

a) Überlagerung entgegengesetzt laufender harmonischer Wellen 25

b) Eigenschwingungen 26

KAPITEL C: Wellen im homogenen Medium

1. Grundbegriffe 29

a) Strahlen - Wellenflächen 29

b) Raumwinkel 29

c) Intensität 30

d) Wellenvektor 31

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e) Dreidimensionale Wellengleichung 32

f) Gruppengeschwindigkeit 32

2. Beispiel Schall 33

a) Beschreibungsgrößen 33

b) Wellengleichung für Schall im dreidimensionalen Raum 35

c) Resonatoren (Luftsäulen, Saiten, Eigenmoden im Raum) 36

d) Der Dopplereffekt 38

3. Elektromagnetische Wellen 39

a) Was sind elektromagnetische Wellen? 39

b) Wellengleichung 40

KAPITEL D: Wellen im inhomogenen Medium

1. Prinzipien der Wellenausbreitung 42

a) Huygenssches Prinzip 42

b) Satz von Malus 42

c) Fermatsches Prinzip 43

2. Brechung und Reflexion an ebenen Grenzflächen 43

a) Homogenes Medium 43

b) Reflexion 44

c) Brechung 44

d) Dispersion bei Brechung 46

3. Polarisation und Doppelbrechung 47

a) Einleitung 47

b) Streuung 48

c) Reflexion 48

d) Doppelbrechung 50

KAPITEL E: Strahlenoptik

1. Hohlspiegel 53

a) Brechung und Reflexion an gekrümmten Flächen 53

b) Exakte Abbildung von einem Punkt in einen zweiten 53

c) Kugelspiegel 54

d) Schmidt - Teleskop 55

2. Dünne Linsen 56

a) Abbildungsgesetz 56

2

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b) Schräger Einfall 58

c) Bildkonstruktion 59

3. Einfache optische Geräte 60

a) Das Auge 60

b) Die Lupe 61

c) Das Brennglas 62

d) Bemerkungen zur subjektiven Helligkeit von Lichtquellen 62

e) Das Fernrohr 64

f) Das Mikroskop 65

g) Der Kondensor 65

h) Das Schlierenverfahren 66

4. Abbildungstheorie, Hauptebenen 66

a) Die kollineare Abbildung 66

b) Brennpunkte 67

c) Abbildungsgesetz 67

d) Brennweiten 68

e) Hauptebenen 68

f) Bildkonstruktion 69

g) Ungleiche Brechungsindizes im Bild- und Gegenstandsraum 69

h) Knotenpunkte 70

i) Zusammengesetzte Systeme 71

j) Dicke Linsen 71

KAPITEL F: Wellenoptik

1. Interferenz 72

a) Einleitung 72

b) Überlagerung von zwei Wellen 73

c) Kohärenz 74

d) Klassische Interferenzversuche 75

e) Interferometer 77

f) Vielstrahlinterferenz 78

2. Fraunhoferbeugung 79

a) Einleitung 79

b) Fraunhoferbeugung am Spalt 80

c) Kreisblende 81

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d) Auflösungsvermögen 82

e) N Spalte 83

f) Fraunhoferbeugung als Fouriertransformation 86

3. Fresnelbeugung 88

KAPITEL G: Anwendungen

1. Grundzüge der Spektroskopie 92

a) Einleitung 92

b) Aufbau eines Spektrografen 92

c) Die förderliche Spaltbreite 94

d) Anordnung der Lichtquelle 96

e) Beispiel für einen Laborspektrografen 96

f) Aufgaben der Spektroskopie 98

2. Holografie 101

a) Einleitung 101

b) Fresnelhologramm eines Punktes 101

c) Mehrere Punkte 101

d) Das Nebenband Hologramm 102

KAPITEL H: Wechselwirkung von Strahlung und Materie

1. Einleitung 104

2. Dipolstrahlung 104

3. Streuung an freien Elektronen 105

a) Polarisation 105

b) Spektrale Verteilung 105

4. Streuung an gebundenen Elektronen 106

a) Dispersionstheorie 106

b) Warum ist der Himmel blau? 107

5. Andere Streueffekte 107

6. Äußerer Photoeffekt 108

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GRUNDLAGEN III, Teil I WELLENKAPITEL A

Einleitung

1. Was sind Wellen?Im weitesten Sinne verstehen wir unter einer Welle die Ausbreitung einer Störung einer physi-kalischen Größe im Raum. Die entsprechende Größe wäre bei Oberflächenwellen im Wasserdie Position der Oberfläche, bei Schallwellen der Druck, bei elektromagnetischen Wellen dasE- oder B-Feld. Als Modell eines Wellenleiters können wir uns nebeneinander hängende Pen-del vorstellen, die durch elastische Federn miteinander gekoppelt sind. Stößt man ein Pendelan, so wird die Störung über die Kopplungsfedern an die Nachbarn übertragen. Mit der Stö-rung der Gleichgewichtslage geht im allgemeinen ein Energietransport einher, wohingegen dasMedium selbst im Mittel ruht. Die einzelnen Bestandteile eines Mediums können harmonischeSchwingungen um eine Ruhelage ausführen, aber im Zeitmittel bleiben sie in Ruhe. Entschei-dend für den Wellencharakter ist allerdings nicht das sinusförmige Verhalten, sondern dasAusbreiten der Störung. In diesem Sinne sind alle Signale Wellen.

Ist die gestörte Größe eine Vektorgröße ξ, so gibt ihr Richtungsverhalten die Polarisation derWelle wieder. Es gibt longitudinale Wellen, wenn ξ parallel zur Ausbreitungsrichtung k liegt,transversale Wellen ( ξ k), elliptisch polarisierte Wellen ( ξ beschreibt eine Ellipse in einer⊥Ebene senkrecht zu k) und Mischformen.

2. Warum befaßt man sich mit Wellen?Wellen eignen sich zur Informationsübermittlung. Der Mensch nutzt dies im täglichen Lebenmit Hilfe von Schallwellen und Licht aus. Die gesamte Optik beruht auf Wellenphänomenen.Besonders seit es mit der Erfindung des Lasers möglich ist, fast ideal sinusförmige Wellen zuerzeugen, hat die Optik einen gewaltigen Aufschwung genommen. Aktuelle Themen sind dieBildverarbeitung und die optische Nachrichtenübermittlung. Alle Anwender der immer nochexpandierenden Lasertechnik benötigen solide Grundkenntnisse der Wellenoptik. Licht ist eineelektromagnetische Welle. Die Störgröße ist also das elektrische bzw. magnetische Feld. Elek-tromagnetische Wellen spielen außer bei der Ausbreitung im freien Raum bei der Signalüber-tragung auf Leitungen eine Rolle. Die Kenntnis ihres Verhaltens ist daher bei allen Messungenschneller Vorgänge wichtig.

Da die Ausbreitungseigenschaften von Wellen von den Parametern des Ausbreitungsmediumsabhängen, eignen sich Wellen zur Diagnostik dieser Medien. Bekannt sind die Ultraschallun-tersuchung im menschlichen Körper, die Erforschung des Erdinnern mit seismischen Wellen,weniger bekannt vielleicht Plasmawellen zur Diagnose von Plasmen oder Gravitationswellenzur Gewinnung on Information aus dem Weltraum.

Mit der Energie, die eine Welle transportiert, kann man gezielt Körper beeinflussen, z.B. Plas-men heizen. Mit nichtlinearen Effekten kann man z.B. Gleichströme induzieren und vielesmehr.

Eine der wichtigsten Anwendungen der Wellenphysik für Physiker liegt darin begründet, daßsie die Grundlage der Quantenmechanik ist, d.h. um die Welt aus ihren kleinsten Bausteinenheraus zu verstehen, ist es notwendig, sich mit dem Wellencharakter der Grundbausteine ver-traut zu machen.

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3. Das räumlich-zeitliche Verhalten von Wellen

Abb. 1: Welle als Verschiebung eines Signals

Wir betrachten ein Signal, das zu einem bestimmten Zeitpunkt im Raum durch eine Funktiony = f(z) beschrieben wird. Als Beispiel könnten wir uns denken y = ze-z.

Nach einer Zeit t soll es nach rechts gewandert sein:

y = f(z-z0), z.B. y = (z − z0)e−(z−z0)

Abb. 2: Räumlich- zeitliches Verhalten einer Welle

Wandert es mit konstanter Geschwindigkeit v nach rechts (z0 = vt), so wird es dargestellt durchy = f(z-vt), eine linkslaufende Welle durch y = f(z+vt).

Im z(t)-Diagramm durchläuft jede Phase (die Spitze, der Anfang...) eine Gerade der Steigungv. Bei einem Schnitt mit z1 = const gilt y = f(z1-vt), für t1 = const y = f(z-vt1). Die Formen imZeit- und Ortsraum sind also bei einer rechtslaufenden Welle spiegelbildlich.

4. Die harmonische Welle

Die harmonische Welle hat die Form einer Sinusfunktion, für t = 0 bedeutet dies y = y0sin(kz).Dies entspricht der Darstellung bei Schwingungen y = y0sin(ωt). Wir nennen y0 die Amplitude,kz die Phase. Durchlaufen wir die gesamte Periode von kz = 0 bis kz = 2π, so soll z von 0 bisλ variieren: kλ = 2π.

k = 2πλ

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Abb. 3: Größen zur Beschreibung einer Welle

k nennt man die Wellenzahl. Sie ist das räumliche Pendant zur Kreisfrequenz mit

.ω =2π/T = 2πν Damit erhält eine rechtslaufende Welle die Gestalt

y = y0sin k(z−vt) = y0sin 2π

zλ − v

λ t

Für z = 0 erhält man das Zeitverhalten y = y0sin kvt. Daraus schließen wir, daß

kv= ωda k = 2π/λ, folgt

und damit2πλ v = 2π

TλT

=v, λ ⋅ ν =v

Abb. 4: Zusammenhang von Wellenlänge,Schwingungszeit und Phasengeschwindigkeiteiner Welle

Stellen Sie sich vor, Sie wollten die Geschwindigkeit von Oberflächenwellen im Wasser mes-sen. Sie könnten die zeitliche Periode T aus der Schwingung der Oberfläche an einem Ort, z.B.an einem Pfahl bestimmen, die räumliche Periode direkt ermitteln, z.B. durch die Entfernungeines Stockes, an dem die Oberflächenschwingung mit der am Pfahl in Phase ist. Da die Zeit,die ein Kamm braucht, um an die Position des Vorläufers zu kommen, T ist, wird die Ge-schwindigkeit v = λ/T, wie oben formal abgeleitet wurde. Wir stellen also eine harmonische,rechslaufende Welle dar als

y = y0sin (kz − ωt)oder in der komplexen Schreibweise

∼y=∼

y0 ei(kz−ωt)

wobei der Realteil gemeint ist.

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5. Überlagerung von Wellena) Einleitung

Typisch für eine Klasse von Wellen, die sogenannten linearen Wellen, ist die Tatsache, daß siesich ungestört überlagern. Speist man z.B. in ein Kabel an entgegengesetzten Enden gleichzei-tig Signale ein, so laufen sie aufeinander zu, überlagern sich in der Mitte zu einem Gesamtsi-gnal und trennen sich wieder in einzelne Signale, ohne ihre Form zu ändern. Eindrucksvoll läßtsich dies mit einer numerischen Simulation zeigen.

Abb. 5: Lineare Superposition von Wellen

Die Überlagerungsmöglichkeit ist an die Linearität des Systems geknüpft. Ein typisch nichtli-nearer Effekt wäre z.B. die Erwärmung des Wellenleiters durch Energieverluste und dadurchbedingte Änderung der Ausbreitungseigenschaften für Wellen unterschiedlicher Amplituden.

Abb.6: Zerlegung einer Welle in Rechteckpulse

Die Linearität von Wellen erlaubt es, komplizierte Wellenformen in einfachere Elementarbe-standteile zu zerlegen. Häufig verwandte Zerlegungen sind die in Rechteckpulse

y(x) = Σ airect(x − xi)

Abb. 7: Faltung eines Signals mit der Impulsantwort desÜbertragers

Kennt man die Impulsantwort eines Übertragers, so läßt sich die Antwort auf einen beliebigenPuls ermitteln, indem man diesen mit der Impulsantwort faltet. Im Grenzübergang unendlichschmaler Rechteckfunktionen werden diese zu Deltafunktionen. Die Zerlegung in

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Stufenfunktionen läßt sich auf die in Rechteckfunktionen zurückführen, da zwei um ∆z ver-setzte Stufenfunktionen gleicher Stufenhöhe und umgekehrten Vorzeichens eine Rechteck-funktion ergeben.

Die Zerlegung in gedämpfte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz führt zur Laplace-Transformation. Wir befassen uns in Folgendem nur mit der Fourierzerlegung.

b) Fourierzerlegung (Jean Baptiste Fourier ,1768-1830)

α) Fourierreihe

Wenn die zu zerlegende Funktion f(t) = f(t+T) periodisch ist, kann man sie durch einen Ansatz

f(t) = a0 +a1sinωt+a2sin2ωt+ ...+b1cosωt+b2cos2ωt+...

(1)= a0+=

Σ ansin nωt+∞

=Σ bncos nωt

darstellen. Dabei ist ω = 2π/T.

Um die Koeffizienten an und bn zu bestimmen, wählen wir aufgrund des Satzes von Euler

sin ωt = 12i

(eiωt − e−iωt), cos ωt = 12

(eiωt + e−iωt)

einen komplexen Ansatz

(2)f(t) =∞

=−∞Σ cneinωt

Zur Berechnung von cm wird die Gleichung (2) mit multipliziert und über eine Periodee−imωt

integriert. Dabei wird für n ≠ m

T

0∫ cnei(n−m)ωtdt = 0

da dies der Mittelwert einer periodischen Funktion ist.

Für n = m wird der e-Faktor 1T

∫ cnei(n−m)ωtdt = Tcn

(3)cn = 1T

0

T

∫ f(t)e−inωtdt

Um auf die Entwicklungskoeffizienten in Gl. (1) zu kommen, wenden wir wieder den Satz vonEuler an und beachten, daß

c-n = cn*, cn = un+ ivn, c-n = un - ivn

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un = (cn + cn*)/2

Dann ist nach Gl. (2)

f(t) = c0+=

Σ cneinωt + cn ∗ e−inωt

= c0+=

Σ (un + ivn)einωt + (un − ivn)e−inωt

= c0+∞

=Σ 2uncos nωt − 2ivnsin nωt

(4)a0 = 12T

T

0∫ f(t)dt, bn = 1

T

T

0∫ f(t)cos nωtdt, an = 1

T

T

0∫ f(t)sin nωtd

Bei der Berechnung der Koeffizienten ist es vorteilhaft, die Symmetrieeigenschaften der Funk-tion f(t) auszunutzen.

β) Das Fourierintegral

Die Fourierreihe läßt sich nur bei periodischen Funktionen anwenden. Eine nichtperiodischeFunktion f(t), die nur in einem begrenzten Intervall [0,t0 ] von Null verschieden ist, kann manin diesem Intervall durch eine Fourierreihe darstellen, indem man sie durch eine periodischeFunktion f*(t) ersetzt, die aus einer Wiederholung von f(t) im Abstand t0 besteht (s. Abb.8).

Abb. 8: Ergänzung einer nichtperiodischen Funktion f(t)zu einer periodischen f*(t)

f*(t) wird durch die Fourierreihe streng dargestellt, f(t) nur in dem Intervall [0,t0]. Die Darstel-lung im gesamten Bereich verbessert sich, wenn man die Periodendauer vergrößert und wirdüber die gesamte t-Achse korrekt für . Dieser Grenzübergang führt zum Fourierintegral.T → ∞Für eine Periodendauer T gilt nach Gl. 3 mit .ω0 = 2π/T

f(t) =∞

n=−∞Σ cneinω0t, cn = 1

T

T/2

−∫ f(t)e−inω0tdt

Da die Amplituden cn beim Grenzübergang gegen 0 gehen, führen wir neue Amplutuden ein:

an = cnT

f(t) = 1T

n=−∞Σ aneinω0t mit an =

T/2

∫ f(t)e−inω0tdt

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Für den Grenzübergang ersetzt man nω0. durch ω, an durch a(ω) und 1/T durch ∆ω/2π.T → ∞Der letzte Schritt ist möglich, da

∆ω =2π∆ν =2π

n + 1T

− nT

= 2π

TDamit ergeben sich die Formeln für die Fouriertransformation

f(t) = 12π

−∞∫ a(ω)eiωtdω, a(ω) =

−∞∫ f(t)e−iωtdt

γ) Bedeutung der Fourierzerlegung

Der Satz von Fourier sagt aus, daß man jede periodische Funktion in Grundwellen und ihreOberwellen zerlegen kann. Die zu zerlegende Funktion braucht dabei nicht einmal stetig zusein. Das Fourierintegral erlaubt die Zerlegung einer nichtperiodischen Funktion . a(ω) spieltdabei die Rolle einer frequenzabhängigen Amplitude. Die harmonischen Elementarwellen las-sen sich im allgemeinen leichter behandeln als der ursprüngliche Wellenzug. Man denke z.B.an ein Signal, das in eine elektrische Schaltung eingespeist wird. Wenn das Wechselstromver-halten der Schaltung bekannt ist, und man möchte die Verzerrung eines Pulses durch dieSchaltung ermitteln, zerlegt man ihn nach Fourier in sinusförmige Signale, bestimmt für jedeFrequenz das Übertragungsverhalten und setzt den Ausgangsimpuls aus den Elementarwellenam Ausgang zusammen. Bei der akustischen Übertragung oder bei Meßschaltungen legt mandabei Wert auf eine möglichst naturgetreue Reproduktion des Eingangsimpulses. In anderenSituationen, z.B. bestimmten Fragestellungen der Bildverarbeitung, möchte man im Frequenz-raum manipulieren, etwa um erhöhte Kontraste zu erzielen, oder wie bei der Frequenzverviel-fachung von Laserstrahlung, um aus der bewußten Erzeugung von Oberwellen Strahlung hö-herer Frequenz zu bekommen.

Die Zerlegung einer Welle gibt häufig Auskunft über die beteiligten Elementarprozesse, etwabei Schwingungen von Maschinenteilen. Daher ist Frequenzanalyse ein wichtiges diagnosti-sches Intrument. Auch optische Spektroskopie, in gewissen Grenzen auch die Funktion desmenschlichen Gehörs, kann man als Frequenzanalyse auffassen.

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KAPITEL B

Eindimensionale Wellen1. Wellen ohne Veränderung der Forma) Einleitung

Wichtige Eigenschaften von Wellen lassen sich an eindimensionalen Wellen erklären. Das sindWellen, die durch nur eine Ortskoordinate beschrieben werden wie Wellen auf dünnenWellenleitern, z.B. Kabeln, oder Wellen im dreidimensionalen Raum, bei denen man das Ko-ordinatensystem so legen kann, daß alle Werte des Wellenfeldes nur von einer Ortsvariablen,die wir z nennen, abhängen.

∂∂z

≠ 0, ∂∂x

= 0, ∂∂y

= 0

Als Beispiel für eindimensionale Wellenleiter betrachten wir Kabel. Die interessierenden Wel-len sind dann die Spannungs- oder Stromsignale U(z,t), I(z,t), die sich auf einem Kabelausbreiten.

b) Eigenschaften von Kabeln

Kabel verbinden einen Signalgeber mit einem Empfänger. Sie bestehen immer aus Hin- undRückleiter. Die elektrischen Eigenschaften sind - wenn man von Verlusten absieht - durch Ka-pazität und Induktivität pro Länge (c,l) bestimmt. Da diese vom Aufbau des Kabels abhängen,muß ein Kabel, um definierte Bedingungen zu haben, gleichförmig (homogen) sein. ÜblicheAusführungsformen von Kabeln sind doppeladrige Kabel, Koaxialkabel und Bandleiter.

Abb. 9: Verschiedene Ausführungsformen von Kabeln.

Für ein Bandleiterstückchen der Länge ∆z gilt

;∆C = ∆zbεrε0

d; ∆C

∆z= εrε0

bd

;∆L =∆zdµrµ0

b∆L∆z

= µrµ0db

Für ein Koaxialkabel (Radius des Innenleiters ri, des Außenleiters ra) gilt:

∆C∆z

= 2πεrε0

ln (ra/ri); ∆L

∆z= µrµ0

ln (ra/ri)2π

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c) Wellengleichung

Als Modell für ein Kabel nehmen wir eine Verzögerungsleitung aus LC-Gliedern. Das konti-nuierliche Kabel ist der Grenzfall für sehr kleinen Abstand der Glieder bei endlichem ∆L/∆zund ∆C/∆z

Abb. 10: Ersatzschaltbild für ein homo-genes Kabel

U/I Beziehung an L: |dU = −∆LdIdt

⋅ 1∆z

U/I Beziehung an C: |dI = −∆CdUdt

⋅ 1∆z

| (1)∂U∂z

= −∆L∆z

dIdt

⋅ ∂∂z

|∂I∂z

= ∆C∆z

dUdt

⋅ ∂∂t

∂2U∂ 2

= ∆L∆z

∆C∆z

∂2U∂ 2

(2)∂2U∂z2

= 1 ⋅ c ⋅ ∂2U∂t2

1 = ∆L∆z

, c = ∆C∆z

Dies ist die Wellengleichung für die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen auf Kabeln. Ent-sprechend erhalten wir für das Stromsignal die Wellengleichung

∂2I∂ 2

= 1 ⋅ c ⋅ ∂2I∂ 2

Diese Wellengleichung hat die allgemeine Lösung:

U = f(z-vt)+g(z+vt),

wobei f und g beliebige Funktionen sind

Beweis für U = f(z-vt):

Setze z−vt = ϕ

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•U= df

dϕ⋅

dϕdt

= −vdfdϕ

••U= d

dt −v

dfdϕ

=v2 d2f

dϕ 2

dUdz

= dfdϕ , d2U

dz2= d2f

dϕ 2

Einsetzen in die Wellengleichung: lcv2 d2f

dϕ 2= d2f

dϕ2

Wir folgern:

α)Die Wellen, die sich auf einem Wellenleiter ausbreiten, für die man eine Wellengleichungder Form (2) finden kann, haben eine beliebige Form. Diese wird durch die Anfangsbedingun-gen bestimmt, z.B. durch den zeitlichen Verlauf der Spannung an einem Ende des Kabels. Sieändert sich bei der Wellenausbreitung nicht. Die Laufrichtung kann die positive oder negativez-Richtung sein.

β)Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle ist

v = 11c

wobei 1 und c Induktivität und Kapazität des Kabels pro Länge sind. Bei anderen Wellenlei-tern erhält man eine gleichartige Wellengleichung. Die Konstante, die vor der Ortableitungsteht und die Eigenschaften des Wellenleiters enthält, ergibt in jedem Fall v. Setzt man dieGrößen eines Bandleiters oder Koaxialkabels ein, so erhält man, daε0µ0 = 1/c0

2, c0 = 3 ⋅ 108m/s

v = c0

εr ⋅ µr

In fast allen Fällen ist , daher giltµr = 1

v = c0

εr

In dieser Formel drückt sich die Tatsache aus, daß die Wellenleitung durch das Isolationsmate-rial bestimmt ist und nicht durch die Eigenschaften der Leiter.

γ) Kabel sind lineare Wellenleiter

Hat man zwei Lösungen U1 und U2 , so ist U = U1+U2 auch eine Lösung, da

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∂2

∂z2(U1 + U2) = ∂2

∂z2U1 + ∂2

∂z2U2

∂2

∂t2(U1 + U2) = ∂2

∂t2U1 + ∂2

∂t2U2

Dies ist die formale Begründung des Überlagerungssatzes.

d) Der Wellenwiderstand eines Kabels

Der Wellenwiderstand gibt den Zusammenhang zwischen Strom und Spannung in einer aufdem Kabel laufenden Welle an. Um ihn zu gewinnen, gehen wir von Gl. 1 aus.

∂U∂z

= −1∂I∂t

Wir nehmen an, eins der beiden Signale sei bekannt, z.B. U(z,t), das andere, hier I(z,t) soll be-rechnet werden. Da sowohl U wie I die Wellengleichung erfüllen sollen, müssen die Variablenz und t bei einer hinlaufenden Welle in der Kombination z-vt, bei einer rücklaufenden Welleals z+vt vorliegen. Zunächst wird eine hinlaufende Welle betrachtet

Uh = Uh(z − vt), Ih = Ih(z − vt)

Gl.1 wird mit ϕ = (z − vt)

∂Uh

∂ϕ = 1v∂Ih

∂ϕUh = 1vIh

Uh

Ih= 1v = 1 1

1c= 1

c

Uh

Ih= Zw

Zw heißt der Wellenwiderstand. Strom und Spannung einer Welle auf einem Kabel hängen mit-einander zusammen wie beim Ohmschen Gesetz. Der relevante Widerstand ist der Wellenwi-derstand des Kabels. Strom- und Spunnungspuls haben also bis auf diesen Faktor die gleicheForm.

