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Version 1.0.0 © Studienbüro Jetzt & Morgen, Freiburg 2019 1/27

Modul 3Exkurs: Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland?Version 1.0.0

Themeneinheit

Wie soll unser Land Flüchtlingen helfen? Ethische, gesellschaftliche und praktische Fragen

AutorInnen: Milena Stegner (Gymnasiallehrerin für Politikwissenschaften, Philosophie/Ethik und Englisch) und Andreas Becker, mit Unterstützung eines Experten für Flucht und Asyl

Grafiken: Sabine Sommer

Gestaltung: Pro Natur GmbH / N-Komm Agentur für Nachhaltigkeits-Kommunikation UG

Satz: AutorInnen in Apache OpenOffice™ (Writer)

Version 1.0.0; © Studienbüro Jetzt & Morgen, Freiburg 2019 2/27

Copyright

Sämtliche Verwertungs- und Nutzungsrechte an diesem Material liegen beim Studienbüro Jetzt &Morgen. Es ist gestattet, das Material für eigene private und für schulische Zwecke, für die nicht-kommerzielle Jugend- und Erwachsenenbildung sowie die Hochschulausbildung zu nutzen. Hier-bei ist es jedoch untersagt, das Material in eigene Veröffentlichungen jeglicher Art zu integrieren.Für solche, andere weitergehende sowie gewerbliche Nutzung müssen Lizenzvereinbarungen mitdem Rechteinhaber getroffen werden.

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iWie soll unser Land Flüchtlingen helfen? Ethische, gesellschaftliche und praktische FragenExkurs: Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland?

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Das Modul im Überblick

Flucht und Asyl sind hochaktuelle Themen. Sie führen zu intensiven bis erbitterten gesellschaftli-chen Diskussionen. Nicht selten mangelt es dabei jedoch an grundlegendem Wissen. So wissendie meisten nur wenig über den Ablauf eines Asylverfahrens in Deutschland. Was müssen Asylbe-werberInnen nach ihrer Ankunft tun, um sich als Flüchtling zu registrieren? Welche Schritte um-fasst das Asylverfahren und was sind die Ausgangsmöglichkeiten eines Asylverfahrens? In die-sem Unterrichtsmodul von 45 Minuten erarbeiten sich die SchülerInnen die einzelnen Schritte, diebei einem Asylverfahren durchlaufen werden, sowie einige Probleme, die an der Praxis des Ver-fahrens immer wieder kritisiert werden.

Zielgruppe Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren insbesondere der Schularten Gymnasium, Gemeinschafts-schule und Realschule (Deutschland).

Zeitbedarf 45 Minuten.

Zahl der Teilnehmenden

Keine besonderen Empfehlungen.

Die Teilnehmenden erarbeiten im Modul Antworten zu den folgenden Fragen:

• Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland?(Leitfrage)

• Welche Entscheidungen können am Ende eines Asylverfahrens stehen?

• Nach welchen Kriterien wird Asyl suchenden Menschen Schutz zugesprochen?

• Unter welchen Voraussetzungen werden Asylsuchende an andere Länder überstellt?

Vorausgesetztes Modul

-

Module, an die das vorliegende inhaltlich anknüpft

Themeneinheit Modul

Wie sollen wir Flüchtlingen helfen? Ethische, gesell-schaftliche und praktische Fragen

Warum entscheiden Briefe über Leben? Ein Mystery zu Flucht und Asyl

Exkurs: Welche Schutzformen gibt es für Asylsuchende in Deutschland?



Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Modul............................................................................................................5

Das Thema................................................................................................................................5

Bedeutung des Themas für die Teilnehmenden.........................................................................6

Ziele und angestrebte Kompetenzen.........................................................................................6

Definitionen................................................................................................................................7

Grundlegende Literatur zu Flucht und Asyl................................................................................9

Erläuterung des Stundenverlaufs.............................................................................................10

Verlaufsplan.............................................................................................................................11

Materialübersicht und vorbereitende Aufgaben........................................................................12

Weiterführende Themenvorschläge.........................................................................................12

Modulbewertung......................................................................................................................13

Materialien...................................................................................................................................14

L1: Szenario präsentieren / Ideen sammeln / M1 austeilen......................................................15

M1: Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland?.....................................................17

L2: Ergebnissicherung leiten / Abschlussdiskussion leiten / Stunde schließen.........................21



Informationen zum Modul

Das Thema

Viele tausend Menschen kommen jährlich nach Deutschland auf der Suche nachSchutz vor Gewalt oder nach besseren Lebensverhältnissen. Ob und unter wel-chem Status sie im Land bleiben dürfen, wird im Asylverfahren entschieden. Wiedieses abläuft, zeigt vereinfacht die folgende Abbildung. (Die einzelnen Schutzfor-men sind bei den Definitionen beschrieben und Thema eines eigenen Moduls:„Welche Schutzformen gibt es für Asylsuchende in Deutschland?“).



Bedeutung des Themas für die Teilnehmenden

70,8 Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht oder sind geflüchtet(Stand Ende 2018), Tendenz steigend. Flucht und Flüchtlinge werden demnachauch in Zukunft ein aktuelles Thema bleiben, das unsere Gesellschaft weiterhin vorHerausforderungen stellen wird. Obwohl das Thema schon seit Jahren den politi-schen und gesellschaftlichen Diskurs bestimmt, werden wichtige Fragen nicht aus-reichend diskutiert. Überdies kursieren viele Vorstellungen von Flucht und Asyl, dienicht der Realität entsprechen. Daher ist es für Schülerinnen und Schüler wichtig,aktuelle Fragen rund um das Thema auf Grundlage fundierter Informationen zu be-arbeiten und sich mit kontroversen Positionen auseinanderzusetzen.

