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Das Ganze und das Weisungsrecht Liebe Leserinnen und Leser, zu den guten Gründen, Lehrer zu werden, gehört das hohe Maß an eigenverantwortlicher Gestaltung der beruflichen Tätigkeit. Erfolgreicher Unterricht und gute Erziehung beru- hen weitgehend auf der Lehrerpersönlichkeit, dem Wissen, der Kreativität, dem Gestaltungswillen und dem Engagement der Lehrer. Auch der Anspruch der Schüler auf individuelle Unter- richtung und Erziehung schließt ein genau vorgegebenes, genormtes Lehrerverhalten aus. Darauf beruht nach der Recht- sprechung des Bundesverfassungsgerichts die pädagogische Freiheit der Lehrer, die kein persönliches Recht der Lehrer, son- dern Voraussetzung der Erfüllung des Anspruchs der Schüler auf individuelle Behandlung ist. Lehrer verstehen sich in diesem Sinne als Individualisten, und es fällt ihnen daher gelegentlich schwer, auch die andere Seite ihres Berufs, die des weisungsge- bundenen Bediensteten, zu akzeptieren. Das zeigen Fälle wie der vom Verwaltungsgericht Lüneburg entschiedene (Az.: 10 A 18/06, s. Rechtsprechung im Überblick in diesem Heft). Die Notwendigkeit der Weisungsgebundenheit im Interesse der Funktionsfähigkeit der Schule und jeder anderen Institution und als Ausprägung des Demokratieprinzips wird jeder Lehrer ohne Weiteres einsehen. Wie sollte die gewählte Regierung ihr Amt ausüben, wenn sie die Behörden nicht durch Weisungen steuern könnte? Damit aus der Einsicht Akzeptanz wird, sollten Vorgesetzte vom Weisungsrecht umso zurückhaltender Ge- brauch machen, je mehr pädagogische Fragen berührt werden. Bei aller Zurückhaltung gibt es aber auch Entscheidungssituati- onen, in denen schlichtweg eine Weisung zu befolgen ist. Das gilt auch dann, wenn sich eine andere Entscheidung ebenso gut begründen ließe. Das Weisungsrecht der Vorgesetzten soll nicht die in jedem Einzelfall sachlich beste Entscheidung garantieren, sondern die Funktionsfähigkeit der Schulen sichern. Das Ganze ist eben mehr als die Summe seiner Teile. Mit freundlichen Grüßen Ihr (Dr. Thomas Böhm) Editorial Thema des Monats Wolfhard Kohte Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Schule 26 Ratgeber Praxis Thomas Böhm Die informelle Klassenpflegschaft 30 Rechtsprechung im Überblick Sorgerecht und Schulanmeldung 31 Zurückstellung bei sonderpädagogischem Förderbedarf 32 Protokoll einer mündlichen Abiturprüfung 33 Entlassung von der Schule wegen einer Amoklaufdrohung 34 Strafbarkeit von Schulfotografen 36 Ausschluss hausinterner Bewerber auf Schulleiterstellen 38 Duschen während einer Klassenfahrt als Dienstunfall 38 Nichtbefolgen einer Weisung 39 Rechts-ABC 41 Entscheidungsvorschau 42 Zahlen und Fakten 43 Satyrische Justitia 43 Die Seite für das Lehrerzimmer 44 Dienstrecht aktuell Teilzeitbeschäftigung und langfristige Erkrankung 45 Dienstfrei für Personalratssitzungen 45 Dienstliche Beurteilung durch Schulleiter 45 Kein »Teilzeitbeamtenverhältnis« 45 Kein Anspruch auf ein Arbeitszimmer 45 Kopftuchverbot 45 Unerträglichkeit einer Teilzeitbeschäftigungsverfügung 45 Kurznachrichten 46 Vorschau/Impressum 48 Inhalt SchuR 3-4|2009 25

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Das Ganze und das Weisungsrecht

Liebe Leserinnen und Leser,

zu den guten Gründen, Lehrer zu werden, gehört das hoheMaß an eigenverantwortlicher Gestaltung der beruflichenTätigkeit. Erfolgreicher Unterricht und gute Erziehung beru-hen weitgehend auf der Lehrerpersönlichkeit, dem Wissen, derKreativität, dem Gestaltungswillen und dem Engagement derLehrer. Auch der Anspruch der Schüler auf individuelle Unter-richtung und Erziehung schließt ein genau vorgegebenes,genormtes Lehrerverhalten aus. Darauf beruht nach der Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts die pädagogischeFreiheit der Lehrer, die kein persönliches Recht der Lehrer, son-dern Voraussetzung der Erfüllung des Anspruchs der Schülerauf individuelle Behandlung ist. Lehrer verstehen sich in diesemSinne als Individualisten, und es fällt ihnen daher gelegentlichschwer, auch die andere Seite ihres Berufs, die des weisungsge-bundenen Bediensteten, zu akzeptieren. Das zeigen Fälle wieder vom Verwaltungsgericht Lüneburg entschiedene (Az.: 10 A18/06, s. Rechtsprechung im Überblick in diesem Heft).

Die Notwendigkeit der Weisungsgebundenheit im Interesseder Funktionsfähigkeit der Schule und jeder anderen Institutionund als Ausprägung des Demokratieprinzips wird jeder Lehrerohne Weiteres einsehen. Wie sollte die gewählte Regierung ihrAmt ausüben, wenn sie die Behörden nicht durch Weisungensteuern könnte? Damit aus der Einsicht Akzeptanz wird, solltenVorgesetzte vom Weisungsrecht umso zurückhaltender Ge-brauch machen, je mehr pädagogische Fragen berührt werden.Bei aller Zurückhaltung gibt es aber auch Entscheidungssituati-onen, in denen schlichtweg eine Weisung zu befolgen ist. Dasgilt auch dann, wenn sich eine andere Entscheidung ebenso gutbegründen ließe. Das Weisungsrecht der Vorgesetzten soll nichtdie in jedem Einzelfall sachlich beste Entscheidung garantieren,sondern die Funktionsfähigkeit der Schulen sichern. Das Ganzeist eben mehr als die Summe seiner Teile.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

(Dr. Thomas Böhm)

Editorial

Thema des MonatsWolfhard KohteArbeits- und Gesundheitsschutz in der Schule 26

Ratgeber PraxisThomas BöhmDie informelle Klassenpflegschaft 30

Rechtsprechung im ÜberblickSorgerecht und Schulanmeldung 31

Zurückstellung bei sonderpädagogischemFörderbedarf 32

Protokoll einer mündlichen Abiturprüfung 33

Entlassung von der Schule wegen einerAmoklaufdrohung 34

Strafbarkeit von Schulfotografen 36

Ausschluss hausinterner Bewerber aufSchulleiterstellen 38

Duschen während einer Klassenfahrt alsDienstunfall 38

Nichtbefolgen einer Weisung 39

Rechts-ABC 41

Entscheidungsvorschau 42

Zahlen und Fakten 43

Satyrische Justitia 43

Die Seite für das Lehrerzimmer 44

Dienstrecht aktuellTeilzeitbeschäftigung und langfristigeErkrankung 45

Dienstfrei für Personalratssitzungen 45

Dienstliche Beurteilung durch Schulleiter 45

Kein »Teilzeitbeamtenverhältnis« 45

Kein Anspruch auf ein Arbeitszimmer 45

Kopftuchverbot 45

Unerträglichkeit einerTeilzeitbeschäftigungsverfügung 45

Kurznachrichten 46

Vorschau/Impressum 48

Inhalt

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Arbeits- und Gesundheitsschutz in der SchuleRechtsgrundlagen und RechtsschutzIm Bericht der Bundesregierung zum Stand von

Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

(BT-Drs. 16/3915, S. 120, 192) wurde 2006 erstmals

eine über dem Durchschnitt aller Beschäftigten

liegende Arbeitsunfähigkeitsrate in pädagogischen

Berufen nach Art und Umfang ausgewiesen.

Prof. Dr. Wolfhard KohteHalle/S.

Die Bundesregierung sieht daher die 672.000 hauptberuflichenLehrkräfte in Allgemeinbildenden Schulen als wichtige Ziel-gruppe für betriebliche Prävention.

Schule im Blickfeld des Arbeitsschutzes

Arbeitsmedizinische Publikationen haben ähnliche Ergebnissedokumentiert. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin hat als Ursachen für diese Entwicklung auchbelastende Arbeitsbedingungen, wie z.B. physische Belastungendurch Lärm und nicht hinreichend renovierte und hygienischdefizitäre Arbeitsstätten identifiziert (z. B. Heyse, in BAuA[Hrsg.], Lehrergesundheit, 2005, S.91, 94). Die am 15.Dezem-ber 2008 konstituierte Nationale Arbeitsschutzkonferenz hat inihrer ersten Sitzung die Bildung einer Arbeitsgruppe zu Fragender Arbeitssicherheit in der Schule beschlossen.

Die Entwicklung des Arbeitsschutzrechts

Das ist eine neue Entwicklung, denn Schule und Arbeitsschutzwaren sich in Deutschland lange Zeit fremd und kaum begeg-net. Das klassische Schulrecht war als Dienstrecht typischer-weise beamtenrechtlich normiert; die für den deutschenArbeitsschutz wichtige Unfallversicherung war und ist fürBeamte nicht zuständig. Das herkömmliche deutsche Arbeits-schutzrecht war wiederum in erster Linie industriell geprägt.Mit der Kodifikation des ArbSchG ist 1996 eine Änderung ein-getreten: die Schulverwaltung ist der erste Arbeitgeber, der amBundesarbeitsgericht zu Schadensersatz wegen Verletzung derPflichten aus dem ArbSchG verurteilt worden ist (BAG NZA2007, 262 = ZTR 2007, 197).

Die Bedeutung des Gemeinschaftsrechts

Das Arbeitsschutzgesetz diente der Umsetzung der 1989 als RL89/391/EWG erlassenen Rahmenrichtlinie über die Durchfüh-rung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit desGesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl.1989 Nr. L 183/1). Diese Richtlinie verlangt ein präventivesSicherheitsmanagement, mit dem die betrieblichen Gesund-heitsgefahren an der Quelle bekämpft werden sollen. Daher istder Arbeitgeber der zentrale Adressat, der Verbesserungen inKooperation mit den Arbeitnehmervertretern und Experten

unter Förderung einer aktiven Rolle der einzelnen Beschäftigtenerreichen soll. Der auf diese Weise angestrebte Arbeitsschutzwird als ein ganzheitlicher Arbeitsschutz auf allen betrieblichenHierarchieebenen und in den verschiedenen betrieblichenTätigkeiten verstanden.

Nach Art. 2 erfasst die RL alle privaten und öffentlichenTätigkeitsbereiche, so dass das gemeinschaftsrechtliche Arbeits-schutzrecht für deutsche Beamte gilt (EuGH 14. 07.2005, C –52/04), nachdem der EuGH bereits früher den gemeinschafts-rechtlichen Arbeitnehmerbegriff auch auf verbeamtete Schulre-ferendare (EuGH 03. 07. 1986, Rs. 66/85 Slg. 1986, 2121,2144) und verbeamtete Lehrer (EuGH 27. 11. 1991, Rs. 4/91)erstreckt hatte. 2006 entschied den EuGH, dass die unzurei-chende Umsetzung der RL für Lehrer an öffentlichen Schulen inTirol eine Verletzung der Mitgliedspflichten der RepublikÖsterreich darstellte (EuGH 06.04.2006 – C 428/04).

Die Konzeption des ArbSchG

Das 1996 erlassene deutsche Arbeitsschutzgesetz erstreckt sichnach § 2 Abs. 2 Nr. 4 ArbSchG auf Beamte und auch auf denSchulbereich. Jeder Arbeitgeber und Dienstherr wird in § 3ArbSchG verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zurGewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftig-ten bei der Arbeit zu treffen und die Wirksamkeit dieser Maß-nahmen regelmäßig zu überprüfen. Die konkreten Maßnahmenergeben sich in aller Regel nicht aus dem ArbSchG selbst, son-dern teilweise aus den nach §18 ArbSchG erlassenen Verordnun-gen oder aus den Unfallverhütungsvorschriften; zum anderenTeil ergeben sie sich aus der von jedem Arbeitgeber zu erstellen-den Gefährdungsbeurteilung. Zur Unterstützung hat der Arbeit-geber nach §§2, 5 ASiG Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräftezu bestellen und die Beschäftigten nach §12 ArbSchG einzube-ziehen. In Dienststellen ohne Personalrat (vgl. Anm. 1) sind nach§14 Abs.2 ArbSchG die Beschäftigten vor wesentlichen Arbeits-schutzmaßnahmen zu hören. In den anderen Dienststellen neh-men die Personalräte eine Schlüsselrolle ein.

Schultypische Herausforderungen

Die bisher in Modellversuchen in verschiedenen Bundesländerndurchgeführten Gefährdungsbeurteilungen zeigen jeweils einähnliches Bild. Es dominieren deutliche Problemlagen imBereich der Luftqualität, des Lärmpegels, des baulichen undhygienischen Zustands der Schulen sowie beachtliche persönli-che und psychische Belastungen.

Lärmschutz

Lärmschutz dient nicht nur dem Schutz vor Schwerhörigkeit,sondern auch vor Bluthochdruck und Verdauungsstörungen.Die seit 2007 geltende Lärmvibrationsarbeitsschutzverordnung(BGBl 2007 I S. 261) definiert als Lärm jeden »Schall, der zueiner Beeinträchtigung des Hörvermögens oder zu sonstigenmittelbaren oder unmittelbaren Gesundheitsgefahren führenkann«. In dem Anhang nach § 3 ArbStättV ist unter 3.7 das

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Lärmminimierungsgebot verankert worden, den Schalldruck-pegel so niedrig zu halten, wie es nach der Art des Betriebesmöglich ist. Die VDI-Richtlinie 2058, Blatt 3 »Beurteilung vonLärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicherFähigkeiten« nennt für Arbeiten mit vorrangig geistiger Bean-spruchung, zu denen die Lehrtätigkeit in Unterrichtsräumengerechnet wird, eine Obergrenze von 55 dB (A). Darüber be-steht in der arbeitsschutzrechtlichen Literatur Einigkeit.

§ 5 der Verordnung verlangt sachkundig vorgenommeneMessungen, um einen Maßnahmeplan zu entwickeln und Lärmmöglichst frühzeitig zu reduzieren. Die im industriellen Bereichvorrangig anzustrebende »Einkapselung« von Lärmquellen ent-fällt in der Schule, weil sie mit dem pädagogischen Prozessunvereinbar ist. Maßgeblich sind die sekundären Maßnahmender Raumakustik. Als gesicherte arbeitswissenschaftlicheErkenntnisse hat die Bundesanstalt für Arbeitschutz undArbeitsmedizin solche Maßnahmen der Raumakustik doku-mentiert. Unter Beteiligung der Unfallkasse Hessen wurden sieim Projekt »Belastungsreduzierung durch Verbesserung derRaumakustik an Schulen« bestätigt. Hier ließen sich durch ein-fache raumakustische Maßnahmen die Lärmwerte deutlich sen-ken, so dass die Befindlichkeit von Lehrkräften und Schülernverbessert und der pädagogische Prozess nachhaltig gefördertwerden konnte (vgl. Anm. 2). Lärm ist damit in der Schule eintypisches Arbeitsschutzthema, das durch Sanierungspläne fürdie am meisten belasteten Räume anzugehen ist. Die Erkennt-nisse der Raumakustik sind auch bei Neubau- und Modernisie-rungsmaßnahmen von Schulgebäuden zu beachten und recht-zeitig in die Bauplanung und -ausschreibung aufzunehmen.

Hygieneschutz in der Schule

Häufig moniert wird der hygienische Zustand von Schulen.Eine Kommission des Umweltbundesamtes monierte »teilweisekatastrophale hygienische Zustände«, denn Reinigungsmaß-nahmen in Schulen würden an vielen Orten »auf ein nicht mehrakzeptables Minimum« reduziert (Leitfaden für die Innenraum-lufthygiene in Schulgebäuden, Berlin 2000, S. 59 ff.). Dies istauch ein Arbeitsschutzproblem, denn nach §4 Abs.2 ArbStättVsind Arbeitsstätten den hygienischen Erfordernissen entspre-chend zu reinigen. Der sichtbare sowie der verdeckte Schimmel-befall sind unverzüglich zu beseitigen. Einzelheiten ergeben sichaus der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts »Schimmelpilz-belastungen in Innenräumen – Befunderhebung, gesundheitli-che Bewertung und Maßnahmen«, die am 5.Oktober 2007 imBundesgesundheitsblatt veröffentlicht worden ist (2007,S.1308 – 1323). In dem 2005 vom Umweltbundesamt heraus-gegebenen »Schimmelpilz-Sanierungsleitfaden« finden sich Bei-spiele aus Schulen, die solche Probleme effektiv in Angriffgenommen haben (2005, S.59. ff ).

Gewalt in der Schule

Am Arbeitsplatz erlittene Körperverletzungen sind für Beschäf-tigte ein Arbeitsunfall; es gehört daher zu den Arbeitsschutz-pflichten eines Arbeitgebers, Beschäftigte gegen vorhersehbareKörperverletzungen zu schützen und die erforderlichen präven-tiven und organisatorischen Maßnahmen zu treffen. Inzwischenhaben Arbeitsschutzbehörden und Unfallkassen einzelne Pro-jekte durchgeführt, um geeignete Methoden der Gefährdungs-beurteilung sowie präventive Maßnahmen gegen Gewaltdelikte

zu erarbeiten. Die Berichte der Unfallkassen sowie eine arbeits-und erziehungswissenschaftliche Untersuchung der Humboldt-Universität und der Unfallkasse Berlin zeigen, dass technischeund bauliche Mängel der Schule sowie ein schlechtes Schul-klima gewalttätige Konflikte erhöhen, während Verbesserungendes Schulklimas sowie der Arbeitsstätte aggressionsdämpfendwirken. Inzwischen gibt ein »Berliner Notfallordner« den Lehr-kräften eine Anleitung für situationsgemäßes Handeln in sol-chen Notfall- und Krisensituationen.

Schwierigkeiten der Gefährdungsbeurteilung

Die hier beispielhaft genannten Probleme sind nicht unbe-kannt; für ihre Lösung verpflichtet § 5 ArbSchG den Arbeitge-ber zur regelmäßigen Gefährdungsbeurteilung. Auch nachmehr als zehn Jahren fehlen in vielen Schulen solche Beurteilun-gen, obwohl in einigen Bundesländern durch Modellversuchegeeignete Methoden entwickelt wurden. Es ist damit geboten,diese Gefährdungsbeurteilungen planmäßig an allen Schular-beitsplätzen durchzuführen.

