ThemenhefT Pflege der SiemenS · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler,...

52
leben * Pflegestärkungsgesetz II Neue Leistungen einfach erklärt * Überlegt handeln Entscheidung für die Pflege * Gemeinsam stark sein Was Pflege- beratung leistet * Kräfte bündeln Wer pflegt, muss sich pflegen THEMENHEFT PFLEGE DER SIEMENS-BETRIEBSKRANKENKASSE SBK.ORG

Transcript of ThemenhefT Pflege der SiemenS · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler,...

Page 1: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

leben*Pflegestärkungsgesetz II Neue Leistungen einfach erklärt

* Überlegt handelnEntscheidung für die Pflege

* Gemeinsam stark seinWas Pflege­beratung leistet

* Kräfte bündelnWer pflegt, muss sich pflegen

ThemenhefT Pflege der SiemenS-BeTrieBSkrankenkaSSe SBk.Org

Page 2: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Überlegt handeln

04EntschEidung fÜr diE PflEgE Überlegen Sie in Ruhe, ob Sie die Pflege übernehmen können.

07 EinE schwiErigE situation MEistErn Berücksichtigen Sie auch die Sicht des Pflegebedürftigen.

08hilfE ist nah Wie ambulante Pflegedienste unterstützen können.

12untErstÜtzung aussEr haus Heime und Tagespflegeeinrichtungen ergänzen die Betreuung zu Hause.

13PflEgEhEiM Muss oft nicht sEin Kurzzeitpflege, Service-Wohnen und ambulante Wohngruppen können helfen.

gemeinsam stark sein

15wiE gEht Es dir hEutE? Gezielte Krankenbeobachtung ist wichtig.

18saubErkEit – Ein gutEs gEfÜhl Hygiene schützt.

19zusätzlichE ProblEME vErMEidEn Folgeerkrankungen müssen nicht sein.

22PflEgEn lErnEn Notwendigkeit, aber auch Lebensfreude.

24bEsondErE PflEgEsituationEn Demenz oder Krebs erfordern spezielle Kenntnisse.

26viElE fragEn – Ein ansPrEch - PartnEr Was Pflegeberatung leistet.

kräfte bündeln

30PflEgEstärkungsgEsEtz ii 32finanziEllE hilfEn nutzEn

36das EigEnE hEiM anPassEn Für den Umbau gibt es Unterstützung.

38vErfÜgung und vollMacht Wahren Sie Ihre Interessen.

44wEr PflEgt, Muss sich PflEgEn Beugen Sie der Erschöpfung vor.

48diE lEtztE lEbEnsPhasE Begleitung bis zum Schluss.

51adrEssEn und links

ImpressumHerausgeber: SBK (Siemens-Betriebskrankenkasse), Heimeranstr. 31, 80339 München, Telefon 089/62700-100. Verantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München, ein Unternehmen der Springer Science + Business Media. Verantwortlich: Markus Seidl (v.i.S.d.P.) Projektmanagement: Brigitte Hönes Layout: Maren Krapp Bildredaktion: Verena Horsthemke, Andrea Roth Redaktion: Friederike Klein, Volker Schuck, München Satz & Repro: Schmidt Media Design, München Druck: Vogel Druck GmbH, Würzburg Bildnachweis Titel: © SBK, Fotograf: Eric Thevenet Bildnachweis Inhalt: alle Bilder: © SBK Stand November 2016

02 * Inhalt

29

04EntschEidung für diE PflEgE

14gEmEinsam stark sEin

kräftE bündEln44

sich sElbst PflEgEn

Page 3: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in der SBK sehen wir unsere Aufgabe als Pflegekasse als ebenso wichtig an, wie die als Krankenkasse. Wir beschäftigen uns nicht nur mit den Rechnungen für Kranken-häuser, Ärzte und Pflegeheime: Bei uns stehen die Menschen und ihre Herausfor-derungen im Mittelpunkt! In der Pflegekasse gilt unser Augenmerk noch mehr als in der Krankenkasse nicht nur den Pflegebedürftigen, sondern auch deren Angehörigen. Unsere SBK-Pflegeberater leisten Tag für Tag wertvolle Hilfe – was die Beratung aus-macht und die Kollegen motiviert, lesen Sie im Interview auf Seite 26.

Mit dem Pflegestärkungsgesetz zum 1.1.2016 wurde ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht. Auch für unsere Pflegekasse bringt dies viele Veränderungen, zum Beispiel ein neues Einstufungsverfahren ab 2017. Erfahren Sie ab Seite 30, was die Reform für Sie als Versicherter oder Angehöriger bedeutet und informieren Sie sich über wichtigsten Neuerungen. Denn: so gut wie alle Versicherten erhalten mehr Leistungen.

Gerade beim Thema Pflege stehen viele Menschen vor besonderen Herausforderun-gen. Plötzlich wird ein Angehöriger, werden Vater oder Mutter zum Pflegefall. Die Pflege wird nach und nach aufwändiger. Oder die hohen Anforderungen der Pflege überfordern. Eine Auswertung unserer Versichertendaten zeigt, dass pflegende Ange-hörige, die gleichzeitig Beruf und Pflege meistern müssen, kränker sind als Menschen ohne Pflegeaufgaben.

Gerade Pflegenden möchten wir mit diesem Themenheft besondere Unterstützung geben, denn diese leisten einen unschätzbaren Dienst. Dafür zeigen wir auf den folgenden Seiten Lösungswege auf und liefern Gesprächsansätze. Leider fällt das The-ma Pflege zu Hause, im Bekanntenkreis und auch im Berufsleben zu oft unter den Tisch. Aber ein aktiver Austausch der Beteiligten zum Thema Pflege, aus dem Betrof-fene nützliche Informationen für ihren Alltag mitnehmen, ist ein erster wichtiger Schritt zur positiven Veränderung.©

SB

K, S

iem

ens-

Bet

rieb

skra

nke

nka

sse

* Editorial 03

Dr. Gertrud Demmler, Vorstand

sagen sie uns ihre Meinung zum aktuel-len heft.

Schreiben Sie an [email protected] oder an SBK, Marketing, Heimeranstraße 31, 80339 München.

leben*Pflegestärkungsgesetz II

Neue Leistungen einfach erklärt

* Überlegt handelnEntscheidung für die Pflege

* Gemeinsam stark seinWas Pflege­beratung leistet

* Kräfte bündelnWer pflegt, muss sich pflegen

ThemenhefT Pflege der SiemenS-BeTrieBSkrankenkaSSe SBk.Org

Page 4: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Page 5: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Entscheidung für die Pflege

Oft fühlen wir uns hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, für ein

pflegebedürftiges Familienmitglied da zu sein, und Zweifeln, ob das zu schaffen

ist. Die Entscheidung, ob Pflege zu Hause möglich ist, sollten Sie in Ruhe

treffen.

Ob durch Unfall, Erkrankung oder einfach durch zunehmende Einschränkungen im Alter – wir alle können früher oder später vor die Entscheidung

gestellt werden, uns selbst in der täglichen Pflege und Betreuung eines Familienmitglieds zu engagieren. Diese weitreichende Entscheidung hängt stark von eigenen Wertvorstellungen ab, davon, was für uns Verantwortung und Pflichtgefühl, Fürsorgebereitschaft und Nächstenlie-be bedeuten. Die besondere Liebe und Zuneigung zu einem Men-schen können uns zur Pflege daheim ebenso bewegen wie Dankbarkeit, Schuldgefühle oder Mitleid. Der Wunsch nach Selbstbestätigung oder nach Sinnfindung kann ebenso wichtig sein wie finanzielle Überlegungen. Vielleicht steht auch kurzfristig einfach keine andere Möglichkeit zur Betreuung zur Verfügung.

Für und Wider abwägen

Bei aller grundsätzlichen Hilfsbereitschaft kann ein lebens-lang schwieriges Verhältnis zum Pflegebedürftigen aller-dings auch gegen die Pflege in den eigenen vier Wänden sprechen. Oder die eigene Lebenssituation, z. B. mit klei-nen Kindern und mit ein geschränkten räumlichen Mög-lichkeiten, macht eine solche Entscheidung unmöglich. Warum auch immer Sie überlegen, die Pflege zu Hause zu übernehmen, sollten Sie dies bewusst und in Ruhe tun und dabei alle Unterstützungsmöglichkeiten kennen. Wenn Sie dann eine freiwillige Entscheidung für die Pflege Ihres Angehörigen treffen, ist dies eine gute Voraussetzung dafür, die körperlichen und seelischen Herausforderungen, die mit dieser Aufgabe verbunden sind, auch tragen zu können.

Das leisten Angehörige in der Pflege

* Hilfe im Haushalt wie Einkaufen, Kochen, Putzen* Übernahme von Reparaturen und Gartenarbeiten* Unterstützung im Alltag, z. B. bei der Körperpflege,

beim An- und Auskleiden, beim Essen und Trinken oder den Toilettengängen

* Organisation von Hilfen wie Haushaltshilfe, Essen auf Rädern, Beschäftigung

* Unterstützung bei Arztbesuchen und Behördengängen* Unterstützung bei Vertragsangelegenheiten (z. B.

Miete, Käufe, Versicherungen) und Bankgeschäften* Übernahme von Krankenpflegeaufgaben wie

Medikamentengabe, Verbandswechsel, Spritzen* Übernahme von therapeutischen Aufgaben,

z. B. Geh- oder Sprechübungen

* Überlegt handeln 05

Page 6: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

06 * Überlegt handeln

Lassen Sie sich beraten!

Persönliche Pflegeberater bei Ihrer Pflegekasse oder in Pflegestützpunkten vermitteln Pflegebedürftigen und Angehörigen Hilfen oder be antworten alle Fragen, die mit der Pflegebedürftigkeit zusammenhängen. Dies wird helfen, sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Ge-rade auch unter Zeitdruck, z. B. bei der anstehenden Ent-

lassung des Angehörigen aus der Klinik, sollten Sie die bestehenden Beratungs- und Hilfsangebote nutzen. Anlaufstellen finden Sie über Ihre Kranken- und Pflege-kasse. Auch Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Selbsthilfe gruppen vermitteln entsprechende Adressen. Das Internet kann bei der Suche helfen. In diesem Heft finden Sie auf Seite 51 ebenfalls wichtige Informations-quellen und Hilfsangebote.

⃞⃞ Informieren Sie sich über die Krankheit, ihren Ver-lauf und den daraus zu erwartenden Hilfebedarf.

⃞⃞ Überlegen Sie für sich, wie Ihre Beziehung zum Pflege bedürftigen bisher war. Hatten Sie eine gute Beziehung zueinander? Wie steht der Betroffene zu Ihnen? Welches sind Ihre Motive für die Übernahme der Pflege, fühlen Sie innere Widerstände?

⃞⃞ Was bedeutet die Angehörigenpflege für Sie? Können Sie Ihre derzeitige Lebensplanung der Situation anpassen?

⃞⃞ Wie sieht der Betroffene seine Situation, wie reagiert er auf Ihre Hilfsangebote? Wenn er manch-mal verwirrt ist, wie kommen Sie damit zurecht?

⃞⃞ Schaffen Sie es körperlich und seelisch, die Be-treuung – eventuell auch über 24 Stunden am Tag – zu leisten?

⃞⃞ Können Sie Unterstützung aus Ihrem Umfeld erwarten (Familie, Nachbarn)? Gibt es jemanden, der Sie bei Krankheit, im Urlaub etc. vertreten kann?

⃞⃞ Wo kann die Betreuung des Pflegebedürftigen statt-finden (in seiner Wohnung, in Ihrer Wohnung)? Kann die Wohnung pflegegerecht ausgestattet werden?

⃞⃞ Informieren Sie sich über die Einstufung in einen Pflegegrad und die daraus abzuleitenden An-sprüche wie Pflegegeld und Hilfsmittel. Die Pflege-beratung Ihrer Pflegekasse hilft (Seite 26).

⃞⃞ Wenn Sie berufstätig sind: Welche Möglichkeiten gibt es, Arbeit und Pflege zu vereinbaren (siehe Seite 42 ff)?

⃞⃞ Erkundigen Sie sich über eine mögliche Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte (siehe Seite 8).

⃞⃞ Klären Sie zusätzliche Entlastungs- und Hilfsdienste.

Checkliste Entscheidungshilfe

Page 7: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Eine schwierige Situation meistern

Wenn ein Angehöriger zu Hause gepflegt werden soll, ist das für beide

Seiten eine Herausforderung. Auch die Sicht des Hilfsbedürftigen ist wichtig

für die Entscheidung, ob das gelingen kann.

