Themenheft 3 2013 Welche Chancen bietet der...

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1 Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Ministeriu Ministeriu Ministeriu Ministerium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, Familie, Familie, Familie, Familie, Gesundheit Gesundheit Gesundheit Gesundheit und Integration und Integration und Integration und Integration Themenheft Themenheft Themenheft Themenheft 3 2013 3 2013 3 2013 3 2013 Welche Chancen bietet der Peer Welche Chancen bietet der Peer Welche Chancen bietet der Peer Welche Chancen bietet der Peer-Ansatz in der Jugendberufshilfe? Ansatz in der Jugendberufshilfe? Ansatz in der Jugendberufshilfe? Ansatz in der Jugendberufshilfe? Inhalt Inhalt Inhalt Inhalt Einleitung 1 Wissenschaftliche Beiträge 2 Ressourcen und Risiken - Möglichkeiten und Grenzen von Peer-to-Peer-Konzepten Nora Katenbrink, Universität Osnabrück 2 Peers im Kontext des Übergangs Schule - Beruf. Perspektiven und Handlungsansätze für sozial benachteiligte Jugendliche Sarah Beierle, Deutsches Jugendinstitut 6 POSITIVE PEERKULTUR - Ein pädagogi- scher Arbeitsansatz mit Jugendlichen Prof. Dr. Günther Opp, Universität Halle 10 Der Peer-Ansatz in der Gewaltprävention Dr. Dirk Rohr und Dr. Sarah Strauß 14 Best Practice 19 Wenn Schüler zu Coaches für die Handy- nutzung werden: Das Peer-Projekt „Handy – lieb und teuer“ Eva Hanel und Andrea Urban, Landesstel- le Jugendschutz Niedersachsen 19 Interkulturelle Peertrainerinnen und Peer- trainer in der katholischen Jugendsozialar- beit Angela Denecke, KJS Nord gGmbH 25 Internetlinks 31 Literaturtipps 32 Impressum 32 Einleitung Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein seit Jahren bewährter und wieder neu ent- deckter Ansatz in pädagogischen Feldern ist der Peer-Ansatz, der insbesondere im Bereich der Prävention bekannt geworden ist. Verschiedene Praxisstudien und wissenschaftliche Erkenntnis- se belegen den Einfluss des Peer-Ansatzes und in Praxisprojekten lassen sich erstaunliche Erfol- ge nachweisen. Der Peer-Ansatz ist partnerschaftlich und partizipativ angelegt. Über soziale Interaktion und Lernprozesse soll eine schrittweise Ände- rung des Verhaltens in einer Zielgruppe erreicht werden. Grundlage aller Peer-Ansätze ist der Empowerment - Gedanke, der auf "Selbstbe- mächtigung" und "Stärkung von Autonomie“ der beteiligten Personen im Rahmen professioneller pädagogischer Begleitung aufbaut. Unter dem Peer-Ansatz finden sich verschiedene Formen mit jeweils unterschiedlichen Schwer- punkten und Zielsetzungen wie Peer-Education, Peer-Mediation, Peer-Beratung. Peer-Ansätze und Peer-Arbeit. Mit dem vorlegenden Themenheft „Welche Chancen bietet der Peer-Ansatz in der Jugend- berufshilfe?“ möchten wir ihnen Möglichkeiten aber auch Grenzen aufzeigen, Ihnen Anregun- gen geben, Sie neugierig machen und Sie einladen, den Einsatz von Peer-Projekten in Ihrem Arbeitsfeld auszuloten. Dazu haben wir ausgewählte Artikel zusammengestellt in denen theoretische Grundlagen, Ansätze und Rahmenbedingungen sowie zwei erfolgreiche Praxisbeispiele dargestellt werden. Nora Katenbrink befasst sich mit den Möglichkeiten und Grenzen von Peer- Konzepten. Sie richtet den Fokus auf Jugendliche mit besonderem Förderbedarf. Sarah Beierle legt in ihrem Beitrag einen besonderen Augenmerk auf den Einfluss der „ju- gendlichen Peers“ im beruflichen Orientierungsprozess. Prof. Dr. Günther Opp stellt in seinem Beitrag das Konzept und die Praxis der „Positiven Peer- kultur“ vor. Im Anschluss daran stellen Dr. Dirk Rohr und Dr. Sandra Strauß ihren Fachartikel „Peer- Ansatz in der Gewaltprävention“ zur Verfügung. In zwei weiteren Beiträgen werden Beispiele erfolgreich erprobter Praxisprojekte vorgestellt: Zum einem das Projekt „Handy – lieb und teuer“ von der Landestelle Jugendschutz in Nieder- sachsen und das Pilotprojekt „Interkulturelle Peertrainer/innen“ der Katholischen Jugendsozi- alarbeit Nord.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

InhaltInhaltInhaltInhalt Einleitung 1 Wissenschaftliche Beiträge 2 Ressourcen und Risiken - Möglichkeiten und Grenzen von Peer-to-Peer-Konzepten Nora Katenbrink, Universität Osnabrück 2 Peers im Kontext des Übergangs Schule - Beruf. Perspektiven und Handlungsansätze für sozial benachteiligte Jugendliche Sarah Beierle, Deutsches Jugendinstitut 6 POSITIVE PEERKULTUR - Ein pädagogi-scher Arbeitsansatz mit Jugendlichen Prof. Dr. Günther Opp, Universität Halle 10 Der Peer-Ansatz in der Gewaltprävention Dr. Dirk Rohr und Dr. Sarah Strauß 14 Best Practice 19 Wenn Schüler zu Coaches für die Handy-nutzung werden: Das Peer-Projekt „Handy – lieb und teuer“ Eva Hanel und Andrea Urban, Landesstel-le Jugendschutz Niedersachsen 19 Interkulturelle Peertrainerinnen und Peer-trainer in der katholischen Jugendsozialar-beit Angela Denecke, KJS Nord gGmbH 25

Internetlinks 31 Literaturtipps 32 Impressum 32

Einleitung Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein seit Jahren bewährter und wieder neu ent-deckter Ansatz in pädagogischen Feldern ist der Peer-Ansatz, der insbesondere im Bereich der Prävention bekannt geworden ist. Verschiedene Praxisstudien und wissenschaftliche Erkenntnis-se belegen den Einfluss des Peer-Ansatzes und in Praxisprojekten lassen sich erstaunliche Erfol-ge nachweisen. Der Peer-Ansatz ist partnerschaftlich und partizipativ angelegt. Über soziale Interaktion und Lernprozesse soll eine schrittweise Ände-rung des Verhaltens in einer Zielgruppe erreicht werden. Grundlage aller Peer-Ansätze ist der Empowerment - Gedanke, der auf "Selbstbe-mächtigung" und "Stärkung von Autonomie“ der beteiligten Personen im Rahmen professioneller pädagogischer Begleitung aufbaut. Unter dem Peer-Ansatz finden sich verschiedene Formen mit jeweils unterschiedlichen Schwer-punkten und Zielsetzungen wie Peer-Education, Peer-Mediation, Peer-Beratung. Peer-Ansätze und Peer-Arbeit. Mit dem vorlegenden Themenheft „Welche Chancen bietet der Peer-Ansatz in der Jugend-berufshilfe?“ möchten wir ihnen Möglichkeiten aber auch Grenzen aufzeigen, Ihnen Anregun-gen geben, Sie neugierig machen und Sie einladen, den Einsatz von Peer-Projekten in Ihrem Arbeitsfeld auszuloten. Dazu haben wir ausgewählte Artikel zusammengestellt in denen theoretische Grundlagen, Ansätze und Rahmenbedingungen sowie zwei erfolgreiche Praxisbeispiele dargestellt werden. Nora Katenbrink befasst sich mit den Möglichkeiten und Grenzen von Peer- Konzepten. Sie richtet den Fokus auf Jugendliche mit besonderem Förderbedarf. Sarah Beierle legt in ihrem Beitrag einen besonderen Augenmerk auf den Einfluss der „ju-gendlichen Peers“ im beruflichen Orientierungsprozess. Prof. Dr. Günther Opp stellt in seinem Beitrag das Konzept und die Praxis der „Positiven Peer-kultur“ vor. Im Anschluss daran stellen Dr. Dirk Rohr und Dr. Sandra Strauß ihren Fachartikel „Peer-Ansatz in der Gewaltprävention“ zur Verfügung. In zwei weiteren Beiträgen werden Beispiele erfolgreich erprobter Praxisprojekte vorgestellt: Zum einem das Projekt „Handy – lieb und teuer“ von der Landestelle Jugendschutz in Nieder-sachsen und das Pilotprojekt „Interkulturelle Peertrainer/innen“ der Katholischen Jugendsozi-alarbeit Nord.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Dieses Themenheft gibt lediglich einen Einblick in die Methode und Umsetzung des Peer-Ansatzes. Bei Interesse an einer Vertiefung des Themas finden Sie Internet-Links und Litera-tur am Ende des Themenheftes. Wir danken den Autorinnen und Autoren ganz herzlich für ihre Beiträge zu dem vorliegenden Themenheft! Und nun wünscht Ihnen die LAG JAW beim Lesen viel Spaß und gute Anregungen! Für Anregungen und Kritik zum Themenheft stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Wissenschaftliche Beiträge Ressourcen und Risiken - Möglichkeiten und Grenzen von Peer-to-Peer-Konzepten

Autorin: Nora Katenbrink, Universität Osnabrück Aktuell boomen in pädagogischen Feldern und Insbesondere in der Schule so genannte Peer-to-Peer oder Peer-Education-Konzepte. In diesem Aufsatz soll drei Fragen nachgegangen werden. Erstens erfolgt eine Annäherung an den Peer-Begriff. Zweitens soll geklärt werden, was sich unter Peer-to-Peer-Konzepten verbirgt. Drittens werden die Mög-lichkeiten und Grenzen dieser Konzepte. Hier wird das Augenmerk vor allem auf die Jugendliche mit besonderem Förderbedarf gerichtet, um zu klären, unter welchen Bedingungen sie von derartigen Projekten profitie-ren. Was sind eigentlich Peers? Letztlich finden sich sehr unterschiedliche Definitionen und Auffassungen zum Begriff „Peer“, dennoch sollen im Folgenden die zentralen, konsensuellen Strukturmerkmale des Begriffes kurz vorgestellt werden. Ein wichtiges Merkmal ist die Gleichaltrigkeit (vgl. Breidenstein 2008). Der Begriff „peer“ kommt dabei aus dem englischen und bedeutet übersetzt ‚gleichge-stellt‘, ‚gleichrangig‘ oder ‚gleichaltrig‘. Letztlich könnte der Begriff somit für eine Gruppe Fünf- bis Sechsjähriger genauso verwendet werden wie für eine Gruppe im Alter von 65 bis 70 Jah-ren. Sowohl alltagssprachlich als auch wissenschaftlich wird der Begriff „Peer“ jedoch eher für Kinder und Jugendliche verwendet. Als Peer-Gruppen gelten reale Freundschaftsgruppen, aber auch Alterskohorten und Schulklassen. Weiterhin wird der Begriff vor allem für Personengruppen verwendet, die sich noch in einem Stadium der Entwicklung, des Lernens befinden. Dies verweist auf ein weiteres Merkmal, nämlich der Gleichrangigkeit (vgl. Krüger und Grunert 2008) bzw. der symmetrischen Bezie-hung zwischen den Peers (vgl. Schmidt und Neumann-Braun 2003). Unterschieden werden somit Peer-Gruppen und ihre Beziehungsstruktur von Gruppen und Kontexten, in denen von vornherein bestimmte Machtstrukturen bzw. Asymmetrien angelegt sind oder institutionalisiert werden. Die vorangegangenen Ausführungen verweisen auf ein weiteres, mögliches Definitions-kriterium. Die Abgrenzung zu institutionalisierten Gruppen und Strukturen impliziert, dass sich Peer-Gruppen freiwillig und selbstläufig bilden. Das Verständnis von Peer-Gruppen kann al-lerdings anhand der Fragen der Freiwilligkeit unterschieden werden. In einer weiten Verwen-dung des Peer-Begriffs gelten auch die Mitglieder einer Schulklasse als Peer-Gruppe. Dem-

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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nach ist Freiwilligkeit nicht unbedingt ein Definitionskriterium; auch eine zufällig zusammenge-stellte Gruppe wie eine Schulklasse kann ebenso wie eine Gruppe Jugendlicher, die gemein-sam nachmittags ihre freie Zeit miteinander verbringen, als Peer-Gruppe bezeichnet werden. Davon zu unterscheiden ist ein Verständnis von Peer-Gruppen, das Freiwilligkeit und Zwang-losigkeit beim Zusammenschluss von Kindern und Jugendlichen in Peer-Gruppen betont; so z.B. Talcott Parsons (1979, S. 173), der für Peer-Gruppen die „freiwillige Assoziation“ im Ge-gensatz zur „akriptiven Mitgliedschaft des Kindes [...] zur Schulklasse“ annimmt. In dieser en-gen Definition ist dann eine Schulklasse keine Peer-Gruppe mehr. Zugleich folgt für Parsons aus dem Merkmal der „freiwilligen Assoziation“ eine „psychologi-sche Funktion“ der Peer-Gruppe, indem er die Peer-Gruppe „als ein ‚Übungsfeld‘ der Unab-hängigkeit von der Erwachsenenkontrolle“ (Parsons 1979, S. 173) beschreibt. Für Parsons wird über diese Funktion erklärbar, warum jugendliche Peer-Gruppen häufig ein Verhalten an den Tag legen, über das Erwachsene den Kopf schütteln oder das sogar explizit von ihnen abgelehnt wird. Auch in weiten Definitionen findet sich aber letztlich die Vorstellung, dass die Peer-Gruppen einen eigenständigen, autonomen Raum darstellen, der letztlich der erwachse-nen Kontrolle entzogen ist (vgl. Breidenstein und Kelle 2002, S. 320). Was bedeutet Peer-to-Peer? Ebenso wie für den Peer-Begriff können trotz der Vielfalt der Peer-to-Peer-Projekte gemein-same strukturelle Merkmale dieser Konzepte herausgestellt werden. Mit Peer-to-Peer-Konzepten oder auch Peer-Education sind pädagogische Maßnahmen gemeint, die in letzter Konsequenz von den Gleichaltrigen selbst durchgeführt werden. Besonders bekannt ist hier die Peer-Mediation, bei der das Lösen von Konflikten und die Streitschlichtung in die Verant-wortung von dafür geschulten Peers gelegt wird (vgl. Westphal und Schulze 2012, S. 28-29). Hier wird bereits ein zentrales Merkmal der Peer-to-Peer-Konzepte deutlich: Sie setzen auf die Eigenständigkeit der Peers bzw. der Peer-Gruppen. Dies geht mit der Zuweisung von Expertentum an Peers und Peer-Gruppen einher. Die Gleichaltrigen gelten als Experten für ihre Lebenswelt, ihre Probleme und auch ihre Lösungswege (vgl. Schröder 2003, S. 110-111). Dieses vorhandene Potential gilt gemäß der programmatischen Vorstellung lediglich durch entsprechende Vorbereitung bzw. Ausbildung zu stärken. Demnach wissen die Jugendlichen selbst, wie Konflikte zu lösen sind oder Inhalte vermittelt werden können. Hierin zeigt sich ein weiteres Merkmal von Peer-to-Peer-Konzepten: Die Jugendlichen bzw. jugendliche Peer-Gruppen werden idealisiert. Positiv formuliert: Die Kompetenzen von Ju-gendlichen werden wertgeschätzt. Zugleich ergeben sich daraus auch hohe Erwartungen an die Jugendlichen, an Peer-Beziehung und Peer-Interaktionen. Hier deutet sich mit Blick auf die vorgestellten Definitionen des Peer-Begriffs bereits eine gewisse Paradoxie an, weil in diesen Begriffsbestimmungen immer wieder auf deren Abgrenzung von Erwachsenen und ein Unter-laufen guter pädagogischer Absichten verwiesen wird. In den Forschungen zu Peer-to-Peer-Konzepten wird zumeist auf den großen Erfolg dieser Konzepte hingewiesen (vgl. zum Überblick Nentwig-Gesemann und Bohnsack 2005; Nörber 2003). Ein genauer Blick in diese Forschungen zeigt worin dieser Erfolg liegt. Zunächst profi-tieren die „ausgebildeten“ Peers, also die Peer-Mediatoren, Peer-Streitschlichter oder Peer-Wissensvermittler insbesondere in den Bereichen der sozialen Kompetenzen und des Selbst-wertgefühls (vgl. Nörber 2003). Für die Peers, die eine Mediation durch Peers erleben oder denen Wissen durch Peers vermittelt wird, sind keine vergleichbaren Effekte nachzuweisen (ebd.). Weiterhin profitiert die pädagogische Institution, da häufig durch die Einführung von Peer-to-Peer-Konzepten das (Schul-)Klima verbessert. Hier gilt es zu beachten, dass dies nur bei einer erfolgreichen Implementation der Fall ist. Zur systematischen Einführung von Peer-Projekt gehört auch die Schulung und Vorbereitung des gesamten Kollegiums oder pädagogi-schen Teams, das sich somit ebenfalls mit der betreffenden Thematik befasst und in Teilen auch umfangreicher fortgebildet wird, um die aktiven Peers zu unterstützen. Am Beispiel ver-deutlicht: So muss in einer Schule oder anderen pädagogischen Institutionen, in der es ge-