Ein so anspruchsvolles Programm bedarf einer professionel-len und hinreichend ausgestatteten Sicherheitsorganisation.Art. 7 der RL verlangt, dass sich jeder Arbeitgeber das notwen-dige Fachwissen beschafft und sich regelmäßig beraten lässt.Trotzdem bleibt die große Mehrzahl der Bundesländer imSchulbereich weit hinter den auch für sie maßgeblichen (BT-Drs. 7/260, S. 15) Anforderungen zurück, die die Unfallkassenzur Umsetzung der §§2, 5 ASiG formuliert haben. Der EuGHverlangt, dass Arbeitgeber zur Realisierung fachkundigen Ratsauch die Möglichkeiten in ihrer eigenen Organisation aus-schöpfen (EuGH 06.04.2006 C 480/04). In Niedersachsen hatman erfahrenen Lehrkräfte eine arbeitswissenschaftliche Zu-satzausbildung ermöglicht und ihnen Aufgaben als Teilzeitsi-cherheitsfachkräfte bei gleichzeitiger Teilfreistellung von ihrerLehrtätigkeit übertragen. Dies ist angesichts der langjährigenFremdheit zwischen Arbeitsschutz und Schule ein geeigneterWeg. Als weiteres Defizit erweist sich die geringe Zahl vonSicherheitsbeauftragten nach §22 SGB VII. In einer flächende-ckenden und kleinteiligen Organisation, in der die geringe Zahlder Experten in aller Regel räumlich weit entfernt residiert, ist eswichtig, die Erfahrungen vor Ort durch geeignete Repräsentan-ten aus dem Kreis der Beschäftigten zu mobilisieren. Trotz § 4SGB VII kann der Dienstherr die eigenen Beamten in diesesSystem einbeziehen. In Niedersachsen hat man auch diesenSchritt vorgenommen, und damit die Kräfte der Arbeitssicher-heitsorganisation sichtbar gestärkt.

Schultypische Hindernisse

Obgleich damit hinreichend Raum und Anlass für sachlich undrechtlich gebotene Aktivitäten im Arbeitsschutz in der Schuleauszumachen ist, stehen wichtige Hindernisse im Weg.

Äußere und innere Schulangelegenheiten

In den Schulgesetzen vor allem der Flächenstaaten ist typischer-weise geregelt, dass der kommunale Schulträger für die äußerenSchulangelegenheiten, also vor allem das Schulgebäude und dieEinrichtung, und das Land als Schulhoheitsträger für die inne-ren Schulangelegenheiten und das Personal zuständig ist. Fürdie konkrete Arbeitsschutzmaßnahme bleibt in der Praxis

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unklar, wer zuständig ist. Dies ist jedoch eine optische Täu-schung, denn diese Differenzierung betrifft nur das Verwal-tungsinnenrecht zwischen Schulträger und Schulhoheitsträger,nicht jedoch das Außenverhältnis zwischen Arbeitgeber/Dienst-herr und Beschäftigten. Die Verwaltungsgerichte haben bisherregelmäßig die Verantwortlichkeit des jeweiligen Lands in seinerRolle als Dienstherr für Fragen der Arbeitsstätte (VGH Baden-Württemberg PersR 1993, 472) bejaht.

Das Schulorganisationsrecht der Länder kann und will nichtmit dem bundesrechtlichen ArbSchG konkurrieren, sondernausschließlich die Verhältnisse zwischen Land und Kommuneregeln. Zutreffend hat daher der VGH Baden-Württemberg2006 entschieden, dass das Land als Schulhoheitsträger gegen-über den Beschäftigten verpflichtet ist, die nach dem ArbSchGgebotenen Maßnahmen zu treffen. Es kann dann im Innenver-hältnis Rückgriff bei dem kommunalen Träger nehmen (VGHBaden-Württemberg 3. 5. 2006 – 9 S 778/04 – ESVGH 56,222). Die Nichtzulassungsbeschwerde, die in einem Parallelver-fahren eingelegt worden war, wurde vom Bundesverwaltungsge-richt nicht zur Entscheidung angenommen (BVerwG04.10.2006 – 6 B 41/06).

Die Bedeutung des Haushaltsrechts

Diese Trennung von Innen- und Außenverhältnis ist auch derSchlüssel für die Probleme des Haushaltsvorbehalts. In der Pra-xis ist nicht selten die Argumentation anzutreffen, dassbestimmte Anforderungen nicht realisiert werden könnten, weildie erforderlichen Mittel nicht in den Haushalt eingestellt wor-den seien. Gesetzliche Pflichten dürfen jedoch auf diese Weisenicht untergraben werden. Auch das Haushaltsgesetz betrifftnur das verwaltungsrechtliche Innenverhältnis, denn nach § 3Abs. 2 HGrG können durch den Haushaltsplan Rechte undPflichten, also auch Arbeitsschutzpflichten, gegenüber Drittennicht aufgehoben werden (vgl. BVerfGE 38, 121, 126; 79, 311,329). Im Übrigen ist jeder Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1ArbSchG verpflichtet, die für Arbeitsschutzmaßnahmen erfor-derlichen Mittel – auch finanzielle Mittel – bereitzustellen. Deröffentliche Arbeitgeber kann sich ebenso wenig wie der privateArbeitgeber auf fehlende Finanzmittel berufen.

Schultypische Probleme der Rechtsdurchsetzung

Unser Thema ist bisher nur in geringem Umfang an denGerichten thematisiert worden. Diese können auf drei Wegeneingeschaltet werden: hoheitliche Anordnungen der Aufsicht,individuelle Klagen auf Erfüllung, Unterlassung bzw. Schadens-ersatz sowie Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicherBefugnisse.

Hoheitlicher Arbeitsschutz in der Schule?

Aufsichtsbehörden können nach § 22 Abs. 3 ArbSchG Anord-nungen gegenüber den verantwortlichen Akteuren treffen. Sol-che Verwaltungsakte sind im Schulbereich kaum auffindbar,

doch sind sie nach §22 Abs.3 S.4 ArbSchG möglich. Das Bun-desverwaltungsgericht hat solche Verwaltungsakte von Fachbe-hörden gegenüber anderen Behörden im Umweltrecht bei ähn-lichen Problemlagen akzeptiert (BVerwGE 117, 1, 2), solangediese die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch die angewie-sene Behörde nicht unmöglich machen oder schwerwiegendbeeinträchtigen. Dies kann für den Bereich des Arbeitsschutzesregelmäßig nicht angenommen werden (BT-Drs. 13/3540,S. 21), so dass auf deutliche Defizite bei Gefährdungsbeurtei-lung und Sachmaßnahmen mit Anordnungen nach §22 Abs.3ArbSchG geantwortet werden kann.

Individuelle Rechtsdurchsetzung

Das Urteil des BAG vom 14.Dezember 2006 (BAG NZA 2007,262) gewährte einer angestellten Sportlehrerin, die sich imUnterricht infiziert hatte, Schadensersatz und Schmerzensgeld,weil das beklagte Land keine ordnungsgemäße Unterrichtungnach §12 ArbSchG organisiert hatte, so dass die Lehrerin gebo-tene Schutzmaßnahmen unterlassen hatte. In einem weiterenUrteil vom 12. August 2008 (BAG DB 2008, 2030) hat dasBAG Beschäftigten ein einklagbares Recht auf Durchführungeiner Gefährdungsbeurteilung zugesprochen; die Einzelheitensind mit dem Personalrat zu klären.

Die Schlüsselrolle des Personalvertretungsrechts

Im Mittelpunkt steht das Mitbestimmungsrecht zum Gesund-heitsschutz nach§75 Abs.3 Nr.11 BPersVG. Sämtliche Landesge-setze haben ein vergleichbares Mitbestimmungsrecht. Danachsteht Personalräten ein Mitbestimmungs- und Initiativrecht imBereich der Arbeitssicherheitsorganisation und der Bestellung derSicherheitsbeauftragten (BVerwG PersR 1994, 466) ebenso zu wiebei Sachmaßnahmen des Arbeitsschutzes (BVerwG NJW 2001,570).SchultypischeProblemetretenauf,wennbeiDefiziten inderArbeitsstätte auch die Schüler betroffen sind. Früher hatte man insolchen Fällen ein Mitbestimmungsrecht der Personalräte generellverneint (dazu nur BVerwG PersR 1996, 151 und 154). DieseJudikatur ist inzwischen revidiert; auch bei Betroffenheit derSchüler wird das Mitbestimmungsrecht bei Gesundheitsschutz-maßnahmen grundsätzlich anerkannt (BVerwG PersR 2001, 20und 23), solange die Interessen von Lehrern und Schülern nichtkonträr sind. In den Beratungen der Einigungsstelle kann sichherausstellen, dass dies nicht der Fall ist. Diese Chance bestehtgerade bei unserem Thema, denn das Leitbild der »gesundenSchule« sieht zutreffend die Gesundheitsinteressen von Lehrernund Schülern nicht als Gegensätze, sondern als zwei wichtige Ele-mente eines gemeinsamen Prozesses. Wenn es gelingt, mithilfe derUnfallkassen und der nach §20a SGB V zuständigen Krankenkas-sen weitere Modelle der betrieblichen Gesundheitsförderung inden Schulen zu etablieren, dann kann sich daraus ein Prozess ent-wickeln, der auch die lange Zeit vernachlässigten Aufgaben desArbeitsschutzes in der Schule nachhaltig fördert und denAnschluss an die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts er-leichtert.

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Kurz und prägnant – alles was die Schulleitung über Gesund-heitsmanagement wissen muss.

Die Informationen über den Gesundheits- und Fitnesszustand junger Menschen zeigen fast täglich die Notwendigkeit, dass Schulen an »dieser Front« aktiv werden müssen.

���Gesunde Ernährung ist besonders für Schülerinnen und Schüler für die geistige und körperliche Entwicklung von wichtiger Bedeutung.

���Schülerinnen und Schülern soll vermittelt werden, sich gesundheitsbewusst zu ernähren.

���Ein erfolgreiches schulisches Gesundheitsmanagement betrifft als Querschnittsaufgabe ebenso das Kollegium und die pädagogischen Führungskräfte der Schule.

���Gesundheitsförderung in der Schule ist dann erfolgreich, wenn umfassende kontinuierliche Entwicklungen zur Gesunden Schule eingeleitet und umgesetzt werden.

Das vorliegende kompakte Praxisbuch vermittelt umfassende Grundkenntnisse und bietet Tipps und Checklisten für die meis-ten Aspekte in Sachen Gesundheitsmanagement. Die praxis-nahen Erläuterungen und kluge Hilfen werden den vorliegenden Band zu einem unentbehrlichen Helfer für das Basiswissen zum schulischen Gesundheitsmanagement machen.

Autor:Prof. Dr. Armin Lewald, Institut für Ökonomische und Technische Bildung an der Universität Oldenburg

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Fazit

Das Arbeitsschutzrecht gilt auch für Beamte. Die konkretenMaßnahmen ergeben sich in aller Regel nicht aus demArbeitsschutzgesetz selbst, sondern teilweise aus den nach§18 ArbSchG erlassenen Verordnungen oder aus den Unfall-verhütungsvorschriften; zum anderen Teil ergeben sie sich ausder von jedem Arbeitgeber zu erstellenden Gefährdungsbeur-teilung. Die bisher in Modellversuchen in verschiedenenBundesländern durchgeführten Gefährdungsbeurteilungenzeigen jeweils ein ähnliches Bild. Es dominieren deutlicheProblemlagen im Bereich der Luftqualität, des Lärmpegels,des baulichen und hygienischen Zustands der Schulen sowiebeachtliche persönliche und psychische Belastungen. Trotz-dem bleibt die große Mehrzahl der Bundesländer im Schulbe-reich weit hinter den auch für sie maßgeblichen Anforderun-gen zurück. Das Land ist als Schulhoheitsträger gegenüberden Beschäftigten verpflichtet, die nach dem ArbSchG gebo-tenen Maßnahmen zu treffen, und kann ggf. Rückgriff beimSchulträger nehmen. Personalräten steht ein Mitbestim-mungs- und Initiativrecht im Bereich der Arbeitssicherheits-organisation zu, das sie auch im Interesse der Schüler wahr-nehmen können.

Anmerkungen

Zur Thematik ist ein ausführlicher Aufsatz in »Recht der Jugend und des Bil-dungswesens (RdjB), 2008, S. 198 ff.« erschienen. Auf folgende Anmerkungenwird im vorliegenden Beitrag Bezug genommen:

1. In einigen Bundesländern ist inzwischen die einzelne Schule eine personal-ratsfähige Dienststelle, so dass Schulen ohne Personalrat nicht selten sind.

2. Vgl. zur Senkung von Lärmwerten: www.fluesterndesklassenzimmer.de

Literatur

Jerusalem, M., Sicher und gesund in der Schule, Humboldt-Universität, Berlin2005

Kollmer, F. (Hg.), Arbeitsschutzgesetz, München 2005

Opfermann, R./Streit, W. (Hg.), Arbeitsstätten, Heidelberg 2007

Schumacher, L./Sieland, B./Nieskens, B./Bräuer, H., Lehrergesundheit – Bau-stein einer guten gesunden Schule, Hamburg 2006

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Die informelle KlassenpflegschaftGespräch über das Fehlverhalten eines SchülersDer Vorsitzende einer Klassenpflegschaft beruft eine

Klassenpflegschaftsversammlung ein, lädt aber

bewusst die Eltern des Schülers S. nicht ein. Einziger

Tagesordnungspunkt ist eine Diskussion über das

Fehlverhalten des Schülers.

Thomas Böhm

Außerdem soll ein Antrag an die Schulpflegschaft gestellt wer-den, ebenfalls das Fehlverhalten des S. zu erörtern und bei derSchulleitung anzuregen, S. von der Schule zu entlassen.

Die Klassenlehrerin war zu der Klassenpflegschaftssitzungeingeladen worden, hatte sich aber geweigert, teilzunehmen, dasie die Versammlung für rechtswidrig hält.

Die Klassenpflegschaft ist ein Mitwirkungsgremium derElternschaft einer Klasse. Sie unterliegt den gesetzlichen Rege-lungen zur Schulmitwirkung. Ein Elternstammtisch ist dagegen,auch wenn zu ihm vom Vorsitzenden der Klassenpflegschaft alleEltern der Schüler einer Klasse eingeladen werden, eine privateAngelegenheit. Der private Charakter des Stammtisches schließtnicht aus, dass der Schulleiter auf Antrag der Eltern Räume in derSchule zur Verfügung stellt. Ein Rechtsanspruch wie bei der Klas-senpflegschaft besteht darauf aber nicht. Der Schulleiter wirdEltern für Stammtische und andere Treffen selbstverständlichRäume der Schule zur Verfügung stellen. Verweigert er Räume fürrechtswidrige oder aus seiner Sicht nicht unterstützenswerteAktivitäten der Eltern, sollte er vorher eine Abstimmung mit demSchulträger herbeiführen, da dieser letztlich über die Nutzung derRäumlichkeiten entscheidet und den Eltern trotz der gegenteili-gen Entscheidung des Schulleiters schulische Räume zur Verfü-gung stellen kann, wenn dadurch der Unterricht und die Organi-sation der Schule nicht beeinträchtigt werden. Auch die Schul-aufsicht sollte informiert werden, da sie dem Schulleiter dieWeisung erteilen könnte, die Versammlung zu dulden.

Eine ordnungsgemäße Einladung zu einer Klassenpfleg-schaftssitzung setzt die Einladung aller Mitglieder voraus. Wer-den einzelne Mitglieder bewusst nicht eingeladen, liegt keinedem Gesetz entsprechende Klassenpflegschaftsversammlungvor. Erklären die Teilnehmer daraufhin die Versammlung zueiner informellen Klassenpflegschaftssitzung, handelt es sichum eine private Aktivität, die einem Elternstammtisch gleichge-stellt ist, da die Schulgesetze einzelner Länder zwar gelegentlichinformelle Elterntreffen erwähnen, aber keine informelle Klas-senpflegschaftsversammlung. Die Klassenlehrerin war nicht ver-pflichtet, an der nicht ordnungsgemäß einberufenen Klassen-pflegschaftssitzung teilzunehmen.

Klassenpflegschaften können über die Unterrichts- undErziehungsarbeit in der Klasse beraten. Zu einer solchen Bera-tung kann auch das Gespräch über einzelne Schüler gehören,wenn von ihnen besondere erzieherische Probleme ausgehen,die die gesamte Klasse beeinträchtigen (siehe dazu auch:VG Freiburg, Urteil vom 19.10.2005, Az.: 2 K 1812/04; Schul-Recht 11-12/2007, S. 134–136). Ein Verstoß gegen den Daten-schutz liegt nicht vor, da die Nennung eines Namens und

bestimmter Vorkommnisse erforderlich ist, um die gesetzlicheAufgabe, über die Unterrichts- und Erziehungsarbeit in derKlasse zu sprechen, erfüllen zu können, und der Name einesbetroffenen Schülers und das auffälligste Fehlverhalten in derElternschaft der Klasse allgemein bekannt sein dürften. EinGespräch über einzelne Schüler ist aber immer eine Ausnahme-situation, da die Klassenpflegschaft in der Regel nur im Allge-meinen über die Klassensituation sprechen soll. Es gehört nichtzu ihrer Zuständigkeit, einzelne Schüler zu beurteilen.

Auch wenn im Ausnahmefall ein Gespräch über einzelne Schü-ler nicht rechtswidrig ist, muss eine angemessene Beratungssitua-tion gewährleistet sein. Die Klassenpflegschaft darf nicht zumTribunal werden, und es steht ihr nicht zu, konkrete Maßnahmenzu beschließen. Die Klassenkonferenz war daher im vorliegendenFall auch inhaltlich rechtswidrig, weil schon die bewusste Nicht-einladung der Eltern des Schülers S. sowie der Vorschlag für einenAntrag an die Schulkonferenz den Schluss zulassen, es solle einTribunal über einen Schüler abgehalten werden. Der Schulkonfe-renz steht zudem nicht das Recht zu, über einzelne Schüler zusprechen und Ordnungsmaßnahmen bei der Schulleitung zubeantragen. Die Schulkonferenz nimmt die Belange aller Elterneiner Schule wahr. Es darf daher grundsätzlich nur mit dem Ein-verständnis der betroffenen Eltern und des Schülers über einzelneSchüler gesprochen werden. Eine Ausnahme könnte allenfallsgelten, wenn das Fehlverhalten eines Schülers die gesamte Schulebetrifft und in der Schule allgemein bekannt ist.

Trotz der Rechtswidrigkeit der Klassenpflegschaftsversamm-lung kann der Schulleiter den Klassenpflegschaftsvorsitzendennicht anweisen, auch die Eltern des Schülers S. einzuladen. Erkann auch nicht selbst eine Klassenpflegschaftsversammlung ein-berufen. Bei der Klassenpflegschaft handelt es sich um ein Mit-wirkungsgremium der Eltern und nicht um ein schulischesOrgan, das verbindliche Beschlüsse für die Schule fassen könnte.Der Schulleiter kann daher Beschlüsse der Klassenpflegschaftauch nicht wie Konferenzbeschlüsse beanstanden. Die Klassen-pflegschaft ist keine Konferenz und die Eltern sind dem Schullei-ter gegenüber selbstverständlich nicht weisungsgebunden. DerSchulleiter kann daher im vorliegenden Fall nur die Klassenlehre-rin in ihrer Haltung, an einer derartigen Veranstaltung nicht teil-zunehmen, bestärken und zugleich im Gespräch mit der Klassen-pflegschaft und der Schulpflegschaft auf ein rechtmäßiges Verhal-ten hinzuwirken. Es stünde dem Schulleiter aber auch frei, dieElternschaft der Klasse zu einem Gespräch einzuladen, falls er ver-mutet, das Vorgehen gegen den Schüler S. und seine Elternberuhe entscheidend auf den Willen einiger Eltern der Klasse,entspreche aber eigentlich nicht dem Willen der Mehrheit.