Pflegebedürftige und pflegende Angehörige erle-ben jeweils aus der ganz persönlichen Perspekti-ve die Pflegebeziehung zu Hause mit ihrer unge-

wohnten Belastung und Einschränkung. Der Pflege-bedürftige wird immer wieder mit seinem Schicksal ha-dern. Ältere Menschen überfordern dazu oft ihre Kinder mit der Erwartung, dass nach all den Jahren Fürsorge für diese die Kinder nun rund um die Uhr für sie da sein sollen. Gleichzeitig nehmen sie – wie auch jüngere Pflegebedürftige – ihre Hilfsbedürftigkeit selbst als gro-ße Belastung wahr. Sie spüren, dass sie „der Klotz am Bein“ der Familie sind. Ein zufriedenes Leben – wenn auch mit Einschränkungen – wird dadurch erschwert. Die Pflegesituation leidet.

Wunsch und Wirklichkeit

Die meisten Menschen möchten im Falle der Pflege-bedürftigkeit zu Hause bleiben und dort von Angehörigen und nicht von Fremden gepflegt werden. Gleichzeitig wollen sie aber nicht zur Last fallen. Ein unerfüllbarer Wunsch – die Situation ist nun einmal für alle belastend. Auch kann sich eine zunächst zu bewältigende Pflege-situation so verändern, dass es beim Pflegenden zur notorischen Überlastung kommt. Die Belastungen sind letztlich nur zu tragen, wenn alle Beteiligten die Situation der Betreuung zu Hause voll und ganz bejahen.

Eigenständigkeit erhalten

Besonders wichtig ist es, dem Pflegebedürftigen trotz all seiner Einschränkungen im Rahmen der Möglichkeiten seine Eigenständigkeit und Kontrolle über sich selbst zu erhalten. Überzogene Fürsorge und Schonung lassen kranken Menschen keinen Raum für Eigeninitiative und

Eigenverantwortlichkeit. Ein Übermaß an Zuwendung kann entmündigen – möglicherweise völlig unbeabsichtigt und unbemerkt. Wer als Betroffener einigermaßen dazu fähig ist, kann mithelfen, die schwierige Lebenssituation mit ihren alltäglichen Problemen zu bewältigen. Pflegende Angehörige sollten den Pflegebedürftigen immer als Partner sehen und auch so behandeln. Wenn nötig, kann Mithilfe auch – liebevoll – eingefordert werden.

Sich selbst nicht vergessen

So mancher Pflegebedürftige möchte, dass der Angehörige ständig um ihn ist. Jeder Pflegende benötigt aber Zeit für sich, um den seelischen und körperlichen Belastungen der häuslichen Pflege gewachsen zu sein (siehe Seite 44 ff). Deshalb sollten Sie als pflegender Partner von Anfang an Freiräume für sich beanspruchen, im Nachhinein stößt der Wunsch sonst oft auf Unverständnis.

* Überlegt handeln 07©

SB

K

Page 8: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© [

M] A

.An

tl/S

ho

tsh

op

.co

m

Ambul. Pflegedienst

08 * Überlegt handeln

In vielen Pflegesituationen und insbesondere bei fortschreiten-der Hilfsbedürftigkeit ist profes-

sionelle pflegerische Hilfe unver-zichtbar. Darüber hinaus kann ein ambulanter Pflegedienst auch Hilfen für Alltagsprobleme vermitteln.

Professionelle Hilfe

Häusliche Pflegedienste bieten pflege-rische Unterstützung durch ausgebil-dete Fachkräfte der Kranken- und Altenpflege an. So können viele pfle-gebedürftige Menschen in ihrer ge-wohnten Umgebung bleiben und von Angehörigen betreut werden. Der Pflegedienst erbringt zum Bei-spiel:* Hilfe bei Körperpflege und Toilet-

tengang.* Maßnahmen der Mobilisierung:

Beim Aufstehen und Laufen hel-

fen, den Betroffnen lagern und betten, Bewegungsübungen ma-chen.

* Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung, Kontrolle der Nahrungs-aufnahme und Flüssigkeitszufuhr.

Zur Behandlungspflege zählen:* Medikamente richten und verab-

reichen, Spritzen geben.* Blutzucker oder Blutdruck kontrol-

lieren.* Wunden versorgen und Verbände

wechseln.* Versorgung von künstlichem

Darmausgang, Luftröhrenschnitt, Zugängen zu Blutgefäßen etc.

* Medizinische Bäder u.v.m. Zur häuslichen Betreuungsleistung zählen:* Unterstützung und sonst. Hilfen.* Unterstützung von Aktivitäten.* Unterstützung bei der Gestaltung

des Alltags.

Alltagshilfen in der eigenen Wohnung

Lebt der Betroffene in seiner eigenen Wohnung, können folgende Angebote von Interesse sein:* Haushaltsnahe Dienstleistungen: Hilfen im nichtpflegerischen Bereich,

die eine selbstständige Lebensführung in der eigenen Wohnung erleichtern sollen (Einkaufen, Putzen, Begleitung bei Arzt- und Behördengängen, Besuchsdienste und ähnliches).

* Mahlzeitendienste (Essen auf Rädern).* Hausnotrufdienste: Der Pflegebedürftige kann in Notsituationen sofort

mit einer Zentrale Kontakt aufnehmen und Hilfe herbeirufen.

* Hilfen zur Entwicklung und Auf-rechterhaltung einer Tagesstruktur.

Spezialisierte Pflegedienste bieten auch eine häusliche Intensivpflege, eine gerontopsychiatrische oder eine speziell auf die Bedürfnisse von Krebskranken ausgerichtete onkolo-gische Pflege an, betreuen dauer-haft beatmete Patienten oder be-gleiten Sterbende und ihre Familien. Außerdem können Pflegedienste Freizeitangebote für Senioren anbie-ten, den Kontakt zu Selbsthilfegrup-pen vermitteln, Besuchs- oder Fahr- und Begleitdienste organisieren oder Urlaubs- und Verhinderungs-pflege und Hospizhilfe anbieten oder vermitteln. Pflegedienste beraten zudem zur Finanzierung von Leistun-gen, helfen bei der Erstellung von Anträgen und bei Widersprüchen und können die Pflegeüberleitung nach einem Krankenhausaufenthalt mit organisieren. Für Pflegegeldbe-zieher bieten sie die in regelmäßigen Abständen vorgeschriebene Quali-tätsprüfung (Pflegepflichteinsatz) an, um die Angehörigenpflege, soweit nötig, verbessern zu helfen.

Pflegedienst finden

Bei der Suche nach einem geeigne-ten ambulanten Pflegedienst unter-stützt Sie der Pflegeberater Ihrer Pflegekasse. Die Pflegekassen füh-ren Listen mit Pflegeanbietern in der

Wer sich für die Pflege daheim

entscheidet, kann Unterstützung

gut gebrauchen. Ambulante Pflegedienste

bieten eine Vielzahl von Hilfsmöglichkeiten.

Hilfe ist nah

Page 9: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

* Überlegt handeln 09©

SB

K

NäheundgebenAuskunft,mitwel­chemambulantenPflegedienstVer­trägebestehen.AuchbeiBeratungs­stellenderGemeindenoderdenSozialämternerhaltenSieInforma­tionen.FragenSieIhrenHausarzt,mitwelchemDienstergutzusam­menarbeitet,undhörenSiesichbeiIhrenBekanntenum.AuffolgendePunktesolltenSiebeiderWahldesPflegedienstesachten:* IstderPflegedienstinderNähe

undguterreichbar?*WerdenalleBereicheabgedeckt,in

denenSieHilfebenötigen?*BestehenVerträgemitIhrerKran­

ken­undPflegekasse?*HatderPflegedienstErfahrungen

mitderKrankheitIhresPflegebe­dürftigen?

*ÜbernimmtderPflegedienstkurz­fristigEntlastungs­undUrlaubs­vertretungen?

*KönnenSiediePflegekraftselbstauswählenundwirdIhrWunschnacheinermännlichenoderweiblichenPflegepersonberück­sichtigt?

MeistbietetIhnenderPflegediensteinenBeratungsbesuchan.DieserTerminsollteunverbindlichundkos­tenlossein.MachenSiesichvorhereineFrageliste,umnichtsWichtiges

zuvergessen(sieheSeite10).NutzenSieauchdenBKK­Pflege­finderfürdieSuchenachgeeignetenAnbieternaufwww.bkk-pflegefinder.de

Der Pflegevertrag

EntscheidenSiesichfüreinenPfle­gedienst,wirdeinschriftlicherPfle­gevertragabgeschlossen,derdenvereinbartenLeistungsumfangso­wiedieZeitenundKostenderPfle­geeinsätzefesthält.DerPflegedienstsolltemitIhnendenVertragbespre­chen,dieLeistungskomplexeund

dieVergütungderLeistungerläu­tern.DesWeiterenwerdenIhnendiedarinaufgeführtenKostennachvoll­ziehbardargestellt.AuchbeineuhinzukommendenLeistungenkön­nenSievoneinemgutenPflege­dienstzuBeginnimmereinenneuenKostenvoranschlagerwarten.

Pflege im Team

DieBeziehungzwischenIhnenalsAn­gehörigem,demPflegebedürftigenunddenPflegekräftenistwesentlichfürdieQualitätderPflegeselbst,aberauchfürdasWohlbefindenallerBe­

Fragen Sie Ihre Kranken- und Pflegekasse!

IhrPflegedienstunterstütztSieunterbestimmtenVoraussetzungeninFormvonPflegesachleistungen.PflegeberaterderSBKhelfenweiter.BeiderBeurteilungdesPflegegra­deswirdzudemfestgestellt,obbehandlungspflegerischeMaßnah­mennotwendigsind.Dieseüber­nimmtdieKrankenkasse.

Diese Aspekte sollte der Pflegevertrag enthalten

*GenaueLeistungsbeschreibung.

* Kosten:Leistungen,Wegegeldpauschale,Altenpflegeumlage,ZuschlägefürEinsätzeinderNachtoderanSonn­undFeiertagen.

*AufschlüsselungderKosten,auch:WasmüssenSie/derPflege­bedürftigeselbsttragen?

*HaftungfürdurchMitarbeiterverursachteSchäden.

*Beschwerderegelung.

*SchriftlicheVerpflichtungzumDatenschutz.

*DerVertragsollteruhen,wenndiePflegez.B.wegeneinesKrankenhausaufenthaltsunterbrochenwird.

*Vertragsende:Kündigungsfristen,BeendigungdesVertrags­verhältnissesmitdemToddesPflegebedürftigen.

Page 10: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

10 * Überlegt handeln

teiligten. Um eine tragfähige, vertrau-ensvolle Beziehung aufzubauen, sollte der Pflegedienst auch Ihre Leistungen bei der Versorgung des Pflegebedürfti-gen anerkennen. Klare Absprachen in der Aufgabenverteilung fördern den Aufbau einer stabilen Pflegebezie-hung. Die gute Abstimmung unterein-ander wird die Situation auch für den Pflegebedürftigen einfacher machen. Die Pflegekräfte sollten seine Wün-sche, wie die Pflege durchgeführt werden soll, beachten und sein Recht auf Selbstbestimmung und Privat-sphäre berücksichtigen. Das beinhal-tet auch das Einhalten der Schweige-

Checkliste Beratungsgespräch

Es ist sinnvoll, sich auf das Beratungsgespräch mit einem ambulanten Pflegedienst mit einem Fragenkatalog vorzubereiten. Diese Punkte sind wichtig:

Abläufe

⃞⃞ Gibt es eine 24-Stunden-Ruf-bereitschaft?⃞⃞ Können bei Bedarf zusätzliche Einsätze geleistet werden?⃞⃞ Gibt es Nachteinsätze?⃞⃞ Können die Einsätze nach den Gewohnheiten des Pflege-bedürftigen geplant werden?⃞⃞ Können Einsätze abgesagt werden? Wie lange vorher?

Pflegepersonal

⃞⃞ Wie sieht die Dienstplanung aus?⃞⃞ Wie viel Personalwechsel findet statt?⃞⃞ Ist es möglich, von einem kleinen, festen Mitarbeiterteam versorgt zu werden?⃞⃞ Gibt es genug ausgebildetes Personal für spezielle Bedürf-nisse des Pflegebedürftigen?

pflicht. Bei außergewöhnlichen Situationen, z. B. Streit in der Familie, sollte der Pflegedienst zudem sensi-bel reagieren.

Konfliktlösungen suchen

Treten Konflikte auf, sprechen Sie diese möglichst umgehend an. Jede Be-schwerde ist für den Pflegedienst auch eine Möglichkeit, seine Arbeit zu ver-bessern. So wird er mit Ihnen und dem Pflegebedürftigen gemeinsam nach einer Lösung suchen. Bleibt der Kon-flikt bestehen, können Sie den Pflege-dienst gegebenenfalls auch wechseln.

⃞⃞ Gibt es Haushaltshilfen für haus-wirtschaftliche Hilfe?⃞⃞ Gibt es Familienpfleger/innen zur Betreuung pflegebedürftiger Kinder?⃞⃞ Gibt es einen bestimmten Ansprechpartner, falls Probleme auftreten sollten?

Pflegeplanung und Dokumentation

⃞⃞ Wird die Planung der Pflege mit mir bzw. dem Pflegebedürftigen besprochen?⃞⃞ Wird die Pflegedokumentation in der Wohnung des Pflegebedürfti-gen aufbewahrt? Sie ist auch wich-tig zur Überprüfung der monatli-chen Abrechnung!

