Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum -...

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Aufsatze lung der Pelagoniden usw. Bull. Inst. g6ol. 1Republique Macedoinne, Fase, 5, p. 26, Skopje 1956. -- PETRASGHECK, W.E.: Die Eisenerz- und Nickelerzlager- st~itten von Lokris in Ostgriechenland. Inst. Geol. and Subsurface l~esearch. 8, S. 88--115, Athenes 1958. -- 1RENZ, C.: Die vorneogene Stratigraphie Griechen- lands. Inst. Geol. and Subsurface Research., Athenes 1955'. (Ein ausfiihr]iches Literaturverzeichnis ist in diesem Buch enthalten.) TEKTONIK UND MAGMATISMUS IM NW-KARAKORUM (Struktnrelle Zusammenh~inge zwisehen der ,Pamirisehen Seharung' und der ,Himalaya-Syntaxis' ) *) "/on HANS-JOCHEN SCHNEIDEI% Miindqen Mit 16 Abbildungen und Texttafel 15 ,,Den alten Vflkern waren die hohen Berge heilig als die irdischen Wohnstiitten ihrer G6tter. Heute haben die G6tter diese Erde ve, rlassen, abet ein Hauch des Gfttlichen und Unendlichen ist dem Hod~gebirge doch noch verblieben." OTTO AMFSERER(1980) j" Dipl, ing. KARL HECKLER dem im NW-Karakorum tSdlich verungliickten Expeditionskameraden gewidmet Summary The geological exploration of the NW-Karakoram, carried out by the author during the 'German-Austrian Himalaya-Karakoram Expedition' in 1954, allows an insight into the complicated development of the Alpine type mountain building within the 'syntaxial bend' of Central Asia. The 'zone axiate' of the NW-Karakoram ("Batura Muztagh"), with its sy~- orogenetie young cretaceous evolution of different granodioritie rocks, seems to mark a boundary-line of influences between the mainly Variscan consoli- dated 'Pamir Culmination', and the Alpine activated 'Himalaya Syntaxis'. Contrasting to the northern part of the NW-Karakoram (the "Tethys-Kara- koram", see Abb. 9, and 4 / 'Zones V--Va'), which in all its paleogeography and tectonic features belongs to the southern extremity of the Pamirs, the southern palt ('Zones I--III') on the other hand shows dear relations to the reeord of the Himalaya System. Especially tke Tertiary (about Oligoeene) synorogenetie regeneration ('granifization') of the Nanga Parbat Dome at the end of the Jhelum-Wedge, has extended its influences, mainly as dynamometa- morphism, up to the 'zone axiale' and its crystalline schistose mantle-rocks ('Zones III--IV'). The results of a tectonic analysis of the different zones of the actual NW- Karakoram (II--V) show that each zone has its special B-tectonic structure of older deformation (see Abb. 8 and Tar. 15: bl -- b~, Bs, B4). Later the entire region was exposed to an unique pressure of a younger act of deformation (Bs), which caused the present actual general striking (WNW ESE) of the *) Als Habilitationsschrift der Naturwissenschaftlichen Fakult~it der Universit~it Miinchen am 26. ]uni 1957 eingereicht. 426

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Aufsatze

lung der Pelagoniden usw. Bull. Inst. g6ol. 1Republique Macedoinne, Fase, 5, p. 26, Skopje 1956. - - PETRASGHECK, W.E.: Die Eisenerz- und Nickelerzlager- st~itten von Lokris in Ostgriechenland. Inst. Geol. and Subsurface l~esearch. 8, S. 88--115, Athenes 1958. - - 1RENZ, C.: Die vorneogene Stratigraphie Griechen- lands. Inst. Geol. and Subsurface Research., Athenes 1955'. (Ein ausfiihr]iches Literaturverzeichnis ist in diesem Buch enthalten.)

TEKTONIK UND MAGMATISMUS IM NW-KARAKORUM (Struktnrelle Zusammenh~inge zwisehen der ,Pamirisehen Seharung'

und der ,Himalaya-Syntaxis ' ) *)

"/on HANS-JOCHEN SCHNEIDEI% Miindqen

Mit 16 Abbildungen und Texttafel 15

,,Den alten Vflkern waren die hohen Berge heilig als die irdischen Wohnstiitten ihrer G6tter. Heute haben die G6tter diese Erde ve, rlassen, abet ein Hauch des Gfttlichen und Unendlichen ist dem Hod~gebirge doch noch verblieben."

OTTO AMFSERER (1980)

j" Dipl, ing. KARL HECKLER dem im NW-Karakorum tSdlich verungliickten

Expeditionskameraden gewidmet

Summary

The geological exploration of the NW-Karakoram, carried out by the author during the 'German-Austrian Himalaya-Karakoram Expedition' in 1954, allows an insight into the complicated development of the Alpine type mountain building within the 'syntaxial bend' of Central Asia.

The 'zone axiate' of the NW-Karakoram ("Batura Muztagh"), with its sy~- orogenetie young cretaceous evolution of different granodioritie rocks, seems to mark a boundary-line of influences between the mainly Variscan consoli- dated 'Pamir Culmination', and the Alpine activated 'Himalaya Syntaxis'. Contrasting to the northern part of the NW-Karakoram (the "Tethys-Kara- koram", see Abb. 9, and 4 / 'Zones V--Va'), which in all its paleogeography and tectonic features belongs to the southern extremity of the Pamirs, the southern palt ('Zones I - - I I I ' ) on the other hand shows dear relations to the reeord of the Himalaya System. Especially tke Tertiary (about Oligoeene) synorogenetie regeneration ('granifization') of the Nanga Parbat Dome at the end of the Jhelum-Wedge, has extended its influences, mainly as dynamometa- morphism, up to the 'zone axiale' and its crystalline schistose mantle-rocks ('Zones III--IV').

The results of a tectonic analysis of the different zones of the actual NW- Karakoram (II--V) show that each zone has its special B-tectonic structure of older deformation (see Abb. 8 and Tar. 15: bl - - b~, Bs, B4). Later the entire region was exposed to an unique pressure of a younger act of deformation (Bs), which caused the present actual general striking (WNW ESE) of the

*) Als Habilitationsschrift der Naturwissenschaftlichen Fakult~it der Universit~it Miinchen am 26. ]uni 1957 eingereicht.

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H.-J. SChneIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

zones. This B-tectonics are succeeded by huge elevations, mainly as different bloc-movement, of the mountain ares. Contrasting to the synkinematic evolution of the granodioritic axis, distinct dykes of different igneous rocks of acid as well as basic eomposition, appearing in the zones III--IV--V, are younger than the B-tectonics.

Sections across the NW-Karakoram (Abb. 4) show the change in vergency within the 'zone axiale', without a remarkable nappe structure in the whole area.

Zusammenfassung

Im NW-Karakorum, einem ,tnnensegment" der grol3en zentralasiatischen Fal- tengebirgsscharung, fibers&neiden sieh die Einfliisse der variskiseh schon weit- gehend konsolidierten ,,Pamirisdaen Seharung" und der jungalpidiseh noch hoch- aktiven , ,H imalaya-Syn tax i s" , wobei die ,zone axiale' des NW-Karakomm die pal/iogeographisehe und tektogenetische ,Sdmittlinie' darstellt.

Die in den einzelnen Baueinheiten ( , ,Zonen" Ib i s V) speziflschen Formungs- pl~ine, deren relative Altersfolge (b, - - b2 - - Ba - - B~) durdl eine tektonische Geffigeanalyse ermittelt ist, wcrden yon einem ifingsten Bs-Plan (dem heute vorherrschenden WNW-ESE-Generalstreichen des Gebirges) fiberpr/igt. Im Ver- Iaufe dieser letzten radialen Einengung fanden steile, nord- und siidvergente Anschiebungen statt. Weitr~iumige Deckenfibersehiebungen sind diesem Baustil ~remd!

I n h a l t

Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 L Oberblick und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . 429

II. Die Bauelemente des NW-Karakorum . . . . . . . . . . . . 434 1. Der Tethys-Karakorum . . . . . . . . . . . . . . . . 436 2. Die kristallinen Zentralzonen . . . . . . . . . . . . . . 44I 3. Die Chalt-Schieferserie . . . . . . . . . . . . . . . . 447 4. Die Rakaposhi-Range . . . . . . . . . . . . . . . . . 450

III. Tektonisehe Gefiigeanalyse repr~sentativer Teilbereiehe (Statistisch erfaBbare Deformationspl~ine) . . . . . . . . . . 451 1. Bezugsbereiche, Erl~iuterung und Auswertung der Diagramme . 451 2. R~iumliche und zeitliche Beziehungen . . . . . . . . . . . 456

IV. Regionale Zusammenhange (Tektonik und Magmatismus im Rahrnen der zentralasiatischen Scharung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 1. Pr~ialpidische Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . 459 2. Die alpidische Orogenese . . . . . . . . . . . . . . . 460 3. Neogene Krustenbewegungen . . . . . . . . . . . . . . 467

V. Die Tektogenese des NW-Karakorum und die Altersstellung der Mag- matite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470

VI, Ubersicht der Baugesehiehte . . . . . . . . . . . . . . . 474 Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475

Vorbemerkungen Fiir die Kenntnis struktureller Zusammenh~nge zwisehen der ,,pamirischen

Scharung" Zentralasiens und der im Siiden anschliel3enden ,,Himalaya-Syntaxis" nimmt gerade das NW-Ende der Karakorum-Ketten eine Sehlfisselstellung ein, denn hier vollzieht sieh der i~bergang zwisehen den beiden gro/3en zentral- asiatisehen Baueinheiten.

Obwohl die Bedeutung dieses ,,Verbindungsgliedes" fiir alle Fragen regional- geologischer Zusammenh~nge seit langem bekannt war, lagen speziell vom NW-Ende des Karakorum-Systems bisher noch keine eingehenderen geologischen

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Aufsfitze

Untersuchungen vor. Dies mag vor allem an den politischen Umstgnden ge- legen haben, die bis zum Ende des zweiten Weltkrieges jedem grSBeren For- schungsunternehmen die Einreise in diesen entlegenen und unwirtlichen NW- Tell Kashmirs verwehrten. So weist auch die neueste geologische Karte des indischen Subkontinentes (WADIA 1958) im NW-Karakorum noch einen ,weiBen Fleck' auf, in dessen Mitte ,,Hunza" steht.

Skizzenhafte Hinweise auf die komplizierten geologischen Verh~iltnisse dieses Bereidaes geben geologische Notizen in einem Reisebericht von H a y d e n (1916) sowie petrographische Besdlreibungen einiger Gesteinsproben (KUENEN 1928), die w~ihrend der VISSER'SChen Expedition 1925 dort gesammelt wurden. In den Jahren 1951/52 besuchte ein Mitglied des ,Geological Survey of Pakistan' Mr. MILD. ABU BAKR, den Hunza-Karakorum, vornehmlich zur Prospektion auf Minerallagerst~itten entlang der Hauptt~iler 1).

Dagegen ist der weitere geologische Rahrnen dieses Gebietes relativ besser bekannt, wenn auch die einzelnen Arbeiten dartiber von sehr unterschiedlichen Grundlagen ausgingen und deshalb keine einheitlich sichere Auswertung ge- statten (DE TERror 1982, DAmELLI 1984, GUNDLACH 1934, MIscIL 1985, 1949, D~sIo 1936, LEUCtIS 1987, WADIA 1958 u.a.).

Der Vcrf. hatte als Mitglied der wissenschafflichen Gruppe der ,,Deutsch- Osterreichischen ttimalaya-Karakorum Ex~pedition 1954" (Leitung M. REBXTSCH) Gelegenheit, einen groBen Tell des NW-Karakorum (den ,Batura-Muztagh' i. w. S.) yon Ende Mai bis Mitte August geologisch zu erkunden e). Gleichzeitig wurden, gemeinsam mit Dr. K. WIENERT (zur Zeit Kairo), erdmagnetische Vario- metermessungen mit zwei ASKANIA-Feldwaagen Typ GF 6 durchgeffihrt, fiber deren Ergebnisse an anderer Stelle berichtet wird. Diese erdmagnetischen Messungen stellten schon w~hrend der laufenden Feldarbeiten eine wertvolle Erg~nzung und Best~tigung der geologischen Beobachtungen dar.

Der Natur eines Expeditionsunternehmens entsprechend, muBten die Feld- arbeiten im wesentlichen auf grSBere Routenaufnahmen beschr~inkt werden; galt es doch in erster Linie, Gesteinsinventar, Stratigraphie und GroBbau, gleich- wertig ffir das ganze Expeditionsgebiet, innerhalb des gebotenen Zeitraumes zu effassen. Die Ergebnisse dieser Feldarbeit kSnnen deshalb noch keinen An- spruch auf Vollst~ndigkeit nach dem MaBstabe eines ,europ~schen Arbeits- gebictes' erheben. Viele interessante Teflprobleme ergaben sich erst nachtr~ig- lich w~ihrend der noch laufenden Auswertung des Beobachtungsmaterials und der gesammelten Gesteinsproben und bediirfen noch eingehenderer Untersuchun- gen. Erst nach ihrem AbschluB und vor allem nach Fertigstellung des geplan- ten Kartenwerkes der Expedition soll die fibliche ausffihrliche VerSffentlichung aller Ergebnisse e~folgen.

Die naahstehenden Ausffihrungen sind deshalb auch nur auf die w e s e n t - l i c h e n M e r k m a l e d e r s t r u k t u r e l l e n E n t w i c k l u n g dieses bis- her unbekannten Teiles der zentralasiatischen Scharung besd~nkt, indem vor allem das tektonische Geschehen sch~irfer analysiert und im Zusammenhang mit den magmatischen Erscheinungen betrachtet wird.

Dabei komen m.E. erstmals statistische Gef/igeanalysen von GroBbereichen mit SANDER'scher Arbeitsmethodik (SANDER 1948) in einer zentralasiatischen Ge- birgseinheit zur Anwendung, wodurch ihre etwas ausfiihrlichere Darstellung ffir einen gr~Sf3eren Fachkreis gerechtfertigt sein mag.

1) Der Veff. dankt dem Geological Survey of Pakistan, Quetta, ffir die freundlichst gestattete Einsichtnahme in das Berichtsmanuskript.

2) Ein ausffihrlicher Vorbericht mit Kartenbeilagen tiber die wissenschafflichen Arbeiten der Expedition ist in PAFVEN, PmLEWIZER & SCHNEIDER (1956) gegeben.

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Diese speziellen Untersuchungen in Teilbereiehen des NW-Karakorum ge~ wiunen an Bedeutung, wenn man sie in einem zeitlichen und regionalen Zu- sammenhang betraehtet. Ein solcher i3berblick fiber die strukturelle Entwick- lung des weiteren tlahmens, nach dem Stand der neueren Spezialliteratur ent- worfen, mag gleichzeitig zur Erweiterung unserer Kenntnis fiber die Entwick- lungsgeschichte der groi3en zentralasiatischen Scharung beitragen.

Die Arbeiten der wissenschaftlichen Expeditionsgruppe sowie die noch laufen- den Auswertungen wurden durch Beihilfen der Deutschen Forschungsgemein- schaft ermSglicht, woffir der Verf. auch an dieser Stelle nochma]s Dank sagen mSchte.

I. l J b e r b l i c k u n d P r o b l e m s t e l l u n g In den inneren Ketten der ,,groBen Scharung" Zentralasiens (TalNKLEa

1923), der grSBten Massenerhebung der Erde, grenzen zwei verschieden- artige und verschieden alte Baueinheiten im Generalstreichen der Falten- zfige aneinander: die variskisch schon weitgehend konsolidierte ,,pami- rische Scharung" im N (GuNDLACH 1934, LEUCnS 1937, MUSlIKETOV 1936 u.a.) und die alpidische ,,Himalaya-Syntaxis", als NW-Ende des groBen Himalaya-Orogens, im S (WAz)I~ 1931).

Die ,Grenzlinie' zwischen den beiden Einheiten wird fast genau dutch den Verlauf der Hindukush-Karakorum-Achse markiert (s. Abb. 1). Sie ent- spricht in groBen Zfigen auch der eigenartigen lJbergangszone zwischen dem ~ilteren ,,Mesoasien" und dem a]pidischen ,Neoasien" im Sinne von ST1LL~ (1929).

In grol]tektol~_ischen Konzeptionen dieser Art werden die erdgeschichtlichen Wechselwirkungen der beiden sidl gegeneinander bewegenden Grol]schollen (Angara von N, Gondwana yon S) als tiefere Ursache hierzu angdiihrt. Sie m6gen aus unseren speziellen Betrachtungen ausgeklammert werdeu.

Soweit geologische Einzelheiten aus dem Grograum der Scharung heute schon erkennbar sind, zeigen sie stets, dab sich die beiden Baueinheiten entlang der skizzierten ,Grenzlinie' n i c h t immer u n v e r m i t t e 1 t gegentiberstehen, sondern durch zahlreiche tektogenetische und fazielle iJberg~inge zusamenh~ingen (CUNDLACH 1934, LEUCHS 1937, STILLE 1929, 1954). Die Problemafik dieser sich zeitlich und fiiumlich fiberschneidenden Entwicklung der zentralasiatischen Scharung umriB MUSHKETOV (1936, S. 898) sehr treffend: "Its mountain systems, though apparently separate and of different ages, are genetically parts of one and the same very deep seated system. The boundaries of its single parts or 'arches' are of no fundamental importance".

Ffir die Kl~irung der regionalen Zusammenh~inge ist interessant zu sehen, dal3 verscbiedene Autoren, je nach dem Standort ihres engeren Arbeitsgebie- tes innerhalb der Scharung, die erdgeschichtliche Funktion der Karakorum- Achse auch unter verschiedenen Blickwinkeln sehen und danach deuteten:

Von N, dem variskisch weitgehend k0nsolidierten Pamir aus betrachtet, scheint der Karakorum ein variskisches Bauelement (MusHKETOV 1936)3)

3) Allerdings bedarf die S. 888 abgebildete Kartenskizze der geotektonisehen Faltengebirgs-Leitlinien einer starken Korrektur. So verl/iuft z. B. die Himalaya- Aehse nicht n6rdlich der Indus-Senke und die Karakomm-Aehse lfiebt nSrdlich des oberen Pandseh!

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Aufsatze

Abb. 1. Die ,grol3e Scharung' der zentralasiatischen Faltengebirge.

I : ,Pamirische Scharung'. II : ,Himalaya-Syntaxis'. II/I : Verbrei tung der senonen bis pra-eozanen Vulkanite

(,,Initiale Narbe").

~ : Arbeitsgebiet der ,Deutsch-Osterreichischen Himalaya-Karakorum- Expedit ion 1954'.

Wichtigste Gipfelpunkte in der ,grol3en Scharung': zx NK = Nun Kun (7135 m) - - NW-Himalaya

N = Nanga Parbat (819_,5 m) - - NW-Himalaya T = Tirich Mir (7700 rn) - - Hindukush K = K., oder Chogori (8611 m) - - Bal toro-Muztagh (Karakorum) M = Muztagh Ata (7483 m) - - Pamir S = Pk. Stalin (Garmo) (7495 m) - - Trails Alai

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zu sein, dagegen nimmt er, yon S und E her aus dem Tethys-Raum der Himalaya-Geosynklinale und des tibetischen Schelfes gesehen, die Rolle eines jungen alpidischen Faltengebirges an (DAINELLI 1984, LEUCHS 1987, DE TERRA 1982, 1986, WAmA 1981, 1958 U.a.). Diese dualistische Aus- legung der in Teilgebieten beobachteten Entwick]ung hat in der spezi- fischen Mittelstellung der Karakorum-Achse ihre Ursache.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Ablauf der alpidischen Oro- genese: Bekanntlich wand~rte die orogene Aktivifiit in der alpidischen ~ra, etwa vonde r mittleren Kreide ab, siidw~irts gegen den Siidrand des Himalaya, wo sie bis ins Diluvium hinein wirksam war und heute noch nicht ganz erloschen ist.

Die kimmerischen Phasen sind im Pamir als eine offenbar eigenst~tndige Tektonik noeh eben bemerkbar (GuNDLACH 1984, MUSHKETOV 1986, LEUCHS 1937, STILLE 1954), treten jedoch mit Ann~hemng an die Himalaya-Geo- synklinale stark zurfick. W~ihrend der alpidischen _~ra weist der gesamte Pamirbereich nur noch eine /iberwiegend ,germanotype' Tektonik auf. Dem steht im S die alpidisch hochorogen (etwa mitteltertfiir) geprfigte Nanga-Parbat-Granitgneiskuppel als nSrdliche Kulmination der ,,Hima- laya-Syntaxis" gegeniiber (WADIA 1931, MISCH 1935, 1949). Im NW- Karakorum, dem bisher unbekannten, relativ schrnalen Mittelstiick zwi- schen diesen beiden extremen Strukturentwick]ungen, mugten sich die Wirkungsbereiche gegenseitig/iberschneiden.