Fazit

Der Schulleiter kann den Vorsitzenden der Mitwirkungsgre-mien der Eltern keine Weisungen erteilen und ist nicht fürAblauf und Beschlussfassung einer Klassenpflegschaftssitzungverantwortlich. Eine ordnungsgemäß einberufene Klassen-pflegschaft darf in angemessener Weise über das Fehlverhalteneinzelner Schüler sprechen, wenn es die gesamte Klasse betrifft.

Ratgeber Praxis

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Sorgerecht und Schulanmeldung

Getrennt lebende sorgeberechtigte Eltern streiten darü-ber, welche von zwei Grundschulen ihr Sohn besuchensoll. Nachdem ihr Sohn G. länger als ein Schuljahr die M-Schule besucht hatte, meldete die Mutter ihn ohneZustimmung des Vaters Mitte September 2007 an der A-Schule an. Deren Leiter nahm G. in die A-Schule auf, undtags darauf meldete ihn die Mutter von der M-Schule ab.Auf den Widerspruch des Vaters gegen die Aufnahmeerklärte der Schulleiter der A.-Schule mit Schreiben vom24.Oktober 2007 an die Mutter, die mangels Zustimmungdes Vaters rechtswidrige Aufnahme müsse rückgängig ge-macht werden. Die Mutter sprach hiergegen beim Schul-leiter vor und wandte sich sodann an das Jugendamt desKreises, welches die Schulaufsichtsbehörde einschaltete.Nach Rücksprache mit dieser teilte der Schulleiter demVater mit, G solle weiter unter Vorbehalt bis zur endgülti-gen Klärung des Sorgerechts an der A-Schule beschultwerden.

Der Vater beantragt beim Verwaltungsgericht, denSchulwechsel rückgängig zu machen.

Rechtslage

Die Frage, ob der Vater dieses Ziel in einem gegen den Leiter deraufnehmenden Schule gerichteten gerichtlichen Verfahrenerreichen kann, hängt entscheidend davon ab, ob dieser dieSchulaufnahme aus schulrechtlichen Gründen überhaupt rück-gängig machen kann.

§ 47 Abs. 1 Nrn. 1 bis 9 des Schulgesetzes (SchulG NRW)zählt die Tatbestände der Beendigung des Schulverhältnissesabschließend auf. Danach endet das Schulverhältnis nur beiVorliegen eines der in Absatz 1 geregelten Tatbestände, also bei-spielsweise nach dem Durchlaufen des Bildungsgangs, aufgrundder schriftlichen Abmeldung durch die Eltern, des Ausschlusseseiner weiteren Wiederholung der Klasse oder Jahrgangsstufe,des Erreichens der für den Bildungsgang bestimmten Höchst-ausbildungsdauer, der Überweisung in eine andere Schule oderdurch Entlassung aufgrund einer Ordnungsmaßnahme. Diesbedeutet nach Sinn und Zweck der Regelung zugleich, dassandere Tatbestände für die Beendigung des Schulverhältnissesoder darauf gerichtete Maßnahmen gesetzlich nicht anerkanntsind, eine anderweitige Beendigung des Schulverhältnisses alsounzulässig ist.

§ 47 SchulG NRW sichert damit den Bestand des Schulver-hältnisses auch gegenüber rechtlichen Mängeln, die der Aufnah-meentscheidung anhaften, und auch gegenüber deren Aufhe-bung durch den Schulleiter. Die Vorschrift, die als speziellereRegelung den sonst auf die Tätigkeit der Schule anwendbarenallgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechtsvorgeht, schließt daher auch eine Rücknahme oder einenWiderruf der Aufnahmeentscheidung nach §§ 48, 49 Verwal-tungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW aus, sobald das Schulver-hältnis begonnen hat.

Nichts anderes gilt für den Fall des Widerspruchs eines sorge-berechtigten Elternteils, der gegen die Schulaufnahme ist. Auchdann kann weder der Schulleiter im Wege der Abhilfe noch dieSchulaufsichtsbehörde als Widerspruchsbehörde die Aufnah-meentscheidung zur Beendigung des Schulverhältnisses aufhe-

ben. Aus Sinn und Zweck von §§ 42 Abs. 1, 47 Abs. 1 SchulGNRW folgt, dass sich in der Begründung des Schulverhältnissesdie von der Aufnahmeentscheidung intendierten Rechtswir-kungen für das Schulverhältnis erschöpfen; sein Fortbestand istunabhängig von der Aufnahmeentscheidung.

Konsequenz der vorstehenden Erwägungen ist weiter, dass einsorgeberechtigter Elternteil selbst die Rückgängigmachung desauf Antrag des anderen sorgeberechtigten Elternteils herbeige-führten Schulwechsels nur gemäß §47 Abs.1 Nr.2 SchulG NRWerreichen kann, also dadurch, dass »die Eltern« den Schülerschriftlich abmelden. Die Entscheidung hierfür müssen nach§1687 Abs.1 Satz 1 BGB, wenn ein Schulwechsel im Einzelfalleine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das gemein-same Kind im Sinne dieser Bestimmung und nicht eine Angele-genheit des täglichen Lebens ist, gemeinsam sorgeberechtigte,getrennt lebende Eltern in gegenseitigem Einvernehmen treffen.

Können sich die Eltern nicht darüber einigen, welche Schuleihr Kind besuchen soll, so kann das Familiengericht die Ent-scheidung einem Elternteil übertragen, der es dann nach § 47Abs.1 Nr.2 SchulG NRW von der Schule allein abmelden kann.Konsequenz davon ist, dass der Elternstreit über einen (vorge-nommenen) Schulwechsel grundsätzlich nicht schulrechtlich ineinem Rechtsstreit gegen den Schulleiter, sondern familien-rechtlich in dem hier vorgesehenen Verfahren vor dem Famili-engericht als dem zuständigen Fachgericht zum Ausgleich zubringen oder auszutragen ist.

Allenfalls für die Übergangszeit bis zur familiengerichtlichenKlärung kommt in Einzelfällen eine (Ermessens-)Entscheidungder Schulaufsichtsbehörde über die Zuweisung gemäß § 46Abs. 6 Satz 1 SchulG NRW (§ 46 Abs. 6 Satz 1 SchulG NRW:»Die Schulaufsichtsbehörde kann einen Schüler nach Anhö-rung der Eltern und der beteiligten Schulträger einer bestimm-ten Schule am Wohnort oder in einer anderen Gemeinde zuwei-sen.«) in Betracht. Da die Klärung der Befugnisse oder Rechteder Eltern dem Familiengericht obliegt, kann die Schulauf-sichtsbehörde unter Ermessensgesichtspunkten fehlerfrei alleinauf das Recht des Kindes auf schulische Bildung, Erziehung undindividuelle Förderung abstellen.

Gemessen daran ist im Übrigen einerseits zu berücksichtigen,dass ein erneuter Schulwechsel für die schulische EntwicklungG’s abträglich sein kann. Nach der Stellungnahme des Schullei-ters ist G in der Klassengemeinschaft »vollkommen integriert«;auch habe er den Wunsch geäußert, an der A-Schule verbleibenzu dürfen und auf keinen Fall zur M-Schule zurück zu wollen.Andererseits ist zu berücksichtigen, dass G länger als ein Schul-jahr die M-Schule besucht hat und nach Aktenlage derzeit keineAnhaltspunkte dagegen sprechen, dass er sich in die dortigeKlassengemeinschaft wieder wird integrieren können. Davonwird auch der Schulleiter mit der erklärten »Rücknahme« ausge-gangen sein. Auch hat G, wie dem eidesstattlich versichertenVorbringen des Vaters zu entnehmen ist, diesem gegenübergeäußert, dass er die M-Schule wieder besuchen möchte.

Abschließend weist der Senat mit Blick auf § 47 Abs. 2SchulG NRW darauf hin, dass sich G schulrechtlich gegenwär-tig nach wie vor – zusätzlich – im Schulverhältnis zur M-Schulebefindet. Durch die Abmeldung konnte die Mutter diesesSchulverhältnis nicht zum Erlöschen bringen, weil diese keineAbmeldung »der Eltern« im Sinne des §47 Abs.1 Nr.2 SchulGNRW war. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts istdas Schulverhältnis zur M-Schule auch nicht durch Überwei-sung von der M-Schule zur A-Schule gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 7

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SchulG NRW beendet worden. Die Vorschrift ist auf einenWechsel der Schulform etwa in der Sekundarstufe I nach den§§ 11 bis 13 APO-SI zugeschnitten und mag darüber hinausauch noch bei Entscheidungen der Schulaufsichtsbehörde nachden §§19 oder 46 Abs.6 SchulG NRW eingreifen.

Darum geht es hier indes nicht. Allein der Umstand, dass derSchulleiter in Absprache mit der Schulaufsichtsbehörde G aufder von ihm geleiteten Grundschule belässt, rechtfertigt nichtdie Annahme, diese habe G der A-Schule zugewiesen und ihn soim Sinne des §47 Abs.1 Nr.7 SchulG NRW von der M-Schulezur A-Schule überwiesen.

Gerichtsentscheidung

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Beschlussvom 28. 1. 2008, Az.: 19 B 2010/07) lehnte den Antrag desVaters auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel,die »Rücknahme« der Schulaufnahme sofort umzusetzen, ab.

Fazit

Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das gemein-same Kind, zu denen zweifelsfrei die Abmeldung und Anmel-dung an einer Schule gehören, müssen gemeinsam sorgebe-rechtigte Eltern in gegenseitigem Einvernehmen treffen. Dasgilt auch für getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigteEltern. Lediglich Angelegenheiten des täglichen Lebens kön-nen von einem Sorgeberechtigten allein entschieden werden.Für die Aufnahme in die Schule gilt die Besonderheit, dass dasSchulgesetz abschließend die Gründe für eine Beendigung desSchulverhältnisses aufzählt. Schulleiter können daher eineeinmal ausgesprochene Aufnahme nicht einfach zurückneh-men. Für den Schüler führt das im vorliegenden Fall zu derabsurden Situation, dass er Schüler zweier Schulen ist. Vorü-bergehend kann diese Situation im Interesse des Schülersdurch die Schulaufsicht geregelt werden, auf Dauer ist eineEntscheidung des Familiengerichts notwendig, falls die Elternnicht in der Lage sind, sich zu einigen. Bestehen Zweifel ander Sorgeberechtigung oder dem Einvernehmen der Eltern,sollte eine Schule daher bei allen Angelegenheiten von erheb-licher Bedeutung eine gemeinsame Erklärung der Eltern ein-fordern.

Zurückstellung beisonderpädagogischemFörderbedarf

Gegenstand der Popularklage ist Art.37 Abs. 2 des Baye-rischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichts-wesen (BayEUG), soweit schulpflichtige Kinder mit son-derpädagogischem Förderbedarf vom Schulbesuch zu-rückgestellt werden können.

Art. 37 Abs. 2 BayEUG lautet auszugsweise wie folgt:»Ein Kind, das am 31. Dezember mindestens sechs Jahrealt ist, kann für ein Schuljahr von der Aufnahme in dieGrundschule zurückgestellt werden, wenn auf Grund derkörperlichen oder geistigen Entwicklung zu erwarten ist,dass es nicht mit Erfolg am Unterricht teilnehmen kann.«

Zurückstellung ist nur einmal und nur dann zulässig,wenn kein Anlass besteht, die Überweisung an eine För-derschule zu beantragen.

Aktiv am gemeinsamen Unterricht der allgemeinenSchule teilnehmen können gemäß Art. 41 Abs. 1 Satz 2BayEUG Schüler, die, gegebenenfalls unterstützt durchMaßnahmen Mobiler Sonderpädagogischer Dienste,überwiegend in der Klassengemeinschaft unterrichtetwerden, den verschiedenen Unterrichtsformen der allge-meinen Schule folgen und dabei schulische Fortschritteerzielen können sowie gemeinschaftsfähig sind.

Hingegen konnten nach der bis 31. Juli 2003 geltendenRechtslage Kinder am gemeinsamen Unterricht der all-gemeinen Schule nur teilnehmen, wenn eine positivePrognose über das Erreichen der Lernziele dieser Schulegestellt wurde. Schulpflichtige, die wegen einer Behin-derung in der allgemeinen Schule nicht oder nicht mithinreichender Aussicht auf Erfolg gefördert werdenkonnten, hatten eine für sie geeignete Schule für Behin-derte zu besuchen. Durch das Gesetz vom 24. März 2003wurde die Messlatte, die bestimmt, unter welchenVoraussetzungen ein Kind mit sonderpädagogischemFörderbedarf die Volksschule besuchen kann, gesenkt;anstelle der erfolgreichen Teilnahme genügt seitdem dieMöglichkeit der aktiven Teilnahme. Schulpflichtige, dieaktiv, aber nicht erfolgreich am gemeinsamen Unterrichtder allgemeinen Schule teilnehmen können, haben einWahlrecht zwischen dem Besuch der allgemeinen Schuleund der Förderschule.

Der Antragsteller ist der Auffassung, Art.37 Abs.2 Bay-EUG verstoße gegen das Verbot, Menschen mit Behinde-rungen zu benachteiligen (Art.118a BV).

Rechtslage

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof kann Gesetze und Ver-ordnungen für nichtig erklären, die ein Grundrecht verfas-sungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann vonjedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend gemachtwerden.

Dass der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessens-spielraums bei behinderten Kindern nicht gänzlich aufZurückstellungen von der Aufnahme in die Grundschule ver-zichtet, ist nicht zu beanstanden. Auch bei sonderpädagogi-schem Förderbedarf kann eine Zurückstellung grundsätzlichdann sachgerecht sein, wenn die Chance besteht, dass dasKind nach der Zurückstellung mit Erfolg am Unterricht derGrundschule teilnehmen kann. Denn auch bei behindertenKindern sind Entwicklungsrückstände, die nicht in der Behin-derung wurzeln, sondern die sich durch Zeitablauf ausglei-chen, nicht von vornherein auszuschließen. Steht bei Kindernmit sonderpädagogischem Förderbedarf hingegen von vornhe-rein fest, dass sie nur fähig sind, aktiv, nicht jedoch mit Erfolgam Unterricht in der allgemeinen Schule teilzunehmen, isteine Zurückstellung nicht angezeigt und gesetzlich auch nichtvorgesehen. Vielmehr ist das betreffende Kind sogleich ent-sprechend dem ausgeübten Wahlrecht zwischen den Förderor-ten Volksschule und Förderschule entweder in die allgemeineSchule oder in die Förderschule aufzunehmen.

Die Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten von Kin-dern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die dagegen

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nach der gesetzlichen Lage für eine Zurückstellung infragekommen, werden ebenfalls nicht verfassungswidrig einge-schränkt. Art. 22 BayEUG sieht für nicht schulpflichtige Kin-der, zu denen auch von der Aufnahme zurückgestellte Kindergehören, geeignete Möglichkeiten zur Förderung speziell imHinblick auf die Schulfähigkeit und Schulreife vor. Sie sollenin schulvorbereitenden Einrichtungen gefördert werden,sofern sie die notwendige Förderung nicht in anderen, außer-schulischen Einrichtungen, wie z. B. Kindergärten, erhalten.Ergänzt wird dieses Angebot bei Bedarf durch mobile sonder-pädagogische Hilfe.

Es liegt im gesetzgeberisch weiten Ermessen, die Möglichkeiteiner Zurückstellung von schulpflichtigen Kindern zum Aus-gleich von Entwicklungsverzögerungen generell vorzusehenund Ausnahmen auf die Fälle zu beschränken, in denen Anlasszur Überweisung an eine Förderschule besteht. Ein sachlich ein-leuchtender Grund für den vom Gesetzgeber gewählten Weg ist,wie bereits dargelegt, darin zu erblicken, dass auch bei Kindernmit sonderpädagogischem Förderbedarf die Zurückstellung vonder Aufnahme in die Grundschule zur Aufholung eines nicht ineiner Behinderung wurzelnden Reiferückstands sinnvoll seinkann. Alternativ würde sich, wie auch der Antragsteller erkennt,die verfassungsrechtlich wesentlich problematischere Frageeiner sofortigen Aufnahme in die Förderschule stellen, obwohlnach Zurückstellung um ein Schuljahr der Besuch der Grund-schule in Betracht käme.

Der Antragsteller wendet sich ferner gegen das Zurückstel-lungsverfahren im Rahmen der Schuleinschreibung an der all-gemeinen Schule. Er sieht darin die Gefahr, dass pädagogischeKräfte der Regelschule ohne ausreichendes sonderpädagogi-sches Fachwissen darüber entscheiden, ob ein Anlass besteht,die Überweisung an eine Förderschule zu beantragen. DieseZuständigkeitsfrage ist jedoch nicht Regelungsgegenstand dermit der Popularklage angegriffenen Norm des Art. 37 Abs. 2BayEUG. Im Übrigen lässt das vorgesehene Verfahren auchkeine Willkür erkennen. Es sprechen sachliche Gründe dafür,dass die Schulanmeldung in der Regel an der Grundschuleerfolgt. Eine Anmeldung an der Förderschule findet dannstatt, wenn die Grundschule festgestellt hat, dass die Voraus-setzungen für eine Unterrichtung an der Grundschule nichtgegeben sind. Dass die pädagogischen Kräfte der Grundschulenicht hinreichend in der Lage wären, gegebenenfalls mithilfezusätzlicher Unterstützung und Beratung durch Mobile Son-derpädagogische Dienste sachgerecht über die Voraussetzun-gen einer Zurückstellung zu entscheiden, ist nicht ersichtlich.Zudem kann ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbe-darf unmittelbar an der Förderschule angemeldet werden,wenn aufgrund von Stellungnahmen aus der vorschulischenFörderung eine Aufnahme in eine Förderschule notwendigerscheint und die Erziehungsberechtigten der Aufnahme indie Förderschule zustimmen.

Gerichtsentscheidung

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (Beschluss vom11. 3. 2008, Az.: Vf. 5-VII-07) hat die Popularklage abgewie-sen Die vom Antragsteller angegriffene Norm verstößt wedergegen das Benachteiligungsverbot (Art. 118 a BV) noch gegenden allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV).