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häuft zu Konflikten und Gewalt kommt, in einem ersten Schritt eine intensive Auseinanderset-zung mit dem pädagogischen Personal erfolgen, das sich erst dann bewusst für die Einfüh-rung einer Peer-Mediation entscheidet und die dann parallel zu den Peers weiterhin informiert und ausgebildet wird. Aus einer Forschungsperspektive ist daher schwer zu kontrollieren, ob die Veränderungen alleine auf die Peer-Interaktionen zurückzuführen sind. Möglichkeiten und Grenzen von Peer-to-Peer-Konzepten Die Möglichkeiten von Peer-to-Peer-Konzepten wurden im vorherigen Abschnitt bereits ange-deutet. Insbesondere die Jugendlichen, die eine Schulung erhalten und aktiv werden, entwi-ckeln ihre sozialen Kompetenzen und ihr Selbstwertgefühl. Dennoch stellt sich die Frage, in-wieweit Jugendliche mit besonderem Förderbedarf durch diese Konzepte profitieren können. Generell ist problematisch zu sehen, dass durch Peer-to-Peer-Konzepte der autonome Raum der jugendlichen Peer-Gruppe pädagogisch vereinnahmt wird (vgl. Wischer 2010). Wie bereits mehrfach angedeutet, zeichnet sich die Peer-Gruppe durch Abgrenzungen von Erwachsenen und pädagogischen Institutionen, insbesondere der Schule aus. Vor allem für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf, die schulisch oft nicht sonderlich erfolgreich sind, stellen Peer-Gruppen wichtige Gegenwelten zur Schule dar (vgl. Brademann und Helsper 2010; Helsper 1989; Helsper 2006; Helsper und Böhme 2010; Krüger et al. 2010). Wenn diese Peer-Gruppen pädagogisch und institutionell vereinnahmt werden, ist dies insbesondere für diesen Jugendlichen problematisch. Eine Chance bieten hier Konzepte, die diese Vereinnahmung, die es dennoch weiterhin pädagogisch zu reflektieren gilt, aus den schulnahen und schulähnli-chen Kontexten rücken. Es gilt einen Raum aufzusuchen, der nicht schulischen Bewertungs- und Selektionslogiken unterworfen ist. Diese Idee kann beispielhaft an zwei Peer-Projekten verdeutlicht werden. Beide Projekt gehö-ren zum Bereich der Peer-Mediation und wurden wissenschaftlich begleitet, sodass Erkennt-nisse über den Verlauf, den Gewinn und auch die Schwächen dieser Projekte vorliegen. Das eine Projekt ist ein Peer-Mediationsprojekt, das in einer Berliner Brennpunktschule durchge-führt und bei dem gezielt als schwierig und gewalttätig eingeschätzte Jugendliche als Mediato-ren ausgebildet wurden (vgl. Nentwig-Gesemann und Bohnsack 2005). Das anderen Projekt ist ebenfalls ein Peer-Mediationsprojekt mit einem Fokus auf Geschlecht, das an einer Schule im ländlichen Raum etabliert wurde, an der es zu geschlechtlich und sexuell konnotierter Ge-walt kam (vgl. Westphal und Schulze 2012). Auch hier nahmen Jugendlichen teil, die in die Schule nicht gut integriert waren und von Lehrkräften als problematisch beurteilt wurden. Bei-den Projekten ist gemeinsam, dass sie in enger Kooperation mit ortsansässigen Jugendbil-dungsstätten durchgeführt wurden. Während sich bei anderen Peer-Projekten die außerschu-lische Jugendarbeit an Schule annähert, wurde hier auf eine Ausbildung und Begleitung der Peer-Mediatoren in Unabhängigkeit von der pädagogischen Institution geachtet. Die Ausbil-dungen wurden über ein Jahr lang wochenweise in Ferienzeiten in den Jugendbildungsstätten und ohne Beteiligung von schulischen Personal (Lehrkräften, Schulsozialarbeitern) durchge-führt. Hier ist zugleich eine konzeptionelle Schwäche zu sehen: Eine Umsetzung der Peer-Mediation blieb in beiden Fällen aufgrund der geringen Einbindung der Institution und ihrer pädagogischen Mitarbeiter und -arbeiterinnen schwierig und gelang im Falle der Gender-Peer-Mediation gar nicht. Allerdings liegt gerade für die Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf in dieser konzeptionellen Schwäche eine große Stärke. Sie machten eine für sie neue Erfah-rung, erlebten eine positive pädagogische Beziehung mit Erwachsenen und eine echte Wert-schätzung ihrer Kompetenzen, womit ein wichtiges Merkmal von Peer-to-Peer-Konzepten er-füllt wurden, auch wenn die letztlich endliche Zielsetzung der Projekte nicht erreicht wurde. Allgemeiner gesprochen wurde den Jugendlichen ein pädagogisches Feld erschlossen, dass ihnen ansonsten eher fern liegt, da sie nicht zur üblichen Zielgruppe dieser Art von Jugendar-beit gehören.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Zu konstatieren ist somit, dass die große Chancen von Peer-to-Peer-Konzepten in der Erfah-rung eines anderen pädagogischen Raums mit anderen pädagogischen Logiken als der schu-lischen liegen. Offen bleibt aber die Frage, wie dann eine tatsächliche Implementation dieser Peer-Projekte in der schulischen, institutionellen Logik gelingen kann, vor allem weil die päda-gogische Vereinnahmung der jugendlichen Peer-Gruppe hier besonders problematisch ist. LITERATUR • Brademann, Sven; Helsper, Werner (2010): Schulische Übergänge und Peerbeziehungen. Die Be-

deutung von Gleichaltrigen für den Übergang in die Sekundarstufe I. In: Anna Brake und Helmut Bremer (Hg.): Alltagswelt Schule. Die soziale Herstellung schulischer Wirklichkeiten. Weinheim, München: Juventa-Verl., S. 67–95.

• Breidenstein, Georg (2008): Peer-Interaktion und Peer-Kultur. In: Werner Helsper und Jeanette Böhme (Hg.): Handbuch der Schulforschung. 2., durchgesehene und erweiterte Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 945–964.

• Breidenstein, Georg; Kelle, Helga (2002): Die Schulklasse als Publikum. Zum Verhältnis von Peer Culture und Unterricht. In: Die Deutsche Schule 94 (3), S. 318–328.

• Helsper, Werner (1989): Jugendliche Gegenkultur und schulisch-bürokratische Rationalität. Zur Ambivalenz von Individualisierungs- und Informalisierungsprozessen. In: Wilfried Breyvogel (Hg.): Pädagogische Jugendforschung. Erkenntnis und Perspektiven. Opladen: Leske + Budrich (Studien zur Jugendforschung, 4), S. 161–185.

• Helsper, Werner (2006): Zwischen Gemeinschaft und Ausschluss. Die schulischen Interaktions- und Anerkennungsräume im Kontrast. In: Werner Helsper, Heinz-Hermann Krüger, Sylke Fritzsche, Sa-bine Sandring, Christine Wiezorek, Oliver Böhm-Kasper und Nicolle Pfaff (Hg.): Unpolitische Ju-gend? Eine Studie zum Verhältnis von Schule, Anerkennung und Politik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (Analysen zu gesellschaftlicher Integration und Desintegration), S. 293–317.

• Helsper, Werner; Böhme, Jeanette (2010): Jugend und Schule. In: Heinz-Hermann Krüger und Cathleen Grunert (Hg.): Handbuch Kindheits- und Jugendforschung. 2., aktualisierte und erw. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 619–659.

• Krüger, Heinz-Hermann; Grunert, Cathleen (2008): Peergroups. In: Thomas Coelen und Hans-Uwe Otto (Hg.): Grundbegriffe Ganztagsbildung. Das Handbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwis-senschaften (Springer-11776 /Dig. Serial]), S. 382–391.

• Krüger, Heinz-Hermann; Köhler, Sina-Mareen; Zschach, Maren (Hg.) (2010): Teenies und ihre Peers. Freundschaftsgruppen, Bildungsverläufe und soziale Ungleichheit. Opladen u.a.: Budrich.

• Nentwig-Gesemann, Iris; Bohnsack, Ralf (2005): Peer-Mediation in der Schule. Eine qualitative Evaluationsstudie zu einem Mediationsprojekt am Beispiel einer Berliner Oberschule. In: Ralf Bohnsack, Thomas Busch, Anja Durdel, Bettina Fritzsche, Heike Kahl, Andreas Knoke et al. (Hg.): Jung. Talentiert. Chancenreich? Beschäftigungsfähigkeit von Jugendlichen fördern. Opladen: Budrich, S. 143–175.

• Nörber, Martin (2003): Peer-Education - ein Bildungs- und Erziehungsangebot? Zur Praxis von Peer-Education in Jugendarbeit und Schule. In: Martin Nörber (Hg.): Peer Education. Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige. Weinheim: Beltz-Verl., S. 79–93.

• Parsons, Talcott (1979): Sozialstruktur und Persönlichkeit. 3. unveränd. Frankfurt am Main: Fach-buchhandlung für Psychologie Verlagsabteilung.

• Schmidt, Axel; Neumann-Braun, Klaus (2003): Identitätsrelevanz kommunikativen Medienge-brauchs in der Peer-Group. Ein Fallbeispiel. In: Heinz Hengst und Helga Kelle (Hg.): Kinder - Körper - Identitäten. Theoretische und empirische Annährungen an kulturelle Praxis und sozialen Wandel. Weinheim: Juventa-Verl. (Kindheiten), S. 267–290.

• Schröder, Achim (2003): Die Gleichaltrigengruppe als emotionales und kulturelles Phänomen. In: Martin Nörber (Hg.): Peer Education. Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige. Weinheim: Beltz-Verl., S. 94–113.

• Westphal, Manuela; Schulze, Nora (2012): Gender lernen? Genderkompetenzen für Schüler und Schülerinnen; Ergebnisse eines Jugendbildungsprojektes für Geschlechtergerechtigkeit in der Schule. Opladen: Budrich.

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Peers im Kontext des Übergangs Schule - Beruf. Perspektiven und Handlungsansätze für sozial be-nachteiligte Jugendliche Autorin: Sarah Beierle, Deutsches Jugendinstitut Im Verlauf ihrer Übergangsbiografie sind junge Menschen in vielfältige soziale Bezüge eingebunden. Durch ihre Herkunftsfamilie, ihren Freun-deskreis sowie in pädagogischen und betrieblichen Kontexten werden idealerweise Unterstützungsleistungen getätigt, die Jugendliche in ihrem beruflichen Orientierungsprozess stärken (vgl. Gaupp 2013: 50). Der Einfluss der Eltern, des Freundeskreises sowie weiterer verwandtschaftlicher Personen wird dabei von den Heran-wachsenden höher eingeschätzt als der Einfluss der professionellen Akteure der Berufsorien-tierung (Kuhnke/Reißig 2007). Dass den Personen des sozialen Nahfeldes ein solch hoher Stellenwert beigemessen wird, wirft die Frage auf, wie sich deren Einflüsse ausgestalten. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf einen bisher kaum erforschten Bereich gerichtet werden: Auf den Einfluss der „ju-gendlichen Peers“ im beruflichen Orientierungsprozess. Unter „jugendlichen Peers“ werden im Folgenden, einer breiten Definition folgend, Personen im sozialen Umfeld, die ein ähnli-ches Alter aufweisen, verstanden (Freundeskreis, Klassenkameraden, Bekanntenkreis, etc.). Welche Rolle spielen „jugendliche Peers“ bei der beruflichen Orientierung? Im Jugendalter stellen Peers einen zunehmend wichtiger werdenden Bezugsrahmen dar. Für die Entwicklung von Werten, Normen und Verhaltensweisen sind solche Peer-Beziehungen sehr bedeutsam, da in ihnen vielfältige Lern-, Erfahrungs- und Experimentierchancen ermög-licht werden, die zur Identitätsentwicklung beitragen. Das Agieren auf gleicher Augenhöhe und das Argumentieren auf kognitiv und moralisch gleichem Level bietet unter Peers die Mög-lichkeit, sich bei der Bewältigung von Übergängen und den damit verbundenen Höhen und Tiefen besonders gut unterstützen zu können (vgl. Lüpschen, N. et al. 2012: 17.) Idealerweise führen diese sozialen Beziehungen dazu, dass sich Peers in ihrem beruflichen Orientierungsprozess gegenseitig befördern. Als stärkende Funktionen wurden in einer quali-tativen Untersuchung mit Hauptschülerinnen und Hauptschülern fünf Funktionen ausgemacht (vgl. Gaupp 2013). Demnach können Peers zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Moti-vation beitragen, wenn sie ihren Freunden die Überzeugung vermitteln, dass sie für die von ihnen angestrebte Tätigkeit geeignet sind. Als Türöffner fungieren sie, wenn sie z.B. eine Ausbildungsstelle vermitteln, ebenso können Freunde und Bekannte als Ratgeber in berufli-chen Fragen dienen. Insbesondere für Auszubildende ist es wichtig, dass Freunde Verständ-nis für deren geringer werdende Freizeit aufbringen und ihnen bei Konflikten einen sicheren Rückhalt bieten. In hohem Maße berichten Hauptschülerinnen und Hauptschüler, die die Einmündung ins Erwerbsleben geschafft haben, davon, dass sie eine Person in ihrem sozia-len Umfeld gehabt haben, die in einer ähnlichen Situation wie sie war. Gemeinsam habe man schwierige Hürden gemeistert und sich gegenseitig motiviert. Bei einem solchen Tandem scheinen soziale Vergleichsprozesse motivationsförderlich zu sein. Die Jugendlichen orientie-ren sich am Freundeskreis und wollen dessen Erwartungen erfüllen. Jedoch können sich soziale Vergleichsprozesse auch negativ auf die Berufsorientierung aus-wirken, etwa dann, wenn hohe Bildungsaspirationen durch den Freundeskreis nicht unter-stützt oder gar negativ sanktioniert werden. Von Pädagoginnen und Pädagogen sowie Eltern wird darüber hinaus häufig die Meinung vertreten, dass sich Jugendliche in ihrer beruflichen Orientierung gegenseitig beeinflussten, indem sie nicht den Beruf wählen, den sie mögen oder für den sie geeignet sind, sondern solche, die im Freundeskreis besonders populär sind (vgl. Beinke 2006). Ähnlichkeiten in den Berufswünschen sind aber auch dadurch begründ-

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bar, dass unter Freunden gemeinsame Interessen geteilt werden oder dass man – im Sinne der Tandem-Funktion – Hürden gemeinsam meistern will. Die Wahl eines Berufs fällt bei Jugendlichen, trotz der Bemühungen von professionellen Ak-teuren eine rationale Entscheidung zu treffen, in der Regel schichtspezifisch (ebenda). Die unüberschaubare Anzahl an Optionen und Unklarheiten über zukünftige Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stellen viele Schülerinnen und Schüler vor große Schwierigkeiten bei der Wahl ihres nachschulischen Werdegangs (Lörz et al. 2011). Berufswahlentscheidungen von Jugendlichen mit geringem oder fehlendem Abschluss ergeben sich eher aus situativen As-pekten: Eine Arbeitsstelle wird dem Jugendlichen von Personen aus dem sozialen Nahraum – insbesondere durch die Eltern – vermittelt. Demgegenüber sind die jugendlichen Peers weni-ger in einer Vermittlerrolle, sondern übernehmen vielmehr emotionale und diskursive Funktio-nen, so dass die berufliche Neigung je nach emotionalem Freundschaftseinfluss stabilisiert oder destabilisiert werden kann (vgl. Beinke 2006). Welche Ansätze im Bereich des Übergangs Schule-Beruf berücksichtigen die positiven Peer-Einflüsse? Unter Begriffen wie Peer-to-Peer, Peer-Education oder Peer-Support wurden Ansätze, die junge Menschen als Peer-Mentoren in pädagogische Konzepte einbinden insbesondere im Bereich der Gesundheits- und Sexualerziehung sowie der Drogenprävention seit den 70er Jahren im anglo-amerikanischen Raum entwickelt (vgl. Heyer 2010: 407). Peer-Mentoren werden zur Vermittlung von Lerninhalten einbezogen, um anderen Jugendlichen, die aufgrund ihres Alters, sozialen Hintergrundes oder Wissens eine Ähnlichkeit aufweisen, zu beraten oder zu unterstützen (vgl. Apel 2003: 17). Durch ihre Zugehörigkeit oder Nähe zur jugendli-chen Lebenswelt wird das starke Ungleichgewicht zwischen lehrender und lernender Person, welchem junge Menschen in starkem Maße in schulischen Kontexten begegnen, aufgelöst. Zwar finden Peer-Ansätze oftmals im schulischen Raum Anwendung, sie unterscheiden sich aber klar von formalem schulischem Lernen. Neben Wissen, welches in solchen Projekten vermittelt werden soll, geht es insbesondere auch um die Interaktion mit und in der Gruppe, durch die quasi nebenher Informationen ausgetauscht und informelle Lernprozesse in Gang gesetzt werden. Zwar ist die Vermittlung von Kompetenzen durch Peers in Jugendverbänden schon seit Jahr-zehnten an der Tagesordnung, dennoch werden in Deutschland pädagogische Peerkonzepte im Bereich der Berufsorientierung erst in jüngerer Zeit differenziert ausgearbeitet. Die Spann-weite reicht dabei von einmaligen Informationsveranstaltungen über Peer-Projekte, bei denen eine Klasse oder Gruppe von ein oder mehreren Auszubildenden oder Studierenden begleitet wird bis hin zu sogenannten Patenprojekte. Unter Berücksichtigung von Vorlieben, individuel-len Merkmalen und Erwartungen wird jungen Menschen ein Pate zur Seite gestellt, der sie bei ihrem Übergang ins Berufsleben individuell begleitet. Die Peer-Mentoren können dabei informelle Kontakte nicht ersetzen. Jugendliche, die durch ihr Elternhaus oder ihren Freundeskreis in Fragen der beruflichen Bildung nur sehr wenig Un-terstützung erhalten, können in solchen Ansätzen jedoch positive Rollenvorbilder zur Seite gestellt werden, die die Überwindung von Hürden beim Übergang erleichtern. Welche Bedeutung haben die sozialen Online-Medien für die Berufsorientierung? Das Internet stellt für Heranwachsende längt einen festen Bestandteil ihres alltäglichen Le-bens dar. Bei Gruppendiskussionen, die vom Deutschen Jugendinstitut mit Jugendlichen ge-führt wurden, verwiesen diese jedoch darauf, dass sie dem Internet in Fragen der Berufsori-entierung nur wenig Vertrauen entgegenbringen (siehe Beierle 2013: 41ff.). Insbesondere für sozial benachteiligte Schüler ergeben sich Schwierigkeiten darin, dass bei der Suche nach individuellen, ausbildungsrelevanten Informationen das „Medium der unbegrenzten Möglich-keiten“ ein Problem wird, da nützliche, unwichtige oder gar falsche Informationen nur schwer zu unterscheiden sind. An Online-Seiten, die sich mit Berufsorientierung beschäftigen, sind