Eine solche Auseinandersetzung mit dem Thema und den daraus resultierendenFragen fördert sowohl die Empathie der Schülerinnen und Schüler als auch die Ei-genständigkeit ihres politischen Denkens und Handelns. Zudem erleichtert dieseAuseinandersetzung den jungen Menschen, sich zum äußerst komplexen ThemaFlucht und Flüchtlinge eine individuelle Meinung zu bilden.

Das Wissen über die verschiedenen Schutzformen, die Schutzsuchenden inDeutschland gewährt werden können, ist ein wichtiger Bestandteil, um das Asylver-fahren zu verstehen und der Meinungsbildung zum Thema Flucht und Asyl generell.

Einzelnachweis

Zahl der Flüchtlinge globalUnited Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR): Global Trends: Forced Displacement in 2018. Stand: 19.6.2019. www.unhcr.org/5d08d7ee7.pdf (abgerufen am 21.6.2019)..

Ziele und angestrebte Kompetenzen

Stundenziel

• Die Teilnehmenden können die verschiedenen Schritte des Asylverfahrens be-nennen und erläutern.

Angestrebte Kompetenzen

Analysekompetenz

• Die Teilnehmenden können den Ablauf eines Asylverfahrens in Deutschland erläutern.

Urteilskompetenz

• Die Teilnehmenden können Probleme in Umsetzung und Praxis des Asylver-fahrens kritisch reflektieren.



Definitionen

Abschiebung

Wird der Asylantrag einer Person abgelehnt, da ihr kein Schutz gewährt wird und ihr auch anderweitig kein Aufenthaltsrecht in Deutschland zusteht, erhält sie einen schriftlichen Ablehnungsbescheid. Mit diesem Bescheid wird die Per-son aufgefordert, Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist zu verlassen. Dabei wird auch eine sogenannte Abschiebungsandrohung ausgesprochen: Verlässt die Person das Land innerhalb der Frist nicht freiwillig, droht ihr die Ab-schiebung. Abschiebung bedeutet laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, „dass ein Ausländer unter Anwendung von (polizeilichen) Zwangs-mitteln außer Landes gebracht wird. Zuständig hierfür sind die einzelnen Bun-desländer (Ausländerbehörden).“

Abschiebungsverbot

Selbst wenn einer Person im Asylverfahren keine Asylberechtigung, kein Flücht-lingsschutz und kein subsidiärer Schutz gewährt wird, weil sie die dazu notwen-digen Anforderungen nicht oder nicht vollständig erfüllt, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in bestimmten Fällen dennoch ein sogenanntes Abschiebungsverbot aussprechen (§ 60 Aufenthaltsgesetz). In diesem Fall darf die schutzsuchende Person nicht in ihre Heimat rückgeführt werden, wenn ihr dort eine Verletzung ihrer Menschenrechte droht (Absatz 5) oder konkrete Ge-fahr für Leib, Leben oder Freiheit (Absatz 7) besteht. Letztere kann sich bei-spielsweise als Folge lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Krankheiten inForm schwerer gesundheitlicher Schäden ergeben.

Asylberechtigung

Asyl ist der Schutz von Menschen vor politischer Verfolgung. Asyl steht in Deutschland auf Basis des Grundgesetzes (Artikel 16a) Menschen zu, die in ih-rer Heimat politisch verfolgt werden und die bei Rückkehr in ihr Heimatland schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wären (z.B. auf-grund ihrer Rasse, Nationalität, politischen Überzeugung, Religion oder Zuge-hörigkeit zu einer sozialen Gruppe). Voraussetzung für die Asylgewährung ist, dass die Verfolgung vom Staat ausgeht und keine Fluchtalternative innerhalb des Herkunftslandes oder anderweitiger Schutz besteht. Zudem dürfen die Menschen nicht aus einem Land der Europäischen Union oder einem anderen sicheren Drittstaat nach Deutschland gekommen sein oder Kriegsverbrechen begangen haben. Menschen, die vor Armut, Bürgerkriegen oder Naturkatastro-phen fliehen, steht hingegen kein Asyl zu.

Dublin-Verfahren

Das Dublin-Verfahren regelt für in die Europäische Union kommende schutzsu-chende Personen den Mitgliedsstaat, der für das Asylverfahren zuständig ist. Das erfolgte ursprünglich auf Basis eines völkerrechtlichen Vertrags (Dublin-Übereinkommen von 1990) und geschieht heute auf Basis einer EU-Verordnung


Definition Abschiebung zitiert nach Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Abschie-bungsandrohung, www.bamf.de/DE/Service/Left/Glossary/_function/glossar.html?lv3=1637774&lv2=1364162, abgerufen am 21.3.2019.

Die Unterteilung der Spezies Mensch in Rassen erweist sich evolutionsbiologisch als äußerst fragwürdig. Den Begriff Rasse im Zusammenhang mit Menschen zu verwen-den ist heute nicht mehr angebracht. Die Texte von Asylgesetz und Genfer Flüchtlings-konvention wurden al-lerdings bislang nicht abgeändert.


(kurz Dublin-Verordnung). Neben den Mitgliedsstaaten der EU beteiligen sich auch Norwegen, die Schweiz, Island und Liechtenstein am Dublin-Verfahren. In der Regel ist jenes Land für den Asylantrag zuständig, in welches der Asylsu-chende zuerst eingereist ist.

Duldung

Nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ist die Abschiebung eines Menschen aus-zusetzen (Duldung), wenn die Abschiebung unmöglich ist (z.B. wegen schwererKrankheit) oder wenn die abzuschiebende Person eine qualifizierte Berufsaus-bildung begonnen hat oder beginnt und keine konkreten Maßnahmen zur Auf-enthaltsbeendigung bevorstehen. Überdies kann eine Duldung aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen erfolgen oder wenn ein erhebliches öf-fentliches Interesse an der vorübergehenden weiteren Anwesenheit der Person im Bundesgebiet vorliegt.