Fazit

Die angegriffene Norm verstößt weder gegen das Benachteili-gungsverbot (Art. 118 a BV) noch gegen den allgemeinenGleichheitssatz (Art.118 Abs.1 BV), da auch bei sonderpäda-gogischem Förderbedarf eine Zurückstellung sachgerecht seinkann, wenn die Chance besteht, dass das Kind nach derZurückstellung mit Erfolg am Unterricht der Grundschuleteilnehmen kann. Auch bei behinderten Kindern sind Ent-wicklungsrückstände, die nicht in der Behinderung wurzeln,sondern die sich durch Zeitablauf ausgleichen, nicht vonvornherein auszuschließen. Steht bei Kindern mit sonderpä-dagogischem Förderbedarf hingegen von vornherein fest, dasssie nur fähig sind, aktiv, nicht jedoch mit Erfolg am Unter-richt in der allgemeinen Schule teilzunehmen, scheidet eineZurückstellung aus und ist gesetzlich auch nicht vorgesehen.

Protokoll einer mündlichenAbiturprüfung

Eine Schülerin wendet sich gegen das Nichtbestehen derAbiturprüfung, da die über ihre mündliche Abiturprüfungin dem Fach Biologie gefertigte Niederschrift den Anfor-derungen der Abiturprüfungsordnung (APO) nicht gerechtwerde, da sie nicht überall leserlich sei und nicht ohneWeiteres geläufige Abkürzungen verwende. Nach der ent-sprechenden Bestimmung der Abiturprüfungsordnungsind in der Niederschrift außer näher bezeichneten forma-len Angaben der Prüfungsverlauf, die Stoffgebiete, denendie Fragen entnommen wurden, sowie Vermerke über dieQualität der entsprechenden Antworten und gegebenen-falls gewährte Hilfen, die Beratungsergebnisse und dieNote der mündlichen Prüfung aufzunehmen.

Rechtslage

Die von der Schülerin erhobene Forderung, die während derPrüfung erstellte Niederschrift müsse für jedermann – jedenfallsfür den Prüfling – leserlich und verständlich sein, was die Ver-wendung von in Lehrerkreisen üblichen Abkürzungen aus-schließe, findet weder im Wortlaut von § 25 Abs. 8 APO nochim Zweck der Protokollierungspflicht eine Stütze. Zu berück-sichtigen ist bei der Bestimmung der Anforderungen, die dieseVorschrift stellt, dass die durch sie begründete Protokollierungs-pflicht zwar in erster Linie Beweiszwecken dient, dass in derRechtsprechung jedoch anerkannt ist, dass zum Nachweis tat-sächlicher Vorgänge während der Prüfung und des Ablaufs derPrüfung außerdem prozessübliche Beweismittel wie Parteiver-nehmung des Prüflings sowie Zeugenvernehmungen von Prü-fern und Schriftführer zur Verfügung stehen und im Übrigen inder Rechtsprechung sogar als zweifelhaft angesehen wird, obeine hinreichende sichere und genaue Dokumentation der Ein-zelheiten eines Prüfungsgesprächs mittels eines Prüfungsproto-kolls überhaupt zu leisten ist.

Hiervon ausgehend dürfen die Anforderungen an die Proto-kollierung einer Prüfung nicht überspannt werden. Gesehenwerden muss, dass die Niederschrift während der im Regelfalllediglich zwanzig Minuten dauernden mündlichen Prüfung

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erstellt werden muss und nicht nur die Stoffgebiete, aus denendie Fragen entnommen werden, sondern auch Vermerke überdie Qualität der entsprechenden Antworten und gegebenenfallsgewährte Hilfen aufnehmen muss. Die Notwendigkeit, demVerlauf des Prüfungsgesprächs zu folgen, wird den Schriftführerin aller Regel einem Zeitdruck aussetzen, der es häufig, wennnicht sogar regelmäßig ausschließen wird, dass bereits zum Endeder Prüfung ein ausformulierter für jedermann verständlicherText vorliegt. Hiervon ausgehend ist in der Rechtsprechung desOberverwaltungsgerichts des Saarlandes, anerkannt, dass einePrüfungsniederschrift die erforderlichen Angaben auch stich-wortartig aufnehmen kann. Ebenso unbedenklich ist, wenn derSchriftführer auf unter Prüfern übliche Abkürzungen zurück-greift, jedenfalls wenn diese – wie hier – so gewählt sind, dassihnen gegebenenfalls im Wege einer späteren Erläuterung eineeindeutige Aussage zugeordnet werden kann. Der Wortlaut von§ 25 Abs. 8 APO dürfte im Übrigen auch nicht der Erstellungder Mitschrift in gebräuchlicher Kurzschrift, vergleichbar etwader Fertigung der Niederschriften über die mündliche Verhand-lung in gerichtlichen Verfahren entgegenstehen, wenn imAnschluss an die Prüfung eine Übertragung in eine Reinschrifterfolgt.

Die Annahme der Schülerin, die Prüfungsniederschriftmüsse als für jedermann leserlicher und verständlicher Text beiPrüfungsende vorliegen, lässt sich auch den von ihr in diesemZusammenhang angeführten Bestimmungen des § 25 Abs. 8Sätze 1 und 2 APO und des § 30 APO nicht entnehmen. Obund inwieweit handschriftlich gefertigte Niederschriften fürDritte leserlich sind, dürfte ohnehin zumindest weitgehend vonder individuellen Beschaffenheit der Handschrift des Schrift-führers und der Fähigkeit des Lesers abhängen, mit solchenindividuellen Schriftbildern zu Rande zu kommen. Auch unterdiesem Gesichtspunkt lassen sich aus §25 Abs.8 APO keine all-gemeinen Anforderungen ableiten. Hiervon ausgehend sprichtvorliegend nichts dafür, dass sich die Handhabung der Schrift-führerin der hier in Rede stehenden Prüfung, Fragen und auchAntworten stichwortartig aufzuzeichnen und die Qualität derAntworten mit den Abkürzungen r.b. (richtig beantwortet),m.H.b. (mit Hilfe beantwortet), m.g.H.b. (mit großer Hilfebeantwortet) und n.b. (nicht beantwortet) zu vermerken, mitden Anforderungen von § 25 Abs. 8 APO unvereinbar seinkönnte. Sollten die Abkürzungen für die Schülerin wirklichnicht nachvollziehbar gewesen sein, so ist es unbedenklich,wenn sie ihr nachträglich erläutert wurden und ihre Bedeutungdamit für sie eindeutig erkennbar wurde.

Verstößt danach die Darstellung des Prüfungsgeschehens inder Niederschrift aller Voraussicht nach nicht gegen §25 Abs.8APO, so besteht ferner kein Grund zu der Annahme, dass sichdie umstrittene Prüfung im Klageverfahren deshalb als rechts-fehlerhaft erweisen wird, weil versäumt worden wäre, imAnschluss an nicht beantwortete Prüfungsfragen ein Prüfungs-gespräch über verschiedene Sachgebiete, auch durch kürzereAufgabenstellungen zu führen. Wie sich aus § 25 Abs. 5 Satz 7APO ergibt, ist eine Überprüfung der Kenntnisse des Prüflingsund seines Urteilsvermögens in einem Prüfungsgespräch überverschiedene Sachgebiete durch kürzere Aufgabenstellungennur für den Fall vorgesehen, dass der Prüfling trotz der erteiltenHilfe der im ersten Teil der Prüfung gestellten, vorbereitetenAufgabe nicht gewachsen ist. Ein solcher Sachverhalt ist hierindes nicht gegeben. Die Fragen, bei denen im Protokoll n.b.(nicht beantwortet) vermerkt ist, betreffen ausschließlich den

zweiten, vom Fremdprüfer bestrittenen Teil der Prüfung. Auchsoweit die Schülerin geltend macht, die nach § 25 Ab. 5 Satz 5APO vorgesehenen und im Prüfungsprotokoll zu vermerkendenHilfen könnten der hier umstrittenen Niederschrift nicht ent-nommen werden, ist darauf hinzuweisen, dass die in §25 Abs.5(Satz 6) APO angesprochenen Hilfen ebenfalls die Bewältigungder vorbereiteten Aufgabe im ersten Prüfungsteil betreffen. Dassder Schülerin bei der Lösung der vorbereiteten Aufgabe Hilfengewährt wurden, ist indes weder dargetan noch erkennbar. Inder Niederschrift sind bei den Fragen dieser Aufgabe bezie-hungsweise den Antworten durchweg die Abkürzungen r.b.(richtig beantwortet) angebracht.

Gerichtsentscheidung

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Beschluss vom19.1.2007, Az.: 3 Y 17/06) hat die Feststellung der Rechtswid-rigkeit der Abiturprüfung abgelehnt.

Fazit

Eine Prüfungsniederschrift muss bei Prüfungsende nicht ineiner für jedermann verständlichen und leserlichen Form vor-liegen. Fragen und Antworten können stichwortartig aufge-zeichnet und die Qualität der Antworten mit Abkürzungenvermerkt werden. Außerdem ist fraglich, ob und gegebenen-falls unter welchen Umständen Mängel der Protokollierungüberhaupt zur Aufhebung einer Prüfungsentscheidung füh-ren können. In der neueren Literatur und Rechtsprechungwird das verneint.

Entlassung von der Schule wegeneiner Amoklaufdrohung

Ein Lehrer fertigte am 17. März einen Aktenvermerk übereinen Schüler der 9. Klasse eines Gymnasiums, der dieVorwürfe des vielfach gestörten Unterrichts, Fehlen derMitarbeit im Unterricht, des Liegens auf mehreren Stüh-len während des Unterrichts sowie anderweitige Verfeh-lungen enthält. Der Schüler äußerte gegenüber einemLehrer, »heute sind wir mal wieder schwul«, und zog dasHemd eines Lehrers mit der Bemerkung auseinander, erwolle nur mal sehen, ob dieser Brusthaare habe. Im vor-herigen Schuljahr hatte er zahlreiche Hinweise wegenwiederholt fehlender Hausaufgaben, Unterrichtsstörun-gen, unflätiger Ausdrücke bzw. unangemessener Wort-wahl, zwei Verweise wegen »unverschämter Äußerung«sowie »keine Mitarbeit, permanente Unterrichtsstörung«sowie einen verschärften Verweis wegen unverschämtenVerhaltens gegenüber einer Lehrkraft erhalten. Dem ver-schärften Verweis lag der von dem Fachlehrer Wirtschaftund Recht dargestellte Vorfall zugrunde, wonach derSchüler ihm einen Zettel auf den Rücken geklebt hat mitdem Text »riech mich, ich stinke«. Weiterhin erhielt derSchüler im vorhergegangenen Schuljahr zwei Verweisewegen fortgesetzter Unterrichtsstörung bzw. frecherBemerkungen. Ende März wurde die Androhung der Ent-lassung ausgesprochen.

Rechtsprechung im Überblick

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Am 28.Juli äußerte der Schüler gegenüber seinem Klas-senleiter, dass an dieser Schule »auch so was wie in Erfurtpassieren könne«. Zwei Wochen zuvor hatte er auf einerStegreifaufgabe im Fach Griechisch die Bemerkung»Rache ist süß« angebracht. Am 29.Juli fand eine Bespre-chung zu dem Vorfall vom Vortag zwischen u.a. dem Schul-leiter und dem Vater des Schülers statt. Der Leiter desGymnasiums verständigte am 30. Juli die Polizei, diedaraufhin die Wohnung des Schülers durchsuchte, dortaber keine Waffen fand. Mit Schreiben vom 17.Septemberbat der Leiter des Gymnasiums den Schüler, sich bei derstaatlichen Schulberatungsstelle zu einem schulpsycho-logischen Gespräch vorzustellen, um nach den Vorfällenzum Ende des abgelaufenen Schuljahres die Folgen für dieWeiterführung eines geordneten Unterrichtsbetriebs unddie Möglichkeiten einer weiteren gedeihlichen Zusam-menarbeit mit allen Schülern auszuloten. Der Schülererschien nicht zu diesem Gesprächstermin. Am 29. Sep-tember erhielt er einen Verweis wegen unerlaubten Ver-lassens des Schulgebäudes.

Mit Schreiben vom 21. Oktober teilte das Gymnasiumihm mit, die Untersuchung zu seiner Äußerung dem Klas-senlehrer gegenüber werde fortgesetzt, er erhalte Gele-genheit, sich nochmals ergänzend zu dem Vorfall vom28.Juli zu äußern. Hierzu teilte der Schüler dem Schullei-ter mit, er sei über dessen Vorgehensweise mehr als ver-wundert. Die ermittelnden Polizeibeamten hätten derSchule bereits am 2. August im Rahmen einer Unterre-dung unzweideutig mitgeteilt, dass aus den Äußerungendes Schülers einem Lehrer gegenüber keinerlei Gefahrweder für den Schulleiter noch für die Schule ausgehe.Bereits in der Besprechung vom 29. Juli habe er unzwei-deutig erklärt, dass es zu keiner Zeit eine Überlegungoder Absicht seinerseits gegeben habe, einen ähnlichenVorfall wie in Erfurt geplant zu haben oder durchzufüh-ren. Mit Schreiben vom 10.November wurde dem Schülereine erneute Äußerungsfrist bis 19. November gesetzt.Mit Schreiben vom 12. November wurde er aufgefordert,sich wegen seiner häufigen krankheitsbedingten Unter-richtsversäumnisse zu einer schulärztlichen Untersu-chung vorzustellen.

Mit Bescheid vom 7.Dezember entließ das Gymnasiumden Kläger von der Schule und sprach ein sofortigesHausverbot aus.

In der Folgezeit wechselte der Schüler auf ein anderesGymnasium. Dort wurde er nicht versetzt und musste dieSchule wegen Überschreitens der Höchstverweildauerverlassen.

Rechtslage

Jedenfalls mit der endgültigen Beendigung der Schullaufbahndes Schülers an staatlichen Schulen hat sich die angefochteneOrdnungsmaßnahme erledigt. Der Schüler hat aber im vorlie-genden Fall ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Allerdingsrechtfertigt das Ziel, »Recht zu behalten«, nicht das erforderli-che berechtigte Interesse der begehrten Feststellung. Ein bloßesideelles Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßig-keit oder Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungshan-delns ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungendieses Handelns fortbestehen, denen durch gerichtliche Sach-

entscheidung wirksam begegnet werden kann, vermag ein Fest-stellungsinteresse nicht zu begründen. So liegt der Fall hier abernicht.

Ein Rehabilitationsinteresse begründet ein Feststellungsinte-resse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhält-nisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dieskann insbesondere der Fall sein, wenn der Kläger durch die strei-tige Maßnahme in seinem Persönlichkeitsrecht objektiv beein-trächtigt ist und die abträglichen Nachwirkungen des erledigtenVerwaltungsaktes nur durch eine gerichtliche Sachentscheidungausgeglichen werden könne.

Für den Schüler besteht (nach wie vor) ein Interesse daran,gegenüber seinen ehemaligen Mitschülern, der Schule, den Leh-rern und insbesondere der Öffentlichkeit rehabilitiert zu wer-den, zumal auch in der Presse über ihn als möglichen Amokläu-fer berichtet wurde.

Bereits aus den Beanstandungen, die der Religionslehrer inseinem Aktenvermerk vom 17. März festgehalten hat, ergibtsich ein so erhebliches Fehlverhalten des Schülers, das eineschwerwiegende Ordnungsmaßnahme jenseits von Verweis undverschärftem Verweis rechtfertigt. Die Äußerung gegenübereinem Lehrer, »heut sind wir mal wieder schwul«, sowie das Aus-einanderziehen des Hemdes des Lehrers mit der Bemerkung, erwolle nur mal sehen, ob dieser Brusthaare habe, stellen ein Ver-halten dar, das aufgrund der Verletzung des betroffenen Lehrersnicht mehr als Schülerstreich angesehen werden kann, sondernzu Recht mit schwerwiegenden Ordnungsmaßnahmen zu ahn-den ist.

Der Verwaltungsgerichtshof kann offen lassen, ob das überJahre hinweg fortgesetzten ungebührlichen Verhaltensweisendes Schülers bereits als solche eine Entlassung vom Gymnasiumgerechtfertigt hätten. Es ist der Schule jedenfalls zu bestätigen,dass sie gegenüber dem Schüler über längere Zeit hinweg großeGeduld hat walten lassen. Der Verwaltungsgerichtshof kannauch offen lassen, ob die unstreitige Bemerkung des Schülers,»hier könne so etwas wie in Erfurt passieren«, und der schriftli-che Vermerk »Rache ist süß« auf der Stegreifaufgabe im FachGriechisch für sich gesehen eine Entlassung gerechtfertigt hät-ten. Denn jedenfalls im Zusammenhang mit den massiven Ver-fehlungen in den vorausgegangenen Jahren ist die verhängteOrdnungsmaßnahme rechtlich nicht zu beanstanden.

Es ist zulässig, Fehlverhalten des Schülers und darauf beru-hende Ordnungsmaßnahmen aus einer vorausgegangenen Zeitzu berücksichtigen, besonders dann, wenn sich daraus einandauerndes gleichartiges Fehlverhalten des Schülers ergibt.Gegenüber dem Schüler war im März die Androhung der Ent-lassung ausgesprochen worden. Zu Recht weist das Gymnasiumdarauf hin, dass die vorausgegangenen Ordnungsmaßnahmen,insbesondere die genannte Androhung der Entlassung ein-schließlich der im vergangenen Schuljahr vorausgegangenendiversen Ordnungsmaßnahmen, ohne jede erkennbare pädago-gische Wirkung im Sinne einer Verhaltensänderung gebliebensind, und dass der Schüler sein unter anderem die Androhungder Entlassung auslösendes Verhalten in gleicher Weise beimgleichen Lehrer unbeeindruckt fortgesetzt hat. Vor diesem Hin-tergrund durfte das Gymnasium die Äußerung des Schülers, andieser Schule könne auch so etwas wie in Erfurt passieren, undden Vermerk »Rache ist süß« objektiv als Bedrohungsszenarioauffassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Schüler, wieer vorträgt, die ihm vorgeworfene Bemerkung nur deshalb geäu-ßert hat, weil er dem Klassenleiter vertraulich mitteilen habe

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wollen, dass es »gewisse Äußerungen anderer Schüler« gegebenhabe. Abgesehen davon, dass der Verwaltungsgerichtshof diesenRelativierungsversuch für wenig glaubhaft hält, ist insoweitnicht auf eine expost-Betrachtung des Schülers aus seiner sub-jektiven Sicht abzustellen, sondern darauf, wie der damaligeAdressat der Äußerungen diese vernünftigerweise verstehendurfte. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Polizei-beamten, die den Schüler vernommen haben, diesen für einenpotenziellen Amokläufer hielten oder nicht.

Hinzu kommt, dass der Schüler das Angebot der Schule aufschulpsychologische Beratung abgelehnt hat. Zu Recht weist dieSchule nach alledem darauf hin, dass er auch sämtliche angebo-tenen Hilfsmaßnahmen abgelehnt hat und dass eine gedeihli-che, dem Bildungs- und Erziehungsauftrag entsprechendeZusammenarbeit mit der Schule nicht mehr möglich war. DerSchüler selbst hat einer zielführenden pädagogischen Zusam-menarbeit die Grundlage entzogen und deutliche Signalegesetzt, mit der Schule auf Konfrontation gehen zu wollen.