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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den Jugendlichen fast ausschließlich die Seiten der Bundesagentur für Arbeit, insbesondere planet-beruf bekannt. Diese verfügt aber nur über ein sehr geringes Ausmaß an Interaktions-möglichkeiten. Videos, in denen Jugendliche von ihren Erfahrungen mit dem Ausbildungsbe-ruf berichten, werden von den Befragten als „künstlich“ und die Inhalte als von Erwachsenen vorgegeben wahrgenommen. Andere Online-Seiten, die auf die Medienaffinität von Jugendli-chen abzielen, interaktive Elemente bereitstellen und deren Inhalte durch und bei professio-nellen medienpädagogischen Begleitern rückversichert werden können, sind Jugendlichen kaum bekannt (u.a. beroobi.de). Um eine Unmittelbarkeit beim Austausch von Informationen zu erzielen, sind Portale aber auf eine kritische Masse an Nutzern angewiesen. Hohe Nutzerzahlen werden bei themenunab-hängigen Online-Communitys, insbesondere beim Marktführer facebook erreicht. Allerdings ordnen junge Menschen solche Netzwerke eindeutig dem Privatbereich zu, wohingegen die Berufsorientierung ganz eng an die Schule geknüpft wird. Für den beruflichen Orientierungs-prozess spielen solche Netzwerke den Jugendlichen zufolge kaum eine Rolle. Wohl ist aber anzunehmen, dass ähnlich wie bei den Gesprächen im Freundeskreis vielmehr nebenher berufsrelevante Informationen ausgetauscht werden. Wie können pädagogische Peer-Ansätze in die Arbeit mit sozial benachteiligten Jugendlichen integriert werden? Um schwierigen Verläufen bei den Übergängen ins Erwerbsleben von jungen Menschen vor-zubeugen, ist eine frühzeitige Einbindung von Peer-Ansätzen in pädagogische Kontexte sinn-voll. In ihnen können sowohl die Peer-Mentoren, wie auch die Zielgruppe der Maßnahmen wertvolle Erfahrungen sammeln, die sie auf ihrem weiteren schulischen und beruflichen Weg stärken. Durch die Bereitstellung von Peer-Edukatoren für leistungsschwächere Schüler/innen könnten diese bereits frühzeitig gefördert werden. Die älteren Schüler/innen, die sich als Peer-Edukatoren zur Verfügung stellen, müssen dafür insbesondere auch in Lernmethoden und Vermittlung von Lerninhalten geschult werden. Die Ausbildung von Sozialkompetenzen und die Reflexion von Fertigkeiten sollten insbesondere in frühen Phasen der Berufsorientierung ansetzen. Der Einsatz von Klassenpaten oder Eins-zu-Eins-Patenschaften kann dafür sorgen, dass soziale Konflikte an der Schule bemerkt und bearbeitet werden. Im Idealfall führt dies dazu, dass Gewalt und Ausgrenzung minimiert werden, sich das Klassen- und Schulklima verbessert und eine „positive Peerkultur“ entstehen kann (vgl. Opp/Teichmann 2008). Ein höheres Wohlbefinden bei den Schülerinnen und Schülern soll helfen, dem Schulschwänzen oder vorzeitigen Schulabbrüchen, die aus sozialen Konflikten resultieren können, vorzubeu-gen. Mit zunehmendem Alter und dem Voranschreiten des Orientierungsprozesses ist eine Konk-retisierung der Unterstützung im Übergang anzustreben. Ehemalige Schüler/innen können als positive Rollenvorbilder dienen, und der Zielgruppe zeigen, dass sie ihren Weg trotz Hürden und Rückschlägen gegangen sind und sich die Bemühungen bezahlt gemacht haben. Dass sich Ehemalige für ihre Schule einsetzen setzt aber auch voraus, dass sie ihre Schulzeit posi-tiv in Erinnerung haben. Zudem verfolgen Schulen in der Regel die Verläufe ihrer Absolven-tinnen und Absolventen nicht. Ehemaligennetzwerke (Alumni-Netzwerke) wie sie im anglo-amerikanischen Raum weit verbreitet sind, sind in Deutschland noch eher die Ausnahme. Die schwere Erreichbarkeit von Ehemaligen hat zur Folge, dass in Peer-Projekten häufig Studie-rende zur Begleitung von Benachteiligten eingesetzt werden. Diese weisen mitunter eine hö-here Verlässlichkeit und Methodenkompetenz auf als (ehemalige) Benachteiligte, umso mehr muss allerdings Wert darauf gelegt werden, dass sie sich in die Lebenswelten der Benachtei-ligten einfühlen können (vgl. Probst 2010: 6). Peer-Ansätze eignen sich darüber hinaus insbesondere zur Integration von Geringqualifizier-ten in Ausbildungsbetriebe. Zum einen können dem Betrieb oder der Ausbildungsstätte Zuge-hörige die Akquirierung von neuen geeigneten Lehrlingen unterstützen, indem sie in Schul-

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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klassen oder auf Ausbildungsmessen authentisch über die Anforderungen und den Alltag der Ausbildung informieren. Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss oder nichtdeutscher Herkunft sind in besonders hohem Maße von Ausbildungsabbrüchen betroffen. Die Hälfte aller Ausbildungsvertragsauflösungen erfolgen im ersten Ausbildungsjahr, ein Drittel der Auf-lösungen während der Probezeit (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012: 115). Hierbei könnten ältere Auszubildende bei der Vermittlung des Lernstoffs oder der Arbeitsab-läufe unterstützen. Online-Medien werden im Kontext der Berufsorientierung außerhalb des Schulunterrichts nur in geringem Umfang genutzt. Insbesondere bei sensiblen Themen, wie etwa Mobbing in der Schule und am Ausbildungsplatz können Beratungsangebote eine sinnvolle Ergänzung dar-stellen. Um die Angebote bekannter zu machen, sollten sich die Akteure der Berufsorientie-rung in der Anwendung von neuen Medien ausbilden lassen und Schüler/innen stärker auf diese Angebote hinweisen. Zudem ist darauf zu achten, dass die Online-Angebote langfristig finanziell und personell abgesichert werden. Nur mit einer ausreichenden Anzahl von Usern kann eine wahre Interaktivität und ein unmittelbarer Austausch von Informationen gewährleis-tet werden. Zeitliche Freiräume, klare Aufgabenzuteilungen verbunden mit einer fundierten Ausbildung der an Peer-Projekten Beteiligten sind unabdingbar, um die Qualität und den Erfolg von Peer-Ansätzen sicherzustellen. Peer-Mentoren sind in ihrer Funktion nicht mit informellen Freund-schaftsbeziehungen gleichzusetzen, sondern sollen zielgerichtete Unterstützungsleistungen vollbringen. Ihre Rolle ist irgendwo zwischen Freund und Pädagogen angesiedelt. Grundvo-raussetzung um mit potentiellen Rollenkonflikten adäquat umzugehen ist, dass die Mentorin-nen und Mentoren gut auf mögliche Loyalitäts- und Vertrauenskonflikte vorbereitet werden. Zudem ist es unabdingbar, dass die Mentorinnen und Mentoren von der Schule oder den Be-trieben unterstützt werden, ihre Tätigkeit auf Freiwilligkeit basiert und sie Wertschätzung für ihre Arbeit erfahren. Bei der Ausgestaltung von Peer-Angeboten bietet sich eine Zusammen-arbeit von Schulen, außerschulischen Bildungsträgern, Betrieben, Akteuren der Jugendbe-rufshilfe und der Jugendarbeit an, damit das Wissen und die fachlichen und pädagogischen Kompetenzen der einzelnen Akteure in einem fundierten, Strukturen gebenden Konzept fest-gelegt werden können. Darüber hinaus ist insbesondere im Bereich der Peer-Ansätze auf Kontinuität zu setzen, denn nur dadurch können sich diese verstetigen und dazu führen, dass ehemalige Empfänger von Peer-Unterstützung zu einem späteren Zeitpunkt bereit sind, selbst die Rolle eines Mentoren zu übernehmen. Das Feld der Peer-Ansätze ist noch recht wenig erforscht. Inwiefern positive Effekte auf Peer-Support zurückzuführen sind, ist schwer nachweisbar, da insbesondere in schulischen und betrieblichen Kontexten viele Bedingungsfaktoren auftreten können, die die Wirkung eines Programms beeinflussen. Umso wichtiger ist es, dass Projekte wissenschaftlich begleitet und/oder evaluiert werden, um die Strukturen eng an die Bedarfe der beteiligten Akteure an-passen zu können. Bildungsbenachteiligung beruht nicht nur auf den individuellen Leistungen und individuellem Verhalten, sondern basiert insbesondere auch auf strukturellen Benachteiligungen im Bil-dungssystem. Dass der Bildungserfolg in hohem Maße nicht von der Leistung, sondern viel-mehr von der Herkunftsfamilie abhängt (siehe Pisa-Schock) macht deutlich, dass das Empowerment von jungen Menschen durch Peer-Konzepte nur einen Teil der Bekämpfung von Bildungsbenachteiligung darstellen kann. LITERATUR • Apel, E. (2003): Peer-Education - Eine historische Betrachtung aus Sicht der Jugendverbandsar-

beit. In: Nörber, M. (Hrsg.): Peer Education. Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige. Weinheim: Beltz, S. 16-37

• Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012): Bildung in Deutschland 2012. Berlin/Bonn

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

• Beierle, S. (2013): Die Rolle der Peers, Neuen Medien und Online-Communitys bei der Berufsori-entierung. Zentrum eigenständige Jugendpolitik. http://www.allianz-fuer-jugend.de/downloads/Peers_DJI_Expertise.pdf

• Beinke, L. (2006): Der Einfluss von Peer Groups auf das Berufswahlverhalten von Jugendlichen. Ergebnisse einer Studie aus dem Jahre 2004. In: Bley, N./Rullmann, M. (Hrsg.): Übergang Schule und Beruf. Aus der Praxis für die Praxis – Region Emscher-Lippe. Wissenswertes für Lehrkräfte und Eltern. Recklinghausen. S. 249-265

• Gaupp, N. (2013): Wege in Ausbildung und Ausbildungslosigkeit - Bedingungen gelingender und misslingender Übergänge in Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulbildung. Edition der Hans-Böckler-Stiftung, Bildung und Qualifizierung, Band 277. Düsseldorf: Hans Böckler Stiftung

• Heyer, R. (2010): Peer-Education – Ziele, Möglichkeiten und Grenzen. In: Harring, M./Böhm-Kasper, O./Rohlfs, C./Palentien, C.: Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen. Peers als Bil-dungs- und Sozialisationsinstanzen. VS-Verlag. S. 407-421

• Kuhnke, R./Reißig, B. (2007): Schülerinnen und Schüler auf dem Weg von der Schule in die Be-rufsausbildung. Bericht zur Basiserhebung der Kommunalen Schulabsolventenstudien in den Städ-ten Leipzig, Halle, Jena und Frankfurt (Oder). München/Halle: DJI

• Lörz, M./Quast, H./Woisch, A. (2011): Bildungsintentionen und Entscheidungsprozesse. Forum Hochschule: Hannover, 14/11

• Lüpschen, N./von Salisch, M./Kanevski, R. (2012): Ganztagsschule. Ort der Freundschaft. Inform 1/2012. LVR-Landesjugendamt Rheinland. S. 16-20

• Opp, G./Teichmann, J. (Hrsg.)(2008): Positive Peerkultur. Best Practices in Deutschland. Bad Heil-brunn: Klinghardt Verlag

• Probst, J. (2010): Positive Peerkultur in der Berufsorientierung. Frankfurt am Main: Deutsches Insti-tut für internationale pädagogische Forschung

POSITIVE PEERKULTUR - Ein pädagogischer Arbeits-ansatz mit Jugendlichen Autor: Prof. Dr. Günther Opp, Universität Halle Pädagogisches Handeln und Denken basiert auf der Vorstellung einer Dis-parität zwischen den Kompetenzen und dem Wissen Erwachsener und der nachwachsenden Generation, die durch Erziehung auszugleichen sei. Die Aufgabe der Erziehung wird im Wesentlichen durch Erwachsene übernom-men und in der Denkfigur des pädagogischen Bezugs gefasst. Dabei gerät leicht in den Hin-tergrund wie bedeutend Spielkameraden, Freundinnen und die Welt der Gleichaltrigen für die kindliche Sozialisation sind. Während die Beziehungen zu Erwachsenen immer asymmetrisch strukturiert sind, können Kinder in Peergruppen gleiche Ansprüche auf Berücksichtigung zur Geltung bringen. Gleichaltrige Spielpartner fordern Kinder heraus, sich der eigenen Perspek-tive „... in ihrer Verschiedenheit von der des Gegenübers bewusst zu werden und Kooperation auf Wechselseitigkeit zu gründen“ (Krappmann 1998, 355). Letztlich ist diese Reziprozität die Grundlage von Freundschaften und Vertraulichkeit die auch für Jugendliche wichtige Entwick-lungspotentiale sind. Youniss (1994) berichtet: „Die Vertraulichkeit der wechselseitigen Selbstentblößung diente zunächst dazu, durch die Kommentare einer anderen Person größere Klarheit über sich selbst zu gewinnen. Dies führte zweitens dazu, dass Freunde sich brauchen, um sich gegenseitig zu bestätigen. ... Die Ju-gendlichen betonten, dass man häufig andere Menschen benötige, um besser zu begreifen oder klarer zu sehen, was in einem selbst vorgehe. Sie gaben an, dass Verstehen dadurch erreicht werden konnte, dass man ‚seine Gefühle ausdrückte’ ‚Probleme besprach’, ‚Meinun-gen teilte’, ‚Lösungen gemeinsam erarbeitete’.“ (89 f). Genau darin könnten sich die Beziehungen Jugendlicher zu Erwachsenen und zu Gleichaltri-gen unterscheiden. Die Erwachsenen bleiben wichtig aber ihre Verständigungsversuche mit