Qualität der Leistungen

⃞⃞ Gibt es qualitätssichernde Maß-nahmen (z.B. Arbeit nach aktuellen Pflegestandards)?

⃞⃞ Wie kontrolliert der Pflegedienst die Qualität der Pflegeleistungen (z. B. durch Pflegevisiten)?⃞⃞ Wie gewährleistet der Pflege-dienst die wichtigen sogenann-ten „weichen“ Faktoren der Qualität (z. B. regelmäßige Fortbildung, vorausschauende Dienst- und Urlaubsplanung)?⃞⃞ Wo und wie kann man sich gegebenenfalls beschweren?⃞⃞ Ist der Pflegedienst zertifiziert?⃞⃞ Gibt es ein Pflegeleitbild?

Kosten

⃞⃞ Gibt es einen Kostenvoran-schlag?⃞⃞ Geht aus dem Kostenvoran-schlag hervor, welche Kosten die Pflegekasse übernimmt, wie hoch der Eigenanteil ist und was selbst zu zahlen ist?⃞⃞ Gibt es einen Pflegevertrag?

Tipp

© S

BK

Verhinderungspflege

Sind Sie durch Urlaub, Krank-heit oder aus anderen Gründen vor übergehend an der Pflege gehindert, müssen Familien-mitglieder, Bekannte oder der ambulante Pflegedienst ein-springen. Im Rahmen der „Ver-hinderungspflege“ unterstützt Sie dabei die Pflegekasse. Näheres siehe Seite 33.

Page 11: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Was können Sie tun, wenn Sie Unterstützung daheim brauchen?Die SBK Pflegeberatung kann ihnen hier Auskunft geben, welche Art von Leistungen und Unterstützungen möglich sind. Sie kennt auch Pflege­anbieter in Ihrer Region und vermit­telt diese auf Wunsch. Haben Sie sich für einen ambulanten Pflegedienst entschieden, sprechen Sie mit den Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern am besten persönlich und zeigen Sie ihnen das Umfeld, damit sie wissen, wie die Situation vor Ort ist. Auf Wunsch geben Ihnen die Pflegediens­te auch einen Kostenvoranschlag.

Worauf sollte man bei der Wahl eines ambulanten Pflegedienstes achten?Am wichtigsten ist eine gute Vertrau­ensbasis! Ambulante Pflege ist ein Eingriff in die Privatsphäre, das Pfle­gepersonal sollte Ihnen daher auch sympathisch sein. Zudem ist wichtig, auf die Ausrichtung des Pflegediens­tes zu achten – beispielsweise, wenn eine spezielle Pflege nötig ist.

Woran erkenne ich einen guten Pflegedienst?Ein guter Pflegedienst wird Sie im­mer fachkundig beraten, wenn Fra­gen oder Ängste bestehen. Auch

Ambulante Pflege braucht Vertrauen

die man ändern kann. Wenn man aber merkt, dass es gar nicht geht, kann man natürlich als letzten Schritt auch den Pflegedienst wechseln.

Was kann eine 24-Stunden-Pflege-hilfe leisten?Eine Rund­um­die­Uhr­Pflegekraft, meist Pflegehilfen aus Osteuropa, können bei täglichen Verrichtungen zur Hand gehen. Medizinische Hilfe dürfen sie jedoch nicht leisten – auch keine Wundversorgung oder Medi­kamentenverabreichung. Die Hilfs­person muss offiziell bei der Melde­behörde angemeldet werden und benötigt eine Lohnsteuerkarte, die Sie als Arbeitgeber beantragen müs­sen. Außerdem muss für sie eine Unfallversicherung abgeschlossen werden. Als Arbeitgeber haben Sie auch für Kost und Logis der Pflege­hilfe zu sorgen.

Wie komme ich an eine 24-Stunden-Pflegehilfe?Meist werden diese Hilfen durch Agenturen vermittelt. Seit Mai 2011 dürfen Arbeitsverträge mit Betreu­ungskräften jedoch auch direkt ge­schlossen werden. In vielen Fällen kann Ihnen auch die SBK­Pflege­beratung vor Ort Tipps geben, an wen Sie sich wegen einer Vermitt­lung wenden können.

sollte dem Pflegebedürftigen und Ihnen Wertschätzung entgegenge­bracht werden. Fachliche Qualität, beispielsweise bei der Wundbehand­lung, kennzeichnet zudem die Quali­tät der Pflege. Und es ist wichtig, dass der Pflegedienst gut mit dem Hausarzt zusammenarbeitet.

Wann sollten Sie Unterstützung suchen?Angehörigenpflege ist nicht nur kör­perliche, sondern auch psychische Arbeit, insbesondere, wenn der An­gehörige nicht mehr voll orientiert ist. Schalten Sie daher lieber früh­zeitig jemanden ein, der Ihnen unter die Arme greift!Nutzen Sie die Zeit, während der der Pflegedienst da ist, und lesen Sie Zeitung, trinken Sie eine Tasse Kaffee oder gehen Sie einkaufen. Dazu ist wieder die gute Vertrauens­basis wichtig.

Was kann ich tun, wenn es mit dem Pflegedienst Probleme gibt?Viele haben Angst, Probleme anzu­sprechen, weil sie die Pflegekraft nicht verärgern wollen. Als erstes sollten Sie mit der Pflegekraft selbst sprechen. Danach kann man mit der Pflegedienstleitung sprechen, was nicht passt. Oft sind es Kleinigkeiten,

Ambulante Pflege findet in den eigenen vier Wänden statt.

Deshalb ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Pflege­

bedürftigem, Angehörigen und dem Pflegedienst wichtig.

Was Sie sonst noch wissen sollten, können Sie hier

nachlesen.

* Überlegt handeln 11

Page 12: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Unterstützung außer Haus

Stationäre Einrichtungen ergänzen die Pflege

zu Hause – ob nur hin und wieder tagsüber, oder für

eine begrenzte Zeit ganz.

Eine große Entlastung, insbe-sondere für berufstätige pfle-gende Angehörige, bietet die

Tagespflege, die teilweise von statio-nären Einrichtungen, teilweise auch von ambulanten Pflegediensten an-geboten werden. Qualifiziertes Per-sonal betreut und versorgt dort tags-über in der Woche Pflegebedürftige. Häufig sorgt ein Abholdienst für den Transport zur Einrichtung und wie-der zurück. Abends, nachts und am Wochenende sorgt die Familie dann wieder selbst für die Pflege.

Chancen der Tagespflege

Die Tagespflege leitet auch zur Selbst-hilfe an. Die Teilnehmer werden zum Beispiel durch krankengymnastische Übungen aktiviert, erledigen zusam-men hauswirtschaftliche Arbeiten, machen Spaziergänge und Ausflüge oder Konzentrationstrainings. So soll die Selbstständigkeit der Tagespflege-besucher verbessert werden – ein wichtiger Aspekt beispielsweise auch bei Menschen mit Demenz. Entsprechend der Tagespflege ist auch eine Nachtpflege möglich, um beispielsweise den Pflegenden eine ungestörte Nachtruhe zu ermögli-chen. Die Betreuung erfolgt hier in einem vorher vereinbarten Zeitraum zwischen 18 und 7 Uhr.

Für wen ist die Tagespflege?

* Ältere, psychisch veränder-te Menschen, die besonde-rer Betreuung bedürfen.

* Ältere, alleinstehende Men-schen, die von Einsamkeit und Isolation betroffen sind.

Wann kommt die Kurzzeitpflege infrage?

* Wenn der Pflegende ver-hindert ist, z. B. wegen Krankheit oder Urlaub.

* Wenn sich die Pflegebe-dürftigkeit kurzzeitig ver-schlimmert.

* Nach einer stationären Behandlung, wenn die Pfle-ge weder zu Hause noch teilstationär möglich ist.

* Wenn in Krisensituationen vorübergehend die häus-liche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder nicht ausreicht.

Kurzzeitpflege

Auch pflegende Angehörige brau-chen Urlaub oder können selbst krank werden. In solchen Fällen be-steht die Möglichkeit, Pflegebedürfti-ge in einem Alten- oder Pflegeheim für bis zu acht Wochen im Jahr un-terzubringen. Wird die Verhinde-rungspflege nicht in Anspruch ge-nommen, kann sie mit der Kurzzeitpflege kombiniert werden. Inzwischen gibt es auch Kurzzeitpfle-geeinrichtungen mit Hotelcharakter. Dabei übernimmt die Pflegekasse den anfallenden Betreuungsteil, den Urlaubsteil zahlen der Pflegende und der Gepflegte selbst.Ziel der Kurzzeitpflege ist, die Angehö-rigen zu entlasten. Die Kurzzeitpflege kann aber auch den Pflegebedürftigen selbst nach einem Krankenhausauf-enthalt auf die Rückkehr in den eige-nen Haushalt vorbereiten. Bei kurzzei-tiger Verschlechterung können Behandlungsmaßnahmen im Rahmen der Kurzzeitpflege helfen, dass Pflege-bedürftige langfristig in ihrer gewohn-ten Umgebung bleiben können. Für pflegebedürftige Kinder gibt es eine spezielle Kurzzeitpflege. Zu Leistungen der Pflegekasse für Tages- und Kurzzeitpflege lesen Sie bitte Seite 32 ff.

© S

BK

12 * Überlegt handeln

Page 13: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

* Überlegt handeln 13©

SB

K

Pflegeheim muss oft nicht sein!

In den letzten Jahren wurden die Möglich-

keiten der ambulanten Kranken-

versorgung ausgebaut, um die

Einweisung in ein Pflegeheim soweit wie

möglich zu verhindern oder hinaus-

zuzögern.

Die meisten Menschen im Alter über 65 Jahren le-ben in ihrer eigenen Wohnung, nur etwa jeder Zwanzigste in einem Pflegeheim. Kaum ein Be-

troffener oder Angehöriger befürwortet ausdrücklich den Umzug ins Pflegeheim. Dank der Unterstützung durch ambulante Pflegedienste und die Möglichkeiten der Ta-ges- und Nachtpflege sowie Kurzzeit- und Verhinde-rungspflege kann so mancher Pflegebedürftige zu Hause bleiben und selbst Berufstätige können so viele ihre An-gehörigen oft zu Hause versorgen.

Von der Klinik nicht gleich ins Heim

Ein kritischer Zeitpunkt ist oft ein Krankenhausaufent-halt durch eine akute Erkrankung, wie beispielsweise einen Oberschenkelhalsbruch. Das kann der erste Schritt zum unerwünschten Um-zug ins Pflegeheim sein. Um das zu ver-hindern, sollte man sich an Fallmanager der So zialdienste im Krankenhaus oder den Pflegeberater der Pflegekasse wen-den. Sie klären bereits vor der Entlassung aus dem Krankenhaus den individuellen Hilfsbedarf und die Möglichkeiten im Umfeld des Patienten, planen die einzelnen Schritte für die benötigte Hilfe zu Hause und koordinieren alle notwendigen Dienstleistungen, beispielsweise Haushaltshilfe oder häusliche Kranken-pflege. So kann häufig der Umzug ins Heim verhindert werden. Doch auch in der Kurzzeitpflege macht der Pflegebe-dürftige nicht selten so viele Fortschritte, dass er, wenn

er es wünscht, mit Unterstützung des Pflegedienstes und seiner Familie wieder in seiner eigenen Wohnung leben kann.

Selbstständigkeit durch Service-Wohnen

Zudem können neue Wohnformen für Menschen mit be-stimmten Erkrankungen oder in höherem Alter die Ein-weisung in ein Pflegeheim hinauszögern oder verhin-dern. Betreute Wohnformen, heute oft „Service-Wohnen“ ge-nannt, bieten barrierefreie Wohnungen mit der Möglich-keit, je nach Bedarf Leistungen ambulanter Pflegediens-te in Anspruch zu nehmen – vom Notruf, Essen auf Rädern und Hilfe beim Einkaufen bis zu pflegerischen

Diensten. Der zunehmend Hilfsbedürftige behält so seine Selbstständigkeit. Die Hilfe wächst mit den Bedürfnissen. So lebt der Betroffene solange in einer eigenen Woh-nung, wie es geht.

Alternative: Wohngruppen

Wohngruppen ermöglichen Menschen mit verschiede-nen Beeinträchtigungen, gemeinsam und begleitet von Betreuungspersonen, den Alltag zu bewältigen. Auch in solchen Wohnformen, zum Beispiel Demenzwohngrup-pen, wird auf eine möglichst große Selbstständigkeit der Bewohner geachtet. Weitere Informationen zur finanziellen Förderung finden Sie ab Seite 32.

Fallmanager können die Möglichkeiten der

ambulanten Versorgung ermitteln

Page 14: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Oft ist der Übergang von der Fürsorge zur Pflege eines Angehörigen fließend.

Nach und nach sind immer mehr pflegerische Tätigkeiten zu übernehmen.