Schließlich kann der Schule nicht zum Vorwurf gemachtwerden, dass bis zur Entlassung im Dezember nach den genann-ten Äußerungen über vier Monate vergangen sind. Nach denauf den Vorfall folgenden Sommerferien hat die Schule denZeitraum ab September dahingehend zu nutzen versucht, demSchüler eine schulpsychologische Beratung angedeihen zu las-sen, die dieser jedoch in schroffer Weise abgelehnt hat. Dass diesich daran anschließenden weiteren disziplinarischen Ermitt-lungen eine gewisse Zeit in Anspruch nahmen, entspricht demnormalen Verfahrensablauf.

Gerichtsentscheidung

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom19. 2. 2008, Az.: 7 B 06.2352) hat den Antrag des Schülers aufFeststellung der Rechtswidrigkeit der Entlassung von der Schuleabgewiesen.

Fazit

Obwohl die Entlassung von der Schule keine unmittelbarenAuswirkungen mehr auf die Schullaufbahn des Schülers hat,kann er auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungs-maßnahme klagen, da die Maßnahme in seinem sozialenUmfeld und bei Bewerbungen negative Auswirkungen habenkann. Schulen dürfen Fehlverhalten von Schülern und daraufberuhende Ordnungsmaßnahmen aus einer vorausgegange-nen Zeit berücksichtigen, wenn sich daraus ein andauerndesgleichartiges Fehlverhalten des Schülers ergibt. Die Amok-laufdrohung begründete nur im Zusammenhang mit demgesamten Fehlverhalten des Schülers, seiner Uneinsichtigkeitund seiner völlig fehlenden Kooperationsbereitschaft die Ent-lassung von der Schule. »Amoklaufdrohungen«, die von derSchule als unbedachte Äußerung oder dummer Scherz einge-stuft werden, erfordern daher nicht in jedem Fall eine Ord-nungsmaßnahme.

Strafbarkeit von Schulfotografen

Den Beschuldigten – zwei Schulfotografen – wird mit derAnklage Bestechung in 16 besonders schweren Fällen zur

Last gelegt. Ihnen wird mit der Anklage der Staatsan-waltschaft vorgeworfen, in insgesamt 16 Fällen mit denjeweiligen Leitern öffentlicher Schulen umsatzabhän-gige Rückvergütungen bzw. Geld- oder Sachspenden andie Schulen vereinbart und gewährt zu haben als Gegen-leistung für die Gelegenheit zur Anfertigung von Schüler-fotos oder sogenannten Schulsets und für die Erlaubniszum Betreten der Schulgebäude und die Bereitstellungvon Räumlichkeiten für die Anfertigung der Fotos. Dabeisollen die Ermessensentscheidungen der Schulleiternicht nur von sachlichen Gründen, etwa Höhe des Prei-ses, Qualität der Fotos und zügige Abwicklung der Foto-aufträge, sondern auch von der sachwidrigen Erwägungbestimmt worden sein, von den Firmen Zuwendungen fürdie jeweilige Schule zu erhalten.

Die Strafkammer des Landgerichts lehnte die Eröff-nung des Hauptverfahrens ab. Sie begründet dies imAnschluss an den in der Entscheidung des 1. Zivilsenatsdes Bundesgerichtshofs vom 20. 10. 2005, Az.: 11 ZR 112/03 (siehe SchuR 5-6/2006, S. 62 f) entwickelten Begriffdes »Vorteils« i. S. der §§ 331 ff. StGB im Wesentlichenmit der Erwägung, die geleisteten Zuwendungen enthiel-ten keinen solchen Vorteil für die Schulen, da sie nichtunangemessen seien.

Rechtslage

Die Angeklagten K.H.N. und H.B. sind nach dem Stand derErmittlungen der ihnen zur Last gelegten Straftaten hinrei-chend verdächtig.

Hinreichender Tatverdacht zum Vorliegen eines Vorteils i. S.von § 334 StGB ist gegeben. Zwar hat der für Wettbewerbssa-chen zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in einerEntscheidung vom 20.Oktober 2005 für einen gleichgelagertenFall – es ging um das Angebot eines Fotostudios an eine Schule,dieser eine Geld- oder Sachspende zu überlassen, wenn dieSchule eine Schulfotoaktion vermittelt – ausgeführt, eine solcheSpende begründe keinen Vorteil i.S. der §§331 Abs.1 und 333Abs. 1 StGB, weil aufgrund eines entgeltlichen Vertrages eineGegenleistung für eine geldwerte Leistung erbracht werde, dieGegenleistung im konkreten Fall als Entgelt nicht unangemes-sen und allein der Vertragsschluss als solcher nicht als Vorteilanzusehen sei. Diese Argumentation widerspricht allerdings derständigen Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichts-hofes, wonach ein Vorteil i. S. der § 331 ff. StGB bereits imAbschluss eines Vertrages liegen kann, der Leistungen an denAmtsträger zur Folge hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Leis-tungen nur das angemessene Entgelt für die vom Amtsträgeraufgrund des Vertrages geschuldeten Gegenleistungen sind.

Auch der Strafsenat des Oberlandesgerichts vermag derRechtsprechung des Wettbewerbssenates beim Bundesgerichts-hof nicht zu folgen. Es geht bei der Frage eines Vorteils im Rah-men der Bestechungsdelikte nicht um eine Bewertung von Leis-tung und Gegenleistung als angemessen oder unangemessen,sondern darum, ob schon der Vertragsschluss als solcher einVorteil ist, unabhängig vom Wert der daraus geschuldetenGegenleistung. Auch durch eine angemessene – aber sonst nichterzielbare – Gegenleistung kann ein Amtsträger veranlasst wer-den, im Sinne des leistenden Vertragspartners zu entscheiden.Dies trifft auch die hier relevanten Fälle von Schulfotoaktionen,denn hier ist gerade der Vertragsschluss als solcher vorteilhaft für

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die Schule, weil bereits damit der Anspruch auf eine Zuwen-dung begründet wird, die anders nicht zu erlangen wäre.

Diese Bewertung ist entwickelt worden, um solche Fälle inden Tatbestand einzubeziehen, bei denen sonst durch die Ver-einbarung eines Vertragsverhältnisses zwischen Amtsträger undLeistungsgeber Bestechungstatbestände ausgeschlossen wären.So bliebe nach der Auffassung des Wettbewerbssenates beimBundesgerichtshof selbst derjenige Amtsträger straflos, der eineVereinbarung über eine eigene Leistung und eine – angemes-sene – Gegenleistung im Hinblick auf eine von ihm selbst zuentscheidende Angelegenheit schließt; dies würde für den Bau-amtsleiter gelten, der eine – angemessene – Gegenleistung fürden Entwurf des Bauwerkes erhält, dessen Genehmigung inseine Zuständigkeit fällt und auch für den Richter, der – ange-messen – vergütet wird für die Fertigung einer Klageerwiderungin einer bei ihm anhängigen Sache. Es steht außer Frage, dasssolche Ergebnisse jedwede Intention des Korruptionsgesetzge-bers konterkarieren würden.

Im Übrigen wäre nach dem bisherigen Stand der Ermittlun-gen auch kaum von einer angemessenen Gegenleistung für dieSchulen auszugehen, weil deren »Organisationsleistung« inkeinem Vertrag Bezugspunkt der Abreden war. Der Wert dervon den Angeklagten im Vorfeld oder in den Verträgen ver-sprochenen Zuwendungen ist unabhängig davon bemessenworden, wie aufwendig die Schulfotoaktion ist, sondern nurdanach, welcher Umsatz zu erwarten war. Im Rahmen derErmittlungen ist bei keiner Schule zutage gefördert worden,dass die Schulleiter oder die anderen Amtsträger ihren Organi-sationsaufwand hätten vergütet wissen wollen. Zwar stand derzu erwartende Umsatz in Zusammenhang mit der Anzahl derSchüler und dadurch mit dem Aufwand bei der Organisation.Dennoch ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen keinZusammenhang zwischen der Organisationsleistung derSchule und der Rückvergütung oder Sachspende, was insbe-sondere in den Fällen der prozentualen Rückvergütung deut-lich wird. Die Höhe der Rückvergütung richtete sich in diesenFällen nach der Höhe des Umsatzes und gerade nicht nachdem Ausmaß der Organisationsleistungen.

Auch eine Unrechtsvereinbarung liegt vor. Zwar führt dasLandgericht zutreffend aus, zum Zeitpunkt der zur Anklagegelangten Taten habe es keine Verwaltungsvorschriften gege-ben, die die Durchführung von Schulfotoaktionen explizit gere-gelt und auch Drittvorteile erfasst hätten. Daraus schließt es imErgebnis auf das Fehlen einer Regelwidrigkeit bzw. eines bösenAnscheins der Käuflichkeit, weil das Verhalten der Schulleiternicht verboten gewesen sei. Demgegenüber weist die General-staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass die Annahme»von Spenden oder sonstigen Zuwendungen, die mit Werbungverbunden sind« gem. Abschnitt 2 des Erlasses des Kultusminis-teriums vom 10. Januar 2005 wegen einer Inventarisierung derGegenstände oder wegen möglicher Folgekosten einer Zustim-mung des Schulträgers, jedenfalls aber der Kontaktaufnahmemit ihm bedurft hätte. Selbst wenn es sich bei den Zuwendun-gen der Schulfotografen an die Schulen um Entgelte für derenMitarbeit gehandelt haben sollte, fallen diese Geld- und Sach-leistungen unter die Begriffe »Spenden oder sonstige Zuwen-dungen, die mit Werbung verbunden sind« im Sinne desgenannten Erlasses. Das Versprechen der Geld- oder Sachleis-tungen diente den Schulfotogesellschaften dazu, den Auftragfür die Durchführung der Schulfotoaktionen zu erhalten, waralso Bestandteil ihrer Werbemaßnahmen, um den Auftrag zu

erhalten. Auch wenn der Erlassgeber seinerzeit eher Fälle direk-ter Werbung gemeint haben sollte, ändert dies nichts daran, dassdie Geld- und Sachleistungen der Schulfotoaktionen Werbe-charakter hatten und ihre Annahme deshalb mindestens einerKontaktaufnahme mit dem Schulträger bedurfte. Eine solcheKontaktaufnahme mit dem Schulträger ist nach dem gegenwär-tigen Stand der Ermittlungen in keinem der angeklagten Fälleerfolgt.

Ein »böser Anschein der Käuflichkeit« ergibt sich aber auchaus dem Verdacht, dass die Zuwendungen konkrete Auswirkun-gen auf die Preisgestaltung gegenüber den Eltern und Schülernhatten. Dieser Verdacht folgt aus den für das Jahr 2005 heraus-gegebenen Angebotsschreiben mit einem Aktionsangebot fürdie Eltern, wonach sich der Preis für die Eltern reduzieren sollte,wenn die Schule auf Zuwendungen verzichtete. Es bestehtdaher der Verdacht, dass eine solche Preisreduktion auch in denfrüheren Jahren und damit in den angeklagten Fällen möglichgewesen ist, und mithin der Anschein, dass aufseiten der Schul-leiter bewusst die Zuwendung an die Schule einer Preisreduk-tion für die Eltern vorgezogen wurde, zum Vorteil der Schuleund zum Nachteil für die Eltern. Den Abnehmern der Fotos, inder Regel also den Eltern, wurde bei der Entscheidungsfindungkein Mitspracherecht eingeräumt, vielmehr hat der jeweiligeSchulleiter nach dem bisherigen Ermittlungsstand allein nacheigener Einschätzung und in Abhängigkeit von Art und Höheder Zuwendung an die Schule die Entscheidung über dieDurchführung einer Schulfotoaktion getroffen.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der durch solcheUmstände entstandene Anschein der Käuflichkeit ausgeschlos-sen wäre, wenn eine Elternbeteiligung – etwa in Form einerSchulkonferenz – stattgefunden und damit eine bewusste Ent-scheidung der Abnehmer über höhere Fotopreise zugunsten derSchule herbeigeführt worden wäre. Eine Beteiligung der Elternlässt sich gegenwärtig für die angeklagten Fälle nämlich nichtfeststellen. Lediglich im Fall der Grundschule G. wurde beieiner früheren Schulfotoaktion auf die noch zu erwartendeAbklärung in einer Konferenz verwiesen. Sollte sich im Rahmender Hauptverhandlung ergeben, dass eine entsprechendeElternbeteiligung stattgefunden hat, wird die Kammer zu ent-scheiden haben, ob dadurch tatsächlich die notwendige Trans-parenz geschaffen worden sein könnte, die erforderlich wäre,um den Anschein der Käuflichkeit zu vermeiden.

Der Verdacht auf eine Unrechtsvereinbarung entfällt auchnicht etwa deshalb, weil entsprechende Vorteilsgewährungenvon Schulfotografen üblich gewesen wären. Unter diesemGesichtspunkt könnten allenfalls gewohnheitsmäßig allgemeinanerkannte und relativ geringe Aufmerksamkeiten aus gegebe-nen Anlass zu berücksichtigen sein. Ein solcher Fall liegt bereitsim Hinblick auf die Höhe der jeweiligen Zuwendungen ersicht-lich nicht vor, zudem war eine solche eventuelle Praxis mögli-cherweise bei den betroffenen Personenkreisen, keineswegs aberallgemein anerkannt.

Für die strafrechtliche Bewertung als Unrechtsvereinbarungist es schließlich ohne Bedeutung, dass Verhaltensweisen wiediejenigen der Angeklagten vom Bundesgerichtshof als wettbe-werbsrechtlich zulässig angesehen wurden, weil auch ein wett-bewerbsrechtlich zulässiges Verhalten das Vertrauen der Öffent-lichkeit in die Integrität von Amtsträgern beeinträchtigen kannund das Wettbewerbsrecht bereits wegen seiner anderen Ziel-richtung nicht den Maßstab für die Anforderungen an das Ver-halten der öffentlichen Verwaltung bildet.

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Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Celle (Beschluss vom 28. 9. 2007, Az.:2 Ws 261/07) hat in der Strafsache wegen gewerbsmäßigerBestechung beschlossen, die Anklage gegen die angeklagtenSchulfotografen K.H.N. und H.B. zur Hauptverhandlungzuzulassen.

Fazit

Der Strafsenat des Oberlandesgerichts ist der Rechtsprechungdes Wettbewerbssenates beim Bundesgerichtshof nicht gefolgt,der die Gewährung von Vorteilen für Schulen durch Schulfoto-grafen als angemessen angesehen hatte, wenn sie dem Aufwandder Schule entsprechen. Das Oberlandesgericht hat aus straf-rechtlicher Perspektive darauf hingewiesen, dass die Auffassungdes Zivilsenats des Bundesgerichtshofs eine Korruptionsbe-kämpfung unmöglich mache, da ein Amtsträger auch durcheine angemessene – aber sonst nicht erzielbare – Gegenleistungveranlasst werden könne, im Sinne des leistenden Vertragspart-ners zu entscheiden. Auch schulrechtlich stößt die Tätigkeit vonSchulfotografen auf erhebliche Bedenken (dazu ChristopherVerlage:DerSchulfotograf–wirtschaftlicheBetätigungaufdemSchulgelände. SchulRecht 10/2005, S. 170 f). Schulen solltendaher von der Zusammenarbeit mit Schulfotografen absehenoder nach Beteiligung der Elternvertretung der Schule eineGenehmigung der Schulaufsicht einholen.

Ausschluss hausinterner Bewerberauf Schulleiterstellen

§ 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW schreibt für Bewerbungenauf Schulleiterstellen vor, dass Lehrer der betroffenenSchule nur benannt werden können, wenn sie vor ihrerTätigkeit an dieser Schule in mindestens einer anderenSchule oder in der Schulaufsicht gearbeitet und damitihre Verwendungsbreite nachgewiesen haben. Ein haus-interner Bewerber wird aufgrund dieser Vorschrift vomBewerbungsverfahren auf die Schulleiterstelle an seinerSchule ausgeschlossen.

Rechtslage

Das hinter § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW zu vermutendegesetzgeberische Ziel, nur diejenigen Lehrer zu Schulleitern zuberufen, die hinreichend berufliche Erfahrungen – in der Regelan mehreren Schulen – gesammelt haben, ist grundsätzlichnicht zu beanstanden. Allerdings scheint die Umsetzung diesesZiels in der besagten Vorschrift – wie das Verwaltungsgericht zuRecht ausgeführt hat – misslungen. Es ist sachlich nicht gerecht-fertigt, einen besonderen Erfahrungshorizont nur von denjeni-gen Bewerbern zu verlangen, die an der Schule tätig sind, an derdie Schulleiterstelle zu besetzen ist. Ein Bewerber von außen,der bislang nur an einer Schule tätig war, hat mit seiner Bewer-bung lediglich die Bereitschaft zu einem Schulwechsel zu er-kennen gegeben, was allerdings regelmäßig angesichts derUmstände des beabsichtigten Wechsels – nämlich die ange-strebte Beförderung – für sich genommen nur geringen Werthat. Diese Form der Flexibilität vermag die nachgewiesene Ver-

wendungsbreite im Sinne einer »Erfahrungsbreite«, wie sie vonden hausinternen Bewerbern gefordert wird, nicht aufzuwiegen.

Soweit das Land die Erwartung in den Vordergrund rückt,ein Lehrer, der zuvor (auch) an einer anderen Schule tätig gewe-sen sei, werde auf Grund der dort gewonnenen Erkenntnisse alsSchulleiter neue Impulse geben und festgefahrene Strukturenaufbrechen, rechtfertigt dies die Schlechterstellung hausinternerBewerber, die bisher nur an einer Schule unterrichtet haben,nicht. Dieser Gesichtspunkt mag im Gesetzgebungsverfahreneine Rolle gespielt haben, hat aber in der fraglichen Vorschriftletztlich keinen Niederschlag gefunden. Abgesehen davon, dassdie Erwartung einer Fruchtbarmachung von an anderer Stelleerworbenen Erfahrungen keinen Aspekt der Verwendungsbreitebeschreibt, taugt sie zu deren Nachweis schon deshalb nicht,weil es eben nur eine bloße Erwartung ist. Handelt es sichzudem um einen hausinternen Bewerber, der vor vielen Jahrenund vielleicht sogar nur für einen kürzeren Zeitraum an eineranderen Schule tätig war, wird eine darauf fußende Erwartunginnovativer Anstöße bei der Ausfüllung der Schulleiterstellekaum begründet sein.

Dass der im vorliegenden Verfahren ausgewählte Bewerber inder Vergangenheit an mehreren Schulen – in zwei Fällen sogar alsSchulleiter – tätig war und somit den von hausinternen Bewer-bern verlangten besonderen Erfahrungshorizont besitzt, stellt dieRichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht infrage. Diegenerelle Sachwidrigkeit des §61 Abs.1 Satz 3 SchulG NRW, auf-grund dessen der die Auswahlentscheidung gerichtlich anfech-tende Bewerber vom Auswahlverfahren ausgeschlossen wordenist, wird dadurch nicht beseitigt. Ob ein möglicher Erfahrungs-vorsprung des zum Auswahlverfahren zugelassenen Bewerbers indem noch durchzuführenden Auswahlverfahren den Ausschlagzu seinen Gunsten geben kann, ist offen.