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Jugendlichen setzen doch viel mehr an pädagogischen Zielsetzungen, anderen Alltagswelten und Lebenserfahrungen an. Jugendliche Selbstbildungsprozesse sind stark eingebunden in Gemeinschaftserfahrungen und soziale Austauschprozesse mit Gleichaltrigen. Mit dem Aus-maß schulischer Probleme, sozialer Ausgrenzungserfahrungen, familiärer Gewalterfahrungen und persönlichen Belastungen wächst die Bedeutung von Cliquen als Schicksalsgemein-schaften. Hochbelastete Jugendliche können von stärkenden Peergruppenkontexten in be-sonderer Weise profitieren. Negative Peerkultureinflüsse werden umgekehrt für Jugendliche in prekären Lebenslagen zu einem zusätzlichen Risiko. Die Peergruppe ist eine Art Resonanzkörper für das Austesten der Chancen auf Anerkennung eigener Gefühle, Wünsche und Kompetenzen. Was Anerkennung oder Ablehnung findet, ist dabei unsicher, muss erkundet werden. Die Vorstellung von Jugendlichen darüber, wer sie sind, wer sie sein wollen oder wie sie von anderen gesehen werden wollen, unterscheidet sich in den unterschiedlichen Lebensbereichen der Familie, der Arbeitsstelle, der Schule und der Clique. Die Bilder und Wertsysteme formen sich noch. „Unsicherheit und ambivalente Einschätzungen sind nicht die Ausnahme sondern die Regel“ (Eckert 2012, 11). Dabei geht es um die Anerkennung und den Respekt, den man unabhängig von Erwachsenen vor allem im Peergruppen und Cliquen sucht und finden muss. Jugendliche (Selbst)Sozialisation voll-zieht sich zu großen Teilen in den Gleichaltrigengruppen. Die pädagogische Vorstellung des Pädagogischen Bezugs ist nach alldem keine ausreichen-de Denkfigur für das Verständnis und die pädagogische Praxis mit Jugendlichen. In dieser Feststellung liegt eine weitreichende Kritik an den pädagogischen Verhältnissen mit Jugendli-chen, die nach Selbstständigkeit streben und sich von den Erwachsenen nicht mehr unbe-dingt „er-ziehen“ lassen wollen. Die traditionelle diadische Vorstellung eines pädagogischen Bezugs zwischen Zögling und Erwachsenem sollten auf ein triadisches Modell unter Ein-schluss der Peergruppe erweitert werden. Die Peers sind dabei nicht nur Freunde oder Gleichaltrige, sondern „diejenigen des gleichen Alters, die für die Orientierung des eigenen Verhaltens relevant sind, ...die Tag für Tag miteinander zurecht kommen müssen...“ (Breidenstein & Kelle 2002, 319). Dabei geht es um Alltagspraktiken der „Vergemeinschaftung und Abgrenzung“ (321) in denen Identitäten ausgehandelt und gebildet werden können. Positive Peerkultur Eine negative Sichtweise hat die Wahrnehmung jugendlicher Peergruppeneinflüsse durch die Erwachsenen über lange Zeit geprägt. Natürlich gibt es negative Peerkulturen, die die Ent-wicklungschancen von Jugendlichen stark belasten. Andererseits sind Freundschaften und gelingende Peereinbindungen in positiven Gruppenzusammenhängen für die Bewältigung der jugendlichen Entwicklungsaufgaben unverzichtbar. Die Peergruppe kann gerade auch für hochbelastete Jugendliche zu einer stärkenden Ressource werden, wenn sie (1) der Entwick-lung von funktionalen Alltagskompetenzen dient (2) als sicherer sozialer Raum erlebt wird, (3) in dem man fürsorgliche Unterstützung nicht nur für sich selbst finden, sondern auch anderen anbieten kann und (4) in denen sinnvolle subjektive und kollektive Handlungshorizonte entwi-ckelt werden können. Der Begriff der Peerkultur verbindet sich dabei mit der Vorstellung von ritualisierten Konfliktaushandlungen, in denen schwächere Gruppenmitglieder vor den Stärke-ren durch die Gemeinschaft geschützt werden und eventuell auch deren Unterstützung erfah-ren. Dabei geht es um die Reziprozität der Forderungen und Erwartungen die das Individuum an die Gemeinschaft und umgekehrt, die die Gemeinschaft an das Individuum stellt. Das So-ziale ist immer ein einschränkendes und gleichzeitig ein ermöglichendes Prinzip des Zusam-menlebens und der Individuation. Die Grundlage sozialer Kooperation ist in diesem Zusam-menhang weniger der Konsens zwischen den Akteuren als vielmehr die Ritualisierung gelin-gender Konfliktaushandlungsprozesse auf partizipativer Grundlage im Gruppenkontext. Die Praxis Positiver Peerkultur kann in geteilten Lebenswelten (Schule, Ausbildungsstätte, Wohn-

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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gruppe) aber auch in Formen lebensweltübergreifender sozialer Gruppenarbeit angesiedelt werden. Das pädagogische Konzept Positiver Peerkultur basiert auf der Überzeugung, dass Kinder und Jugendliche in ihrem Streben nach Selbstbestimmung Verantwortung für sich und andere übernehmen können und wollen. Das Ziel ist die Entwicklung einer partizipativen Alltagskultur in der relevante und konflikthafte Themen unterschiedlicher Art im Peerkontext auf Lösungen hin diskutiert werden können. Grundlage dieser Aushandlungsprozesse sind ritualisierte Ab-laufverfahren die von den Pädagoginnen und Pädagogen eingeführt und modelliert werden. Das Konzept Positiver Peerkultur unterscheidet sich von pädagogischen Konfrontationsätzen insofern als es eine gegenseitige Unterstützung im Sinne fürsorglicher Gemeinschaften an-strebt. Es geht nicht um Konfrontation und Strafe sondern um die Frage, wie die Gruppe an der Lösung von (individuellen) Problemen unterstützend beteiligt werden und Mitverantwor-tung übernehmen kann. Praxis Positiver Peerkultur In der Regel treffen sich die Jugendlichen einmal in der Woche zu einem etwa einstündigen Gruppengespräch (Opp & Unger 2006). Jeder Jugendliche bringt zu Beginn der Stunde ein Problem ein, das er mit den anderen besprechen möchte. Die Gruppe entscheidet dann wel-ches Thema in dieser Stunde besprochen werden soll. Es folgt eine ausführliche Darstellung der Situation durch die Rat suchende Person, in der vor allem auch die erlebten Gefühle eine zentrale Rolle spielen. Die Nachfragen der anderen Teilnehmer, ermöglichen eine sachliche Diskussion über das Erlebte und die Suche nach Lösungsmöglichkeiten und Handlungsalter-nativen. Entscheidend ist, dass die Verantwortung für das Problem sowie für ein weiteres Vorgehen bei der Rat suchenden Person bleibt und Entscheidungen weder von anderen Teil-nehmern noch von den Moderatoren getroffen bzw. eingefordert werden. Bei Themen, die die Gruppe betreffen, muss die Frage gestellt werden, welche Rolle die Gruppe bei der Entste-hung des Problems spielte. Grundsätzlich ist die Gruppe immer aufgefordert, darüber nach-zudenken, welche Unterstützung und Hilfen sie als Gruppe ihren Mitgliedern anbieten kann. Dadurch wird auch im Konfliktfall mit der Gruppe die Zugehörigkeit zur Gruppe sichergestellt. Nur unter der Bedingung der Mitgliedschaft kann die Gruppe Verantwortungsübernahme von ihren Mitgliedern einfordern. Eine Feedbackrunde zur Zufriedenheit aller Anwesenden mit dem Gruppengespräch komplet-tiert das Treffen. Zu Beginn der nächsten Stunde wird das besprochene Problem des zurück-liegenden Treffens kurz aufgegriffen, um die Teilnehmenden über den Fortgang der Ereignis-se zu informieren und um die Nachhaltigkeit der Gruppentreffen zu sichern. Existiert das Problem weiterhin, kann es erneut in der Themenvorstellung eingebracht werden, die sich an diesen kurzen Rückblick anschließt. Der Ablauf eines Peergruppengesprächs gliedert sich in fünf Schritte: 1. Begrüßung, Vorstellen der Gesprächsregeln und Rückblick 2. Themen vorstellen 3. Thema auswählen 4. Thema besprechen und Ratschläge sammeln 5. Abschluss-/Feedbackrunde. Die Jugendlichen lernen bei den Treffen, sich gegenseitig zuzuhören, sie erleben andere Ju-gendliche in Notlagen, die ihren eigenen Problemen vergleichbar sind und entwickeln alterna-tive Lösungs- und Verhaltensmöglichkeiten. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit kann über Zeit gestärkt werden. Die Jugendlichen engagieren sich in der reflexiven Verarbeitung von All-tagserfahrungen und erleben Verständnis und Solidarität im sozialen Kontext der Peergruppe. Das Gefühl der Zugehörigkeit ist dabei die Grundlage der Verantwortungsübernahme für das eigene Verhalten und die Bereitschaft anderen zu helfen. Die Konfrontation durch die Gruppe ist ein Teil dieser Verarbeitungsprozesse. Entscheidender ist aber die Herausforderung soli-

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darischer Unterstützung durch die Gruppe. Positive Peerkultur zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die Gemeinschaft herausgefordert wird, ihre Akteure bei der reflexiven Bearbeitung und praktischen Bewältigung von Problemen und Alltagsherausforderungen solidarisch zu unterstützen. Beispiel: Tom berichtet, dass er das Privatauto seines Chefs waschen musste. Er empfindet das als demütigend, weil es nicht zu den Aufgaben gehört, die ein Lehrling erfüllen muss. Tom fragt die Gruppe, wie er damit umgehen soll. Mehrere Jugendliche berichten von glei-chen Erfahrungen. Es wird diskutiert, ob man sich dieser Forderung widersetzen soll. Letztlich kommt man überein, dass es für den Fortgang der Lehre besser ist, wenn man den Streit mit dem Chef an dieser Stelle vermeidet. Die gefühlte Degradierung und Kränkung die mit dem Waschen des Privatautos eines Chefs verbunden ist, konnte durch einen solidarischen Effekt aufgelöst werden, der darin bestand, dass andere Lehrlinge in der Gruppe die gleiche Erfah-rung machten. Zusammenfassung Der Arbeitsansatz Positiver Peerkultur hat seinen Ausgangspunkt in der Überlegung, dass die Gleichaltrigen einen prägenden Einfluss aufeinander ausüben. Kultur meint dabei eine Form des Zusammenlebens, in der die Gemeinschaft den Schwächeren vor dem Stärkeren schützt. Angestrebt wird eine Kultur des Zusammenlebens, in der man die eigenen Sorgen und Nöte anderen „mit-teilen“ kann, die diese oft aus eigenen Erfahrungen und Lebenserfahrungen heraus kennen und dadurch auch verstehen können. Entscheidend ist dabei nicht nur die Erfahrung, dass man über eigene Ängste und Probleme sprechen kann, sondern vor allem die reziproke Erfahrung von Hilfe, von der man selbst profitieren und die man anderen anbie-tet. Anderen helfen zu können, ist vermutlich die wichtigste menschliche Erfahrung, die man machen kann. Sie vermittelt nicht nur Selbstwert und Anerkennung, sondern auch Sinnhori-zonte für das eigene Leben. Die Peergruppe könnte so zu einer Art Inklusionsmilieu vor allem auch für Jugendliche werden, die in hoch belasteten Lebenswelten wenig Zugang zu soziale Ressourcen haben. Positive Peerkultur ist ein Möglichkeitsraum gelingender Sozialisations-prozesse. Positive Peerkultur ist ein pädagogisches Konzept, dass in unterschiedlichen pädagog-ischen Settings und unter unterschiedlichen Ausgangsbedingungen flexibel konzipiert und eingesetzt werden kann (Opp & Teichmann 2008). Im Prinzip beschreibt das Konzept Positiver Peerkul-tur einen sozialen Rahmen des Zusammenlebens. Dieser Rahmen ist ein System kollektiver Reflexion und sozialer Unterstützung, der es den Jugendlichen ermöglichen soll, zunehmend Verantwortung für ihre Entwicklungsaufgabe und für eine autonome Lebensführung zu über-nehmen. Was zunächst einfach klingt ist in der praktischen Umsetzung nicht ohne Fallstricke. Für die Jugendlichen ist dies eine Form pädagogischer Arbeit, die erst einmal alltäglich wer-den muss. Gruppenvertrauen kann nicht eingefordert werden. Es entsteht aus Erfahr-ungen. Für die Pädagoginnen und Pädagogen verbindet sich die Praxis Positive Peerkultur mit neuen professionellen Selbstbeschreibungen. Die Aufgabe der Pädagoginnen und Pädagogen im Rahmen Positiver Peerkultur ist die Entwicklung und Begleitung ritualisierter Gesprächsrun-den und eine Moderation der Peergruppentreffen, die es Jugendlichen er-möglicht empa-thisch, solidarisch und lösungsorientiert über ihre Themen miteinander zu sprechen. Die Akti-vität liegt bei den Jugendlichen und die Verantwortung wird bei den Jugendlichen belassen. Die Professionellen moderieren diese Prozesse. Sie schaffen sich dadurch Freiräume für an-derweitige individuelle Hilfestellungen die nach wie vor eine zentrale Aufgabe ihrer pädagogi-schen Arbeit bleiben. Erfahrungsgemäß erfordert diese Ent-wicklung neuer professioneller Selbstbeschreibungen eine umfassendere systematische Unterstützung und Begleitung der Pädagoginnen und Pädagogen in ihren direkten Arbeitsfeldern. LITERATUR

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Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer

• Breidenstein G. & Kelle H., Die Schulklasse als Publikum. Zum Verhältnis von Peer Culture und Unterricht. In: Die Deutsche Schule. 2002 (94), 318

• Eckert R., Die Dynamik jugendlicher Gruppen. Über Zugehörigkeit, Identitätsbildung und Konflikt. Weinheim: Beltz Juventa 2012

• Krappmann L., Sozialisation in der Gruppe der Gleichaltrigen. In: Hurrelmann K., Ulich D. (Hrsg.), Handbuch Sozialisationsforschung. Weinheim: Beltz 1998, 355

• Opp G. & Unger N., Kinder stärken Kinder. Positive Peer Culture in der Praxis. Hamburg: Körber Edition 2006

• Opp G. & Teichmann J. (Hrsg.), Positive Peerkultur. Best Practices in Deutschland. Bad Klinkhardt 2008

• Youniss J., Soziale Konstruktion und psychische Entwicklung. Frankfurt: Suhrkamp 1994

Der Peer-Ansatz in der GewaltpräventionAutor/inn/en: Dr. Dirk Rohr und Dr. Sarah Strauß Gewalt und Gewaltprävention im Fokus In der aktuellen Fach- und Öffentlichkeitsdebatte steht Jugendgewalt stark im Fokus. Die Medien berichten ghäuft von Gewalttaten, die durch Jugendliche und junge Erwachsene verübt werden. Es ensteht der Eindruck, dass die Zahl der Gewalttaten in den letztenangestiegen ist. Dies entspricht jedoch nicht den aktuellen Ergebnisse aus großen Studien (vgl. Baier et. al 2009). Die Häufigkeit von Jugendgewalt verzeichnet eine Stagnation, zum Teil sogar einen Rückgang. Trotzdem wird jeder Praktiker aus seinen eigenen Erfahrungen heraus bestätigen, dass Jgendgewalt ein wichtiges und tagtägliches Thema bei der Arbeit mit jungen Menschen ist. Bsonders Schulen stehen zum Teil mit Einführung des Ganztages vor neuen sozialpädagogschen Herausforderungen. Auf Basis der Erfahrung, dass rein sanktionierende Maßnahmen langfristig wenig erfolgreich sind, stellen Peer Jugendalter Jugend stellt eine ganz besondere Entwicklungsphase dar. Viele Talente abertreten hier erstmals auf. Heute dient die Jugend nicht mehr nur noch der Vorbereitung auf das Erwachsenenalter, sondern lässt Raum für eigenständige Interessen und Betätigungen und stellt eine eigene Entwicklungsphase dar. Die Gleichaltrigenganz besondere Bedeutung, da sie zahlreiche, für eine gesunde Entwicklung wichtige Aufgben übernehmen kann. Bedeutung der Peer-Group Die Gleichaltrigengruppe als Lernfeld hat in der Moderne stark an Bedeutung gewonnen. ein Grund dafür kann die Expansion des Bildungswesens gesehen werden, da durch das Zsammenführen von Kindern und Jugendlichen in Altersjahrgängen und der Verlängerung der Ausbildungszeiten ein großes Kontaktfeld entstanden ist (vgl. Fend 2003, 304). Zkann die Familie als „unvollständiges Curriculum“ (ebd.) heute nicht mehr alle Aufgaben erfülen, die für eine gelungene Entwicklung nötig sind, so dass die Gruppe der Gleichaltrigen nben der Familie den wichtigsten Sozialisationskontext von Juggend zunehmend zu ihrer eigenen Bezugsgröße wird. Die Struktur von Peerbeziehungen

Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Breidenstein G. & Kelle H., Die Schulklasse als Publikum. Zum Verhältnis von Peer Culture und Schule. 2002 (94), 318-329

Eckert R., Die Dynamik jugendlicher Gruppen. Über Zugehörigkeit, Identitätsbildung und Konflikt. Weinheim: Beltz Juventa 2012 Krappmann L., Sozialisation in der Gruppe der Gleichaltrigen. In: Hurrelmann K., Ulich D. (Hrsg.),

dbuch Sozialisationsforschung. Weinheim: Beltz 1998, 355-377 Opp G. & Unger N., Kinder stärken Kinder. Positive Peer Culture in der Praxis. Hamburg: Körber

Opp G. & Teichmann J. (Hrsg.), Positive Peerkultur. Best Practices in Deutschland. Bad

Youniss J., Soziale Konstruktion und psychische Entwicklung. Frankfurt: Suhrkamp 1994

der Gewaltprävention en: Dr. Dirk Rohr und Dr. Sarah

Gewalt und Gewaltprävention im Fokus

und Öffentlichkeitsdebatte steht Jugendgewalt stark im Fokus. Die Medien berichten ge-häuft von Gewalttaten, die durch Jugendliche und junge Erwachsene verübt werden. Es ensteht der Eindruck, dass die Zahl der Gewalttaten in den letzten Jahren und Monaten stark angestiegen ist. Dies entspricht jedoch nicht den aktuellen Ergebnisse aus großen Studien (vgl. Baier et. al 2009). Die Häufigkeit von Jugendgewalt verzeichnet eine Stagnation, zum Teil

raktiker aus seinen eigenen Erfahrungen heraus bestätigen, dass Jgendgewalt ein wichtiges und tagtägliches Thema bei der Arbeit mit jungen Menschen ist. Bsonders Schulen stehen zum Teil mit Einführung des Ganztages vor neuen sozialpädagog

derungen. Auf Basis der Erfahrung, dass rein sanktionierende Maßnahmen langfristig wenig erfolgreich sind, stellen Peer-Projekte möglicherweise eine Alternative dar.