Für eine rücklaufende Welle leitet man in gleicher Weise ab

Ur

Ir= −Zw

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wobei das negative Vorzeichen auch zwangslos aus der Symmetrie des Kabels folgt.

Zwei Wellen mit gleicher Spannungsverteilung, die in entgegengesetzter Richtung laufen, un-terscheiden sich also in der Stromrichtung. Bei der Überlagerung zweier identischer Wellenmit entgegengesetzter Laufrichtung löscht sich bei gleicher Polarität der Spannung der Stromaus, bei entgegengesetzter Polarität der Spannung löscht sich diese aus, aber der Strom überla-gert sich konstruktiv. Ein Kabel, bei dem sich gerade zwei entgegenlaufende Pulse auslöschen,unterscheidet sich also sehr wohl von einem Kabel ohne Signal.

Als Beispiel betrachten wir die Störung auf einer Überlandleitung durch einen Blitzeinschlag.In erster Näherung können wir die Leitung durch ein Kabel annähern. Der Blitz möge zu Zeitt=0 eine lokalisierte Spannungsverteilung hervorrufen.

Abb. 11: Wirkung eines Blitzeinschlages auf eineÜberlandleitung

Der Strom sei zur Zeit t=0 überall Null. Um das weitere Geschehen zu beschreiben, gehen wirvon dem Satz aus, daß alle dynamischen Vorgänge hier durch zwei entgegengesetzt laufendeWellen beschrieben werden können. Da zwei in entgegengesetzter Richtung laufende Wellengleicher Form und gleicher Spannungsamplitude genau die hier vorliegenden Anfangsbedin-gungen herstellen, teilt sich also der ursprüngliche Puls auf in zwei mit gleicher Amplitude, dieentgegengesetzt laufen. Dieser Mechanismus gestattet es, durch geziele Anfangsaufladung ei-nes Kabels kurzzeitige Pulse gewünschter Form zu machen. (Kabelpulser)

e) Computersimulation

Um die Wellengleichung auf einem Computer zu simulieren, wählt man Spannungs- undStromwerte an äquidistanten räumlichen und zeitlichen Stellen, z.B. erhält man für die Span-nung ein rechteckiges Schema wie in Abb. 12. Bei t=0 kann man die Spannungen und Strömeals bekannt voraussetzen. Um die Anfangsbedingungen für Spannung und Strom bequem ein-arbeiten zu können, geht man am besten nicht von der Wellengleichung (2) aus, sondern vonden gekoppetlen Gleichungen 1. Ordnung (1).

∂U∂z

= −1∂I∂t

∂I∂z

= −c∂U∂t

und ersetzt die Differentialgleichungen durch Differenzengleichungen, z.B.

Ui,k+1 − Ui,k−1

2∆z= −1

Ii+1,k − Ii,k

∆t

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Ii,k+1 − Ii,k−1

2∆z= −c

Ui+1,k − Ui,k

∆t

Mit diesen Gleichungen lassen sich die unbekannten Größen aus den bekannten am Rand errechnen.

Abb. 12: Rechenschema für die Computer-

simulation der Wellenausbreitung

f) Reflexion am Ende eines Kabels

Am Ende eines Kabels kann die Energie u.U. nicht oder nur unvollständig weitergegeben wer-den. Hat man ursprünglich nur ein hinlaufendes Signal, so muß am Kabelende also ein rück-laufendes Signal erregt werden. Die Form des rücklaufenden Signals kann man berechnen,wenn man beachtet:

Die Gesamtspannung U an jeder Stelle des Kabels ist aufzufassen als die Summe eines hin-(Uh) und eines rücklaufenden Signals (Ur). Das gleiche gilt für den Strom.

I = Ih + Ir U = Uh + Ur

Uh

I= Zw

Ur

I= −Zw

Beispiele:

α.Kurzschluß am Ende:

Der Kurzschluß erzwingt, daß am Ende U = 0 gilt. D.h. es muß eine rücklaufende Welle ange-regt werden, deren Spannung so ist, daß U = 0 für alle Zeiten bleibt.

Uh + Ur = 0 → Ur = −Uh

Die reflektierte Welle hat die gleiche Form, aber die umgekehrte Polarität wie dieursprüngliche.

β. Offenes Ende:

Ih = Uh

Zw, Ir = −Uh

Zw→ Ur = Uh

Die reflektierte Welle hat die gleiche Form und Polarität wie die ursprüngliche.

γ. Das Kabelende ist mit einem Ohmschen Widerstand der Größe R abgeschlossen.

Aus den Gleichungen U/I = R, U = Uh + Ur , und I = Ih + Ir

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folgt Uh + Ur

Ih + Ir= R

Uh

Ih= Zw

UrIr

= −ZwUh + Ur

Uh/Zw − Ur/Zw= R

UhZw + UrZw = UhR − UrR

Uh(R − Zw) = Ur(R + Zw)

Ur

Uh= R − Zw

R + Zw

Abb. 13: Reflexion am Kabelende bei beliebigemAbschluß

Hieraus ergeben sich die Sonderfälle von Beispiel 1 und 2 durch die Grenzübergänge. Für R=Zw tritt keine Reflexion auf (Ur=0). Bei Übertragung kurzzeitiger Si-R → ∞ und R→ 0

gnale ist es daher wichtig, am Ende des Kabels einen Widerstand anzubringen, der die Größedes Wellenwiderstandes hat, um Reflexionen zu vermeiden. Das Kabel ist auf den Abschlußangepaßt. Ein Signalgenerator "sieht" am Eingang des Kabels einen ohmschen Widerstand vonder Größe des Wellenwiderstandes. Die Energie wird optimal übertragen. Bei fehlerhaftemAbschluß hat man am Eingang des Kabels eine Gesamtspannung und einen Gesamtstrom, diesich aus der Summierung der Größen von hin- und rücklaufender Wellen ergeben. Die Ein-gangsimpedanz am Kabelanfang (z=0)

Zein =Uges

Iges= Uh(0) + Ur(0)

Ih(0) + Ir(0)

ist dann also nicht der Wellenwiderstand. Ist eine Anpassung nicht möglich, kann man durchkontinuierliche Änderung des Wellenwiderstandes Reflexionen weitgehend vermeiden. Üblichist eine Änderung nach einem Exponentialgesetz.

g) Leistungsfluß

Der Leistungsfluß an einer Stelle des Kabels ergibt sich durch Spannung und Strom an dieserStelle

P = U ⋅ I = ZwI2

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Diese Formel erlaubt es, auch bei anderen Wellenleitern wie z.B. akustischen Wellenleitern,einen Wellenwiderstand zu definieren.

2. Wellen mit Veränderung der Form a) Dispersion

Die Tatsache, daß Signale auf Kabeln - oder allgemeiner auf Wellenleitern, für die man eineWellengleichung von der Form der Gleichung (2) aufstellen kann - während ihrer Ausbreitungdie Form nicht ändern, ist eine Folge von der Frequenzunabhängigkeit der Wellengeschwin-digkeit. Zerlegt man nämlich nach Fourier das Signal in Sinuswellen unterschiedlicher Fre-quenz, so ergibt ihre Überlagerung wieder den ursprünglichen Impuls, wenn diese sich mitgleicher Geschwindigkeit fortbewegen, etwa wie eine Schafherde die Form beibehält, wenn al-le Schafe gleich schnell laufen. Hängt ihre Geschwindigkeit von der Frequenz ab, so erhältman nach einer bestimmten Laufzeit Phasenverschiebungen zwischen den einzelnen Teilwel-len, und ihre Addition führt zu einer anderen Pulsform. Der Puls scheint zu zerfließen. Wir sa-gen dann, der Wellenleiter zeigt Dispersion.

Dispersion ist eine Eigenschaft vieler Wellenleiter. Beispiele sind Wellenleiter, die aus diskre-ten Elementen bestehen. Da mit steigender Frequenz die Wellenlänge abnimmt, existiert einecharakteristische Frequenz, bei der die Wellenlänge gleich dem Abstand zweier Elemente ist.In dieser Umgebung ändern sich die Ausbreitungseigenschaften beträchtlich. Beispiele sindKettenleiter, d.h. elektrische Schaltungen nach dem Bauplan des Ersatzschaltbildes eines Ka-bels (Abb.10) aus Spulen und Kondensatoren, Festkörper aufgrund ihrer atomaren Körnigkeitu.a.. Auch die meisten homogenen Wellenleiter zeigen Dispersion. Dazu gehören leitfähigeFlüssigkeiten im Magnetfeld, die ein Beispiel zum nächsten Abschnitt beitragen. Kabel zeigenDispersion, wenn man Verluste berücksichtigt. Verlustmechanismen können außerdem zu ei-ner Änderung der Signalform beitragen, wenn die Dämpfung von der Frequenz abhängt.

b) Gruppengeschwindigkeit

Bei Impulsen interessiert man sich für die Geschwindigkeit eines charakteristischen Punktes,etwa des Maximus der Einhüllenden. Diese Geschwindigkeit nennt man die Gruppenge-schwindigkeit vg . Sie kann sehr verschieden von der Geschwindigkeit der sinusförmigen Wel-len sein, die im Puls dominieren.

Abb. 14: Ausbreitung eines Wellenpaketes

Die Geschwindigkeit einer sinusförmigen Welle nennt man Phasengeschwindigkeit vph. Infor-mation läßt sich mit Wellen nur übertragen, wenn sie moduliert werden. Für die Ausbreitungdieser Modulation ist die Gruppengeschwindigkeit maßgebend. Die Gruppengeschwindigkeitist in Übereinstimmung mit der speziellen Relativitätstheorie immer kleiner als die Lichtge-schwindigkeit, während es eine ganze Reihe von Wellen gibt, deren Phasengeschwindigkeitgrößer als die Lichtgeschwindigkeit ist. Bei Wellenleitern ohne Dispersion ist Gruppen- undPhasengeschwindigkeit gleich. Zur Berechnung der Gruppengeschwindigkeit aus der Dispersi-onsbeziehung ω (k) betrachten wir zunächst eine Gruppe von zwei Wellen, die sich nur gering-fügig in ω und k unterscheiden.

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ω1 − ω2 = ∆ω << ω1, ω2; k1 − k2 = ∆k << k1, k2

y1 = y0sin (k1z − ω1t), y2 = y0sin (k2z − ω2t)

Bei der Überlagerung beachten wir, daß

sin α + sin β = 2 cosα − β

2⋅ sin

α + β2

y1 + y2 = 2y0cos

k1 − k2

2z − ω1 − ω2

2t sin

k1+k2

2z − ω1 + ω2

2t

Da die beiden k und ω sehr benachbart sind, sind die Mittelwerte rechts im Sinus etwa gleichden einzelnen Werten

k = k1 + k2

2, ω = ω1 + ω2

2

y1 + y2 = y0cos ∆k2

z − ∆ω2

t sin (kz − ωt)

Der erste Faktor ist eine langsam veränderliche Amplitudenmodulation. Der zweite Faktor hatdas Raum-Zeitverhalten der ursprünglichen Wellen. Die Geschwindigkeit, mit der die Ampli-tudenmodulation sich fortbewegt, ergibt sich aus der Bedingung, daß die Phase einen konstan-ten Wert, etwa Null hat

∆k2

z − ∆ω2

t = 0 → zt

=vg = ∆ω∆k

Bei einer Gruppe von Wellen, die sich aus Teilwellen in einem engen Frequenzgebiet zusam-mensetzen - einem sogenannten Wellenpaket - gilt das Gesagte für je zwei Teilwellen. Nachdem Überlagerungssatz bewegt sich dann die Einhüllende des gesamten Paketes mit derGruppengeschwindigkeit

vg = dωdk

Für Wellen ohne Dispersion gilt

ωk

=vph, ωk

= dωdk

, vg =vph

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3. Beispiele von Wellenleitern a) Seilwelle

In den folgenden Beispielen versuchen wir für einige mechanische Systeme aus den Grund-gleichungen, die das System bestimmen, eine Wellengleichung herzuleiten und die Phasenge-schwindigkeit daraus abzulesen. Bei den mechanischen Systemen ist die Grundgleichung

. Wir erhalten also eine Wellengleichung, wenn die Kraft sich als zweite AbleitungF = md2s2

der Auslenkung darstellen läßt:

Bei der Seilwelle setzen wir eine an beiden Seiten fest eingespannte Saite voraus, die um einenkleinen Betrag s seitlich ausgelenkt wird. Durch die Auslenkung entsteht eine rücktreibendeKraft Fges auf jedes Massenelement.

∆m = ρ ⋅ A ⋅ ∆z

Abb. 15: Kräfteverhältnisse an derSeilwelle

In der Gleichgewichtslage ist die Gesamtkraft auf ∆m Fges = 0 , da die Seilspannungen in ent-gegengesetzten Richtungen wirken. Dies gilt nicht mehr, sobald das Seil gekrümmt wird. DieGesamtkraft auf in y-Richtung ist dann∆m

Fges = Fy(z) − Fy(z + ∆z) = Fy(z) + Fy(z) −

dFy

dz∆z

= −dFy

dz∆z

Fy läßt sich aus der Kurvenform berechnen, wenn man annimmt, daß die außen angelegte Zug-kraft F0 in Richtung der Tangente der Kurve s(z) wirkt.

Fy = −F0sin α ≈ F0tan α = −F0dsdz

Fges = F0∆z∂2s∂ 2

Setzt man dies in die Bewegungsgleichung ein, erhält man die Wellengleichung

∂2s∂t2

= F0

ρA∂2s∂z2

Es breiten sich dispersionsfreie Wellen aus mit der Geschwindigkeit:

v = F0

ρA

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b) Elastische Longitudinalwelle in Festkörpern

Abb. 16: Zur Schallausbreitung

Schichten, die senkrecht zu z stehen, sollen in Richtung z um s ausgelenkt werden. s hängt da-bei von der Anfangsposition z ab. Die rücktreibende Kraft auf ein Massenelement

∆m = ∆z ⋅ A ⋅ ρ

ergibt sich wie bei der Seilwelle zu

Fges = −dFdz

∆z

Fges weist allerdings in Richtung der z-Achse. Die rücktreibende Kraft wird durch eine Verzer-rung des Volumenelementes erzeugt. Nach dem Hookschen Gesetz ist dieseA∆z

(E: Elastizitätsmodul)F = −EAdsdz

Damit wird Fges = EAd2sdz2

∆t

und mit der Bewegungsgleichung

ges = ∆md2sdt2

erhält man die Wellengleichung

∂2s∂t2

= Eρ

∂2sdz2

mit der Wellengeschwindigkeit

v = Eρ

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c) Schallwelle

Die Behandlung erfolgt analog zum vorigen Abschnitt. Der Unterschied besteht nur in derForm des Hookschen Gesetzes. Bei Schall in Gasen wird dies aus der Zustandsgleichung

gewonnen. Newton hat ursprünglich angenommen T = const. Es stellte sich her-ρ ⋅ V = nRTaus, daß sich eine korrekte Phasengeschwindigkeit ergibt, wenn man in der Schallwelle eineadiabatische Zustandsänderung voraussetzt, d.h. die Arbeit, die die Schallwelle erzeugt, er-wärmt das Gas lokal. Die Wärme wird während einer Schwingung nicht abgeführt. Hierfürgilt:

p ⋅ Vκ = const

(cp, cv: Wärmekapazitäten bei konstantem Druck, bzw. Volumen)κ = cp/cv

Bildet man den Logarithmus und differenziert man die erhaltene Gleichung, ergibt sich:

log p + κ ⋅ log V = constdpp + κdV

V= 0

(1)dp = −κpdsdz

Diese Gleichung ist identisch mit dem Hookeschen Gesetz, wenn man dort E durch κp ersetzt.Damit erhält man

v = κpρ

Akustischer Wellenwiderstand

Die Schallwelle verhält sich analog zur Welle auf einem Kabel, wenn man U durch F, I durch

ersetzt. Der Wellenwiderstand ∂s∂t

Z = Uh/Ih wird dann Z = F/∂s∂t

sh = f(z − vt)dsdz

= dsdϕ

dϕdz

= dsdϕ

dsdt

= dsdϕ

dϕdt

= −v dsdϕ

= −vdsdz

Damit wird Z =−κpAds

dz

−vds=

κpAv = κp

ρκp A = κpρ A

Z = κpρ A

Im Festkörper erhält man durch Ersetzung von .κp durch E: Z= Eρ A

Schalldämmung erzeugt man häufig durch große Sprünge in der Dichte des schallleitendenMediums. An der Sprungstelle wird der Schall reflektiert. Der Schalltrichter einer Trompete

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kann als Maßnahme angesehen werden, einen möglichst stoßfreien Übergang vom Trompeten-innern zum Außenraum herzustellen und so die Schallleistung möglichst effektiv zu übertra-gen. Man muß allerdings bedenken, daß man, um Eigenschwingungen anregen zu können, eineReflexion der Welle am Ausgang der Trompete benötigt (s. nächsten Abschnitt).

Abb. 17: Akustischer Sumpf

Häufig benötigt man sowohl in der Akustik wie in der Optik eine Anordnung, die wie ein idea-ler Abschluß wirkt. Im Physikerjargon spricht man von einem Sumpf. Dieser muß die Wellen-energie effektiv in Wärme umwandeln. Man erreicht dies am einfachsten durch Mehrfachrefle-xion an einer absorbierenden Oberfläche. In der Akustik verwendet man auch stark gedämpfteHelmholtzresonatoren. (Helmholtzresonatoren funktionieren wie zum Pfeifen angeblasene Fla-schen, s. Kap. C/2,c).

Abb. 18: Optischer Sumpf

4. Stehende Wellena) Überlagerung entgegengesetzt laufender harmonischer Wellen

Überlagert man eine hin- und eine rücklaufende harmonische Welle gleicher Frequenz, Wel-lenlänge und Amplitude, so gibt es Orte, an denen sich die Wellen zu allen Zeiten auslöschen(A), und andere, an denen sie sich zu einer Schwingung addieren (B). Wir beobachten dies aneinem Wellenleiter, an dessen Ende eine sinusförmige Welle reflektiert wird.

Mathematisch läßt sich die Form der entstehenden Bewegung mit dem Additionstheorem vonWinkelfunktionen zeigen.

Abb. 19: Die Überlagerung zweier Wellen mit entge-gengesetzter Laufrichtung

sin α + sin β = 2 cosα − β

2sin

α + β2

s1 = y0sin (kz + ωt)s2 = y0sin (kz − ωt)

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s = s1 + s2 = 2y0cos ωt ⋅ sin kz

Abb.20: Stehende Welle

An einem bestimmten Ort z = z0 hat man eine Schwingung mit der Amplitude sin kz0. DieAmplitude ändert sich sinusförmig mit z. Innerhalb einer Halbwelle schwingen alle Punkte mitgleicher Phase. Zwischen benachbarten Halbwellen besteht ein Phasenunterschied von π/2.Die Amplitude ist Null bei kz = nπ. Diese Orte nennt man Knoten, die dazwischen liegendenOrte mit maximaler Amplitude Bäuche. Der Abstand zweier benachbarter Knoten ist λ/2. Brei-tet sich eine Welle in einem begrenzten Medium aus, z.B. eine Schallwelle im begrenztenRaum, so erhält man durch die Reflexionen an den Grenzen immer eine Überlagerung von hin-und rücklaufenden Wellen. Bei idealer Reflexion wird sich am Ende je nach zu erfüllenderRandbedingung entweder ein Bauch oder ein Knoten befinden.

Z.B. erfordert ein Kabel mit Kurzschluß am Ende, daß hier U verschwindet. U hat hier also ei-nen Knoten, während I einen Bauch hat. Bei einem Schalleiter oder einem Seil erfordert ein fe-stes Ende, daß die Auslenkung s hier verschwindet, z.B. , wenn das Endes = K ⋅ sin kz ⋅ cos ωtbei z = 0 liegt. Andererseits gilt, wie oben gezeigt

hat daher an der Wand einen Bauch.dp = −κp ⋅ dsdz

, d.h. dp = K cos kz cos ωt. dp

Da das Ohr auf Druckschwankungen anspricht, hört man Musik in der Nähe von festen Wän-den lauter.

Abb. 21: Warum ist Schall in der Nähe von Wändenlauter ?.

b) Eigenschwingungen

Im allgemeinen werden sich die Wellen, die durch Reflexion an beiden Seiten eines Wellenlei-ters entstehen, auslöschen, da sich an jedem Ort Schwingungen mit statistischen Phasen über-lagern. Nur wenn die Wellenlänge genau so lang ist, daß durch Reflexion an beiden Enden diegleiche Welle entsteht, werden stehende Wellen angeregt. Man kann diesen Sachverhalt auchso beschreiben: Auf einem Wellenleiter endlicher Länge lassen sich nur die stehenden Wellenanregen, die zu allen Zeiten die Randbedingungen erfüllen. Bei einer mechanischen Welle mit

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festen Enden müssen sich z.B. an beiden Enden Knoten bezüglich der Auslenkung befinden.Bei der Grundschwingung sind dies die einzigen Knoten. Für sie gilt

L = λ/2 und da v = λ/T = λ ⋅ ν, ν = v/L

Man kann dies ausnutzen, indem man in einem bekannten Medium die Grundschwingung an-regt und aus bekanntem v und L die Frequenz bestimmt. Dies ist eine übliche Meßmethode fürFrequenzen im Mikrowellenbereich. Andererseits kann durch Messen der Frequenz und derWellenleiterlänge v und über die Formeln für Phasengeschwindigkeiten Materialeigenschaften,z.B. aus der Elastizitätsmodul E bestimmt werden. v = E/ρ

Eine der genauesten Methoden der Anbindung des Meters an die Lichtgeschwindigkeit bestehtdarin, in einem Hohlraumresonator bekannter Geometrie eine stehende elektromagnetischeWelle anzuregen. Die Frequenz wird über ein Zeitnormal sehr genau bestimmt. Neben derGrundschwingung können sich Schwingungsformen (Moden) herausbilden, bei denen n weite-re Knoten auf dem Wellenleiter liegen. Man nennt sie die n-te Oberschwingung. Für einen-Wellenleiter mit beiderseitig festen Enden ergeben sich folgende Möglichkeiten:

Abb. 22

Die Frequenzen der Oberschwingungen sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz. DieseSituation ist z.B. für Saiten typisch. Auch bei beidseitig offenem Ende wie bei einer Trompeteoder Flöte erhält man ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz, wohingegen bei einem

Wellenleiter, der an einem Ende fest, am anderen offen ist, nur die ungeradzahligen Vielfachender Grundfrequenz auftreten.

Abb.23

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Typische Vertreter sind die "gedackte", d.h. am Ende geschlossene Flöte und die Klarinette.

Da die Physik der Atome durch eine Wellengleichung beschrieben wird, gibt es auch in Ato-men Eigenschwingungen. Über die Beziehung W = hν ergeben sich diskrete Eigenzustände.

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KAPITEL C

Wellen im homogenen Medium1. Grundbegriffea) Strahlen-Wellenflächen

Die im vorigen Kapitel für eindimensionale Wellen eingeführten Begriffe sind auch für die Be-handlung von Wellen im dreidimensionalen Raum von grundlegender Bedeutung. Um dieAusbreitung im Raum behandeln zu können, sind noch einige zusätzliche Begriffe notwendig.

Die Ausbreitungsrichtung beschreibt man in einem Wellenfeld zunächst über die Wellenflä-chen (=Wellenfronten), das sind Flächen, die Orte gleicher Phase miteinander verbinden. Beizweidimensionalen Wellen reduzieren sich die Wellenflächen auf Linien, z.B. sind es bei einerpunktförmigen Erregung durch einen Steinwurf an der Wasseroberfläche Kreise, im dreidi-mensionalen Raum Kugelflächen. Ist die Wellengeschwindigkeit nach allen Seiten gleich wiebei Schallwellen in einem Gas mit konstantem Druck, nennt man das Medium isotrop.

Abb. 24: Wellenflächen in unterschiedlichen Medien

Bei manchen Medien wie Kristallen oder Plasmen im Magnetfeld ist die Wellengeschwindig-keit stark von der Richtung abhängig, der Stoff ist anisotrop. Als Strahlen kann man dann Lini-en definieren, die senkrecht auf den Wellenflächen stehen. Im homogenen, isotropen Mediumgeben sie die Richtung der Ausbreitung an. Im allgemeinen unterscheiden sich die Richtungenvon Wellennormalen und Ausbreitung der Energie.

b) Raumwinkel

Dadurch, daß sich eine von einer Punktquelle erregte Welle im Raum nach allen Seiten aus-breitet, verteilt sich mit wachsendem Abstand der Wellenfront von der Quelle die Energie aufeine immer größer werdende Fläche und die Amplitude nimmt ab. Ein Maß für die Intensitätder Welle im Abstand r ist die Leistungsdichte S = P/A (P ist die Leistung der Quelle, A diebetrachtete Fläche senkrecht zur Ausbreitungsrichtung). Bei einer Punktquelle ist

S = P4πr2

∼ 1r2

Dies ist der Grund dafür, daß die Intensität, die eine Quelle, z.B. ein Beleuchtungskörper imAbstand r erzeugt, mit dem Quadrat des Abstandes abnimmt.