Wird für einen ausreisepflichtigen Ausländer eine Duldung ausgesprochen, so besteht zwar weiterhin die Pflicht, die Bundesrepublik zu verlassen, allerdings wird für die Dauer der Duldung keine Abschiebung durchgeführt.

Flüchtlingsschutz

Die Schutzform Flüchtlingsschutz wird auf Grundlage der Genfer Flüchtlings-konvention vergeben. Als Flüchtling gilt im Sinne der UN-Flüchtlingskonvention jede Person, „die sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Ras-se, Religion, Staatszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb ihres Heimatlan-des befindet und dessen Schutz nicht beanspruchen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht beanspruchen will.“ Die Verfolgung kann dabei von staatli-chen oder nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.

Genfer Flüchtlingskonvention

Die „Genfer Flüchtlingskonvention“ ist eine weit verbreitete Kurzform für das Ab-kommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Es wurde auf einer Konferenz der Vereinten Nationen am 28. Juli 1951 in Genf abgeschlossen. Mittlerweile sind 148 Staaten der Konvention beigetreten. Das Abkommen regelt, wer als Flüchtling gilt und legt deren rechtlichen Schutz, sowie Mindeststandards für de-ren Behandlung fest. Es beschreibt auch die Pflichten von Flüchtlingen und schließt einzelne Gruppen wie beispielsweise Kriegsverbrecherinnen und Kriegsverbrecher aus.

Niederlassungserlaubnis

Die Niederlassungserlaubnis ist für eine Person ohne deutsche Staatsbürger-schaft das Recht, sich in Deutschland zeitlich unbegrenzt niederzulassen und auch arbeiten zu dürfen. Eine Niederlassungserlaubnis können Menschen, die asylberechtigt sind oder Flüchtlings- oder subsidiären Schutz besitzen, nach drei oder nach fünf Jahren (je nach Schutzform und Umständen) unter be-stimmten Bedingungen erhalten.


Definition des Flücht-lingsstatus nach Ab-kommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Abgeschlossen in Genfam 28.7.1951. Kapitel 1, Artikel 1, A.2. www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19510156/201206140000/0.142.30.pdf (abgerufen am 12.6.2018) in Verbin-dung mit dem Protokollüber die Rechtsstellungder Flüchtlinge; abgeschlossen in New York am 31.1.1967. Artikel 1, Absatz 2. www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19670017/201209280000/0.142.301.pdf (abgerufen am 12.6.2018)

Die Unterteilung der Spezies Mensch in Rassen erweist sich evolutionsbiologisch als äußerst fragwürdig. Den Begriff Rasse im Zusammenhang mit Menschen zu verwen-den ist nicht mehr ak-zeptabel. Der Vertrags-text wurde allerdings bislang nicht abgeän-dert.


Schutzformen

Schutzformen sind die verschiedenen Arten von Schutz, die einer Asylbewerbe-rin oder einem Asylbewerber im Asylverfahren zugesprochen werden können: Flüchtlingsschutz, Asylberechtigung, subsidiärer Schutz, Abschiebeverbot.

Subsidiärer Schutz

Falls eine schutzsuchende Person die Anforderungen weder für die Asylberech-tigung noch den Flüchtlingsschutz erfüllt, ihr im Heimatland aber dennoch ernst-hafter Schaden droht (z.B. durch einen Bürgerkrieg), so erhält sie subsidiären Schutz. Ernsthafter Schaden kann beispielsweise die Todesstrafe oder Folter sein, wobei irrelevant ist, ob von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren aus-gehend.

Anmerkungen zum Begriff Flüchtling

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weist auf seiner Website darauf hin, dass der Begriff

Flüchtling gemäß des Asylrechts nur anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention

umfasst. Im Sinne der didaktischen Reduktion wird der Begriff im vorliegenden Modul jedoch ent-

sprechend dem alltäglichen Sprachgebrauch als Synonym für fliehende und geflohene Menschen

verwendet.

Viele Menschen und Organisationen halten den Begriff Flüchtling für negativ besetzt und verwenden

stattdessen das Wort Geflüchtete(r). Diesem Vorgehen wird in diesem Modul vor allem aus folgen-

dem Grund nicht gefolgt: Das gesamte internationale wie nationale Recht für schutzsuchende Men-

schen basiert auf dem Flüchtlingsbegriff – von der Genfer Flüchtlingskonvention bis hin zum deut-

schen Aufenthaltsgesetz. Überdies hat sich der Flüchtlingsbegriff – dank des Engagements von

Flüchtlingsinitiativen seit den 1990er Jahren – als Ersatz für den abwertend genutzten Begriff Asylant

im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt. Daran knüpft dieses Modul an.

Grundlegende Literatur zu Flucht und Asyl

Hamed Abdel-Samad: Integration. Ein Protokoll des Scheiterns. Droemer, München2018.

Alexander Betts, Paul Collier: Gestrandet. Warum unsere Flüchtlingspolitik allen schadet – und was jetzt zu tun ist. Siedler, München 2017.

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) Amt des Vertre-ters in der Bundesrepublik Deutschland: Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (In Kraft getreten am 22. April 1954); Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 (In Kraft getreten am 4. Oktober 1967. (Genfer Flüchtlingskonvention). Berlin, 2015. www.unhcr.org/dach/wp-content/uploads/sites/27/2017/03/GFK_Pocket_2015_RZ_final_ansicht.pdf

Ruud Koopmans: Assimilation oder Multikulturalismus? Bedingungen gelungener Integration. LIT, Berlin 2017.