Jugend stellt eine ganz besondere Entwicklungsphase dar. Viele Talente abertreten hier erstmals auf. Heute dient die Jugend nicht mehr nur noch der Vorbereitung auf das Erwachsenenalter, sondern lässt Raum für eigenständige Interessen und Betätigungen und stellt eine eigene Entwicklungsphase dar. Die Gleichaltrigengruppe hat in dieser Zeit eine ganz besondere Bedeutung, da sie zahlreiche, für eine gesunde Entwicklung wichtige Aufg

Die Gleichaltrigengruppe als Lernfeld hat in der Moderne stark an Bedeutung gewonnen. ein Grund dafür kann die Expansion des Bildungswesens gesehen werden, da durch das Zsammenführen von Kindern und Jugendlichen in Altersjahrgängen und der Verlängerung der Ausbildungszeiten ein großes Kontaktfeld entstanden ist (vgl. Fend 2003, 304). Zkann die Familie als „unvollständiges Curriculum“ (ebd.) heute nicht mehr alle Aufgaben erfülen, die für eine gelungene Entwicklung nötig sind, so dass die Gruppe der Gleichaltrigen nben der Familie den wichtigsten Sozialisationskontext von Jugendlichen darstellt und die Jgend zunehmend zu ihrer eigenen Bezugsgröße wird.

Die Struktur von Peerbeziehungen

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Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Breidenstein G. & Kelle H., Die Schulklasse als Publikum. Zum Verhältnis von Peer Culture und

Eckert R., Die Dynamik jugendlicher Gruppen. Über Zugehörigkeit, Identitätsbildung und Konflikt.

Krappmann L., Sozialisation in der Gruppe der Gleichaltrigen. In: Hurrelmann K., Ulich D. (Hrsg.),

Opp G. & Unger N., Kinder stärken Kinder. Positive Peer Culture in der Praxis. Hamburg: Körber

Opp G. & Teichmann J. (Hrsg.), Positive Peerkultur. Best Practices in Deutschland. Bad Heilbrunn:

Youniss J., Soziale Konstruktion und psychische Entwicklung. Frankfurt: Suhrkamp 1994

häuft von Gewalttaten, die durch Jugendliche und junge Erwachsene verübt werden. Es ent-Jahren und Monaten stark

angestiegen ist. Dies entspricht jedoch nicht den aktuellen Ergebnisse aus großen Studien (vgl. Baier et. al 2009). Die Häufigkeit von Jugendgewalt verzeichnet eine Stagnation, zum Teil

raktiker aus seinen eigenen Erfahrungen heraus bestätigen, dass Ju-gendgewalt ein wichtiges und tagtägliches Thema bei der Arbeit mit jungen Menschen ist. Be-sonders Schulen stehen zum Teil mit Einführung des Ganztages vor neuen sozialpädagogi-

derungen. Auf Basis der Erfahrung, dass rein sanktionierende Maßnahmen Projekte möglicherweise eine Alternative dar.

Jugend stellt eine ganz besondere Entwicklungsphase dar. Viele Talente aber auch Probleme treten hier erstmals auf. Heute dient die Jugend nicht mehr nur noch der Vorbereitung auf das Erwachsenenalter, sondern lässt Raum für eigenständige Interessen und Betätigungen und

gruppe hat in dieser Zeit eine ganz besondere Bedeutung, da sie zahlreiche, für eine gesunde Entwicklung wichtige Aufga-

Die Gleichaltrigengruppe als Lernfeld hat in der Moderne stark an Bedeutung gewonnen. Als ein Grund dafür kann die Expansion des Bildungswesens gesehen werden, da durch das Zu-sammenführen von Kindern und Jugendlichen in Altersjahrgängen und der Verlängerung der Ausbildungszeiten ein großes Kontaktfeld entstanden ist (vgl. Fend 2003, 304). Zusätzlich kann die Familie als „unvollständiges Curriculum“ (ebd.) heute nicht mehr alle Aufgaben erfül-len, die für eine gelungene Entwicklung nötig sind, so dass die Gruppe der Gleichaltrigen ne-

endlichen darstellt und die Ju-

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Peerbeziehungen sind in der Regel durch ein symmetrisches Verhältnis zueinander gekenn-zeichnet. Das bedeutet, dass im Vergleich zu dem Verhältnis zwischen Erwachsenen und Ju-gendlichen in der Regel keine der beiden Seiten über ein deutliches Übergewicht an Können, Erfahrung und Ressourcen verfügt und das Verhältnis durch Kooperation und Egalität ge-kennzeichnet ist (vgl. Krappmann 1996, 101). So besteht zwischen Gleichaltrigen kein institu-tionalisiertes Machtgefälle wie zum Beispiel in der Schule zwischen Lehrern und Schülern so-wie Sozialarbeitern bzw. Schulpsychologen und Schülern. Aufgrund des verwandten Entwicklungsstandes besteht meist eine geringe Lebensstildiffe-renz, durch die es zu einem leichteren, schnelleren und vollständigerem Verständnis zwischen Gleichaltrigen kommen kann, als zwischen Erwachsenen und Jugendlichen (vgl. Salisch & Seiffge-Krenke 1996). Beziehungen zwischen Gleichaltrigen sind zudem nicht automatisch gegeben, wie zum Bei-spiel zwischen Eltern und Kind, sondern müssen erarbeitet werden. Die Beziehungen sind in der Regel freiwillig, beinhalten keine Zielvorgaben und können jederzeit beendet werden. In der Gruppe der Gleichaltrigen werden die Jugendlichen als vollwertige Mitglieder mit vollen Rechten und Pflichten wahrgenommen. Gleichaltrige haben aufgrund der besonderen Struktur der Beziehung mehr Einsicht in und Verständnis für Probleme und Sorgen anderer Gleichaltriger. Erwachsene bewerten manche Probleme aus ihrer Lebenserfahrung heraus als weniger gravierend und können bestimmte Sachverhalte nicht (mehr) nachvollziehen, so dass den Jugendlichen das Gefühl vermittelt wird, nicht ernst genommen oder auch nicht verstanden proJugend 2/2010 zu werden. Die Mitglieder einer Peer-Group sind mit vergleichbaren Schwierigkeiten konfrontiert und können sich gegenseitig meist besser verstehen und unterstützen. Funktionen der Gleichaltrigengruppe Die Gleichaltrigengruppe erfüllt in der Adoleszenz eine Reihe von spezifischen Funktionen, die von der Familie oder Erwachsenen nicht erfüllt werden können. Sind Jugendliche heute nur mangelhaft oder gar nicht in Peer- Beziehungen eingebunden, so kann das auf ein Defizit in der Entwicklung hinweisen. Der Gleichaltrigengruppe kann somit ein entwicklungsförderliches Potential zugesprochen werden. Eine Besonderheit ist dabei, dass diese Weiterentwicklung ‚heimlich’ geschieht. „Es erfolgt eine automatisch in der Gruppe stattfindende Sozialisation partiell hinter dem Rücken der Akteure, die sehr viel tiefere persönlichkeitsstiftende Spuren hinterlässt, als jede intentional gesteuerte Erziehung“ (Bauch 1997, 8-9). Die Gleich-altrigengruppe hat beispielsweise Einfluss auf die Identitätsentwicklung, die Ablösung vom Elternhaus, die Entwicklung von Aushandlungsprozessen oder das Sozialverhalten. Risiken Letztendlich stellt die Gleichaltrigengruppe jedoch nicht nur ein positives Entwicklungspotential dar, sondern kann durch ihre Dynamik und besondere Bedeutung unter bestimmten Voraus-setzungen auch die Entwicklung beeinträchtigen oder gefährden. So können Gleich-altrigengruppen deviantes Verhalten initiieren und unterstützen. Dazu zählen zum Beispiel Alkohol- und Drogengebrauch oder auch Gewalt- oder Diebstahlsdelikte. Auch Mutproben in Form von Verhaltensweisen, wie ‚S-Bahn-Surfen’, ‚Gleisroulette’ usw. treten zwar nicht ge-häuft auf, wenn sie aber auftreten, dann fast ausschließlich im Zusammenhang mit Gleichaltrigengruppen. So weist Stoner (1961) auf das ‚Risky-Shift-Phänomen’ hin, welches beschreibt, dass kollektiv von Gruppen gefällte Entscheidungen riskanter ausfallen, als die Entscheidungen jedes ein-zelnen Gruppenmitgliedes. Hier scheint besonders das männliche Geschlecht anfällig zu sein. Außerdem schließen sich männliche Jugendliche viel eher zu devianten Gruppen zusammen. Für den Bereich Gewalt muss dies in der Konzeptionierung von Präventionsprojekten berück-sichtigt werden.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Chancen von Peer-Ansätzen Möchte man Jugendliche in Präventionsprojekten besser erreichen, ist die Gleichaltrigen-gruppe von großer Bedeutung. Sowohl Problembewältigungsstrategien, als auch Risikoverhal-ten wird von diesem Personenkreis bestimmt. Dabei gilt es besonders die konstruktiven Po-tentiale im Blick zu halten und zu nutzen. Was brauchen Peer-Projekte in der Gewaltprävention, um erfolgreich zu sein? Voraussetzung Peer-Projekte im Bereich Gewaltprävention benötigen spezielle Strukturen, um erfolgreich zu sein und tatsächlich Wirkungen bei den Teilnehmenden zu erreichen: • Die freiwillige Teilnahme aller Beteiligten stellt eine wünschenswerte Voraussetzung dar,

obwohl diese im Bereich Gewaltprävention besonders zu Beginn nicht immer gegeben ist, da die Jugendlichen häufig von Eltern, Schule oder auch durch richterliche Auflagen zur Teilnahme gedrängt werden.

• Eine grundlegende Voraussetzung ist die Akzeptanz und Anerkennung des Expertenstatus von Jugendlichen in eigenen Belangen von allen Beteiligten.

• Darauf aufbauend ist die Beziehungsarbeit mit den ehemals gewaltauffälligen jugendlichen Peer-Educators wesentlich, damit diese sich zu kompetenten Präventionsbotschaftern entwickeln können.

• Eng verbunden ist damit eine klare und verlässliche Rahmenstruktur mit festen Regeln, Grenzen und Rahmenbedingungen. Kontinuität und Verlässlichkeit sind etwas, das die meisten gewaltauffälligen Jugendlichen bisher kaum in ihrem Lebensumfeld erfahren ha-ben. Verlässliche Rahmenbedingungen, zu denen auch klare und eindeutige Regeln gehö-ren, verschaffen eine Basis an Sicherheit und Voraussehbarkeit, welche die Zusammenar-beit von Jugendlichen und begleitenden Pädagogen entlastet.

• Wichtig ist zudem, dass die jugendlichen Peer-Educators in ihrer Präventionstätigkeit An-erkennung bekommen und somit einen Ersatz für die (negative) Aufmerksamkeit, die sie bisher durch ihre Gewalttätigkeit erfahren haben.

• Um bei den Peer-Educators nachhaltige Effekte zu erreichen, hat sich eine enge Bildungs-begleitung und die Kooperation mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen als sehr förderlich erwiesen. Es besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der schulischen / beruflichen Einbindung beziehungsweise dem erreichten Erfolg und der ‚Karriere’ als pro-Jugend 2/2010 Gewalttäter. Gewaltauffällige Jugendliche und junge Erwachsene haben häufig keinen Schulabschluss, keine Ausbildung oder festen Arbeitsplatz. Mit Verbesse-rung des Bildungsabschlusses beziehungsweise dem Übergang in eine Ausbildung oder einen Beruf, nimmt das gewalttätige Verhalten häufig ab.

• Schlussendlich sind gut ausgebaute Netzwerkstrukturen und die Kooperation mit verschie-densten pädagogischen und nicht-pädagogischen Institutionen sowie Öffentlichkeitsarbeit unerlässlich.

Standards für Peer-Projekte Peer-Projekte oder Peer-Ansätze benötigen eine besondere und eine besonders gute Organi-sation. Ein ausdrücklicher Focus liegt hier auf der Adaption und Weiterentwicklung der von Charles Deutsch und Charlene Swartz 2002 ausgearbeiteten und inzwischen durch Deutsch und Rohr (2010) modifizierten und angepassten Standards für Peer-Projekte, den sogenann-ten ‚S.T.E.P.P.s’ („Standards Towards Excellent Peer Programms“). Die Peer-Standards wur-den aufgrund eines Mangels an internationalen und nationalen Normen für Peer- Projekte entwickelt. Die Überprüfung, Anwendung und Verbreitung von allgemein gültigen Standards

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

verspricht eine Qualitätsentwicklung von Peer-Projekten. Darüber hinaus ist eine Vergleich-barkeit gewährleistet. Die zehn S.T.E.P.P.s im Einzelnen (vgl. Deutsch/Swartz 2002 und Deutsch/Rohr 2010): S.T.E.P.P. 1 Planung: Haben Sie einen ausführlichen/ detaillierten Aktionsplan, basierend auf dem tatsächlichen/ eigentlichen/ derzeitigen Bedarf, mit klaren messbaren Zielen? S.T.E.P.P. 2 Mobilisierung: Erhalten Sie Engagement, Verständnis und Unterstützung von der Leitung Ihrer Institution/ Gemeinde, in der Sie arbeiten? Gibt es gemeinsame Visionen, Struk-turen und Ressourcen? S.T.E.P.P. 3 Trainer-Infrastruktur: Wurden Trainer (professionelle Begleiter/ Pädagogen) sorg-fältig ausgewählt und ggf. nachgeschult (im Bereich Lehren und lernen, im Bereich Gewaltprä-vention, im Bereich Peer-Ansatz)? S.T.E.P.P. 4 Verbindung/ Verknüpfung: Haben Sie die Partner- und Unterstützungsstrukturen berücksichtigt/ eingearbeitet, die Sie für das Programm benötigen? S.T.E.P.P. 5 Lern- bzw. Schulungsprogramm: Ist Ihr Lehrplan/ Curriculum ein aktueller/ effek-tiver, getesteter Lehrplan, der offen ist für das Expertentum der Peer-Educator, der in ange-messenem/adäquatem Maß und in geeigneter/ angebrachter Folge interaktive Methoden nutzt (z.B. Rollenspiele)? S.T.E.P.P. 6 Peer-Educator Infrastruktur: Wurden Peer- Educator sorgfältig ausgewählt, aus-gebildet und beauftragt, mit klar definierten Rollen, Leistungsstandards und aufgeteilter/ ge-staffelter Verantwortung? S.T.E.P.P. 7 Management: Sind Peer-Educator und Trainer gut verwaltet/ strukturiert/ geleitet? Ist die Förderung/ Ausbildung der Peer-Educator quantifizierbar und effektiv? S.T.E.P.P. 8 Anerkennung und Empfehlung/Akkreditierung: Gibt es Mechanismen der Akkredi-tierung und Belohnung, um Wachstum, Entwicklung und Fortschritt für Peer-Educator und Trainer sicherzustellen? S.T.E.P.P. 9 Begleitung und Bewertung: Haben Sie einen realistischen Beobachtungs- und Bewertungsplan, eine ausführliche Prozess-Evaluation, die Reflexion, Supervision und eine Dokumentations- und Informations- Handhabung/Verwaltung umfasst? S.T.E.P.P. 10 Nachhaltigkeit: Haben Sie einen praktischen und nachhaltig wirksamen Plan, der sich mit Lernfähigkeit, Öffentlichkeitsarbeit, Supervision, Personal und Finanzierung be-fasst? Prozess- und Ergebnisevaluation Peer-Ansätze entspringen einer gewissen idealistischen – oder sagen wir optimistischen – Perspektive. Desto wichtiger ist die Überprüfung und wissenschaftliche Begleitung solcher Projekte, um tatsächliche Ergebnisse von erhofften zu unterscheiden. Die genannten S.T.E.P.P.s eignen sich sowohl zum Aufbau, als auch zur Begleitung von Prozessen, um den Verlauf eines Projektes möglichst früh in seinen Stärken und Schwächen zu erkennen und ggf. lenkend eingreifen zu können. Vergleichbar der Supervision – die wir übrigens ergänzend empfehlen – wird die Prozessoder auch Empowerment Evaluation (vgl. Fetterman/ Wanders-man 2005) im Alltag allzu leicht vergessen. Für Peer-Projekte sind aber auch qualitative und quantitative Ergebnisevaluationen dringend nötig: “In peer education even more than in others health and proJugend 2/2010 education, there is an immense gap between research, theory and practice. The fact of the matter is that there is very little sound research on peer education.” (Deutsch/Swartz 2002, 21) Grenzen von Peer-Ansätzen Zum Schluss möchten wir noch auf Grenzen und Kritikpunkte des Peer-Ansatzes aufmerksam machen. Die Einbeziehung von Gleichaltrigengruppen ist kein Ansatz, der leichtfertig über-nommen oder zu idealistisch betrachtet werden sollte. Empirisch gesehen gibt es immer noch