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Harald Schüler
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Abb. 25: Intensität bei einer Punktquelle

Für einen Kegel mit der Spitze in der Punktquelle geht . Dies erkennt man an einer qua-A ∼ r2

dratischen Fläche. Da nach dem Strahlensatz

r1r2

= a1a2

undA1

A2=

a12

a2

Andere Flächen kann man in Quadrate zerlegen und erhält für sie so das gleiche Ergebnis. Ineinem Kegel ist also

Ω = Ar2

eine Konstante. Man nennt Ω den Raumwinkel des Kegels. Der Raumwinkel ist die Fläche, dieein Kegel aus der Einheitskugel um die Kegelspitze herausschneidet. Man kann den Raumwin-kel als eine Verallgemeinerung des Winkels in der Ebene auffassen, wenn man diesen als dieBogenlänge definiert, die zwei Strahlen aus dem Einheitskreis herausschneiden.

Wird vom Kegel der gesamte Raum umfaßt, ist der Raumwinkel, da die Kugelfläche4πr2 ist, Ω = 4π, der Halbraum hat entsprechend Ω = 2πusw.

c) Intensität

Die Leistungsdichte, die eine Quelle in einiger Entfernung erzeugt, wird um so größer, je klei-ner der Raumwinkel ist, in den gestrahlt wird. Ein Lautsprecher mit einer Richtungsbündelungdes Schalls erscheint dort, wo er hinstrahlt, lauter als ohne sie. Antennen, die eine großeReichweite erzielen sollen wie Kurzwellensender (z.B. die Deutsche Welle), müssen eine mög-lichst gute Richtwirkung haben. Die starke Wirkung von Lasern liegt auch daran, daß sie ihreEnergie in einen extrem kleinen Raumwinkel bündeln.

Man definiert daher als Intensität

I = PAΩ

(genauer I = dPdAdΩ

)

Bezieht man die Intensität auf ein Frequenzintervall, spricht man von spektralerStrahlungsstärke

Iν = dPdAdΩdν

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d) Der Wellenvektor

Im Eindimensionalen beschreiben wir ein sich in z-Richtung ausbreitendes Wellenfeld durch

(1)s = s0sin (kz − ωt)

Abb. 26: Wellenfläche für die Welle s=s0sin(kz-ωt)

Die Phase ist für t = const konstant, wenn z konstant ist. Die Wellenflächen sind al-ϕ = kz − ϕtso durch z = const gegeben. Breitet sich eine ebene Welle in irgendeiner Richtung k/k aus, so

ist eine Wellenfläche gegeben durch ist die Projektion von r aufr ⋅ kk

= const, denn d = r ⋅ kk

das Lot von der Quelle auf die Wellenfläche und wählt alle r aus, die das gleiche d als Projek-tion auf dieses Lot haben. Im allgemeinen Fall muß man also in Gl. (1) z durch d ersetzen

Abb. 27: Zur Ableitung von Gleichung (2)

s = s0sin(k r - ωt) (2)⋅k nennt man den Wellenvektor. Er steht senkrecht auf der Wellenfläche und hat den Betrag|k| = k = 2π/λ. k kann man wie jeden Vektor zerlegen

k = kxex + kyey + kzez

mit sind die Wellenlängen, die man bei einerkx = 2π/λ x, ky = 2π/λ y, kz = 2π/λ z. λ x, λ y und λ z

Beobachtung entlang der Koordinatenachsen registrieren würde.

Abb. 28: Wellenlänge, die man in einer ebenen Welleentlang einer Koordinatenachse beobachtet

λ x = λ/ cos ϑ

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e) Die dreidimensionale Wellengleichung

Die eindimensionale Wellengleichung lautet∂2s∂t2

= v2 ∂2s∂z2

= ω2

k2∂2s∂z2

Im Dreidimensionalen verallgemeinern wir

(3)∂2s∂t2

= ω2

k2

∂2s∂x2

+ ∂2s∂y2

+ ∂2s∂z2

= ω2

k2∇ 2s

mit ∇ =

∂/∂x∂/∂y∂/∂z

Eine Welle der Form von Gl. (2) löst die Wellengleichung (3). Setzt man

ϕ = (k ⋅ r − ωt) = (kxx + kyy + kzz − ωt)

so erhält man durch Einsetzen von Gl.(2) in (3):

∂2s∂ϕ 2 (kx

2 + ky2 + kz

2)ω2

k2= ∂2s

∂ϕ 2ω2

Da , ist diese Gleichung erfüllt. Die Verallgemeinerung in Form der Gl. 3 istk2 = kx2 + ky

2 + kz2

also sinnvoll.

f) die Gruppengeschwindigkeit

Da k Vektoreigenschaften besitzt, kann man für die einzelnen Komponenten die Gruppenge-schwindigkeit ausrechnen.

vgx = ∂ω/∂kx

Der Vektor der Gruppengeschwindigkeit ist also

vg = ∂ω/∂kxex + ∂ω/∂kyey + ∂ω/∂kzez

oder

vg = ∇∇ kω

mit

∇ k =

∂/∂kx

∂/∂ky

∂/∂kz

Die Energie einer Welle breitet sich in Richtung vg aus. Im allgemeinen unterscheiden sich dieRichtungen von vg und k.

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2. Beispiel Schalla) Beschreibungsgrößen

Wir charakterisieren Schall durch Tonhöhe, Klangfarbe und Lautstärke.

α) Tonhöhe

Die Tonhöhe wird physikalisch durch die Frequenz bestimmt. ist heute Kammertonν = 440Hza. Tonintervalle sind Frequenzverhältnisse, dabei sind die natürlichen Intervalle Verhältnissevon ganzen Zahlen kleiner 7.

Bezeichnungν1/ν2

2 Oktave

3/2 Quint

4/3 Quart

5/6 große Terz

6/5 kleine Terz

Das Verhältnis 7/6 ist verboten. Das Frequenzverhältnis 4:5:6 nennt man einen Dur-Dreiklang.

Abb. 29: Die Grunddreiklänge

In unserem Tonsystem gelten Töne im Frequenzabstand 2 als gleich. Die Tonleiter wird er-zeugt, indem man auf einen Grundton den Dur-Dreiklang aufbaut, z.B. c, e, g und die beidenDreiklänge im Quintabstand drüber und drunter hinzunimmt (g, h, d: Dominante; f, a, c:Subdominante).

β) Die Klangfarbe

Die Klangfarbe wird durch die Amplituden der Oberschwingungen bestimmt. Ein Flötenton istarm an Oberschwingungen, solche Klänge empfindet man als weich; ein Trompetenton reichan Oberschwingungen, solche Klänge sind hart oder näselnd. Spracherkennungssysteme müs-sen aus dem Frequenzspektrum den gemeinten Buchstaben ermitteln.

γ) Schallintensität

Der physikalische Begriff für die Intensität einer Welle ist die Leistungsflußdichte S, das istdie Energie, die im Zeitintervall durch eine Fläche A, die senkrecht auf k steht, fließt, ge-∆tteilt durch A:

S = PA

S nennt man Schallintensität.

Die Energie, die durch A fließt, ist

,ulA = uv∆tA

wobei u die Energiedichte, v die Phasengeschwindigkeit ist. lA ist das Volumen, das die Ener-gie enthält, die in der Zeit durch A fließt. Der Leistungsfluß läßt sich also aus der Energie-∆tdichte u und der Phasengeschwindigkeit berechnen

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S = uv∆tA∆tA

= uv

Bei Schallwellen gilt für einen Oszillator

Wges = Wkin + Wpot = 12

mvs02

vs0 ist die Amplitude der Geschwindigkeit der Schwingung eines Teilchen, auch Schallschnellegenannt.

u =N1

2mvs02

V= 1

2ρvs0

2

Mit vs0= s0ω, wobei s0 die Amplitude der Auslenkung ist, folgt

S = 12

vρs02ω2

Möchte man z.B. auf einem Schallträger bei großen und kleinen Frequenzen gleiche Leistungerzeugen, muß man bei kleinen Frequenzen entsprechend größere Auslenkungen zulassen. Dadies i.a. unwirtschaftlich ist, geht man meist umgekehrt vor: Man speichert mit gleicherAmplitude und gleicht die zu kleinen Leistungen bei kleinen Frequenzen mit einem Entzerrer-verstärker aus.

Bei 1 kHz ist die minimale von einem gesunden menschlichen Ohr wahrnehmbare Schallinten-sität . Die Schmerzgrenze liegt bei 10 W/m2. Man sagt, das menschliche OhrS0 = 10−12W/m2

hat einen Dynamikbereich von 13 Zehnerpotenzen. Um diese große Skala noch vernünftig ein-teilen zu können, rechnet man die Schallintensität in eine logarithmische Skala um.

L = 10 log (S/S0)

L ist der Schallpegel in Dezibel (dB). Der Dynamikbereich des Ohres umfaßt also 130 dB, ei-ne CD ca. 80 dB. Man beachte, daß die Schallpegelskala nicht linear ist. Verdoppelt man z.B.eine Schallintensität S2 = 2 S1, so resultiert daraus ein Schallpegel

L2 = 10 log (S2/S0) = 10 log(2 S1/S0)

= 10 log(S1/S0)+10 log 2

Abb. 30: Die physiologische Bewertungsfunktionnach DIN 45633

Da 10 log 2 3, erhöht sich der Schallpegel um 3 dB. Der auf diese Weise physikalisch defi-≈nierte Schallpegel entspricht für Schall der Frequenz 1 kHz etwa dem Empfinden von Laut-stärke. Bei anderen Frequenzen gibt er z.T. völlig abwegige Angaben. Z.B. ergibt sich eineLautstärke außerhalb des Hörbereichs, d.h. bei Frequenzen unterhalb 15 Hz (Infraschall) oderoberhalb 20 kHz (Ultraschall). Um dies zu vermeiden, führt man über eine Bewertungsfunkti-on B(ν), die bei 1 kHz gleich 1 und außerhalb des Hörbereichs Null ist, den Begriff Lautstärkeein.

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L* = B(ν)L

Für verschiedene Zwecke gibt es unterschiedliche Bewertungsfunktionen. Man mißt nach ih-nen die Lautstärke in dB(A), dB(B), dB(C).

b) Die Wellengleichung für Schall im dreidimensionalen Raum

Zur Ableitung der Wellengleichung geht man wie im eindimensionalen Fall vor mit dem Un-terschied, daß jetzt die Kraft und die Auslenkung aus der Ruhelage Komponenten in allen dreiKoordinatenrichtungen haben können. Die Bewegungsgleichung für ein Volumenelement

Abb. 31: Kräfte auf ein Volumenelement in einemSchallfeld

V = ∆x∆y∆z

in einer Koordinatenrichtung ist dann

m•vx = −∂Fx

∂x∆x

Da , schreibt manρ = m/∆x∆y∆z und p = Fx/∆y∆z

ρ •vx = −∂p

∂x

Insgesamt also mit (1)ρ •v= −∇∇ p ∇ =

∂/∂x∂/∂y∂/∂z

Dies ist die aus der Gasdynamik bekannte Bewegungsgleichung.

Wegen der adiabatischen Zustandsänderung haben wir

(2)dpp = −κ∆V

V,

dpdt

= −κpV

dVdt

Die Volumenänderung ergibt sich aus den Längenänderungen in den dreiKoordinatenrichtungen

Abb. 32: Zusammenhang von ∆s und ∆x

dV = dsx∆y∆z + dsy∆x∆z + dsz∆x∆y

und da, wie an Abb. 32 abzulesen

wird∆s = ∂sx

∂x∆x

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dV = ∂sx

∂x+

∂sy

∂y+ ∂sz

∂z V

und die in Gleichuung (2) benötigte Größe

1V

dVdt

= ∂vx

∂x+

∂vy

∂y+ ∂vz

∂z= ∇∇ ⋅v=divv

dpdt

= −κp∇ ⋅v

Nach Differenziation der letzten Gleichung nach der Zeit kann v aus Gl. (1) eingesetzt werden.Bei diesem wird der Vorfaktor als konstant angesehen. Bei einer strengeren Ableitungκp/ρschreibt man p = p0 + ∆p und , wobei p0 und konstant sind, und die gesamteρ = ρ0 + ∆ρ ρ0

Raum- und Zeitabhängigkeit in ∆p und ∆ρ steckt, die um den Faktor ε kleiner sind als p0 undρ0. Läßt man Terme mit ε2 weg, ergibt sich obiges Ergebnis.

∂2p

∂t2=

κpρ ∇ 2p

Man erhält also für den Druck die im Abschnitt 1) für Wellen im Raum geforderte Wellenglei-chung. Die Phasengeschwindigkeit ist wie im eindimensionalen Fall

cs =κpρ

c) Resonatoren

α) Luftsäulen

Für eindimensionale Luftsäulen wie in Flöten oder Trompeten heißt die Bedingung für dieGrundschwingung L = . Die Frequenz wird damitλ/2

(3)ν = vλ = v

2L= 1

2Lκpρ

Um p und ρ auf die Temperatur T zurückzuführen, gehen wir von dem allgemeinen Gasgesetzaus: pV = nRT, wobei n die Anzahl der Mole und R die Gaskonstante ist.

p = nRTV

(m0 = Molgewicht)ρ = nm0

V

Daraus folgt pρ = RT

m0

Bei gleichbleibender Gasart hängt die Tonhöhe einer Flöte von der Gastemperatur ab. (DieFlöte selbst dehnt sich viel weniger aus als das Gas.) Bei einer Flötenlänge von L = 0,38 m er-

hält man .ν = 3300, 76

Hz ≈ 440Hz

β) Saiten

Die Eigenfrequenz für Saiten ergibt sich aus Formel (3), wenn man die Wellengeschwindigkeiteiner Seilwelle einsetzt.

ν = 12L

F0

ρA

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Abb. 33: Änderung der Klangfarbe durch Anzupfen derSaite an geeigneter Stelle

Man kann den Ton, den eine Saite abgibt, durch Längenverkürzung, z.B. beim Greifen oderdurch stärkeres Spannen erhöhen. Durch schwaches Berühren der Saite an einer Stelle, an dersich der Knoten einer Oberschwingung befindet, kann man diese Oberschwingung erregen.Man erhält die sogenannten Flageolettetöne. Die Klangfarbe des Tones wird sehr stark durchdie Anzupf- bzw. Anstreichstelle der Saite beeinflußt. Bei Anzupfen in der Nähe des Stegeserhält man hier eine starke Steigung in der Anfangsform der Saite, zu deren Darstellung einhoher Anteil von Obertönen erforderlich ist. Der Ton wird härter.

γ) Eigenmoden im Raum

In einem dreidimensionalen Wellenleiter gibt es eine sehr viel größere Vielfalt von Eigenmo-den als im linearen Fall. Die Berechnung ist im allgemeinen schwierig und erfordert eine An-passung des Koordinatensystems an die Geometrie. Auf zweidimensionalen Gebilden kannman die Bewegungsformen durch aufgestreuten Sand sichtbar machen. Dieser sammelt sichbevorzugt in den Knotenlinien. Die möglichen Sandmuster nennt man die ChladnischenKlangfiguren.

Im folgenden berechnen wir die Eigenmoden eines Gasvolumens, das von einem Quader derKantenlängen a, b, c eingeschlossen ist.

Abb. 34: Die Winkelkosinusse des Wellenvektors

Die Resonanzbedingung für die x-Richtung lautet:

nxλ x

2= a

,λ x = λ/ cos α

also cos α = λnx

2adabei ist nx

die Anzahl der Knoten auf der x-Achse.

Entsprechend erhält man für die anderen Richtungen

cos β =λny

2b, cos γ = λnz

2cAndererseits sind die Winkelkosinusse die Komponenten des Einheitsvektors, der senkrechtauf der Wellenfläche steht

kk

= cos αex + cos βey + cos γez

d.h. cos2α + cos2β + cos2γ =1

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nx2

a2+

ny2

b2+ nz

2

c2

4λ 2 = 1

Alle ganzzahligen n, die diese Gleichung erfüllen, führen zu einer Eigenschwingung. Diegrößten Wellenlängen, bei denen noch eine Eigenschwingung angeregt werden kann, ist wieim linearen Fall , wenn a die längste Seite des Quaders ist (nx=1, ny= nz= 0).λ = 2a

Es gibt Resonatoren, die sehr viel kleinere Ausmaße als die halbe Wellenlänge der angeregtenWelle haben, die sogenannten Helmholtzresonatoren (Hermann v. Helmholtz 1821 - 1894)

Abb. 35: Helmholzresonator

Die Luft im Flaschenhals wird zu Schwingungen angeregt, wobei die rücktreibende Kraft vonder Kompression im Flaschenbauch herrührt. Die rücktreibende Kraft berechnet sich wie oben∆pp0

= −κ∆VV

, F=∆pA = −κp0

V0A∆V

mit erhält man die Schwingungsgleichung∆V = A∆x

m••x = −

κpV0

A2x

woraus sich mit m = l die Frequenz berechnetρA

ω = κp0Aρ0lV0

Helmholtzresonatoren wurden ursprünglich von Helmholtz zur Herausfilterung von bestimm-ten Tönen aus einem Klang verwendet. Zu diesem Zweck wird an der Kugel, dem Hals gegen-über ein kleines Loch angebracht, das man ans Ohr führen kann, um zu hören, ob der Resona-tor angeregt wird. Es gibt heute eine Vielzahl von Anwendungen, z.B. bei der Schalldämmung,aber auch zur Schallverstärkung in der Baßreflexbox.

d) Der Dopplereffekt (Christian Doppler, 1803 - 1853)

Die Tatsache, daß bei einer Relativbewegung einer Quelle und eines Beobachters die wahrge-nommene Frequenz gegenüber der Frequenz der Quelle verschoben ist, nennt man Doppleref-fekt. Man kann ihn besonders leicht bei Schall beobachten, z.B. wenn ein Fahrzeug mit Mar-tinshorn vorbeifährt: Bei Annäherung ist der Ton höher als bei Entfernung. Der Dopplereffekttritt allerdings auch bei anderen Wellen, z.B. bei Licht, auf. Bei Schall unterscheidet sich derEffekt für die Situation, in der die Quelle ruht und der Beobachter sich bewegt, von der Situa-tion, in der die Quelle sich bewegt und der Beobachter ruht.

Abb. 36: Der Beobachter bewegt sich im Wellenfeld

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Wenn die Quelle ruht, wird das Wellenfeld beschrieben durch

s = s0sin (ωt − kz)Dadurch, daß der Beobachter sich in diesem Feld bewegt, sammelt er je nach Bewegungsrich-tung mehr oder weniger Wellenberge pro Sekunde auf, als wenn er ruht. Formal setzt manz =vBt

s = s0sin (ωt − kvBt) = s0sin ω t mit ω = ω −kvB

ω − ω/

ω = ∆ωω = kvB

ω = vBv

∆νν = vB

v

Wenn die Quelle sich bewegt, deponiert sie bei der Bewegung die Wellenberge an anderen Or-ten, als wenn sie ruht. Das Wellenfeld hat also eine andere Wellenlänge als bei ruhender Quel-le. Die Modifikation der Wellenlänge ist gegeben durch

∆λλ =

vQ

vph

Für kleine Relativgeschwindigkeiten ist die relative Frequenzänderung gleich der relativenWellenlängenänderung. In diesem Fall kann man schreiben

∆νν = vrel

vph

Die gleiche Formel gilt für Licht im nichtrelativistischen Fall v<<c0. Im allgemeinen ist einerelativistische Betrachtung erforderlich. Sie ergibt:

ν /

ν = 1 − v/c0

1 + v/c0

Der Dopplereffekt wird zur Geschwindigkeitsmessung ausgenutzt. Sterne zeigen eine mit derEntfernung immer größer werdende Rotverschiebung ihrer Spektrallinien, woraus man auf ei-ne Expansion des Weltalls schließt. Temperaturen in heißen Gasen mißt man über die Dopp-lerverbreiterung von Spektrallinien durch die statistische Bewegung der Teilchen.

3. Elektromagnetische Wellena) Was sind elektromagnetische Wellen?

Abb. 37: Feldgeometrie bei einem Bandleiter

Speist man in den Eingang eines Kabels, z.B. eines Bandleiters, ein sinusförmiges Spannungs-signal, so entsteht im Raum zwischen den Leitern ein magnetisches und elektrisches Feld, diesenkrecht aufeinander stehen und sich wellenförmig mit der Geschwindigkeit

c = c0/ εr

ausbreiten. E und B sind senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Eine solche Welle nennt manelektromagnetisch. In der Wellengeschwindigkeit sind von den Daten des Kabels nur das εr desIsolationsmaterials, nicht die geometrischen Abmessungen enthalten. Sie sind also für die

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Ausbreitung nicht wichtig. Ähnlich ist es bei Schallwellen, bei denen die Geschwindigkeit imfreien Raum und im Rohr gleich sind. In der Tabelle sind die Wellenlängen und Frequenzenverschiedener elektromagnetischer Wellen dargestellt. Von der Physik her handelt es sich umgleichartige Vorgänge.

b) Wellengleichung

Daß eine Wellenausbreitung ohne die im Leiter fließenden Ströme möglich ist, erkennt mandaran, daß sich aus den Maxwellgleichungen im Vakuum die Wellengleichung für elektroma-gnetische Wellen ableiten läßt. Wir benötigen:

- das Amperesche Gesetz mit j = 0: rotB = µ0ε0

•E

- das Induktionsgesetz: rotE = −•B

Wir eliminieren E, indem wir von der ersten Gleichung die Rotation bilden, die zweite nachder Zeit ableiten:

rot rotB = −µ0ε0

•• ⋅B

rot rot kann vereinfacht werden.

∇ (∇ × B) = V(∇ × B) − ∇ 2B

nach Maxwell, daher erhält man die Wellengleichung:∇ • B = 0

∇ 2B = µ0ε0

••B

Die Geschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen ergibt sich wie in allen diesen Fällen ausdem Vorfaktor des Terms mit der Ortsableitung

c0 = 1µ0ε0

Möchte man nicht mit den Formeln der Vektoranalysis jonglieren, kann man den eindimensio-nalen Fall betrachten. Wir legen das Koordinatenkreuz so, daß k = kez. Für ebene Wellen ist

dann . B möge in x-Richtung weisen. Dann ist∂∂x

= ∂∂y

= 0

rotB =

ex 0 Bey 0 0ez ∂/∂z 0

=

0∂B/∂z

0

E weist also nach dem Ampereschen Gesetz in y-Richtung

rotE =

ex 0 0ey 0 Eez ∂/∂z 0

=

−∂E/∂z00

Die Maxwellschen Gleichungen sind dann skalar.

|∂B∂z

= µ0ε0

•E ∂

∂z

|−∂E∂z

= −•B ∂

∂tDurch Elimination von E erhält man die Wellengleichung

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∂2B∂z2

= µ0ε0

••B

Die Geometrie der Welle ist in Abb. 38 wiedergegeben. E und B sind wie auf dem Kabel inPhase. Die Leistungsdichte ergibt sich aus dem Poyntingvektor:

Abb. 38: Die Richtung von E und B in der elektromagne-tischen Welle

S = 1µ0

E × B

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KAPITEL D

Wellen in inhomogenen Medium

1. Prinzipien der WellenausbreitungEin Medium kann inhomogen sein, weil die Geschwindigkeit sich innerhalb des Raumes konti-nuierlich ändert, weil Grenzflächen zwischen homogenen Medien mit verschiedenen Ausbrei-tungsgeschwindigkeiten liegen oder Hindernisse vorkommen. Im Prinzip ist eine exakte Be-rechnung mit Hilfe der Maxwellschen Theorie bei Berücksichtigung der entsprechenden Rand-bedingungen möglich. Um sich die Arbeit zu erleichtern, führt man gesonderte Prinzipien derWellenausbreitung ein, von denen man je nach Bedarf das eine wie das andere benutzt.

a) Das Huygensche Prinzip (Christian Huygens, 1629 - 1695)

Abb. 39: Die Einhüllende von Elementarwellen

Ist die Form einer Wellenfläche zur Zeit t bekannt, so berechnet man die Wellenfläche zur Zeitt+∆t, indem man die Einhüllende der Elementarwellen sucht, die auf der ursprünglichen Flächegleichzeitig erregt werden und die Zeit ∆t gelaufen sind. Man zerlegt also die gesamte Störungdes Mediums entlang der Wellenfront in eine Summe von punktförmigen Störungen. Die Ele-mentarwellen haben im isotropen Medium die Form kleiner Kugeln mit Radius r = c∆t. Im ani-sotropen Medium können es Ellipsoide oder andere Oberflächen sein.

b) Satz von Malus ((Etienne-Louis Malus, 1775 - 1812)

Abb. 40: der Satz von Malus

Hat man zwei Wellenflächen und zwei senkrecht dazu verlaufende Strahlen, so sind die Zeit-differenzen bei der Wellenausbreitung von einer Wellenfläche zur nächsten auf allen Strahlengleich groß. Insbesondere benötigen alle Strahlen, die von einem Punkt ausgehen und sich ineinem anderen treffen, die gleiche Zeit. Um mit dem Satz von Malus rechnen zu können,schreibt man zweckmäßigerweise Zeitdifferenzen in Differenzen der optischen Wege um. We-gen t = l/v = ln/c0 sind Zeitdifferenzen den zurückgelegten optischen Wegdifferenzen propor-tional, wobei man definiert: Optischer Weg = ln, allgemein , und entlang eines Strahls zu∫ ndxintegrieren ist. Das Malussche Prinzip hat dann die Form

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Harald Schüler
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Abb. 41: Abbildung und optische Weglänge

∫ ndx = ∫ ndx

Ein Medium, bei dem der optische Weg größer als im anderen ist, nennt man optisch dichter.

c) Das Fermatsche Prinzip (Pierre de Fermat, 1601 - 1665)

Abb. 43: Der langsamste Weg von A nach B

Ein Lichtstrahl läuft so von einem Punkt A zu einem anderen B, daß von allen möglichen We-gen zwischen A und B der genommen wird, der bezüglich der Zeit einen Extremwert hat.Möchten Sie z.B. von einem Punkt A zu einem anderen B laufen, wobei A in einem Gebietliegt, in dem Sie schnell, B in dem Sie langsam laufen können, ist der geknickte Weg schnellerals der geometrisch kürzeste. Ein Extremum mit der langsamsten Route ergäbe sich z.B. beiReflexion an der Innenseite eines Ringes.