Andere Verh~iltnisse herrschten dagegen welter im E, wo die Auswirkungen der mittelterti~iren Hfinalaya-Orogenese nicht mehr so unmittelbar nach NE fiber die Karakorum-Achse hinweggreifen konnten: Hier land die alpinotype Haupffaltung des gesamten Gebirgsk6rpers (,,Karakorum-Phase" DE TERRA'S 1936, S. 859) bereits ,,ira Hangenden der marinen Ob. Kreide" (DE TERRA 1932, S. 117) start. Danach effolgten keine gleichwertigen Strukturpr~gungen mehr. Die Fal- tungen erfaBten den gesamten Tet,hys-tlaum (Aghil-Ke~en und W-Tibet) nord- w~rts his zum S-Rand des K'un Lun, dessen variskisct~ konsolidierte Struk- turen das Tethys-Mesozoikum durch steile nordvergente Aufschiebungen fiber- lagert (z. B. DE TERRA 1932, Abb. 69). Im Wirkungsbereich der sp~itkretazisch- altterti~iren ,,Karakorum-Phase", offenbar so weir, wie der variskische K'un Lun- tlahrnen den N-Rand des Tethys-Karakorum begleitet, steht somit der a]pi- dische Faltenbau ,,Neoasiens", den ~ilteren Strukturen ,,Mesoasiens" unmittel- bar im direkten tektonischen Kontakt gegenfiber. Westw~irts, gegen die ,,pami- rische Scharung" ]hin, verliert sich jedoeh der Charakter dieses geotektonischen Kontrastes, wie schon die Verh[iltnisse im Shaksgam-Gebiet (nSrdlich des K 9,) zeigen (DEsio 1936) und unsere Untersuchungen im NW-Karakorum ergaben.

Die deutliche Kettengliederung des Karakorum ist auf die relativ strenge, zonare Anordnung der verschiedenen, dem NW--SE-General- streichen etwa parallel verlaufenden Gesteinsserien zurfickzuffihren. An dem meist isoklinalen oder nordvergenten, streichenden Faltenbau sind im besser bekannten E-Karakorum vorwiegend marine Sedimente vom Mittel- pal/iozoikum (Silur--Devon) bis zum Jungmesozoikum (Senon) beteiligt, deren meist geringer Metamorphosegrad genauere pal~iontologische Alters- bestimmungen gestattet (DAINELLI 1934, DE TERRA 1939. u.a.). Dadurch sind lithologische Anhaltspunkte und VergleichsmSglichkeiten ffir die durch-

431

Aus

Abb. 2

wegs st~irker raetaraorphen Sehichtkoraplexe ira NW-Karakorum gegeben. Eine Steigerung der metamorphen ~berpr~igungen ist sehon im Mittel- karakorum (,Baltoro-Muztagh', DESIO 1986, DY~ENFUnTH 1989) erkennbar.

Irn E-Karakorum herrscht nach SE geriehtetes Achsentauehen der Fal- tenzfige (DE TEnnA 1932, DAmELLI 1984), was auf eine Kulraination der Faltenaehsen im Mittel- und NW-Karakorum hinweist. Dabei fehlen ira gesaraten, bisher bekannten Karakorum alle Anzeiehen weitreichender, flaeher Deekenfibersehiebungen, sehr im Gegensatz zura Hiraalaya-Systera, dessen allgemein s/idvergente Decken/ibersehiebungen bis ins Diluvium hinein anhalten (HEIM & GANSSEn 1939, WADIA 1958 U. a.).

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H,-J. SCI~NEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum ,4.13o2

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Abb, 8

W/ihrend die Orogenese des Himalaya-Stammes etwa im Oligoz~in ihren H6hepunkt erreicht, ist der Karakorum im Ansehlug an seine hoehkreta- zisch-alttertigre Stammfaltung bereits weitgehend konsolidiert und Fest- land geworden. Die naelffolgenden Krustenbewegungen ~iuBern sieh vor- wiegend in ,germanotyper Tektonik'. Sie ffihren, meist in Form streichen- der L~ingsbrfiehe, zu den gewaltigen Massenerhebungen, die gegen Ende des Tertfiirs (DAINELLI 1984, 1939) ocler erst im Quarfiir (MIscH 1986, DE TEreSA 1980, 1982, DYm~EN~VRTH 1989) ihr Maximum erreichen. Diese ,junge Tektonik" des Himalaya-Karakorum-Systems, dureh seine starke Seismizit~it noch unterstxiehen, ist eines der interessantesten Probleme der

433

Aufsiitze

aktualistischen Geologie, hat jedoch ffir die hier aufgeworfenen Fragen nur noch untergeordnetes Interesse.

Die ,zone axiale' des Karakorum-Stammes wird durchwegs yon einem ,Hornblendegranit' repdisentiert, der offenbar yon NW-Karakorum (,Ba- tura-Muztagh'), tiber Mittel-~) und E-Karakorum 5) bis zum Transhima- laya 6) mit auff~illig geringer Variationsbreite und in gleichartigen Intru- sionsverb~inden durchzieht.

Diesen ,,Glimmeramphibolgranit" nannte DAINELLI (1984, 1939, S. 14), auf Grund der charakteristischen regionalen Bindung an die Karakorum-Trans- himalaya-Achse, den ,,transhimalayischen Granit". Er betont damit auf3erdem die stoffliche und zeitliche Sonderstellung, die der dominierende Magmentypus der Karakorum-Achse gegenfiber den vielf~iltigen Graniten des Himalaya aufweist.

Im Gegensatz zum Himalaya seheint in der Karakorum-Aehse ein sieher erfagbarer, grogr~iumiger Magmatismus nur einer einzigen geotektonisehen Phase anzugehSren. Diese folgte den oberkretazisehen (senonen) basisehen Vulkaniten und Magmatiten (DhINELLI 1984, 1989) uncl wtirde damit der ,,Karakorum-Phase" DE TEaaA'S (i986) entsprechen. Eine konsequente Zu- sammensehau mit den oben skizzierten groBtektonischen Zusammenh~ingen zeigt, dab d i e K a r a k o r u m - A e h s e n i e h t n u r in i h r e r t e k - t o n i s e h e n P r ~ i g u n g , s o n d e r n a u e h m i t i h r e n m a g m a t i - s c h e n E r s e h e i n u n g e n t a t s i i e h l i e h e i n e s p e z i f i s e h e , r ~ i u m l i e h e u n d z e i t l i e h e M i t t e l s t e l l u n g zwischen der iilte- ren ,,pamirischen Seharung" im N und der j/ingeren ,,Himalaya-Syntaxis" im S e i n n i m m t .

Obgleich sieh der vorstehend skizzierte tektogenetische Standort des Karakorum aus bereits vorliegenden Forschungergebnissen fast zwangs- l~iufig ergibt, l~igt die einschl~igige Literatur eine Problemstellung auf diese Zusammenhiinge vermissen. Die Anfgabe der vorliegenden Studie ist des- halb, zur SdalieBung dieser Lti&e beizutragen und die Bedeutung der Karakorum-Achse ftir die alpidisehe Entwieklung der ,,groBen Seharung" mit Hilfe der neuen Untersuehungsergebnisse im NW-Karakornm zu ermitteln.

Die Fragenkomplexe sind demnaeh: Die Existenz pr~ialpidiseher Baupliine, pal~iogeographische Zusammenh/inge w~hrend der alpidisehen Orogenese, Art und Alter der magmatisehen Erseheinungen, Zusammenh~inge zwischen Tektonik und Magmatismus sowie AusmaBe und zeitliche Abfolge der tektonisehen Ereignisse.

II. D i e B a u e l e m e n t e d e s N W - K a r a k o r u m

Am Aufbau des NW-Karakorum sind ftinf geologisehe ,Zonen' beteiligt, die alle im Generalstreiehen des Gebirges von NW naeh SE verlaufen un6 sowohl petrologiseh-faziell versehiedenartige Gesteinsserien als auch mehr oder weniger seharf getrermte tektonisehe Einheiten darstellen

4) ,,Gneis des K 2" naeh D~slo (1986) und DrHRENFURTa (1989). a) ,,Homblendegranit" (DE TElaaA 1982) und ,,Glimmeramphibolgranit'"

(DAINELLI 1984, 1989). 6) ,,Hornblende-Biotit-Granit" des Kailas (HmM & GANSSE~ 1989).

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Aufs~itze

Den g r S f i t e n T e i l d e s G e b i r g s k S r p e r s (Zone I b i s IV) bauen kristalline Gesteine auf: mehr oder weniger stark m e t a m o r p h e S e h i e h t k o m p l e x e u n d e c h t e M a g m a t i t e . Dadurch ist die altersm~iBige Gliederung dieser Bauelemente sehr ersehwert.

Der kristallinen Hauptmasse des Gebirges steht nSrdlieh der axialen Kulmination des Hauptkammes ( ,Batura-Muztagh' = ,Zone IV') der ,,T e - t h y s - K a r a k o r u m " ( = ,Zone V') gegenfiber. Dank der geringen Metamorphose seizer Sedimentkomplexe konnte das Alter der Schicht- folgen dutch Fossilfunde und lithologisch-fazielle Vergleiche wei tgehend gekl~irt werden. Daraus ergab sieh d i e MSglichkeit, die zeitliehe Abfolge tier tektonischen und magmatischen Ereignisse im NW-Karakorum mit einiger Sieherheit t ibersehen zu k5nnen.

Nach seinem heute vorl iegenden B a u p 1 a n (vgl. Querprofile, Abb. 4) ware der NW-Karakorum formal als ein , z w e i s e i t i g e n t w i c k e 1 - t e s O r o g e n ' zu bezeichnen: n5rdlich der ,zone axiale' herrscht N-Ver- genz, stidlich davon S-Vergenz. Der V e r g e n z w e e h s e 1 mtiBte sich im Querprofil der racist massig strnierten ,zone axiale' fiber etwa 14 km Luft- l inie vollziehen, is t jedoch viel abrupter, wie die tektonische Detailanalyse (S. 458) beweist.

Die s t a r k e n E i n e n g u n g e n i m kristallinen Teil ~iul3ern sich vet a l lem in steilen Aufsehiebungen (,, G 1 e i t b r e t t - T e k t o n i k") , die den F a 1 t e n b a u , wie er im , ,Tethys-Karakorum" noeh vorherrseht, t e i 1 - w e i s e w i e d e r v e r w i s e h t e n. Anzeiehen weitreichender, flaeher ~,Deckenfibersehiebungen" fehlen.

Geologische Einzelheiten fiber den Ban des NW-Karakorum waren bisher nicht bekannt, wenn auch die Fortsetzung einzelner Gesteinszonen von benach- barren Gebieten her mehrfach eriSrtert wurde (DAINELLI 1984, 1989, DESlO 1930, 1936, GUNDLACH 1934, LEuerIs 1937, DE TERRA 1932, 1936 U.a.). Als Ergebnis einer ausgedehnten Forsehungsreise verzeichnet HAYDEN (1916) in einer Karten- skizze im ,,Hunza-Karakorum" nur ,,Konglomerate", ,,Granite" und ,,Krystalline Limestone", erw~ihnt nebenbei jedoch schon die ,Konglomeratgneise" nSrdlida NomaI (s. S. 450) und bringt einige interessante stratigraphis&e und lithologis&e Beobachtungen veto Tethys-Karakorum (s. S. 438).

Wie schwierig es ist, nur naeh mikroskopisehen Handsttickuntersuehungen (wo- bei die Proben noch nicht einmal yon einem Geologen gesammelt wurdenl) und ohne perst~nliche Kentnis der Gegend, die Strukturen eines jungen Falten- gebirges zu erkennen, zeigt die Arbeit yon KUENEN (1928). Als Ergebnis seizer mfiihevollen, z.T. sehr treffenden mikroskopischen Beobad~tungen resumiert er fiber den NW-Karakornm: ,,Nothing, however, directly suggests an AIpine structure, neither do the large amount of intrusive rocks, combined with a comparative low degree of dynamometamorphism indicate Alpine conditions" '(KVENEN 1928, S. 46). Das ist genau das Gegenteil der im betraehteten Raum tats~ichlich herrschenden Verhaltnissel

1. D e r T e t h y s - K a r a k o r u m

Seiner pal/iogeographischen Stellung entsprechend (S. 460) herrsehen in d iesem nSrdliehsten Bauelement des NW-Karakorum die m~ichtigen Kalk-, Dolomit- und Schieferserien der jungpal/iozoisehen-mesozoisehen Tethys.

.436

tt.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

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Abb, 5. Querprofil dutch den Nordrand des NW-Karakorum (,Zonen IV--V') zwischen Ghulkin und Khaibar (parallel zum Hunza-Tal).

Legende:

(Fazies und Stratigraphie im NW-Karakorum/,Zone Va--V')

9 Dickbankige, zuckerkSrnige, hellgraue Kalke und Dolomite (Dogger-Maim, teilweise Unterkreide)

8 Hellgraue Bankkalke und wechselnd m~ichtige phyllonitisdae Schieferzwischenlagen mit ausge- walzten Belemniten (Rh~t - - Lias?)

7 Dickbankige bis massige, graue Kalke und Dolo- mite, stellenweise mit umkristallisierten Medalo- donten-Querschnitten (Nor - - tlhat?)

6 Mittelbankige bis dfinnbankige, dunkelgraue Kalke, im Liegenden kieselige Feinschichtkalke und Kon- glomerate, im Hangenden mit dunklen Mergel- schiefern wechsellagernd (Anis bis Karn)

5 Schwarze Tonschiefer mit einzelnen Quarzit- und Kalkmergelbgnken (? Oberperrn - - Skyth)

4 Dickbankige, hellgraue, zuekerkSrnige Kalke

3 Gelbliehgraue Bankkalke mit Schieferlassen, unter- lagert von bfiiunlichschwarzen Mergeltonsehiefern und grauen Quarziten, fossilfiihrendl (Oberkarbon bis Unterperm)

2 Sehwarze, phyllonitische, Pyrit fiihrende Tonschie- fer von groBer M~eh[igkeit, mit einzelnen QuarzR- einsehaltungen (,Pasu-S ehieferserie')

1 Kristallin der axialen Granodioritmasse (,Batura- Muztagh' i. e. S.) (,Zone IV')

t (Beziehungen zu �9 den Nachbargebieten)

,Pamir-Limestone' (?) HAYDEN'S

} Rh~it-Lias-Schiefer der Pamir-Fazies

Nor-Rhgt-Kalke in Aghil-Fazies

Mitteltrias in Aghil- (Shaksgam-)Fazies

,Murgab-Schiefer' der Pamir-Fazies ? Oberer ,Fusulina-Limestone' t~AYDEN'S

Untere ,Murgab-Schiefer' der Pamir-Fazies

Karbon-Schiefer in Shaks- gam u. S-Pamir, ,Fene- stella-Sehiefer' im Himalaya

1 ,Karakormn- f Transhimalaya-Granit'

Das Spezialprofil l~ings des Hunza-Tales (Abb. 5 und Legende) zeigt alle am Bau beteiligten Schichtglieder und den typischen tektonischen Kontakt der einzelnen Einheiten (,Zonen' IV bis V).

Die Sedimentkomplexe weisen einen interessanten Wechsel fazieller Einfliisse yon NW (Pamir! HAYDEN 1916, GUNDLICH 1934) und von SE (Aghil-Range! DAINELLI 1934, DESlO 1936, DE TERRA 1932) auf. Im Jungpal~iozoikum und Jungmesozoikum scheint pamirischer Einflul3 vorzuherrschen. Dagegen treten

29 Geologische Rundschau, Bd. 46 4 3 7

Aufs~itze

im mittleren Pal~iozoikum und vor allem in der Trias deutliehe fazielle An- kl~inge an die SE Aghil-Ranges und den Himalaya hervorT).

Im Streiehen des NW-Karakorum wird die hoehkristalline ,zone axiale' des Hauptkammes stets dureh eine tektoniseh z w i s e h e n g e s e h a 1 - t e t e S e r i e s c h w a r z e r , p h y l l o n i t i s e h e r T o n s e h i e f e r u n d g r a u e r Q u a r z i t s e h i e f e r (,,Pasu-Sehieferserie" = Zone V~; s. Abb. 2, 4 und 5) vom eigentliehen Tethys-Komplex getrennt. Diese fossil- leeren Sehieferserien lassen starke fazielle Ankl~inge an die mittelkarbonen ,,Fenestella-Shales" des Himalaya (WxDI• 1958, 8. 168) erkennen und ge-. hSren sieherlieh an die Basis der Tethys-Serien, wie dies sehon DEslo (1986) im BaItoro-Karakorum andeutetc.

D e r F a l t e n b a u d e r T e t h y s - Z o n e (,V') weist ein relativ e i n - h e i t l i e h e s N W - - S E - A c h s e n s t r e i e h e n auf (s.S. 455 und D 6/Tar. 15), das mit der groBen nordvergenten A u f s e h i e b u n g s - f l ~ e h e s p i t z w i n k e l i g v o m K r i s t a l l i n a b g e s e h n i t t e n wird; er ist somit ~i I t e r als die grol3tektonisehe A u s p r ~i g u n g d e r ,, Z o n e n - S t r u k t u r " und hat sieh relativ unabh~ingig yon dieser ent- wiekelt!

Im stidostw~irts anschlieBenden ,Mittelkarakormn' dagegen greifen die Tethys- Sebichtkomplexe vom Shaksgam-Gebiet (Aghil-lqanges) na& S fiber die ,zone axiale' hinweg (z. B. Sarpo Lago-Profil, D~sio 1986, S. 408) und bauen die mar- kanten Hochgipfel um den obersten Baltoro-Gletscher (Crystal-Peak, Gasher- brum- und Hidden Peak-Gruppe, DEsIO 1986, S. 260ff.; D'r 1989) mit hochmetamorphen Schicht~quivalenten auf. Die Tethys-Zone teilt sich also bier, um den axialen ,,Hornblendegneis des K 2" herum, in einen nSrdlichen, schwachmetamorphen Aghil- und einen sfidlichen, hochmetamorphen Baltoro- Siachen-Ast. Das Streichen der basalen ,,Schwarzschiefer"-Serien bildet diese Gabelung getreulich ab!

Von besonderer Bedeutung ffir die Gliederung der alpidischen Tektonik sind die jfingsten Bansteine des Tethys-Karakorum:

a) D i e s p a t o b e r k r e t a z i s e h e n b i s a l t t e r t i ~ i r e n , , K a l k - k o n g l o m e r a t e "

NSrdlieh des Batura-Gletsehers liegen auf einer inter- bis sp~itglazialen Troekentalsehulter des Hunza-Tales zahlreiehe groBe SturzblSeke eines Kalkkonglomerates. Dieses Vorkommen war schon H~-YDEN (1916, S. 298) bekannt. Auf Grund ihrer charakteristischen petrologischen Zusammen- setzung stellte er die Gesteine den ,,Reshun-Konglomeraten" des Chitral gleich, von denen er allerdings (mit Vorbehalten) ein devonisches Alter annahm. Zur Frage der Altersstellung dieser fiir den gesamten Karakorum typischen ,,Kalkkonglomerate" wird S. 464 naher eingegangen.

Auf dem etwa 4100 m hohen ,,Shanoz-Kamm" (etwa 4 km Luftlinie E des er- w~ihnten Vorkommens) land der Verf. 1954 die gleichen Gesteine im urspriing- lichen Lagemngsverband (s. Abb. 6). Die Konglomeratserien sind hier in Form

7) Die in der Serie '8' (Abb. 5 und Legende) gefundenen sp~irlichen Faunen weisen auf oberkarbonisch-permisches Alter lain. Ihre genauere Bestimmung wirer zur Zeit yon Herin Dr. BAaTrrEL, Institut fiir historische Geologie und Pal~ion- tologie der Universit~it Miinchen, durchgefiihrt.

438

H.-J. SCrtNEIDEI~ - - Tektonik und Magmatismus im _'~W-Karakorum

einer kleinen, ausgequets&ten Mulde in den komplizierten Faltenbau im Strei- ehen einer grof3en St5rungszone eingeklemmt. Die beiden Schenkel der Kon- glomeratmulde liegen altersmaBig untersehiedlichen Gesteinsserien auf. Ein ur- spriinglieh transgressiver Kontakt ist - - wenigstens auf dem S-Fliigel - - sicher.

Die betraehteten Konglomeratserien enthalten a u s s e h I i e 131 i c h Kalk- und untergeordnet aueh DolomitgerSlle, die den Tethys-Sehichtkomplexen der n~iheren oder weiteren Umgebung entstammen. Das Bindemittel der GerSlle besteht, nach mikroskopisehen Untersuehungen, aus einem sehr feinkSrnigen Quarz-Karbonat-Sandstein, der zum Hangenden der grob- klastischen Serien vorherrschend wird und meterm~iehtige B~inke bildet.