Karl-Heinz Meier-Braun: Schwarzbuch Migration. Die dunkle Seite unserer Flücht-lingspolitik. C.H. Beck, München 2018.


Literatur: Andrea Ko-then: Sagt man jetzt Flüchtlinge oder Ge-flüchtete? In: Men-schenrechte kennen keine Grenzen: Tag des Flüchtlings 2016. Berlin, Pro Asyl 2016, S. 24. www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/PA_TdF_Heft_2016_web_END.pdf.


David Miller: Fremde in unserer Mitte. Politische Philosophie der Einwanderung. Suhrkamp, Berlin 2017.

Erläuterung des StundenverlaufsDer Einstieg der Stunde erfolgt anhand eines Szenarios (L1), bei dem sich die Teil-nehmenden in die Situation einer Person hineinversetzen, die Asyl sucht, und über-legen sollen, wie sie an deren Stelle vorgehen würden. Zum einen soll der EinstiegEmpathie hervorrufen, indem die SchülerInnen sich in die Lage eines Flüchtlingsversetzen, der mit wenig Hab und Gut und nach einer langen und beschwerlichenReise hierzulande ankommt. Zum anderen soll der Einstieg Interesse wecken. DenSchülerInnen soll er bewusst machen: Obwohl sie hier leben und die Sprache spre-chen, wissen sie sehr wahrscheinlich nicht, wie sie in dieser Situation vorgehenmüssten.

Im Folgenden lesen die SchülerInnen verschiedene kurze Textabschnitte (M1), dieausgeschnitten und in die richtige Reihenfolge gebracht werden sollen. Anschlie-ßend sollen die SchülerInnen relevante Begriffe in ein Schaubild eintragen (M1).Durch die Visualisierung soll das Verfahren einprägsamer werden und später aufeinen Blick rekapitulierbar sein. Die Sicherung erfolgt anschließend im Plenum (L2).Dabei soll ein Team von zwei Teilnehmenden sein Ergebnis mithilfe einer Dokumen-tenkamera visualisieren, während der Rest des Plenums die Ergebnisse gegebe-nenfalls ergänzt oder korrigiert. Die Sicherung fördert somit die Eigenverantwort-lichkeit der Teilnehmenden.

Abschließend sollen die SchülerInnen das Asylverfahren kritisch reflektieren, indemeinige Fragen als Anstoß zu einer Diskussion gegeben werden (L2). Als Puffer kön-nen so genannte Ankerzentren diskutiert werden (L2). Als Hausaufgabe sollen dieSchülerInnen eine Reihe an Vorurteilen zu Asylverfahren durch Recherche im Inter-net auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Dies stärkt ihre Fähigkeit, Inhalte selbststän-dig und kritisch zu prüfen.



Verlaufsplan

Phase Dauer in min

Thema/Inhalt

Sozialform Handlung derLehrperson

Handlung derTeilnehmenden

1 Einstieg 10(∑ 10)

Ankommen als Asylbe-werberIn:

Szenario vorlesen.

Plenum L1: Szenario und Bild prä-sentierenIdeen sammeln.

Ideen zum Szenario sammeln.

2 Erarbeitung 25(∑ 35)

Ablauf des Asylverfah-rens:

Nummern in Tabelle und Begriffe in Schau-bild einfügen.

PartnerInnenar-beit

L1: M1 austeilen und Bear-beitung begleiten.

M1 bearbeiten.

3 Ergebnissi-cherung/Abschluss

10(∑ 45)

Ablauf des Asylverfah-rens:

Ergebnisse sichern und reflektieren.

Plenum L2: Ergebnissicherung lei-ten, Abschlussdiskussion leiten, Stunde schließen.

Ergebnisse austau-schen und ergänzen, Abschlussdiskussion führen.

P Puffer Diskussion über An-kerzentren führen.

Plenum L2: Diskussion leiten. Diskutieren.

Hausaufga-be

Die Textabschnitte in der richtigen Reihen-folge ins Heft kleben.

Zu den Mängeln in derPraxis recherchieren.

L2: Hausaufgabe



Materialübersicht und vorbereitende Aufgaben

Mate-rial-Nr.

Titel Erläuterung Vorbereitung Check

L1 Beschreibung des Einstiegs

Folie

Drucken (1 x)

M1 Wie ist der Ab-lauf des Asyl-verfahrens in Deutschland?

Material für Erarbeitung Drucken (Auflage: Anzahl der Teilneh-menden)

Falls nur Overheadprojektor vorhan-den: Auf Folie drucken für Ergebnissi-cherung.

L2 Beschreibung Ergebnissiche-rung, Abschlussdiskussion, Hausaufgabe und Puffer

Drucken (1 x)

Verlaufsplan Drucken (1 x)

Zusätzliches Material / Hilfsmittel Verwendung Check

• Projektionsgerät (Overheadprojektor, Whiteboard, Dokumentenkamera oder Beamer und Computer).

• Alternativ: Szenario und Aufgabe zur Diskussion, so-wie Puffer vorlesen.

Visualisierung der Folie Einstieg, Si-cherung von M1 und Puffer (L2).

Weiterführende Themenvorschläge

Vorschläge zur Vertiefung

Diese Vorschläge ermöglichen es, das Thema außerhalb des Schulstunden-Rhyth-mus zu vertiefen. Dabei kann auf die Interessen der SchülerInnen sowie aktuelleEntwicklungen und lokale Gegebenheiten eingegangen werden.

Asylverfahren anderer Länder recherchieren und vergleichen

• Im Internet recherchieren, wie Asylverfahren in anderen Ländern durchge-führt werden und diese miteinander vergleichen.