2. Brechung und Reflexion an ebenen Grenzflächena) Homogenes Medium

Abb. 44: Im homogenen Medium bleibt eine ebene Welleeben

Nach dem Huygensschen Prinzip bleibt eine ebene Welle im homogenen Medium eine paralleldazu liegende ebene Welle. Es genügt also zu ihrer Konstruktion die Lage von drei Punkten (inder Zeichenprojektion benötigt man zwei Punkte).

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Abb. 42: Der schnellste Weg von A nach B

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b) ReflexionAn Grenzflächen wird ähnlich wie bei Wellen auf Kabeln ein Teil (oder alle ) Energie reflek-tiert. Ein anderer Teil kann in das andere Medium übergehen. Hierbei ändert sich im allgemei-nen die Richtung der Ausbreitung.

Zur Konstruktion der neuen Wellenfläche nach ihrer Reflexion an einer Ebene konstruierenwir nach obenstehender Abbildung zwei Punkte der neuen Wellenfläche. Die alte Wellenflä-che sei AB. Nach der Zeit BB'/c hat die Wellenfläche die Grenzfläche bei B' erreicht. Die Ele-mentarwelle, die von A ausgeht, hat den Radius . Die neue Wellenflächer = c∆t = BB = AAgeht also durch B' und berührt die Elementarwelle bei A'. Es gilt also

Abb. 45: Ableitung des Reflexionsgesetzes mit dem Huy-genschen Prinzip

AA' = BB'sin α = sin β

α = βEinfalls- und Ausfallswinkel sind gleich.

c)Brechung

Abb. 46: Ableitung des Brechungsgesetzes nach dem Huy-genschen Prinzip

Hat die Welle im Medium I die Geschwindigkeit c1 und im Medium II c2<c1, ist die alte Wel-lenfläche wieder AB und die Zeit, um von B nach B' zu gelangen ∆t = BB'/c1. Der Radius derElementarwelle um A ist jedoch kleiner, nämlich AA' = c2∆t. Es gilt

sin α = BB /AB , sin β = AA /AB , also

sin αsin β

= BB /

AA /

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Da BB' = c1∆t und AA' = c2∆t, folgt das Snelliussche Brechungsgesetz

sin αsin β

= c1c2

Mit der Definition des Brechungsindexes

c = c0n

erhält man die übliche Form

sin α 1

sin α 2= n2

n1

Der Brechungsindex von Luft ist für viele Betrachtungen mit genügender Genauigkeit 1. Beigenaueren Analysen setzt man n = n0+∆n, wobei ∆n proportional zur Teilchendichte (Teil-chenzahl pro Volumeneinheit) ist (s. Kap. H/4). In der Erdatmosphäre nimmt der Brechungsin-dex also nach außen hin ab und geht gegen 1 im Weltraum. Glassorten haben verschiedeneWerte von n in der Nähe n = 1,5. Wasser hat aber n = 1,33 für Licht.ε ≈ 80 fur Gleichfelder,Der große Unterschied im statischen und dynamischen εr ist eine Folge des Molekülaufbaus imWasser.

Beim Übergang vom optisch dichteren Medium mit großem n zum optisch dünneren Mediumgibt es einen Grenzwinkel αg für den Einfallswinkel, bei dem der Ausfallswinkel 90° ist.

sin α g

1= n2

n1

Abb. 47: Der Grenzwinkel der Totalreflexion

Bei noch größerem Einfallswinkel ist Brechung nicht mehr möglich. Alle Energie wird reflek-tiert. Diesen Vorgang nennt man Totalreflexion. Man wendet ihn zur Herstellung von Spiegelnan. Bringt man in die Nähe der spiegelnden Fläche von der Seite des dünneren Mediums hereine zweite Grenzfläche, z.B. bei Totalreflexion in einem Prisma ein zweites Prisma, so be-merkt man, daß die Welle durch den Luftspalt hindurchkommt und in die zweite Glasplatteeintritt. Der Grund liegt daran, daß bei der Totalreflexion eine gewisse elektrische Energie imAußenraum vorhanden ist, dort aber normalerweise nicht abgestrahlt wird, da der Poytingvek-tor in Richtung der Grenzfläche zeigt. Die Abstrahlung wird erst durch die zweite Glasplatte

Abb. 48: Frustrierte Totalreflexion

ermöglicht. Diesen Vorgang nennt man frustrierte Totalreflexion. Man kann sie z.B. zur Mo-dulation von Licht verwenden. Das Analogon in der Quantenphysik ist der Tunneleffekt.

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Abb. 49: Lichtleiter

In Lichtleitern verhindert man das seitliche Austreten von Licht dadurch, daß man sie mit ei-nem Medium umgibt, das einen kleineren Brechungsindex besitzt als der Lichtleiter selbst. Einanderes Beispiel für Totalreflexion ist die Fata Morgana.

d) Dispersion bei Brechung Da der Brechungsindex von der Wellenlänge abhängt, erhält man für unterschiedliche Wellen-längen unterschiedliche Ablenkungen bei Brechung. Bei Licht ist z.B. normalerweise der Bre-chungsindex für lange Wellenlängen kleiner als für kurze. Diesen Tatbestand kann man mitder klassischen Dispersionstheorie verstehen (s. Kap. H/4). Daher wird rotes Licht weniger ab-gelenkt als blaues.

Abb. 50: Normale und anomale Dispersion

Die einfachste Anordnung, um dies sichtbar zu machen, ist das Prisma, d.h. zwei um einenWinkel geneigte Ebenen. Tritt ein Strahl unter einem Winkel α in eine Glasplatte mit paralle-len Oberflächen, so tritt er wegen der Symmetrie des Strahlenganges unter dem gleichen Win-kel wieder aus. Er erfährt eine Parallelverschiebung.

Abb. 51: Durchgang von Licht durch eine planparallele Platte

Sind beide Oberflächen wie beim Prisma geneigt, so erfährt der Strahl insgesamt eine Ablen-kung, die mit zunehmender Neigung der beiden Flächen anwächst. Die Ablenkung erfolgt vonder brechenden Kante, d.h. der Schnittlinie der Oberflächen, weg. Im Wellenbild erfährt eineebene Welle im Prisma eine Verzögerung, die am breiten Ende des Prismas stärker ist als an

Abb. 52: Ablenkung von Licht durch ein Prisma

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der Spitze. Sie ist nach dem Durchgang durch das Prisma wieder eben, aber gegenüber der ur-sprünglichen Richtung geneigt. Beim Durchgang durch ein Prisma wird also rotes Licht weni-ger abgelenkt als blaues. Dieses Verhalten wird im Prismenspektrographen zur Frequenzanaly-se ausgenutzt. Der Regenbogen entsteht durch Strahlen, die zweimal an einer Tropfenoberflä-che gebrochen und einmal totalreflektiert werden. Wegen der Symmetrie um die Achse Sonne-Auge ist der Regenbogen rund.

Abb. 53: Ablenkung durch eine planparallele Platte mitseitlich veränderlichem Brechungsindex

Im inhomogenen Medium wie der Erdatmosphäre erhält man gekrümmte Strahlen. Ändert sichder Brechungsindex senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, so erhält man ähnlich wie beim Pris-ma eine Kippung der Wellenfront und damit eine Strahlablenkung.

3. Polarisation und Doppelbrechunga) EinleitungMit den im vorigen Abschnitt entwickelten Ideen läßt sich die Brechung und Reflexion vonLicht beim Übergang zwischen zwei Medien mit ebener Grenzfläche, soweit man sich für dieRichtungen interessiert, beschreiben. Über die Intensitäten des reflektierten und transmittiertenStrahles wurden keine Aussagen gemacht. Die Intensitäten hängen von der Polarisation deseinfallenden Lichtes ab. Im folgenden befassen wir uns daher mit dem Einfluß der Polarisationauf Reflexion und Transmission.

Wie wir in Abschn. D/1 gesehen hatten, sind elektromagnetische Wellen bezüglich E und Btransversal. Dies war keineswegs von Anfang an klar. Transversalwellen erfordern im klassi-schen Bild starke Scherkräfte, die verdünnte Medien nicht aufbringen. Man vermutete daher,daß das Medium, in dem sich Lichtwellen ausbreiten und das man sich wie ein verdünntes Gasvorstellte, nur Longitudinalwellen transportieren könne. Da natürliches Licht aus einem Ge-misch von Wellen mit allen möglichen Polarisationsrichtungen besteht, fällt die Asymmetriebezüglich der Ausbreitungsrichtung zunächst nicht auf

Abb. 54: Natürliches Licht ist unpolarisiert

Es gibt allerdings einige Effekte, die von der Polarisationsrichtung abhängen. Dies sind im we-sentlichen Streuung, Brechung und Doppelbrechung. Solche Effekte kann man zur Erzeugungvon polarisiertem Licht aus natürlichem ausnutzen.

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b) Streuung

Abb. 55: Polarisation bei Streuung an Elektronen

Fällt eine elektromagnetische Welle auf freie oder gebundene Elektronen, so werden diese zuSchwingungen von der Frequenz der Welle angeregt und strahlen ihrerseits als Dipol Wellenaus. Die größte Amplitude der Streuwelle findet man senkrecht zur Dipolachse, da hier B undE die korrekte Richtung für eine elektromagnetische Welle besitzen. In Achsenrichtung ist Elongitudinal. Daher findet in dieser Richtung keine Wellenanregung statt.

Abb. 56: Abstrahlcharakteristik eines Dipols

- Die Polarisationsrichtung der gestreuten Welle erhält man, indem man die Richtung von Eim Dipol auf eine Ebene senkrecht zum betrachteten Strahl projiziert. Mit dieser Konstruktionerkennt man aus Abb. 55, daß auch bei Einstrahlung mit natürlichem Licht das Streulicht pola-risiert ist. Z.B. ist das Himmelslicht, das durch Streuung von Sonnenlicht an den Molekülender Atmosphäre entsteht, polarisiert. Diese Tatsache kann man ausnutzen, um bei bedecktemHimmel den Stand der Sonne zu ermitteln, was die Bienen angeblich zur Navigationausnutzen.

c) Reflexion

Abb. 57: Polarisation und Einfallsebene

Bei der Reflexion von Licht an einem Isolator wie Glas oder Kunststoff verhält sich ein Strahl,der parallel zur Einfallsebene polarisiert ist, unterschiedlich zu einem senkrecht dazu polari-sierten. Die Einfallsebene ist dabei durch den Strahl und das Einfallslot definiert.

Um zu ermitteln, was beim Übergang etwa von Luft zu Glas passiert, betrachten wir Abb. 58.Die reflektierte Welle kann als die von den Glasmolekülen gestreute Welle aufgefaßt werden.Bei Polarisation parallel zur Einfallsebene gibt es einen Winkel αB, bei dem die nach dem Re-flexionsgesetz zu erwartende Welle in Richtung der strahlenden Dipole liegt. Unter diesenVerhältnissen kann keine reflektierte Welle entstehen. Die Bedingung hierfür lautet α+β =90°. Nach Snellius gilt außerdem:

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Abb. 58: Der reflektierte Strahl wird von den Dipolen imMedium emittiert

sin α B

sin βB= n

tan α B = n

αB heißt der Brewsterwinkel (David Brewster, 1781 - 1868)

Man kann den Brewsterwinkel ausnutzen, um Reflexe, z.B. an Laserentladungsröhren oderLichtsümpfen zu vermeiden. Durch Hintereinanderschaltung von vielen im Brewsterwinkelangeordneten Glasplatten kann man auch ein transmittierendes Polarisationsfilter herstellen.Der Vorteil gegenüber anderen Techniken ist der einfache und robuste Aufbau.

Das Reflexions- und Transmissionsverhalten einer elektromagnetischen Welle an der Grenz-fläche zweier Medien mit unterschiedlichen εr kann mit der elektromagnetischen Theorie be-rechnet werden. Dafür setzt man für den einfallenden (Index e), reflektierten (Index r) undtransmittierten (Index t) Anteil ebene Wellen voraus, die an der Grenzfläche den Stetigkeitsbe-dingungen genügen.

E //1 = E //2, ε1E ⊥ 1 = ε2E ⊥ 2

(Der Index bezieht sich auf die Einfallsebene, 1 und 2 auf die beiden Medien.) Manbzw. ⊥erhält die sogenannten Fresnelschen Formeln (Augustin Jean Fresnel, 1788 - 1827)

E //r

E //e=

tan (α − β)tan (α + β)

,E //t

E //e=

2 cos α sin βsin (α + β)cos (α − β)

E ⊥ r

E ⊥ e=

sin (α − β)sin (α + β)

,E ⊥ t

E ⊥ e=

2 cos α sin βsin (α + β)

Abb. 59: Reflexionskoeffizient für unterschiedliche Pola-risationsrichtungen

Das Verhältnis der Intensitäten r erhält man durch Quadrierung.

In Abb. 59 ist der Reflexionskoeffizient für Polarisation senkrecht und parallel zur Einfallsebe-ne dargestellt. Für α = 0 und α = 90° erhält man für beide Fälle den gleichen Wert. Aus denFresnelschen Formeln leitetman für α = 0 ab:

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E ⊥ r

E ⊥ e= E //r

E //e=

α − βα + β =

α/β − 1α/β + 1

= n2/n1 − 1n2/n1 + 1

= n2 − n1

n2 + n1

Der Reflexionskoeffizient ist dann

r(0) =

n2 − n1

n + n

2

Für Luft-Glas-Übergänge erhält man mit n = 1,5 r(0) = 0,04. Der Brewsterwinkel liegt vor,wenn bei E''r der Nenner unendlich wird. Dies ist der Fall für α + β = 90°, wie aus der anschau-lichen Betrachtung ermittelt wurde.

d) Doppelbrechung

Durchdringt ein Lichtstrahl bestimmte Kristalle, z.B. Kalzit (CaCO3) senkrecht zu einer seinerKristallflächen, so wird er in zwei Strahlen aufgespalten, die senkrecht zueinander polarisiertsind. Einer der Strahlen befolgt das Brechungsgesetz. Man nennt ihn den ordentlichen Strahl,der andere befolgt es nicht. Er heißt außerordentlich. Man kann die neue Wellenfront des au-ßerordentlichen Strahls nach einer Zeit ∆t korrekt konstruieren, wenn man Ellipsoide als Ele-mentarwellen annimmt. Der ordentliche Strahl hat wie im isotropen Medium Kugeln als Ele-mentarwellen. Zeichnet man diese Elementarwellen für eine Zeiteinheit, so erhält man 1 oder 2Richtungen, in denen sich Kugel und Ellipsoid schneiden. In diesen Richtungen ist also dieGeschwindigkeit von ordentlichem und außerordentlichem Strahl gleich. Man nennt sie opti-sche Achsen. Es gibt also Kristalle mit einer oder zwei optischen Achsen. Wir betrachten imfolgenden einachsige Kristalle.

Abb. 60: optisch positive und nega-tive Kristalle

Die Achse ist hier zugleich die Symmetrieachse. Die Ellipsoide sind axialsymmetrisch. Wennvo>ve nennt man den Kristall optisch positiv, wenn vo<ve nennt man den Kristall optisch nega-tiv. Der Hauptschnitt ist die Ebene, die den Strahl und die optische Achse enthält. Derordentliche Strahl ist senkrecht zum Hauptschnitt polarisiert, der außerordentliche parallel zumHauptschnitt. Strahlt man senkrecht zur optischen Achse und senkrecht zur Oberfläche ein, sogehen beide Strahlen ungebrochen durch die Oberfläche.

Sie laufen allerdings mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Werden sie mit gleicher Phaseeingestrahlt, was man am besten durch Aufspaltung eines Strahls in zwei senkrecht zueinander

Abb. 61: Einstrahlung senkrecht zur optischen Achse

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polarisierte erreicht, so haben sie nach Durchlaufen einer Strecke im Kristall einen Phasenun-terschied. Bei einem Phasenunterschied von 90° kann man auf diese Weise zirkularpolarisier-tes Licht herstellen oder analysieren. Einen solchen Kristall nennt man λ/4-Plättchen.

Abb. 62: Erzeugung von zir-kularpolarisiertem Licht

Im Eingang seiEx = E0sin ωt

Ey = E0sin ωt

Dann ist am Ende des Stabes: Ex = E0sin ωt

Ey = E0cos ωt

Der E-Vektor beschreibt einen Kreis.

Abb. 63: Einstrahlung parallel zur optischen Achse

Bei Einstrahlung parallel zur optischen Achse (senkrecht zur Oberfläche) sind beide Strahlengleich schnell. Die Doppelbrechung macht sich nicht bemerkbar.

Abb. 64: Drehung der Polarisationsebene

Bei einigen Stoffen hat man dann eine Drehung der Polarisationsebene. Außer bei Kristallenwie Quarz tritt dies bei einigen Lösungen wie Zucker, Terpentin auf. Rechtsdrehend nenntman einen Stoff, bei dem sich für einen Beobachter, der entgegen Strahlrichtung sieht, die Po-larisationsebene im Uhrzeigersinn dreht. Der Drehwinkel ist der Länge des durchstrahlten Me-diums bei Lösungen außerdem der Konzentration proportional α = K(λ)l ⋅ n.

Abb. 65: Lyot Filter

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Die Tatsache, daß die spezifische Rotation K(λ) von der Wellenlänge abhängt, nennt man Ro-tationsdispersion. Man kann sie zur Konstruktion eines Frequenzfilters ausnutzen (s.Abb.65).Ein solches Lyot-Filter ist für hohe Belastungen geeignet. (B. Lyot, 1897 - 1952)

Bei einigen Stoffen kann man durch Anlegen einer elektrischen Spannung eine künstlicheDoppelbrechung erzeugen. Dazu gehören Nitrobenzol und KDP. Solche Medien eignen sichzum Bau optischer Schalter, d.h. um Licht definiert durchzulassen oder zu sperren. Durch An-legen eines Magnetfeldes, z.B. an Glas, erzeugt man eine Drehung der Polarisationsebene, d.h.künstliche optische Aktivität. Dieser sogenannte Faraday-Effekt dient als optisches Ventil, d.h.um nur eine Laufrichtung von Licht zu gestatten. (Michael Faraday, 1791 - 1867)

Abb. 66: Faradayrotator als optisches Ventil

Man dreht die Polarisationsebene um 45° und stellt zwei Polarisatoren so auf, daß sie freienDurchgang des Lichtes gestatten. Bei umgekehrter Laufrichtung dreht sich die Polarisation-sebene mit gleicher Schraubenrichtung bezüglich k. Dadurch trifft die Welle mit 90° gegen-über dem am Anfang aufgestellten Polarisator verdrehter Polarisationsrichtung auf und wirdnicht durchgelassen.

Abb. 67: Nicolsches Prisma

Doppelbrechung kann man ausnutzen, um aus natürlichem Licht linear polarisiertes herzustel-len. Das klassische Instrument dazu ist das Nicolsche Prisma (Abb.67) (William Nicol, 1768 -1851). Man schneidet einen Kalzit-Kristall in einem bestimmten Schnitt in zwei Hälften, dieman mit einem Material von kleinerem Brechungsindex als Kalzit zusammenklebt (Kanadabal-sam). Die Winkel richtet man so ein, daß einer der Strahlen an der Klebstelle totalreflektiertwird.

Eine etwas bequemer zu handhabende Abart ist das Glan-Thompson-Prisma (Paul Glan,1846 - 1898, Sylvanus Phillips Thompson, 1851-1916) (Abb. 68).

Abb. 68: Glan-Thompson-Prisma

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KAPITEL E

Strahlenoptik1. Hohlspiegela) Brechung und Reflexion an gekrümmten Oberflächen

Abb. 69: Abbildung durch eine gekrümmte Oberfläche

Brechungs- und Reflexionsgesetz gelten auch für beliebig gekrümmte Oberflächen, wenn mandiese in der Umgebung des Auftreffpunktes durch ihre Tangentialebene ersetzt. Im folgendenbetrachten wir den Strahlenverlauf in der Einfallsebene. Die Oberfläche wird in ihr durch dieSchnittkurve f(x) dargestellt, und Reflexion erfolgt an der Tangente. Für ein Bündel von Strah-len ergibt sich ein neuer Effekt, wenn sich die Steigung über den Bündelquerschnitt ändert.Dann werden alle Strahlen, die von einem Punkt ausgehen, unterschiedlich abgelenkt und tref-fen sich für ein genügend schmales Bündel in einem anderen Punkt, dem sogenannten Bild-punkt. Zur Konstruktion des reflektierten, bzw. gebrochenen Strahls benötigt man die lineareNäherung der Taylorentwicklung

∆y∆x

= dydx

, (y − y0) = y /(xo)(x − x0)

Zur Beschreibung der Lage des Bildpunktes die quadratische Näherung

(y − y0) = y/(x0)∆x + 12

y //(x0)∆x2

Die höheren Glieder der Taylorentwicklung sind für die Abbildungsfehler verantwortlich.

b) Exakte Abbildung von einem Punkt in einen zweiten

Abb. 70: Der elliptische Spiegel bildet streng einen Punktin einen anderen ab

Die Kurve, die alle Strahlen, die von einem Punkt G ausgehen, in einem zweiten Punkt B sam-melt, ist die Ellipse. G und B nennt man die Brennpunkte. Im Raum ist die entsprechende Flä-che das Rotationsellipsoid, das durch Rotation der Ellipse um die Achse entsteht, die die

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Harald Schüler
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Brennpunkte verbindet. Für den Sonderfall, daß einer der beiden Punkte ins Unendliche rückt,degeneriert die Ellipse zur Parabel. Der zweite Punkt ist der Brennpunkt der Parabel und seinAbstand zum Scheitel der Parabel die Brennweite f. Elliptische Spiegel werden in blitzlampen-gepumpten Lasern verwendet. Blitzlampe und Lasermedium befinden sich in den beidenBrennlinien des zylindrischen Spiegels mit elliptischem Querschnitt.

c) Kugelspiegel

Abb. 71: Kugel- und Parabolspiegel mit gleicherBrennweite

In manchen Abbildungsproblemen benötigt man tatsächlich eine exakte Punkt-zu-Punkt-Ab-bildung, wie z.B. in der Astronomie. Oft kann man Ungenauigkeiten hinnehmen zugunsten derFlexibilität. Hier sind oft Kugelspiegel günstiger.

Abb. 72: Die Brennweite eines Kugelspiegels fürachsennahe Strahlen

Bei einem Kreis gilt (s. Abb. 72) MF = FA, so daß MFA ein gleichschenkliges Dreieck ist. Fürachsenparallele Strahlen, die achsennah verlaufen, ist FA R/2 (R: Kugelradius). Daher tref-≈fen sich alle achsennahen Strahlen im Brennpunkt F. Die Brennweite ist gleich dem halbenKugelradius

f = R/2

Da man eine beliebige Kurve in der Umgebung eines Punktes S bis zur 2. Ordnung durch denKrümmungskreis approximieren kann, gilt obige Formel auch für anders geformte Flächen,wenn man unter R den Krümmungsradius der Kurve versteht.