Pflege-Grundkenntnisse helfen dabei. Unterstützung geben Pflegekurse.

Gemeinsam stark sein©

SB

K

Page 15: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Neben dem, was uns ein Pfle-gebedürftiger sagt, geben auch sein Aussehen, seine

Stimmung oder sein Appetit wichtige Hinweise darauf, wie es ihm geht. Erst recht ist die Beobachtung des Betroffenen wichtig, wenn er sich nicht zu seinen Wahrnehmungen, Gefühlen und seinem körperlichen Befinden äußern kann. Dann müssen Sie ihn gezielt beobachten, um Verän-derungen zu bemerken. Jede Situa-tion, z. B. Waschen oder Betten, und alle Sinne können Sie dabei nutzen. Das frühzeitige Erkennen von Verän-derungen kann helfen, vorsorgliche Maßnahmen gegen eine Verschlech-terung zu ergreifen oder rechtzeitig den Arzt zu informieren.

Beispiel Haut

Veränderungen an unserem größten Organ, der Haut, geben wichtige Hinweise auf das Befinden. * Verfärbungen können beispiels-

weise auf Fieber und Bluthoch-druck (Rötung), auf Blutarmut und Kreislaufschwäche (Blässe), eine Lebererkrankung (Gelbfärbung) oder Lungen- bzw. Herzerkrankung hinweisen (Blaufärbung).

* Eine erhöhte Hautspannung mit geröteter und geschwollener oder glänzender Haut weist auf eine Was-seransammlung im Gewebe (Ödem)

hin, wie sie bei einer Venenentzün-dung, bei Herz- und Nierenschwä-che, gestörtem Lymphabfluss oder einer Thrombose auftreten kann.

* Ein Spannungsverlust der Haut deu-tet auf einen großen Flüssigkeitsver-lust durch Durchfall, Erbrechen oder Schwitzen bei Fieber hin.

* Juckreiz der Haut entsteht bei Trockenheit (z. B. durch zu häufiges Waschen), ist aber auch ein typi-sches Symptom bei Ekzemen, Zuckerkrankheit (Diabetes melli-tus), Pilzerkrankungen oder Allergien.

Ein- und Ausatmen

Atembeschwerden quälen. Schon deshalb ist es wichtig, auf die Atmung zu achten. Atemrhythmus, Atemfrequenz und Atemgeräusche

Im Notfall Arzt rufen!Rufen Sie in Notfällen umge-hend einen Arzt, der den Pflege-bedürftigen kennt, z.B. dann* wenn der Pflegebedürftige

plötzlich sehr blass wird, stark schwitzt und einen sehr schnellem Puls hat. Es könn-te ein Kreislaufversagen dro-hen.

* wenn Fremdkörper in die Atemwege kommen, z. B. durch Verschlucken beim Essen oder Einatmen von Erbrochenem. Sie verursa-chen leicht eine lebensge-fährliche Lungenentzün-dung.

Halten Sie für Notfälle immer die Pflege-Dokumentation und eine Medikamentenliste bereit.

Pflegebedürftige können nicht immer sagen, wie

es ihnen geht. Dann hilft das gezielte und bewusste

Wahrnehmen von Zeichen des körperlichen und

seelischen Befindens.

Wie geht es Dir heute?

können aber auch viel über Krank-heiten verraten. So zeigt eine be-schleunigte Atmung einen hohen Sauerstoffbedarf, z.B. bei Fieber, Schmerzen und Angst oder bei einer schlechten Sauerstoffversorgung aufgrund von Lungen- und Herzer-krankungen. Verlangsamt ist die At-mung normalerweise im Schlaf und bei tiefer Entspannung, aber auch als Zeichen einer Vergiftung, bei-spielsweise durch Schlafmittel.

Herz aus dem Takt?

Blutdruck und Puls zeigen Verän-derungen der Herzfunktion an. Ein hoher Blutdruck kann sich durch Kopfdruck, Schwindel, Ohrensausen, Nasenbluten, Schweißausbruch oder einen roten Kopf bemerkbar ma-chen. Niedriger Blutdruck äußert sich zum Beispiel ebenfalls durch Schwindel („Mir wird schwarz vor Augen“), Müdigkeit, Antriebslosig-

Pflegekurse helfen Pflegende Angehörige können in Pflegekursen die Grundzüge der Pflege erlernen und erhalten wichtige Tipps, um auch selbst gesund zu bleiben (siehe Seite 22).

Tipp

* Gemeinsam stark sein 15

Page 16: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© P

aul P

alad

in /

iSto

ck /

Th

inks

tock

keit, Blässe, kalte Hände und Füße, Schweißaus brüche und Schlaflosig-keit. Bei Menschen mit Blutdruckpro-blemen ist es sinnvoll, regelmäßig

den Blutdruck zu messen und in ei-nen Blutdruckpass einzutragen. Der Puls zeigt an, wie oft das Herz schlägt. Bei körperlicher Anstren-gung, Freude und Angst steigt die Pulsfrequenz. Sie verändert sich aber auch abhängig von Alter und Ge-sundheitszustand. Ein unregelmäßi-ger Puls deutet auf eine Herzrhyth-musstörung hin. Ein sehr schneller Puls mit mehr als 100 Schlägen pro Minute kann auf eine Herzerkran-kung, aber auch Fieber, Blutverlust, Schock, Medikamentenüberdosie-rung oder auch Angst und Schmerzen hindeuten. Schlägt das Herz sehr langsam, könnte eine Unterfunktion der Schilddrüse da hinter stecken. Auch Medikamente wie Digitalis oder Betablocker verlangsamen den Herz-schlag.

Fieber – Körper unter Dampf

Rote Wangen, heiße Stirn, bleierne Müdigkeit, glänzende, glasige Augen – die klassischen Fieberzeichen. Fieber ist die körpereigene Reaktion

auf krankmachende Erreger, kann aber auch durch eine Störung der Wärmeregulation im Gehirn entste-hen oder als Durstfieber aufgrund eines hohen Flüssigkeitsverlustes oder einer zu geringen Flüssigkeits-zufuhr. Bei älteren Menschen sollten schon die Alarmglocken läuten, wenn die Körpertemperatur rektal gemessen mehrmals mehr als 37,5 ºC beträgt. Bei allen Kranken sollte ein Arzt gerufen werden, wenn das Fieber rasch auf die kritische Marke von 40 ºC steigt!

Ausscheidungen beachten

Auch Stuhl und Urin geben Hinweise auf Veränderungen und akute Krank-heiten. Bei Durchfall sollten Sie zusätz-lich daran denken, dass Medikamente dabei zum Teil ungenutzt wieder aus-geschieden werden. Beispielsweise sollten Sie bei Durchfall und der Ein-nahme des Herzmedikaments Digitalis oder des Blutverdünners Marcumar unbedingt den Arzt informieren. Da Durchfälle häufig auf Infektionen beruhen, sind bei der Intimpflege unbedingt Handschuhe zu tragen, um sich zu schützen.Stuhl- und Harninkontinenz, d.h. das unfreiwillige Abgehen von Stuhl oder Urin, erfordern eine besondere Pflege, da sich andernfalls die Haut rasch entzündet und Wunden ent-stehen können.

Das können Sie tun!

Bei Durchfall:

* Viel zu trinken geben.

* Magen und Darm durch Fasten über 24 Stunden entlasten.

* Bei Appetit Zwieback, Salz- stangen, geriebenen Apfel, Hafer- oder Reisschleim oder eine kräftige Bouillon anbieten.

* Eventuell die Kleidung mit Einlagen schützen.

* Die Region um den After sorgfältig reinigen und trocknen.

* Fett- oder Zinkcremes schützen die Haut im Intimbereich vor dem Wundwerden.

Bei Verstopfung:

* Aktive und passive Bewegungs-übungen bringen den Darm in Schwung.

* Auf ausreichende Trinkmenge achten (mindestens 1,5 bis 2 l).

* Morgens ein Glas Wasser auf nüchternen Magen trinken.

* Verdauungsfördernde Nahrungsmittel verwenden: Joghurt, Vollkornprodukte, frisches Obst, Trockenfrüchte, Leinsamen, Weizenkleie.

* Darmmassagen regen den Darm an.

Blutdruckgrenzwerte* Hoher Blutdruck:

systolischer (oberer) Wert über 140, diastolischer (unterer) Wert über 90 mmHg

* Niedriger Blutdruck: systolischer Wert unter 100, diastolischer unter 60 mmHg.

Normaler Puls* 60 bis 80 Schläge pro Minute

Blutdruck und Puls

Kosten für den Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel, wie Fingerlinge, Einmalhand-schuhe oder Hände- und Flä-chendesinfektionsmittel, er-stattet die Pflegekasse in bestimmten Fällen bis zu einer Höhe von 40,– € pro Monat.

Tipp

Mein Ziel:gepflegt alt werden

Genießen Sie Ihr Leben, ohne Gedanken an mögliche

Pflegekosten und eine finanzielle Belastung Ihrer Familie

im Alter. Mit einem Pflegetagegeld der ARAG:

Profitieren Sie von staatlichen Zuschüssen

Gestalten Sie Ihren Versicherungsschutz individuell

Erfahren Sie mehr: www.ARAG.de/SBK

Persönliche Beratung: ��� ����-����

ARAG. Auf ins Leben.

Günstige Beiträge für SBK-Kunden

86-050-Produktanz-Pflege-SBK-200x260-2092016-J.indd 1 21.09.16 11:21

16 * Gemeinsam stark sein

Page 17: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Mein Ziel:gepflegt alt werden

Genießen Sie Ihr Leben, ohne Gedanken an mögliche

Pflegekosten und eine finanzielle Belastung Ihrer Familie

im Alter. Mit einem Pflegetagegeld der ARAG:

Profitieren Sie von staatlichen Zuschüssen

Gestalten Sie Ihren Versicherungsschutz individuell

Erfahren Sie mehr: www.ARAG.de/SBK

Persönliche Beratung: ��� ����-����

ARAG. Auf ins Leben.

Günstige Beiträge für SBK-Kunden

86-050-Produktanz-Pflege-SBK-200x260-2092016-J.indd 1 21.09.16 11:21

Anzeige

Page 18: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© in

sag

ost

ud

io /

iSto

ck /

Th

inks

tock

Unter Hygiene versteht man in der Krankenpflege Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen, um die Vermehrung und die Verbreitung von Keimen wie Bakterien und Vi-ren einzuschränken. Solche Keime vermehren sich besonders gut in feuchtem und warmem Umfeld. Sie gelangen direkt oder über Hände, Staub, Bettwäsche, Hilfsmittel, durch Körperöffnungen oder Wun-den in den Körper. Handelt es sich um krankmachende Keime und ist das Immunsystem geschwächt, kann so eine Infektion entstehen. Pflegebedürftige mit einem schlech-ten Allgemeinzustand sind davon besonders bedroht.

Desinfektion in Maßen!

Es gibt verschiedene Desinfektions-mittel für Haut und Schleimhäute. Doch einige Erreger sind widerstands-fähig (resistent) dagegen geworden, insbesondere dann, wenn die Mittel nicht vorschriftsmäßig angewendet wurden. Für den Pflegealltag sind Desinfektionsmittel nicht immer nötig. Oft genügt schon eine gute Hygiene. Und die fängt bei den Händen an:* Achten Sie auf gepflegte Hände

und geschnittene, saubere Finger-nägel.

* Waschen Sie Ihre Hände vor dem Reichen des Essens, nach der Toi-lettenbenutzung, nach jeder schmutz- und keimbelasteten Ver-richtung, z. B. dem Entsorgen der Ausscheidungen, und vor pflegeri-

schen Tätigkeiten wie zum Beispiel dem Geben von Augentropfen.

* Ziehen Sie bei der Intimpflege Ein-malhandschuhe an.

Den Körper pflegen

Körperpflege fördert das Wohlbefin-den. Allerdings bedeutet sie in der Pflegesituation auch einen Eingriff in die persönliche Intimsphäre. Deshalb gilt: Was der Kranke selbst kann, soll er auch selbst tun. Und bei dem Übri-gen zählt Fingerspitzengefühl und Rücksicht. Individuelle Gewohnhei-ten, z. B. die Art der Rasur, wie auch die Reihenfolge der Körperpflege-maßnahmen sollten möglichst immer beibehalten werden, denn solche Routinen geben dem Pflegebedürfti-gen Sicherheit und machen es einfa-cher, die Situation zu akzeptieren.

Nicht nur bei Infektionen sollten Sie auf

Sauberkeit achten. Hygiene schützt den Pflege-

bedürftigen ebenso wie Sie selbst.

Zum Waschen von Kopf bis Fuß ge-hört auch die Pflege von Mund, Au-gen, Ohren und Nase sowie Haaren, Bart und Nägeln. Trägt der Pflegebe-dürftige eine Prothese, sollte diese wie die Zähne auch regelmäßig gereinigt werden. Da sich unter dem Zahnersatz Essensreste sammeln können, die zu schmerzhaften Druck-stellen und Entzündungen führen, sollten Sie die Mundhöhle einmal am Tag mit einer Taschenlampe und einem Spatel inspizieren. Bei Ent-zündungen kann das Spülen mit Ka-millen- oder Salbeitee helfen.