Exkursionen in Einrichtungen, die an dem Verfahren beteiligt sind, organi-sieren

• Exkursionen zu Einrichtungen wie dem Bundesamt für Migration und Flücht-linge (BAMF) oder einer Flüchtlingsunterkunft organisieren.



Interview mit einem Asylberechtigten führen

• Eine asylberechtigte Person einladen und zu ihrem Asylverfahren befragen.

Module, die Aspekte dieses Moduls weiterführen

Dieses Modul: Weiterführendes Modul:

Material-Nummer

Aspekt Themeneinheit Modul Material-nummer

Gesam-tes Mo-dul

Asylverfahren Wie sollen wir Flüchtlingen helfen?

Exkurs: Welche Schutzfor-men gibt es für Asylsuchen-de in Deutschland?

Gesam-tes Mo-dul

Sollte der Klimawandel als Fluchtursache anerkannt werden?

Gesam-tes Mo-dul

Sollten wir abgelehnte Asyl-bewerberInnen abschie-ben?

Gesam-tes Mo-dul

Sollten wir Flüchtlingen statt hierzulande eher vor Ort helfen?

Gesam-tes Mo-dul

Sollten wir unsere Grenzenfür alle öffnen?

Gesam-tes Mo-dul

Modulbewertung

Auf www.wandelvernetztdenken.de können Sie dieses Unterrichtsmodul bewerten und Anregungen, Kritik sowie Lob anmerken.



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L/M

Materialien


Wie soll unser Land Flüchtlingen helfen? Ethische, gesellschaftliche und praktische FragenExkurs: Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland?

➔ Szenario und Bild präsentieren➔ Ideen sammeln➔ M1 austeilen

Material M1

Tafel oder Plakat oder Projektionsgerät.

Vortrag „Stellen Sie sich vor, in dem Land, in dem Sie geboren wurden, ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Zunächst glaubten Sie, in Ihrem Teil des Landes sicher zu sein, doch der Bürgerkrieg breitete sich immer weiter aus. So fassten Sie den Beschluss, Ihr wichtigstes Hab und Gut ineinen Koffer zu packen, um sich nach Europa aufzuma-chen. Nach einer langen und gefährlichen Reise sind Sie kurz davor, Deutschland zu erreichen. Sie haben gehört, dass Sie hier sicher seien und man Ihnen helfen würde. Doch was müssen Sie tun, um diese Hilfe zu erhalten?“

Tun Ideen im Plenum sammeln lassen.

Plenum Vermutungen anstellen, wie das Asylverfahren abläuft.

Ergebnis Hier werden zunächst individuelle Ideen gesammelt und nach der Bearbeitung von M1 abgeglichen.

Tun Bearbeitung von M1 in PartnerInnenarbeit einleiten.

Eventuelle Fragen klären.

Hintergrundinformation für die Lehrperson

Das Material M1 behandelt das Asylerstverfahren einer volljährigen Person verein-facht (Stand 2019). Gleichfalls sind spezielle Verfahren nicht enthalten wie bei Ein-reise der Asyl suchenden Person aus einem sicheren Herkunftsstaat, das Flugha-fenverfahren, eine Aufnahme aus humanitären Gründen oder Familienasyl und Fa-miliennachzug.


Phase

1 Einstieg

2 Erarbeitung

3 Ergebnis-sicherung/Abschluss

P Puffer

Wie soll unser Land Flüchtlingen helfen? Ethische, gesellschaftliche und praktische FragenExkurs: Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland? L1

Foto: UN Photo/R LeMoyne/flickr CC BY-NC-ND 2.0


FOLIE


https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/

Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland?

Aufgabe

Lesen Sie die Textausschnitte aufmerksam durch.

1. Überlegen Sie die logische Reihenfolge der Textausschnitte und tragen Sie die entspre-chenden Nummern (1-6) in die rechte Spalte ein.

Sie haben für beide Aufgaben 25 Minuten Zeit.

Stationen des Asylverfahrens Reihenfolge

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüft anschließend mithilfedes europaweiten Systems (EURODAC), ob es überhaupt für den Asylantrag zu-ständig ist. Denn laut dem sogenannten Dublin-Abkommen ist in der Regel daseuropäische Land für den Asylantrag zuständig, in welches der Asylsuchende zu-erst eingereist ist. Falls das BAMF feststellt, dass Deutschland nicht für die Asylsuchende Person zuständig ist, soll beim zuständigen Staat ein Übernahmeersu-chen beantragt werden. Im Fall von Amal und seinem Vater wurde festgestellt,dass Deutschland für den Asylantrag zuständig ist.

Lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Antrag auf Asyljedoch ab, erhält die Antrag stellende Person neben der Ablehnung auch eine Ab-schiebeandrohung. Sie hat allerdings die Möglichkeit, gegen die Ablehnung zuklagen. Das Gericht prüft dann, ob doch eine Schutzberechtigung zutrifft. Wird dieKlage abgelehnt, muss die Asyl suchende Person ausreisen, ansonsten wird sieeventuell in ihr Herkunftsland abgeschoben. Hat das BAMF ein Nationales Ab-schiebungsverbot ausgesprochen, erhält der oder die Schutzsuchende eine Auf-enthaltserlaubnis. Bei einem Abschiebestopp oder anderen Gründen, die eine Ab-schiebung verhindern, wird hingegen eine Duldung ausgesprochen.