Abb. 73: Die Katakaustik

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Für achsenferne Strahlen ist FS<R/2, z.B. für α = 60° ist FS = 0. Die Tatsache, daß sich ach-senferne Strahlen nicht in F schneiden, nennt man sphärische Aberration. Die Einhüllende allerStrahlen, die von einer entfernten Lichtquelle ausgehen und an einem Kreis reflektiert werden,ist die sogenannte Katakaustik, die man als Reflexion in Tassen beobachten kann. Die sphäri-sche Aberration hat im Strahlenbild die Ursache, daß der Kreis für achsenferne Strahlen zuweit geneigt ist. Korrigiert man diese Neigung, erhält man eine Parabel, für die der ursprüngli-che Kreis der Krümmungskreis im Scheitel ist. Für achsennahe Strahlen verhalten sich Kreis,Ellipse und Parabel gleich.

d) Schmidt - Teleskop

Abb. 74: Symmetrie beim Kugelspiegel

Ein Kugelspiegel ist symmetrisch um seinen Mittelpunkt M. Daher werden Lichtbündel, diedurch den Mittelpunkt gehen und verschieden geneigt sind, mit gleicher Qualität abgebildet.Z.B. erscheinen Sterne, die mit einem Kugelspiegel aufgenommen werden, über das ganze Ge-sichtsfeld etwa gleich scharf. Bei einem Parabolspiegel vergrößern sich die Linsenfehler mitsteigender Neigung drastisch, da hier die Symmetrie um den Mittelpunkt fehlt. Sterne erschei-nen in den Randbezirken wie Kometen. Man nennt diesen Fehler daher Koma.

Abb. 75: Schmidt-Teleskop

Eine Möglichkeit zur Korrektur der sphärischen Aberration ohne Verlust der Zentralsymmetriebildet das Schmidt - Teleskop. Der Hauptspiegel ist kugelförmig. Zur Korrektur der sphäri-schen Aberration wird im Kugelmittelpunkt eine Linse mit speziellem Profil angebracht, derenoptische Dicke zum Rand hin zunimmt, so daß die Wellenfronten in geeigneter Weise verformtwerden, um exakt den Fokus zu treffen.

Das Katzenauge besteht aus einem Glaskörper mit zwei Kugelflächen, die einen gemeinsamenMittelpunkt haben. Parallele Strahlenbündel werden auf eine verspiegelte Kugelfläche

Abb. 76: Katzenauge

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fokussiert. Dadurch werden Strahlen in die Einfallsrichtung zurückreflektiert. Eine andereMöglichkeit zur Konstruktion eines Katzenauges besteht in der Reflexion an den drei Flächeneiner Würfelecke.

2. Dünne Linsena) AbbildungsgesetzFür flexible Laboraufbauten werden am häufigsten dünne Linsen mit kugelförmigen Oberflä-chen eingesetzt. Die Abbildung wird nach dem vorher Gesagten nie exakt, sondern nur in einergewissen Näherung möglich sein. Wir nehmen an, daß die Krümmungsradien groß gegen denLinsenradius sind.

Im Strahlenbild kann man sich die Linse im Querschnitt aus Prismen mit unterschiedlichenPrismenwinkeln zusammengesetzt denken. Bei einer Sammellinse wählt man die Prismenwin-kel so, daß ein paralleles Strahlenbündel in einem Punkt gesammelt wird. Bei Zerstreuungslin-sen scheinen sie von einem Punkt zu kommen.

Abb. 77: Die Wirkung einer Linse im Strahlenbild

Im Wellenbild werden dadurch, daß das Licht im Linsenkörper langsamer läuft als in der Luft,ebene Wellenflächen zu Kugelflächen verformt. Der Brennpunkt liegt im Mittelpunkt derKugelflächen.

Abb. 78: Wirkung einer Linse im Wellenbild

Zur Herleitung des Abbildungsgesetzes gehen wir vom Satz von Malus aus. Wir betrachten zu-nächst nur drei Strahlen: Einen, der durch die Linsenmitte geht und zwei, die den Rand berüh-ren. Da wir uns auf die Näherung beschränken, in der eine gekrümmte Fläche genügend genaudurch den Krümmungskreis approximiert wird, benötigen wir drei Punkte, um eine Wellenflä-che zu spezifizieren. Wegen der Symmetrie um die Achse benötigen wir sogar nur zwei Punk-te. Wir vergleichen daher die optischen Weglängen von Strahl (1) und (2) in Abb. 79:

Abb. 79: Die Ableitung des Abbildungs-gesetzes mit dem Prinzip von Malus

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L1 = GSB = g2 + h2 + b2 + h2

= g 1 + (h/g)2 + b 1 + (h/b)2

≈ g 1 + 1

2(h/g)2

+ b 1 + 1

2(h/b)2

L2 = GMB = g + b − (d1 + d2) + n(d1 + d2) = g + b + (n − 1)(d1 + d2)

Aus der Bedingung L1 = L2 ergibt sich dann

1g + 1

b= (n − 1)

d12

+ d22

Abb. 80: Der Zusammenhang von Krümmungsradi-us, Linsendicke und Linsengröße

Der Zusammenhang von R, h und d ergibt sich nach nebenstehender Abbildung bei Betrach-tung des rechtwinkligen Dreiecks

R2 = (R - d)2 + h2

R2 = R2 - 2Rd + d2 + h2

Für wenig gekrümmte Oberflächen kann man d2 gegenüber h2 vernachlässigen2d

2= 1

RDamit erhalten wir die endgültige Form des Abbildungsgesetzes

(1)1g + 1

b= 1

f

mit

(2)1f

= (n − 1)1

R1+ 1

R2

Da wir annehmen, daß alle Kurven durch ihre quadratische Approximation genügend genaudargestellt werden, gilt die Aussage für alle Strahlen, die durch die Linse gehen. (1) ist das Ab-bildungsgesetz für dünne Linsen. Es gibt unterschiedliche Vorzeichenkonventionen. Oben ha-ben wir die Konvention benutzt, bei der alle gegenstandsseitigen Lagen nach links, alle bildsei-tigen nach rechts positiv zählen. Diese Konvention ist für Sammellinsen bequem, da dann alleEntfernungen positiv sind. Für kompliziertere Systeme ist es bequemer, ein Koordinatenkreuzin die Mitte der Linse zu legen und alle Positionen rechts als positiv, links als negativ zu zäh-len. Krümmungsradien werden vom Mittelpunkt an gemessen. Dann hat die Abbildungsglei-chung (1) die Form:

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−1a + 1

a /= 1

f /

und für die Linsen1f /

= (n − 1)1

R1− 1

R2

Zerstreuungslinsen haben negative bildseitige Brennweiten f'.

Für ergibt sich b = f. f ist also die früher definierte Brennweite. Je näher der Gegen-g → ∞stand an die Linse rückt, desto weiter entfernt sich sein Bild. Bei g = 2 f wird b = 2 f. Gegen-stand und Bild sind gleich weit von der Linse entfernt und haben den kleinsten gegenseitigenAbstand. Die Brennweite ist an beiden Seiten der Linse gleich. Größere Brechungsindizes er-lauben Linsen mit weniger gekrümmter Oberfläche.

Da es zur Ableitung dieses Gesetzes nur auf die Verzögerung der Wellenfront auf der Achseankam, und diese durch n und die Gesamtdicke der Linse gegeben ist, kommt es in dieser Nä-herung nicht darauf an, wie die Krümmungsradien auf beide Flächen verteilt sind. Zerteilt mandie bikonvexe Linse durch einen ebenen Schnitt in zwei plankonvexe und nennt man (n-1)/Rdie Brechkraft einer der Linsen, so erkennt man, daß sich die Brechkräfte dünner Linsen, dienahe zusammenliegen, addieren.

1f

= 1f1

+ 1f2

1/f mißt man in Dioptrie = m-1.

b) Schräger EinfallBei einer schräg zur Achse einfallenden Welle ändert sich in der Ebene, die in Abb. 81 dieZeichenebene ist, das Verhältnis 2d/h2, da h kleiner wird. In der anderen Ebene ändert sich die-ses Verhältnis schwach.

Abb. 81: Ein Strahl geht schräg durch eine Sammellinse

D.h. die Brennweite in der Zeichenebene wird etwas kürzer als die in einer senkrecht dazu ste-henden Ebene. h* = h · cos α, d* = d/cos α

Abb. 82: Der Winkel α

Da für kleine Winkel , erhält mancos α ≈ 1 − α2/2

1f

∼ 2dh2

∼ 1cos3α

∼ 1 + 3α 2

2

Solange α so klein ist, daß man α2 vernachlässigen kann, ändert sich nichts. In dieser Nähe-rung ist und ein ausgedehnter Gegenstand in einer Ebene senkrecht zur Achse dersin a ≈ tan a

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Gegenstandsebene wird in eine ebenfalls senkrecht zur Achse stehenden Bildebene abgebildet.Bei starker Neigung erhält man in der Zeichenebene von Abb. 83 eine stärkere Brechkraft alssenkrecht dazu.

Abb. 83: Astigmatismus

Wie aus Abb. 83 abzulesen ist, wird ein Punkt in zwei senkrecht zueinander stehende Linienabgebildet. Diesen Fehler nennt man Astigmatismus. Er tritt auch bei Einfall parallel zur opti-schen Achse auf, wenn die Linse in zwei senkrecht aufeinander stehenden Ebenen unterschied-liche Krümmungsradien aufweist.

c) BildkonstruktionWir setzen voraus, daß die Linse alle Punkte der Gegenstandsebene in die Bildebene abbildet.Daher genügt es, das Bild eines Punktes des Gegenstandes zu konstruieren. Zur Konstruktiondes Strahlenganges nutzen wir folgende Regeln aus:

Abb. 84: Bildkonstruktion bei dünnen Linsen

α) Strahlen gehen geradlinig durch die Mitte der Linse. In der Mitte verhält sich die Linse wieeine dünne planparallele Platte.

β) Strahlen, die parallel zur Achse einfallen, schneiden die Achse im Brennpunkt. Parallel zurAchse vom Gegenstand her einfallende Strahlen treffen den bildseitigen Brennpunkt undumgekehrt. Ein schräg zur Achse laufendes Bündel von parallelen Strahlen sammelt sich inder Brennebene.

γ) Zerstreuungslinsen haben negative Brennweiten

Hat man mit dieser Konstruktion einen Bildpunkt B zu einem Gegenstandspunkt G gefunden,so gehen nach Voraussetzung alle Strahlen, die von G ausgehen und die Linse treffen, durchB. Es ist also nicht notwendig, daß ein Konstruktionsstrahl durch die Öffnung einer tatsächlichvorliegenden Linse geht. Man kann sich die reale Linse durch eine mit größerer Öffnung er-setzt denken, bei der die Brennpunkte an der gleichen Stelle liegen. Die Größe der Öffnung än-dert an den Abbildungseigenschaften im Strahlenbild nichts.

Man zeichnet zunächst 2 Strahlen, die von einem Punkt des Gegenstandes ausgehen und paral-lel zur Achse durch den gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg oder durch die Linsenmitte laufen.Die Strahlen werden bis zur unendlich dünnen und unendlich ausgedehnt gedachten Linse ge-zeichnet. Die gebrochenen Strahlen ergeben sich nach obigen Regeln. Ihr Schnittpunkt ist derBildpunkt, in dem sich alle übrigen von dem betrachteten Punkt ausgehenden Strahlen treffen.Wenn sich die gebrochenen Strahlen an der Bildseite nicht treffen, muß man sie nach rück-wärts verlängern. Solche verlängerten Strahlen nennt man virtuell und ihren Schnittpunkt ein

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virtuelles Bild. Ein virtuelles Bild läßt sich nicht mit einem Schirm auffangen, aber das Augesieht dort ein Bild, wo die ins Auge fallenden Strahlen sich treffen.

Beispiel: Strahlengang einer Lupe

Abb. 85: Beispiel für ein virtuelles Bild:Strahlengang einer Lupe

Beispiel Zerstreuungslinse, f < 0

Abb. 86: Beispiel für eine virtuelle Abbildung mit ei-ner Zerstreuungslinse

Windschiefe Strahlen konstruiert man, indem man sie durch Brenn- oder Mittelpunktstrahlenzu einem Parallelstrahlenbündel ergänzt und ausnutzt, daß dieses sich in der Brennebenesammelt.

Abb. 87: Konstruktion des Strahlenverlaufes beiwindschiefen Strahlen

3. Einfache optische Gerätea) Das Auge

Abb. 88: Querschnitt durch ein menschliches Auge

Das Auge gehört eigentlich nicht zu den einfachen optischen Geräten, aber wir müssen einigeseiner Grundfunktionen kennen, um die Arbeitsweise einfacher optischer Geräte zu verstehen.Das Auge arbeitet wie eine Kamera. Die Linsenwirkung wird durch die Hornhaut, die in ihrerBrennweite verstellbare Linse und den Glaskörper, der das Augeninnere ausfüllt, bewirkt, wo-bei den Hauptanteil die Hornhaut erzielt. Der Gegenstand wird auf der Netzhaut abgebildet,die die Funktion eines zweidimensionalen Detektorarrays hat und einen Teil der Bildverarbei-tung leistet. Die Detektoren sind in der Lage, einzelne Photonen nachzuweisen. Die einfallende

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Lichtleistung wird über die Pupillenöffnung reguliert. Beim Fotoapparat würde man f/r dieBlendenzahl nennen. Die einfallende Leistung ist proportional zu (r/f)2. Das Auge kann 15Zehnerpotenzen an Lichtintensität überbrücken.

Die Regulierung der Empfindlichkeit heißt Adaption, die Regulierung der BrennweiteAkkommodation

Abb. 89: Korrektur von Fehlsichtigkeit

Wir beschreiben die Funktion des Auges in erster Näherung als eine Kamera mit Zoomlinse.Wenn die Brennweite zu lang für das Auge ist, spricht man von Weitsichtigkeit. Dieser Fehlerkann durch Erhöhen der Brechkraft, d.h. durch eine zusätzliche Sammellinse korrigiert wer-den. Im Alter ist dies generell erforderlich, da der Akkommodationsbereich der Linse nachläßt.Im umgekehrten Fall benötigt man eine Zerstreuungslinse.

Abb. 90: Verbesserung der Schärfe durch eineLochblende

Eine gewisse Verbesserung der Schärfe läßt sich schon durch eine Verkleinerung der Blenden-öffnung erreichen, etwa durch ein gelochtes Papier, das vor das Auge gehalten wird. DasScheibchen auf der Retina, das durch Abbildung einer Punktquelle entsteht, wird dadurch klei-ner. Aus gleichem Grund erhöht sich die Tiefenschärfe einer Kamera durch Verkleinerung derBlendenöffnung. Das einfachste abbildende System, das z.B. in Frequenzbereichen verwendetwird, in denen es keine Linsen gibt, ist die Lochkamera.

Von einem optischen Instrument erwarten wir, daß es eine Vergrößerung bewirkt oder daß esdie Helligkeit verbessert. Daneben gibt es Geräte, den Kontrast zu verbessern oder Meßvor-gänge ausführen zu können.

Abb. 91: Der Sehwinkel

Die Vergrößerung ist , wobei αo und αm die Sehwinkel ohne und mit Instrument sind.v=

αmα 0

b) Die LupeDie Lupe ist eine Sammellinse, die man vor das Auge hält, um nahe Gegenstände zu vergrö-ßern. Um den Sehwinkel α zu konstruieren, zeichnen wir zu einem vom Gegenstand ausge-henden Mittelpunktstrahl einen Parallelstrahl, der durch den Mittelpunkt der Augenlinse geht.

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Abb. 92: Wirkungsweise einer Lupe

Man sieht, daß in Abb. 92 keine Vergrößerung des Sehwinkels vorkommt. Der eigentliche Nutzen der Lupe besteht nicht in einer Vergrößerung, sondern darin, daß man mit Lupe näheran einen Gegenstand kommen kann als ohne Lupe. Als Vergrößerung definiert man daher dasVerhältnis von Sehwinkel, unter dem der Gegenstand ohne Lupe erscheint, wenn er sich in derkleinsten Entfernung vom Auge befindet, die ein bequemes Betrachten zuläßt, zu Sehwinkelohne Lupe. Diese Entfernung legt man auf s = 25 cm fest und nennt sie die Weite deutlichenSehens.

c) Das Brennglas

Abb. 93: Brennglas

Mit einem Brennglas soll die Leistungsdichte S, z.B. der Sonnenstrahlung, erhöht werden.Dies kann z.B. bei der Konstruktion eines Sonnenkraftwerkes nützlich sein. Bei der Berech-nung von S muß man beachten, daß das Bild der Sonne auf dem Schirm eine endliche Ausdeh-nung ist der Winkelradius der Sonne. Das Bild der Sonneρ = αf hat. α = 0, 25 = 4 ⋅ 10−3radkann größer sein als die Linse selbst, d.h. die Leistungsdichte in der Fokalebene kann geringersein als auf der Linsenfläche. Die Gesamtleistung P0 auf Schirm und Linse sind gleich. DasVerhältnis der Leistungsdichten ist dann

SS

SL= P0

πρ2/

P0

πr2=

2

=

rfα

2

Bei einem guten Brennglas muß also die Apertur r/f möglichst groß sein.

Beispiel (wie Archimedes die feindlichen Schiffe vor Syrakus zerstörte):

2α = 0, 50 (Sonne),α radα grad

= π180

≈ 160

, 2α rad = 8 ⋅ 10−3

f = 100 m, 2 ρ = f2a = 0, 8m

d) Bemerkung zur subjektiven Helligkeit von LichtquellenWie sich die empfundene Helligkeit einer Lichtquelle mit ihrer Entfernung vom Auge ändert,hängt davon ab, ob es sich um eine punktförmige oder flächenhafte Lichtquelle handelt. Dabeidefinieren wir eine punktförmige Lichtquelle als eine solche, deren Bild im Auge so klein ist,daß jeweils nur ein Detektor anspricht. Werden mehrere Detektoren erregt, nennen wir die

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Lichtquelle flächenhaft. Die Helligkeitsempfindung wird durch die Energie pro Detektorbestimmt.

Abb. 94: Die Helligkeit von Punktstrahlern

Wenn P0 die nach allen Seiten (isotrop) ausgestrahlte Leistung der Punktquelle ist, gelangt indie Linse

P = P0Ω4π

wobei der Raumwinkel ist, unter dem die Linse von der Lichtquelle her erscheint.Ω = πr2/g2

P1 = P0πr2

g24π

P2 = P0πr2

g24π

Daraus folgt P1/P2 = (g2/g1)2. Die im Auge registrierte Leistung nimmt mit dem Quadrat der

Entfernung der Punktquelle vom Auge ab. Da die gesamte Leistung von einem einzelnen De-tektor aufgenommen wird, nimmt die Helligkeit ab. Dies ist der Grund, warum weiter entfernteSterne dunkler erscheinen als nähere.

Bei Flächenstrahlern wird mit größerer Entfernung das Bild kleiner, d.h. die geringere Lei-stung, die das Auge aufgrund der größeren Entfernung aufnimmt, verteilt sich auf eine kleinereFlächeS2

S1= P2/A2

P1/A1= P2

P1⋅ A1

A2

A1

A2=

y1

y2

2

=

g2

g1

2

Abb. 95: Die Helligkeit bei Flächenstrahlern

P2

P=

g1

g2

2

Es folgt S2/S1 = 1. Flächenstrahler erscheinen unabhängig von ihrer Entfernung gleich hell.Dies beobachtet man etwa bei Neonleuchten in einem Flur.

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e) Das FernrohrEin teleskopisches System ist ein Linsensystem, das ein Bündel von parallelen Strahlen wiederin ein Bündel von parallelen Strahlen überführt. Ein solches System wird außer für Fernrohrezur Strahlaufweitung und in Laserresonatoren verwendet. Wir betrachten das Keplersche unddas Galileische Fernrohr (Johannes Kepler, 1571 - 1630; Galileo Galilei, 1514 - 1642). Beidebestehen aus einer langbrennweitigen Objektivlinse und einer kurzbrennweitigen Okularlinse,wobei bildseitiger Brennpunkt des Objektivs und gegenstandsseitiger Brennpunkt des Okularszusammenfallen. Beim Keplerschen Fernrohr ist die Brennweite des Okulars positiv, beim Ga-lileischen negativ. Im übrigen ist der Aufbau analog.

Abb. 96: Strahlengang des KeplerschenFernrohres

Beim Keplerschen Fernrohr entsteht in der Fokalebene ein reelles Bild, das mit dem Okularangesehen wird. Die Vergrößerung ergibt sich aus einer geometrischen Betrachtung der Mittel-punktstrahlen durch Objektiv und Okular.

v= α 2α 1

= tan α 2

tan α 1= h

f2/ hf1

= f1

f2

Die Vergrößerung wird also umso stärker, je länger die Brennweite von Objektiv und je klei-ner die von Okular ist. Neben der Vergrößerung spielt die Lichtausbeute (Dämmerungsfaktor)und der Gesichtfeldwinkel für die Qualität eines Fernrohres eine Rolle.

Abb. 97: Strahlengang beim Galilei Fernrohr

Beim Galileischen Fernrohr bleibt die Behandlung der Vergrößerung gleich, und es ergibt sichwie beim Keplerfernrohr

v= f1

f2

Das Bild ist hier im Gegensatz zum Keplerfernrohr aufrecht, die Länge des Teleskopes ist beigleichen Brennweiten kleiner. Ein wesentlicher Nachteil besteht darin, daß der Gesichtsfeld-winkel kleiner ist.

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f) Das Mikroskop

Abb. 98: Strahlengang desMikroskops

Das kurzbrennweitige Objektiv bildet den Gegenstand, der sich knapp außerhalb der Brenn-weite f1 befindet, in ein reelles, vergrößertes Zwischenbild im Abstand l vom Objektiv ab, dasmit dem Okular als Lupe betrachtet wird. Um die Vergrößerung zu bestimmen, muß die Größevon Gegenstand und Bild wie bei der Lupe im Abstand der deutlichen Sehweite s verglichenwerden. Die Vergrößerung des Objektivs ist v1 = l/f1 , des Okulars v2 = s/f2.

Die Gesamtvergrößerung ist das Produkt

lges = v1 · v2 = ls/f1f2.

Die Vergrößerung wird umso größer, je größer l und je kleiner f1 und f2 sind.

g) Der KondensorEine Kondensorlinse wird in der Nähe des abzubildenden Gegenstandes aufgestellt, um die In-tensität des Bildes zu erhöhen, indem sie die Lichtquelle in die eigentliche Abbildungslinseabbildet.

Abb. 99: Kondensor

Der Kondensor beeinträchtigt die Abbildung selbst praktisch nicht. Die Abbildungseigenschaf-ten des Kondensors brauchen daher nicht besonders gut zu sein. Wichtig ist seine große Aper-tur. Ein Strahlengang wie in Abb. 99 wird Hand-in-Hand Abbildung genannt.

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h) Das Schlierenverfahren

Abb. 100: Schlierenaufbau

Der Schlierenaufbau dient dazu, Punkte, an denen Licht abgelenkt wird, sichtbar zu machen,z.B. in Flammen. Der Aufbau ist wieder eine Hand-in-Hand Abbildung, wobei die Schlieren-blende dafür sorgt, daß nicht abgelenktes Licht nicht auf den Schirm gelangt. Wird Licht imObjekt abgelenkt, so geht es an der Schlierenblende vorbei. Die Bildpunkte der Stellen des Ob-jektes, die eine Ablenkung hervorrufen, erscheinen auf dem Schirm hell.

Abb. 101: Foucaultsche Messerschneidenmethode

Ein Spezialfall des Schlierenaufbaus ist die Foucaultsche Messerschneidenmethode zur Über-prüfung und Justierung von Hohlspiegeln.

4. Abbildungstheorie, Hauptebenena) Die kollineare AbbildungDie Abbildungstheorie für dünne Linsen ist ein Sonderfall einer allgemeinerenAbbildungstheorie.

Abb. 102: Koordinaten bei der kollinearen Abbildung

Die allgemeinste Abbildung, die Punkte in Punkte, Gerade in Gerade und Ebenen in Ebenenaus einem kartesischen Raum abbildet, ist die kollineare(ξ, η, ζ) in einen anderen (ξ , η , ζ )Abbildung.

ξ / =a1ξ + b1η + c1ζ + d1

a0ξ + b0η + c0ζ + d0

η / =a2ξ + b2η + c2ζ + d2

a0ξ + b0η + c0ζ + d0

ζ / =a3ξ + b3η + c3ζ + d3

a0ξ + b0η + c0ζ + d0

Diese Transformationen bilden eine Gruppe, in der eine Abbildung ein Element ist, die Hinter-einanderausführung die Verknüpfung. Man kann also zwei hintereinander ausgeführte Abbil-dungen durch eine einzige mit gleichen Grundeigenschaften ersetzen.