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

verhältnismäßig wenig klare Ergebnisse. Dies stellt auch gleichzeitig den ersten Kritikpunkt dar, der auf die bisher mangelnde empirische Nachweisbarkeit dieses Ansatzes hinweist. Es stellt sich die Frage, ob klassische Präventionsprogramme nicht vielleicht wirksamer oder gleich wirksam sind. Des Weiteren ist offen, ob Peer-Involvement tatsächlich eine Methode darstellt, die den beteiligten Jugendlichen Möglichkeiten zur Partizipation bietet, oder aber einen Eingriff in die jugendliche Subkultur darstellt, der einen stark instrumentellen Charakter hat und Jugendlichen einen Bedarf an Hilfe von außen zuschreibt. Es ist zu beachten, dass Jugendliche - auch der Kreis der gewalttätigen Jugendlichen - nicht als einheitliche Gruppe betrachtet werden können. Unterschiede in Kultur, Herkunft, Alter und nicht zuletzt Geschlecht sind wichtige Eigenschaften, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Von einigen Kritikern wird darauf hingewiesen, dass Peerbeziehungen in Peer-Involvement Projekten beschönigt dargestellt und verstanden werden und dass die Teilnahme an Peer-Involvement Projekten möglicherweise sogar negative Auswirkungen für Jugendliche haben kann. Nicht zuletzt ist anzumerken, dass es fragwürdig ist, ob die wirklich gefährdeten Jugendlichen und Subgruppen überhaupt durch Peer-Involvement erreicht werden können. Um trotz aller Bedenken unsere Überzeugung eines radikalen Peer-Ansatzes noch einmal herauszustellen, möchten wir mit folgendem Zitat schließen: „Peer group education ist keine Wunderwaffe, und doch mehr als nur die neueste Methode (...). Diese Methode ist jedoch ein Weg, um sich der Welt der Jugendlichen zu nähern und einen Lernprozess bei Präventionsfachleuten einzuleiten, in dem es darum geht, Jugendliche als Partner - und nicht nur als Zielgruppe pädagogischer Konzepte - zu achten. Wenn peer group education qualitativ reflektiert und durchgeführt wird, stellt sie eine Möglichkeit zur Mit-bestimmung Jugendlicher dar.“ (Koller 1999) Der vollständige Artikel ist erschienen in: proJugend 2/2010. Übernahme der Textaus-züge mit freundlicher Genehmigung der AutorInnen. LITERATUR • Baier, D.; Pfeifer, C.; Simonson, J.; Rabold, S. (2009): Jugendliche in Deutschland als Opfer und

Täter von Gewalt: Erster Forschungsbericht zum gemeinsamen Forschungsprojekt des Bundesmi-nisteriums des Innern und des KFN, Hannover: KFN. Fend, Helmut (2003): Entwicklungspsycholo-gie des Jugendalters. Opladen: Leske+Budrich

• Krappmann, Lothar. 1996. „Streit, Aushandlungen und Freundschaften unter Kindern“, in: Honig, Michael-Sebastian: Kinder und Kindheit. Weinheim: Juventa

• Salisch, Maria von; Seiffge-Krenke, Inge. 1996. „Freundschaften im Kindes- und Jugendalter: Kon-zepte, Netzwerke, Elterneinflüsse“. In: Psychologie in Erziehung und Unterricht. 2, 81-168

• Bauch, Jost. 1997. „Peer-Education und Peer-Involvement. Ein neuer Königsweg in der Gesund-heitsförderung?“ In: Prävention 2. 35-37.

• Deutsch C. and Swartz S. Rutanang (2002): Standards of Practice for Peer Education on HIV/AIDS in South Africa. Five volumes. Pretoria: South Africa Department of Health.

• Koller, Gerald. 1999. MEET THE NEED – Curriculum zur suchtpräventiven peer group education in der außerschulischen Jugendarbeit. Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.).

• Stoner, J. A. F. (1961). A comparison of individual and group decisions involving risk. Unpublished Master’s Thesis, Massachusetts Institute of Technology. McGuire, W. J. (1961). The effectiveness of supportive and refutational defenses in immunizing defenses. Sociometry, 24. Rogers, Everett M. (2003): Diffusion of innovations . - 5. ed. . - New York, NY [u.a] : Free Press.

• Deutsch, C., Rohr, D. (2010): Standards Towards Excellent Peer Programms, Cornell University Press (in Vorbereitung)

• David Fetterman & Abraham Wandersman (Hrsg.), 2005 Empowerment Evaluation Principles in Practice. New York: Guilford

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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• Deutsches Jugendinstitut: Unterrichtung über den Stand der Gewaltprävention in der Bundesrepub-lik Deutschland sowie über zentrale Handlungserfordernisse zu ihrer nachhaltigen Gestaltung (Be-richt zur Besprechung der Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder am 20. und 21. Sep-tember 2006)

Best Practice

Wenn Schüler zu Coaches für die Handynutzung werden: Das Peer-Projekt „Handy – lieb und teuer“ Autorinnen: Eva Hanel, Andrea Urban, Landesstelle Jugendschutz Nie-dersachsen Die Ausgangssituation Handy oder Smartphone sind in den letzten Jahren zu ständigen Begleitern von Schülerinnen und Schülern geworden. Laut JIM-Studie 2012 sind 96% der Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahren im Besitz eines Handys; 47% haben sogar ein Smartphone in der (Schul)tasche; in den mittleren Altersklasse der 14-17-Jährigen hat jeder Zweite ein internetfähiges Handy1. Die Nutzung der Geräte erfolgt weitgehend unkontrolliert durch Erwachsene. Zum Umgang mit dem Handy gehört das Wissen über die Risiken, die damit verbunden sind. Surfen im Netz oder der Download besonderer Klingeltöne oder Spiele, das Versenden von MMS oder Filmen und das Telefonieren ohne Limits können teuer werden. Doch die Ausei-nandersetzung mit den Kosten, die mit der mobilen Kommunikation verbunden sind, entfällt in vielen Familien. Gleichzeitig hält das Handy bzw. Smartphone Optionen bereit, für die viele Schüler und Ju-gendliche nur unzureichend gerüstet sind – Musik hören, fotografieren, filmen oder im Netz surfen, MMS oder SMS versenden, chatten oder Filme ansehen und weiterleiten. Mit der Zahl der Funktionen wachsen auch die Risiken, die mit der mobilen Kommunikation verbunden sind. Wenn per SMS Drohungen und Beschimpfungen weitergegeben werden, wenn gemeine Videos plötzlich im Netz kursieren oder wenn Gewaltfilme und Pornos versendet werden, wird das Handy auch zum Auslöser sozialer und rechtlicher Probleme. Diese Situation war 2008 der Ausgangspunkt für die Entwicklung des Präventions-Projektes „Handy – lieb und teuer“ durch die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen. Es richtet sich an 10-16-jährige Mädchen und Jungen, die vorrangig über die Schule und zusätzlich in Ein-richtungen der Jugendarbeit wie Jugendgruppen von Verbänden, Vereinen, Kirchen etc. er-reicht werden sollen. Lernziele Ziel des Präventionsprojektes „Handy – lieb & teuer“ ist es, den Schülern und Jugendlichen grundlegende Kenntnisse zum sicheren, kostenbewussten und gewaltfreien Umgang mit dem Handy und mit kostenpflichtigen Internetangeboten zu vermitteln. Dies geschieht in Form von Projekttagen in der Schule oder wird als Angebot in die Jugendarbeit integriert. Dabei werden Elemente der Konsumpädagogik und des Jugendmedienschutzes mit konkreten Informationen

1 Quelle: JIM-Studie 2912, Hg. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, S. 52

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

zu Kostenfallen und rechtlichen Konsequenzen bei Handy-Gewalt etc. verbunden. Die Schüler sollen • Kostenfallen wie Aboverträge und virtuelle Abzockangebote als solche identifizieren, selber

Informationen über rechtliche Bedingungen einholen und wissen, welche Käufe im Rahmen des Taschengeldparagraphen möglich sind;

• die Nutzung des eigenen Handys reflektieren: Vom vorteilhaften Vertragsabschluss bis zum Gebrauch der zahlreichen Funktionen alle Aspekte der Handynutzung durchdenken und bewusst entscheiden, was nötig und was unnötig ist;

• lernen, die Bedeutung der neuesten Handymodelle als Statussymbol kritisch zu hinterfragen;

• problematische Inhalte erkennen und wissen, dass diese nicht weitergegeben werden dürfen;

• sich nicht an Prügelfilmen beteiligen und den Opfern solcher Gewalthandlungen beistehen;

• Kenntnisse über das Urheber- und Persönlichkeitsrecht erwerben. Personal und Zielgruppen Das Projekt wird von Pädagoginnen und Pädagogen durchgeführt, die durch die LJS geschult wurden. Der Großteil dieser „Teamer“ sind zugleich auch durch die LJS ausgebildete Eltern-Medien-Trainer, die für aktuelle Medienthemen geschult worden sind. Ergänzt wurden die Teams durch Fachkräfte aus der Schuldnerberatung und der Gewaltprävention. Für die Schulen gliederte sich die Projektarbeit in drei Bausteine: 1. Informationsmodul 2. Projekttag 3. Elternarbeit Für die Jugendarbeit werden individuellere Formen der Präventionsarbeit angeboten, da hier kein starrer Klassenverband vorgegeben ist, sondern bei den Mädchen und Jungen für diese Präventionsarbeit geworben werden muss. Adressiert wurden in der schulischen Arbeit Kinder und Jugendliche der 7. und 8. Schulklas-sen, die dann in einer Peer-to-Peer-Maßnahme ihr Wissen an jüngere Schüler der 5. und 6. Klassen weitergeben sollten. Im Fokus der Jugendarbeit waren Mädchen und Jungen im Alter von 10 bis ca. 16 Jahren. Ebenfalls angesprochen wurden die Pädagoginnen und Pädagogen bzw. Fachkräfte der beteiligten Einrichtungen und die Eltern der Kinder, die am Projekt „Handy – lieb und teuer“ teilnahmen. Das Projekt begann im Juli 2008 und wird an allen Schulformen durchgeführt. Neben Haupt-, Realschulen, Gymnasien und Gesamtschulen sind einige Projekttage auch an verschiedenen Förderschulen realisiert worden. Bis heute haben mehr als 370 Projekttage an Schulen in Nie-dersachsen stattgefunden.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Grafik: Übersicht Schulformen

Schüler lernen von Schülern Ein wesentlicher Aspekt bei der Konzeption des Projektes war die Frage, wie Informationen zu einem Gegenstand, bei dessen Nutzung sich Schüler aus der „Generation Handy“ häufig den Erwachsenen überlegen fühlen, nachhaltig vermittelt werden können. Die Vermutung war, dass Schüler und Jugendliche eher verschlossen auf klassische Methoden der Wissens-vermittlung durch pädagogisches Personal reagieren. Im Unterschied dazu ermöglicht der Peer-Ansatz, der die Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige beinhaltet, eine leichtere Vermittlung und Annahme von Inhalten, die sehr nah an der Lebensrealität der Kinder sind. Denn welcher Erwachsene kann zum Beispiel glaubwürdig davon berichten, dass Klingeltöne auch selbst produziert oder auch kostenlos heruntergeladen werden können. Und welcher Pädagoge kann Tipps für kostenlose, attraktive Spiele für Handys geben? Der zweite Aspekt war die Frage, wie Informationen zum Umgang mit dem Handy so verankert werden können, dass sie nachhaltig im Bewusstsein der Schüler und Jugendlichen bleiben. Ein Wissen über kostenpflichtige Angebote ist nur von geringem Wert, wenn es angesichts einer attraktiven Download-Möglichkeit situativ „vergessen“ wird. Ein dritter Gesichtspunkt war die Beobachtung, dass die Handynutzung von Kindern vor allem in problembelasteten Familien selten begleitet wird.. Auch die Auseinandersetzung mit Downloads und anderen Angeboten findet selten in der Familie statt, sondern dann, wenn die jugendlichen Nutzer „unter sich“ sind. Aus diesen Überlegungen heraus lag der Schluss nahe, dass Informationen zu Risiken im Umgang mit dem Mobiltelefon oder Smartphone am besten angenommen werden, wenn sie innerhalb der Peer-Groups oder unter Gleichaltrigen verbreitet werden. Auf dieser Basis wurde von der LJS der Peer-Ansatz zur Grundlage für die Entwicklung eines Projektes zur Weitergabe von „Expertenwissen“ zum Umgang mit dem Handy gewählt. Eigene Inhalte schaffen Identifikation und verankern Wissen Eigene Inhalte schaffen, selber gestalten und die neu erworbene Medienkompetenz an Gleichaltrige weitergeben: Das Peer-Projekt setzt auf die Identifikation mit dem Thema, auf Kreativität und nachhaltige Wissensverankerung und rückt dabei die Kinder und Jugendlichen ins Zentrum.Für die Schulen gliedert sich die Projektarbeit in drei Bausteine, die im Folgenden beispielhaft vorgestellt werden. 1. Informationsmodul (2 Unterrichtsstunden) In zwei Unterrichtsstunden werden die Schülerinnen und Schüler bzw. Jugendlichen zu Beginn über kostenpflichtige Angebote für das Handy sowie über mögliche Kostenfallen im Internet informiert. Je nachdem, welcher Aspekt in der Gruppe im Vordergrund steht, arbeiten sie auch zum Thema Handy-Gewalt. Die Arbeitsergebnisse werden auf DIN A1-Plakaten festgehalten

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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und bleiben vor Ort im Klassen- oder Gruppenraum. 2. Projekttag: Eigenes Wissen vergrößern und jugendaffin aufbereiten In sechs Unterrichtsstunden werden durch Teamer der LJS die Themen Kommunikation, Kostenfallen, Handy-Gewalt und Urheberrecht/Persönlichkeitsrecht oder Werbung aufbereitet. Dabei kommen verschiedene didaktische Methoden zum Einsatz. Zunächst werden in Kleingruppen eigene Fragen zum Umgang mit dem Handy und Problemen damit erörtert und Fragen zusammen getragen, die dann gemeinsam im Internet recherchiert werden. Auch eine Liste mit Fragen und Aufgaben der Teamer wird in diesem Rahmen durchgearbeitet. Die Arbeitsergebnisse werden gesammelt und zusammengetragen. Im nächsten Schritt wird eine eigene, kleine Publikation erarbeitet, in der die Schüler ihre Arbeitsergebnisse zu den Themenbereichen Kommunikation, Kostenfalle und Werbung bzw. Gewalt auf dem Handy vorstellen und mit frei zur Verfügung stehenden Bildern illustrieren können. Das “Infoheft Handy lieb & teuer“ liegt in einem Groblayout vor, wird nach der Ausgestaltung durch die Schüler professionell bearbeitet und gedruckt und nach ca. 2 Wochen an die jüngeren Schüler im Rahmen einer Peer-Arbeit übergeben. Diese Infohefte sind individualisiert durch Fotos und Erlebnisberichte der Schülerinnen und Schüler; sie enthalten Warnungen vor Kostenfallen und Symbole, so genannte Emoticons, die die jeweilige Stimmung ausdrücken: So steht lw für „langweilig“, xxx für „Küsschen“ oder :Q für „beleidigt“. Ebenfalls enthalten sind von den Schülern gesammelte Information darüber, warum Handy-Gewalt strafbar ist. Auf der Rückseite jedes Heftes finden sich komprimierte „Tipps zum Umgang mit dem Handy“, die die Schüler zusammen getragen haben. Indem sie auch die positiven Aspekte der Handynutzung dokumentieren, spiegeln die Infohefte den eigenen Umgang mit dem Handy - und haben für die Schüler und Jugendlichen als selbst erarbeitete Produkte einen hohen Identifikationswert.