Händewaschen

* * Unterarme und Hände inklusive der Fingerzwischenräume. Mindestens 15 Sekunden mit Seife einschäumen.

* * Unterarme und Hände gut abspü-len und schonend trocknen.

* * Zur Vermeidung von Hautschäden Hände eventuell eincremen.

18 * Gemeinsam stark sein

Sauberkeit – ein gutes GefühlBei Menschen mit Zuckerkrank-heit (Diabetes), einer Polyneuro-pathie oder einer schweren Durchblutungsstörung sowie bei Menschen, die blutver-dünnende Medikamente wie Heparin oder Marcumar einnehmen, sollte die Fußpflege von einer Fußpflegerin durch-geführt werden, weil hier schon kleinste Verletzungen zu schlecht heilenden Wunden führen können.

Tipp

Page 19: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Zusätzliche Probleme vermeidenEin wichtiges Ziel der Pflege ist, Folgeerkrankungen der

Pflegebedürftigkeit so weit wie möglich auszuschließen.

Im Laufe langer Krankheit bereiten oft Wundliegen (Dekubitus), Gelenk-versteifung (Kontraktur), Lungenent-zündung oder Gefäßverschlüsse (Thrombosen) zusätzliche Probleme.

Dekubitus muss nicht sein

Wundliegen (Dekubitus) kann durch längeren Druck auf eine Stelle, z. B. den Steiß im Sitzen oder Liegen, entstehen. Dadurch verschlechtert sich dort die Blutversorgung, Haut-zellen werden nicht ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und sterben ab. Reibung, z. B. beim Betten, durch Herumrutschen oder Unebenheiten wie z. B. Falten in der

Bettwäsche schädigen die Haut zu-sätzlich. Die Folge können tiefe Ge-schwüre bis auf den Knochen sein, die oft nur schlecht heilen. Die dün-ne, oft trockene Haut älterer Men-schen ist besonders anfällig. Die beste Maßnahme zur Vermei-dung von Dekubitus ist die Bewe-gung (Mobilisation) – also am bes-ten täglich aufstehen und bewegen lassen. Bettlägerige müssen sorg-fältig gelagert und oft umgelagert werden. Von großer Bedeutung ist auch eine gute Hautpflege, insbe-sondere bei unfreiwilligem Harn- oder Stuhlabgang. Tipps und Tricks zur Dekubitusvermeidung können Sie in Pflegekursen erlernen. Oder Sie fragen Ihren ambulanten Pfle-gedienst.

Beweglich bleiben

Aufstehen und Bewegen vermeiden auch, dass die Gelenke versteifen. Gerade Menschen, die sowieso schon unter schmerzhaften Gelenkerkran-kungen leiden, verschlimmern durch ein Schonen der schmerzenden Ge-lenke ihre Probleme noch zusätzlich. Im schlimmsten Fall versteifen die Gelenke völlig. Um das zu verhin-dern, sollten mindestens einmal täg-lich Bewegungsübungen gemacht werden, bei Bettlägerigen auch im Bett. Der Arzt kann eine der Gelenk-steife (Kontraktur) vorbeugende Kran-kengymnastik verordnen.

Lunge gut belüften

Eine Lungenentzündung kann zum Tod führen. Das Risiko ist besonders

Besonders gefährdet!

Dekubitus tritt häufig auf an:

* Steiß

* Hüftknochen

* Ferse

Seltener an:

* Hinterkopf

* Schulterblättern

* Knochen

* Zehenspitzen

Von Kontraktur (Gelenkver- steifung) sind oft betroffen:

* Schultern

* Ellenbogen

* Hüftgelenk

* Knie

* Sprunggelenke

Grundsätzlich können aber alle Gelenke, die nicht bewegt werden, versteifen.

hoch bei Bettlägerigen: Die Atmung ist flach, die unteren Lungenanteile werden kaum belüftet, Schleim sam-melt sich an. Problematisch ist auch das Verschlucken, das bei Schluckstö-rungen z. B. nach Schlaganfall oder bei Parkinson besonders häufig ist: Speisereste gelangen in die Lunge und bilden die Basis der überhand nehmenden Keimbesiedlung. Lüften, aufsetzen, bewusst tief atmen lassen, viel zu trinken anbieten und Brust und Rücken mit ätherischen Ölen ein-reiben, hilft vorzubeugen. Singen kann eine wertvolle Atemübung sein.

Stürze sind gefährlich

Neben den genannten Auswirkun-gen des langen Liegens und von zu

* Gemeinsam stark sein 19

Thrombose vermeidenBlutgerinnsel, die Gefäße ver-stopfen und zu einer Thrombo-se führen können, entstehen besonders oft bei Bewegungs-einschränkung, Flüssigkeits-mangel, Krampfadern, Blutge-rinnungsstörungen oder Herzkrankheiten. Im schlimmsten Fall können Lungenembolie, Herzinfarkt oder Schlaganfall die Folgen sein. Auch hier be-deutet Bewegung die beste Vorbeugung, dazu genügend trinken. Der Arzt kann Throm-bosestrümpfe verordnen, die den Rückfluss des Bluts von den Beinen in den Körper unterstützen.

Tipp

Page 20: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Rec

hts

ob

en: ©

Alt

erfa

lter

– F

oto

lia.c

om

; lin

ks u

nte

n: ©

SB

K

Pflegen heißt begleitenSoll Pflege gelingen, ist ein Miteinander auf Augenhöhe

wichtig, das Stärken betont.

Damit der Pflegebedürftige das Gefühl bekommt, be-gleitet zu werden und nicht

nur abhängig zu sein, sollte Pflege aktivieren. Überlegen Sie, was der Pflegebedürftige noch selbst kann, und fördern Sie diese Fähigkeiten auch weiterhin. Das erfordert von Ihnen als Angehörigem manchmal Geduld: Oft dauert es länger, wenn sich der Pflegebedürftige selbst Gesicht und Hände wäscht, als wenn Sie das übernehmen. Oder das Brotschmieren klappt nicht an allen Tagen gleich gut. Geben Sie ihm trotzdem Tag für Tag diese Chance. Die selbstständig durchgeführten Tätigkeiten geben ein Gefühl von Eigenständigkeit und erhalten diese Fähigkeiten aufrecht.

Betonen, was noch geht

Sprechen Sie den Pflegebedürftigen auch immer wieder auf diese Mög-lichkeiten an und betonen Sie, was er alles noch kann. Das hebt das Selbst-wertgefühl und Sie bleiben auf Au-genhöhe. Sprechen Sie auch mög-lichst die geplanten Abläufe des Tages ab und beziehen Sie den Pflegebe-dürftigen in den Alltag mit ein. So fühlt er sich an Entscheidungen betei-ligt und nicht übergangen und fremd-bestimmt. Sie erhalten damit Ihnen beiden Würde im Umgang mitein-ander. Respektieren Sie auch persönliche Bedürfnisse und Wünsche. Wenn der Pflegebedürftige möchte, kann er eben auch einmal länger schlafen oder seine Lieblingshose anziehen.

wenig Bewegung gefährden Stürze Ältere und Pflegebedürftige zusätz-lich. Bei Senioren sind Stürze die Unfallursache Nummer eins: Pro Jahr stürzen in Deutschland mehr als vier Millionen über 65-Jährige mindestens einmal in der ver-meintlich sicheren Wohnung, 3.600 sogar mit Todesfolge. Durch einen Sturz nimmt nicht nur die Unsi-cherheit der Betroffenen zu, oft-mals erleiden sie auch einen Kno-chenbruch. Der dadurch oft notwendige Krankenhausaufent-halt belastet zusätzlich zur Verlet-zung und so mancher zuvor aktive Senior kommt dann nicht wieder richtig auf die Beine. Pflegebedürf-

tige betrifft das umso mehr. Für sie kann ein Sturz und seine Folgen mit Blutergüssen, Knochenbrüchen und einem Kran-kenhausaufenthalt eine dramati-sche Verschlechterung ihres Zu-stands bedeuten, von der sie sich nicht mehr ganz erholen.

* Beseitigen Sie Stolperfallen wie Teppiche, Kabel, Boden-schwellen.

* Sorgen Sie überall für eine gute Beleuchtung, auch in der Nacht. Nutzen Sie Bewe-gungsmelder und Nachtlichter für die Steckdose.

* Schuhe sollten einen festen Halt an der Ferse geben und rutschfeste Sohlen haben.

* Bringen Sie Haltegriffe an Bade-wanne, Dusche und Toilette an.

* Stellen Sie sicher, dass die Brillenstärke ausreichend ist.

Tipps gegen Stürze

© S

BK

20 * Gemeinsam stark sein

Page 21: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Rec

hts

ob

en: ©

Alt

erfa

lter

– F

oto

lia.c

om

; lin

ks u

nte

n: ©

SB

K

© S

BK

Pflege mit Arbeit vereinbaren

Jan Großmann pflegt seit vielen Jahren seinen 85-jährigen Vater zu Hause. Dieser ist, mit einer mittler-weile sehr fortgeschrittenen De-menz, seit etwa zehn Jahren pflege-bedürftig. Auch die 80-jährige Mutter, die ebenfalls im gemein-samen Haushalt lebt, baut schon ab, braucht aber selbst noch keine Unterstützung.Für die Familie war von Anfang an klar: Die Pflege soll so lange wie möglich zu Hause stattfinden; Jan Großmann zog daher von seiner bisherigen Arbeits-stätte wieder zurück in die Heimatstadt und orientiert sich derzeit beruflich neu. Er ist aber so viel wie möglich zu Hause. Denn er sieht sich persönlich dazu verpflichtet, die Eltern zu betreu-en: „Früher haben sie uns gewickelt, und nun ist es eben umgekehrt“.Obwohl die Entscheidung, die Pflege zu übernehmen, vor allem aus emotio-nalen Gründen getroffen wurde, weiß Jan Großmann, dass der finanzielle Aspekt nicht vernachlässigt werden darf. Denn selbst mit dem Erreichen des höchsten Pflegegrades reicht das Pflegegeld gerade so für die notwendi-gen Leistungen aus.

Wie sieht der Pflegealltag aus?

Die tägliche Pflege übernimmt ein Pflegedienst, der morgens und abends kommt. Zusätzlich gibt es Un-terstützung durch einen Demenzbe-

Den Beruf mit der Versorgung eines pflegebedürftigen

Angehörigen vereinbaren zu müssen, ist längst keine

Seltenheit mehr. Das zeigt auch das Beispiel von Jan

Großmann* und seiner persönlichen Pflegesituation.

treuer und eine Demenzgruppe; tags-über leisten dem Vater entweder die Mutter oder er selbst Gesellschaft. Kurzzeit- und Verhinderungspflege lehnte der Vater bislang kategorisch ab; mittlerweile ist er insgesamt zu-gänglicher. Durch den Demenzbetreu-er, der einmal die Woche nach Hause kommt, wurde jedoch eine gute Alter-native gefunden.Das eigene Leben und das der Mut-ter, so empfindet Jan Großmann es, wurde komplett umgekrempelt. Auch wenn er sich gerade nicht um den Vater kümmern muss, fühlt er sich in Bereitschaft und lauscht auf Geräu-sche im Haus. Es werden Entschei-dungen nötig, die ihm nicht leicht fallen – ob es darum geht, Zimmertü-ren absperren, den Herd abzuklem-men, Gegenstände „in Sicherheit bringen“, immer ist er sich bewusst, den Vater in seinen Persönlichkeits-rechten einzuschränken. Wenn der Vater jedoch nachts in Pantoffeln auf die Straße läuft, fühlt er sich be-stärkt, solche Maßnahmen zu treffen.Mindestens fünf Stunden täglich, so schätzt Jan Großmann, bringt er an Pflegezeit auf. Für Verwaltung und Kor-respondenz kommen noch einmal vier bis fünf Stunden pro Woche hinzu.

Persönliche Erfahrungen

Über Jahre hinweg hat Jan Groß-mann nun hautnah erlebt, wie ein vertrauter Mensch sich komplett verändert. Er musste über die Zeit

erst lernen, mit dem dementen Va-ter überhaupt umzugehen; gerade in den ersten Stadien hat dieser sehr viel Widerstand geleistet und war überhaupt nicht kooperativ; es war schwer, überhaupt erst einen Zugang zu finden. Mit fortschreiten-der Erkrankung wurde Vater jedoch ruhiger; dafür zeigt sich die Mutter fast sehr uneinsichtig und möchte sich vom Sohn nichts sagen lassen. Ihr scheint auch das Verständnis für die Situation des Vaters zu fehlen.