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Zur Beschreibung optischer Abbildungen interessieren nur weiter eingeschränkteAbbildungen:

α) Die Systeme sollen axial symmetrisch sein, d.h. die Abbildungsgesetze für die variablen sollen identisch sein.η und ζ

β) Punkte, die sich vor der Abbildung an der Achse spiegeln, sollen Spiegelpunkte bleiben,d.h. aus Durch Einsetzen dieser Bedingungen in die−η = η s soll folgen -η = ηs, ξ = ξs.allgemeinen Transformationsgleichungen stellt man fest, daß die allgemeinste Transforma-tion, die dies leistet, die Form hat:

(1)ξ / =a1ξ + d1

a0ξ + d0, η / = b2η

a0ξ + d0

Der Koordinatenursprung der beiden Systeme liegt also auf der Achse. Die -Position ist nochξbeliebig. Alle Größen zählen positiv nach rechts.

b) BrennpunkteEine solche Abbildung hat in jedem der beiden Räume einen Brennpunkt. Läßt man ξ → ∞gehen, wird , bildseitiger Brennpunkt. ξ / = ξF /

/ , mit ξF// = a1

a0

Andererseits wird für gegenstandsseitiger Brennpunkt.ξ / → ∞, ξ = ξ F, mit ξF = −d0a0

c) AbbildungsgesetzBisher wurde über die Koordinatenursprünge der beiden benutzten Systeme keine Aussage ge-macht. Als ausgezeichnete Punkte bieten sich die Brennpunkte an. Wir transformieren daherdie Abbildungsgleichungen (1) auf die Brennpunkte:

(2)x = ξ − ξF = ξ + d0a0

x / = ξ / − ξF // = ξ / − a1

a0

Einsetzen in Gl. 1 ergibt:

x / + a1a0

= a1(x − d0/a0) + d1

a0(x − d0/a0) + d0= a1x − a1d0/a0 + d1

a0x

= a1a0

+ d1 − a1d0/aoa0x

Es folgt das Newtonsche Abbildungsgesetz

xx / = d1a0 − a1d0

a02

Aus der üblichen Abbildungsgleichung findet man durch Transformation auf die Brennpunkte

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xx/ = ff /

d) Brennweiten

Abb.103: Geometrie bei der Abbildung mit rationalenVorzeichen

Die Brennweiten f und f' legen wir so fest, daß sich das Newtonsche Abbildungsgesetz ergibt,und daß die Lateralvergrößerung korrekt beschrieben wird. Bei dünnen Linsen gilt:

(3)y /

y = −x /

f /= − f

x

(y' <0, x', f', y > 0)

Bei der kollinearen Abbildung haben wir nach Gl. 1:

(s. Gl.2)y /

y = η /

η = b2

a0ξ + d0= b2

a0x

Durch Vergleich mit Gl. 3 ergibt sich

f = −b2a0

aus der Newtonschen Abbildungsgleichung

f = d1a0 − a1d0

a0b2

e) HauptebenenAls Hauptpunkte definieren wir nun die Achsenpunkte, bei denen die Lateralvergrößerung 1wird, als Hauptebenen die Ebenen, die senkrecht zur Achse stehen und diese in den Haupt-punkten schneiden. Die Lage der Hauptebenen folgt dann aus Gl. 3 mit y'/y = 1.

x'H = -f''

xH = -f

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Abb. 104: Hauptebenen

In der jetzt adaptierten Vorzeichenkonvention werden alle Größen vom Brennpunkt an nachrechts positiv gerechnet. Bei positiven Brennweiten hat man dann die Geometrie vonAbb. 104.

f) Bildkonstruktion

Abb.105: Bildkonstruktion mit Hauptebenen

Die Bildkonstruktion verläuft dann völlig analog zu der bei dünnen Linsen mit dem einzigenUnterschied, daß man die ausgezeichneten Strahlen nicht bis zur Linsenebene zeichnet, son-dern bis zur Hauptebene und den Auftreffpunkt 1 : 1 auf die zweite Hauptebene überträgt.Zeichnerisch findet man die Hauptebenen, indem man einen parallel zur Achse einfallendenStrahl durch das gesamte Linsensystem verfolgt. Dort, wo er die Achse schneidet, ist derBrennpunkt, wo er den einfallenden Strahl schneidet, ist die Hauptebene der dem Einfallsraumabgewandten Seite.

Abb. 106: Konstruktion der Hauptebene

g) Ungleiche Brechungsindizes im Bild- und GegenstandsraumIm allgemeinen unterscheiden sich gegenstands- und bildseitige Brennweite. Bei Linsensyste-men oder gekrümmten Grenzflächen zwischen zwei Medien ist dies der Fall, wenn die Bre-chungsindizes rechts und links verschieden sind. Wir zeigen dies an einer dünnen Linse, diewie früher mit dem Satz von Malus behandelt wird.

Abb. 107: Geometrie für den allgemeineren Fall derAbbildung

ng g2 + h2 + nb b2 + h2 = ngg + nbb + l

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(l = (n - ng)dg + (n - nb)db)

ngg(1 - h2/2g2) + nbb(1 + h2/2g2) = ngg +nbb + l

ng

g + nb

b= const

Die Brennweiten erhält man für g bzw. b → ∞

ng

fg= const,

nb

fb= const

Es folgt:ng

fg= nb

fb

Die Brennweiten verhalten sich wie die Brechungsindizes.

h) KnotenpunkteBei der Bildkonstruktion bei einem System mit zwei Hauptebenen kann auch der Mittelpunkt-strahl benutzt werden, wenn rechts und links die Brennweiten gleich sind: Man zeichnet einenStrahl bis zum Hauptpunkt, versetzt ihn zum konjugierten Hauptpunkt mit gleicher Neigung ugegen die Achse. Im allgemeinen Fall mit unterschiedlichen Brennweiten geht dies nicht. DieOrte, an denen die Neigung des Strahls gegen die Achse für Strahl und konjugierten Strahlgleich sind, die sogenannten Knotenpunkte, fallen im allgemeinen nicht mit den Hauptpunktenzusammen.

Abb. 108: Knotenpunkte

Def.: Knotenpunkte sind die Achsenpunkte mit u = u'

f tan u = -x' tan u'

xK' = -f, xK = -f'

Der Knotenpunkt K hat den Abstand f' von F, K' den Abstand f von F'. Für n = n' unterschei-den sich Knotenpunkte und Hauptpunkte nicht.

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i) Zusammengesetzte SystemeMit den im vorigen Abschnitt dargelegten Methoden läßt sich die Lage der Haupt- und Brenn-punkte finden, wenn die der einzelnen Komponenten, die ein System bilden, bekannt sind. Ei-ne Konstruktionszeichnung zeigt Abb. 109.

Abb. 109: Konstruktion derLage der Brennpunkte undHauptebenen

Dabei ist ein Hilfsstrahl, parallel zum ursprünglichen F'1R, um den weiteren Verlauf des−−

F2Peinfallenden Strahls hinter der zweiten Linse zu konstruieren. Der Zeichnung entnimmt man

hf /

= zf /

hf /

= −zl

(f2´, h, l, f1' > 0 ; z, f' < 0)

f1/

f /= − l

f /, f / =

−f1/f2

/

l

Mit erhält manl = d − f1/ − f2 = d − f1

/ − f2/

1f /

= 1f1

/+ 1

f2/− d

f1/f2

/

Für ergibt sich die bekannte Addition der Brechkräfte.d → 0

j) Dicke LinsenMit dem obigen Formalismus läßt sich die Lage der Brennpunkte und Hauptebenen bei dickenLinsen berechnen. Man behandelt zunächst eine kugelförmige Oberfläche eines Glaskörpers inder Näherung dünner Linsen. Sie hat nur eine Hauptebene und zwei unterschiedliche Brenn-weiten. Die dicke Linse betrachtet man als System zweier solcher Kugelflächen. Abb. 110zeigt für einige typische Linsenformen die Lage der Hauptebenen.

Abb. 110: Die Hauptebenen kön-nen bei dicken Linsen auch außer-halb der Linse liegen

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KAPITEL F

Wellenoptik

1. Interferenz

a) Einleitung

Werden zwei sinusförmige Wellen überlagert, so gibt es Stellen im Raum, an denen sie sichauslöschen. Dies ist der Fall, wenn der Phasenunterschied ein ungeradzahliges Vielfaches vonπ beträgt. . Man sagt, der Gangunterschied ist . An Stellen, bei denenϕ = (2n + 1)π (2n + 1)λ/2der Phasenunterschied ist, verstärken sich beide Wellen. Die Phasendifferenz istϕ = 2nπ ϕproportional zum Unterschied der durchlaufenden Wege, dem sogenannten Gangunterschied g.Im allgemeinen Fall, bei dem die Strahlen Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizesdurchlaufen, ist g = l1n1 - l2n2. Da bei einem Gangunterschied λ die Phasendifferenz 2 π ist, giltfür den Zusammenhang von und g:ϕ

ϕ2π

=gλ

Eine Überlagerung von endlich vielen Wellen nennt man Interferenz, n die Ordnung der Inter-ferenz. Benötigt man zur Beschreibung der Überlagerung unendlich viele Wellen, z.B. alleElementarwellen in einer Blendenöffnung, so spricht man von Beugung.

Um eine Intensitätsverteilung einer Interferenz- oder Beugungsfigur zu berechnen, geht manauf die Zeigerdarstellung von Schwingungen zurück.

Abb. 111: Zeigerdarstellung einer Schwingung

In komplexer Schreibweise stellt man eine Schwingung dar als

∼E=

∼E0 eiωt =

∼E0 eiϕeiωt =

∼E0 ei(ωt+ϕ)

Dies ist nach dem Satz von Euler:∼

E =∼E0 [cos (ωt + ϕ) + i sin (ωt + ϕ)]

Von der komplexen Darstellung kommt man also zur Schwingung, indem man den Realteilbildet. Der Betrag der komplexen Amplitude ist die Amplitude der Schwingung, das Argumentist die Anfangsphase, d.h. die Phase zur Zeit t=0. Die Überlagerung zweier Wellen gleicherFrequenz kann man daher durch die Addition der zugehörigen komplexen Amplituden darstel-len. Grafisch wird sie durch die Addition der entsprechenden Zeiger veranschaulicht. Zeigerwerden dabei wie Vektoren addiert. Die Winkel zwischen den Richtungen der Zeiger gebendie Phasendifferenzen an, die Längen die Amplituden.

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Harald Schüler
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b) Überlagerung von zwei Wellen

Wir möchten die Interferenzfigur berechnen, die zwei punktförmige (im Zweidimensionalenlinienförmige) Quellen, die harmonische Wellen gleicher Phase aussenden, auf einem weit ent-ferten Schirm erzeugen.

Abb. 112: Interferenz am Doppelspalt

Eine Realisierungsmöglichkeit zeigt obige Abbildung. Zwei parallele Spalte werden von einerLichtquelle bestrahlt. Die Linse sammelt parallele Strahlen auf dem Schirm. D.h. von denSpalten ausgehende parallele Strahlen interferieren. Für gerade hindurch gehendes Licht (α=0)sind die Wege beider Strahlen gleich lang. Die Wellen überlagern sich konstruktiv. Für zweiparallele Strahlen, die um einen Winkel α geneigt sind, unterscheiden sich die Wege. Nachdem Satz von Malus sind die Wege von der Lichtquelle gerechnet bis zu einer Wellenfrontgleich. Der Gangunterschied ist also nach Abb. 112

g = a sinα

und der erzeugte Phasenunterschied

ϕ2π

=gλ , ϕ = 2π

λ a sin α

Für g = n · λ mit n = 0, 1, 2, ... interferieren die Strahlen konstruktiv, für g = (2n+1)λ/2 de-struktiv. Die Intensitätsverteilung ergibt sich aus dem Zeigerdiagramm von Abb. 113

Abb. 113: Zeigeraddition von Schwingungen

Eres = 2E cos ϕ/2 = 2E cos πaλ sin α

Die Intensität I ∼ E2

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I = I0cos2 πaλ sin α

I0 ist die Intensität bei α = 0. Der Intensitätsverlauf ist also für kleine α eine cos2-Funktion.

Abb. 114: Intensitätsverteilung beiInterferenz zweier punktförmigerLichtquellen

Die Abhängigkeit von der Ortskoordinate x auf dem Schirm erhält man aus der in Abb. 114abzulesenden Beziehung x = α · f.

Dunkelheit liegt vor, wenn g in Abb. 112 gleich λ/2 ist.

πaλ sin α d = π

2, d.h. sin α d = λ/2

a

Der Abstand der Streifen wird also um so größer je kleiner der Abstand der Quellen und jegrößer die Wellenlänge ist. Damit überhaupt Streifen erzeugt werden, muß allerdings nach obi-ger Konstruktion die Wellenlänge kleiner als der Spaltabstand sein.

c) Kohärenz

Natürliches Licht ist nicht sinusförmig, da aufgrund des Emissionsmechanismus die Phasefluktuiert. Überlagert man nacheinander jeweils zwei Wellen, wobei die Phase von mal zu malstatistisch verändert wird, so verschwindet im Zeitmittel der cos -Term aus dem Kosinussatz.ϕ

Eres2 = E1

2 + E22 + 2E1E2cos ϕ

Für 2 Wellen gleicher Intensität erhält man

⟨Eres2 ⟩ = 2E2, Ires = 2I

Bei mehreren Quellen addieren sich also die Intensitäten. Bei der Überlagerung von N Wellenmit zufälliger Phase ergibt sich in der komplexen Ebene das Bild des "random walk", den etwaein Betrunkener gehen würde, wenn er nach jedem Schritt der Weite S seine Richtung

Abb. 115: Überlagerung von n Wellen mit statistischerPhase

unvorsehbar ändert. Er entfernt sich von seinem Ausgangspunkt um L2 = NS2, d.h. L = NBei einer festen Phase = 0 ergäbe sich statt dessen Eres = E1+E2, Eres

2 = 4E2, Ires = N2I.ϕ

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Abb. 116: Kohärenz

Der Energiesatz bleibt dadurch gewahrt, daß die Energie im Raum nicht gleichmäßig verteiltist. Wellen verhalten sich bei der Überlagerung also sehr unterschiedlich, je nachdem, ob mankonstante Phasendifferenzen angeben kann oder nicht. Wir sagen, eine Welle ist kohärent,wenn man für bestimmte Zeit- und Ortsdifferenzen Phasendifferenzen angeben kann. Sinusför-mige unendlich ausgedehnte Wellen sind kohärent. Das natürliche Licht ist nur für ein be-grenztes Raum-Zeitintervall kohärent, z.B. wenn die Lichtquelle eine geringe Ausdehnung hatund ihr Licht in großer Entfernung beobachtet wird. Laser haben eine wesentlich bessereKohärenz.

Abb. 117: Formale Definition der Kohärenzlänge

Einen quantitativen Ausdruck für die Güte der Kohärenz liefert die Autokorrelationsfunktion

F(ξ) = ∫ f(x)f(x − ξ)dx

∫ f2(x)dx

d) Klassische Interferenzversuche

Historisch waren Interferenzversuche von Bedeutung, da sie den uralten Streit über die Naturdes Lichtes zugunsten von Wellen zu entscheiden schienen Die ersten Interferenzversuchewurden mit natürlichem Licht gemacht. Wegen der schlechten räumlichen und zeitlichen Ko-härenz muß von einer möglichst punktförmigen Quelle ausgegangen werden, deren Licht auf-gespalten wird, so daß es von zwei virtuellen Quellen herzukommen scheint.

Abb. 118: Interferenzversuch von Th. Young

Abb. 119: Das Fresnelsche Biprisma

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Die klassischen Anordnungen sind der Doppelspaltversuch nach Young, (Th. Young1773 -1829).das Biprisma nach Fresnel, der Doppelspiegel nach Fresnel und die Interferenz andünnen Schichten wie man sie bei Ölflimen auf Wasseroberflächen beobachten kann.

Abb. 120: Der Fresnelsche Doppelspiegel

Bei dünnen Schichten wird die Interferenz des Lichtes, das an der Ober- und Unterseite desFilmes reflektiert wird, ausgenutzt (Abb. 121). Die Formeln werden besonders einfach, wennman als Variable neben der Wellenlänge des benutzten Lichtes λ und der optischen Weglängeder Schicht n · d den Neigungswinkel der Strahlen in der Schicht einführt. Dieser Läßt sichαdann leicht mit Hilfe des Snelliusschen Brechungsgesetzes auf den Einfallswinkel zurückfüh-ren. Der Gangunterschied zwischen Strahl (1) Punkt B und (2) Punkt C in Abb. 121 istg12 = nd cos α, der gesamte Gangunterschied zwischen Strahl (1) und (3) g13 = 2 nd cosα.

Abb.121: Interferenz an einer dünnen Schicht

Die Intensität der Interferenzfigur ist daher von α, d, λ abhängig. Entsprechend gibt es Interfe-renzstreifen gleicher Neigung oder gleicher Dicke. Bei weißem Licht werden bestimmte Wel-lenlängen verstärkt, andere abgeschwächt. Es entsteht eine farbige Interferenzerscheinung. In-terferenzstreifen gleicher Dicke sind z.B. die Newtonschen Ringe, die auftreten, wenn eine ge-wölbte Fläche eines durchsichtigen Materials, z.B. eine Linse mit einer ebenen Fläche einerGlasplatte einen Luftspalt bildet. Man kann sie z.B. verwenden, um die Güte solcher Flächenzu überprüfen. Streifen gleicher Neigung beobachtet man durch Beleuchten einer dünnen Plat-te, z.B. aus Glimmer, mit einer punktförmigen Lichtquelle.

Da Auslöschung bzw. Verstärkung bei einem bestimmten Einfallswinkel auftreten und die An-ordnung symmetrisch um das Lot der Lichtquelle auf die Schicht ist, beobachtet man Kreise.Weit außerhalb des Zentrums entsteht ein System paralleler Streifen.

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Abb. 122: Warum beobachtet man Interferenzringe?

e) Interferometer

Abb. 123: Das Michelson Interferometer

Die Interferenz an planparallelen Platten nutzt man in Interferometern zu Meßzwecken aus. Invielen Fällen geht es um die Bestimmung des Brechungsindexes n in einer Probe über den op-tischen Weg ng (g = Gangunterschied). Da n-1 in Gasen der Teilchenzahl proportional ist, las-sen sich Teilchendichten bestimmen, bei Kenntnis des Druckes p = n* · kT Temperaturen, z.B.in Flammen (n*: Teilchen pro Volumen). Um dies bequem durchführen zu können, spaltetman den Strahl mit einem Strahlteiler, z.B. einer teilverspiegelten Platte in zwei Strahlen aufwie beim Michelsoninterferometer (Abb. 123) und beim Mach-Zehnder Interferometer(Abb. 124)

Abb. 124: Das Mach-Zehnder Interferometer

Das Michelsoninterferometer ist berühmt, da hiermit Michelson versucht hat, die Relativge-schwindigkeit des Lichtes gegen den damals vermuteten Äther zu messen. Der negative Aus-gang des Experimentes hat Anstoß zur Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie gegeben.Da kleinste Verrückungen sich als Streifenverschiebungen bemerkbar machen, muß der Auf-bau mechanisch und thermisch sehr stabil sein. Die Empfindlichkeit wird durch steile Flankenin der Intensitätsverteilung erhöht, die man durch Interferenz vieler Strahlen erzeugt. Bei Ver-ändern der benutzten Wellenlänge verändert sich die Lage der Streifen. Man kann ein Inter-ferometer daher als Frequenzanalysator, d.h. Spektrometer benutzen. Die einfachste Anord-nung ist eine an beiden Flächen teilverspiegelte Platte mit außerordentlich ebenen Oberflächen,

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Abb. 125: Das Fabry Pérot Interferometer

ein sogenanntes Fabry Pérot Interferometer oder Etalon (Charles Fabry 1867 - 1945, Jean Bap-tiste Pérot 1863 - 1925)

f) Vielstrahlinterferenz

Wir betrachten die Interferenz von N Wellen gleicher Amplitude und gleicher gegenseitigerPhasendifferenz wie sie etwa von einer Anordnung von N sehr schmalen Spalten mit gegen-ϕseitigem Abstand a, die mit parallelem Licht bestrahlt werden, realisiert werden kann.

Abb. 126: Vielstrahlinterferenz an N Spalten

Die Phasendifferenz ergibt sich nach Abb. 126 zu

ϕ2π = a sin α

λ , ϕ = 2πaλ sin α

Abb. 127: Zeigerdiagramm für vier Wellen

Das Zeigerdiagramm zeigt Abb. 127, dabei ist R eine Hilfsgröße, Die Figur ist bezüglich desMittelpunktes M symmetrisch in dem Sinne, daß jeder Sektor aus dem vorhergehenden durchDrehung um hervorgeht.ϕ

E = R sin ϕ/2

Die Feldstärke bei konstruktiver Überlagerung aller N Strahlen ist

E0 = NE = 2NR sin ϕ/2

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Die resultierende Feldstärke erhält man aus dem rechtwinkligen Dreieck MAB

Eres = 2R sin Nϕ/2

und die Intensitätsverteilung durch Dividieren und Quadrieren:

Eres

E0

2

=

sin (Nϕ/2)N sin ϕ/2

2

Abb. 128: Intensitätsverteilung bei Interferenz von 4Strahlen mit gleicher gegenseitiger Phasendifferenz

Abb. 128 zeigt die Intensitätsverteilung in der Interferenzfigur für 4 Strahlen. Die Zeigerdia-gramme zu ausgezeichneten Phasenverschiebungen sind angedeutet. Die Intensitätsverteilungergibt 0, wenn Zähler 0 und Nenner 0 ist. Dies ist für der Fall, wo-≠ Nϕ/2 = πk und ϕ/2 ≠ πk /

bei k und k' ganze Zahlen sind. Für Zähler und Nenner Null geht der Grenzwert gegen 1. Diesergibt die Hauptmaxima bei . Je mehr Strahlen interferieren, desto mehrϕ = 0 und ϕ = 2πNullstellen liegen zwischen , d.h. umso schmaler werden die Hauptmaxima.ϕ = 0 und ϕ = 2πDaß die Empfindlichkeit, mit der I auf eine Änderung der gegenseitigen Phasendifferenz rea-giert mit N wächst, erkennt man am besten am Zeigerdiagramm: Bei der Addition vieler Zei-ger mit gegenseitiger Phasenverschiebung ändert sich die Länge des resultierenden Zeigersϕviel stärker bei einer Anregung von als bei der Addition von 2 Zeigern. Da bei den Neben-ϕmaxima der Zähler etwa 1 ist, geht ihre Höhe mit 1/N2, d.h. die Nebenmaxima werden mit zu-nehmender Anzahl der interferierenden Strahle kleiner.

Man verwendet Anordnungen mit vielen parallelen Spalten als sogenannte Beugungsgitter zurSpektroskopie.

2. Fraunhoferbeugung (Joseph Fraunhofer 1787 - 1826)

a) Einleitung

Beugung ist die Abweichung von geradlinigen Strahlen hinter Hindernissen wie Blenden. Ma-thematisch bestimmt man sie, indem man die Blende in Flächenelemente A unterteilt und den∆Flächenelementen Lichtquellen zuordnet, die im allgemeinen unterschiedliche Phasenlagenund Amplituden am Ort ihrer Überlagerung aufweisen. Die Intensitätsverteilung ergibt sichnach dem Grenzübergang . Am einfachsten ist die Beugung im parallelen Licht zu be-∆A→ 0handeln (Abb. 129). Man nennt sie Fraunhoferbeugung. Befindet sich Lichtquelle oder Schirmoder beides im Endlichen, spricht man von Fresnelbeugung.

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Abb. 129: Fraunhofer- und Fresnelbeugung

b) Fraunhoferbeugung am Spalt

Abb. 130: Fraunhoferbeugung am Spalt

Da es sich um Fraunhoferbeugung handeln soll, interferieren alle Strahlen, die den Spalt ingleicher Richtung verlassen. Durch Unterteilen des Spaltes in N Streifen gleicher Breite erhältman wie bei der N-Strahl Interferenz als Zeigerdiagramm einen Polygonenzug. Im Grenzüber-gang wird aus dem Polygonenzug ein Kreisbogen. Die Neigung zwischen den Tan-∆A → 0genten am Anfang und Ende des Kreisbogens ist durch den Phasenunterschied zwischen denRandstrahlen gegeben.

g = b sin α

ϕ2π

=gλ

ϕ = b2πλ sin α

Der gleiche Winkel tritt an der Spitze des Sektors auf, daher erhält man für die resultierendeFeldstärke

Er = 2R sin ϕ/2

E0 = Rϕ

Ir

I0=

Er

E0

2

=

sin ϕ/2ϕ/2

2

In Abhängigkeit von α ergibt sich eine Kurve wie in Abb. 131 (sinc-Funktion).

80

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Abb. 131: Intensitätsfunktion für Beugung am Spalt

Die erste Dunkelheit liegt bei

α = α d

πbλ sin α d = π

sin α d = λb

Abb. 132: Anschauliche Herleitung der ersten dunkelenZone

Anschaulich kommt man zu diesem Ergebnis, indem man die Teilspalte in 2 Gruppen anordnetund jedem Spalt aus der Gruppe (1) einen zweiten aus der Gruppe (2) zuordnet, der eine halbeSpaltbreite entfernt ist. Dann interferieren die beiden Mitglieder eines Paars destruktiv, wennder Phasenunterschied ihrer Erregung auf dem Schirm ist.π

c) Kreisblende

Bei einer Kreisblende bildet man wegen der Symmetrie am besten ringförmige Elementarflä-chen. Da diese unterschiedliche Größe haben, kommt man mit der für Spalte verwendetenKonstruktion nicht weiter. Man bildet die Summe

,∼E= Σ eiϕ∆A

die zu einem Integral führt, das durch die Besselfunktion erster Ordnung dargestelltJ1(ϕ/2)werden kann.