Nach einer Anhörung wird auf Grundlage der Anhörung sowie der vorgelegten Do-kumente und Beweismittel entschieden, ob eine der vier Schutzformen Flücht-lingsschutz, Asylberechtigung, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbotzutrifft. Welche der Schutzformen greift, hängt dabei von verschiedenen Faktorenab, sie führen jedoch alle zunächst zu einer befristeten Aufenthaltserlaubnis. Umdie Entscheidung zu fällen, können auch weitere Informationen, wie bspw. eineSprachanalyse hinzugezogen werden. Für Amal und seinen Vater heißt es nunalso erst einmal warten. Die Bearbeitungsdauer beträgt oftmals einige Monate.


Wie soll unser Land Flüchtlingen helfen? Ethische, gesellschaftliche und praktische FragenExkurs: Wie ist der Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland? M1

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Amal und sein Vater sind aus ihrer Heimat geflohen, in der ein Bürgerkriegherrscht. Sie haben eine lange Reise nach Deutschland auf sich genommen, umhier Asyl zu beantragen. Von Verwandten haben sie erfahren, dass sie sich direktbei der Ankunft an der deutschen Grenze oder nach der Ankunft bei einer staatli-chen Institution, z.B. der Polizei oder der Ausländerbehörde melden müssen. Dar-aufhin werden sie registriert: persönliche Daten wie Name, Alter und Herkunft, einLichtbild und Fingerabdrücke werden in einem Kerndatensystem gespeichert, da-mit alle beteiligten Behörden diese einsehen können. Bei der Erstregistrierungwird auch eine Sicherheitsprüfung durchgeführt.

Beide werden also zu einer persönlichen Anhörung geladen, welche den wichtigs-ten Termin für sie darstellt. Dabei anwesend sind ein Dolmetscher oder eine Dol-metscherin, eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Bundesamts für Migrationund Flüchtlinge (AnhörerIn) sowie ein Rechtsbeistand. Bei Bedarf kann eine Ver-trauensperson der Asylsuchenden teilnehmen. Amals Onkel hat sich bereit erklärt,bei beiden Terminen anwesend zu sein, da sein Antrag bereits anerkannt wurdeund er die Schilderungen von Amal und dessen Vater bestätigen kann. Da bei derEntscheidung über Asylanträge die Betrachtung von Einzelschicksalen zu Grundeliegt, muss die Asyl suchende Person nun ihre individuellen Fluchtgründe sowieihren Lebenslauf und ihre Fluchtgeschichte erläutern, dazu soll sie nach Möglich-keit Beweise vorlegen. Bei Zweifeln an der Identität können Sprach- und Textana-lysen durchgeführt werden. Nun erhält die Asyl suchende Person eine Aufenthalts-gestattung, welche den Ankunftsnachweis ersetzt und die Person berechtigt, biszum Abschluss des Asylverfahrens in Deutschland zu bleiben.

Sechs Monate später erhalten Amal und sein Vater den langersehnten Brief. Indem Schreiben werden sowohl die Entscheidung als auch die Gründe dafür ge-nannt. Zugleich erhalten sie Informationen, wie sie gegen den Bescheid vor Ge-richt klagen können.

Erhält eine Person Schutz, bekommt sie eine temporäre Aufenthaltsgenehmigungund darf legal in Deutschland bleiben. Je nach Schutzstatus variieren die Dauerund die Bedingungen der Aufenthaltsgenehmigung.



30

35

40

45

50

55

2. Tragen Sie die im Begriffskasten aufgelisteten Begriffe in das darunter ab-gebildete Schaubild ein.

Begriffskasten

Dublin-Verfahrens – Bundesländer – Registrierung – Asylberechtigung –Abschiebung – BAMF – Ausreise – klagen – Persönliche Antragstellung–Verteilung – Persönliche Anhörung


Das Material M1 behandelt das Asylerstverfahren einer volljährigen Person vereinfacht (Stand 2019).

AsylbewerberIn kann


Verwendete Literatur

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Ein Überblick über die einzelnen Verfahrensschritte und rechtlichen Grundlagen. www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile (abgerufen am 6. Dezember 2018).

Care Deutschland-Luxemburg e.V.: Meine. Deine. Unsere. Heimat. Ein Schulbuch zum Thema Flucht und Migration. 1. Auflage, August 2017.

Vera Hanewinkel: Das Asylverfahren in Deutschland: Schema des Ablaufs. Bundeszentrale für politische Bildung. www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/227451/das-asylverfahren-in-deutschland?p=all (abgerufen am 6. Dezember 2018).



➔ Ergebnissicherung leiten➔ Abschlussdiskussion leiten➔ Stunde schließen

Material Tafel oder Plakat oder Projektionsgerät.

Tun Zwei SchülerInnen bitten, ihre Ergebnisse dem Plenum zupräsentieren, indem sie die Textschnipsel in der richtigen Reihenfolge und das ausgefüllte Schaubild mithilfe der Dokumentenkamera visualisieren.

Alternativ: Falls keine Dokumentenkamera vorhanden ist, können die Nummern der Schnipsel vorgelesen werden und das Schaubild als Folie ausgedruckt oder an die Tafelgemalt werden.

Auf Fehler oder fehlende Informationen aufmerksam ma-chen.

Plenum Ergebnisse abgleichen und gegebenenfalls ergänzen oder korrigieren.

Ergebnis Siehe Abbildung am Ende des L.

Tun Abschlussdiskussion leiten:

„Der Großteil der Menschen, die vor Gewalt flüchten, flieht in die Nachbarländer ihrer Heimat. Unser Asylver-fahren ist darauf ausgelegt, denjenigen Menschen zu hel-fen, die es schaffen, trotz widriger Umstände über weite Strecken nach Deutschland zu kommen. Dies sind oft-mals die Jungen, Gebildeten und Gesunden. Halten Sie dies für gerecht?“

Hausaufgabe aufgeben (siehe unten).

Falls noch Zeit verbleibt: Puffer einsetzen (siehe unten).

Stunde schließen.