Gerichtsentscheidung

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Beschlussvom 7.5.2008, Az.: 6 B 408/08) hat entschieden, dass die Bewer-bung eines hausinternen Bewerbers nicht unter Berufung auf §61Abs.1 Satz 3 SchulG NRW unberücksichtigt bleiben darf.

Fazit

Der Ausschluss hausinterner Bewerber, die nicht an eineranderen Schule oder in der Schulaufsicht tätig waren, ist sach-lich nicht gerechtfertigt. Die gesetzliche Regelung kann schonallein deshalb nicht sachlich begründet werden, da sie vonexternen Bewerbern keinen Nachweis einer besonderen Ver-wendungsbreite fordert, sondern die bloße Bereitschaft, sichauf die Schulleiterstelle an einer anderen Schule zu bewerben,ausreichen lässt.

Duschen während einerKlassenfahrt als Dienstunfall

Eine Lehrerin verletzt sich durch einen Sturz beim mor-gendlichen Duschen während eines mehrtägigen Schul-landheimaufenthalts an der Schulter.

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Rechtslage

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ver-langt das gesetzliche Merkmal eines Dienstunfalls gemäß § 31Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz, dass dieser »in Aus-übung des Dienstes« geschehen ist. Daher ist eine besondersenge ursächliche Verknüpfung des Unfallereignisses mit demDienst erforderlich.

Dabei kommt nach dem Normzweck der gesetzlichen Rege-lung dem Kriterium der Beherrschbarkeit des Risikos derGeschehnisse durch den Dienstherrn herausragende Bedeutungzu. Der Beamte steht bei Unfällen, die sich innerhalb des vomDienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereig-nen, unter dem besonderen Schutz der beamtenrechtlichenUnfallfürsorge. Zu diesem Bereich gehört der Dienstort, an demder Beamte seine Dienstleistung erbringen muss, wenn dieserOrt zum räumlichen Machtbereich des Dienstherrn gehört.Risiken, die sich hier während der Dienstzeit verwirklichen,sind in der Regel dem Dienstherrn zuzurechnen.

Leisten Beamte wie Lehrer während eines Schullandheimauf-enthalts Dienst außerhalb ihres eigentlichen Dienstortes, sogenießen sie hierbei Dienstunfallschutz, wenn die konkreteTätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, im engen natürli-chen Zusammenhang mit ihren dienstlichen Aufgaben oderdienstlich notwendigen Verrichtungen besteht. Der Unfallmuss seine wesentliche Ursache in den Erfordernissen desDienstes haben und dadurch nach seiner Eigenart geprägt sein.Davon ausgehend kann kein Zweifel daran bestehen, dass dieseVoraussetzungen hier vorliegen:

Die Lehrerin hatte einen umfassenden, nicht auf bestimmteZeiten beschränkten Betreuungsauftrag gegenüber den Schülernwahrzunehmen. In ihrer Eigenschaft als aufsichtsführende Lehre-rin war sie dienstlich verpflichtet, die Schüler »rund um die Uhr«zu betreuen. Sie hatte die Schüler auch außerhalb konkreterVeranstaltungen zu beaufsichtigen und musste jederzeit, auchwährend der Nachtstunden, ansprechbar und bereit sein, einzu-greifen, wenn sich ein Anlass ergab. Diesen dienstlichen Erforder-nissen konnte sie nur gerecht werden, wenn sie, wozu sie aus-drücklich verpflichtet war, in dem Schullandheim übernachtete.Daher war sie zwangsläufig darauf angewiesen, die dort vorhan-denen sanitären Einrichtungen zu benutzen. Das Schullandheimwar für die Dauer des Aufenthalts Dienstort der Lehrerin.

Muss der Beamte in einem vom Dienstherrn bestimmtenGebäude übernachten, um dort seine dienstlichen Aufgaben zuerfüllen, so ist dieses Gebäude nach dem Normzweck des § 31Abs. 1 Satz 1 BeamtVG der räumlichen Risikosphäre desDienstherrn zuzurechnen. Dies bedeutet, dass der Dienstherrjedenfalls das spezifische örtliche Risiko für solche Verrichtun-gen trägt, die wie die Körperpflege eigentlich der privatenLebenssphäre zuzurechnen sind, die der Beamte aber aufgrundder dienstlichen Erfordernisse in dem Gebäude vornehmenmuss. Der Beamte genießt hier Dienstunfallschutz, wenn derUnfall seine wesentliche Mitursache in der baulichen Beschaf-fenheit oder Ausstattung des Gebäudes hatte und er nicht beieiner Verhaltensweise eingetreten ist, die mit der Dienstaus-übung schlechthin nicht mehr in Zusammenhang gebracht wer-den kann.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs stelltedie besondere Beschaffenheit der Duschvorrichtungen einewesentliche Ursache für den Sturz der Klägerin dar. Der Zusam-menhang mit der Dienstausübung war nicht gelöst, weil die

Klägerin in dem Gebäude übernachten und demnach dort auchihre morgendliche Körperpflege verrichten musste.

Gerichtsentscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 26.2.2008, Az.:2 B 135.07) hat den Unfall beim morgendlichen Duschen wäh-rend einer Klassenfahrt als Dienstunfall anerkannt.

Fazit

Ein Unfall, den ein Lehrer im Schullandheim während desmorgendlichen Duschens erleidet, geschieht dann »in Aus-übung des Dienstes« und ist damit ein Dienstunfall, wenn derLehrer aus dienstlichen Gründen im Schullandheim über-nachten muss und sich ein spezifisches örtliches Risiko ver-wirklicht. Das Bundessozialgericht beurteilt einen derartigenUnfall anders, da es auch das Duschen während einer Klassen-fahrt zu den »höchstpersönlichen Verrichtungen« zählt, beidenen kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht(Az.: B 2 U 31/07 R). Damit liegt bei beamteten Lehrern einDienstunfall vor, während es sich für angestellte Lehrer umeinen privaten Unfall handelt.

Nichtbefolgen einer Weisung

Ein Lehrer wurde vom Schulleiter am 22. März 2004schriftlich beauftragt, bei der Organisation der Lehr- undLernmittel mitzuwirken. Dagegen erhob der Beamteschriftlich Widerspruch. Daraufhin beauftrage der Schul-leiter den Beamten am 5. Juli erneut schriftlich und absofort zur Mitwirkung bei der Organisation der Lehr- undLernmittel, und zwar konkret zur Erledigung folgenderAufgaben: Einrichten des Computerprogramms Bankboyzur Überwachung der Zahlungseingänge; Übernahmeder Daten aus dem Schulverwaltungsprogramm Sibankin das Programm Bankboy; Überwachung der Zahlungs-eingänge; Ausdrucken nicht plausibler Zahlungsein-gänge und deren Überprüfung, ggf. Einleitung des Mahn-verfahrens; Durchführen von Überweisungen; Erstellenvon Listen zur Schulbuchausleihe. Der Lehrer befolgtedie Weisung nicht. Mit Disziplinarverfügung vom3. März 2005 verhängte die Landesschulbehörde gegenden Beamten einen Verweis.

Rechtslage

Der Beamte hat seine beamtenrechtliche Pflicht, gem. § 63Satz 3 NBG die Anordnungen seines Vorgesetzten auszuführen,nicht dadurch schuldhaft verletzt, dass er der schriftlichenBeauftragung vom 22. März 2004, bei der Organisation derLehr- und Lernmittel mitzuwirken, nicht nachgekommen ist.Der Beamte war zwar grundsätzlich verpflichtet, der Anord-nung des Schulleiters, bei der Organisation der Lehr- und Lern-mittel mitzuwirken, nachzukommen. Gem. §51 Satz 4 NSchGsind Lehrkräfte verpflichtet, Aufgaben im Rahmen der Eigen-verwaltung der Schule und andere schulische Aufgaben außer-halb des Unterrichts zu übernehmen. Zu den allgemeinenDienstpflichten, die eine Lehrkraft über die Unterrichtsver-

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pflichtung hinaus wahrzunehmen hat, gehört neben der Teil-nahme an Konferenzen und Ausschüssen im Rahmen derEigenverantwortung ihrer Schule auch die Übernahme undDurchführung besonderer Aufgaben in der Schule. Dazu kannauch die Sorge für eine Sammlung oder für eine Bücherei sowiedie Verwaltung von Lehrmitteln gehören. Gem. § 43 Abs. 2Nr. 3 NSchG führt der Schulleiter die laufenden Verwaltungs-geschäfte und sorgt nach Nr. 5 für die Einhaltung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften. Er kann nach Abs.3 in Erfüllungder Aufgaben nach Abs. 2 allen an der Schule tätigen PersonenWeisungen erteilen, insbesondere auch im Rahmen der Eigen-verwaltung der Schule. Die Organisation der entgeltlichen Aus-leihe von Lernmitteln stellt eine Aufgabe in diesem Sinne dar, zuderen Erfüllung der Schulleiter den Lehrkräften Weisungenerteilen darf.

Nach dem Runderlass des MK vom 13.Mai 2004 bieten dieöffentlichen Schulen den Erziehungsberechtigten und volljähri-gen Schülern an, Lernmittel gegen ein Entgelt auszuleihen. DieSchulleitung richtet auf den Namen der Schule ein Girokontofür die Abwicklung der Einzahlungen und Auszahlungen imRahmen des Ausleihverfahrens ein. Die Schule stellt fernersicher, dass die Einnahmen und Ausgaben in geeigneter Weisegeprüft werden. Nach dem Runderlass des Kultusministeriumsvom 11. März 2005 ergeben sich die Zuständigkeiten im Rah-men der entgeltlichen Ausleihe von Lernmitteln aus dem Nie-dersächsischen Schulgesetz und führt die Schulleitung die lau-fenden Verwaltungsgeschäfte, wozu alle organisatorischen Maß-nahmen, wie Bedarfsermittlung, Bestellung, Verteilung undBezahlung der Lernmittel sowie die Führung des Schulkontosgehören. Ferner ist darin geregelt, dass die Schulleitung unbe-schadet der Gesamtverantwortung (Verwaltungs-)Aufgaben –an Lehrkräfte oder zu vergütende Hilfskräfte – delegieren kann.

Die schriftliche Beauftragung des Beamten durch den vorge-setzten Schulleiter am 22.März ist allerdings zu unbestimmt. Esist darin nicht hinreichend deutlich, welche Aufgaben demBeamten konkret übertragen wurden. Es ist auch nicht ersicht-lich, dass diese Beauftragung – mündlich oder schriftlich – spä-ter konkretisiert worden ist. Aus der Nichtbefolgung dieserAnordnung kann dem Beamten mithin kein disziplinarrecht-lich relevanter Vorwurf gemacht werden.

Der Beamte hat die ihm obliegenden Pflichten jedochdadurch schuldhaft verletzt, dass er der schriftlichen Beauftra-gung des vorgesetzten Schulleiters vom 5. Juli, in der die imRahmen der Lehr- und Lernmittelorganisation auf den Beam-ten übertragenen Aufgaben im Einzelnen konkret aufgeführtsind, nicht nachgekommen ist. Damit hat der Beamte gegen die

beamtenrechtliche Pflicht, Anordnungen des Vorgesetzten aus-zuführen, sowie gegen die Pflicht zum vertrauensvollen Zusam-menwirken mit Vorgesetzten verstoßen.

Der Beamte hat auch schuldhaft gehandelt. Ihm war jederzeitbewusst bzw. es hätte ihm bewusst sein müssen, dass er ver-pflichtet war, der schriftlichen und insoweit konkretisiertenBeauftragung vom 5.Juli nachzukommen und mit der Bearbei-tung der konkret übertragenen Aufgaben unverzüglich zubeginnen. Bei der Bitte um sofortigen Beginn handelt es sich fürden Beamten ersichtlich um ein zeitliche, nicht in das Ermessendes Beamten gestellte Anordnung. Soweit sich der Beamte erst-mals im Rahmen eines persönlichen Dienstgesprächs am19. Mai, d. h. nach Erlass der angefochtenen Disziplinarverfü-gung vom 3.März, darauf berufen hat, dass es ihm zurzeit nichtmöglich sei, die ihm im Rahmen der Schulbuchausleihe über-tragenen Aufgaben in vollem Umfang zu erledigen, da er ausge-lastet sei und zudem gesundheitliche Probleme habe, ändert diesnichts an dem Vorwurf des schuldhaften Handelns. Denn bis zudiesem Zeitpunkt, d. h. über einen Zeitraum von etwa zehnMonaten, hat der Beamte die ihm übertragenen Aufgaben nichterfüllt bzw. nicht mit deren Bearbeitung begonnen. Es wäredem Beamten auch zuzumuten gewesen, dem Schulleiter unver-züglich nach der schriftlichen Beauftragung eine entsprechendedienstliche Überlastung bzw. gesundheitliche Beeinträchtigunganzuzeigen und gegebenenfalls nachzuweisen, sofern dieseUmstände bereits zu einem früheren Zeitpunkt und nicht erstim Frühjahr vorgelegen haben sollten. Dass der Beamte diesüber einen so langen Zeitraum unterlassen hat und die dienstli-che Anordnung vom 5. Juli schlicht nicht befolgt hat, ist ihminsoweit disziplinarrechtlich vorwerfbar.

Gerichtsentscheidung

Das Verwaltungsgericht Lüneburg (Urteil vom 27.6.2007, Az.:10 A 18/06) hat entschieden: Die Entscheidung, gegen denBeamten einen Verweis zu verhängen, ist angemessen und auchausreichend, um dem Beamten das Gewicht seiner Dienst-pflichtverletzung deutlich vor Augen zu führen.

Fazit

Dienstliche Anordnungen müssen inhaltlich bestimmt undeindeutig erteilt werden. Das Nichtbefolgen einer eindeutigenWeisung ist ein Dienstvergehen. Lehrer sind nach der Rechts-lage in Niedersachsen – und zahlreichen anderen Ländern – zurÜbernahme von Verwaltungsaufgaben verpflichtet.

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Rechts-ABCSchulrechtliches LexikonIn dieser Rubrik werden grundlegende schulrechtliche Begriffe,

die für die Schulpraxis von Relevanz sind, in knapper und

verständlicher Form erläutert.

Rechtsstellung der Schüler

Das Schulverhältnis stellt das Span-nungsfeld dar, in dem sowohl das Eltern-recht auf Erziehung, das staatliche Erzie-hungsrecht, Bildungs- und Erziehungs-ziele, wie auch die Grundrechte derSchüler (u. a. Recht auf Bildung: Mei-nungsfreiheit) verwirklicht werden müs-sen (für Volljährige entfällt die Kompo-nente des Elternrechts).

Das Schulverhältnis umfasst Pflichtenund Rechte. Neben den konkret inGesetzen genannten Pflichten (z. B.Schulpflicht, Pflicht zur Unterrichtsteil-nahme) ergeben sich die Pflichten derSchüler aus gesetzlichen Generalklauseln:»Alle Schüler haben sich so zu verhalten,dass die Aufgabe der Schule erfüllt unddas Bildungsziel erreicht werden kann«(Art.56 Abs.4 BayEUG).

Als Verstoß gegen die Teilnahme-pflicht ist der sog. Schülerstreik unzuläs-sig (KMK: »organisiertes unentschuldig-tes Fernbleiben vom Unterricht«). EinDemonstrationsrecht haben Schüler le-diglich außerhalb des Unterrichts, Aus-nahmen von der Teilnahmepflicht sindlediglich bei besonderen Anlässen imWege der Befreiung vom Unterricht oderals entschuldigtes Fernbleiben wegenKrankheit oder höherer Gewalt möglich.

Die Leistungsverweigerung ist als Ver-stoß gegen die Mitarbeitspflicht unzuläs-sig und ist deshalb mit der Note »ungenü-gend« zu bewerten, Leistungsbewertung.

Die Schüler nehmen ihre Rechte indi-viduell oder kollektiv über die Schulver-tretungen wahr.

Die individuellen Rechte umreißt derBeschluss der Kultusministerkonferenzüber die Stellung des Schülers in derSchule vom 25. Mai 1973, der weitge-hend in die Schulgesetze der Länder Ein-gang fand, so:

»Informationsrechte: Die für denErfolg eines jeden Unterrichts erforderli-che aktive Beteiligung des Schülers amUnterrichtsgeschehen setzt eine weitge-hende Information über die Unterrichts-

planung voraus, z. B. auch über Einzel-heiten wie Auswahl, Stufung und Grup-pierung des Lehrstoffs. Diese Informa-tion muss altersgemäß sein und die Inte-ressen der Schüler sowie pädagogischeErwägungen ausreichend berücksichti-gen. Dem Schüler sollen die Bewertungs-maßstäbe für die Notengebung und fürsonstige Beurteilungen sowie auf Anfrageeinzelne Beurteilungen erläutert werden.Dieser Grundsatz gilt auch für Prüfungs-leistungen.

Beteiligungsrechte: Der Schüler sollseiner persönlichen Reife, seinem Kennt-nisstand und seinen Interessen entspre-chend Gelegenheit erhalten, sich im Rah-men der Unterrichtsplanung an der Aus-wahl des Lehrstoffes, an der Bildung vonSchwerpunkten und an der Festlegungder Reihenfolge durch Aussprachen,Anregungen und Vorschläge zu beteili-gen. Diese Mitwirkung des Schülers ander Gestaltung des Unterrichts soll auchbestimmte Methodenfragen einschließ-lich der Erprobung neuer Unterrichtsfor-men umfassen.

Falls Vorschläge keine Berücksichtigungfinden können, sollen die Gründe dafürmit den Schülern besprochen werden.

Soweit das Jahrgangsklassensystem zu-gunsten eines Systems thematisch be-stimmter Kurse aufgegeben wird, erhaltendie Schüler im Rahmen der organisatori-schen Möglichkeiten die Gelegenheit,Kurse zu wählen und dadurch mittelbar zubestimmen, von welchem Lehrer sie unter-richtet werden. Außerdem können dieSchüler beratende Lehrer (Tutoren) wäh-len, sofern solche Lehrer vorgesehen sind.

Beschwerderecht: Unabhängig von sei-nem Alter hat jeder Schüler, der sich inseinen Rechten beeinträchtigt sieht, dasRecht zur Beschwerde. Die Schule musssicherstellen, dass der Schüler Gelegen-heit erhält, seine Beschwerden vorzutra-gen, und dass bei begründeten Beschwer-den für Abhilfe gesorgt wird. Die Rechteder Eltern bleiben unberührt.«

Vom Grundrecht der Meinungsfrei-heit können die Schüler auch in der

Schule Gebrauch machen. Im Rahmendes schulischen Bildungs- und Erzie-hungsauftrages hat sie einen hohen Stel-lenwert. Dabei kommt es nicht daraufan, ob die jeweilige Schüleräußerunginhaltlich den schulischen Bildungs- undErziehungszielen entspricht oder ob sierichtige oder falsche Aussagen enthält.Einschränkungen der freien Meinungs-äußerung bestehen auch in der Schulenur da, wo Gesetze Schranken setzen, sodie Strafgesetze (Beleidigung, üble Nach-rede), die Jugendschutzgesetze oder dieSchulgesetze (z. B. Verbot parteipoliti-scher Werbung). Grenzen ergeben sichauch aus der Verpflichtung, alles zuunterlassen, was eine geordnete Unter-richts- und Erziehungsarbeit oder dieRechte anderer Personen, insbesondereder Mitschüler, beeinträchtigt. Aus die-ser Verpflichtung ergeben sich die Ver-bote von Dauerreden, von Äußerungenzum ungeeigneten Zeitpunkt und zuThemen, die nicht zum Unterrichtgehören.