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Abb. 6. Profilskizze durch den Shanoz-Kamm. (Einfaltung der jungkretazisch- altterti~ren ,Kalkkonglomerate')

Fiir die Konglomeratvorkommen im NW-Karakorum ist die i n t e n s i v e t e k t o n i s e h e ~3 b e r p r ~i g u n g typiseh, die fallweise b!s zu einer Schiefemngsstruktur (vgl. Abb. 7a und 7b) und zur Bildung feiner Serizit- hSutehen ftihrt. Wir ersehen daraus, d a B n a e h A b 1 a g e r u n g d e r K a l k k o n g l o m e r a t e i m N W - K a r a k o r u m m i n d e s t e n s n o e h e i n e P h a s e a l p i n o t y p e r L l b e r p r / i g u n g f o l g t e (vgi, S. 457)!

b) D i e , j u n g e n ' I n t r u s i v g e s t e i n e

Die Schiehtkomplexe des Tethys-Karakorum werden n6dlieh des Ba- tura-Gletschers von einer bunten Folge meist gangf6rmig auftretender Intrusivgesteine durchbroehen. (Von den verstreuten Einzelvorkommen konnten nur Lesestti&e gewonnen werden, da die Aufsehltisse selbst, bei den vorherrsehenden HShenlagen, no& ganz oder teilweise von Sehnee bedeekt waren.)

Die relativ junge, , p o s t t e k t o n i s c h e ' A l t e r s s t e l l u n g d e r I n t r u s i v a ergibt sich aus makroskopischen und mikroskopisehen Beob- aehtungen, wonach die Gesteine hgehstens eine geringe autometamorphe Ver~inderung, nie aber eine merkbare mechanisehe Beanspruehung auf- weisen. Sie mtissen also mindestens nach der letzten alpinotypen Be- wegungsphase, welehe die Kalkkonglomerate (s. o.) auswalzte und u. a. die rh/itoliassischen ,,Belemniten-Phyllonite" (Serie ,8' in Abb. 5) pr/igte, aug

439

Aufsiitze

Abb. 7 a

Abb. 7 b

Abb. 7 a und 7 b. Sp~itoberkretazisch-altterti~ire ,Kalkkonglomerate' als SturzblScke im Hunza-Tal nSrdlich der Batura-Gletscherzullge. Die norma]e tektonische i3ber- priigung (Abb. 7a) ist faI]weise bis zur vSlligen ,Verschieferung' (Abb. 7b ge-

steigert.

440

H.-J. SC~NaIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

gedrungen sein. Dabei waren es r/iumlich und zeitlich offenbar e n g - b e g r e n z t e G a n g s c h w/ i r m e , derm sic treten stets miteinander vergesellsehaftet auf und fiihren zahlreiche, vSllig ,frische' Einsehliisse des jeweils /ilteren im jfingeren. Nach diesen E i n s e h 1 ii s s e n ist ann~ihe- rungsweise eine A i t-e r s f o 1 g e zu erkennen:

Als /ilteste Intrusion erselleint eine ] a m p r o p h y r i s c h e G a n g - g e f o 1 g s c h a f t (Minette-Vogesit), die aussehlieBlieh Einschliisse eines Hornblende-Biotit-Gneises, der den iilteren Teilen der ,zone axiale' (s. S. 448) sehr ~ihnlich ist, enth~ilt. Wenig jfinger scheinen verscb_iedene, ebenfalls nur ,Gneiseinschliisse' ffihrende, Q u a r z t r a e h y t e zu sein.

Die fiingste magmatisehe Teilphase ist dureh das mehr stockfSrmige Aufdringen eines g r o b k S r n i g e n h i s p o r p h y r i s e h e n G r a n i t e s (NW yon Lupdhur am oberen Batura-Gletscher) gekennzeic~hnet. Dieser Granit enth~ilt alle vorgenannten Oanggesteine in zahlreichen, his kubik- metergrol3en Einsehlfissen. Eine Besonderheit dieses Granitstoekes ist seine p n e u m a t o l y t i s e h e N a e h p h a s e , die sieh schon makroskopisch in einer extensiven M o 1 y b d ~ n g 1 a n z f ti h r u n g aul3ert. Daneben er- seheinen akzessoriseh aueh Kupferkies, Magnetkies und Pyrit. Mikroskopiseh geht eine durehgreifende Albit isierung neben der Bildung von Epidot, Apat i t und Flul3spat einher s).

2. D i e k r i s t a l l i n e n Z e n t r a l z o n e n

Am Aufbau der ,Zonen iII" und ,IV' (vgl. Abb. 2 und 8) sind versehie- dene kristalline Gesteinsserien beteiligt, die sich sowohl naeh Stoffbestand als aueh nach Alter und Intensit~it der metamorphen Uberpr~igungen unter- seheiden lassen 9).

Den Hauptkamm bauen grofJe Intrusivmassen yon dioritisehem his granitisehem Habitus auf. Die ungewShnlieh tiefen und engen Gletseher- kessel auf der S-Seite (Kul;uar-, Baltar- und Shispar-Gletscher)10), wie aueh die Durd~bruchsschlueht des Hunza-t l iver bieten instruktive Profil- sehnitte in dieser ,zone axiale' (,IV') des Karakorum-Stammes. Hier sind durch stoffliche und tektogenetisehe Merkmale mindestens drei versehie- den alte Gesteinsgruppen erkennbar:

Das zweifellos ~Iteste (,pr~ialpide' ?) Strukturelement repdisentiert die , S e r i e d e r a 1 t e n G n e i s e ' im Hunza-L~ingstal zwisehen Muham- madabad und dem Talkni& nSrdlieh Saret (Abb. 8). Ihre eharakteristisehe ,B/inderung' wird dutch eine strenge, s-parallele Einlagerung von hellen Lagen und Linsen verursaeht, die dureh jiingere ,pegmatitisehe' Ganglduft- ffillungen zersehnitten ist. j ene ~ilteren ,pegmatoidisehen ~ Linsenzfige wei-

s) Der junge Granit vom oberen Batura-Gletseher und seine Molybd~inglanz- fiihrung waren schon KVENEN (I928, S. 48) bekannt: . . . . . it seems likely the rock was intruded after the principal orogenetie period". Nur sah er, in Unkermtnis der stratigraphisch-tektonisehen Zusammenhange, diese Orogenese als elne pra- alpide an.

g) Eine ausfiihrliche Gef/igeanalyse vom kristallinen NW-Karakorum ist noeh nieht abgesehlossen und wird sp~iter ver6ffentlieht.

10) Hierzu s. Abb. 14 und SC~NEID~I~ 1956, Abb. 1.

441

Aufsatze

Abb. 8. Die ,Serie der alten Gneise' in der Hunza-Schlucht oberhalb von Saret. Blick naeh W etwa im Streichen. Das s' der Cneisserie, durch leukokrate Lagen gut markiert (,Biinderung'), liegt fiber were Stre&en streng im B~-Plan. Quer- greffende Pegmatite (Bildvordergrund) und Gneisbauplan werden von den ,jungen Aplitgraniten' in diskordanten G~ingen durehsetzt (s. Abb. 11). Im Bfld- vordergrund ist die etwa 1,5 m hohe Trockenmauer der ,Rafik' (Karawanensaum-

pfad) zu erkennen.

sen, gemeinsam mit dem umgebenden Biotit-Gneis, eine konforme ~ilteste b-Aehsenpriigung (150~ ~ NW-Tauehen) mit im NW-Karakorum un- gewShnlieher Richtung auf. Die B~nderung der leukokraten Lagen (,,B~nke") dagegen bildet das Generalstreiehen und -fallen dieses Gebirgs- kSrpers als typisehes (jtingeres!) alpides Strukturmerkmal (vgl. B5 in Tar. 15) ab.

Alle diese ~ilteren ,Gneisgefiige' werden von einer j/ingsten Intrusiv-

442

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

generation, den ,posttektonischen' Aplitgraniten (s. S. 458), in diskordanten G~ingen und Zungen durehbrochen (Abb. 11).

Zu den anderen am GroBbau beteiligten Gesteinsserien bestehen derart kontinuierliche l~berg/inge, dab eine Grenzziehung im Gel~inde unmSglida wird. Die intensive Mischung von ,Ortho"- und ,,Para-Material" ist mit Anngherung an die axiale Granodioritzone sehon makroskopiseh wahr- nehmbar und zeigt Sehulbeispiele der Migmatitbildung im Sinne WEG- M~NN'S (1935).

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Abb, 9. Migmatitbildung am N-Rand der ,zone axiaIe'. Querprofil als Wandauf- schluB unterhalb der Gulmit-Briicke in der Hunza-Schludat. Punktiert: Nebulitisch versdawirnmende Gneistexturen; im Handstiickbereich ist fast nur grobk5rniger ,Biotit-Hornblende-Granit' zu erkennenl Auch diese Fliel3texturen bilden noch den b2_-Plan ab. Schwarz: Jiingere, leukokrate Gang-Kluft-Fiillungen (vorwiegend

,hOl'!) angedeutet.

Im Profil der Hunza-Schlucht oberhalb von Saret gehen die ,alten Gneise' (nSrdlieh der Lokalit~it ,Bulehi Das') fast unmerklieh in den Granodiorit fiber: die strenge Lagentextur der Biotitgneise wird undeutlieher, nimmt ,nebulitisdaert' Charakter an und beginnt, in groBen Schlieren naeh ,oben' auseinanderzufliel3en (Abb. 9). Solehe ,nebulitisehen' Fliel3texturen sind nur durch einen quantitativen Unterschied an melanokraten und leukokraten Komponenten in meterweitem Wedasel abgebfldet und nut noda durch grSt3eren Abstand vom Aufschlul3, jedoch nidat mehr im Handstfick-(Dezimeter-)Bereieh erkennbar. Dabei iiberwiegt stoff- tich bereits der meist ,texturlose' Granodiorit (besonders im Diinnschliffbildl). Am Kukuar-Gletscher dagegen geht ein Hornblendegneis ,,synkinematisch" im Meter-Bereich in texturlosen Granodiorit fiber (Abb. 10).

Das vorherrsehende Massengestein der eigentliehen ,zone axiale', der ,Granodiorit" oder ,,Biotit-Hornblende-Granit" (wie ihn G. Fiscrmrt in DE TERRX 1932, S. 189, im E-Karakorum bezeichnete), stellt keinesfalls einen petrologiseh homogenen ,Plutonit' dar. Seine stoffliehe Zusammen-

443

Autsatze

Abb. 10. Anatektisehe Tdbergiinge von ,voralpidisehen alten Gneisen' in Granodiorit w~ihrend der Priigung des b2-Planes: Synkinematisehe Granitisation im Bereieh des unteren Kukuar-Gletseherbeekens. Ein Amphibolit (reehts, z. T. aul3erhalb des Bfldes) geht ohne seharfe Grenze im m-Bereieh fiber einen dunkelstreifigen Hornblendegneis in den grobk6rnigen, texturlosen Granodiorit fiber (ganz links). Den Assimilationsprozel3 fiberstand eine extrem basisehe, sehr feinkSrnige ,Bank" ohne merkbare Resorptionsspuren. Das dunkle Gestein zerbraeh nut in seharfkantig begrenzte, ,sehwimmende Pflastersteine', die etwa die Grenze zwi-

sehen grobkSmigem Granodiorit und Amphibolit markieren.

Legenden zu nebellstehenden Abbildungen 11 und 12 Abb. 11. Ein ,junger Ap]itgranit' greift gangfSrmig durch den Komplex der ,alten Gneise' ohne diese wesenflich anzugreifen. Der Kontakt zwischen beiden (Pickel!) ist scharf und obne grSBere Assimilationsspuren. - - Hunza-Sdalucht

oberhalb Saret. Abb. 12. GroBe, S-vergente Isoklinalfa]te in den Marmor-Granatamphibolit-Serien des unteren Hassanabad-Tales (,Zone III'). Typische Formung nach Plan B~. Der ,junge Aplitgranit (Kreuze) greift unbeeinfiuBt davon in Gangschw~irmen und

Zungen durch den Faltenbau.

444

H.-J. SCHNEIDEI~ - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Abb. 11

~or&nrz

Abb. 12

445

Aufsiitze

setzung schwankt (fiber Zehnermeter- und Kilometerdimension) von echten Hornblendedioriten bis zu bomblendearrnen und -freien Biotitgranitvarie- t~iten. Mengenm/il3ig fiberwiegt jedoch der Biotit-Hornblende-Granit (etwa 60 bit 80~o); er scheint in fast gleichbleibender Ausbildung den ganzen Karakorum-Hauptkamm (s. S. 484) bis zur Transhimalaya-Achse hinfiber aufzubauen. Zur Charakterisierung des axialen ,,Muztagh-Granites" gegen- fiber den verschiedenen ,,Himalaya-Graniten" betont schon DE TERRA (1982, S. 111), dab dieser ..... reicher an Hornblende und Spaltprodukten und reicher an Schiefer- bzw. Gneiseinlagerungen ist",

Auch im NW-Karakorum sind kopf- bis hausgroBe Nebengesteinsein- schlfisse im Granodiorit keine Seltenheit. Die erw~ihnten ,Spaltprodukte' reichen von Einzelvorkommen grobkSmiger Gabbrovarietaten (als Vorl,iu- fer?! s. S. 461), fiber jfingere Pegmatit-Gangschw~irme, die ausschliel31ich an die ,zone axiale' und ihr kristallines Schieferdach (s. u. Zone fliP) gebun- den sind, bis zu den jfingsten ,posttektonischen Aplitgraniten'. Auf die Frage der Altersstellung (oberkretazisch bis alttertfiir ?) der Intrusivserien wird S. 470 n~iher eingegangen.

Entlang der Randzonen und im Verlauf der l~ingsstreichenden jungen Hebungsfronten im Inneren (S. 455) sind alle Abarten dieses Kristallin- komplexes 1 o k a l mehr oder weniger stark geschiefert bis mylonitisiert und diaphthoritisch ver~indert. Die Diaphthorese fiberschneidet sich zeitlieh und riiumlich mit einer schwachen Umpr~igung des Korngefiiges, erfaBt jedoch n i c h t mehr die jfingste Aplitgranitgeneration!

Die ,Serie der alten Gneise' geht sfidlieh der ,zone axiale' in einen m~ich- tigen Schichtkomplex kristalliner Schiefer fiber. Das hervorstechendste Merkmal dieser ,Zone III' sind die weithin durchstreichenden Marmor- serien (SCHNEIDER 1956, Abb. 7). Diese Marmore sind extrem grobkSrnig (bis 2 cm groBe Calcitkristalle!), lokal stark bituminSs und reich an milli- metergroBen Graphit- und Phlogopitschuppen. In bunter Wechsellagerung erscheinen Karbonat-Granat-Amphibolite, Granat-Biotit-Gneise und Quar- zite. Letztere zeigen stellenweise eine beginnende ,,Granitisation" (Feld- spat-Glimmer-Neubildung), die sie den jiingeren Aplitgraniten makro- skopisch t~uschend ~ihnlich macht!

Die Altersstellung dieses Schichtkomplexes ist ungewiB. DAINELLI (1984), DESlO (1986) und DE TEI~RA (1982) nehmen fiir die gleichen (?) Gesteinsserien im Mittel- und E-Karakorum pal~tozoisches Alter (Silur-Devon) an. Sofem flare streichende Fortsetzung nach NW (Yasin-Chitral) sicher w~ire, k5nnten die dort weniger metamorphen und fossilfiihrenden Devonkalke (HAXDEN 1916) als strati- graphisches ~quivalent angesehen werden.

Faltenbau und Regionalmetamorphose (diese vielleicht in geringerem MaBe) des gesamten Kristallinkomplexes lagen schon fertig vor, als die Intrusion des ,jungen Aplitgranites' erfolgte (s. Abb. 12, 18a und b). In seinen tektogenetischen Beziehungen gleicht er also den ,,jungen Intrusiva" des Tethys-Karakoruml

Die Ganggefolgschaft dieser ,jungen Aplitgranite' ste]lt eine wichtige tektogenetische ,Zeitmarke' im NW-Karakorum dar, da sie i m m e r n a c h AbschluB der letzten Faltungsbewegungen auftreten. Ihre Verbreitung

446

H.-J. NCH1NEIDRR - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karak0rum

sdaeint dureh die letzten alpinotypen Bewegungen und die damit aus- gel6ste Bmehtektonik geradezu vorgezeiehnet (S. 454). Ihr Kontakt zum Nebengestein ist makroskopiseh stets abrupt und ohne Anzeichen grN3erer Salbandbildungen oder l~esorptionen. H~iufig ftihren sie grol3e Bro&en yon ,alten Gneisen' und Granodiorit als Einsehliisse (z. B. Shispar-Kessel, s. Abb. 15). Nur eine jtingste Kltiftung greift fiber Granit und Neben- gestein unbeeinfluBt hinweg (s. Abb. 14).

Im D/inns&lift zeigt sieh das /ibliche (selten sehwach geregelte) feinkfmige Gemenge der granitisehen Mineralkomponenten; dabei herrseht Quarz meist stark vor. Als Besonderheit erscheint Caleit akzessorisch (um l~o) im prim~iren Korngef/ige.

3. D i e C h a l t - S e h i e f e r s e r i e Die kristalline Zentralzone/iberlagert entlang ihres S-Randes eine bunte

Serie sehwaeh metamorpher Schichtkomplexe mit einer meist steilen, S-ver- genten Aufsehiebungsfl~iehe (,Zone II', Abb. 4). Der im einzelnen sehr komplizierte Faltenbau (S. 452 und Tar. 15, D 2 und D 8) verl~iuft wieder parallel dem NE--SW-Generalstreichen des Gebirgsktirpers. Zahlreiehe L~ingsst/Srungen zeigen etwa sehichtparalMe, s/idw~irts geriehtete Auf- sehuppungen.

Lithologiseh bestehen grol3e Unterselaiede gegen/iber den angrenzenden Kristallinzonen; sie stellen ein wesentliehes Merkmal dieses Bauelementes dar. Dazu tr/igt vor allem das Vorherrsehen basiseher Intrusivktirper und vulkaniseher Serien bei. Da diese fast nur auf die innere L~ingsaehse und den flaeheren S-F1/igel (Rakaposhi-Nordflanke!) der ,Zone II' beschr~inkt bleiben, ist auf einen ~ilteren Grol3muldenbau zu sehlieBen.

Die epizonal fiberpr~igten ,Grfingesteine' (andesitisehe Tuffe, Augitpor- phyrite, Diabase und phyllitisehe Tonsehiefer) seheinen die h5ehsten Sdaiehtglieder dieser Serie darzustellen. Darunter folgen geringm~iehtige klastische Serien (Qnarzit mit konglomeratischen Einlagerungen und stark versehieferte ,Grauwacken'). Der fiberkippte N-Fltigel der Grol3mulde ent- h~ilt dana& die h~Shermetamorphen Schiehtglieder einer tieferen Sediment- folge: Granat- und Staurolith-Glimmersehiefer mit geringm~iehtigen (!) Ein- schaltungen feink6rniger Marmore und Quarzite.

Die Altersstellung dieser Gesteinsserien ist ungewil3. In streiehender Fort- setzung nach NW (Yasin) gab HAYDEN (1916, S. 294 ft.) ~ihnliche Sehichtproflle an, dort jedoeh mit st~irkerer Beteiligung der karbonatisehen Gesteine. Naeh

Legende zu Abbildnng 13 a und 18 b auf S. 448 und 449 Abb. lga und 18b. Abb. lga stellt einen photographisehen Ausschnitt aus der Ansiehtsskizze Abb. 18 b dar. Wandaufsehlul3 an der W-Seite der Hassanabad- Talgabel (Mutschual-Shispar-Gletseherzungen). Der Aufsehlul3 ist im unteren Teil von diluvialen Seitenmor~nensehleiern verdeekt. Der ,junge Aplitgranit' (in der Photographie hellgrau, in der Zeiehnung dureh Kreuze signiert) ist mit einer m~iehtigen, relativ flaeh liegenden Zunge in die bereits gefalteten Mar- mor-Amphibolit-Serien (,Zone III') intrudiert. Dabei kam es zu keiner wesent- lichen Resorption des Nebengesteines. So zeigt z.B. aueh der rhombenf6rmige Marmor-Amphibolit-Block (Bildmitte; 60 his 80 m Durchmesser!) ganz scharfe

Grenzen gegen den feinktimigen Aplitgranit.

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sp~irliehen Fossilfunden in den Kalken und lithologisehen Vergleiehen nimmt er fiir den ganzen Sehiehtkomplex pal~iozoisehes Alter (Silur bis Oberkarboh oder Perm) an. Diese ,,pars pro toto"-Annahme hat jedoeh keine beso~dere Beweiskraft.