Verbesserungen nötig

Zwar hat Jan Großmann das Gefühl, „doppelt komfortabel aufgestellt zu sein“, weil er sich einerseits durch seine Kasse so gut unterstützt sieht, zum anderen aber auch, weil er in seiner Heimatstadt im Pflegebereich überdurchschnittlich viele Angebote vorfindet. Dennoch möchte er bei-spielsweise seine eigenen Informa-tionen über die täglichen Abläufe auf einem Blatt für den Pflegedienst zusammenfassen – jeder Pfleger könnte dann schnell alle wichtigen Informationen zur Verfügung haben, statt auf das unübersichtliche Pfle-geprotokoll angewiesen zu sein. Er würde es zudem begrüßen, wenn er statt vieler Einzelleistungen ein ei-genes Budget erhalten würde, das er dann flexibel je nach Sachlage einsetzen könnte.

* Gemeinsam stark sein 21

* Name von der Redaktion geändert

Page 22: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

© S

BK

Pflegen lernen

gen austauschen und Kontakte knüpfen. Die Kurse werden meist in Zusammenarbeit mit Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, Volks-hochschulen, der Nachbarschafts-

Pflegekurse bieten praktische An-leitung und Informationen, aber auch Beratung und Unterstützung. Außerdem können Sie sich dabei mit anderen pflegenden Angehöri-

Wer eine Angehörige oder einen

Angehörigen pflegt, kann an einem

Pflegekurs teilnehmen.

hilfe oder Bildungsvereinen an-geboten. Sie sind für Teilnehmer unentgeltlich, die Kosten werden von der Pflegeversicherung über-nommen. Das gilt auch dann, wenn noch keine Leistungen der Pflege-versicherung bezogen werden. An Pflegekursen können übrigens auch Interessenten teilnehmen, die (noch) keinen zu pflegenden Ange-hörigen haben.

Schulung zu Hause möglich

Besteht bereits ein Pflegegrad, kann die Schulung auch in der Wohnung des Pflegebedürftigen stattfinden. Speziell geschulte Pflegefachkräfte bieten diese Leistung wie die Pflegekurse kostenfrei an. Zwar fehlt hier der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen, dafür kann konkret und praktisch auf die häuslichen Verhältnisse des Einzelnen ein-gegangen werden. Es besteht auch die Möglichkeit, online an Pflege-kursen teilzunehmen. Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen zu Pflegekursen an Ihren Pflege-berater.

22 * Gemeinsam stark sein

Inhalte von Pflegekursen

Pflegekurse vermitteln wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten für die häusliche Pflege, z. B.

* Körperpflege

* Heben und Lagern

* Rückenschonendes Arbeiten

* Ernährung

* Inkontinenzversorgung

* Psychologie

* Hygiene

* Gebrauch von Hilfsmitteln

* Individueller Rat und Hilfen für Angehörige

* Pflegeversicherung, Finanzen

Page 23: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Pflege hautnah

Zeit für PhilippNicht immer lässt sich Pflegebedarf auf einen Blick erken-nen. Dabei zeigt der zusätzliche Aufwand, den Andrea Hum-me für ihren behinderten Sohn Philipp erbringt, dass eine genaue Differenzierung sehr wichtig ist.

* Gemeinsam stark sein 23

wünscht sich sehr, dass sie irgendwann wieder arbeiten kann. Haushalt und Pflege ge-ben ihr zu wenig Selbstbestäti-gung, so dass sie derzeit das Gefühl hat, dass sie nichts leis-tet, worauf sie stolz sein kann.

Großes Ziel: Selbständigkeit für Philipp

Andrea Hummes Ziel ist, dass Philipp mit 20 Jahren auszieht und selbstän-dig leben kann. Derzeit geht Philipp auf eine Behindertenschule. Er steht um halb sieben auf, wäscht sich al-lein, frühstückt und darf nun auch al-leine mit der U-Bahn in die Schule. Auch ohne Hilfsmittel erreicht er da-bei ein großes Maß an Pünktlichkeit und Ver-lässlichkeit. Anschlie-ßend geht er in einen Hort. Gegen 16 Uhr kommt er nach Hause. Danach liest er oder begleitet seine Mutter zum Einkaufen und anderen Erledigungen. Abends geht er gegen 20 Uhr ins Bett. Philipps Hobby ist Basketball, er hat sogar schon bei den Olympischen Spielen der Behinderten mitgespielt.

Selbsthilfe wichtig

Andrea Humme hat noch keine Pfle-gezusatzversicherung abgeschlossen. Jetzt spielt sie jedoch mit dem Ge-danken, weil sie auch ihre 87-jährige Mutter pflegt. Diese bekommt derzeit

Auf den ersten Blick ist der 15-jährige Philipp ein sehr aufgewecktes und wissbegieriges Kind. Es braucht schon ein tiefer gehendes Gespräch, um seine Defizite zu erkennen. Das macht ihm sein Alltagsleben nicht immer leicht, denn auf seine manch-mal nicht zu erklärenden Reaktionen erntet er dann nur Unverständnis. Von anderen Kindern wird er oft drangsaliert und unter Druck gesetzt.Andrea Humme – die ihren Sohn al-leine betreut, da sich der Vater nie mit den kognitiven Defiziten seines Soh-nes abfinden konnte – hat für ihren Sohn erst spät eine Pflegestufe (Ein-gruppierung der Pflegebedürftigkeit bis 31.12.2016) beantragt. Damals war er etwa sechs Jahre alt und sie benö-tigte einen Behindertenausweis für die Schule. Die Pflegestufe wurde al-lerdings wieder zurückgenommen, da Philipp seinen Alltag damals zu gut bewältigen konnte. Als er wegen häuslicher Probleme und der fehlen-den Vater figur Rückschritte in der Ent-wicklung machte, wurde er wieder in Pflegestufe 1 (und seit dem 1.1.2017 in den Pflegegrad 2) eingruppiert.

Wie geht es der Mutter dabei?

Tagsüber kommt Andrea Humme nicht zu so viel, da sie noch ihre Mutter min-destens zwei Stunden am Tag pflegt. Aber abends kann sie Phillip auch schon mal allein lassen und ausgehen oder sich mit Freundinnen treffen. Seit einem dreiviertel Jahr schläft Phillip nun in seinem Zimmer. Sie

keine Pflegestufe, trotz schwerer ge-sundheitlicher Probleme. Es ärgert sie, dass viele krankheitsbedingte Aufwendungen für selbstverständ-lich genommen werden.Für die Pflege hat sie daher viele fi-nanzielle Opfer gebracht: Berechnet sie die Zeit, die mit Betreuung und Therapien allein werktags aufge-

wendet wurde, würde ein Arbeitslohn in dieser Zeit sicher weit das Pfle-gegeld übersteigen.Frau Humme würde sich sehr gern in einer

Selbsthilfe-Gruppe einbringen, doch alle Bemühungen, etwas aufzubau-en, scheiterten bisher an fehlender finanzieller Unterstützung oder am Desinteresse der anderen Betroffe-nen.Für sie wäre ein Netzwerk hilfreich, wo sie sich austauschen und Tipps für die Förderung von Philipp erhal-ten könnte. Denn das möchte Andrea Humme auf jeden Fall: Die Resig-nation und die Ausgrenzung über-winden, die aus dem Unverständnis der Menschen für ihre Situation re-sultiert.

Gewünscht wird ein Netzwerk zum

Austauschen

Page 24: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Besondere Pflegesituationen

Wer zu Hause seine älter werdenden Eltern betreut, wächst langsam in die Aufgabe hinein. Die Betroffenen be-nötigen immer mehr Hilfe, sind aber selbst oft noch in weiten Bereichen selbstständig. Das ist bei der Betreu-ung von Demenzkranken anders. Sie stellen Angehörige und Pflegende vor besondere Herausforderungen. Und wer einen Angehörigen mit Krebs pflegt, sieht sich ganz anderen Prob-lemen und Fragen gegenüber als je-mand, der einen Schlaganfallpatien-ten zu versorgen hat oder ein schwerbehindertes Kind betreut.

Wachsendes Problem: Demenz

Immer mehr ältere Menschen leiden unter dem langsam zunehmenden Verlust ihrer geistigen Fähigkeiten. Was als kleine Erinnerungslücke anfängt, führt unterschiedlich rasch zu massiven Problemen im Alltag. Dabei sind viele Demenzkranke körperlich recht gesund. Die Pflege und Betreuung demenzkranker Menschen ist deshalb weniger durch die körperliche Pflege eine Herausforderung, sondern vor allem

durch die psychische Belastung beim Betreuen eines geliebten Menschen, der sich im Laufe der Zeit in seinem Wesen stark ver-ändert und immer weniger an-sprechbar ist, aber ständig Auf-merksamkeit benötigt. Spezielle Schulungen stützen und entlasten auch hier die pflegenden Angehörigen und ermöglichen den Austausch. Das frühzeitige Anneh-men von Hilfe, sei es von professio-neller oder ehrenamtlicher Seite, ist besonders wichtig. Dringend zu empfehlen ist bei einer Demenz-

Jeder Pflegebedürftige ist anders. Erkrankungen wie

beispielsweise Demenz oder Krebs erfordern spezielle Kenntnisse,

Fähigkeiten und eine besondere Unterstützung.

24 * Gemeinsam stark sein

© S

BK

Page 25: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Deutsche Alzheimer Gesellschaft www.deutsche-alzheimer.de

Wegweiser Demenz des Bundesfamilienministeriumswww.wegweiser-demenz.de

Alzheimer-Angehörigeninitative www.alzheimerforum.de

Aktion Mensch e.V. www.familienratgeber.de

Bundesvereinigung Lebens hilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V www.lebenshilfe.de

Deutsche Stiftung Patientenschutz www.stiftung-patientenschutz.de

Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V. www.dhpv.de

Krebsinformationsdienst des Deut-schen Krebsforschungszentrums www.krebsinformationsdienst.de

Deutsche Krebshilfe www.krebshilfe.de

Suche nach Selbsthilfe gruppen: www.selbsthilfe-online.de

Webtipps

erkrankung eines Angehörigen der Kontakt zu Selbsthilfegruppen, allen voran der Deutschen Alzheimer Ge-sellschaft, die überall in Deutschland regionale Gruppen hat.

Leben mit Schwerstbehinderung

Menschen mit schwersten körperli-chen oder geistigen Behinderungen sollen so selbstständig wie möglich leben. Gleichzeitig benötigen sie in hohem, persönlich unterschiedlichen Maß Schutz und Hilfe. Familien tra-gen meist den Hauptanteil der Betreuung, Erziehung und Pflege ih-rer schwerstbehinderten Angehöri-gen. Die Bedürfnisse nach Hilfe und Entlastung sind je nach Einschränkun-gen und Möglichkeiten des Betroffe-nen und der Lebenssituation in den einzelnen Familien sehr unterschied-lich. Die Unterstützungsmöglichkeiten reichen vom familienentlastenden Dienst über Bildungsangebote bis zur Seniorenbegleitung. Allerdings sind die Vielzahl der Angebote und gesetz-lichen Regelungen und der Dschun-gel der Zuständigkeiten oft schwer zu durchschauen. Eine erste Anlaufstelle kann eine Beratungsstelle der Wohl-fahrts- oder Fachverbände (z. B. Cari-tas oder Lebenshilfe) sein oder ein Pflegeberater ihrer Pflegekasse. Im Internet geben Lebenshilfe oder Akti-on Mensch einen ersten Einblick in Hilfsmöglichkeiten und ermöglichen

den Austausch mit anderen Angehö-rigen.

Krebs: Gemeinsamer Kampf ums Leben

Die Diagnose Krebs bedeutet den Beginn eines Kampfes um Leben und Tod. Oft leiden die Angehörigen auf ihre Weise nicht weniger als die Betroffenen. Operationen, Chemothe-rapie, Bestrahlung – ständig wechseln Zeiten von Hoffen, Bangen und War-ten mit solchen der Gewissheit, dass eine Therapie angeschlagen hat – oder auch nicht. Neben den medizinischen Informationen und Unterstützungs-angeboten ist in dieser Situation für Betroffene wie Angehörige der Aus-tausch mit Gleichgesinnten in Selbst-hilfegruppen von großem Nutzen. Haben die auf Heilung zielenden Bemühungen keinen Erfolg mehr, richtet sich die Behandlung stärker auf die Linderung von Beschwerden und ein Leben in Würde und mit Qualität bis zum letzten Atemzug. Die ambu-lante palliativmedizinische Versorgung kann in dieser Situation helfen, dass Kranke und Angehörige bis zuletzt ge-meinsam zu Hause leben. Spezialisierte Palliativstationen der Kranken häuser und Hospize ermögli-chen eine würdevolle letzte Lebens-spanne, auch wenn die Versorgung daheim nicht mehr möglich ist (siehe Seite 48).

Von jetzt auf gleich: Schlaganfall

Besonders plötzlich kann ein Schlag-anfall zur Pflegebedürftigkeit führen. Oft ist zu Beginn noch nicht abseh-bar, wie weit sich der Betroffene wie-der erholen wird. Nicht wenige müs-sen zeitlebens mit erheblichen Einschränkungen zurecht kommen, die oft auch Kommunikation, Wahr-nehmung, Aufmerksamkeit und Stimmung betreffen. Mithilfe des Bobath-Konzeptes soll die Regenera tion der betroffenen Hirnareale unterstützt werden. Fra-gen Sie bereits in der Klinik danach!