Haus-aufgabe

1. Die Textabschnitte zum Asylverfahren in der richtigen Rei-henfolge ins Heft kleben.

2. „Kritisiert wird das Asylverfahren vor allem bezüglich Män-geln in der Praxis bzw. Umsetzung. Recherchieren Sie dazu und prüfen Sie mindestens zwei der folgenden Vor-würfe:


Phase

1 Einstieg

2 Erarbeitung

3 Ergebnis-sicherung/Abschluss

P Puffer


A) „Asylverfahren dauern immer länger.“

B) „Die Überstellung von Asylbewerbern in das EU-Land,in dem sie die EU betreten haben, findet meist nicht statt, obwohl dieser Staat laut Dublin-Verfahren für das Asylverfahren zuständig ist.“

C) „In einigen Bundesländern haben Asylbewerber bes-sere Aussichten auf einen positiven Bescheid als in anderen Bundesländern.“

D) „Viele Asylbewerber klagen gegen ihren Asylbescheid vor Gericht, obwohl Klagen fast nie zu Erfolg führen.“

Puffer Text zum Vorlesen oder Visualisieren.

„Immer wieder wird kontrovers diskutiert, ob ankommendeAsylbewerber direkt in sogenannten Ankerzentren unter-gebracht werden sollten, wo sie bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag bleiben. „Anker“ steht dabei für: Ankunft, Entscheidung, Rückführung.

Verschiedene Behörden sollen dabei zusammenarbeiten, um möglichst schnell zu einer Entscheidung zu kommen. Für die Asylbewerber gilt eine sogenannte „Bleibepflicht“. Eine häufige Kritik lautet, dass die Zentren zu Isolation und Vorurteilen führten, während Verfechter der Zentren argumentieren, dass die Betroffenen schneller Gewissheithätten, da die Verfahren deutlich verkürzt werden und im Falle einer Ablehnung Abschiebungen konsequenter durchgeführt werden könnten.“

Die Frage diskutieren lassen, ob Ankerzentren sinnvoll sind.

Ergebnis

(Stand: April 2019)

A) „Asylverfahren dauern immer länger“

Nicht korrekt. Tatsächlich hat sich die Bearbeitungsdauer von Asylanträgen 2018 von ca. 9 Monaten im ersten Quartal auf ca. 6 Monate im dritten Quartal verkürzt. Dies ist ca. vier Mo-nate kürzer als im Vorjahr, allerdings immer noch 2 Monate länger als 2015. Grund sei die gestiegene Zahl an Anträgen und die größere Komplexität einiger Fälle. Besonders lange warten mussten BewerberInnen aus Russland mit durch-schnittlich 13 Monaten. So lange es keinen unerwarteten An-stieg von neuen Asylsuchenden geben sollte, ist nicht mit ei-ner erneuten Verlängerung der Bearbeitungszeit zu rechnen.


Verwendete Literatur: Zeit Online: Asylverfahren dauern kürzer (11.2.2019) www.zeit.de/politik/deutschland/2019-02/bamf-asylverfahren-fluechtlinge-migration-dauer (abgerufen am 8.April 2019)


B) „Die Überstellung von Asylbewerbern in das EU-Land, in dem sie die EU betreten haben, findet meist nicht statt,obwohl dieser Staat laut Dublin-Verfahren für das Asylverfahren zuständig ist.“

Korrekt. Tatsächlich ist die Zahl der Übernahmegesuche in Deutschland in 2018 im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht ge-stiegen, allerdings sind diese nur selten erfolgreich. So wur-den zwischen Januar und November 2018 insgesamt ca. 51.000 Übernahmegesuche gestellt, von denen die angefrag-ten Staaten ca. 35.000 Gesuchen zustimmten. Letztendlich wurden aber nur 8658 Asyl Suchende überstellt, dies ent-spricht ca. 24 % der zugestimmten Fälle. Im Vorjahr lag dieseQuote noch bei ca. 15 %.

C) „In einigen Bundesländern haben Asylbewerber bessere Aussichten auf einen positiven Bescheid als in anderen Bundesländern“

Korrekt. Tatsächlich gibt es große Unterschiede bei den Aner-kennungsquoten von Asylsuchenden nach den einzelnen Bundesländern. So hatten Asylsuchende aus bestimmten Herkunftsländern in einigen Bundesländern eine doppelt so große Chance auf Schutz als in anderen. So erhielten im Jahr2018 in Bayern 33,2 % der Asyl suchenden IrakerInnen Asyl, während es in Niedersachsen 60,0 % waren – ohne Berück-sichtigung von Ablehnungen aus formalen Gründen.

D) „Viele Asylbewerber klagen gegen ihren Asylbescheidvor Gericht, obwohl Klagen fast nie zu Erfolg führen.“

Nicht korrekt. Tatsächlich liegen die Chancen abgelehnter AsylbewerberInnen durch eine Klage doch noch einen Schutzstatus zu erlangen oder einen besseren Schutzstatus zu erhalten relativ hoch. So wurden im Jahr 2017 in gut 40 Prozent der Fälle zugunsten der Flüchtlinge entschieden, so-fern es um eine inhaltliche, nicht formale Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte ging.

Hintergrundinformation für die Lehrperson

In der Lösung zu M2 (Grafik Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland) ist zum Pfeilvon Punkt 4. (Prüfung der Zuständigkeit nach Dublin-Verordnung) zu 5b (Überstel-lung an zuständiges Land) im Falle der Nichtzuständigkeit Deutschlands anzumer-ken: Diese Darstellung entspricht dem Sollablauf; die Überstellung von Menschenan das Land, das nach der Dublin-Verordnung zuständig wäre, erfolgt aber in vielenFällen nicht.