Denn im gasin liegt fiber diesen ,pal~ozoisehen" Serien transgressive Ober- kreide mit m~iehtigen Basalkonglomeraten (s. S. 464). Wenn aueh im Hunza-Gebiet (unserer ,Zone IP) alle Anzeiehen dieser jfingsten Transgression {ehlen, so ist do& naeh versehiedenen anderen Hinweisen die MSghehkeit vorhanden, dab wenigstens die eruptiven und intrusiven ,Griingesteine' dem oberkretaziseh-alt- tertiaren Magmatismus der grogen ,,initialen Narbe" (S. 462) zuzustellen sind. Darauf wiirden u.a. aueh die ungewShnli& groBen, lokalen Magnetitanreiehe- rungen (z. B. bei Cha]t) und die starken, erdmagnetis&en Lokalanomalien hin- weisen.

Die streiehende Fortsetzung der ,Griingesteinsserien' nach SE hal nun- mehr KICK (1956) im Verlauf des Chogo-Lungma-Cletscherbassins beob- achtet. Dies deutet darauf hin, dab unsere ,Zone II ' yon der Karakorum- Achse siidwarts gegen die alte Indusfurche abbiegt; denn im Mittel- und E-Karakorum seheint dieses Bauelement zu fehlen.

4. D i e R a k a p o s h i - R a n g e Die kristallinen Serien dieser ,Vorkette' (,Zone I') konnten nur wfihrend

des An- und Abmarsehes im Querprofil des Hunza-Tales kursoriseh be- traehtet werden, da sie bereits augerhalb unseres eigentliehen Arbeits- gebietes lagen. Es ist sehr wahrseheinlieh, dab die sfidlieh yon Chalt fest- gestellte tektonisehe Grenze (s. oberes Profil in Abb. 4) nur lokale Bedeu- tung besitzt und die ,Chalt-Sehieferserie' (,Zone II') sieh somit im siidlieh angrenzenden Gebiet der Rakaposhi-Range in einem st~irker metamorphen Zustand wiederfindet.

Darauf weisen verschiedene Beobaehtungen bin: Auf der S-Flanke des grol3en basisehen IntrusivkSrpers (siidl. Ghalt) stellen

sieh siidw~rts fallende, feinsehieferige Amphibolite rail ungewShnlieh hohem Magnetitgehalt ein. Diese Amphibolite gehen naeh S sehrittweise in eine m~iehtige, yon granitischen Sehlieren und Gangen clurehzogene Gneisserie fiber. Etwa 6 km nSrdlieh Nomal ffihrt der ,Granitgneis' meterm~ehtige, teilweise ,friseh' erhaltene, teilweise flaserig ausgewalzte ,,Konglomeratlagen". Die bis kopfgroBen Ger511e bestehen meist aus einem feinkSrnigen, dunklen ,Diabas" und gelegentlich auch aus einem grobitaserigen Gneis.

Diese ,,GerSllgneise" waren sehon HaYDEN (1916) bekannt. Er sah in den konglomeratischen Komponenten die hochmetamorphen ~quivalente des jung- pal~iozoischen ,,Panjal-Trapps" (wie im Yasin-Profil, s.o.) und in der gesamten Kristallinserie generell die metamorphe Schichtfolge des NW-Himalaya.

Die Untersuchungen von W'aID.~ (1988) und eigene Beobachtungen im sfid- w~irts gegen Gilgit hinziehenden Querprofil best~itigen weiter die Vermutungen HAYDENS. Der nSrdlich Gilgit anstehende, sehr basisehe ,Homblendegneis' (,Zone H') leitet jedenfalls ohne Unterbreehung naeh S in den ~uBeren Mantel der Nanga Parbat-Cranitgneiskuppel fiber (WAma 1988).

Der vorherrsehend hochkristalline Zustand der Gesteinsserien zwischen Rakaposhi-Range, Gilgit und dem Rahmenbau des Nanga-Parbat-Massivs macht die sichere Feststellung groBtektoniseher Grenzen vorlaufig noch un-

4,50

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

mfglich; sie haben auf jeden Fall nicht die Bedeutung wie die beiden grogen ,Zonengrenzen' innerhalb des NW-Karakorum (II / I II und IV/V). Die l:takaposhi-Range geh5rt tektogenetisch bereits zum NW-Himalaya!

III . T e k t o n i s c h e G e f f i g e a n a ! y s e r e p r ~ i s e n t a t i v e r T e i l - b e r e i e h e (Statistiseh erfaBbare Deformationspl~ine)

(Hierzu vgl. Abb. 8 und Tafel 15)

1. B e z u g s b e r e i e h e , E r l b u t e r u n g u n d A u s w e r t u n g d e r D i a g r a m m e

Wir befassen uns hier, gemaB der Definition von SANDER (1957, S. 257) ,mit s~imtli&en Raumdaten im I n n e r e n eines interessierenden Bereiehes und mit deren Znsammenh~ingen untereinander". Dazu sollen noeh ausfiihrliehe gefiige- kundliehe Diinnsehliffuntersu&ungen yon orientiert entnommenen Handstiieken dur&geffihrt werden, die eine weitere Kontrolle bzw. Beriehtigung ergeben.

Da die Messungen von Raumdaten tektoniseher Elemente (s-Flaehen, b-Aeh- sen, Rupturen/Klfiften usw.) nicht gleichm~13ig tiber das gesamte Arbeitsgebiet verteilt sind, sondern sich entlang der Expeditions-Marschrouten und um engere Arbeitsschwerpunkte (z. B. Standlager der wissenschaftlichen Expeditionsgruppe) h~iufen, mu/3ten die Geffigeanalysen auf versdaiedene Teilbereiche beschr.~nkt werden. Von diesen sind nachstehend einige reprasentative Beispiele angegeben. Ihre Darstellung erfolgt entsprechend der hierzu fiblidaen Arbeitsmethode (SAN- DER 1948, KARL 1954).

Die Abgrenzung ,homogener Bereiche' war vor allem durch die Persi- stenz bestimmter Geffigedaten erfal3bar und konnte, nach einer ersten be- reichsweisen Zusammenstellung, in ~bereinstimmung mit den Feldbefun- den durchgeffihrt werden. Schon dabei zeigte sich, dab die Raumstetig- keit typisierbarer Geffigedaten auch fiber mehrere, welter voneinander enffernt liegende Teilbereiche (z. B. D1--D4) erhalten blieb, sofern diese Teilbereiche dem g I e i c h e n Bauelement (i. w. S. ,,Zonen") angehbren, a u c h d a n n , wenn verschiedenes Gesteinsinventar vorliegt: Es erscheint demnach zulassig, die yon einzelnen Arbeitsschwerpunkten durch grbBere Mel3dichte erm5gliehten Geftigeanalysen zun~iehst als , r e p r ~i s e n t a - t i v ' ffir die betreffende grogtektonisehe Baueinheit anzunehmen, solange aus den zwisehenliegenden Bereichen keine aul3ergewShnlichen oder gegen- s~itzlichen Daten vorliegen.

D i a g r a m m 1 (Mel3bereich: Bar bis Toltar-Baseeamp, unteres Kukuar- Gletseherbe&en und Baltar-Basecamp).

Die Granatglimmersehiefer N Bar gehen nordw~irts fiber Hornblende- gneise in Migmatite fiber, welehe lokal den Charakter des axialen Grano- diorites annehmen. W~ihrend F~iltelungen im Granatglimmersehiefer noeh eine relativ geringe Streuung der b-Aehsen (um 110~ ~ WNW-Tauehen) erkennen lassen, begiImen sie mit steigender Anatexis auseinander zu ,,fliel3en". Vorerst ist noeh nieht zu entseheiden, ob die ,synkinematisdae Granitisation', die in etwa 100 m m~ichtigen s-konkordanten Streifen zun- genfSrmig vorgreift, auch dem (letzten) Teilformungsakt der Granatglim- mersehiefer zeitlieh entspricht, oder ob die Metablastese (fiber 2,5 km

45l

Aufs~itze

Horizontaldistanz!) mit einer eigenen (Tell-)Bewegungsphase verkniipft war. Die b-Achsen beider Bereiche streuen jedenfalls nieht bedeutend.

Im Baltar-Gebiet iiberwiegen lokal stark geregelte Granitgneise. Als Be- sonderheit t~itt hier eine verbreitete pr~i-, para- und postkinematisehe Turmalinbildung auf. Gestreckte ,Turmalinflecken' und gef~iltelte ,Tur- malinschlieren' (b-Aehsen!) sincl in das Gneis-s' eingeregelt. Gangtriimer von sehwarzem, mikrokristallinem Turmalin schneiden messersdaarf (ae- Kl~fte!) durch das Gestein.

Im Vergleich mit dem Kunkun-Kukuar-Bereich tritt eine etwas st~irkere Streuung der b-Aehsen (urn L00~ ~ W-Tauchert) auf; allgemein herrscht jedoch aueh hier das typische flaehe WNW-Fallen aller meBbaren Adasen vor. In beiden Teilbereiehen beflnden wit uns in der S-ttandzone des axialen Granodiorites.

Die Migmatite werden von m~iehtigen, metamorphen Sedimentserien der ,Zone I I I ' ohne merklichen t~ichmngswechsel der s-Fl~ichen/iberlagert. Bereichsweise ist ein Grol3faltenbau erkermbar, sonst iiberwiegt isoklinale Lagerung (s. Abb. 4, oberes Profit). Die s-Pole streuen auf einem Grol3- kreis (~r~,) und deuten dadurch eine (jiingere) Einregelung aller (auch b-tragender!) s-Fl~iehen dureh weitspalmige Verbiegungen um eine NE- tauchende Adlse (~zs,-Pol[) an. Dieser letzte Faltungsakt erzeugte das in diesem Bereich nur konstru_ktiv ermittelbare ,Bs' (ll4~ die strukturell vorherrsehende iunge Aehse des NW-Karakorum! Ihrer Alters- stellung entsprechend miil3ten die Ad~sen in den Kleinbereidzen des Kri- stallins dann als ,,b2" bezeiehnet werden.

D i a g r a m m 2 (Mel3bereich: Bar--Nisapur). Hier wird ein typisches Beispiel fiir die sehiefe Clberpr~igung der

phyllitischen Tonsehiefer am Nordrand der ,Zone I I ' in n~iehster Nachbar- sd~aft der aufgeschobenen Kristallinserien (,Zone III ' ) gebracht.

Im Handstiiekbereieh sind auf s-Fliiehen (Maximum 140~ ~ NE) zwei siela sehiefwinkelig iibersehneiclende Achsenrichtungen erkennbar: eine sehw~dler ausgeprSgte mit 40 ~ SE-Fallen und eine sch~irfer hervortretende mit etwa 18 ~ NW-Fallen. Im betrachteten m~Bereieh herrscht gleichfalls eine Schieferung ( s ' = 19,5~ ~ NE), die das sedimenNre s (durch stoff- lichen Weehsel kontrollierbar!) schdig ~berschneidet.

Durch die Konstruktion in Diagramm 2 wird nun ersiclatlid~, dab die ftath NW fallenden, scharfkantigen Linearen die Schnittgeraden zwischen s trod s" darstellen (= /73, = S&erungsa&sen), also durch die Sehieferungsiiberpr~igung des Sedimentkomplexes entstanden und jiinger als b2, shad.

Das steiler nach SE tauchende b~ wandert nun bei konstruktiver Biickfor- mung (Ebnung der b-tragenden s-Fl~iche) an die Peripherie und f~illt schlieg- lich, bei horizontaler Lagerung, mit der Aehsenr[ehtung (95 ~ bis 125 ~ in den Granatglimmerschiefem N Bar zusammen. Das Optimum an I~ichtnngsiiberein- stimmung wgre theoretisch erreieht, wean die s-Flfiche noeh weiter in ein finches Siidfallen rotiert wiirde]

Da eine iiberkippte Lagerung am N-Rand der Chalt-Schieferserie (,Zone II') auch nach anderen Hinweisen mit groBer Wahrseheinlichkeit angenommen wer- den kann (s. S. 447), ist es mSgI~d% dab die rekonstruierte Richtungsfiberein-

452

Geologische l lundschau, Band 46

D~: Sammeldiagr~m. MeBberei&: Bar his Toltar-Basecamp, unteres Kukuar- Glets&erbe&en MUd Baltar-Baseeamp. 67 s-Pole (Besetzungsdi&te: 1M-lOft) mit Maximum bei 113~ ~' NE- FaJlen.

o I9 b-Adssen (Teilberei& Bar-To]tar) und + 14 b-A&sen (TeiIberekta galtar-Nord) mit deutlidmr Hgufung utu 110~ ~

WNW-Tau&en ( - l~-Maximm). ~,-Kreis aIs Grogkreis ausgezogen (mit Let);

s-Polmaxima Mud ~-Pol liegeu aM{ dm ae-Ebene van Achsenplan B5 (-+ hori- zontal, mittleres Streichen 114~ D~ Punktierter gereich: Actasenh~iufung in Diagrsmm 4.

D~: Synoptisd~es Diagramm. Me13bere14~: gar-Nisapur. 27 s-Pole und 82 s'-Pale (Besetzungsdiehte: 1-5-ION) mit Maxima bel 140c/75 ~ NE (fiir s) und 125~ NE (fOr s'). Konstruktive Bii&drehung einer b~, bzw. [3' tragenden s-Fig(he (als Grog- kreis ausgezogen/Handstiickautsicht oben rechts nebon Diagrmnm0: b~' wandert an die Pefiphene nach b~" in allgemeiue Bi&ung van be, wie augerhalb des tIorizontlueises angezeichnet ist. .&uf s' umgmnzte Bereiche: H~iufm:~gen anderer b'-Lagen.

~'-Kreis aN GroBkreis ansgezogen (mit Lot =- fl;!) D, Punktierter gereich: Achsent/iufung in Diagramm 1 (b~).

D,: Sammeldiagramm. Me~3bereid~: Chalt-Tashot mit Schwerpunkt Majus.- HindL 81 s-Pole (haw. gleid~Iiegende s'-Pole) (Bmetzungsdiehte: 1-5-10~) mit drei deuflidmn Hgufungen um 114c/42 ~ SW-, 114~ NE- und 650/650 NW-Fal]en. 21 fl~-&hsen des inneren SatteIzuges mit Haus um 80~ WSW-Tao- ehen (= Lot des ~z-Kreisesl), z~' und Bs wie Diagramm 1, Dx Punktierter Berei4:,: Achsenhgufung in Diagramm 1 (b~).

D~: Teilberei4~ Shispar-Glets&erbe&en. Konstruktive Em~ittlung yon 1]~, die dem im Gro3bau erkennbaren Bn-Plan entspre&en und sich um den ~-PoI h~.ufen. 5 s-Pole mit m-Gro3kreis. D~ Punktierter Be~:eict~: Aehsenh~ufung in Diagramm 1 (b~).

Dn: Sammeldia#amm. Me6bereich: BaOtra-N'ord/Lupdur-Put Mahal. 5~ s-Polo (Besetzungsdichte: I~5--I0~) mit drei deutlidaen H~iufungen, die auf dem z~-GroBkreis liegen. ~0 b-Achsen mit oinem Sehwerpunkt um grPol (18Oc/1O ~ WNW-Tau&en). D~, Da Mud &, Bs entspre&end den anderen Diagramaen.

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Altersschema der vorherrschenden Achsenrichtungen im NW.l~rakorum

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H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

stimmung der b-Achsen keine zuf~illige w~e, sondern einen iilteren, beiden Bereichen gemeinsamen Beanspruchungsplan darstellte.

Die junge tAberpriigung (Schieferung - - Scherungs-fi~,) effolgte sicher- lich im Zusammenhang rnit der sfidvergenten Aufschuppung des Kristallin- kornplexes, denn sie scheint in dieser Form f/Jr die phyllitischen Ton- schiefer in Nachbarsehaft der Aufschiebungszone spezifisch zu sein. Un- rnittelbar vor oder w~ihrend dieser Schuppenbewegungen rnuB die t3ber- kippung des betrachteten Schiehtkornplexes stattgefunden haben, denn be- reichsweise sind gleiehsinnig mitrotierte, rnehrscharige Scherungen zu beobachten.

D i a g r a m m 8 (MeBbereich: Hunza-Tal---Chalt--Tasho[ mit Schwer- punkt Majun-Hindi).

Die in ,Zone I I ' vorherrschenden Schieferserien lassen in Einzelf~illen noch einen pr~iexistenten synklinalen Faltenbau erkennen, der durch zwei s-Maxima (114~ ~ SW, 65~ ~ NW) hervortritt. Beide Maxima liegen auf einern GroBkreis, dessen Pol (Jzz) rnit dern Schwerpunkt konstruktiv gewonnener fig (als Schnittgeraden beider s-Fl~ichenseharen) zusarnrnen- f~llt. Diese f13 entsprechen dem Achsenplan (Bz) der im Gel~nde sicht- baren GroBfalten (vgl. Abb. 8 und 4).

Irn 5stlichen (urn Chalt) und nSrdliehen Tell der Zone II, wo st~irkere Einengungen irn unrnittelbaren Wirkungsbereich starrer Kristallinrnassen atfftreten, fiberwiegt isoklinaie Lagerung (t3berkippungen yon Falten- schenkeln rnit zweiter Sehieferungsfiberpr~gung (z. B. D 2!). Darnit geht ein Einschwenken der Schichtpakete in die Streich- und Fallrichtung der (tektonisch!) fiberlagernden Kristallinserien des Nordens einher.

Die statistische Zusammenfassung im Diagramm 8 l~Bt dieses ,Wandern' der s-Pole yon Maximum 65o/65 ~ NW- in Maximum 114~ ~ NE-Fallen erkennen. Beide Maxima liegen auf einem Gro/3kreis (~'), dessen Pol die Achsenlage (250/52 ~ N-Tauchen) der grol3r~iumigen Deformation zeigt. In gleicher Richtung liegen auch b-Aehsen im Handst/ickbereieh der Schieferserien. Mit dieser Tell- deformation wird Plan B~ durch Plan B5 fiberpriigt, was praktisch in einer ,,Verbiegung" der Achsen erfolgt. Die Lagen/ibereinsthnmung der ~5'-Pole in D 1 und D 3 ist ungewShnlich seharf und kann nicht zuf~llig sein; es muB ein beiden Reichen gemeinsamer, letzter Formungsakt angenommen werden.

Die statistische Geffigeanalyse zeigt, dab Plan B~ als jfingerer Uber- pr~igungsakt auch in den Einengungszonen der Chalt-Schiefer-Serie dorni- niert.

D i a g r a m m 4 (MeBbereich: Shlspar-Gletscherbecken).

Der innerste Shispar-Gletscherkessel ist in den Granodiorit der ,zone ax;_ale' eingesenkt. Die steilen, rnauerartigen Wandfluchten ergeben Auf- schifisse (Abb. 14) yon etwa 4000 rn Hfhe! Durch Neuschneebelag werden gegen W absinkende Felsbiinder betont, die dutch ein vorherrschendes Fugensystern vorgezeichnet sin(]. Diese allgernein flach SSW fallende ,,Bankung" ist atff eine nordvergente Zerseherung der Granodioritrnasse zurfickzuffihren. Die Scherungsfl~chenscharen (hO1-Kl/ifte) divergieren leicht irn Einfallen und erzeugen dadurch die streichende ,stengelige" Unter- gliederung der Felsmasse in groBen Dirnensionen (100 rn) (,,Geflfigelrelief").

30 Geologlsche Rundschau, Bd. 46 ~[i~

Aufsatze

Mel3bare Fl~chen dieser Art weisen relativ geringe Streuungen um 140~ ~ SW auf.

In der ,,Stengelungs"-Richtung verlaufen auch zahlreiche Granitlagen, die eine deutliche Hell-Dunkel-Banderung der Wand hervorrufen. Sturzblticke aus den st~indig yon Lawinen bestrichenen Wandfluchten und Moranenmaterial weisen eine gleichbleibende Zusammensetzung auf: vorherrschend grobk6rniger Horn- blende-Biotit-Granit und nebenher feinkSrnige Granite, die das dioritische Ma- terial in schlierigen Fetzen und grol3en Resorptionsrelikten enthalten (Abb. 15). Den ,Granitb~ndern' der Shispar-Mauer ist eh:e para- und postkristalline Ober- pr~gung eigen, die sie f o r m a 1 yon den ,jungen Graniten' unterscheidet n). Wahrscheinlich ist hier ein viel tieferes Intrusionsstockwerk (der jungen Granit- phase) aufgeschlossen als in den anderen Berei&en. Darauf deutet auch das Durchstreichen der ,jungen Hebungsfront' hin (vgl. K~ in Abb. 8).