* Gemeinsam stark sein 25

© S

BK

Page 26: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

In der Pflegeberatung erfahren Sie von ganz unterschiedlichen Schick-salen. Haben Sie ein spezielles Vorgehen bei den Erstgesprächen?

Ja, ich beginne das erste Gespräch meist gleich: Als Pflegeberaterin möchte ich mir zunächst ein genaues Bild machen von der individuellen Situation des Kunden. Dazu stelle ich Fragen zum persönlichen Umfeld, zum sozialen Netzwerk, zum Hilfebe-darf und zum Grund der Antragstel-lung. Hierbei möchte ich entscheiden, ob eine einmalige Pflegeberatung ausreicht oder eine ausführliche, län-gerfristige Pflegeberatung notwendig ist. Dazu habe ich wiederum eine ge-naue Vorstellung, die nicht nur die Planung der Hilfe, sondern auch das beobachtende Weiterverfolgen sowie eine Auswertung einschließt.Man könnte auch sagen, hier ent-scheidet sich meine Lotsenfunktion: Ist der Kapitän in Not oder die Mann-schaft, kommt der Lotse mit an Bord. Er nimmt dann das Ruder in die Hand – der Lotse hat alle notwendigen Dienste, Dienstleistungen, Netzwerke im Blick, er plant mit allen Akteuren an Bord, leitet, steuert, überwacht und überprüft das Ergebnis und fängt gegebenenfalls wieder am Anfang an, so lange bis der Kapitän und sei-ne Mannschaft wieder alles selbst meistern, was notwendig ist.

Einer meiner sehr komplexen Fälle war ein schwerkranker Säugling, der mit seiner Mutter gleich nach der Geburt aus der Klink entlassen wurde, ohne Beratung, ohne Hilfs-mittel, ohne Perspektiven – auch dachte keiner an die Geschwister, den berufstätigen Vater oder daran, wie die Mutter über eine langfristi-ge Versorgung hinweg selbst ge-sund bleiben sollte. Zunächst herrschte Chaos, es ging um Hilfs-mittelversorgung, 24-Stunden- Betreuung und hauswirtschaftliche Belange – sogar um die Hausauf -gabenbetreuung der anderen Kin-der. Die Begleitung dauerte etwa eineinhalb Jahre bis hin zur Fami-lien-Reha. Inzwischen hat die Fami-lie einen guten Weg gefunden; die Mutter arbeitet wieder stundenwei-se, weil ihr der Beruf Spaß macht

Lotsen durch den Pflege dschungel

Es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Pflegeberatung. Ziel ist die

umfassende Informa tion und konkrete Hilfe in allen Fragen rund um

die Pflege. Sylvia Sommer, Pflegeberaterin der SBK, erklärt auch

anhand konkreter Beispiele, was die Pflegeberatung leisten kann.

26 * Gemeinsam stark sein

Sylvia Sommer, Pflegeberaterin der SBK

Wie fast alle Pflegeberaterinnen und Pflegeberater der SBK hat Sylvia Sommer neben ihrer langjährigen Berufserfahrung in der Beratung als ausgebildete Krankenschwester auch eine Zusatzquali fizierung. Zudem verfügt sie über eine abge-schlossene Weiterbildung als Pflegeberaterin sowie als Case Managerin.

Können Sie dem Versicherten dann auch sofort hilfreiche Maßnahmen anbieten?

Ja, dazu fällt mir immer ein guter Tipp ein. Wir stellen zunächst meist einen Antrag an die Pflegeversiche-rung. Natürlich gibt es auch die Situ-ation, wo ein Kunde diese Antrag-stellung als den richtigen Weg sieht und nun enttäuscht wird, weil er die Voraussetzungen noch nicht erfüllt – dann bieten wir ihm eben eine an-dere Möglichkeit an.

Viele sind bei plötzlich auftretenden Pflegefällen dann nicht nur organisa-torisch, sondern auch emotional überfordert. Können Sie Ihnen auch hierbei helfen?

Alleine die Tatsache, dass wir dem Kunden aktiv zuhören, ihn oder seine Angehörigen ernst nehmen, die nächsten Schritte mit ihm planen und festlegen, bringt Klarheit. Es er-zeugt auch Ruhe in einer aufgeregten problematischen Situation und schafft Vertrauen. Individuelle Fach-kompetenz ist hier eine echte Hilfe.

Haben Sie ein konkretes Beispiel für einen schwierigen Fall bzw. ein Beispiel, bei dem Sie stolz darauf sind, einem Kunden wirklich weiter-geholfen zu haben?

Page 27: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

und für sie persönlich eine Entlas-tung darstellt. Dies sind Herausfor-derungen, auf die ich stolz bin, sie gemeistert zu haben. In meiner langjährigen Erfahrung gibt es einige Fälle, die mir in Erin-nerung bleiben und ich erlebe auch Kunden, die eine Pflegeberatung mehrmals nutzen. Oft begleite ich Familien, in denen zunächst der Pflegebedürftige im Vordergrund steht, dann kommt ein weiterer Schicksalsschlag und wir kümmern uns nun beispielsweise auch um die erkrankte Pflegeperson.

Wo liegen für Sie die Herausforde-rungen bei ihrer Arbeit?

Die Bandbreite der Kunden im Le-benszyklus zu erleben. Wir beraten Eltern mit Säuglingen, Klein- und Schulkinder, Menschen mit akuter und chronischer Erkrankung, behin-derte Menschen und deren Angehö-rige in jedem Lebensalter, Menschen in der letzten Lebensphase und un-

sere große Gruppe der Senioren. Jeder für sich hat schon eine andere Art von problematischer Situation, die es zu bewältigen gilt. Meine Auf-gabe ist es, immer wieder neu tral zu bleiben und mich den individuellen Situationen zu stellen.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten der Unterstützung durch die Pflegeversicherung?

Wenn wir die aktuelle Situation der Pflegeversicherung anschauen, dann hat sich einiges getan in den letzten Jahren zunächst durch die Einfüh-rung der „eingeschränkten Alltags-kompetenz“, und es sind weitere Ver-besserungen gekommen, wie jetzt mit dem neuen Begriff der Pflegebe-dürftigkeit und den daraus resultie-renden Pflegegraden. Natürlich passt nicht immer jedes Angebot zur Situation. Ein großes Problem sind die Hilfestellungen für Kinder, weil hier oft Versorgungsan-gebote fehlen oder überhaupt nicht

SBK-Pflegeberatung

Seit dem 1.1.2016 hat jeder Versicherte einen gesetzlich verbürgten Anspruch auf eine Pflegeberatung innerhalb von zwei Wochen – auf Wunsch auch im häuslichen Umfeld. Die SBK hat als eine der ersten Kassen flächendeckend Pflegeberater ausgebildet. Die Kundenberater vermitteln den Kontakt zur SBK-Pflege beratung, oder wenden Sie sich an das SBK-Kundentelefon unter 0800 0 725 725 725 0 (gebührenfrei innerhalb Deutschlands).

* Gemeinsam stark sein 27

passen. Zusätzlich ist spürbar, dass die ambulante Pflegesituation in eine Schieflage gerät: Es fehlen ambulan-te Pflegekräfte mit einer guten Aus-bildung und es fehlen ehrenamtliche Helfer in der Nachbarschaftshilfe oder in hauswirtschaftlichen Diensten.

Gerade in der häuslichen Pflege gibt es oft Überforderung und Enttäu-schung. Können Sie pflegenden Angehörige solche Situationen leichter zu machen?

Vor allem bei der Pflege von de-menzkranken Menschen sind die Grenzen sehr schnell erreicht und es kann auch zu Gewalt in der Pflege kommen. Um dies zu vermeiden, un-terstützen wir die Angehörigen mit der Erstellung von Szenarien, damit sie Hilfe annehmen. Es gilt, Freiräu-me rechtzeitig schaffen, Entlastungs-angeboten zu nutzen: Es gibt Urlaubs angebote gemeinsam mit Pflegebedürftige oder Demenzkran-ken und es gibt Rehamaßnahmen speziell für pflegende Ange hörige.

Wie arbeiten Kunden- und Pflegebe-rater bei der SBK zusammen?

Bei der SBK arbeiten wir im Rahmen des Fallmanagements Hand in Hand. Kurze Wege innerhalb der SBK er-möglichen dabei einen unkomplizier-ten und schnellen Austausch im Sin-ne des Kunden.

Was ist Ihr persönlicher Tipp für Angehörige, die einen Pflegefall betreuen?

Rechtzeitig Entlastung einplanen, sich selbst nicht aufgeben, sich eine posi-tive Grundeinstellung erhalten. Zu-geben, dass nicht jeder Mensch zum Pflegen geboren ist, und dann die Lösung akzeptieren. Und vor allem nicht vergessen: Pflegezeit ist Lebenszeit!

Page 28: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Was ist ein Pflegestützpunkt?

Ein Pflegestützpunkt ist eine neutrale Beratungsstelle für Bürger, die kos-tenlos und neutral ist. Lassen Sie sich zu allen Belangen rund um das Thema Pflege dort beraten, zu pfle-gebedürftigen Kindern bis hin zur Pflege älterer Menschen.

Was macht ein Pflege stützpunkt?

Im Grunde gibt es drei Schwerpunkte: Zum einen die allgemeine Information und Auskunft, z. B. über Leistungsan-sprüche oder Stellen, an die ich mich wenden kann. Dann bieten wir eine Beratung für den konkreten Einzelfall, wo aber der Anfragende relativ viel selber machen kann: Wir stellen ihm Informationen und Arbeitsmaterialien zur Verfügung und begleiten ihn mit Rat und Tat. Die dritte Variante ist dann die intensive fallspezifische Beratung im Sinne des „Case-Managements“. Dort geht es nicht nur um Information, sondern auch um Begleitung, weil der Hilfesuchende sein komplexes Prob-lem nicht selber lösen kann. Wir ver-suchen dann mit allen Ansprechpart-nern, die dazu notwendig sind, sein Versorgungsproblem zu lösen, Kon-takt aufzunehmen und die Weichen zu stellen, dass die Versorgung so erfolgt, wie er sich das wünscht.

Offen, unabhängig, kostenfrei

Egal wie alt, egal wie versichert: In Pflegestützpunkten erhalten alle Bürger Information und Unterstüt-zung in Fragen der Pflege, erläutert Walter Haßelbacher, Leiter des Pflegestützpunkts Siemensstadt in Berlin.

Kommen Sie auch ins Haus?

Ja, wir machen auch Hausbesuche, z. B. wenn jemand nicht in der Lage ist, zu uns zu kommen, oder wenn wir uns die Pflegesituation vor Ort an-schauen müssen. Auch bei der Hilfs-mittelberatung oder Wohnumfeldbe-ratung ist der Hausbesuch wichtig.

Was ist der Unterschied zu anderen Beratungsangeboten?

Mitarbeiter aus der Pflegeversiche-rung kennen sich vor allem sehr gut mit den Rechtsnormen aus, haben aber in aller Regel nicht die Zeit, um-fassend zu beraten und auch den Ver-sicherten zu besuchen. Der Pflegebe-rater der Pflegekasse berät nur kassenintern, also nur die Mitglieder der einzelnen Kasse und deren An-gehörige. Und der ambulante Pflege-dienst berät zwar auch zu Hause, hat aber natürlich ein Interesse daran, Kunden zu gewinnen und zu binden und steht in Konkurrenz zu anderen ambulanten Pflegediensten. Der Pfle-gestützpunkt unterliegt keinen Markt-zwängen und ist für alle offen.

Wer bezahlt die Pflege stützpunkte?

Es gibt verschiedene Modelle, z. B. können die Kosten nach dem Anteil

der betreuten Versicherten auf die Pflegekassen umgelegt werden. In Berlin zahlt dagegen jeder Träger eines Pflegestützpunktes die Kosten selbst und rechnet die Beratung mit der entsprechenden Pflegekasse ab. Für den Kunden ist die Beratung in jedem Fall kostenfrei, unabhängig und in jedem Pflegestützpunkt möglich.

Was ist Ihre persönliche Motivation für die Arbeit?

Als ich in der Pflegeberatung der Kasse direkt gearbeitet habe, war ich noch kein großer Freund der Pflege-stützpunkte. Mit der Übernahme der Verantwortung für diesen Pflegestütz-punkt wurde ich zunehmend über-zeugter davon. Erst im Pflegestütz-punkt merkt man, welches breite Angebot zur Verfügung steht und wie man das sinnvoll einbringen kann. Die Menschen haben einen riesigen Beratungs- und Hilfebedarf, egal ob sie schon lange pflegen oder erst frisch dazukommen. Entsprechend bringen sie uns eine große Dankbar-keit entgegen. Der Pflegestützpunkt als Anlaufstelle, an die sich Menschen wenden können, um all ihre Fragen zu stellen, um Orientierung zu be-kommen, das ist wirklich ein vernünf-tiges und ein sinnvolles Angebot.