Peer-to-Peer-Anschluss Circa zwei Wochen nach dem Projekttag schließt sich der Peer-Ansatz des Projektes mit einem Umfang von insgesamt zwei Unterrichtsstunden an. Im Zentrum steht die Übergabe des Infoheftes an die Mädchen und Jungen einer 5. oder 6. Klasse. Im Vorfeld der Übergabe bereiten die Schüler die wichtigsten Ergebnisse ihrer Arbeit für die Jüngeren vor, indem sie sich Gedanken über den Ablauf machen, sich die geeignete Form der Vermittlung von Tipps überlegen und Fragen für ein Spiel zum Thema Handy entwickeln.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Auf diese Weise wird die Eigenverantwortung der älteren Schüler und Jugendlichen angesprochen. Gleichzeitig sind für die jüngeren Schüler die Informationen durch Gleichaltrige bzw. ältere Schüler leichter annehmbar. Eine Vermittlung dieser Informationen durch Eltern oder Lehrer, die im sicheren Umgang mit dem Handy bzw. Smartphone und kostenpflichtigen Angeboten in den Augen von Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren nur noch eine begrenzte Expertise haben, könnte sich zum einen als schwieriger und zum anderen als weniger nachhaltig erweisen. Überdies sinkt bei einer Kommunikation unter (fast) Gleichaltrigen die Hemmschwelle, etwas von sich preiszugeben und offen über eigene Fragen und Probleme zum Thema zu sprechen. Im Rahmen der spielerisch gestalteten und pädagogisch angeleiteten Unterrichtsstunden wird das Infoheft an die jüngeren Schüler weitergegeben. Im Mittelpunkt steht die Vermittlung der am Projekttag zusammengetragenen Tipps für den Umgang mit dem Handy auf der Rückseite der Infohefte. Die Stunde wird methodisch abwechslungsreich gestaltet und die älteren Schüler fungieren dabei als „Handy-Experten“. Zum Ende der zweiten Stunde wird das erarbeitete Infoheft übergeben und besonders auf die Tipps für den sicheren Umgang mit dem Handy hingewiesen. 4. Elternarbeit Eine gelingende Prävention sollte auch die Elternansprache berücksichtigen. Obwohl viele Eltern die Handynutzung ihrer Kinder befürworten bzw. unterstützen, sind sie bei einigen Fragen wie Abofalle, dem Taschengeldparagrafen oder gewaltverherrlichenden oder porno-grafischen Bildern auf dem Handy überfordert. Entsprechend umfasst das Projekt „Handy – lieb und teuer“ auch Elternabende, auf denen Eltern Informationen und Tipps erhalten, mit denen sie die Handynutzung ihrer Kinder kritisch begleiten können. Eine Infobroschüre zu allen Fragen rund um die Handynutzung, das „Handy ABC“, klärt über mögliche Risiken wie den Abruf kostenpflichtiger Angebote oder spezielle Funktionen wie Bluetooth auf. 5. Jugendarbeit: Flexibles Timing und Fokus auf Handy-Gewalt Bei der Umsetzung des Projektes in der Jugendarbeit wird der Ablauf auf deren zeitliche und organisatorische Möglichkeiten abgestimmt. Die Arbeit mit Jugendlichen findet im Rahmen von Jugendleiterfortbildungen und auf Wochenendfreizeiten statt. In diesem Rahmen bildet das Thema Handy-Gewalt den Schwerpunkt. Auch hier können Infohefte erstellt werden, abhängig von der Dauer und der Verbindlichkeit des Angebotes können die Jugendlichen alternativ mit Plakaten arbeiten. Da in der Jugendarbeit die Angebote für Jungen und Mädchen freiwillig sind, sollten hier flexiblere, kürzere Zeiteinheiten eingeplant werden. An Wochenenden bietet sich an, kurze Filme zum Thema Mobbing zu erstellen, die dann anderen gezeigt werden können. In der Jugendarbeit gibt es für das Produzieren von Filmen bessere Rahmenbedingungen wie beispielsweise kleinere Gruppen. Entsprechend kann auch das Thema Handy umfangreicher und kreativer bearbeitet werden. Neben den Handyfilmchen ist auch eine offene Diskussion über das richtige Verhalten beim Mobben per Handy in Jugendgruppen eher möglich als im Rahmen des Schulunterrichts. 6. Medien und Öffentlichkeitsarbeit Zur Vorstellung und Bewerbung des Projektes fanden 2009 und 2010 zwei Fachver-anstaltungen der LJS mit insgesamt 260 Teilnehmern statt, auf denen es um die Bedeutung des Handys für die Kommunikation und den Alltag von Schülern und Jugendlichen ging. Die von den Schülern entwickelten Materialien umfassten neben den Infoheften auch Plakate für die Informationsmodule, die von den Schülern selbst mit Inhalten gefüllt wurden und die zur Erinnerung im Klassenraum bleiben konnten. Seitens der LJS wurden eine Website, ein Projektflyer und ein Projektvideo zum Abruf über die LJS-Website produziert. (www.handy-liebundteuer.de)

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7. Evaluation „Ich fand es total toll, wie ihr das gemacht habt“, kommentiert ein Mädchen aus einer 5. Klasse die Tipps für den Umgang mit dem Handy durch die älteren Schüler. Auch in den Berichten und Erfahrungen der Teamer vor Ort bildet sich ein hohes Maß an Begeisterung seitens der Schüler ab. Sie freuen sich über die Möglichkeit, Informationen selber zu erarbeiten, zu gestalten und als Experten weiterzugeben. Gerade für unterprivilegierte Schüler und Jugend-liche, die wenig Unterstützung durch das Elternhaus erhalten, stellt diese Form der Medien-kompetenzförderung durch Gleichaltrige eine große Hilfe dar, die, durch Erwachsene vermittelt, wohl kaum angenommen würde. Um die Resonanz auf den Einsatz an Schulen durch Lehrende abzubilden, wurde das Projekt „Handy – lieb und teuer“ über einen Zeitraum von einem Jahr begleitend evaluiert. Im Zentrum stand ein Fragebogen, den die Lehrkräfte der 5. bzw. 6. Kassen im Anschluss an die Infoheftübergabe zugeschickt bekamen und auf dessen Grundlage sie die Peer-Arbeit bewerten sollten. Bezogen auf die peer-orientierte Heftübergabe und die damit verbundene These, dass Gleichaltrige eher in der Lage sind, ihren Mitschülern Informationen zu vermitteln, die diese auch annehmen können, war das Echo der Lehrenden, wie die Evaluation zeigt, ambivalent. Zunächst wurde eine überwiegend positive Resonanz festgestellt, was das Interesse und die Aufmerksamkeit der Schüler betraf: Auf die Frage, ob die jüngeren Schülerinnen und Schüler bei der Heftübergabe konzentriert mitgemacht haben, gaben 69% der Lehrkräfte an, dass dies überwiegend oder voll und ganz zutrifft. Nur 11% gaben an, dass dies eher nicht der Fall war und lediglich 2% gaben an, dass dies gar nicht zutrifft.

Geteilter waren die Antworten auf die Frage nach der Qualität der weiter gegebenen Tipps aus der Sicht der Lehrer. Auf die Frage, ob die dabei weitergegebenen Tipps aus Sicht der Lehr-kräfte interessant waren, bestätigten 28%, dass die älteren Schülerinnen und Schüler „über-wiegend“ interessante Tipps weitergegeben hätten, 13% bestätigten sogar, dass dies „voll und ganz“ der Fall gewesen sei. Ebenfalls 28% gaben aber auch kritisch an, dass dies eher nicht zutrifft und 4% sagten, dass dies gar nicht zutrifft. Ob diese kritische Einschätzung aus der unterschiedlichen Qualität der Heftübergabe resultierte oder ob es sich hierbei um besonders kritische Lehrkräfte handelte, kann an dieser Stelle nur gemutmaßt werden. Die unterschiedli-chen Bewertungen können auch mit unterschiedlichen Erwartungen seitens der Lehrkräfte zusammenhängen. Das Projekt „Handy – lieb und teuer“ dürfte für Lehrkräfte, die eine aktuelle Problemsituation an der Schule haben, sicherlich zu wenig interventionsorientiert sein. Es ist rein präventiv ausgerichtet und ersetzt nicht eine Intervention bei konkreten Problemen mit Mobbing und Handy-Gewalt vor Ort. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Lehrkräfte mehrheitlich den Peer-Ansatz mit Interesse wahrgenommen haben. Sie waren zufrieden mit der Art der Präsentation und hatten den Eindruck, dass ihre eigenen Schüler sehr konzentriert und interessiert den älteren Mädchen und Jungen zugehört haben. Zu beobachten war überdies, dass zahlreiche Fragen gestellt wurden – ein Indiz für Interesse und Partizipation, das Hoffnung auf eine nachhaltige Verankerung der erworbenen „Expertise“ macht. 8. Veränderungen in der Projektlaufzeit Im Laufe der fünfjährigen Projektlaufzeit wurden sowohl inhaltliche als auch organisatorische Veränderungen im Projekt „Handy - lieb & teuer“ durchgeführt. Das Thema Handy-Gewalt und die Diskussion über legale und illegale Downloads nehmen immer mehr Raum ein. Durch die

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Nutzung sozialer Netzwerke auf dem Smartphone sind Fragen rund um das Persönlichkeits-recht und das Urheberrecht noch wichtiger geworden. Das Handy-Infoheft wurde 2012 für alle Kinder und Jugendlichen standardisiert und wird nun als Informationsbroschüre in den Projekt- und Peer-to-Peer Klassen verteilt. Als aktuelle Ar-beitsgrundlage für das Projekt dienen Plakate, die von den Klassen produziert werden. Sie dokumentieren die Arbeitsergebnisse der Mädchen und Jungen und veranschaulichen die wichtigsten Tipps zum Umgang mit dem Handy. Diese Plakate werden dann im Rahmen des Peer-to-Peer Ansatzes an die jüngeren Klassen übergeben.

Interkulturelle Peertrainerinnen und Peertrainer in der katholischen Jugendsozialarbeit Autorin: Angela Denecke, KJS Nord gGmbH Das Projekt „„Entwicklung und Umsetzung interkultureller Kompetenz - Öff-nung durch junge Menschen als Peertrainer/innen“ ist eines von vielen prakti-schen Modellvorhaben zur Sensibilisierung junger Menschen für gesamtge-sellschaftliche Themen wie Interkulturalität, Diskriminierung, Rassismus, De-mokratie etc. Das Besondere an diesem Modellprojekt ist die Rolle der Gleichaltrigen (Peers) einerseits und die Funktion von Einrichtungen der (ka-tholischen) Jugendsozialarbeit, von denen gerade diese Zielgruppe betreut wird, andererseits. Peer-Education-Ansatz Im Peer-Education-Ansatz (hier Peer–Training genannt) werden bereits geschulte Jugendliche eingesetzt, um mit einer Gruppe (z.B. in Jugendfreizeitzentren, in Schulklassen, auf Ferien-freizeiten) gemeinsam zu einer bestimmten Thematik zu arbeiten. Die qualifizierten Peers bzw. Peertrainer/innen verstehen sich als Multiplikator/en/innen und geben ihr Wissen an Gleichaltrige weiter. Dieses Wissen kann wiederum nach einem Schneeballprinzip auch an andere Gruppen übertragen werden. Peer-Projekte sind häufig so angelegt, dass sie sich in erster Linie an „People at risk“ (Randgruppenangehörige, Migranten oder Jugendliche mit Problemen) richten. Peer-Training „Eine Welt der Vielfalt“ Die im Jahre 1913 in den USA gegründete Anti-Defamation League (ADL) startete 1985 ein Projekt unter dem Namen „A World of Difference“ (AWOD). Dieses Projekt ist in Deutschland als „Eine Welt der Vielfalt“ bekannt. Nach Deutschland kam der Trainingsansatz „Eine Welt der Vielfalt“ dann 1992 als Reaktion auf die Brandstiftung in einem Ausländerwohnheim in Rostock-Lichtenhagen. Inzwischen ist der Trainingsansatz sowohl im Fort- und Ausbildungs-bereich z.B. für Lehrer/innen und Sozialpädagog/en/innen als auch in der schulischen und politischen Bildung unter den Jugendlichen verbreitet. Eine Peer-Trainer-Qualifizierung befähigt Jugendliche, gemeinsam mit anderen Gleich-altrigen an gesamtgesellschaftlichen Problemen zu arbeiten, diesen effektiv zu begegnen und sie ge-meinsam zu reflektieren, um in einem Lernprozess Lösungen dafür zu finden. Die Ziele des Peer-Trainings „Eine Welt der Vielfalt“ sind: • Entwicklung des Verständnisses für die eigene soziale und kulturelle Identität • Sensibilisierung für soziale und kulturelle Vielfalt und Unterschiede • Anerkennung kultureller und sozialer Unterschiede als gesellschaftliche Ressource

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• Vermittlung von Kenntnissen über persönliche und institutionelle Vorurteile und Wirkung • Entwicklung von Empathie • Reflexion eigener Vorurteilsbildung und kultureller Sozialisation • Arbeit an eigenen Wertestandpunkten • Reflexion von Vorurteilen, Diskriminierung, Rassismus und Gewalt aus der Perspektive der

Minderheit • Übernahme der Verantwortung für den Abbau jeder Art von Diskriminierung • Schärfung des Bewusstseins für Vorurteile • Förderung des Selbstwertes, kritischen Denkens und Umgangs mit Problem-

lösungsstrategien • Erarbeiten von Ansätzen für kurz- und längerfristige Lösungsstrategien Während der Qualifizierung zum/r Peertrainer/in lernen die Teilnehmenden, wie sie diese Ziele erreichen können und wie sie als zukünftige Moderator/en/innen den Lern- und Auseinander-setzungsprozess mit Themen wie Vorurteilsbildung, Diskriminierung, Rassismus etc. kompe-tent begleiten können. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass sich die Teilnehmenden in den Übungen selbst erleben und gemeinsam an den einzelnen Trainingsbausteinen arbeiten. Eine große Rolle spielen dabei die Methodenvielfalt aber auch die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, • eine Gruppe anzuleiten, • theoretische Themeninputs zu geben, • eine konstruktive Arbeitsatmosphäre zu schaffen, • sich, mit den Aufgaben an die Gruppe, klar zu artikulieren, • Präsentationen zu organisieren und vorzubereiten, • schwierige Diskussionen zu moderieren, • Strategien zur Konfliktlösung anzubieten, • nach dem Ansatz des Empowerments zu arbeiten, • prozesshaft zu arbeiten, • Ergebnisse zu sichern, • sich selbst als Teil der Gruppe zu reflektieren. Nach einer erfolgreich durchgeführten Qualifizierung und Zertifizierung zum/r Peertrainer/in folgt die Phase der „Einsätze“. Die Peer-Trainings, die sich für Bildungseinrichtungen, Träger der offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit oder der Jugendberufshilfe ei-gnen, werden meist im Tandem durchgeführt. Die Auswahl der Übungen und Arbeitsmetho-den richten sich nach der Zusammensetzung, der Altersspanne und dem Bildungsniveau der Gruppe. Zur interkulturellen Öffnung von Einrichtungen der Jugendsozialarbeit Die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit sind junge Menschen im Alter von 12 bis 27 Jahren unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, ihrem rechtlichen Status, ihrer Staatsangehörigkeit, dem Geschlecht, der Religion, Lebenseinstellung usw.. Dabei sind Vielfalt und Unterschied-lichkeit nach dem Diversity-Ansatz kein Defizit, sondern sie sind normal und eine Ressource, die alle Ebenen betrifft. Demzufolge gelingt die interkulturelle Öffnung nur dann, wenn Lei-tungs- und Mitarbeiterebene diese Absicht gemeinsam verfolgen und sie in die bestehende Arbeit, aber auch in Leitbilder und Konzepte als eine Querschnittsaufgabe integrieren.