Maßnahmen der Schule gegen Mei-nungsäußerungen des Schülers außer-halb des Bereichs der Schule sind nichtzulässig, es sei denn, die Meinungsäuße-rungen sind geeignet, den Bildungsauf-trag schwer zu gefährden (z.B. Aufforde-rung zum Schülerstreik).

Die im Rechts-ABC erläuterten Begriffesind in der Regel in Anlehnung an dasNachschlagewerk »Rechts-ABC für Leh-rerinnen und Lehrer« (Luchterhand/Carl Link, Neuwied 2005) gekürzt oderüberarbeitet.

Rechts-ABC

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EntscheidungsvorschauAusblick auf aktuelle EntscheidungenDiese Rubrik bietet eine Auswahlaktueller Entscheidungen, deren Be-gründung und Erläuterung in einerder nächsten Ausgaben unmittelbarnach Mitteilung der Begründungdurch das jeweilige Gericht folgenwird.

Strafbarkeit einerSchulpflichtentziehung

Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Be-schluss vom 4.12.2008, Az.: 2 Ss 335/08

Kommen mehrere Kinder einer Fami-lie der Schulpflicht nicht nach, stellt dieEntscheidung der angeklagten Eltern, dasjeweils betroffene Kind der Schulpflichtzu entziehen, für jedes Kind eine selbst-ständige Straftat dar, da die Schulpflichtjedes Kind höchstpersönlich betrifft.

Kollektive Ordnungsmaßnahme

Verwaltungsgericht Stuttgart, Entschei-dung vom 13.1.2009, Az: 10 K 4801/08

Werden aus einer Gruppe von Schü-lern Tätlichkeiten begangen, ist derUnterrichtssausschluss bereits aufgrundder Gruppenzugehörigkeit zulässig. Einekonkrete Tatbeteiligung muss nichtnachgewiesen werden. Das Bedrohungs-potenzial einer Gruppe (hier: Acht- undNeuntklässler) stellt sich nämlich deut-lich höher dar als das einzelner Schüler.Das liegt daran, dass der Einzelne sich ineiner Gruppe stärker fühlt und er darüberhinaus als Mitglied einer Gruppe stets einUnentdecktbleiben seiner Tatbeiträge im»Schutz« der Gruppe erhoffen kann.

Büchergeld verfassungsgemäß

Verwaltungsgericht Hamburg, Urteilvom 22.12.2008, Az.: 15 K 656/07

Die hamburgischen Vorschriften zurErhebung von Lernmittelkosten (sogenanntes Büchergeld) sind formell undmateriell verfassungsgemäß. Es besteht

kein allgemeines verfassungsrechtlichesGebot, dass Kosten für Leistungen nurdann auferlegt werden dürfen, wenn dieInanspruchnahme der Leistung freiwilligist oder dass alle Leistungen im Zusam-menhang mit der Schulbildung kosten-frei und damit steuer- und nicht gebüh-renfinanziert sein müssen. Vielmehr istder Gesetzgeber im Rahmen der verfas-sungsrechtlichen Vorgaben berechtigt,Zahlungsverpflichtungen auch im Be-reich der Schulbildung aufzuerlegen. Derhiermit verbundene Eingriff in die allge-meine Handlungsfreiheit ist durch daslegitime Ziel des Gesetzgebers, Kosten zudecken und die Ausstattung der Schulenund Schüler mit Lernmitteln qualitativund quantitativ zu verbessern, gerecht-fertigt.

Schriftlicher Tadel durch Lehrerkeine Ordnungsmaßnahme

Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom25.9.2008, Az.: 5 K 557/08

Bei einem schriftlichen Verweis desSchulleiters handelt es sich um einen mitder Anfechtungsklage anfechtbaren Ver-waltungsakt. Ein schriftlicher Tadel einesLehrers stellt hingegen eine erzieherischebzw. pädagogische Maßnahme und keineförmliche Ordnungsmaßnahme im Sinneder Übergreifenden Schulordnung undsomit keinen mit der Anfechtungsklageangreifbaren Verwaltungsakt dar.

Kostenbeteiligung der Landkreiseam Schülerverkehr

Verfassungsgericht Brandenburg, Urteilvom 20.11.2008, Az.: VfGBbg 30/07

Die Verpflichtung der Landkreiseauch für anspruchsberechtigte volljäh-rige Schüler eine angemessene Kostenbe-teiligung im Rahmen des Schülerver-kehrs vorzusehen, ist mit der Landesver-fassung vereinbar. Der unantastbareKernbereich der kommunalen Selbstver-waltungsgarantie wird durch die entspre-chenden Normen nicht berührt. Dennden Landkreisen bleibt die eigenverant-wortliche Wahrnehmung ihrer Aufga-

ben, verbunden mit der Finanz- und Sat-zungshoheit, in ihrer Substanz erhalten.Die diesbezüglichen Befugnisse sindlediglich in einem Teilbereich (der Kos-tenbeteiligung) betroffen. Unbenommenbleibt etwa die Gestaltungsfreiheit beider Bestimmung der Höhe der Kosten-beteiligung oder der Berücksichtigungsozialer Belange.

Versicherungsschutz fürSportunfall in DDR-Sportschule

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt,Entscheidung vom 17. 4. 2008, Az.: L 6U 143/03

Wer als Schüler einer Kinder- undJugendsportschule (KJS) der DDR wäh-rend des Sportunterrichts eine Verletzungerlitten hat, kann Ansprüche aus dergesetzlichen Unfallversicherung haben.Auch Spezialschulen des Sports der DDRsind allgemein bildende Schulen gewe-sen. Das Sporttraining zum Unfallzeit-punkt hat – anders als z. B. ein Trainingvor einem Wettkampf – im sachlichenZusammenhang mit dem versichertenSchulbesuch gestanden, auch wenn esvon dem Sportclub durchgeführt wordenist.

Fehlverhalten undsonderpädagogischerFörderbedarf

Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom24.9.2008, Az.: 10 K 2544/08

Fällt ein aus Weißrussland stammen-der 13-jähriger Schüler lediglich dadurchauf, dass er am Unterricht desinteressiertist, häufig in Konflikte verwickelt ist undunentschuldigt fehlt, liegt noch kein Fallvor, in dem eine eine Sonderförderungauslösende Erziehungsschwierigkeit ge-geben ist. Das gilt vor allem, wenn derschulische Misserfolg offenbar zu einemguten Teil auf den immer noch vorhande-nen Sprachschwierigkeiten des erst mitneun Jahren übergesiedelten Kindesberuht.

Entscheidungsvorschau

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Schülerinnen und Schüler im 8. Schuljahr nach Schulart in Deutschland1), 1952–2005 in %

Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung: Grund- und Strukturdaten 2007/2008, Berlin, S.25

Zahlen und Fakten

Esst Früchte,Ihr Früchtchen

Der Europäischen Kommission ist eswieder einmal gelungen, schon langeihrer Lösung harrende Probleme ent-schlossen aufzugreifen und perfekt zulösen. Dabei darf sie für sich in Anspruchnehmen, gleich mindestens zwei Frucht-fliegen mit einer Klappe erschlagen zuhaben. Die gesunde Ernährung der Schü-ler gehört bekanntlich zu den wichtigenAufgaben im Rahmen des Unterrichts-und Erziehungsauftrages der Schulen.Die Erfolge in diesem Bereich sind aberbisher überschaubar. Die EuropäischeKommission hat daher – wie einer dpa-Nachricht zu entnehmen war – einSchulobstprogramm auf den Weg ge-bracht. Je nach Alter, Größe, Körper-gewicht und Geschlecht sind darin fürjeden Schüler und jede Schülerin Min-

destmengen an Obst und Gemüse festge-legt, die in den Pausen nachweislich zuverzehren sind. Während des Verzehrssind unter Aufsicht geschulter LehrerInformationsblätter zu gesunder Ernäh-rung zu lesen oder die von der EU-Kom-mission in Auftrag gegebenen Informati-onsfilme zu sehen.

Da das Schulobstprogramm sowohl zueiner gesunden Ernährung beitragen alsauch der Absatzförderung im Rahmender Gemeinsamen Agrarpolitik dienensoll, werden Eltern, Schüler und Lehrerder Schulen, die die vorgegebenen Men-

gen an Obst und Gemüse nicht verzeh-ren, je nach fehlender Verzehrmengemit Bußgeldern von 1.000 bis zu1.000.000 Euro belegt. Falsche Angabender Schulen oder eine Vernichtung stattdes Verzehrs werden durch an jederSchule anzustellende Hohe Obstkom-missare verhindert. Das Gehalt derHohen Obstkommissare richtet sichnach der Brüsseler-Gehaltstabelle und istvon den Schulträgern aufzubringen. Dieneue EU-Behörde für europäischenSchulobsttransport wird die Verteilungder Lebensmittel organisieren und dabeivor allem den regen europäischen Aus-tausch befördern, da die Quoten, insbe-sondere für die französischen Bauern, sohoch angesetzt worden sind, dass der täg-liche Transport von den französischenDörfern zu den einzelnen Schulen inSchottland und Norddeutschland sorg-fältiger Planung bedarf.

Satyrische Justitia

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Die Seite für das Lehrerzimmer: Leistungsbewertung

Nachschreiben versäumterKlassenarbeiten

Verwaltungsgericht Saarlouis (Az.: 1 L 576/08; In: SchulRecht11-12/2008, S.128f )

Die schriftlichen Arbeiten eines Fachoberschülers in BWLwurden im ersten Schulhalbjahr 2007/2008 mit 3 und 4; Halb-jahresnote: 3, und in Mathematik mit zweimal 5, Halbjahres-note: 5, bewertet. Während der Schüler im 2. Halbjahr diejeweils erste Arbeit in BWL (Bewertung: 5 –) und Mathematik(Bewertung: 5) mitgeschrieben hatte, nahm er an der jeweilszweiten Arbeit in diesen beiden Fächern nicht teil. Der Schülerbehauptet, an diesen beiden Tagen krank gewesen zu sein undhat zur Glaubhaftmachung bei der Schule zwei ärztlicheBescheinigungen über seine Schulunfähigkeit vorgelegt.

Das Verwaltungsgericht Saarlouis hat den Antrag auf Erlasseiner einstweiligen Anordnung, mit der die Schule verpflichtetwerden sollte, das Nachschreiben zu gestatten, abgelehnt, da einisolierter Anspruch auf ein Nachschreiben versäumter Klassen-arbeiten in der Regel gerichtlich nicht durchsetzbar ist. Alleindurch das Verweigern des Nachschreibens ist noch kein für denSchüler erheblicher rechtlicher Nachteil eingetreten. Erst eineNichtversetzung ist ein gerichtlich anfechtbarer Verwaltungs-akt. Eine zu Unrecht verweigerte Möglichkeit, versäumte Klas-senarbeiten nachzuschreiben, kann zur Rechtswidrigkeit derNichtversetzung und zur Verpflichtung der Schule führen, dieArbeiten nachschreiben zu lassen und dann erneut über die Ver-setzung zu entscheiden.

Lese- und Rechtschreibschwäche undFördermaßnahmen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom11. 01. 2008, Az.: 19 E 726/07; In: SchulRecht 9-10/2008,S.105f )

Eine Schülerin der 7. Klasse einer Realschule leidet an einerLese- und Rechtschreibschwäche, die auch durch Teilnahme anaußerschulischen Fördermaßnahmen nicht behoben werdenkonnte. In den Klassen 5 und 6 der Realschule nahm sie an zusätz-lichen schulischen Fördermaßnahmen teil. In der Klasse 7 bot dieSchule keine Fördermaßnahmen an. Die Schülerin ist am Endedes Schuljahres 2006/2007 nicht in die Klasse 8 versetzt worden.Die Mutter erhob Klage mit dem Antrag festzustellen, dass dieNichtversetzung ihrer Tochter in die Klasse 8 der Realschulerechtswidrig war und beantragte Prozesskostenhilfe.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen gab derBeschwerde gegen diese Entscheidung statt, da eine nicht aus-reichende Förderung bei Vorliegen einer Lese- und Recht-schreibschwäche zwar keinen Anspruch auf Versetzung begrün-det, aber zur gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeiteiner Nichtversetzungsentscheidung führen kann, die späteren

Arbeitgebern vorgelegt werden kann. Außerschulische Förder-maßnahmen und ein schulischer Nachteilsausgleich führennicht zum Erlöschen des Anspruchs auf schulische Fördermaß-nahmen bei einer Lese- und Rechtschreibschwäche. Die Schulemuss einen sachlich rechtfertigenden Grund für die unterblie-bene Förderung nennen. Sieht eine Verwaltungsvorschrift dieMöglichkeit der Bildung überschulischer Fördergruppen vor,hat die Schule die Schulaufsicht auf Schüler mit einem entspre-chenden Förderbedarf hinzuweisen.

Attestpflicht für Schüler

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 5. 2. 2008,Az.: 7 CS 07.3178; In: SchulRecht 9-10/2008, S.104f )

Ein Schüler hat im Schuljahr 2005/2006 (Jahrgangsstufe 12)an 28 Tagen und im Schuljahr 2006/2007 (Jahrgangstufe 13)bis zu den Weihnachtsferien an 18 Tagen den Unterricht nichtoder nur stundenweise besucht. Nachdem der Schüler wegenweiterer 14 Absenztage die für den Ausbildungsabschnitt 13/2vorgesehenen Prüfungs- bzw. Nachholklausurtermine nichtwahrgenommen hatte, beantragte er die Rückversetzung in denAusbildungsabschnitt 12/2. Der Schulleiter gab dem Antragstatt und verpflichtete zugleich den Schüler, bei jeder Abwesen-heit vom Unterricht ein ärztliches Attest vorzulegen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dem Antrag desSchülers, die Attestpflicht aufzuheben, stattgegeben, da auchdie Forderung eines Attests verhältnismäßig sein muss. Es emp-fiehlt sich daher häufig ein schrittweises Vorgehen, bei demzunächst nur ein Attest bei Leistungsüberprüfungen oder Fehl-zeiten in bestimmten Unterrichtsfächern gefordert wird.

Erst- und Zweitkorrektur einer Abiturklausur

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom6.11.2007, Az.: 19 E 788/07; In: SchulRecht 7-8/2008, S.78f )

Ein Schüler bestand die Abiturprüfung. Seine Abiturklausurim Fach Biologie (3. Abiturfach) wurde zunächst mit mangel-haft (3 Punkte) bewertet. Auf den Widerspruch des Schülerssetzte der Widerspruchsausschuss bei der Bezirksregierung dieNote ausreichend (4 Punkte) fest. Das Verwaltungsgerichtlehnte den Antrag des Schülers auf Bewilligung von Prozesskos-tenhilfe für eine Klage auf Besserbewertung der Klausur ab.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat denAntrag auf Prozesskostenhilfe als in der Sache begründet beurteilt,da eine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, da eine Erst-und Zweitkorrektor der Klausur nicht erfolgt ist. Eine Erst- undZweitkorrektur erfordert, dass der Erst- und Zweitkorrektor nach-einander und unabhängig voneinander bewerten. Außerdem istdie Berechtigung der Schulaufsichtsbehörde als Widerspruchsbe-hörde imRahmenderZweckmäßigkeitskontrollebei schriftlichenLeistungen eine Note zu ändern, zweifelhaft.

Die Seite für das Lehrerzimmer

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Teilzeitbeschäftigung undlangfristige Erkrankung

Bundesverwaltungsgericht,Urteil vom 16.10.2008,Az.: 2 C 15.07

Ein nach dem Blockmodell teilzeitbe-schäftigter nordrhein-westfälischer Beam-ter kann regelmäßig die Änderung desUmfangs der gewährten Teilzeit verlangen,wenn sie ihm im bisherigen Umfang nichtmehr zugemutet werden kann unddienstliche Belange nicht entgegenstehen.Die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigungkann unzumutbar sein, wenn der Beamtelangfristig erkrankt ist und damit dasbereits durch eine Besoldungskürzung vor-finanzierte Freistellungsjahr in wesentli-chem Umfang entwertet wird.

Dienstfrei fürPersonalratssitzungen

Verwaltungsgericht Münster,Entscheidung vom 24.11.2008,Az.: 22 K 2137/08.PVL

Auch Lehrer haben als Mitglieder einesPersonalrats Anspruch auf Dienstbefrei-ung, wenn sie an Personalratssitzungenteilnehmen. Die im Gesetz geregelte voll-ständige Dienstfreistellung erlaubt für einebestimmte Zahl von Personalratsmitglie-dern, dass die übrigen – nicht freigestell-ten – Mitglieder für eine Teilnahme an Per-sonalratssitzungen im Einzelfall Dienstbe-freiung erhalten. Versäumt etwa ein Lehrerals Personalratsmitglied wegen der Teil-nahme an einer notwendigen SitzungUnterrichtsstunden, muss er diese – entge-gen der Anweisung der Bezirksregierung –nicht nachholen.

Dienstliche Beurteilungdurch Schulleiter

Niedersächsisches Oberverwaltungsge-richt,Beschluss vom 10. 11. 2008,Az.: 5 ME 260/08

Schulleiter dürfen als für eine dienstli-che Beurteilung persönlich und sachlichzuständige Amtswalter diese Beurtei-lungskompetenz nicht auf unzuständigeDritte übertragen. Ein Schulleiter darfdeshalb nicht einem Dritten die Leitung

der Gesprächsführung in einer Bespre-chung als Teil des Beurteilungsvorgangsüberlassen und sich selbst ganz überwie-gend auf die Rolle eines Beobachtersbeschränken.

Kein »Teilzeitbeamten-verhältnis«

Oberverwaltungsgericht Berlin-Branden-burg,Urteil vom 13.11.2008,Az.: 4 B 18.08

Eine Lehrerin, die zur Beamtin aufLebenszeit in Teilzeitbeschäftigung er-nannt wurde, hat keinen Anspruch aufAufhebung der Teilzeitanordnung, wennihr Ernennungsurkunden mit der jeweili-gen Formulierung ausgehändigt wurden,sie werde unter Berufung in das Beamten-verhältnis auf Probe unter Verleihung derEigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit»in Teilzeitbeschäftigung bei einem Um-fang von zwei Dritteln der regelmäßigenArbeitszeit« zur Lehrerin/Studienrätin zurAnstellung ernannt. Zwischen ihr unddem beklagten Bundesland ist dadurchweder ein Beamtenverhältnis begründetworden noch ist es in ein Beamtenverhält-nis auf Lebenszeit umgewandelt worden.In den ausgehändigten Ernennungsur-kunden liegt vielmehr ein »Teilzeitbeam-tenverhältnis« als eine eigene Form desBeamtenverhältnisses auf Probe oder aufLebenszeit vor. Dieses ist jedoch weder imLandesbeamtengesetz des Landes Bran-denburg vorgesehen noch durch das Rah-menrecht des Bundes zugelassen.