Gegen S, im untern Tell des Shispar-Gletschers, stellen sich die kristal- linen Schieferserien der ,Zone I I I ' mit ihren typischen Marmorzfigen ein. Im Felde gewinnt man den Eindruck, als ob die generell W - - E streichen- den alten Sedimentkomplexe nordwgrts u n t e r den Granodiorit der ,zone axiale' einfallen w/irden.

Hier sind ,junge Granite' in m~chtigen Biinken und cm-didcen Lagen s-kon- kordant eingeschaltet; sie fiberdecken damit eine ~ltere diskordante ,,Pegmatit- generation" (die durch Granat_fiihrung ausgezeidmet ist). Die Mischung yon Aplitgranit und Nebengestein in stofflich stets scharf abgegrenzten Lagen und Linsen ist derart intensiv, dab ihre kartierungsmN3ige DarsteUung unmtiglich wird. Granit-,,Injektionen" und jfingere Scherungskliifte der hOI-Lage verst~rken den s-Plan der alten Sedimentserien. Welter siidw~irts, etwa yon der Einmiin- dung des Mutschual-Gletschers ab, nimmt ein diskordantes Durchgreifen der jungen Granite fiberhand und fiihrt zu typisd:en ,,Intrusionsverb~inden" sdama- lot G~nge und Zungen (Abb. 12 und 18).

Wit sehen also: Im N-Tell des betrachteten Bereiches (,Shispar-Mauer', Abb. 14) liegt ein deutlicher s'-Plan vor, der in grol3en Z/igen wohl auch dem Intrusionsverband einzelner Granitbanke entspricht, diesen aber durch eine fast affine Zergleitung wieder fiberpragt. Dabei zeigen alle fl~ichigen Elemente dieses Planes ein starkes statistisches Maximum um 45 ~ SW-Fallen; im S-Tell dagegen herrscht s-Fallen in n6rdlicher Richtung.

Daraus ergibt sich ein Synklinalbau, dessen Achsenlage in Diagramm 4 kon- struktiv dureh Darstellung einiger typiseher Fl~dlenelemente ermittelt ist. Es zeigt sieh, dab die als /~ erhahenen Sdanittgeraden (zwisehen s' des N- und s des S-Flfigels) urn x~ mit 118~ ~ NW-Tauehen streuen und damit richtungs- mN3ig unserem Bs-Plan in D 1 und D 3 entsprechen. Das ist die strukturell vorherrsd:ende junge Aehse des NW-Karakorum[ Hier in Shispar-Bereich fiber- wiegt nut ein flaehes NW-Adasentauchen, da sieh dieses Mel3gebiet praktisch im Zentrum der axialen Kulmination beflndet.

Diesem Achsenplan B5 kiSnnen noeh versehiedene Kluftsysteme (Okl- - ac--hOl) zugeordnet werden, die in den Kluftrosen (Ki bis K3 in Abb. 3) durch starke Maxima hervortreten. Im GroBaufsehluB der ,Shispar-Mauer'

n) Die mikroskopischen Untersuchungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Sie werden zeigen, ob die Granite dieses Bereiches eindeutlg unseren ,jungen Graniten' zuzuordnen sind.

454

H.-J. SC~NEmEt~ - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

(Abb. 14) ist das ac- und Okl-Kluftsystem, dutch Neusehneebelag mar- kiert, fiber 8000 m H6henuntersehied gut zu sehen. Sieherlieh sind St6run- gen dieser Art mehrfaeh wieder aufgelebt, vor allem wghrend der j/in- geren Massenhebungen.

Der MeBbereich K 2 wird von einem Maximum senkreeht stehender 180~ beherrscht. Denn etwa 1 km stidlieh der ,Shispar-Mauer' streidat, fast parallel zur Wandfl~iehe, eine mehrere 100 m breite, senk- rechte Ruschelzone dutch, die alle anderen Klfifte zu versetzen scheint. Es liegt auf der Hand, in dieser, von starken Mylonitisiertmgen beglei- teten, steilen St6rungszone eine ,junge Hebungsfront' (s. S. 446) zu sehen, die mit vornehmlich vertikalen Blockbewegungen (Bruehtektonik!) tiefere Teile des axialen ,Synklinoriums' emporhob und dadureh auch die Mor- phologie dieses Raumes vorzeidmetel-~

D i a g r a m m 5 (MeBbereich: Hunza-Sehlucht Muhammadabad--Saret) (D5 nur generalisiert in Abb. 8 dargestellt).

F/Jr die ,Serie der alten Gneise' ist ein strenges s-s'-Geffige eharak- teristiseh, was eine starke H/iufung um Maximum 110~ ~ N zur Folge hat. Naeh N lain, mit Ann/iherung an die Migmatite (Abb. 9) der ,zone axiale', wird das Einfallen allm~ihlieh steiler. Stofflieher Wechsel im m-Rhythmus zeigt ein pr/iexistentes sediment/ires s an, dem von Muham- madabad gegen Baltit (W) hin die Raumdaten der Granatamphibolite und Marmorserien entspreehen. Der (tektonisehe?I) Kontakt der beiden kon -~ kordanten Serien wird dureh einen breiten, streichenden Streifen von Gangsehw/irmen ,junger Granite' getarnt.

Dureh Auswalzung yon pegmatoidisehen Linsen, die dem s des Granat- Biotit-Gneises in langen Schnfiren eingelagert sind, sowie dutch eine sehwaehe Querf~iltelung wird ein b mit Maximum 150~ ~ NW-Tauehen erfaBbar. Diese b-Aehsenriehtung scheint im kristallinen NW-Karakorum auf die alten Gneisserien besehr/inkt zu sein, wenn man von dem mehr lokal bedingten flz' (145~176 NW) in D 2 absieht. Da der Plan B5 aul3erdem sieher j/inger ist, kann diesem spezifisehen Gneis-b nur ein ,vor- alpides Alter zugesproehen werden (,,bl").

D i a g r a m m 6 (MeBbereieh: n6rdlich des oberen Batura-Gletsehers, Camp Lupdur his Put Mahal).

Im ,Tethys-Karakorum' zeigen die Aehsenrichtungen des GroBfalten- banes einen Bauplan an, der im wesentliehen unabh~ingig von den For- mungen der zentralen Kristallinmassen entwickelt ist. Die jiingere Schup- pen- und Bloektektonik zerstfiekelte zwar den Faltenbau stark, wurde jedoeh dureh seinen Verlauf sehon weitgehend vorgezeiehnet und be- wirkte letztlieh keine quantitativen Umpr/igungen mehr. Dementsprechend treten Achsenrichtungen naeh Plan B5 nur untergeordnet /an E-Tell des MeBgebietes in Erscheinung.

1~) Hinweise auf eine gr613ere streichende Erstreckung dieser fast senkrechten ,jungen Hebungsfront' sind, nicht nur durch morphologische Erscheinungen (PAFFEN & Gen. 1956), sondern auch tektonisda, im Baltar-Gletscherbereida vor- handen.

455

Aufs~itze

Die vermessenen s-Fl~ichenpole h~iufen sich auf einem Grol3kreis (,,Giir- tel"), dessen Pol (~a) wiederum in den Schwerpunkt konstruktiv erhal- tener fi4 f~illt. Diese fi4 entsprechen reellen GroBfaltenachsen der Kalk- serien (B4:128~ ~ NW). Das SE-Achsentauchen dagegen scheint mehr auf den Bereich der Tonschiefer-Quarzit-Serien (,Zone V a') N Lupdur be- schdinkt zu sein. Die Schiefer heben sich hier nada NW unter den Kalk- komplexen stark heraus und bauen viele Hochgipfel der Lupghar-Gruppe auf (SCHNEIDER 1956, Abb. 14).

2. R ~ i u m l i e h e u n d z e i t l i c h e B e z i e h u n g e n

Durch die statistische Answertung der tektonischen Geffigeanalyse (vor- stehend nur in einer Auswabl typischer Bezugsbereiche durchgefiihrt) wird ersiehtlich, dab der in grol3en Ziigen strukturell e i n h e i t 1 i e h e r - s c h e i n e n d e ,Zonenbau ~ des NW-Karakorum erst im Gefolge einer 1 e t z t e n Uberprfifungsphase entstand. Der damit regional hervortretende Bs-Plan fiberdeckt jedenfalls, wenn auch graduell sehr unterschiedlich, die anderen B-Achsenpl[ine. Diese ,untergeordneten' Formungspl~ine besitzen a u 13 e r h a I b der ,zone axiale' deutliche Riehtungsuntersehiede gegen- fiber ,Bs', gleiehen sieh jedoch mit r~iumlicher und offenbar aueh ,zeit- licher' Ann~iherung an B5 und dessen Bewegungsplan an (D 8 - - D 6) bzw. werden von ibm vSllig /iberdeckt (D 1- -D 4 - -D 5). Dabei tritt die Bin- clung der ,untergeordneten' B-b-Aehsenrichtungen an ganz bestimmte Teflbereiehe (,Zonen') nach Gefiigestatistik u n d Gel~indebefund deutlieh hervor: d i e v o n B ~ g e n e r e l l i i b e r p r ~ i g t e n R i c h t u n g e n s i n d f f i r e i n z e l n e B a u e i n h e i t e n s p e z i f i s c h . Die Gliederung des NW-Karakorum in mehrere Baueinheiten (,Zonen I - -V') ergibt sieh also nieht nur aus unterschiedliehem Gesteinsinventar und groBtektonischem Lagerungsverband, sondem aueh dureh die riehtungsversehiedenen For- mungspl~ine der einzelnen Strukturelemente.

Demnach besteht im NW-Karakorum das gleiehe ,tektogenetische Problem' wie in den Ostalpen naeh dem derzeitigen Stand der Gefiigeforschung, n~imlieh ,,die grunds~tzliche Frage: inwieweit die Pr~gung charakteristischer B-Achsen- richtungsgruppen einem einheitlichen und gesetzm~il3igen Bewegungsablauf zu- ordenbar ist? Und somit die einzelnen B-Riehtungen eher fiir die Aufl6sung eines Bewegungsmechanismus verwendet werden sollen, als ffir zeitliehe Tren- nurtg einzelner B-axialer Prligungen untereinander" (Kb.I~L 1954, S. 151). Eine solehe abstrahierende, rein kinematische Analysenmethodik solhe jedoch auch, ihrer besonderen Bedeutung entspreehend und mit aller Vorsieht (!), der g e o- 1 o g i s e h e n Raum - Z e i t - Betrachtungsweise untergeordnet werden. Dies wird in der folgenden Synthese versueht, da die Verh~Itnisse im NW-Karakorum hierffir offensiehtlich sehr giinstig sind.

Die konstruktive Konfrontation von Sehnittlinien verschiedener Fl~ichen- lagen (fi) und B-Achsen ira Abschnitt 1 (S. 451) lieB deutliche Hinweise auf eine zeitliehe Abfolge der Strukturentwicklung erkennen:

a) In den kristallinen Zentralzonen (,III---IV') herrschen flaeh WNW tauchende bis horizontale (Bs) Aehsenlagen vor, von einer zurfiektreten- den, lokaleren Riehtung (bl) abgesehen. Aueh die Gel~indeformen sind da-

456

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

durch weitgehend vorgezeiehnet (,,Gefiigerelief", SANDE~ 1948). Die B-b- Tektonik der anderen ,Zonen' weieht riehtungsmN3ig dagegen teilweise ab.

b) Die in WNW--ESE-Generalstreichen der ,zone axiale' liegenden B-Pl~ine stehen einmal mit der metamorphen bis anatektisehen Oberpr~i- gung im direkten Zusammenhang (be!), sind also unter hohem Einengungs- druek vorwiegend dureh ,tektonischen Transport' entstanden und sieher iilter als Bs. Dieser B~-Plan kennzeichnet eine relativ weitspannige, syn- klinale Verbiegung der zentralen Granodioritmasse (,,am Platz") und wenig jtingere, quasi affine Zerseherungen in s' mit tektonisehem Transport naeh ,auBen und oben'.

e) Erst die in diesem Zusammenhang wirksam werdenden Schuppen- bewegungen (aus der ,zone axiale' heraus gegen NNE und SSW ge- riehtet) iibertragen den Bs-Plan auf die vorgelagerten Sedimentzonen (vgl. D 2, D 8 und D 6!), die bis dahin eine eigene, riehtungsverschiedene B-b-Tektonik entwiekelt hatten (B3, B4); denn die Hauptaehsen der kri- stallinen Zentralzonen (b2, Bs) und die ihnen etwa parallel verlaufenden groBen, N- und S-vergenten Aufsehiebungsffonten sehneiden die Falten- aehsen der ttandzonen (II: B~- -V: B4) spitzwinkelig ab.

Der Faltenbau der relativ starren Kalkkomplexe des ,Tethys-Karakorum' streieht yon NW her an das obere Batura-Glets&erbe&en heran (B~) und wird yon der N-vergenten Aufschiebungsffont des Kristallins (,Batura-Mauer', PAFFEN & Gen. 1956, Abb. 8 und SCHNEIDER 1956, Abb. 18) abgesehnitten, ohne eine wesent- liehe Beeinflussung der Streichriehtung erkennen zu lassen. Die zwisehengesehal- tete, plastisehe Serie der ,Pasu-Schiefer' (,Zone Va') hat offenbar den Hauptteil der mechanisehen Beanspruehung kompensiert. Denn E des Hunza-Iliver, wo die Sehieferserie tektoniseh stark reduziert ist (vgl. Abb. 5), lassen auch die Falten- achsen der Kalkserien ein Einsehwenken in das Streichen der iJlbersehiebungs- front erkennen. Sehon im Bereieh des unteren Batura-Gletschers nimmt die In- tensit~it der Umpr~igungen, meist in Form komplizierter Aufschuppungen und Brudffaltungen zu. Hierbei wurden auch die ,Kalkkonglomerate' des Shanoz- Kammes (s. S. 438, S. 465, und Abb. 6) iiberpr~igt, denn die Spezialmuldenad~se Ienkt im Streiehen bereits von 130 ~ auf 110 ~

Der Faltenbau der Tethys-Zone ist somit ~i 1 t e r als der tektonisehe Kontakt mit der ,zone axiale' und sieherlieh aueh weitgehend u n b e e i n - f 1 u B t von dieser angelegt!

~hnli&e Verh~iltnisse finden wir aueh in der ,Chalt-Schiefer-Serie' (,Zone II ' , D 2 und D 3). In den vorherrsehenden, plastischen Gr/insehiefer- serien sind die Faltenachsen (B3) meist nur noeh konstruktiv zu ermitteln; sie streiehen von WSW her spitzwinkelig auf die ~bersehiebungsfront des Kristallins zu, werden yon dieser abgesehnitten oder in Naehbarsehaft des tektonisehen Kontaktes in die tliehtung des Bs-Planes emgeregelt. Dabei spielte im tlaum von Chalt der relativ starre, basische IntrusivkSrper die tlolle eines Widerlagers gegen die allgemein S-vergenten jfingeren Be- wegungen in dieser Zone, denn seine nSrdliehen tlandpartien sind un- gewShnlieh stark versehiefert, die Magnetitsehlieren und -linsen mit dem diaphthoritisehen Nebengestein (haupts/iehlieh Tremolit-Serpentin) intensiv durchbewegt. Der B~-Plan erweist sieh hier ebenfalls als dominierende und jiingste Aehsenridatung!

45'7

Aufsfitze

Die Serie der ,jungen Intrusivgesteine' (s. S. 448) l~Bt dagegen k e i n e Beanspruehung dureh den Formungsakt des Bs-Planes erkennen; sie mtissen unmittelbar im AnsehluB (D 4!) oder erst n a e h den letzten Fal- tungsbewegungen Platz genommen haben.

Wir sehen: D e r , Z o n e n b a u ' d e s N W - K a r a k o r u m w i r d d u r e h d a s p r ~ e x i s t e n t e N W - - S E - G e n e r a l s t r e i e h e n d e r , z o n e a x i a l e ' i m V e r l a u f e e i n e r l e t z t e n B - T e k t o n i k d i k t i e r t , w o b e i d e r B s - P l a n o f f e n b a r e i n e W i e d e r - b e l e b u n g d e s (~ilteren!?) b ~ - P l a n e s d a r s t e l l t ! Die S t r u k t u r - e n t w i e k l u n g ist weitgehend dureh , t e k t o n i s e h e n T r a n s p o r t ' mit v o r h e r r s e h e n d e m V e r t i k a l g r a d i e n t e n gekennzeiehnet.

Diese Eigenart des NW-Karakorum verst~rkt den fonnalen und genetischen U n t e r s c h i e d gegeniiber der SE benachbarten N a n g a - P a r b a t - G r u p p e, die den Prototyp synorogener, alpidischer Entwiddung am NW-Ende der ,Himalaya-Syntaxis' repr~sentiert (MIscrI 1985, 1949). Aus MIscH's griindlichen petrographischen Untersuchungen geht hervor, dab die ,synkinematische Granlti- sation' dieser gewaltigen Granltgneiskuppel mit der Pr~gung eines allge.mein flacheren (jedoda im Zentrum vermutlich senkrechten!) Achsenplanes effolgte. Die L~tngsachse der mittelterti~iren Nanga-Parbat-Kulmination streicht etwa SSW--NNE, wodurch ~iltere NW--SE verlaufende Strukturen (flache B-Ach- senI is), ,pr~ialpidischen Alters' eindeutig iiberschnitten werden (s. S. 460). Diese Richtungsunters&iede verschieden alter GroBstrukturen in der Nanga-Parbat- Gruppe sind ein hervorstechendes Merkmal ihrer regionalen Sonderstellung und gewinnen ffir unsere Betrachtung eine besondere Bedeutung.

Von der weiteren Umgebung unseres Axbeitsgebietes fehlen leider noch gleidl- wertige Beobachtungen, so dab regionale Vergle~dae vorerst nur andeutungs- weise miSglich sin& Vor allem ist zu bedauern, dab yon den neueren groBen Expeditionsunternehmen in den mitfleren Karakorum (,Baltoro-Muztagh', D~sm 1986, DYHaENFURT~ 1989 U.a.) weder iibersichtliche Profildarstellungen noch detaillierte tektonische Messungen vorliegen. SANDER (1949, S. 208 und 1951) vermutet dort ungewShnlich steilachsige Tektonlk bei Beurteilung des ,,Gefiige- reliefs". Das vertikal stehende s'-Gefilge (?) der yon ihm zitierten ,,Marmot Guglia" scheint abet auf das Durchstreichen einer ,jungen Hebungsfront' (S. 467) hinzuweisen.

Auf die mehr groBtektonischen Feldbefunde DE TERRAS (1982) im E-Kara- korum und ihre Bedeutung f~:ir unsere Folgerungen wird S. 465 n~iher ein- gegangen.

IV. R e g i o n a l e Z u s a m m e n h i i n g e

(Tektonik und Magmatismus im Rahmen der zentralasiatischen Scharung) Die Intensit~it, mit der sich die alpidische Orogenese in dem fiir unsere Be-

tradltungen wichtigen Scharungssegment auswirkte, und vor a]lem die noch lllckenhaften Kenntnlsse fiber diesen Raum haben zur Folge, dab nur in wenigen F~illen verschieden are Strukturelemente mit Sicherheit auseinandergehalten werden kSnnen. Der klassischen geologischen Arbeitsmethodik entsprechend, lag das Hauptgewicht der bisher durchgefiihrten Forschungsuntemehmen auf der stratigraphischen Klarung der Sedimentkomplexe. Dadurch wurden wertvolle

lz) Z.B. im NW-Schieferrahmen die ,,Sedimentschollen yon Talichi" (Mzscn 1985, Abb. 8 und S. 114 ft.).

458

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Hinweise auf pal~iogeographische Zusammenh~inge und zeitliehe Relationen ge- wom~en; auf sie miissen wir somit bei Verfolgung unseres Fragenkomplexes zurii&greffen.

1. P r / i a l p i d i s c h e B a u e l e m e n t e

Art und Verbrei tung voralpidiseher, i .w .S , vormesozoisdler Bauele- mente, sind noeh weniger bekannt als die j/ingeren. Wir wollen sie des- halb hier nur zusammenfassend streifen.

In grol3en Ziigen betraehtet, wurde die ,,pamirisehe Scharung" schon durch die variskische Orogenese weitgehend vorgezeiehnet, wobei bereits die g I e i - e h e n regionalen Faltenachsenriehtungen wie in der alpidischen }ira auftreten (MvsHKETOV 1986). Diese Erseheinung ist offensichtlieh aueh im gesamten Kara- korum-System verbreitet (DE TERRA 1982), eine Erkenntnis, die MUSHKETOV (1986, S. 885) veranlaf3te, auch den Karakorum zu den ,,variskisehen Strukturen" zu z/ihlen (s. S. 429). Doeh trat bereits im s/idlichen Pamir die variskische Oro- genese stark zuriiek (GUNDLACH 1984). Dieses Gebiet wurde, vielleieht schon vom Karbon ab, wieder in die eurasiatisehe Tethys einbezogen, weshalb bier die Wirkungen der alpidischen Orogenese gegeniiber der sonst vorherrsehenden ,ger- manotypen Tektonik' mit einem ,alpinotypen' Bauplan noeh starker hervortreten (N-vergente Faltungen und SchuppenbewegungenI MUSHKErOV 1986) - - und da- mit auch strukturell in unseren ,Tethys-Karakorum' fiberleiten.