Abb. 133: Geeignetes Flächenelement bei einer Kreis-blende

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Statt , erhält manII0

sin ϕ/2ϕ/2

2

II0

J1(ϕ/2)ϕ/2

2

Die dunklen Ringe liegen bei den Nullstellen dieser Besselfunktion:

ϕ/2 = 1, 22π; 2, 233π; 3, 238π

Die Größe der Beugungsfigur läßt sich abschätzen, indem man den Mittelwert bildet aus derGröße der Beugungsfigur des um- und inbeschriebenen Quadrats, wobei man diese mit der vonSpalte gleicher Öffnung gleich setzt:

Abb. 134: Abschätzung der Größe der Beugungsfigur aneiner Kreisblende durch das Ergebnis für den Spalt

sin α 1 = λa1

= λD

(D = a1 = 2r)sin α 2 = λa2

= λD/ 2

Mittelwert:

sin α = 0.6λr

d) Das Auflösungsvermögen

Durch die Beugung einer Welle am Rand einer Linse wird selbst bei Abwesenheit aller Lin-senfehler ein Punkt in ein Scheibchen abgebildet. Zwei Punkte, die so nahe nebeneinander lie-gen, daß ihre Beugungsscheibchen sich überlappen, lassen sich nicht mehr trennen. Da dieGröße des Beugungsscheibchens proportional λ/r ist, wird das Auflösungsvermögen um sobesser, je kleiner λ und je größer r ist. Für Radioteleskope, die mit sehr großen Wellenlängenarbeiten, benötigt man große Öffnungen.

Abb. 135: Beugung an der Pupille

Beim Auge mit einem Blendenradius von ergibt sich für r ≈ 2 ⋅ 10−3m

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.λ = 5 ⋅ 10−7m

α min ≈ λ2r

= 5 ⋅ 10−7

⋅ −3≈ 10−4

Abb. 136: Die Größe des Beugungsscheibchens aufder Retina

Dies ist ein Abstand von 1 cm in der Entfernung 100 m. Das Auge ist so aufgebaut, daß derAbstand der Detektoren auf der Retina dem durch die Optik bestimmten Auflösungsvermögenentspricht.

Beim Mikroskop begrenzt die Blendenöffnung des Objektivs das Auflösungsvermögen. Dieminimal auflösbare Winkeldifferenz ist

sin α d = 0, 6λR

Daraus ergibt sich die kleinste auflösbare Struktur zuamin

f= 0, 6λ

R

amin = 0, 6λfR

Maßgeblich ist also die maximale Apertur des Objektivs. Da diese in der Größenordnung von1 liegt, kann man Strukturen bis herab etwa zur Größe der Wellenlänge auflösen. Zu einemsehr ähnlichen Ergebnis für das Auflösungsvermögen kommt man mit einer fourieroptischenBetrachtung des Abbildungsverhaltens des Mikroskopes (s. Abschnitt f) in diesem Kapitel).

e) N Spalte

α) 2 Spalte

Abb. 137: Spalte endlicher Breite

Wir betrachten jetzt im Gegensatz zum vorigen Abschnitt Spalte endlicher Breite. Die Feld-stärke an einer Stelle des Schirmes, d.h. bei einem bestimmten α, ergibt sich aus der Summe

83

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der Feldstärken, die von jedem Spalt einzeln erzeugt werden. Die Beugungsfigur eines Spaltes

ist E1

E0=

sin ϕ/2ϕ/2

mit ϕ/2 = πb sin αλ

Abb. 138: Zeigerdiagramm für zweiSpalte endlicher Breite

Die Beugungsfigur beider Spalte ergibt sich aus der Überlagerung der Resultierenden derEinzelspalte

Er = 2E cos ϑ /2 (E = E1 = E2 )

mit ϑ2

= πa sin αλ

Die Intensitätsverteilung der Beugungsfigur eines Doppelspaltes wird also insgesamt

II

=

sin ϕ/2ϕ/2

2

(cos ϑ /2)2

Abb. 140: Die Intensitätsverteilung der Beugungs-figur zweier Spalte endlicher Breite

Der zweite Term beschreibt die feine Struktur. Sie ist identisch mit dem Interferenzbild vonzwei punktförmigen Lichtquellen. Die Beugung an den Einzelspalten moduliert dieseVerteilung

β) N Spalte

Durch die Addition der Erregung von N Spalten erhält man wie bei N punktförmigenLichtquellen

EN

E0= sin Nϑ /2

N sin ϑ /2

mit ϑ /2 = πaλ sin α

Die Einhüllende bleibt wie beim Einzelspalt

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sin ϕ/2ϕ/2

Die Gesamtverteilung ist also

IN

I0=

sin ϕ/2

ϕ/2

2

sin Nϑ /2N sin (ϑ /2)

2

Abb. 141 Beugungsfigur bei Vielstrahlinterferenz

Die feine Struktur wird durch die Beugung an der Begrenzung der gesamten Spaltanordnungerzeugt, die grobe Struktur durch Beugung am Einzelspalt. Durch Manipulation am Einzels-palt, z.B. durch spezielle Formgebung der Rillen eines Gitters kann man die Einhüllende ver-ändern, so daß z.B. die größte Intensität in eine vorgegebene Beugungsordnung fällt, oder daßeine bestimmte Anzahl von Beugungsordnungen gleiche Intensität haben, alle anderenwegfallen.

γ) Winkeldispersion und Auflösung eines Gitters

Gitter werden in der Spektroskopie zur Frequenzanalyse eingesetzt. Wichtige Größen, die in

diesem Zusammenhang interessieren, sind die Winkeldispersion und das Auflösungsver-dαdλ

mögen , wobei die kleinste Wellenlängendifferez ist, die man noch gerade trennenλ∆λ ∆λ min

kann.

Abb. 142: Die Winkeldispersion eines Gitters

Die Winkeldispersion ermitteln wir aus Abb. 142, wobei wir zulassen, daß ein Gangunter-schied von n0 Wellenlängen zwischen zwei benachbarten Wellen auftritt. n0 heißt die Beu-gungsordnung. Ein Intensitätsmaximum erscheint unter dem Winkel

sin α max = n ∗ λa

Durch Differentiation erhält man

cos αdα =n0

a dλ

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(1)dαdλ

=n0

a cos α

Für ein Gitter mit 1200 Strich pro mm bei senkrechtem Einfall erster Beugungsord-(α = 0)nung und einer Brennweite des abbildenden Systems von 0,5 m erhält man typischer-(n = 1)weise .dλ/dx = 16nm/mm

Das Auflösungsvermögen wird durch die Breite der feinsten Struktur in der Beugungsfigur ge-geben. Ihre Intensitätsverteilung ist

I(α) ∼ sin (Nϑ /2) mit ϑ /2 = πaλ sin α

Das Argument im Sinus wird damit

x = Nπaλ sin α

Bei kleinen Veränderungen der Richtung

dx = Nπaλ cos αdα

Eine Nullstelle liegt vor bei

dx = π

d.h. (2)dα = λNa cos α

Aus (1) und (2) ergibt sich das Auflösungsvermögen

λ∆λ = n0

∗ N

Man erkennt, daß für das Auflösungsvermögen neben der Beugungsordnung die Gesamtzahlder Striche maßgebend ist. Ein Spektrograf kann also nur dann sein maximales Auflösungsver-mögen bringen, wenn sein Gitter voll ausgeleuchtet ist.

f) Fraunhoferbeugung als Fouriertransformation

Zur Berechnung der Beugungsfigur betrachten wir einen etwas allgemeineren Fall: In einerEbene, die durch die Koordinate ξ beschrieben wird, sei eine Feldstärkeverteilung E (ξ) vorge-geben. Bei Vorliegen eines Spaltes wäre E(ξ) eine Rechteckverteilung, die innerhalb derSpaltöffnung einen konstanten Wert annimmt, außerhalb verschwindet. Die Öffnung werde inStreifen gleicher Breite ∆ξ unterteilt.

Abb. 143: Nochmal Beugung am Spalt

Die resultierende Feldstärke für alle Strahlen, die die Öffnung unter einem gewissen Winkel αverlassen, ist dann

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∼Er = ∆ξ(E0eiϕ0 + E1eiϕ1 + E2eiϕ2 + ...)

wobei der Phasenwinkel durch den Gangunterschied zwischen dem Strahl Nr. 0 und demϕ n

an der Stelle ξ gegeben ist

aus und folgtϕ2π =

g(ξ)λ g(ξ) = ξ sin α

ϕ =2πξλ sin α ∼

ξλ

2πα

E(α) = ∆ξ Σ Enei(ξ/λ)2πα = λ Σ E(s)eis2πα∆s

mit s = ξ/λ. Nach dem Grenzübergang erkennt man, daß E(α) die Fouriertransformier-∆s → 0te von E(s) ist.

Beispiele:

Die Verteilung von E über einem Spalt ist eine Rechteckfunktion E(s) ~Rect(s/b). Die Fourier-

transformierte einer Rechteckverteilung ist , wie wir früher mit der geometrischenE(x) ∼ sin kxx

Methode ermittelt haben. Ein Gitter mit sinusförmiger Amplitudenverteilung E(s)~sin ks hateine einzige Frequenz. Die Fouriertransformierte ist daher eine -Funktionδ

E(x) ∼ δ (x − x0)

Ein solches Gitter beugt das Licht nur in eine bestimmte Richtung.

Die Beugung an einer zweidimensionalen Struktur führt also zu einer zweidimensionalen Fou-riertransformation dieser Struktur. Man nutzt diese Eigenschaft bei der Bildverarbeitung aus,um durch Manipulationen im Fourierraum Verbesserungen der Darstellung zu erzielen. Sokann man durch Blenden in der Fourierebene höhere Fourierkomponenten herausfiltern und sodas Bild glätten. Hinzfügen von lokalen Phasenverschiebungen kann den Kontrast verbessernusw.. Als Beispiel betrachten wir die Abbildung beim Mikroskop nach Abbé (Ernst Abbé1890-1905)

Abb. 144: Auflösungsvermögen des Mikrosko-pes nach Abbé

Da wir uns nach Fourier jedes Objekt als Überlageruung von sinusförmigen Amplitudenvertei-lungen mit unterschiedlichen Raumfrequenzen vorstellen können, betrachten wir speziell eingitterförmiges Objekt. Nach Abb. 144 erzeugt das Objektiv hiervon ein vergrößertes Bild B.Andererseits führt die Beugung an dem Gitter zu einer Beugungsfigur in der Fourierebene.Diese besteht aus den Beugungsmaxima. Im Rahmen der Wellenoptik kann man das Bild Bnun auch als Interferenzfigur der Sekundärquellen in der Fourierebene auffassen. Man erkennt,

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daß ein solches Interferenzmuster nur dann erzeugt werden kann, wenn mindestens neben demHauptmaximum ein Nebenmaximum in das Objektiv fällt, d.h.

λα min

= Rf

→ αmin = λfR

in größenordnungsmäßiger Übereinstimmung mit unserem früheren Ergebnis.

3. Fresnelbeugung

Fresnelbeugung liegt vor, wenn mindestens eins der beiden - Lichtquelle oder Beobachter - ei-ne endliche Entfernung zur beugenden Struktur hat. Gegenüber der Fraunhoferbeugung wirddie Rechnung im wesentlichen durch zwei Tatsachen erschwert:

Abb. 145: Zur Geometrie beim Kirchhoffschen Beugungs-integral

Es treten bei den einzelnen Flächenelementen unterschiedliche Winkel zwischen Flächennor-malen und Abstrahlrichtung auf. Die Fläche hat eine gewisse Richtcharakteristik, die wir mit

bezeichnen. Dadurch, daß die einzelnen Strahlen unterschiedlich lang sind, ist die Licht-θ(ϑ)intensität der Elementarwellen am Ort der Beugungsfigur unterschiedlich. Man geht von ku-gelförmigen Elementarwellen aus mit I~1/r2 und setzt daher den Ortsfaktor für die Feldstärke~1/r.

Die Beugungsfigur ergibt sich dann nach Kirchhoff (Gustav Kirchhoff 1824-1887) durch Inte-gration über die gesamte beugende Öffnung

Eres = E0∫ ∫ 1r θ(ϑ)ei ϕ (ξ, η)dξdη

Dieses Integral nennt man das Kirchhoffsche Beugungsintegral. Eine genauere Herleitung er-gibt sich aus der Beugungstheorie.

Nach Fresnel kann man die Ausbreitung von Licht von einer punktförmigen Quelle zum Beob-achtungspunkt P so beschreiben: Wir betrachten eine Wellenfront, die bis zu einer Entfernungg fortgeschritten ist. Die Interferenz der Erregungen, die von den Flächenelementen dA aufdieser Wellenfläche ausgehen, ergeben die Gesamterregung in P. Um diese leichter behandelnzu können, unterteilen wir die Wellenfront in ringförmige Zonen. Im folgenden betrachten wirdie Einfachheit halber einen Fall mit unendlich entfernter Quelle . Die Breite der Zonenq → ∞wird so gewählt, daß sich für Licht, das von ihren Begrenzungen ausgeht, ein Phasenunter-schied von genau ergibt.λ/2

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Abb. 146: Ausbreitung von Licht nach Fresnel

Abb. 147: Konstruktion der Fresnelschen Zonen

d.h. rn = rn-1+λ/2

r1 = r0+λ/2

r2 = r0+2λ/2

·

·

·

rn = r0+nλ/2

Der Radius für die innere Begrenzung der nten Zone Rn ist dann

Rn2 = rn

2 − r02 = (r0 + nλ/2)2 − r0

2 = nr0λ

wenn man den um λ/r0 kleineren Term n2λ2/4 vernachlässigt.

Der Flächeninhalt einer Zone ist

∆A = π Rn

2 − Rn−12

= πr0λ

und damit für alle Zonen gleich. Durch die Faktoren und 1/r erhält man für das Zeigerdia-θ(ϑ)gramm kleine Abweichungen vom Kreis, d.h. eine Spirale (Abb. 148).

Zeichnet man die Erregung durch das Licht, das durch die Mitte der Figur tritt bei A, so ist derBeitrag des äußeren Randes der Fresnelzone Nr. 0 bei B, da hier ein Gangunterschied von λ/2gegenüber dem Zentrum besteht. Die Zone Nr. 1 macht einen negativen Beitrag, da ihre Erre-gung am Rand eine Phasendifferenz von gegenüber der am Rand der nullten Zone hat. Manπerreicht den Punkt C. Die Beiträge der äußeren Zonen werden immer kleiner. Die

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Abb. 148: Das Zeigerdiagramm bei Fresnelbeugung

Gesamtfeldstärke konvergiert gegen einen Wert, der etwa halb so groß wie die Erregung dermittleren Zone ist.

Eres = E0 − E1 + E2 − E3 + ...

= E0

2+

E0

2− E1 + E2

2

+

E2

2− E3 + E4

2

+ ...

Die Zusammenfassung ist so vorgenommen worden, daß sämtliche eckigen Klammern ver-schwinden, da der Mittelwert der Erregungen von zwei Zonen den Wert der Erregung der da-zwischenliegenden Zone ergibt.

Eres ≈ E0/2

Eine Lochkamera kann man jetzt als eine Vorrichtung betrachten, die die Intensität verstärkt.Die Größe des Loches muß dem Radius der nullten Fresnelschen Zone entsprechen.

R1 = r0λ

Die Feldstärke im Bild ist dann doppelt so groß wie ohne Loch, die Intensität 4 mal so groß.

Abb. 149: Wirkungsweise der Fresnelschen Zonenplatte

Blendet man alle Zonen mit negativem Beitrag aus, so erhält man die sogenannte FresnelscheZonenplatte. Sie hat Abbildungseigenschaften wie eine Linse und wird als solche eingesetzt,wenn Linsen nicht herstellbar sind wie im Röntgenbereich. Als Unterschied zu Linsen ergebensich aufgrund der verschiedenen Beugungsordnungen mehrere Brennweiten. Um die Fresnel-beugung an Spalten und dergleichen zu beschreiben, unterteilt man die sekundäre Wellenfrontin gerade Streifen, wobei die Bedingung für die Berandung gleich bleibt

rn = rn−1λ/2

Abb. 150: Fresnelbeugung an einer Halbebene

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Abb. 151: Die Cornu-Spirale

Das Zeigerdiagramm ist die sogenannte Cornu-Spirale. Beginnt man in dem Fußpunkt des Lo-tes vom Beobachtungspunkt P auf die Fläche, startet man im Zeigerdiagramm bei A. Die Bei-träge der rechten Hälfte der Ebene liegen auf dem rechten Ast der Spirale und konvergierenbei der hier durchgeführten Normierung gegen den Punkt (1,1), die Beiträge der linken Hälftegegen (-1,-1). Der Beitrag der abgedeckten Zonen wird im Punkt S abgeschnitten. Für Beob-achtungsorte im Öffnungsbereich der Blende ist S auf dem linken Ast, die Spitze von Er imKonvergenzpunkt des rechten Astes. Er hat Maxima und Minima. Für den Schattenbereich istS ebenfalls auf dem rechten Ast. Er ändert sich monoton. An der Schattengrenze A erhält mandie Hälfte der Feldstärke, die man ohne Blende erreicht. Die Intensität ist also 1/4.

Abb. 152: Intensitätsverteilung für Fresnelbeugung aneiner Halbebene

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KAPITEL G

Anwendungen

1. Grundzüge der Spektroskopiea) EinleitungDie Spektroskopie befaßt sich mit der Frequenzanalyse von Licht. Die hohe Präzision

, zu der diese Methode im vorigen Jahrhundert entwickelt worden ist, hat die(λ/∆λ ∼ 106)sehr genaue Ausmessung der von Atomen und Molekülen ausgesandten Frequenzen geführtund damit den Weg zur modernen Quantenmechanik geebnet. Heute interessiert neben dergenauen Lage von Spektrallinien die Intensitätsverteilung und die Gesamtintensität, die einAtom innerhalb einer Spektrallinie emittiert. Zur Messung dieser Größen dient ein Spektro-graf. Im folgenden wird der Aufbau von Spektrografen erläutert.

b) Aufbau eines Spektrografen

Abb. 153: Das dispersive Element imSpektrografen

Die zentrale Komponente eines Spektrografen ist das dispersive Element, das Licht mit unter-schiedlichen Frequenzen verschieden stark ablenkt. Dies kann ein Prisma sein, in dem mandie Abhängigkeit des Brechungsindexes von der Wellenlänge ausnutzt, oder eine Anordnungzur Vielstrahlinterferenz wie ein Beugungsgitter oder ein Fabry-Pérot Etalon.

Abb. 154: Spektrograf ohne Optik wie beiNewton

Benutzt man wie Newton (Isaac Newton 1643-1727) ein Prisma (oder Gitter) ohne weitereAbbildungsoptik, so ist für große Lochdurchmesser der Eingangsblende das Auflösungsver-mögen durch die Lochgröße bestimmt. Verringert man den Lochdurchmesser, so bestimmt abeiner bestimmten Lochgröße der Winkeldurchmesser der Lichtquelle, bei Newton der Sonne,den Fleckdurchmesser. Dies kann durch Einfügen einer Linse, die die Eingangsblende aufdem Schirm abbildet, verbessert werden. Um ohne Verlust des Auflösungsvermögens mehrLicht zur Verfügung zu haben, verwendet man statt der Kreisblende einen Spalt senkrecht zurDispersionsrichtung. Das Bild des Spaltes bestimmt die Form der Spektrallinie. Bei großenÖffnungen kann das Bild des Spaltes in eine gekrümmte Linie verzerrt werden.

Eine weitere Verbesserung ist dadurch möglich, daß alle Strahlen einer Wellenlänge das Pris-ma oder das Gitter parallel durchlaufen. Da die Ablenkung vom Einfallswinkel abhängt, wür-den bei divergierenden Strahlenbündel unterschiedliche Ablenkungen auftreten. Man

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Harald Schüler
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verwendet also eine Kollimatorlinse, die die vom Spalt ausgehenden Strahlen parallel machtund eine Kameralinse, die die Strahlen auf einem Schirm oder Detektor sammelt.

Abb. 155: Aufbau eines Spektro-grafen

In den einfachsten Anordnungen, den sogenannten Spektroskopen, benutzt man das Auge,das man auf die Schirmebene fokussiert, als Detektor. Zur Aufnahme eines spektralen Berei-ches verwendet man Photoplatten, die dann photometrisch ausgewertet werden müssen oderDiodenzeilen. Photoplatten enthalten auch heute noch am meisten Information. EmpfindlicheDetektoren mit einer großen internen Verstärkung sind Photomultiplier.

Abb. 156: Aufbau eines Photomultipliers

In ihnen löst man durch den äußeren Photoeffekt an einer metallischen Oberfläche Elektronenaus, beschleunigt sie und läßt sie auf weitere Metallflächen auftreffen, wo das Signal über dieAuslösung von Sekundärelektronen verstärkt wird. Für unterschiedliche spektrale Bereichestehen spezielle Detektoren zur Verfügung. Bei der Benutzung eines einzelnen Detektorswird vor diesem ein zweiter Spalt, der Austrittsspalt, angebracht. Der Spektralapparat arbeitetals Monochromator. Zur Untersuchung des Intensitätsverlaufs über die Wellenlänge wird dasSpektrum über den Spalt geführt.

Gitterspektrografen haben gegenüber Prismaspektrografen zwei wesentliche Vorteile: DieDispersion ist verhältnismäßig schwach von der Wellenlänge abhängig, und man benötigtkeine Linsen, die aufgrund ihrer spektralen Durchlässigkeitsbereiche den zugänglichen Spek-tralbereich begrenzen. Glas ist unterhalb 380 nm undurchlässig, Quarz unterhalb 200 nm. Indiesem Bereich absorbiert auch die Luft, so daß Spektrografen evakuiert werden müssen.

Abb. 157: Gitterspektrograf in Rowland Aufstellung

Bringt man die Gitterstriche auf einem Hohlspiegel an, benötigt man überhaupt keine abbil-denden Komponenten neben dem Gitter. Die klassische Gittermontierung für diesen Fall istdie Paschen-Runge Aufstellung. Hier montiert man Gitter und die beiden Spalte auf einem

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Kreis, dem sogenannten Rowlandkreis, dessen Durchmesser gleich dem Radius des Krüm-mungskreises des Gitters ist.

Abb. 158: Spektrograf in Wadsworth Aufstellung

In der Wadsworth-Aufstellung hat man einen weiteren Hohlspiegel zur Abbildung des Ein-trittsspaltes auf dem Austrittsspalt. Eine häufig im Laborbetrieb benutzte Gitteranordnung istdie Ebert-Aufstellung, in der ein Plangitter mit zwei Hohlspiegeln als Kollimator und Kamerabenutzt werden (H. Ebert 1891). Zur Verstellung der Wellenlänge wird das Gitter verdreht.

Abb. 159: Spektrograf in Ebert Aufstellung

c) Die förderliche SpaltbreiteDas Auflösungsvermögen eines Spektrografen ist bei großen Breiten des Eintrittsspaltesdurch die Breite des Bildes des Eintrittspaltes in der Detektorebene bestimmt. Üblicherweisehat man eine 1:1 Abbildung und die Breiten von Spalt und Spaltbild sind gleich (S). Bei klei-nen Breiten des Eintrittsspaltes, kurz Spaltbreite genannt, überwiegt die Breite der Beugungs-figur durch die im vorigen Kapitel behandelte Vielstrahlinterferenz. Für erhält man dasS → 0maximale Auflösungsvermögen eines Gitterspektrografen. Dieses ist durch die Breite derFeinstruktur in der Beugungsfigur des Gitters gegeben.

Abb. 160: Beugung am Gitter

EE0

= sin Nϑ /2Nϑ /2

mit ϑ2

= πaλ sin α

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Die erste Dunkelheit erreicht man für , d.h. wegen Nϑ /2 = π ϑ d

2π= a sin α d

λerhält man sin α d = λ

aN= λ

hDas maximale Auflösungsvermögen ist also durch die Beugung an der Gitterbegrenzung (h)bestimmt. Für die Breite in der Detektorebene ergibt sich also mit sin α d ≈ x

f

Abb. 161: Zusammenhang zwischen Winkelausdehnungund wahrer Ausdehnung des Spaltbildes

xf

= λh

, x =fλh

Die Spaltbreite, bei der das Bild des Spaltes genauso breit ist wie die Beugungsfigur, nenntman die förderliche Spaltbreite.

Sf =fλh

Es ist nicht sinnvoll, S<Sf zu wählen, da ohne Verbesserung der Auflösung Intensitätverlorengeht.

Ähnlich wie bei der Abbéschen Abbildungstheorie des Mikroskopes kann man auch die Beu-gungsfigur, die der Spalt in der Gitterebene erzeugt, betrachten.