Verwendete Literatur: Wie Quelle zuvor, dazu: Bernd Kastner: Fast jeder zweite abgelehnte Flüchtling siegt mit Klage vor Gericht. Süddeutsche Zeitung (23.3.2018). www.sueddeutsche.de/politik/asyl-fluechtlinge-klage-gericht-1.3918139 (abgerufen am 16.12.2018.)

Verwendete Literatur: Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesre-gierung auf die Kleine Anfrage der Abgeor-dneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ergänzende Informatio-nen zur Asylstatistik fürdas Jahr 2018 . S. 13. https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/087/1908701.pdf.

Verwendete Literatur: Jan Bielicki: Deutschland schiebt soviel in andere EU-Staaten ab wie nie zuvor. Süddeutsche Zeitung (21.1.2019). www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-deutschland-schiebt-so-viel-in-andere-eu-staaten-ab-wie-nie-zuvor-1.4295346 (abgerufen am 12. April2019).


Lösung zu M1


Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüft anschließend mithilfedes europaweiten Systems (EURODAC), ob es überhaupt für den Asylantrag zu-ständig ist. Denn laut dem sogenannten Dublin-Abkommen ist in der Regel daseuropäische Land für den Asylantrag zuständig, in welches der Asylsuchende zu-erst eingereist ist. Falls das BAMF feststellt, dass Deutschland nicht für die Asylsuchende Person zuständig ist, soll beim zuständigen Staat ein Übernahmeersu-chen beantragt werden. Im Fall von Amal und seinem Vater wurde festgestellt,dass Deutschland für den Asylantrag zuständig ist.

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Lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Antrag auf Asyljedoch ab, erhält die Antrag stellende Person neben der Ablehnung auch eine Ab-schiebeandrohung. Sie hat allerdings die Möglichkeit, gegen die Ablehnung zuklagen. Das Gericht prüft dann, ob doch eine Schutzberechtigung zutrifft. Wird dieKlage abgelehnt, muss die Asyl suchende Person ausreisen, ansonsten wird sieeventuell in ihr Herkunftsland abgeschoben. Hat das BAMF ein Nationales Ab-schiebungsverbot ausgesprochen, erhält der oder die Schutzsuchende eine Auf-enthaltserlaubnis. Bei einem Abschiebestopp oder anderen Gründen, die eine Ab-schiebung verhindern, wird hingegen eine Duldung ausgesprochen.

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Nach der Anhörung wird auf Grundlage der Anhörung sowie der vorgelegten Do-kumente und Beweismittel entschieden, ob eine der vier Schutzformen Flücht-lingsschutz, Asylberechtigung, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbotzutrifft. Welche der Schutzformen greift, hängt dabei von verschiedenen Faktorenab, sie führen jedoch alle zunächst zu einer befristeten Aufenthaltserlaubnis. Umdie Entscheidung zu fällen, können auch weitere Informationen, wie bspw. eineSprachanalyse hinzugezogen werden. Für Amal und seinen Vater heißt es nunalso erst einmal warten. Die Bearbeitungsdauer beträgt oftmals einige Monate.

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Amal und sein Vater sind aus ihrer Heimat geflohen, in der ein Bürgerkriegherrscht. Sie haben eine lange Reise nach Deutschland auf sich genommen, umhier Asyl zu beantragen. Von Verwandten haben sie erfahren, dass sie sich direktbei der Ankunft an der deutschen Grenze oder nach der Ankunft bei einer staatli-chen Institution, z.B. der Polizei oder der Ausländerbehörde melden müssen. Dar-aufhin werden sie registriert: persönliche Daten wie Name, Alter und Herkunft, einLichtbild und Fingerabdrücke werden in einem Kerndatensystem gespeichert, da-mit alle beteiligten Behörden diese einsehen können. Bei der Erstregistrierungwird auch eine Sicherheitsprüfung durchgeführt.

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Beide werden also zu einer persönlichen Anhörung geladen, welche den wichtigs-ten Termin für sie darstellt. Dabei anwesend sind ein Dolmetscher oder eine Dol-metscherin, eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Bundesamts für Migrationund Flüchtlinge (AnhörerIn) sowie ein Rechtsbeistand. Bei Bedarf kann eine Ver-trauensperson der Asylsuchenden teilnehmen. Amals Onkel hat sich bereit erklärt,bei beiden Terminen anwesend zu sein, da sein Antrag bereits anerkannt wurdeund er die Schilderungen von Amal und dessen Vater bestätigen kann. Da bei derEntscheidung über Asylanträge die Betrachtung von Einzelschicksalen zu Grundeliegt, muss die Asyl suchende Person nun ihre individuellen Fluchtgründe erläu-tern sowie ihren Lebenslauf und ihre Fluchtgeschichte, dazu soll sie nach Möglich-keit Beweise vorlegen. Bei Zweifeln an der Identität können Sprach- und Textana-lysen durchgeführt werden. Nun erhält die Asyl suchende Person eine Aufenthalts-gestattung, welche den Ankunftsnachweis ersetzt und die Person berechtigt, biszum Abschluss des Asylverfahrens in Deutschland zu bleiben.

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Sechs Monate später erhalten Amal und sein Vater den langersehnten Brief. Indem Schreiben werden sowohl die Entscheidung als auch die Gründe dafür ge-nannt. Zugleich erhalten sie Informationen, wie sie gegen den Bescheid vor Ge-richt klagen können.

Erhält eine Person Schutz, bekommt sie eine temporäre Aufenthaltsgenehmigungund darf legal in Deutschland bleiben. Je nach Schutzstatus variieren die Dauerund die Bedingungen der Aufenthaltsgenehmigung.

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Lösung zu M2


AsylbewerberIn kann klagen


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