Der dutch die streiehende Verbreitung seiner versehiedenen Gesteinsserien kennt- liehe ,Zonenbau' des NW-Karakorum entwiekelt sieh aus dem parallel streichen- den Grof3zonenbau des Pamir-Systemes (GuNDLACH 1984): der variskisdl kon- solidierten ,,nSrdlichen Kristallinzone" des Pamirs folgt siidw~ts die ,,siidlidle Sedimentzone", die unserem ,Tethys-Karakorum' entsprieht; die ansehliel3ende ,,siidliehe Kristallinzone" stellt die ,kristalline Zentralzone' (,III--IV') des NW- Karakorum dar. In der ,,Sedimentzone von Chitral" erkennen wir unsere ,Chalt- Sehieferserie' (,Zone II').

Im Streichen der Zonen II und III treten typisehe Marmorserien auf, deren vermutliehe Xquivalente welter im NW (Yasin--Darkot-PaB und Chitral) bei geringerem Metamorphosegrad einzelne Funde bestimmbarer, devoniseher bis permischer Faunen ermSglichten (HAYDEN 1916). In gleicher, NW--SE streichen- der Erstreekung liegen aueh die Marmorserien im Rahmen des Nanga-Parbat- Massivs (S. 458) (WADIA 1988, MlSCH~ 1985) und in den siidliehen Vorketten des ,Baltoro-Muztagh' (z. B. bei Askole), die naeh DAIN~L5I (1984) sflurisehes bis devonisches Alter haben sollen.

Im E-Karakorum land DE TE~RA (1989~, S. 89 ft.) ebenfalls in einer ,,marmor- fiihrenden Sehieferzone" im NW--SE-Streiehen der Panggong-Senke (am S-Rand der Kristallinachse) eine reiche Fauna silurisehen his devonisehen und evil. noeh unterkarbonisehen Alters, die jedoch infolge starker tektonisdaer Beanspruehung nidlt n~iher bestimmbar war.

Wir ersehen sehon aus diesen wenigen Angaben, daB p a 1 a o z o i s e h e S e d i m e n t k o m p l e x e s i e h e r a m A u f b a u der metamorphen ,Zonen' d e s K a r a k o r u m b e t e i l i g t sin& Vor allem abet tr i t t ihre V e r b r e i t u n g i m N W - - S E - G e n e r a l s t r e i e h e n des Gebirgs- k6rpers d e u t l i e h hervor: d i e p r ~ a l p i d i s e h e n S t r u k t u r e n v e r 1 i e f e n also, vom variskisch konsolidierten Zentral-Pamir (im NW) bis zur grogen Himalaya-Achse (im SE), deren persistente l t ichtung vom

459

Aufsiitze

Pal~iozoikum an erwiesen ist (WAmA 1981, HEIM & GANSSER 1989 U.a.), i n g r o B e n Z ( i g e n b e r e i t s p a r a l l e l d e n a l p i d i s e h e n !

Ein sieher ,,priialpides" Bauelement des NW-Karakorum stellt die ,Serie der alten Gneise' dar (s. S. 441), denen wahrseheinlieh au& die kristallinen Sehiefer- komplexe (Marmorserien!) der ,Zone III ' zugeordnet werden miissen. Die so- eben skizzierten Zusammenhiinge lassen jedoeh erkennen, dab die letztgenannten ,kristallinen Sehiefer' keinesfalls den ,,pr~ikambrisehen Salkhala-Serien" des Nanga-Parbat-Rahmens (s. u.) entspreehen k6nnen, wie dies Wam, (1988, S. 225) noeh vermutet: "... it appears that the whole area to the north of Gilgit (Hunza) is again composed of undoubted Salkhatas, consisting of schists intercalated with marble, eale granulites, eale-gneiss, etc."

Im Nanga-Parbat-Massiv treten mit der alpidisehen Orogenese quer- liegende, im allgemeinen SSW--NNE streiehende Aehsenriehtungen auf, die eine \Viederbelebung einer offenbar sehr alten, ,,priikambrisehen" Strukturriehtung der Gondwana-Masse darstellen. AUDEN (1988) konnte diese ,,Aravalli-Riehtung" aueh im Garhwal-Himalaya beobaehten, wo sic jedoeh dureh die jiingere NW--SE-,,Himalaya-Riehtung '~ stark iiberdeekt ist. Im Nanga-Parbat-Massiv wird dutch das Wiederaufleben dieser alten ,Gondwana-Struktur' (,,Punjab-Jhelum-Sporn") die ,,Himalaya-Syntaxis" gepr~igt, die f{ir die alpidisehe Strukturentwieklung des NW-Karakorum eine ausschlaggebende Bedeutung erlangt (s. S. 466).

Im E-Karakorum land DE T~RA (1982) versehiedene Anzeiehen, wo- nach die im Himalaya (Spiti-Zentralkashmir) vom Mittelkarbon bis ins mittlere Perm wirksamen variskisehen Bewegungen (Kuling-Konglomerat, Gangamopteris-Schichten, Panjal Trapp usw.) nordw~irts bis zur Kara- korum-Aehse vorgegriffen haben. Nhnliehe Hinweise fehlen im NW-Kara- korum; doeh treten hier, am S-Rand des Pamirs, die variskisehen Bewe- gungen allgemein stark zurfiek.

Offenbar ,maskieren' die miichtigen (?) karbonen Tonschieferserien zwisdaen Shaksgam (DEsm 1986) und S-Pamir (GuNDLACIt 1984) alle Diskordanzen und Sehichtliieken. In diesem Zusammenhang ist es auch interessant zu bemerken, dab die in den Aghil-Ketten mit grgBerer M~iehtigkeit verbreiteten permisehen ,,Fusulinen-Kalkserien" im NW-Karakorum nur eben merkbar in Erscheinung treten. Wahrseheinlich lag in diesem Zeitraum die Trogaehse noeh etwas weiter im Norden.

Auf die Frage der Altersstetlung der magmatisehen Erscheinungen wird S. 470 zusammenfassend eingegangen.

2. D i e a l p i d i s c h e O r o g e n e s e Im Gegensatz zu ~ilteren Baupl~inen ist die Strukturentwiddung der alpidischen

Orogenese in der zentralasiatischen Schamng mit grSBerer Sicherheit zu glie- dern. Die widatigsten Anhaltspunkte hierzu bieten die kretazisch-terti~iren Vul- kanite und Sedimentkomplexe, die in diesem Zusamrnenhang bisher noch keine zusammenfassende Wertung erfahren haben.

Im Nachstehenden wird deshalb der Versuch unternommen, aus verschiedenen neueren Einzeldarstellungen den Ablauf der alpidischen Orogenese in der Himalaya-Pamir-Scharung - - fiber den engeren Rahmen des NW-Karakorum hinaus - - etwas ausfiihrlicher zu rekonstruieren. Auch fiir einen Datierungs- versueh tier tektonischen Akte im NW-Karakorum gewinnen die Kreide-Tertfiir-

460

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Serien der angrenzenden Gebiete besondere Bedeutung, da fin Arbeitsgebiet selbst keine pal~ontologisch gesicherten Sehieht~iquivalente gefunden wurden.

Wghrend des mesozoischen Geosynklinalstadiums sind aus dem pal~iogeogra- phisch schon untergliederten Himalaya-Karakorum-Raum keine einsehneidenden Krustenbewegungen bekanntgeworden, werm aueh Sehichtliieken und trans- gressive Ausweitungen im unteren und mittleren Jura (DE T~RRA 1982, 1936; HEIM & GANSSER 1989; DAINELLI 1989; WADIA 1958) die Wirkungen einer schwaehen kimmerischen Aktivit~it erkennen lassen.

Ebenso tritt im S-Pamir die kimmerisehe Tektonik stark zuriick. Die im Han- genden des Oberjura festgestellten Regressionen (GUNDLACH 1984) k6nnen eben- sogut als erste Armeiehen der alpidischen 24ra verstanden werden (STILLE 1954, S. 12).

Das Ende der Tethys-Periode und damit den Beginn des grol3en oro- genen Umbruehes im Himalaya-Karakorum-System leiten die p r ~i c e n o - m a n e n B e w e g u n g e n ( d e r , , a u s t r i s e h e n P h a s e " STmLES ent- spreehend) ein. Die kretazisehen Stammfaltungen der eurasiatischen Tethys werden hier von einem s t a r k e n i n i t i a l e n M a g m a t i s m u s be- kont. D i e s e r b a s i s e h e b i s u l t r a b a s i s e h e M a g m a t i s m u s u n d V u 1 k a n i s m u s hglt fiber die Kreide-Terti~ir-Wende hinaus an und geht gebietsweise fast kontinuierlich in die s a u e r e n M a g m a t i t e d e r s y n o r o g e n e n T y p e n fiber.

Die (etwa mitteltertfiire) Hauptphase der Orogenese wird, vor allem im NW-Himalaya erschlossen (z. B. Nanga-Parbat, MlSCH 1949), von den iib- lichen anatektis&en Prozessen begleitet, die zur Entwicklung yon ,Mig- matitzonen' (WECMANN 1935) entlang den axialen Mobilit~itskulminationen fiihren. Dabei verlagert sich die ,orogene Aktivit/it' der alpidisehen Nra (als Summe alter tektonischen, metamorphen und magmatischen Erschei- nungen verstanden) vom NW-Karakorum aus sehr stark nach S in die Himalaya-AehseI Dies deutet schon die V e r b r e i t u n g d e r i n i - t i a l e n V u l k a n i t e an:

Dutch WADIA (1937) wurde das m i t t e l k r e t a z i s e h e b i s e o z / i n e A 1 t e r der als ,,Dras Volcanics" bekannten und friiher zum jungpal~iozoischen ,,Panjal-Trapp" (s. S. 460) gestellten Eruptivserien gesichert. Die Eruptiva be- stehen vorwiegend aus m~chtigen basaltischen ErguBdecken, denen Tuff-, Agglo- merat- und reine Aschenlagen sowie fossilffihrende, marine Kalkserien mit Orbitolina cf. bulgariea, Hippuriten- und Gryphaeen-Arten zwischengeschaltet sind. Sie elTeichen stellenweise weft fiber 1000 m M~chtigkeit. Stets sind sie mit wenig jfingeren basisehen his saueren Intrusionen (Noriten, Gabbros, Dioriten, Honlblendegraniten und reinen Graniten) verkniipft.

Die Verbreitung der basisehen his ultrabasisehen Magmatite und Vul- kanite innerhalb des gesamten Himalaya-Karakorum-Systemes ist eminent (Abb. 1): sie kennzeiehnet in grol3en Z/igen die ,,Nahtlinie" des ,,sp~it"- alpidisehen Himalaya-Orogens mit dem ,,friih"-alpidischen Karakorum- Transhimalaya-Teilorogen.

In den jungen Ketten Baluchistans und Afghanistans geh6ren die groBen ultrabasischen Intrusionen mit den bekaimten Chromitmassen dieser magmati- schen Phase an (WADIA 1958). Vom E-Rand des Nanga-Parbat-Massivs, den Typuslokalit~iten Astor, Burzil-Pa/3 und Dras (WABIA 1987) verbreiten sieh die

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Aufs~tze

vulkanisehen Serien ostw~irts fiber die Ketten des ,,Great Himalaya" naeh Ladakh hinein, wo sie mit den Sedimentkomplexen des sog. ,,Indus-Flysehes" (s. S. 468) weehsellagern.

NSrdlieh des Nanga-Parbat-Massivs reehnen wir im NW-Karakorum die basisehen Intrusiva siidlieh Ghalt und evtl. noeh die Griinsehiefer der Zone II (S. 447) als nSrdliehste Ausl~iufer zu dieser initialen Phase. Die gefalteten Tethys-Sehiehtkomplexe im S-Pamir enthalten nur noeh ein- zelne diskordante Granit-, Diorit- und GabbrokSrper in kleineren Gang- schw~irmen und StScken (GUNDLACH 1984); diese ]okaleren Vorkommen treten in ihrer strukturellen Bedeutung gegeniiber den ,,initialen Typen" des Himalaya-Systems stark zurtiek und sind auBerdem noeh grogenteils ~ilter oder jiinger (GuNDLACH 1984, MUSHKETOV 1986) als diese. Darin pdigt sieh wiederum die t rennende Wirkung der ,zone axiale' des Kara- kozum-Stammes aus]

Dagegen ziehen die b a s i s e h e n V u 1 k a n i t e yon den obengenarmten Vorkommen im ,,Indus-Flyseh" von Ladakh weiter ostw~irts naeh S-Tibet hinein (HENNIG 1922, DAINELLI 1989, HEIM • GANSSER 1939). Als eine gewaltige, l a n g g e s t r e e k t e E x t r u s i o n s z o n e markieren sie (Abb. 1), fiber die ,,exotischen Klippen yon Johar" hinweg, in fiber 1000 km streichender Aus- dehnung fast st~indig mit dem siidtibetischen Flysch (s. S. 468) verbunden, eine g r o l 3 t e k t o n i s c h e G r e n z l i n i e I. O r d n u n g a m N - R a n d d e s H i m a 1 a y a - O r o g e n s 24). Im Streiehen der Karakorum-Transhimalaya- Aehse erseheinen wenig sp~ter (Wende Kreide-Terti~ir) jene typisehen ,,Horn- blende-Biotit-Granite", die als synorogener Magmatismus dieses Stammes aug gefaBt werden kSnnen (s. S. 472). Unabh~ingig yon dieser Annahme jedoeh bleibt evident, dab der initiale Vulkanismus der alpidisehen Orogenese auch 5stlieh der zentralasiatisehen Seharung an den N-Saum des Himalaya-Orogens gebun- den ist~

Damit deuten sieh b e r e i t s i n d e r m i t t l e r e n K r e i d e t i e f - g r e i f e n d e r e g i o n a l e S t r u k t u r ~ i n d e r u n g e n an, die in einer versehiedenartigen alpidisehen Tektogenese des Himalaya-Stammes einer- seits und des (Pamir-)Karakorum-Transhimalaya-Stammes andererseits aus- mfinden. Die tektonisehen Grenzen innerhalb der letztgenannten Ein- h e r erreiehen dana& nieht mehr die Bedeutung, die jene, dureh die ini- tiaIen Vulkanite markiel• v o n d e r mitt leren Kreide ab gewinnt. Dadureh wird die ,, i n i t i a 1 e N a r b e " zwischen Himalaya- und Karakorum- Transhimalaya-Stamm z u r w i e h t i g s t e n a l p i d i s e h e n G r e n z - l i n i e i n d e r z e n t r a l a s i a t i s e h e n S e h a r u n g und die sie pr~i- genden Krusten- und Magmenbewegungen zu einem o r o g e n e t i s e h e n A k t I. O r d n u n g I I m Innenbogen der Sehartmg selbst (Nanga Par- ba t - -NW-Karakorum!) haben die naehfolgenden radialen Einengungen diese alpidisehe Prim~irstruktur zwar wieder iiberpr~tgt, ihre t rennende Funkt ion jedoch hie mehr ganz aufgehobenl

la) So lassen aueh die erdmagnetisehen MeBreihen von W. FILCHNEa in S-Tibet, nach einer freundlichen miindliehen Mitteilung yon Herrn Prof. H. REICH, Miin- chen, etwa im Streiehen des Transhimalaya eine groBe regionale Anomalie er- kennen, die auf riesige basisehe Intrusionen in grSflerer Tiefe sehlieBen l~if~t.

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H.-J. SCHNEIDER - - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Die Auswi rkungen dieser int rakretazisehen Tek togenese 15) ze igen sich gleichfalls in der untersehiedl iehen Verbre i tung und Ausb i ldung der Kreide- sedimente , sowei t sie b isher b e k a n n t g e w o r d e n sin&

Eine ausgezeichnete, fast k o n t i n u i e r l i e h e S e d i m e n t f o l g e vom Jura fiber den neoeomen ,,Ginmal-Sandstein" und die Hipperiten-Rittkalke der cenomanen , C h i k k i m - S e r i e ' bis zum oberkretazischen (Turon-Senon) , , F l y s e h " bleibt aussdalieBlich (!) auf die T r o g a e h s e d e s T e t h y s - H i m a 1 a y a (Kashmir z. T. - - S p i t i - - H u n d e s h - - K u m a o n - - N e p a l ) beschrgnkt. Der Sedimentationsraum ist jedoch an seinem NW-Ende bereits stark eingeengt. Die Sonderstellung dieser persistenten Trogachse kommt aueh darin zum Aus- druek, dab hier, z.B. sehr im Gegensatz zu den Alpen, der ,, F 1 y s e h " als typische ,,Orogenfazies", die marine Sedimentation einmal unmittelbar im Be- reich der Tethysgeosynklinale fortsetzt, offenbar als Folge der sehon in dieser Zeit wirkenden NS-Einengungen.

Der s f i d t i b e t i s c h e F l y s c h t r o g (HEIM & GANSSER 1939), im Sirme von STILLE (1929) als eine sdawache nSrdliche Vorsenke ,Neoasiens' verstanden, schiebt sich im AnsehluB an die austrische Phase nach NW mit einem schmalen Streifen zwischen Himalaya- und Kaxakorum-Achse ein: Dieser sog. ,, I n d u s - F 1 y s e h " liegt mit etwa 300 m m~ichtigen Konglomeratserien, die zum Han- genden in marines, fossilf/ihrendes Turon-Senon und vulkanische Einschaltungen (s. S. 462) iibergehen, transgressiv dem S-Rand der Ladakh-Granitachse auf (DE TERnA 1982, 1936; DAINELLI 1939 U.a.). Das eenomane Alter dieser typi- sdaen, NW des Himalaya welt verbreiteten, Transgressionskonglomerate ist aus Profilen anderer Lokalit~iten mit groger Wahrscheinlichkeit ableitbar. Besondere Bedeutung haben die Basalkonglomerate des ,,Indus-Flysehes" ffir die Alters- frage der Granitintrusionen, da sie sehr viel Granitger511e enthalten (s. S. 472).

Fiir diese , , F l y s c h - S e r i e n " , die bisher immer n u r i m S e h i c h t v e r b a n d d e s H i m a 1 a y a - S y s t e m s (siidlich der Induslinie!) gefunden wurden (Ladakh-Indus, Hundesh, Spiti usw.), ist bezeichnend, dab sie von m~ichtigen Komplexen e o z / i n e r N u m m u 1 i t h e n k a 1 k e mehr oder weniger diskor- dant iiberlagert werden. Diese relativ kurze marine Ingression folgte auf eine weitere Bewegungsphase (etwa der ,, 1 a r a m i s e h e n P h a s e " an der Kreide- Terti~ir-Wende entspreehend) und bleibt nunmehr ausschlieBlich auf den Hima- layatrog beschr~inkt. Von den nordw~irts anschlieBenden Einheiten (Tibet-Kara- korum--S-Pamir) ist kein marines Terti~ir mehr bekannt; diese Gebiete waxen im AnschluB an die marine Oberkreide bereits Festland geworden (,,Karakorum- Phase" De TETRAS 1936).

Im e n g e r e n B e r e i c h d e r z e n t r a l a s i a t i s c h e n S e h a r u n g ist die kretazisehe T e t h y s sehon s t a r k e i n g e e n g t . Ihr E n d s t a - d i u m mark ie ren die )~quivalente der fossilreiehen , ,Chikkim-Serie" mi t R u d i s t e n - t l i f f k a I k e n , als typisehe Kennzeiehen der absehliegen- den Cenoman-Turon-Transgress ion zwischen T r a n s h i m a l a y a - - T i b e t und P a m i r - - H i n d u k u s h . Diese Ges te ine bes i tzen in Transh imalaya und T i b e t noeh e ine groBe f l / i e h e n h a f t e V e r b r e i t u n g fiber Orbi tu l inen- kalken des Barr~me und feinklast iseher Unte rk re ide (DE TEnRA 1932,

1~) Der Einwand DAINELLIS (1989, S. 33) . . . . . . dab man noch von einer hima- layaischen Erhebung, die ihren Anfang in der Kreidezeit genommen hat, sprieht, halte ich fiir durchaus nicht am Platze", wird den Tatsachen nicht mehr gerecht und darf bestenfalls nur auf die Himalaya-Trogachse bezogen werden, wie die nachstehenden Beispiele zeigen!