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Interkulturelle Peertrainer/innen in der katholischen Jugendsozialarbeit – ein Projekt voller Vielfalt Ausgangslage Aus den Ergebnissen der Shell-Studien lässt sich feststellen, dass unter den Jugendlichen in Deutschland durchaus Vorbehalte gegenüber einzelnen Gruppen - am meisten gegenüber türkischen Familien (27%) und russischen Aussiedlerfamilien (26%) - existieren. Mit großen Vorbehalten blicken 18% der Jugendlichen auf deutsche Familien mit vielen Kindern und 15% auf deutsche Familien im Sozialhilfebezug (16. Shell Jugendstudie 2010:158f). Junge Mig-rant/en/innen unterscheiden sich in diesem Punkt nur unwesentlich von einheimischen Ju-gendlichen. Spätestens seit der Shell-Studie von 1997 ist zudem der Wissenschaft und der Praxis be-kannt, dass bei den Jugendlichen in Deutschland das Gefühl wächst, keinen wahrnehmbaren Einfluss auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen zu haben. In öffentlichen Diskussi-onen wird die „Politikverdrossenheit“ der jüngeren Generation häufig in Verbindung mit der zunehmenden Distanz zu Demokratie und Gesellschaft gebracht. Mit diesen Erkenntnissen und an der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung setzte das Pro-jekt unter dem Titel „Entwicklung und Umsetzung interkultureller Kompetenz - Öffnung durch junge Menschen als Peertrainer/innen“. Es versteht sich als ein Beitrag zur non-formalen Bil-dung und es sollte in erster Linie junge Menschen, die mit ihnen arbeitenden Fachkräfte und die Einrichtungen deutlich in Richtung interkultureller Orientierung, Sensibilisierung und Öff-nung voranbringen. Projektbeschreibung An dem hier beschriebenen Projekt waren Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Migrationshintergrund im Alter von 16 bis 27 Jahre und drei Träger der katholischen Jugend-sozialarbeit an jeweils unterschiedlichen Standorten beteiligt. Durch das Peertrainingspro-gramm „Eine Welt der Vielfalt“, als Grundlage des Projektes, wurden die jungen Teilnehmen-den dabei unterstützt, ihre Stärken und Potenziale zu entdecken und weiterzuentwickeln, um diese für sich und für andere sinnvoll einsetzen zu können. Gleichzeitig wurde mit den jungen Menschen deutscher und ausländischer Herkunft daran gearbeitet, mehr Erfahrung miteinan-der und Verständnis füreinander zu erreichen. Wie bereits in Kapitel 3.2 beschrieben, zielt diese Trainingsmethode darauf ab, Jugendliche zu befähigen, bei der Weitergabe dieses Peer - Ansatzes an Gleichaltrige initiativ zu werden, Lotsenfunktion zu übernehmen und andere für den Umgang mit Vielfalt zu sensibilisieren. Die Projektphasen Das Modellprojekt startete im Frühjahr 2009 und endete im März 2012. Es setzte sich aus drei Phasen zusammen: 1. Informations- und Kontaktaufnahmephase zu Trägern der katholischen Jugendsozialarbeit

mit dem Ziel einer Kooperation 2. Qualifizierungsphase der jungen Menschen zu Peertrainer/innen nach dem Peer – Ansatz

„Eine Welt der Vielfalt“ 3. Umsetzungsphase (Einsatzphase) in Richtung der interkulturellen Sensibilisierung und

Orientierung im Rahmen der Peertrainings vor Ort. Die einzelnen Projektphasen und ihre Inhalte sowie der Ablauf werden in Kapitel 5.3.1 näher beschrieben. Ziele des Projektes Die modellhafte Erprobung einer Qualifizierung zum/r Peertrainer/in sowie der (begleitete) Einsatz im Rahmen von Trainings mit jungen Menschen sollten bewirken, dass • die jungen Menschen ihre Fähigkeiten und Ressourcen entdecken und entwickeln,

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• interkulturelles Lernen zwischen jungen Menschen und der Erwerb von interkultureller Kompetenz ermöglicht wird,

• Verständnis für einander erzeugt wird, • eine Haltung entsteht, die von Respekt und Toleranz im Umgang miteinander geprägt ist, • ein hoher Grad von Partizipation der jungen Menschen erreicht wird, • junge Menschen Akteure und Motoren von Prozessen werden, • sich Einrichtungen der Jugendsozialarbeit für die Thematik „Interkulturalität“ interessieren

und sie dafür aufgeschlossen und sensibilisiert werden • Schritte zur interkulturellen Öffnung identifiziert und umgesetzt werden. Die Projektstandorte Das Projekt ist an drei Standorten durchgeführt worden. Folgende Träger waren mit ihren Ein-richtungen daran beteiligt: • Einrichtung: Jugendtreff Haste

Träger: Katholische Familienbildungsstätte e.V. Osnabrück • Einrichtung: Jugendmigrationsdienst

Träger: Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. • Einrichtung: Jugendmigrationsdienst

Träger: IN VIA Hamburg e.V. Teilnehmer/innen und Betreuer/innen Insgesamt nahmen 15 junge Menschen - mit jeweils 5 Personen pro Standort - an der Qualifi-zierung zum/zur interkulturellen Peertrainer/in teil. Darunter waren 5 junge Männer sowie 10 junge Frauen. Zu Projektbeginn lag das Alter der Teilnehmenden zwischen 16 und 27 Jahren. Bei 8 der 15 Teilnehmenden besteht ein Migrationshintergrund – das ist ein Anteil von 53%. Die Motivation zur Teilnahme am Projekt ergab sich bei den meisten Teilnehmenden aus dem Interesse an einer interkulturellen Qualifizierung und dem Wunsch, die eigenen Kompetenzen zu überprüfen und erworbenes Wissen an Gleichaltrige weitergeben zu können, um diese in Fragen der Diskriminierung, Vorurteilsbildung und insbesondere der kulturellen Selbst- und Fremdwahrnehmung zu unterstützen. Außer den angehenden Peertrainer/innen nahmen an der Informationsphase für die jewei-ligen Standorte 3 Betreuer/innen teil, die die Teilnehmenden sowohl in ihrer Qualifizierung als auch in ihrer Einsatzphase begleiten sollten. Die Qualifizierung ist durch eine Trainerin und einen Co-Trainer aus dem Peertrainingsprogramm „Eine Welt der Vielfalt“ durchgeführt wor-den. Der Projektstart Die Projektvorbereitung begann im April 2010 mit den ersten Anfragen an Einrichtungen in katholischer Trägerschaft bezüglich der Zusammenarbeit in der Durchführung eines gemein-samen Projektes. In den darauf folgenden Monaten wurden der Flyer für interessierte Träger und Jugendliche sowie eine Internetpräsenz samt Homepage und Austauschplattform fertig gestellt, die jederzeit den Austausch und die gegenseitige Beratung der Jugendlichen zu ihren Erfahrungen während des Projektes ermöglichten. Gemeinsam mit der Trainerin führte die Projektkoordinatorin im Herbst 2010 bei den Trägern in Hamburg, Osnabrück und Berlin Informationsveranstaltungen zum Projekt durch. Nach den Informationsveranstaltungen wählten die „örtlichen“ Betreuerinnen anhand von wenigen vor-gegebenen Kriterien (Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund) aus der Runde der Interessier-ten jeweils fünf Personen pro Standort aus. Die Koordination des Gesamtprojektes lag bei der KJS Nord.

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Welche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der PeerWelche Chancen bietet der Peer----Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?Ansatz in der Jugendberufshilfe?

Die Phase der Qualifizierung Da die Zielgruppe am Ende der Qualifizierungsphase junge (zum Teil auch benachteiligte) Menschen aus den Einrichtungen der Jugendsozialarbeit mit und ohne Migrationsbiographie sein sollte, diente die gemeinsam erlebte Erfahrung während der Qualifizierung dazu, sich mit den jeweils unterschiedlichen Erlebnissen, Prägungen, Einstellungen und auch Kenntnissen der Teilnehmenden auseinander zu setzen. Das bedeutete nicht, die jeweils andere Haltung zu übernehmen, sondern sie als eine andere wahrzunehmen und sie als gleichwertig gegen-über der eigenen Haltung anzusehen. Die Qualifizierung zum/zur interkulturellen Peertrainer/in fand an drei Wochenenden statt. Im ersten Schritt wurde mit dem „Eine Welt der Vielfalt“-Ansatz die kulturelle Selbst- und Fremd-wahrnehmung sowie das Einfühlungsvermögen geübt und gestärkt. Zudem erwarben die Teil-nehmenden Grundkenntnisse in Moderation und Kommunikation. Sie lernten in Übungen, wie sie ihre persönlichen Stärken beim Anleiten von Gruppen einsetzen, ihnen Informationen an-schaulich vermitteln und schwierige Situationen während ihrer Trainings meistern. Es folgten noch weitere zwei Qualifizierungsphasen. In sehr praxisnaher Form erprobten die Jugendlichen, Gruppen von Gleichaltrigen anzuleiten und das erworbene Wissen strukturiert zu vermitteln. Am letzten Tag der dritten Qualifizierung wurden die Teilnahmezertifikate zu-sammen mit Arbeitsunterlagen und -materialien aus dem Peer-Ansatz „Eine Welt der Vielfalt“ an die Jugendlichen übergeben. Nach der größtenteils erfolgreich durchgeführten Qualifizierungsphase folgte bei den Jugend-lichen die Zeit der eigenen „Einsätze“. Parallel dazu wurden von der Koordinierungs-stelle folgende Projektschritte weitergeführt: Zunächst sind die Fragebögen zur Qualifizierung aus-gewertet worden. Die daraus gewonnen Erkenntnisse flossen in die Gespräche mit den Be-treuerinnen vor Ort ein und bildeten die Basis für die Erstellung eines weiteren Fragebogens zur Praxisphase. Zusätzlich informierten sich die Betreuerinnen und die Koordinierungsstelle gegenseitig über den Ablauf der Praxisphase und die Einsätze der Peertrainer/innen. Die praktische Phase nach der Qualifizierung Im letzten Schritt des Modellprojektes erhielten die geschulten interkulturellen Peer-trainer/innen die Möglichkeit, ihre erworbenen Kompetenzen und Kenntnisse in eigenen Trai-nings zu erproben und an andere Gleichaltrige weiterzugeben. Die Trainingsformen wurden so konzipiert, dass sie sowohl in den Einrichtungen der Jugendsozialarbeit aber auch über die Einrichtungen hinaus z. B. in Schulen, bei Vereinen oder Migrantengruppen angeboten wer-den können. Im Rahmen des Modellprojektes fanden mit den Peertrainer/n/innen bei den beteiligten Trä-gern abschließende Workshops statt, deren Inhalt der Austausch zwischen der KJS Nord, den Jugendlichen und den Betreuerinnen zur Praxisphase war. In der Zwischenzeit (seit Ablauf der Qualifizierung) ist jedoch deutlich geworden, dass auf die Träger - vor allem auf die Betreuerinnen - eine besondere Aufgabe zugekommen ist. Es be-durfte der Begleitung der qualifizierten Jugendlichen bei der Akquise von „Aufträgen“, sowie der Werbung und der gemeinsamen Initiierung von Peertrainings. Dabei wurde deutlich, dass der Peer-Ansatz als fester Bestandteil der Jugendsozialarbeit einer noch viel tieferen Veranke-rung bedarf. Beobachtungen und Erkenntnisse zum Modellprojekt Da jedes Modellprojekt ein neues Vorhaben für eine besondere Zielgruppe darstellt und einer modellhaften Erprobung sowie der Prüfung von Übertragbarkeit auf andere Standorte dient, bedarf es an dieser Stelle der Benennung derjenigen Faktoren, die zukünftig für ähnliche Vor-haben von Bedeutung sind. Es ist zu empfehlen, gerade in stark heterogenen Gruppen bezüg-lich ihrer ethnischen, kulturellen und sozialen Herkunft sowie unterschiedlicher Bildungsni-

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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veaus, die Teilnehmergruppe auf weniger als zehn zu begrenzen. Auch das zeitliche Budget der Betreuer/innen für die fachliche Begleitung der Jugendlichen und die Initiierung sowie die Koordinierung ihrer Einsätze spielt eine wesentliche Rolle. Die Erfahrungen zeigen, dass diese Begleitung nicht nebenbei laufen kann, sondern einer zeitlichen, konzeptionellen und finanziel-len Anpassung der Einrichtungen bedarf. Das Engagement der Betreuerinnen und seine Aus-wirkungen werden - im Sinne der Nachhaltigkeit hinsichtlich der Tätigkeiten der ausgebildeten Peertrainer/n/innen und der zu organisierenden Peertrainings vor Ort - weit über die Projekt-phase hinaus festzustellen sein. Demzufolge ist zu empfehlen, dass der Austausch unter den Peertrainer/n/innen der einzelnen Projektstandorte, aber auch mit Peertrainer/innen darüber hinaus, gewährleistet wird. Interkulturelle Öffnung durch Peertrainer/innen - Schlussfolgerungen und Perspektiven für die Jugendsozialarbeit Am Beispiel des Modellprojektes „interkulturelle Peertrainer/innen in der katholischen Jugend-sozialarbeit“ lassen sich folgende Aussagen formulieren: • In den Peertrainings wird die gleiche Sprache gesprochen, das heißt, dass die Peertrai-

ner/innen in den gleichen Sprachcodes mit der Zielgruppe kommunizieren, ohne dabei un-glaubwürdig zu wirken.

• Als Multiplikatoren erfahren gleichaltrige Peertrainer/innen von der Gruppe eine hohe Ak-zeptanz.

• Teilnehmende mit einem Migrationshintergrund erfahren eine adäquate Wert-schätzung und Anerkennung ihrer Migrationsbiographie und „des Mitgebrachten“.

• Konträre Meinungen werden in reflektierter Form besprochen und nicht von vorn-herein abgelehnt.

• Es wird dazu beigetragen, dass der Wissensstand über das Thema Demokratie, Umgang mit Rassismus, Stigmatisierung und Diskriminierung erweitert wird. Dabei spielt der Fokus auf diese Thematik aus der Sicht der Gleichaltrigen eine wesentliche Rolle.

• Das Einüben von Selbstpräsentation und Verhaltensrollen wird ermöglicht. • Ein Peer-Ansatz versteht sich immer als Unterstützung auf der operativen Ebene. Daher

dürfen die Peertrainer/innen von den Fachkräften nicht für eigene Zwecke funktionalisiert werden. Auch die Verantwortung zur Klärung prekärer Themen sollte nicht in alleiniger Verantwortung der Peertrainer/innen stehen.

• Peertrainer/innen brauchen eine Möglichkeit zum regelmäßigen Austausch – auch in Form von Supervision.

Um vor allem die Nachhaltigkeit und die Wirksamkeit eines Peer-Projektes zu gewährleisten, bedarf es der Erfüllung einiger Voraussetzungen der Teilnehmenden. Dazu zählen: • die freiwillige Teilnahme aller am Projekt Beteiligten • Bereitschaft für den Austausch in Qualifizierungs- und Trainingseinheiten • Motivation zur Qualifizierung als Peertrainer/in und zur Durchführung eigener Angebote • Klärung der Rolle zwischen den Trainern und Teilnehmenden während des Trainings • Festlegung von klaren und verlässlichen Rahmenstrukturen während der Trainings und im

gesamten Projekt, die von allen getragen werden • Aufbau von Kooperationen zu Schulen, Freizeitzentren und anderen Einrichtungen offener

Kinder- und Jugendarbeit • Initiierung von Peer-Netzwerken zur Weitergabe des Peer-Ansatzes an Gleichaltrige. Das Projekthandbuch kann entweder in gedruckter Version bei der KJS Nord unter [email protected] gegen Porto und Verpackung bestellt werden oder sie kann unter http://nord.jugendsozialarbeit.de/index.php?id=120 heruntergeladen werden.

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

Familie, Familie, Familie, Familie, GesundheitGesundheitGesundheitGesundheit und Integrationund Integrationund Integrationund Integration

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Internetlinks • PowerPoint-Präsentation: Erziehung oder Peergroup: Wer ist stärker? Dr. Albert

Wunsch Download unter: http://www.i-daf.org/fileadmin/Symposium_2013/Inhalte/Referat_-_i-daf_Muenchen_Power_AKTUELL_PDF..pdf

• Expertise: Die Rolle von Peers, Neuen Medien und Online-Communitys bei der Be-rufsorientierung. Dr. Sarah Beierle, DJI Download unter: http://www.allianzfuerjugend.de/downloads/Peers_DJI_Expertise.pdf

• euro net

euro net ist ein europäisches Suchtpräventionsnetzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat, durch die Arbeit an konkreten Projekten die europäische Zusammenarbeit bei der Sucht-prävention weiterzuentwickeln. Die Aktivitäten von euro net beruhen zu einem großen Teil auf dem Ansatz der Peer-Group-Education. Näheres unter: http://www.euronetprev.org/neu/index.php?artikel=3,2,2&layout=normal&lang=de

• Expertise: Peer-to-Peer-Konzepte in der medienpädagogischen Arbeit

Download: http://dialog-internet.de/documents/10157/64296/DialogInternet_Expertise_peerhochdrei_2012.pdf

• Interview: Mehr Peers – weniger alte Penne

Interview zu Peer Education mit der Entwicklungspsychologin Maria von Salisch Näheres unter: http://bildungsklick.de/a/77854/mehr-peers-weniger-alte-penne/

• Peer Education · Konzeption · Leitlinen · Praxisbeispiele

Projekte zur Aids-Prävention und zur Prävention von ungewollten Schwangerschaf-ten Download unter: http://www.gesundheitsamt-bw.de/SiteCollectionDocuments/40_Service_Publikationen/Peer_Education.pdf

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Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Gefördert durch das Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische Niedersächsische MinisteriuMinisteriuMinisteriuMinisterium für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen, m für Soziales, Frauen,

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Literatur: Günther Opp / Jana Teichmann (Hrsg.): Positive Peerkultur, Best Practices in Deutsch-land Positive Peerkultur (PPC) ist ein innovativer pädagogischer Arbeitsansatz. Er gründet auf das Vertrauen in die Kraft aller Kinder und Jugendlichen, ihre Probleme selbst lösen zu können (Stärkenansatz). Im Rahmen Positiver Peerkultur wird Partizipation praktisch gelebt. Wie das pädagogische Konzept Positiver Peerkultur in Deutschland entwickelt und umgesetzt werden kann, zeigen die Praxisbeispiele in diesem Buch. Peer Education - ein Handbuch für die Praxis - Forschung und Praxis der Sexualaufklä-rung und Familienplanung Das in dem Arbeitsordner "Peer Education - ein Handbuch für die Praxis" zusammengefasste Material wendet sich in erster Linie an Fachkräfte in der schulischen und außerschulischen Jugendarbeit, die den Peer-Education-Ansatz in ihrer täglichen Arbeit nutzen wollen. Das Handbuch trägt die Arbeitsergebnisse aus sechs Jahren Erfahrung zusammen, welche in einem Modellprojekt der BZgA in Kooperation mit dem Landesamt für Gesundheit und Sozia-les Berlin gewonnen wurden. Näheres unter: ttp://publikationen.sexualaufklaerung.de/index.php?docid=150

ImpressumImpressumImpressumImpressum Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendsozialarbeit in Niedersachsen (LAG JAW) Referat Pro-Aktiv-Centren und Jugendwerkstätten Kopernikusstr. 3, 30167 Hannover e-Mail: [email protected], Internet: http://nord.jugendsozialarbeit.de