Kein Anspruch auf einArbeitszimmer

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württem-berg,Entscheidung vom 27.11.2008,Az.: 4 S 659/08

Lehrer können vom Land nicht verlan-gen, dass ihnen an ihrer Schule ein räum-lich abgegrenzter Arbeitsplatz (Arbeits-zimmer) bereitgestellt wird. Ein dahinge-hender Anspruch kann sich allenfallsdann ergeben, wenn anderenfalls die Für-sorgepflicht in ihrem Wesenskern verletztwäre. Der Lehrer hat jedoch nicht darge-legt, dass die häusliche Arbeit mit einerunzumutbaren (Kosten-)Belastung ver-bunden wäre. Die Ungleichbehandlung

von Lehrkräften gegenüber anderenBeamten ist auch gerechtfertigt. Lehrersind nur zu einem Teil durch Anwesen-heitspflichten in der Schule gebunden.

Kopftuchverbot

Bundesverwaltungsgericht,Beschluss vom 16.12.2008,Az.: 2 B 46.08

Das Tragen eines Kopftuchs durcheine Lehrerin stellt eine in öffentlichenSchulen unzulässige äußere Bekundungdar, wenn das Kleidungsstück aus demRahmen der in der Schule üblichenBekleidung fällt und die Lehrerin Schü-lern und Eltern die religiöse Motivationfür das Tragen des Kleidungsstücks dar-legt. Insbesondere verleiht das Grund-recht der Glaubensfreiheit beamtetenLehrern keinen Anspruch, ihre religiöseÜberzeugung durch entsprechende Klei-dungsstücke oder Symbole im Bereichder öffentlichen Schule, insbesondere imUnterricht, zum Ausdruck zu bringen.

Unerträglichkeit einerTeilzeitbeschäftigungs-verfügung

Oberverwaltungsgericht Niedersachsen,Urteil vom 13.1.2009,Az.: 5 LB 312/08

Eine Lehrkraft, die mit ihrer Einstellungohne Wahlmöglichkeit teilzeitbeschäftigtwurde, hat Anspruch auf teilweise Aufhe-bung der Einstellungsteilzeitverfügung abdem Zeitpunkt des Eingangs ihres Antragsauf rückwirkende Vollzeitbeschäftigungbeim Dienstherrn und auf besoldungs-rechtliche Gleichstellung mit vollzeitbe-schäftigten Lehrkräften, wenn sich dieTeilzeitverfügungals schlechthinunerträg-lich erweist. Dies ist der Fall, wenn dieLehrkraft gezwungen ist, ihre Lebensfüh-rung bis zur Beendigung der Teilzeitbe-schäftigung unter Verstoß gegen denHauptberuflichkeitsgrundsatz und dasAlimentationsprinzip einzuschränken, ob-wohl sie ihrevolleArbeitskraftdemDienst-herrn ohne Einschränkungen zur Verfü-gung stellt und bereit ist, ihren Pflichtenaus dem Dienst- und Treueverhältnis voll-umfänglich nachzukommen.

Dienstrecht aktuell

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Bund

Fotokopieren an Schulen undIntranet

(schur) Ein Vertrag zwischen den Län-dern der Bundesrepublik Deutschlandund den Verwertungsgesellschaften VGWort, VG Bild-Kunst, VG Musikeditionsowie den Schulbuchverlagen, vertretendurch die Vereinigung der Schulbuch-und Bildungsmedienverlage (VdS Bil-dungsmedien), legt fest, in welchem Rah-men Kopien für Unterrichtszwecke kon-kret hergestellt werden dürfen.

Die neue Vereinbarung gestattet denLehrkräften bundesweit, Kopien in Klas-sensatzstärke für den Unterrichtsgebrauchherzustellen – und zwar auch aus Schulbü-chern und sonstigen Unterrichtsmateria-lien. Die Kopien sollen dabei weder Schul-bücher noch andere Werke ersetzen. Dahergelten hierfür die folgenden Grundsätze:

Kopiert werden dürfen an Schulen1. bis zu 12 % eines jeden urheberrecht-

lich geschützten Werkes, jedoch höchs-tens 20 Seiten. Dies gilt insbesondereauch für Schulbücher, Arbeitshefte,Sach- und Musikbücher.

2. soweit es sich nicht um Schulbücheroder sonstige Unterrichtsmaterialienhandelt, ausnahmsweise sogar ganzeWerke, wenn diese nur von geringemUmfang sind und zwar– Musikeditionen mit maximal sechs

Seiten– sonstige Druckwerke (außer Schul-

büchern oder Unterrichtsmateria-lien) mit maximal 25 Seiten, sowie

– Bilder, Fotos und sonstige Abbil-dungen.

Somit kann z. B. ein fünfseitiger Zei-tungsartikel oder ein 20-seitiger Comickomplett kopiert werden. Aus einem20-seitigen Arbeitsheft können dagegennur knapp 2,5 Seiten vervielfältigt wer-den, da Arbeitshefte zu den Unterrichts-materialien zählen.

Die Partner haben in der neuen Rege-lung auch klargestellt, dass aus jedemWerk pro Schuljahr und Klasse nur ein-mal im vereinbarten Umfang kopiertwerden kann, um das Kopiervolumen zuregulieren. Zudem dürfen nur analogeKopien angefertigt werden. Die digitaleSpeicherung und ein digitales Verteilenvon Kopien (z.B. per Mail) ist schon vonGesetzes wegen nicht gestattet.

Der abgeschlossene Vertrag läuft rück-wirkend vom 1. Januar 2008 bis zum

31. Dezember 2010. Die Länder über-nehmen stellvertretend für die Sachauf-wandsträger die Zahlung der Lizenzver-gütung.

Schulen, die einen größeren Fotoko-pierbedarf haben, können sich direkt andie betreffenden Verlage wenden. Beidiesen können sie auf einfache Art undWeise ergänzende Fotokopierlizenzeneinholen. Die Schulbuchverlage undBildungsmedienhersteller bieten unter-schiedliche Lizenzmodelle an – auch wasdas Digitalisieren und Abspeichern derWerke angeht. Die Lizenzgebühren sindin diesen Fällen direkt von den Schulenbzw. den Schulträgern zu entrichten.(Quelle: SchulVerwaltung Niedersach-sen 1/2009, S. 30)

Schulen dürfen auch in den kommen-den vier Jahren urheberrechtlich ge-schützte Texte intern im Intranet verbrei-ten. Eine entsprechende Sonderregelungwurde bis 2012 verlängert, nachdemBundestag und Bundesrat einem entspre-chenden Gesetz zugestimmt haben. DieIntranet-Klausel sieht vor, dass Auszügeaus Büchern oder Zeitschriften zu Lehr-und Forschungszwecken einem begrenz-ten Personenkreis zur Verfügung gestelltwerden können, ohne dass die für dieVeröffentlichung üblichen Abgaben ent-richtet werden müssen.

Philologenverband:Falsche OECD-Interpretationen

(schur) Der von der OECD-Bildungsbe-hörde verbreiteten Interpretation desaktuellen Berichts »Bildung auf einenBlick«, Deutschland verliere bei denHochqualifizierten weiter an Boden, hatder Vorsitzende des Deutschen Philolo-genverbands, Heinz-Peter Meidinger,deutlich widersprochen: »Nach wie vormacht die OECD den Fehler, nur Zahlenund Quantitäten zu vergleichen, ohne dievöllig unterschiedliche Struktur der Bil-dungseinrichtungen in den verschiedenenLändern zu berücksichtigen. Tatsache ist,dass in vielen Ländern Bildungseinrich-tungen zum Hochschulbereich gerechnetwerden, die in Deutschland nicht dazugehören, wie etwa zahlreiche bundesdeut-sche Berufsakademien. In den USA besitzteine Krankenschwester einen Bachelorab-schluss, in Deutschland werden Kranken-schwestern an Fachakademien und Kran-kenpflegeschulen mindestens ebenso gutausgebildet. Im Ausland dominiert dasqualitativ nicht so anspruchsvolle Kurz-

studium, in Deutschland Langstudien-gänge und berufliche Ausbildungsrich-tungen. Die Gleichsetzung von Quantitä-ten geht also völlig fehl. Das weiß auch dieOECD, aber die Konsequenz, auf reineProzentquotenvergleiche zu verzichten,würde diese Organisation ihrer presse-wirksamen Katastrophenmeldungen be-rauben«. Betrachte man das Zahlenwerkder OECD differenzierter, werde manfeststellen, dass Deutschland nach wie vormit 84 Prozent Bevölkerungsanteil mitAbitur oder abgeschlossener Berufsausbil-dung international sehr gut dastehe unddass auch die Studienanfängerquoten inallen Bereichen kontinuierlich gestiegenseien.

Interesse an deutscher dualerAusbildung in Indien

(schur) Die Confederation of Indian In-dustry, ein Dachverband der verarbeiten-den Industrie in Indien, der die Interessenvon 90 000 Unternehmen vertritt, hat mitder indischen Regierung ein umfassendesModernisierungskonzept zur beruflichenBildungerarbeitet, zudemaucheine inten-sivere Zusammenarbeit mit ausländischenPartnern zählt. Indien ist an der deutschenpraxisorientierten, dualen Berufsausbil-dung besonders interessiert. Die Berufs-ausbildung in Indien ist bisher ausschließ-lich staatlich organisiert, doch sollen dieUnternehmen jetzt in den Modernisie-rungsprozess eingebunden werden. Deut-sche Unternehmen der beruflichen Aus-und Weiterbildung gelten daher als idealePartner, etwa um Lehrpläne nach industri-ellen Standards zu entwickeln und dasLehrpersonal auszubilden. Die indischeRegierung hat eine »National Skills Deve-lopment Policy« verabschiedet, die bis2011 umfangreiche Investitionen für dieModernisierung und Erweiterung derberuflichen Bildungseinrichtungen vor-sieht.

Berlin

Schülerdatei

(schur) Die geplante Schülerdatei in Ber-lin ist vom Innenausschusses des Abge-ordnetenhauses akzeptiert worden. Nunmuss sich der zuständige Bildungsaus-schuss und das Parlament weiter mit der

Kurznachrichten

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Gesetzesänderung befassen. Auch diePolizei soll von der Datei profitieren.Polizisten sollen einfacher herausfindenkönnen, welche Schule Kinder oderJugendliche besuchen, die während derSchulzeit aufgegriffen werden oder durchStraftaten auffallen.

Schulleiterbrief

(schur) 68 Schulleitern von Schulen insozialen Brennpunkten wie Weddingund Moabit haben in einem gemeinsa-men Schreiben an den Schulsenator voreinem »drohenden bildungspolitischenAus« und einer beispiellosen Flucht vonSchülern auf Privatschulen gewarnt. DerSenat beabsichtigt, Haupt-, Real- undGesamtschulen zu einer Sekundarschulezusammenzufassen. Daneben sollen dieGymnasien zum Abitur führen, und dasPilotprojekt von 16 Gemeinschaftsschu-len, in denen es keine Aufteilung auf wei-terführende Schulen mehr gibt, soll wei-tergeführt werden.

Hamburg

UmstritteneSchulreform

(schur) Die Änderung der Schulstrukturmit sechsjähriger Primarschule, Stadtteil-schule und Gymnasium soll wie geplantim Schuljahr 2010/2011 beginnen, dieSchüler der jetzigen 3. Klassen könnenaber im Sommer 2010 auch noch nachdem bisherigen Verfahren in die 5. Klasseeiner Stadtteilschule oder eines Gymnasi-ums wechseln. Es sei den einzelnen Schu-len überlassen, ob sie Primarschule miteinem 5. Jahrgang werden wollten, sagtedie Schulsenatorin. Die jetzigen 2. Klas-sen würden 2011/2012 erstmals alle nachden neuen Bildungsplänen der Primar-schule eines 5. Jahrgangs unterrichtet.

Unternehmensverbände und Kam-mern in Hamburg hatten den Senat auf-gefordert, die Schulreform später alsgeplant umzusetzen, da ein solch massi-ver Schritt wie die Einführung der Pri-marschule mehr Zeit brauche. In einemgemeinsamen Papier äußerten sich Kam-mern und Wirtschaft skeptisch im Hin-blick auf die Einführung der Primar-schule. Wichtiger wäre eine Verbesserungder Qualität des Unterrichts.

Mecklenburg-Vorpommern

Neues Schulgesetz

(schur) Zum nächsten Schuljahr sollendie Schulen mehr Freiheit bei der Gestal-tung des Schulprogramms und der inne-ren Organisation sowie mehr Verantwor-tung bei Personal und Budget erhalten.Vom Schuljahr 2010/2011 an sollenEltern die Schule für ihr Kind auch aufdem Land frei wählen können. Künftigwird auch für Schüler der 11. und12. Klasse im ländlichen Raum die Fahrtzur Schule kostenlos sein. Um Gymna-sien auf dem Land bei sinkenden Kinder-zahlen erhalten zu können, dürfen dieseSchulen künftig kleiner sein. Bei den Pri-vatschulen, die von rund sechs Prozentaller Schüler im Land besucht werden,sind die von der Regierung angestrebtenEinsparungen deutlich reduziert worden.Die ursprünglich vorgesehenen 6,2 Milli-onen Euro Einsparungen pro Jahr sollenauf 3,9 Millionen Euro reduziert werden.

Nordrhein-Westfalen

Änderungen desHauptschulbildungsganges

(schur) Nach einem Bericht der WAZplant das Schulministerium erheblicheÄnderungen des Hauptschulbildungsgan-ges. Ab Klasse 7 steht die Berufswahl imMittelpunkt der Schule. Das Lernen sollin Doppeljahrgängen intensiver und indi-vidueller gestaltet werden. Hauptschülersollen kaum noch sitzenbleiben, Grund-fertigkeiten (Lesen, Rechnen, Schreiben)intensiv einüben und früh Betriebe ken-nenlernen. Zudem soll die Mutterspracheder Zuwanderer-Kinder als Zweitspracheanerkannt werden – Voraussetzung fürspätere weiterführende Abschlüsse. Dersechsjährige Bildungsweg der Haupt-schule gliedert sich künftig in drei Dop-peljahrgangsstufen: In den Klassen 5/6werden zusätzliche Sprach- und Mathe-trainer die Basisfähigkeiten einüben; inden Klassen 7/8 sollen Praktika ersteErfahrungen in Betrieben vermitteln, inden Klassen 9/10 sollen Langzeitpraktikadie Berufswahl festigen. Innerhalb der

Doppeljahrgänge sollen Hauptschüler garnicht mehr sitzenbleiben können. Bei Ver-setzungen in die Klasse 7 oder 9 wird einedreimonatige Versetzung auf Probe er-laubt, in der die Schwächen des Schülersdurch individuelle Förderung behobenwerden sollen.

Große Defizite in derSprachentwicklung

(schur) Fast jedes vierte Vorschulkind inNordrhein-Westfalen hat Defizite bei derSprachentwicklung. Das zeigen die Er-gebnisse des landesweiten Tests »Delfin4« unter rund 160 000 Jungen und Mäd-chen. Viele Schulleitungen und Lehr-kräfte an Grundschulen gehen davon aus,dass die Zahl der Kinder mit Sprachpro-blemen sogar noch über den durch dasTestverfahren ermittelten Zahlen liegt.

Rheinland-Pfalz

Geänderte Schulstruktur

(schur) Durch eine vom Landtag be-schlossene Änderung des Schulgesetzeswerden Haupt- und Realschulen zusam-mengelegt. Vom Schuljahr 2009/2010an wird der Hauptschulabschluss unterdem Dach einer neuen »Realschule plus«angeboten. Bis 2013/2014 soll es keineeigenständigen Hauptschulen mehrgeben. In den neuen Realschulen soll esim fünften und sechsten Jahrgang eineverpflichtende Orientierungsstufe mitmaximal 25 Schülern pro Klasse geben.Ein Teil der »Realschulen plus« soll auchmit der Anbindung einer Fachober-schule den Weg zur Fachhochschulreifeeröffnen. Die parlamentarische Opposi-tion kritisierte, die ungelösten Problemeder Hauptschulen würden in die Real-schulen verlagert. Haupt- und Realschü-ler würden teilweise bis zur neuntenKlasse gemeinsam unterrichtet. Sehrunterschiedliche Leistungsgruppen er-schwerten die individuelle Förderung.Zugleich werde es in einer Ausweichre-aktion einen neuen Ansturm auf Gym-nasien und Privatschulen geben.

Kurznachrichten

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Page 24: Thema des Monats Ratgeber Praxis - boeckler.de · Das Schulorganisationsrecht der Länder kann und will nicht mit dem bundesrechtlichen ArbSchG konkurrieren, sondern ausschließlich

SchulRecht 5-6 | 2009erscheint u. a. mitfolgenden Themen:

Thema des MonatsImpressumspflicht beiInternetangeboten der Schulen

Ratgeber PraxisDie wiederholtenOrdnungsmaßnahmen

Rechtsprechungim ÜberblickMuttersprachlicher Unterrichtund Integration

Schlüsselverlust

Nachschreibearbeit

Notenänderung aufGrundschulzeugnissen

Bewertung mündlicher Leistungen

Änderungen vorbehalten.

Vorschau

SchuR – SchulRechtInformationsdienst für Schulleitung undSchulaufsichtSchuR Nr.3-4/2009 • März/April 2009 •ISSN 1434-4181

Herausgeber:Dr. Thomas Böhm, Dozent für Schulrechtund Rechtskunde am Institut fürLehrerfortbildung in Mülheim a.d. RuhrIm Vohwinkel 945529 HattingenTelefon: 02324/392523Telefax 02324/392524.

Fachbeirat:Horst Bachler (Richter am Arbeitsgericht),Prof. Dr. Hans-Peter Füssel (Humboldt Uni-versität zu Berlin/Deutsches Institut fürInternationale Pädagogische Forschung Ber-lin),Klaus Hebborn (Deutscher Städtetag Köln),RD Ulrich Kaschner (Senator für Bildung,Wissenschaft, Kunst und Sport, Bremen),Thomas Meiser, Unfallkasse Saarland,RD Hans Meyer-Albrecht (KultusministeriumSachsen-Anhalt),Ltd. MinR Dr. Eckhart Seifert (Kultusminis-terium Baden-Württemberg),Klaus-Dieter Stamm (Brandenburg),Prof. Dr. Johann Vogel (Rechtsanwalt).

Redaktion:Bertram Güntsch, Ass. jur. (verantwortlich)(zeichnet mit – gü –)Adolf-Kolping-Straße 1096317 KronachTelefon: 09261 969-4283Telefax: 09261 969-4299E-Mail: [email protected] ist vier Wochen vorErscheinen.

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