463

Aufsiitze

DAINELLI 1934, WADIA 1953). Cenomane bis senone Rudisten-Riffe fiber kontinentaler Unterkreide im s i id 1 i c h e n P a m i r (GUNDLACrI 1934) deuten eine l e t z t e s c h m a l e M e e r e s v e r b i n d u n g mit der tibe- tischen Zone an, die im n 5 r d 1 i c h e n Tethys-Karakorum existiert haben mul3. Im Bereich der heutigen K a r a k o r u m - A e h s e dagegen, vor allem im Mittel- uncl NW-Karakorum, bleibt die marine Mittel- und Oberkreide offenbar nur auf die nSrdlichen und sfidlichen R a n d g e b i e t e 1 o k a 1 b e s c h r ~ i n k t !

Vom 5 s t l i e h e n A g h i l - ( T e t h y s - ) K a r a k o r u m (Ostende der Loktsung-Kette) beschreibt DE TEaaA (1932, S. 96 ft.) mehrere Profile, in denen e e n o m a n e b i s t u r o n e R u d i s t e n - R i f ~ k a l k e zwischen zwei ver- schiedenartigen und verschieden alten klastischen Serien auftreteu. Den liegenden ,,roten Schichten" (Sandsteine und vorherrschend Konglomerate yon Triaskalken) weist er nait grol3er Wahrscheinlichkeit noch jurassisches bis unterkretazisches Alter zu: ,,Diese Sandsteine stellen eine vSllige Verflachung und Auss des jurassischen Meeresbeckens dar und deuten dadurch wohl die ersten meso- zoischen Krustenbewegungen an." (DE TERaA 1982, S. 116.)

Bei fast allen Funden von mariner Oberkreide im E-Karakorum stellt DE TERRA d i s k o r d a n t a u f l a g e r n d e , , K a l k k o n g l o m e r a t e " test. ,,Diese Diskordanz ist einmal durch eine Schichtliicke und durch Um- kehr der Schichtbildung yon matin zu fluviatil, andererseits auch durch Verschiedenheit des Faltenbaues angezeigt" (DE TERR~ 1932, S. 117). Die Kalkkonglomerate, in denen er auf dem nSrdlichen Depsang-Plateau Kalke des Senon und Danien land, nehmen in unseren Betrachtungen eine S c h 1 fi s s e 1 s t e 11 u n g ein (s. S. 457), denn sie stellen mit ihrer c h a - r a k t e r i s t i s c h e n , m o n o t o n e n A u s b i l d u n g eine l e t z t e t e k t o g e n e t i s c h e Z e i t m a r lce der alpidischen Orogenese zwischen E-Karakorum, S-Pamir und Chitral-Hindukusb dar. In dieser Beziehung wurde ibre Bedeutung bisher nicht erkannt.

Im E-Karakorunl (Ak-tagh) grefft das Kalkkonglomerat diskordant iiber Fal- tenstrukturen aus Karbon-Trias-Gesteinen hinweg und geht zum Hangenden rasch in terrestrische Bildungen tiber. Diese junge Serie ist hier nochma|s (schwach) gefaltet und durch Bruchstrukturen, denen kontinentales Terti~ir auf- lagert, verstellt.

~hnliche Verh~iltnisse erkennen wit nach den Profilbeschreibungen yon HARDEN (1916) aus dem C h i t r a 1 und veto SW-Rand des NW-Karakorum. Das von ibm (1916, S. 284) benannte ,, R e s h u n e o n g 1 o m e r a t e" (s. S. 438), dutch wegs aus kalkigen Komponenten bestehend, liegt im Cbitral ebenfalls unmittel- bar t i b e r d e n t r a n s g r e s s i v e n C e n o m a n - T u r o n - S e r i e n (TIPPER 1924 nach WADIA 1958, S. 271) und wird dort als ,,Oberkreide bis Altterti~ir" angesprochen. Im Y a s i n - P r o f i 1 (HARDEN 1916, S. 295) bildet das Liegende der Orbitulinen und Hippuriten fiitarenden Oberkreidekalke ein (eenomanes?) Basalkonglomerat mit ,,Trapp-Gerlillen". Dabei soll das gesamte tie,ere Meso- zoikuna (Trias-Jura) ~ehlen! Damit h~itten die pr~ieenomanen Bewegungen hier sogar einmal tiber die Grenzen des Tethystroges hinausgegriffen und am SW- Rand der Karakorum-Achse einen letzten, schmalen Meereseinbruch in der Ober- kreide (yon NW her: Hindukush--Chitral) ermSglicht, wodurch wiederum ihre Bedeutung ffir die Strukturentwicklung der Scharung unterstrichen ist.

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H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Ob und in welchem AusmaB eine Meeresverbindung zwischen Yasin (-Chitral) und NW-Himalaya (Astor - - Dras Volcanics - - ,,Indus-Flysch") in dieser Zeit existierte, ist vorl~iufig noeh nieht zu entseheiden. Hierzu fehlen neuere Feld- beobachtungen. Es ware mSglich, dab die ,,Griingesteine" der Chalt-Schiefer- serie (Zone ,II' im NW-Karakorum, s. Abb. 4) dieses (epizonal iiberpr~igte) Ver- bindungsglied darstellen, da KICK (1956) ihre streiehende Fortsetzung nach SE im Bereich des Chogo-Lungma-Cletschers feststellen konnte. Zwisehen Chalt und Chogo-Lungma-Zug fehlen jedoch die Kalkkonglomerate[

Ffir die wenigen, bisher bekannten, lokalen Vorkommen des ,,Reshun Konglomerates" im NW-Karakorum ist bezeielmend, dab dieses immer nur in ,,SturzblScken" (von hSheren Gipfelgraten herunter!) gefunden wurde (z. B. HArO~N 1916, S. 295 und 298)16). Die Auflagerungsfl~iche der Konglomerate scheint also bereits an eine gewisse ,,topographisdae HShenlage" gebunden zu sein, wie auch der neu gefundene Primarverband auf dem Shanoz zeigt (Abb. 6). Deutet sich damit eine erste (sp~itkreta- ziseh-alttertiiire?) Landoberfl/iehe im N~V-Karakomm an?

Sehr eigenartig ist aueh die charakteristisch monotone Zusammensetzung der Konglomerate im gesamten Karakorum: stets sind nur mesozoische Kalke und Dolomite (einsehlieBlieh der oberen Kreide! s. S. 464) als Ge- rSlle beobaehtet; kristalline Komponenten fehlen vSllig! Dieser Unter- schied gegen/iber den filteren (eenomanen - - turonen?) marinen Trans- gressionskonglomeraten (z. B. ,,Indus-Flysch") deutet schon auf stark ver- iinderte palaogeographisehe Verh~ltnisse hin. Die heftigen, sp~itkretaziseh- altterti~iren Abtragungsprozesse waren offenbar noeh nieht wieder bis zum ,,Kristallin" vorgedrungen iv).

Nach Ablagerung der Kalkkonglomerate erfolgte eine weitere Faltungs- phase, wie die intensive tektonisehe ]]berpr~igung dieses Sehiehtkomplexes in Yasin und NW-Karakorum (Abb. 6 und 7) zeigt. Diese Phase stellt im im NW-Karakorum den Abschlug der alpinotypen Bewegungen dar; sic pr~igte auch die NW--SE streichenden Strukturen des Bs-Planes (s. S. 457).

Diese Feststellung steht seheinbar im Gegensatz zu den Beobachtungen DE TERRA'S (1982, 1986), der, von den Verhaltnissen im 5stlichen (!)Tethys- Karakorum ausgehend, die H a u p t f a 1 t u n g des gesamten Gebirgs- k6rpers ( , , K a r a k o r u m - P h a s e " ) , , im H a n g e n d e n d e r m a r i - n e n O b e r k r e i d e " (1982, S. 117), also v o r oder w a h r e n d der Ab- lagerung der Kalkkonglomerate, festlegte. Dana& fanden in E-Karakorum und W-Tibet keine bedeutenden Faltungen mehr statt.

Andere Verhaltnisse mfissen dagegen im NW-Karakorum geherrseht haben, der offensichtlich erst durch die radialen Einengungen der ,,Kara- korum-Phase" in den Wirkungsbereieh der sich jetzt entwiekelnden alpiden

16) Auch vom Baltoro-Muztagh (Gebiet des K 2 und Broad Peak) erw~ihnen DEsio (1986) und DYHRENFURa'a (1989, S. 54) ,,groBe Massen grauer Kalkbreceien (Prim~irbreeeien) " als Mor~inenmaterial im Zusammenhang mit den Tethys- Seh'ehtkomplexen. Es liegt auf der Hand, wenigstens in einem Tell der ,,Pri- m~irbreecien" die Nquivalente unseres ,,Reshun-Konglomerates" zu sehen!

17) Damit bleibt die Frage often, ob die ,,kristallinen Zonen" in diesem Zeit- raum noch ein weiter enfferntes, flaches ,,Hinterland" darstellten oder ob sie noch von jiingeren Sedimenten verdeckt waren.

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Aufs~itze

,,Himalaya-Syntaxis" (MusHKETOV 1986, WADIA 1981, 1958) ger~it. Damit gewinnen jedoeh die tektonisehen und magmatisehen Ereignisse in der ,,Himalaya-Syntaxis", deren orogene Aktivit~it etwa erst i m O I i g o z ~i n ihren H 6 h e p u n k t erreieht (]), st~irkeren EinfluB auf das NW-Kara- korum.

Im berei~s verengten Innenraum der zentralasiatischen Seharung tritt nun- mehr eine radial streichende Grogstruktur wieder voll in Erscheinung, die fiir die Entwieklung dieser ,,Himalaya-Syntaxis" maBgebend ist: der ,,Jhelum- Sporn" des alten Condwana-Kontinentes (MUSHKETOV 1986; WAma 1981 u.a.). Die generell S ii d - - N o r d verlaufenden Strukturelemente dieses Sporns lassen sich, als querstreichende NW-Grenze der Himalaya-A~se, bis zum Nanga- Parbat-Massiv verfolgen (WADIA 1981, 1988; MIscH 1985, Abb. 8), dessen SSW-- NNE-Achsenstreidaen sie noch beherrschen, und verschwinden dann pl6tzlid~ in den Vorketten des NW-Karakorum. In der Kulmination der ,,Himalaya- Syntaxis", zwischen Nanga Parbat und NW-Karakorum, prallen somit zwei ver- sctliedene grogtektonische Richtungen rechtwinkelig aufeinander, deren engerer Kontakt (vermutlich in der Haramosh-Gruppe) noch nicht gekl~irt ist.

Dabei ist im NW-Schieferrahmen der Nanga-Parbat-Granitgneiskuppel deut- lich zu beobachten, wie ihre SSW--NNE streichenden Stmkturen die ~ilteren NW--SE verlaufenden Faltenachsen (S. 458) iiberpr/igen. Zeitlich f/illt die ,syn- kinematische Granitisation' (MiscH 1949) der Gneiskuppel damit zusammen, wodurch auch die oberkretazisch-alttertiiiren basischen Magmatite und Vulkanite ihres tlahmenbaues (s. S. 461) randlich noch nicht erfaBt werden. Die ,,jiingere" Richtung zeichnete schon den Ablagerungsraum der ,,initialen Vulkanite" und ihrer zwischengeschalteten Sedimentkomplexe vor.

Durch die eindeutige Altersfolge der magmatischen Ereignisse im Nanga-Parbat-Gebiet, deren n~ihere Kenntnis wit der ausgezeichneten Ar- belt MIscH's (1949) verdanken, ist der Schlfissel ffir die Kl~imng der struk- turellen Entwicklung im NW-Karakorum gegeben: M i t d e m (etwa oligo- z~inen) o r o g e n e t i s c h e n H S h e p u n k t d e r , H i m a l a y a - S y n - t a x i s ' w i r d i m B e r e i c h d e r s t ~ i r k s t e n r a d i a l e n E i n - e n g u n g d e r K a r a k o r u m - S t a m m a n s e i n e m N W - E n d e w i e d e r a n d e n H i m a l a y a , , a n g e s c h w e i B t " . D i e a l p i d i - s c h e n P r ~ i g u n g e n g r i f f e n i m m i t t l e r e n T e r t i / i r n o c h - r e a l s , a l s o n a c h d e m A u s k l i n g e n d e r o b e r k r e t a z i s c h - a l t t e r t i / i r e n , , K a r a k o r u m - S t a m m f a l t u n g " , b i s z u r , z o n e a x i a l e ' d e s N W - K a r a k o r u m v o r ] Erst danach 15st sich der NW-Karakormn endgfiltig vom weiteren Ablauf der alpinotypen Tekto- genese im Himalaya-Stamm ab und ffigt sich der weitspannigen Bloek- tektonik der zentralasiatischen Seharung ein.

Die t e k t o g e n e t i s e h e G r e n z e z w i s e h e n , , M e s o a s i e n " u n d ,,N e o a s i e n " im Sinne von STILLE (1929) mi ig te demnach am N-Rand unserer , k r i s t a 11 i n e n Z e n t r a 1 z o n e n ' ( I I I - - IV) gezogen werden; ihr Verlauf wird etwa durch die groBe Aufsehiebungszone des Kristallins auf den Tethys-Karakorum markierfl Diese Grenze fiberselmei- det dann, den tektogenetischen Beziehungen entsprechend; nach SE hin diagonal die Karakorum-Aehse siidwiirts, kreuzt sie etwa im ,Baltoro-

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H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Muztagh und vereinigt sieh mit den N-vergenten Obersehiebungen der S-tibetisehen Flyschzone auf die Transhimalaya-Aehse (HmM & GANSSE~ 1989), also mit dem N-Band des Himalaya!

8. N e o g e n e K r u s t e n b e w e g u n g e n Mit dem Ausklingen der letzten alpinotypen Formungen im h6heren

Alttertfiir setzen aueh im NW-Karakorum weitspannige, vorwiegend verti- kale Blockbewegungen ein. Sie sind es vor allem, die - - neben den ver- sehiedenartigen Gesteinszonen - - die morphologisehe Entwieklung des Ge- birgskSrpers beeirdtussen. Sehon P2,FFEN (1956, S. 12 ft.) wies darauf hin, dab den zweifellos jungen Formen mit ihrer ungeheuren Sehroffheit das Fehlen sieherer Hinweise auf Alter und Ausmag der jungen Hebungen in eklatanter Weise gegeniibersteht.

So konnte z.B. MIseH (1986) no& am NW-Rand des Nanga-Parbat-Massivs jungterti~ire bis altquart~ire Krustenbewegungen mit der Faltung des ,,Jalipur- Sandsteines" (ira Streidaen der Indus-Talfurche) nachweisen. Im gesamten Hima- laya-System sind his ins Quartiir hinein wirkende Faltungs- und l~berschie- bungshewegungen allgemein bekannt (HEm 1988, HEIM & GaNSSEn 1989, MISCH 1986, XYamA 1958 u.a.). Damit h~in~ auch die hohe Seismizitiit und tiefe Lage einzelner Bebenherde in diesem Gebiet zusammen.

Dagegen zeigte DE TaRua (1980, 1982), dab vom E-Karakornm no~dw[irts his zum K'un Lun in nachoberkretazischer Zeit keine FaItungen mehr ers ,,Die nacheoz~ine Hauptfahung des Himalaya hat also diese zentral gelegenen Teile des Kettensystems nieht mitergriffen" (DE TERRA 1980, S. 98), Die ober- kretaziseh-alttertfiiren ,,Kalkkonglomerate" (s. S. 464) und die terrestrisehen ,roten Schichten" des Tertiars sind nur noch dureh Bruehstrukturen verstellt oder ver- bogen. Deslmlb verlegt DE TERror die st~irksten Hebungsbewegungen ins Alt- quartgr, wogegen DAINELLI (19S4, 1939) das Hebungsmaximum dieses Gebietes ins Jungterti~ir stellt und den quart~iren Bewegungen keine besondere Bedeu- tung mehr beimiBt. Doeh spreehen auch die Beobachtungen CANSSER'S am Kailas (HEIM & GANSSER 1939) und PAFFEN'S (1956) im NW-Karakorum dafiir, dab die grSl3ten Hebungsbetdige im Karakorum-Transhimalaya-Stamm dem Altquart~ir zuzureclmen sin&

Die intensive Durehbewegung der , ,Kalkkonglomerate" am Shanoz- Kamm (S. 438, Abb. 6 und 7) steItt die Ietzte, ann/iherungsweise bestimm- bare ,Zeitmarke' tektoniseher Bewegungen im NW-Karakorum dar. Die Ubereinstimmung der B-Achsenpl~ine (Bs, S. 457) maeht wahrscheinlich, dab die ~berpr~igung der , ,Kalkkonglomerate" mit den letzten, etwa oligoz~inen Faltungsbewegungen erfolgte, die sich im weiteren Umkreis der ,Himalaya-Syntaxis" noch auswirkten. Damit w~ire ftir den NW-Kara- korum jedoeh auch eine zeitliehe Untergrenze ffir die Entwieklung der /iltesten, im heutigen Relief nur noeh reliktiseh erhaltenen Landober- fl/ichen gegeben!

Im Ansehlul3 an diese letzten alpinotypen Bewegungen treten die grogen L/i n g s b r/i e h e in Erseheinung, die dean NW--SE-Generalstreiehen des CebirgskSrpers parallel verlaufen. Die grSI3ten Sprungh5hen der vorherr- schend vertikaIen BIo&bewegungen erreidat die ,, j u n g e H e b u n g s -

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Aufs~itze

f r o n t " (Abb. 8 und 14)is) auf der S-Seite des Batura-Hauptkammes. Sie t rennt mit fast iminer senkreeht stehenden StSrungsscharen (K2 in Abb. 8) die Hauptmasse des axialen Granodiorites yon seinen im S be- deutend tiefer ] iegenden Randpartien. Diese gewaltigen Hebungen werden sieh iiber einen grSBern Zei t raum integrierender Tei lbewegungen erstreckt haben und erreichten ihren H 5 h e p u n k t - - naeh hier nicht n~iher er-

Abb. 14. Die Siidabsttirze des ,Batura-Muztagh' (,Shispar-Mauer') gegen den inneren Felskessel des Shispar-Gletsehers. Fast 4000 m AufschlughShe in der axialen Granodioritmasse. Neusehneebelag markiert die nach links (W) absinken- den Bander (hO1-Klfifte/s'/Plan Bs: ,Geffigerelief') und steilstehende ae- bzw. OkI-Kliifte. Etwa parallel zur Wand (quer zur Blickrichtung) zieht die ,,junge

Hebungsfront" durch den Gletscherkessel.

l~iuterten Hinweisen - - sieherlieh i m A 1 t d i 1 u v i u m . Die vertikalen Versetzungen miissen dabei, den geologiseh-petrographisehen Gegebem heiten zufolge, ii b e r 12 0 0 0 m betragen haben, denn der intrusive Grano- diorit baut noeh die hSchsten Gipfelregionen (etwa 7800 m NN) auf. Das Bergsturzmaterial am Fuge der Steilw~inde f/ihrt keine Stfieke, die den

is) Auf diese auff~illigen Steilwandgiirtel der Himalaya- und Karakorum- ,,I/iesen" und ihre Entstehung durch junge Hebungszonen wies schon DYHREN- r~JRTH (1980, 1989) hin; allerdings mSchte ich die Bedeutung rezenter Hebungs- vorg~nge daliir - - mindestens im NW-Karakomm - - zuriickstellen. Auch DE T~aaA (1932, S. 110) erw~ihnt, dab sich ,,am Siidrand des etwa 80 km breiten (Zentral-) Granitmassivs . . �9 stiirkste Anzeichen tektonischer Beanspruchung" im E-Karakorum linden.

468

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

,,kristallinen Sehieferdaeh" (etwa den Gesteinen der ,Zone i i I ' entsprechend) zugerechnet werden kSnnten.

Der ,Zonenbau' des NW-Karakorum und seine tektogenetisdaen Riehtungen fibersehneiden immer diagonal die orographisehen Tiefenlinien des GebirgskSr- pers; dies weist u.a. auf die antezedente Entwicklung des relativ alten FluB- netzes hin (PAFF~N 1956). SO stelh an& die ,zone axiale' (der ,,Batura-Muztagh"

Abb. 15. ,Junger Aplitgranit' als Sturzbloek aus den s'-parallelen Granitb~inken der ,Shispar-Mauer'. Typisch ffir ein tieferes Intrusionsniveau sind die zahl-

reichen Einsehliisse und Besorptionsrelikte.

i. e. S.) nicht die Hauptwasserscheide dar. Vielmehr entspringt der Hunza-River nSrdlieh des Hauptkammes; eine Erseheinung, die bei allen gr6Beren Flfissen des HimMaya-Karakorum-Systems (Indus, Sut]ej, Aran usw.) zu beobaehten ist.