Abb. 162: Die Beugungsfigur des Spaltes

Diese sollte nicht größer als das Gitter sein.

h/2f

= λS

S = 2fλh

Man erkennt, daß größenordnungsmäßig die gleiche förderliche Spaltbreite herauskommt.Die förderliche Spaltbreite bestimmt man experimentell, indem man den Spalt mit monochro-matischem Licht beleuchtet und die Spektrallinie in Abhängigkeit von der Spaltbreite regi-striert. Bei großen Spaltbreiten entspricht die Intensitätsverteilung dem Schatten des Spaltes.Bei

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Abb. 163: Experimentelle Bestimmung der förderlichenSpaltbreite

schmaler werdendem Spalt wird das Bild entsprechend schmaler und die Gesamtintensitätnimmt linear mit S ab. Erreicht man die förderliche Spaltbreite, kann das Bild nicht mehrschmaler werden. Die Gesamtintensität nimmt überproportional ab. Die förderliche Spaltbrei-te liegt etwa im Knick der Kurve I(s).

d) Anordnung der LichtquelleDie zu untersuchende Probe kann die Lichtquelle sein wie bei Sternen, Flammen oder Plas-men - man betreibt dann Emissionsspektroskopie - oder ein absorbierendes Medium beiAbsorptionsspektroskopie.

Abb. 164: Ausleuchtung des Gitters

Die Lichtquelle muß, um das Auflösungsvermögen des Gitters auszunutzen, das Gitter vollausleuchten. Dies ist kaum möglich, wenn man sie ohne Abbildungsoptik vor den Eintritts-spalt stellt, da dieser einen kleinen Raumwinkel ausblendet. Man bildet daher im allgemeinendie Lichtquelle auf dem Eintrittsspalt ab. In der Laserspektroskopie durchstrahlt man eineProbe mit einer Lichtquelle, die eine sehr genau definierte Wellenlänge aufweist und variiertdie Wellenlänge der Quelle.

e) Beispiel für einen LaborspektrografenUm eine Vorstellung von der erforderlichen Justiergenauigkeit zu haben, betrachten wir einZahlenbeispiel für einen kleinen Laborspektrografen:

Abb. 165: Dispersion und Auflösungsvermögen einesLaborspektrografen

f = 0,5 m, Anzahl der Striche pro Längeneinheit: N/b = 1200 Striche pro mm = ,1, 2 ⋅ 106m−1

Breite des Gitters . Die Dispersion ergibt sich nach den Ausführungen im vori-b = 5 ⋅ 10−2mgen Kapitel zu:

dλa = dx

f, dλ = dxa

f= dx b

Nffür dx = 1 mm erhält man

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dλ = 10−3 11, 2 ⋅ 106 ⋅ 0, 5

= 1, 6nm/mm

Das Auflösungsvermögenλ∆x

= Nn = 50 ⋅ 1, 2 ⋅ 103 = 6 ⋅ 104

∆x = 5 ⋅ 10−7

⋅ 4≈ 10−11 = 10−2nm = 0.1

oA

Die förderliche Spaltbreite wird

S =fλb

= 0, 5 ⋅ 5 ⋅ 10−7

⋅ −2= 0, 5 ⋅ 10−5 = 5µm

Abb. 166: Auswirkung einer Dejustierung

Nach der geometrischen Optik würde bei einer Fehljustierung des Fokus der Kameralinse um50 µm eine Linienbreite von der Größe der förderlichen Spaltbreite entstehen. Eine Fehlju-stierung von dieser Größenordnung kann man im allgemeinen nicht zulassen. Der Fokus soll-te daher besser als auf 50 µ genau justiert sein. Temperaturänderungen, aber auch rauhe Be-handlung des Spektrografen können seine vorteilhaften Eigenschaften verderben. Es ist daherhäufig erforderlich, Laborspektrografen nachzujustieren. Geprüft werden sollte:

a) Wird die Mitte des Eintrittsspaltes für alle Spektralbereiche in die Mitte des Austrittsspal-tes abgebildet?

b) Sind Eintritts- und Austrittsspalt parallel zueinander und parallel zu den Gitterstrichen?

g) Stimmt der Fokus?

Abb.167: Justierung des Fokus mit der FoucaultschenMesserschneidenmethode

Diesen überprüft man am besten mit der Foucaultschen Messerschneidemethode:

Man bestrahlt den Eintrittsspalt mit monochromatischem Licht und beobachtet die Ausleuch-tung des Gitters, indem man mit dem Auge an den Austrittsspalt geht. Bei Verdrehen derWellenlängenskala, z.B. von rot nach blau, sollte das Gitter etwa gleichzeitig auf der gesam-ten Fläche in der Farbe der betrachteten Spektrallinie aufleuchten. Bei Fehljustierung scheintein begrenztes Gebiet von Helligkeit seitlich über das Gitter zu laufen, wie in Abb. 167erläutert.

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f) Aufgaben der Spektroskopie

α) Bestimmung der Wellenlänge

Die einfachste Messung mit einem Spektrografen ist die Bestimmung der Wellenlänge. Diesist im Prinzip über die Geometrie, d.h. die Strichzahl des Gitters, die Brennweiten, Einfalls-und Ausfallswinkel möglich. In der Praxis vergleicht man heute die Lage der unbekanntenLinien mit denen von genau vermessenen Referenzlinien. Ein sehr genau vermessenes Spek-trum mit einer großen Anzahl von Linien ist das des Eisenbogens. Die genaue Vermessungder Atomlinien, z.B. der Serien des Wasserstoffspektrums, hat zur Entwicklung derAtomtheorie und damit der Quantentheorie geführt. Durch ständige Verbesserung der Meßge-nauigkeit war es möglich, Effekte zu beobachten, für deren Erklärung die klassische Quan-tenmechanik nicht mehr ausreicht, sondern relativistische Effekte (Dirac Theorie/Paul AdrienMaurice Dirac 1902-) und die Quantenfeldtheorie herangezogen werden müssen.

Über die Bestimmung der Wellenlänge ist die qualitative Analyse einer Substanz möglich.Man nimmt ein Spektrum der unbekannten Substanz auf und vergleicht mit bekannten Spek-tren. Auf diese Weise wurde das Helium im Spektrum der Sonne durch Bunsen (Robert Bun-sen 1811-1899) und Kirchhoff entdeckt. Für Alkali- und Erdalkalimetalle ist das Spektrum,das die Probe in einer Flamme abgibt, die einfachste Nachweismethode.

Da das Spektrum der meisten Moleküle im infraroten Spektralbereich liegt, analysiert man inder Chemie Substanzen mit Absorptionsspektroskopie im Infraroten. Das Molekülspektrumläßt Rückschlüsse auf Massen, Abstände und Kopplungskonstanten im Molekül zu.

β) Bestimmung von Intensitäten

Die Gesamtintensität einer Spektrallinie ist proportional zu der von ihr eingeschlossenenFläche

Abb. 168: Die Gesamtintensität einer Spektrallinie

Iges =∞

∫ I(λ)dλ

Die Messung dieser Größe erfordert die Bestimmung der Energie, die in einer gewissen Zeitausgestrahlt wird, also Kalorimetrie. In der Praxis vergleicht man mit "Normalstrahlern", d.h.Körpern, deren ausgestrahlte Intensität bekannt ist. Ein theoretisch gut vorhersagbares Spek-trum liefert ein Hohlraum bekannter Temperatur. Sekundäre Normale sind Kohlebogen undWolframbandlampe.

Abb. 169: Konzentrationsbestimmung durch Interpolation

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Ein in der Industrie häufig verwandtes Verfahren zur quantitativen Analyse besteht darin, daßman Proben mit bekannten Konzentrationen ni des zu untersuchenden Stoffes anfertigt unddie Intensität einer Spektrallinie unter definierten Bedingungen ausmißt. Die Konzentration inder Probe nx ergibt sich dann durch Interpolation. Man beachte, daß unter bestimmten Um-ständen, z.B. bei der Hohlraumstrahlung, die ausgestrahlte Intensität nicht von der Konzentra-tion der strahlenden Atome abhängt.

Abb. 170: Übergangswahrscheinlichkeiten im Atom

Unter gewissen Voraussetzungen ist auch eine absolute quantitative Analyse möglich. DieAnzahl der spontanen Übergänge zwischen zwei Niveaus wird durch die Einsteingleichunggegeben (Albert Einstein 1879-1955)

,dN2

dt= A21N2

wobei N2 die Anzahl der Teilchen im oberen Niveau und A21 der Koeffizient für spontaneEmission für den Übergang von Niveau 2 nach 1 ist, den wir als bekannt voraussetzen. ProÜbergang wird die Energie hν abgestrahlt, d.h. die gesamte Strahlungsleistung ist

.Iges = A21N2hνAus Iges kann also sofort N2 ermittelt werden. Mit Hilfe der Boltzmann-Formel (LudwigBoltzmann 1844-1906) kann man bei Vorliegen von thermischem Gleichgewicht

n2n0

= e−E2/kT

auf die Anzahl der Teilchen im Grundzustand n0 schließen, und diese ist über das Ionisations-gleichgewicht mit der Ionen- bzw. Elektronenzahl ni, ne verknüpft.

ninen0

= ne2

n0= S(T)

Außerdem ist p = ngeskT,

d.h. bei Vorliegen des thermischen Gleichgewichtes lassen sich aus der Linienintensität Teil-chenkonzentrationen und Temperatur bestimmen.

γ) Linienprofile

Die Linienprofile enthalten weitere Information, die zur Diagnostik ausgenutzt werden kann.In der Praxis treten häufig mehrere Mechanismen gleichzeitig auf, so daß das Problem darinbesteht, diese zu trennen. Im folgenden nehmen wir an, daß die Effekte isoliert werdenkönnen.

Die Teilchen in einem heißen Gas haben eine Geschwindigkeitsverteilung. Wegen des Dopp-lereffektes spiegelt sich diese im Linienprofil wider. D.h., wenn die Dopplerverbreiterungüberwiegt, ist die Breite der Linie ein Maß für die Temperatur des Gases. Setzt man imDopplereffekt für v<c die mittlere thermische Geschwindigkeit ein

vc = ∆λ D

λ mit 12

mv2 = kT

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so erkennt man, daß die typische Breite der Linie proportional zu ist.∆λ D T

Abb. 171: Stoßverbreiterung einer Spektrallinie

Durch Stöße eines leuchtenden Atoms mit Störteilchen wird ein ohne Störungen sinusförmi-ger Wellenzug in kurzzeitige sinusförmige Stücke zerhackt, dessen Fourieranalyse eine Fre-quenzverteilung mit endlicher Breite ergibt. ist proportional zur Störteilchenkonzen-∆λ s ∆λ s

tration, die also über die Linienbreite gemessen werden kann.

Benötigt man in der Spektroskopie eine Lichtquelle mit schmaler Linienbreite, etwa zur Be-stimmung des Apparateprofils, so achtet man darauf, daß Verbreiterungsmechanismen keineRolle spielen. Zur Vermeidung des Dopplereffektes muß das leuchtende Gas möglichst kaltsein und große Atommassen aufweisen, zur Vermeidung von Stoßverbreiterung sollte esmöglichst verdünnt sein.

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2. Holografiea) EinleitungIn der Holografie geht es darum, durch ein Wiedergabemedium wie eine Photoplatte oder ei-nen Bildschirm, ein Wellenfeld zu erzeugen, das bezüglich Amplitude und Phase dem vomObjekt ursprünglich ausgestrahlten Wellenfeld möglichst genau entspricht. Dies erlaubt einenweitgehend naturgetreuen Eindruck durch die Wiedergabe, insbesondere ein dreidimensionalesErscheinungsbild. Das erste Hologramm eines ausgedehnten Körpers wurde von Dennis Gabor(1900-1979) im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen zur Elektronenmikroskopiehergestellt.

b) Fresnelhologramm eines Punktes

Abb. 172: Der Zusammenhang von Hologramm undZonenplatte

Im Grunde kann man die Fresnelsche Zonenplatte als das Hologramm eines Punktes auffassen.Bestrahlt man ein punktförmiges Streuzentrum mit einer ebenen Welle, so ergibt die Überlage-rung der ursprünglichen ebenen Welle und der vom Objekt ausgehenden Kugelwelle ein Sy-stem von Kreisringen, die denen der Fresnelschen Zonenplatte entsprechen: Es entsteht einekonstruktive Überlagerung an Stellen, bei denen der Gangunterschied zwischen r und r0 gerade

ist, dazwischen hat man Auslöschung. Belichtet man mit dieser Intensitätsverteilung einen ⋅ λPhotoplatte, erhält man eine Anordnung, die einer gewöhnlichen Fresnelschen Zonenplattesehr ähnlich ist. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die radiale Verteilung der Schwär-zung auf der Platte sinusförmig ist statt rechteckig wie bei der Fresnelschen Zonenplatte.

Die Wirkung ist ähnlich: Bestrahlt man sie mit parallelem Licht, wird dieses in einem Punktgesammelt. Außerdem entsteht eine zweite Kugelwelle, die von einem Punkt herzukommenscheint, der vor dem Hologramm liegt, da, wo ursprünglich das Streuzentrum war. Die beidenPunkte kann man als eine reelle und eine virtuelle Rekonstruktion des ursprünglichen Objektesauffassen.

Abb.173: reelles und virtuelles Bild beimFresnelhologramm

c) Mehrere Punkte

Kann man ein lineares Verhalten des gesamten Prozesses voraussetzen, so erzeugt ein Objektaus mehreren Punkten ein Hologramm, das aus der ungestörten Überlagerung der

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Punkthologramme entsteht. Bei der Rekonstruktion erhält man ein Wellenfeld, das von deneinzelnen Bildpunkten herzukommen scheint und somit das ursprüngliche Objekt treuwiedergibt.

Abb. 174: Die Schwärzungskurve

Die Voraussetzung der Linearität der Anordnung ist nicht ganz unproblematisch. Die Schwär-zung einer Photoplatte, die man als Transmissionskoeffizient der belichteten Platte definierenkann, ist in keiner Weise linear von der Belichtung, die die Schwärzung hervorgerufen hat, ab-hängig. Daher gilt Linearität nur in einem engen Bereich um eine Anfangsschwärzung.

d) Das NebenbandhologrammDas oben besprochene Hologramm hat den Nachteil, daß reelles und virtuelles Hologramm aufeiner Linie liegen und sich damit stören. Dies kann man vermeiden, indem man die Refe-renzwelle seitlich einstrahlt.

Abb. 175: Nebenband Hologramm

Bei der Rekonstruktion entstehen die beiden Bilder in unterschiedlichen Richtungen. Die Zei-ger der Referenz- und der Objektwelle auf der Photoplatte bei ihrer Belichtung sind:

Referenzwelle: E∼

r = A∼

re−iαx

Objektwelle: ,E∼

0 = A∼

0e−iδ(x)

wobei die durch das Objekt erzeugte Phasenverschiebung ist.δ(x)

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Die Intensität auf der Platte wird dann:

I(x) = E∼ ⋅ E

∼ ∗ = (Are−iαx + A0e−iδ)(Areiαx + A0eiδ)

= Ar2 + A0

2 + ArA0(e−i(αx−δ) + ei(αx+δ))

= Ar2 + A0

2 + 2ArA0cos (αx − δ) ________________________

Der unterstrichene Term enthält die Amplitude und die Phase als Information. Stört das Objektdie Referenzwelle nicht, erhält man ein streifenförmiges Muster 2 A rA0cos αx. Die Störungdurch das Objekt erzeugt eine Streifenverschiebung. Bei der Rekonstruktion bleibt in der ge-eigneten Richtung ein Term übrig, der im wesentlichen die Objektwelle2ArA0e−iδ(x)

wiedergibt.

Abb. 176: Muster des Nebenbandhologramms auf derPhotoplatte

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KAPITEL H

Wechselwirkung von Strahlung mit Materie1. EinleitungIn der Elektrodynamik wird der Einfluß der Materie auf die Strahlung mit Hilfe der Stoffkon-stanten berücksichtigt, wobei in der Optik häufig gilt. Hiermit ist es z.B.εr und µr µr = 1möglich, Polarisations- und Intensitätsverhältnisse beim Übergang von Strahlung von einemzum anderen Medium vollständig zu beschreiben. Dies leisten die Fresnelschen Formeln, dieaus der Maxwellschen Theorie bei Berücksichtigung der Randbedingungen folgen. Möchteman Aussagen über selbst bekommen, muß man zu einer mikroskopischen Betrachtungεr

übergehen, d.h. untersuchen, wie die Atome und Moleküle in einem Medium auf die Strahlungreagieren. Wir wissen, daß die Dynamik der Elektronen in einem Atom durch eine Wellenglei-chung beschrieben wird und daß diese im Atom zu Eigenzuständen führt, die diskrete Energienaufweisen. Daher sind auch bei der Emission und Absorption nur bestimmte Energiesprünge

möglich. Diese Energiesprünge widersprechen der klassischen Mechanik, so daß man∆E = hνim allgemeinen aus einer klassischen Betrachtung der Wechselwirkung von Strahlung mit Ma-terie falsche Aussagen erhält. Wir behandeln das Problem trotzdem klassisch, da einige Ergeb-nisse, z.B. aus der Streutheorie, qualitativ richtig sind und da wir bei den falschen Vorhersagenbesser verstehen, warum die Einführung der Quantenmechanik notwendig war. Klassisch hatman es entweder mit freien oder gebundenen Elektronen zu tun, die durch die einfallende Wel-le zu Schwingungen angeregt werden und ihrerseits als Dipole strahlen. Wir rekapitulieren da-her im folgenden einige Grundtatsachen der Dipolstrahlung. Für eine genauere Darstellungverweisen wir auf die Elektrodynamik.

2. Dipolstrahlung

Abb. 177: B und E im Nahfeld eines Dipols

Ein Dipol mit sinusförmigem Zeitverhalten hat im Nahfeld, d.h. für Laufzei-p = ex = ex0sin ωtten der Welle, die klein gegen ihre Schwingungsperiode sind, das Feld eines ruhenden Dipols und B steht senkrecht zu E und zum Radiusvektor r. Die Feldstärke geht mit 1/r3.

Im Fernfeld hat man ein Feld einer elektromagnetischen Welle, d.h. .E ⊥ B, r; B⊥ r

Abb. 178: E und B im Fernfeld

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Harald Schüler
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E in der Welle entspricht der Projektion des ursprünglichen Feldes auf die Ebene senkrecht zu.

Eϑ = E0sin ϑ , I = I0sin2ϑDie Abstrahlcharakteristik eines Dipols geht daher mit .sin2ϑ

3. Streuung an freien Elektronen

a) Polarisation

Abb. 179: Polarisationsverhältnisse bei Streuung anElektronen

Auch bei Streuung an gebundenen Elektronen ergeben sich die Polarisationsverhältnisse ausdem Dipolbild (Abb. 179).

b) Spektrale VerteilungMan muß beachten, daß bei einer konstanten Elektronendichte keine Streuung möglich ist. Da-durch, daß sich im Streulicht Wellen mit allen möglichen Phasen überlagern, würde die resul-tierende Intensität Null sein. Gestreut wird also immer an Fluktuationen. Sind diese Fluktuatio-nen inkohärent, so spiegelt sich in der spektralen Verteilung des Streulichtes die Verteilungs-funktion der Elektronen wieder, und man mißt über die Breite die Temperatur der Elektronen:

∆ωH ∼ Te

Abb. 180: Linienprofil beiinkohärenter Streuung anfreien Elektronen

Die Gesamtintensität ist ein Maß für die Dichte der Elektronen

∫∞

I(λ)dλ ∼ ne

Wenn die Fluktuationen der Elektronendichte durch Wellenphänomene im Elektronengas kor-reliert sind, spricht man von kohärenter Streuung. Das Spektrum spiegelt die charakteristischenFrequenzen der Fluktuationen wider.

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Abb. 181: Linienprofil des Streulichtes bei kohärenterStreuung

4. Streuung an gebundenen Elektronena) DispersionstheorieDer Brechungsindex n kann in einer mikroskopischen Theorie über die Polarisierbarkeit derAtome und Moleküle des Mediums berechnet werden.

n2 = εr = 1 + χ ist hierin die Suszeptibilität, d.h. die Polarisierbarkeit aller Teilchen in einem Volumenχ

χ = Nαα ist die Polarisierbarkeit eines Atoms

p = ex = αε0E

p ist das Dipolment eines Atoms.

Zur Berechnung von α gehen wir vom gedämpften harmonischen Oszillator aus. Die Bewe-gungsgleichung im Wellenfeld lautet:

••x +ω0

2x + γ •x= e

mE0eiω

die Dämpfung. Man löst wie bei der erzwungenenω02 enthalt die rucktreibende Kraft und γ

Schwingung mit dem Ansatz

x = x0eiωt,•x= iωx,

••x= −ω2x

−ω2 + ω0

2 + iγω x = e

mE0

χ = Nα = Ne2

ε0m1

−ω2 + ω02 + iγω

Der korrekte, aus der Quantenmechanik folgende Ausdruck unterscheidet sich hiervon da-durch, daß im Atom mehrere Frequenzen vorliegen, über die man summieren muß. Derωi

Beitrag jeder Teilschwingung zu χ wird durch die Oszillatorenstärke fij charakterisiert, wobeiman von Übergängen zwischen den Niveaus i und j ausgeht.

χ =Nje2

ε0m Σ fij

−ω2 + ω2 + iγω

Aus ergibt sich der komplexe Brechungsindexn2 = 1 + χn∼ = nr + ini

Für den Fall kleiner Dämpfung kann man ni durch ein Lorentzprofil annähern

ni ∼ 1

1 +

2∆ωγ

21

1 + (∆ωωH )

2(ωH = γ/2)

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nr − 1 ∼ ∆ω1 + (∆ω

ωH )2

Abb. 182: Real- und Imaginärteil des Brechungsindex

Der Imaginärteil spiegelt die Form einer Absorptionslinie wider, während der Realteil den üb-

lichen Brechungsindex angibt. Man erkennt, daß im Bereich der Absorption ist und da-dndω

< 0

mit anomale Dispersion vorliegt. Außerhalb ist und dort liegen die Gebiete normalerdndω

> 0

Dispersion. Z.B. liegen bei durchsichtigen Medien wie Glas Absorptionsstellen im Ultraviolet-ten und Infraroten. Im Sichtbaren zeigt das Material daher normale Dispersion.

b) Warum ist der Himmel blau?Die Streuung von Licht an gebundenen Elektronen nennt man Rayleigh-Streuung. Sauerstoff-moleküle haben Resonanzstellen im Ultravioletten. Da die Feldstärke des Strahlungsfeldes ei-nes Dipols mit der Amplitude der Dipolschwingung geht und diese durch das Verhalten einererzwungenen Schwingung bestimmt ist, gilt

Est = E0

1 + (∆ωωH )

2

Abb. 183: Streuung an Luftmolekülen

ist die Halbwertsbreite der Resonanz.ωH

Fur ∆ωωH

>> 1 wird Est = E0

(∆ωωH )

2, I = I0

(∆ωωH )

4

Da λ = cω, ist ∆λ

λ = ∆ωωH

und damit Ist ∼ 1∆λ 4

.

Bei Rayleighstreuung geht die Intensität mit der vierten Potenz der Wellenlänge. Daher wirdblaues Licht viel stärker gestreut als rotes, und der Himmel scheint bei seitlicher Beleuchtungblau, bei Durchstrahlung rot.

5. Andere Streueffekte

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Strahlt man genau mit einer Resonanzwellenlänge ein, erhält man Streulicht durch Resonanz-fluoreszenz. Resonanzfluoreszenz eignet sich zum empfindlichen ortsaufgelösten Nachweisvon Stoffen. Die Streuung an dem Gitter eines Kristalls, die wegen der kleinen Abstände Rönt-genlicht erfordert, heißt Bragg-Streuung. Sie wird zur Untersuchung von Kristallen und zurspektralen Zerlegung von Röntgenlicht eingesetzt. Mie-Streuung findet an Teilchen statt, diedeutlich größer als die Wellenlänge der Streustrahlung ist. Comptonstreuung ist Streuung anfreien Elektronen im Festkörper mit Photonenenergien von der Größenordnung der Energieder Ruhemasse des Elektrons mc2. Bei Comptonstreuung wird Energie auf ein Elektron über-tragen und die Frequenz der Strahlung erniedrigt. Der Comptoneffekt ist klassisch nicht erklär-bar, aber quantenmechanisch quantitativ beschreibbar.

6. Äußerer PhotoeffektDurch energiereiche Strahlung können Elektronen aus einer Oberfläche ausgelöst werden. Imklassischen Bild wird die Energie der einfallenden Strahlung, die proportional zum Quadratder Amplitude ist, verwendet, um die Austrittsarbeit zu überwinden. Der Rest wird in derΦ0

kinetischen Energie der Elektronen gefunden, d.h. man erwartet

Abb. 184: Elektronen werden durch Licht aus einer Me-talloberfläche ausgelöst

kE02 = Φ0 + 1

2mv2

Beobachtet wird

hν = Φ0 + 12

mv2

Man deutet dies nach Einstein mit der Annahme, daß Licht aus Quanten der Energie hνbesteht.

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