Mindestens zu Beginn des letzten Interglazials muf3 das Hunza-Tal bereits seine heutige Tiefe erreicht haben. Die groBen, terrassierten Tal- verschtittungen sind n/~mlich bereits in diesen Talzug eingelagert und werden vielerorts noeh yon Endmoriinenwfillen der Seitentalgletseher fiber- lagert, die nur einem letzten diluvialen Gletscherhochstand entstammen k6nnen (PAFFEN 1956). Heute hat sich der Hunza-River schon wieder in diese Talversehfittungen eingetieft und an vielen Stellen den Felsboden des Tales erreicht (s. Abb. 16). Dabei weist der FluBlauf in seinem L~ings- profil yon Gilgit aufw5rts, wenigstens bis Khaibar (ira ,Tethys-Kara- korum') keine Stufen oder merklichen Gefiilleversteilungen auf.

Es ergeben sich hieraus einige interessante Himveise auf die jfingste tektonische EntwicMung des NW-Karakorum:

81 Geologische Rundschau, Bd. 46 4 ~

Aufsatze

1. Die Hebungen miissen, mindestens vom letzten Interglazial ab, weit- spannig und ohne besondere Bindung an die streiehenden Bruehzonen stattgefunden haben.

2. Diese jiingsten Hebungen weisen eine sehr kontinuierliche, jedoch in Einzelheiten kaum merkliche Aufw~irtstendenz auf.

Abb, 16. Diluviale Talverschiittung im Hunza-Tal bei Yal. Terrassierte inter- glaziale Talversehiittung (heller Terrassenabbrueh), von einem spat- bis post- glazialen S&wemmkegel iiberlagert (dunkle Terrassenkante). Der Hunza-River hat der~ Endmor~inenwall eines Seitengletsehers (von der ltakaposhi-Nordflanke), der auf den interglazialen Sehuttmassen lagert, durchschnitten und heute bereits

wieder den Felsboden des Tales errei&t (Pfeile).

Das jugendliehe Steilrelief des NW-Karakorum ist also noeh in Fort- bildung begriffenl Dieser Entwieklungsgang bedingt alle morphogeneti- sehen Gegens/itze gegenfiber den Alpen, wo die sp~it- bis postglazialen Senkungen uncl Talversehiittungen bereits im Landschaftsbild in Ersehei- nung treten.

V. D i e T e k t o g e n e s e d e s N W - K a r a k o r u m u n d d i e A l t e r s s t e l l u n g d e r M a g m a t i t e

Aus den vorstehend skizzierten regionalen Zusammenh~ingen sind alle Voraussetzungen zur strukturellen Entwicklung des NW-Karakorum er- kennbar. Nebenher ergibt sieh die Altersstellung der Magmatite auch aus ihren Beziehungen zu den einzelnen tektonisehen Formungsakten, soweit letztere heute schon zu /iberblieken sin&

4TO

H.@ SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

Altere (i. w. S. pal/iozoisehe) Strukturelemente schimmern noeh reliktisch durch die alpidisehen f)berpr/igungen. Die Riehtungen der grogen Struk- turlinien sind mit dem variskischen Rahmenbau vorgezeiehnet und geben sich, yon der alpidisehen Orogenese wieder belebt, als /ibergeordnetes Diktat sehr tief wurzelnder, geotektoniseher Entwieklungstendenzen zu erkennen. Im inneren Segment der zentralasiatisehen Scharung, d e m B e - r e i c h d e r s t ~ i r k s t e n E i n e n g u n g im NW-Karakorum, nehmen dabei die ungeheuren v e r t i k a l e n M a s s e n b e w e g u n g e n bis zu den j/ingsten Formungsakten /iberhand. Offenbar war unter dem regio- nalen Beanspruchungsrahmen keine MSglichkeit ffir weitreichende tangen- time (horizontale!) Ausweichbewegungen gegeben: D i e E i n e n g u n g en v o l l z o g e r t s i e h m i t e i n e r v o r h e r r s c h e n d e n v e r t i k a l e n B e w e g u n g s k o m p o n e n t e !

Wir kolmten mit Hilfe der tektonisehen Cef/igeanalyse (S. 451) im NW- Karakorum mehrere B-Aehsenpl~ine unterseheiden. In den nSrdlichen und s/idliehen Randstreifen der ,kristallinen ZentraIzonen' treten ftir die einzel- nen Baueinheiten ganz spezifisehe Achsenrichtungen auf (,Zone II ' : B3 und ,Zone V': B~), die dureh einen jfingereu Bs-Plan fiberpriigt werden. Doeh weiehen die tlichtungen der versehiedeneu Achsenpl~ine nicht stark von- einander ab; sie schwanken zwisehen E - - W (Bs, genauer ENE---WSW/80 ~) und SE- -NW (B4/100~ Dabei weist auch ihre vorherrsehend flaehe Lagerung auf eine gewisse Konstanz der Bewegungsriehtungen fiber gr5Bere Zeitriiume hin, was wiederum auf die eben angedeutete regional- tektonisehe Entwicklungstendenz zur/iekzuffihren ist.

Die geologisehe Altersstellung der B-b-Pl~ine kanu nach den auf S. 456 diskutierten Relationen etwa wie folgend angenommen werden:

1. Wenn die basiseheu Intrusiva unct Vulkanite der ,Chalt-Sehiefer- Serie' wirklich den FSrderprodukten der oberkretaziseh-altterti~iren ,,ini- tialen Narbe" (S. 462) anghSren sollten, w~ire ihre erste Oberpriigung (Bs) im Gefolge der ,,naehoberkretazischen Stammfaltung" (,,Karakorum-Phase" DE TmaR~,'s 1986) anzusetzen, denn mit der letzten alpidischen (etwa oligoz/inen) Formung des NW-Karakorum tritt der Bs-Plan auf! Doch k6nnte zwischen dem Erseheinen der Vulkanite und dem Aufdringen des basisehen intrusivkSrpers s/idiich Chalt ein grSBerer zeitlicher Zwischen- raum Iiegen 19), wobei der IntrusivkSrper jedenfalls jiinger und sehr wahr- scheinlich oberkretazisch-alttertigren Alters ist. B e i d e n Gesteinskom- plexen ist jedoeh eine r e l a t ive i n h e i t 1 i e h e epizonale Diaphthorese eigen, die mit der Formung des B~-Planes einsetzte und die Bs-Pr~igung no& iiberdauerte,

2. W~hrend oder naeh Anlage yon B 3 kam die ,Chalt-Schiefer-Serie' in direkten tektonischen Kontakt mit der ,kristallinen Zentralzone'. Dies ge- schah offenbar gleiehzeitig in Form steiler Aufschiebungen naeh dem Bs-Plan, der somit im Zentralkristallin v o r h e r angelegt sein mul3.

~9) So gibt z. B. HAYDEN (1916) vom Yasin-Profil (s. S. 464) an, dab die ober- kretazisehe Transgression fiber jungpal~iozoisdaen bis untertriassisehen ,,Trapp" (Typus Panjal-Trapp) erfo!gt sei. Wieweit diese Annahme no& bereehtigt ist, bleibt naeh den neueren Ergebnissen yon WAmA (1987) sehr fraglich (vgl. S. --).

471

Aufs~itze

Die (pal~ozoisehen) Sedimentkomplexe der ,Zone III' (Marmore, Granat- amphibolite usw.) waren bereits nnter epi- bis mesozonalen Bedingungen regionalmetamorph und naeh b2-Plan fiberpr~igt, als die Migmatitbildung im Zusammenhang mit dem AuMringen des axialen Granodiorites (Abb. 9 und 10) einsetzte.

Diese zeitliehe Relation yon (SJterer) t~egionalmetamorphose und (jiin- gerer) Granodioritintrusion im NW-Karakorum entsprieht auch den wert- vollen Ergebnissen der petrographisehen Untersuehungen G. FISCnER'S (in DE TERRA 1982) vom E-Karakorum.

3. Die Altersstellung dieser Granodioritintrusionen kann, nach den Er- gebnissen yon FISCHER-DE TERRA (1982), DAINELLI (1934, 1939) im E-Kara- korum und tmseren im NW-Karakorum, nunmehr bereits sehr weitgehend eingeengt, wenn nicbt gar schon entschieden werden.

DAINELLI (1984, 1989) ste]It den ,,Glimmeramphibolgranit" der Trans- himalaya-Karakorum-Achse zu der ,zweiten' magmatischen Phase des Hima- laya-Stammes (BURRARD 6[ HAYDEN 1908, AUDEN 193g), die zuerst in den oberkretazischen, basischen Magmatiten und Vulkaniten der ,,initialen Narbe" mit regionaler Verbreitung auftfitt. Demnach w~iren die ,,Grano- diorit"-Intrusionen als synorogener Magmatismus der ,nachoberkretazi- schen" Stammfaltung des Karakorum aufzufassen. Diese Annahme wird durch die Beobachtungen yon Fiscm~R und DE TERRA unterstiitzt, wo- nach der ,Hornblendegranit" der ,zone axiale' im E-Karakorum ,,w~ihrend oder in unmittelbarer Folge einer starken Faltung aufdrang. . ." (DE TERRa 1982, S. 92).

So bes&reibt z.B. FIschER (in DE TERRA 1982, S. 188 ft.) ausder KristalIin- achse des E-Karakorum unter K "245 einen Granitgneis, von dem er, nach petro- graphisehen Anhaltspunkten im Sdalittbild, ,,ein geologisch junges Alter" an- nimmt und unter K 246 einen Gneis, yon dem er ausdriicklich den Charakter eines ,,Mischgesteines" hervorhebt. Bei den ,,Biotit-Hornblende-Graniten" be- merkt er, dab einmal (K 89.6) ,,naeh der Erstarrung . . . eine rupturelle Tek- tonik" einsetzte nnd bei anderen Proben (118 vio.) nur geringe ,dynamische Spuren" erkemabar sind.

Alle mikroskopisehen Einzelheiten kehren im Gesteinsinventar der ,zone axiale' des NW-Karakorum wieder. Der Granodiorit weist migmatitische Uberg~nge zum umgebenden Gneis-tlahmen au{ und ist, je naeh seiner Lage zu den jfingeren StSrungsfronten, nochmals mehr oder weniger fiber- pdigt. Diaphthoritisehe Ver,inderungen erscheinen mehr im Anschlul3 an die Formungen des B~-Planes.

Wenn nun DE TERRA (1932) trotzdem ffir die axiale Granodioritmasse und ihre Spaltprodukte (jiingere Granite!) im E-Karakorum generell ein jungpal~iozoisches Alter annimmt, so wird er damit den tektonisehen Ge- gebenheiten und mikroskopischen Befunden nieht gereeht. Der von ihm als etwa altersgleieh angenommene Granit der Ladakh-Kette gehSrt sieher- lieh den ,,voroberkarbonischen Graniten" des Himalaya an (AuDEN 1933, RURRARD ~: HAYDEN 1908, DAINELLI 1984 U. a.); der senone ,,Indus-Flysch"

4'12

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

transgrediert fiber den GraNt der Ladakh-Kette und enth~ilt in seinen basalen Konglomeratserien (s. S. 468) bereits Gerflle davon, jedoch keine vom typischen ,,Karakorum-Granodiorit".

4. Der Granodiorit der Karakorum-Achse karm nut im Zusammenhang mit der sp~itoberkretazisch-altterti~iren Stammfaltung aufgedrungen sein, denn einerseits weist er in den Randpartien typische Formen einer ,syn- kinematischen' Granitisation und Migmatisierung auf, denen keine g]eich- wertigen Uberpr~igungen mehr folgen. Andererseits schliel3t sich dem stoffIich sehr verschiedenartigen Granodioritstamm nur noch die Genera- tion der ,posttektonischen jungen Aplitgranite' an, die bereits k e i n e Deformationen mehr durch den Bs-Plan erkennen lassen.

Mineralgeffige und Lagemngsverband dieser ,jungen Granite' weisen bereits auf ein hSheres Intrusionsniveau bin, als es noch bei Platznahme des Granodiorites herrschte. Die Vertikalbewegungen haben schon ein- gesetzt und leiten in die junge Blocktektonik fiber. Die Altersstellung der ,jungen Intrusivserie' von Zentralkristallin u n d Tethys-Karakorum ist da- mit umrissen: die Intrusionen erfolgten zwischen dem Ausklingen der For- mungen nach dem Bs-Plan und mit dem Einsetzen der groBen, vertikalen Blockbewegungen, also ,unmittelbar nacholigoz~in' (s. S. 467). Damit ent- sprechen sie zeitlich auch den j/ingeren Granitggngen im Nanga-Parbat- Massiv (MIscH 1985, 1949).

Die gewaltigen jungen Massenerhebungen des Karakorum-Stammes bringen tiefere Tefle des oberkretazisch-altterti/iren Orogens, seinen ,mag- matischen Herd' (,,Infrastruktur" WEGMANN'S 1985) relativ rasch nach oben und pressen die Gesteinskomplexe mit steilen Aufschiebungsbahnen rand- lich fiber das Sedimentdach. Die Tektogenese der ,,Suprastruktur" wird dabei fiberwiiltigt, ihre Gesteinsserien bereichsweise (z. B. entlang des N-tlandes!) vollst~indig unterdrfiekt!

Wenn auch vom (regionalmetamorphen) Sedimentmantel zu den axialen Granodioritmassen zahlreiche migmatitische L?berg/inge beobachtet werden k6nnen und durch die (mehr zuf/illige?) rSumliche Nachbarschaft rnit Homblendegneisen, Granatamphiboliten usw. im NW-Karakorum auch eine stoffliche Verwandtschaft zwischen dem Sedimentmaterial und dem ,Magma' hervortritt, so mSchten wit doch mit FISCHE~ (1951) armehmen, dab bei dem regionalen (!) BildungsprozeB dieses Magmentypes eine quantitativ sehr wesentliche Stoffzufuhr aus grSBeren Tiefen stattfand. Die ungeheuren Hebungsvorggnge, die vomAltterti~ir ab mindestens 1"2 km betragen haben mfissen, verst~irken den Eindruck, dab im Streichen der Karakorum-Achse (fiber 500 km Luftlinie) besonders tiefe Teile der Erd- kruste in der jfingsten geologischen Epoche zutage treten.

Die oberkretazisch-altterti/ire ,,initiale Narbe" zwischen Karakorum- Pamir einerseits und Himalaya andererseits wurde wShrend des oligo- z/inen HShepunktes der Himalaya-Orogenese am N~cV-Ende des Kara- korum-Stammes wieder ,verwischt' und der Karakorum damit an die bereits weitgebend konsolidierte ,,pamirische Scharung" angepreBt.

4'/3

Aufsatze

VI. ~ b e r s ~ e h t d e r B a u g e s c h i c h t e

In der vorliegenden Studie werden die wesentlichen Merkmale der tektoni- schen und magrnatischen Ereignisse im NW-Karakomm und ihre Zusammen- hange mit der jfingeren Entwicklungsgeschichte der zentralasiatischen Scharung aufgezeigt. Wichtige Hinweise dazu bieten die tektonischen Gefiigeanalysen, die erstmals in einem Faltengebirgstefl Zentralasiens angewandt werden.

Die erfaBbaren alpidischen Verformungsakte (B-Achsenplane) lassen, yon eini- gem Nteren (verrnutlich ,praalpidischen') und untergeordnet verbreiteten Pr~i- gungen (b~, teilwe~se auch be) abgesehen, eine relativ geringe Streuung der alpidLschen Achsenrichtungen zwischen E- -W und SW NE erkennen. Der im NW--SE-Generalstreichen liegende strenge ,Zonenbau' des NW-Karakorum er- weist sich dabei als das Ergebnis eines jfingsten (Bs) Bewegungsaktes, der wahr- scheinlich nut die Wiederbelebung einer alteren (variskisch vorgezeichneten) grol3tektonischen Strukturpragung darstellt: die ,zone axiale' des NW-Karakorum ist in zeitlicher und r~nmlicher Beziehnng als die ,Nahtlinie' zwischen der variskisch schon weitgehend konsotidierten ,,pamirisehen Seharung" und der alpidischen ,,Himalaya-Syntaxis" zu verstehen.

Die wechselseitigen t3berschneidungen beider Einflul3sph~iren Jm NW-Kara- korum k6nnen ans der Abfolge der tektonischen nnd magmatischen Ereignisse abgeleitet werden:

1. Bis zum Ausklingen der geosynklinalen Senkungsvorg~inge im mesozoischen Tethys-Raum hat die ,zone axiale' vorwiegend eine trennende Funktion inner- halb der zentralasiatischen Scharung inne. Im ,Tethys-Karakorum' (,Zone V') herrscht auch pal~iogeographisch der pamirische EinfluB vor. Die siidliehen ,Zonen' (I und II) sind yon der groBen Himalaya-Geosynklinale beeinfluBt

Im Gefolge der austrischen Phase dringt der basische Magmatismus (und Vul- kanismus ) der ,,initialen Narbe" yore N-Rand des Himalaya-Stammes bis an den S-Rand der Karakorum-Aehse vor.

2. AnsehlieBend daran finder die ,,nachoberkretazisdle" bis alttertigre Stamm- faltung des Karakomm statt. Als synorogener Magmatismus erscheint nunmehr der ffir den Karakomm-Transhimalaya-Stamm charakteristisehe ,,Granodiorit" mit allen seinen stoffliehen Variationen. Randlich sehr ausgepr~igte Assimila- tionsprozesse, Migmatitbfldungen und Erseheinungen einer ,synkinematischen Granitisation' typisieren diesen hochorogenetisehen Akt (b~). Wenig sp~iter setzen die Formungen nach Plan-B 5 ein, die in einem iiberwiegend vertikalen ,tektonisehen Transport" ausmiinden. Weitreiehende flache ,,Deekeniiberschie- bungen" fehlen; die Horizontalkomponente der Bewegungen iibersehreitet sel- ten einmal 5--6 kml

8. W~ihrend des (etwa oligozanen) orogenetischen H6hepunktes in der benach- barren ,Himalaya-Syntaxis" (mit Zentrum im Nanga-Parbat-Massiv) greifen die radialen Einengungen nochmals auf den NW-Karakorum fiber und schlieBen die Pr~igungen des B~-Planes mit steil anfw~ts gerichteten Sdmppenbewegungen ab. Erst jetzt entsteht die Form eines ,,zweiseitig entwickelten Orogens" im NW-Karakorum. Im E-Karakorum treten diese Erscheinungen st~irker zurii&, da dieser nach der ,Stammfaltung' keine tiefgreifenden alpinotypen OberprS- gungen mehr erfuhr.

4. Mit dem Ausklingen der jfingeren B-b-Pr~igungen (B s) treten in den ,kri- stallinen Zentralzonen' und im ,Tethys-Karakorum' die jungen ,,posttektoni- sehen" Intrusivserien auf. Die nachfolgende Bloektektonik iiul3ert sieh vorwie- gend in groBen Langsbrfichen. Im Verlauf der ,,jungen Hebungsfront" z.B. sind seit Ende des Alttertiars vertikale Versetzungsbetrage von fiber 12 000 m er-

474

H.-J. SCHNEIDER - - Tektonik und Magmatismus im NW-Karakorum

reicht worden. Diese Massenhebungen m/issen ihren H6hepunkt im Altdiluvium gehabt haben und halten heute noeh an, wie die morphologisehe Entwicklung des ungeheuren Steilreliefs zeigt.

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NOTES ON THE GEOLOGY OF WESTERN IRAK AND NORTHERN SAUDI ARABIA

By ~:~AOUL C. MITCHELL

Wit/) 4figures and 1 table

Summary

From the high western border areas of Western Irak and Northern Saudi Arabia the land slopes gently eastwards to the Ivfesoptamian Plain and file Persian Gulf. Thirteen physiographic provinces can be recognized within file ai'ea.

Rocks ranging in age from Yreeambriala to Recent outcrop, and it is probable that the entire stratigraphie column is present. Few structural features are impressive. Such folds as are present within the Arabian soele are faulted at depth, caused by pinching due to unequal movements of the basement,

The shield represents a sialie "raft" in a state of instability, and forces acting to restore isostatie balance have created a giant couple. The internal- stress system of tension and shearing results in differential vertical fanlt-bloek movements. The shield proper characterizes a region in which vertical movements predominate, and only in the areuate mobile belt are tangential fo,rces operative.

Introduction

Few areas of the Middle-Near East are less well known geologically than Western Ira1( and Northern Saudi Arabia. Oil investigations concen- t rated along the zone bordering the Persian Gulf represent the only detailed and prolonged studies to date.

Long ago that master of synthesis, EDVARD Swss of Vienna, referred to the "Arabian Shield" and the Mesopotamian part of Tethys, and thereby demonstrated the basic tectonic framework of the area. Only in more recent times have we been able to elaborate upon the fundamental concept of Suess and unravel the geologic picture. Based upon field researches over a period of three years, the author herewith presents

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