Was kann man tun, wenn es keinen Pflegestützpunkt gibt?

Es gibt immer die Möglichkeit, sich an seine Pflegekasse zu wenden. Jede Kasse, die keinen Pflegestütz-punkt unterstützt, muss eine eigene Pflegeberatung anbieten. Dann gibt es auch Seniorenberatungsstellen, Altenhilfestellen oder ähnliches bei der Stadt oder dem Kreis. Man kann sich auch an Selbsthilfegruppen oder allgemeine Beratungsstellen wenden, z. B. vom Deutschen Roten Kreuz, der Diakonie oder den Johannitern.

28 * Gemeinsam stark sein

Page 29: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© x

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

x Kräfte bündeln 29

© S

BK

© S

BK

Kräfte bündeln

Sich für die Pflege eines Angehörigen zu entscheiden, heißt auch, alle

Bereiche des Lebens neu zu strukturieren: Arbeit, Finanzen, die Wohnung

und das Miteinander in der Familie.

Page 30: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Pflegestärkungsgesetz II: Bessere Versorgung dank neuer „Pflegegrade“

Warum „Pflegegrade“ statt „Pflegestufen“?

Eine grundlegend neue Definition von Pflegebedürftigkeit macht ab dem 1.1.2017 ein verändertes Begut-achtungssystem nötig.Dabei wird erstmals körperliche, geistige und psychische Pflegebe-dürftigkeit gleichrangig bewertet. Ausschlaggebend für die Pflegeleis-tungen ist allein, wie selbstständig der Einzelne seinen Alltag bewälti-gen kann – das frühere Begutach-tungsverfahren, bei der ein nötiger Betreuungs- und Unterstützungsbe-darf nach Minuten berechnet wurde, entfällt damit. Pflegebedürftige wer-den durch das Gesetz besser ver-

Stand in der ersten Stufe des neuen Pflegestärkungsgesetzes noch die

Frage im Vordergrund, wie sich Beruf und Pflege besser verbinden lassen,

geht es im nächsten Schritt darum, die Pflegebedürftigkeit besser und

nachvollziehbarer einzuschätzen und entsprechend zu helfen.

sorgt und deren pflegende Angehö-rige sowie Pflegekräfte zusätzlich unterstützt. Statt bisher drei Pflegestufen gibt es fünf Pflegegrade. So werden Art und Umfang der Leistungen genauer auf den Bedarf abgestimmt. Dabei wird der Fokus auf die vorhandene Selbstständigkeit gelegt: Der Hilfe-bedarf bemisst sich daran, was der pflegebedürftige Mensch im Alltag noch selbst bewerkstelligen kann. Das heißt auch, dass die Bedürfnis-se von Menschen mit einer demen-ziellen Erkrankung bereits bei der Einstufung in einen Pflegegrad be-rücksichtigt werden. So erhalten insbesondere Menschen mit De-menz und anderen gerontopsychia-

trischen Erkrankungen einen besse-ren und schnelleren Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung.

Wie wird künftig begutachtet?

Im Rahmen einer Begutachtung in der häuslichen Umgebung wird der Grad der Selbstständigkeit in ver-schiedenen Bereichen erfasst.* Mobilität – körperliche Beweglich­

keit: Wie selbstständig kann jemand aufstehen, Treppen steigen oder sich in der Wohnung bewegen?

* Kognitive und kommunikative Fä­higkeiten – Verstehen und Reden: Wie gut kann sich z. B. jemand ört-

30 * Kräfte bündeln

10 %Mobilität

15 %Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

VerhaltensweisenVVund deren Problemlagen

40 %Selbst-versorgung

(Körperpflege, Ernährung)

20 %Umgang mit

krankheits- spezifischen/ therapie-bedingten Anforderungen

15 %Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte

Die neue Definition des Begriffs der Pflegebedürf­tigkeit erfordert eine neue Art der Begutachtung: Die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder Fähigkeitsstörungen wird in fünf verschiedenen Be­reichen (Modulen) und einem Unterbereich ge­prüft und wie neben­stehend angegeben ge­wichtet. Je nach erreichter Punktzahl wird ein ent­sprechender Pflegegrad zugeordnet.

Page 31: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

lich und zeitlich orientieren, Dinge merken oder Gefah-ren erkennen?

* Unterbereich Verhaltensweisen und psychische Prob­leme: Wie gut kann jemand sein Verhalten steuern? Ist die Person aggressiv, nachts unruhig oder schädigt sie sich selbst?

* Selbstversorgung – Handlungen im Alltag: Wie selbst-ständig kann sich jemand duschen, pflegen und anzie-hen? Wird die Toilette selbstständig benutzt? Wird beim Essen und Trinken Unterstützung benötigt?

* Umgang mit krankheits­/therapiebedingten Anforde­rungen und Belastungen: Inwieweit kann jemand eine Krankheit oder eine Therapie ohne Hilfe bewältigen?

Kann eine Person Medikamente selbstständig einneh-men? Ist bei Verbandswechsel oder Wundversorgung Unterstützung nötig?

* Alltag und soziale Kontakte: Wie selbstständig kann die Person den Tagesablauf gestalten? Kann sie über den Tag hinaus planen und bestehende Kontakte pfle-gen?

Unter Anwendung eines gesetzlich vorgegebenen Punkte- und Gewichtungssystems (siehe Schema S. 30 unten) wird der Pflegegrad ermittelt. Dabei entsteht ein Pflegegrad 1, der auch Menschen zugutekommt, die früher möglicherweise keine der bestehenden Pflege-stufen erreicht hätten.

Was wird aus den festgestellten „Pflegestufen“?

Pflegebedürftige, die bis zum 31.12.2016 nach „altem“ Recht einer Pflegestufe zugeordnet wur-den, brauchen keinen Antrag auf Feststellung des Pflegegrades ab 2017 zu stellen. Denn hier hat der Gesetzgeber eine gesetzliche Überlei-tung vorgesehen. Dabei wird die Pflegestufe in einen entsprechend festgelegten Pflegegrad überführt (s. Tabelle links). Personen, bei denen bis zum 31.12.2016 eine eingeschränkte Alltags-kompetenz aufgrund demenzieller oder psychi-scher Erkrankung festgestellt wurde, erhalten einen Pflegegrad, der um zwei Ziffern höher liegt als die vormalige Pflegestufe.

Überleitungsregelungen des Pflegestärkungsgesetzes II

bis 31.12.2016 wird übergeleitet ab 1.1.2017

Keine Pflegestufe mit EA* ➲ Pflegegrad 2

Pflegestufe 1 ohne EA ➲ Pflegegrad 2

Pflegestufe 1 mit EA ➲ Pflegegrad 3

Pflegestufe 2 ohne EA ➲ Pflegegrad 3

Pflegestufe 2 mit EA* ➲ Pflegegrad 4

Pflegestufe 3 ohne EA ➲ Pflegegrad 4

Pflegestufe 3 mit EA ➲ Pflegegrad 5

Härtefälle ➲ Pflegegrad 5

* Kräfte bündeln 31

* eingeschränkte Alltagskompetenz

Page 32: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Mit der zweiten Stufe des Pflegestärkungsgesetzes

ändern sich die Regeln, nach der finanzielle Hilfen

gewährt werden. Noch stärker als zuvor werden auch

geistige Defizite bewertet, wenn sie zu Einschränkungen

in der Bewältigung des Alltags führen.

Seit 1995 leistet die Pflegeversi-cherung als jüngste Pflichtver-sicherung Hilfe bei Pflegebe-

dürftigkeit. Leistungen erfolgen individuell, das heißt auf jeden Ein-zelfall bezogen. Sie bestehen aus der Zahlung eines Pflegegeldes bei Pflege durch eine Privatperson oder der Übernahme der Pflegekosten bei professioneller ambulanter oder (teil-)stationärer Pflege. Auch Kosten für Pflegehilfsmittel und wohn-umfeld verbessernde Maßnahmen können übernommen und Ehren-amtliche unter stützt werden. Auskunft über die Möglichkeiten im

dem neuen Begutachtungsinstru-ment NBA nach einem Punktesys-tem. Dabei gilt: Je mehr Punkte der Begutachtete erhält, einen umso hö-heren Pflegegrad und umso mehr Pflegeleistungen genehmigt seine Pflegekasse. Dabei entfällt die früher übliche „Mi-nutenzählerei“, mit der ein möglicher Zeitbedarf der Pflege – vor allem bei der Körper pflege, der Ernährung, der Mobilität und der haus wirt-schaftlichen Versorgung – ermittelt werden sollte. Nun werden auch Din-ge wie die Gestaltung des Alltagsle-bens sowie der sozialen Kontakte oder der Umgang mit den Aufwen-dungen, die eine Krankheit nötig ma-chen, mit berücksichtigt (s. S. 30 f.).Die gültigen Richtlinien des MDK zur Pflegebegutachtung finden Sie im Internet unter mdk.de/324.htm

Erhöhte Leistungen für Menschen mit Demenz

Wurden bereits mit der ersten Stufe des Pflegestärkungsgesetz neben Menschen mit körperlichen Ein-schränkungen erstmals auch Men-schen mit Demenz, einer psy- Fo

to: ©

SB

K

Einzelfall gibt der SBK-Pflege-berater.

„Pflegegrade“ werden einge-führt

Um die Leistungen der häuslichen als auch der vollstationären Pflege besser abschätzen zu können, findet zunächst eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Kran-kenversicherung (MDK) statt. Der MDK ermittelt, wie selbständig der zu Pflegende noch im Alltag zurecht kommt und wobei er Hilfe benötigt. Das ermitteln die Gutachter mit

Die neuen Leistungen in den fünf Pflegegraden (PG) im Überblick

Hauptleistungsbeträgeim PSG II in Euro PG 1 PG 2 PG 3 PG 4 PG 5

Geldleistung ambulant - 316 € 545 € 728 € 901 €

Sachleistung ambulant - 689 € 1.298 € 1.612 € 1.995 €

Entlastungsbetrag ambulant(zweckgebunden) 125 € 125 € 125 € 125 € 125 €

Leistungsbetrag vollstationär 125 € 770 € 1.262 € 1.775 € 2.005 €

Finanzielle Hilfen nutzen

32 * Kräfte bündeln

Page 33: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

chischen Erkrankung oder geistig Behinderte in ihrer Pflegebedürftig-keit erkannt, werden durch die neu-en Pflegegrade durch einen „Dop-pelsprung“ gerade diese Menschen besonders berücksichtigt: Bestand vorher beispielsweise Pflegestufe 0, so erhalten sie nach der neuen Rege-lung Pflegegrad 2; bei Pflegestufe 1 Pflegegrad 3 u.s.w. Durch den neuen Pflegebedürftig-keitsbegriff und die neuen Bewer-tungsmaßstäbe wird es nun auch unterhalb der früheren Pflegestufe 0 noch einen Pflegegrad 1 geben (s. Definitionen rechts). Hier wird es zu-mindest einen zweckgebundenen ambulanten Entlastungsbetrag (für Leistungen der Tages- oder Nacht-pflege, der Kurzzeitpflege, Leistun-gen ambulanter Pflegedienste oder Leistungen zur Unterstützung im All-tag) sowie einen Zuschuss, falls eine vollstationäre Pflege nötig wird.

Sie haben die Wahl und können kombinieren

Grundsätzlich bietet die Pflegekasse Leistungen sowohl für die professio-nelle stationäre oder ambulante

Pflegebedürftigkeit

Erheblicher Hilfebedarf bei All-tagsverrichtungen des täglichen Lebens über voraussichtlich min-destens sechs Monate wegen Krankheit, Behinderung oder psy-chischer Beeinträchtigung.

Pflegegrad 1* Geringe Beeinträchtigung der

Selbständigkeit (12,5 bis unter 27 Punkte)

Pflegegrad 2* Erhebliche Beeinträchtigung der

Selbständigkeit (27 bis unter 47,5 Punkte)

Pflegegrad 3* Schwere Beeinträchtigung der

Selbständigkeit (47,5 bis unter 70 Punkte)

Pflegegrad 4* Schwerste Beeinträchtigung der

Selbständigkeit (70 bis unter 90 Punkte)

Pflegegrad 5* Schwerste Beeinträchtigung

der Selbstständigkeit mit be-sonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 bis 100 Punkte). Unter 90 Punkte können Pflege-bedürftige trotzdem Pflegegrad 5 erhalten. Dies betrifft die bisheri-gen Härtefälle mit „spezifischem, außergewöhnlich hohen Hilfebe-darf mit besonderen Anforderun-gen an die Pflegeversorgung“.

Mehr Informationen zum Begut-achtungssystematik erhalten Sie zum Beispiel beim mds auf der Homepage unter Richtlinien/ Publikationen bei den bestell baren Broschüren: www.mds-ev.de

Definitionen Pflege als auch die Pflege durch Angehörige zu Hause. Ist eine dauer-hafte Betreuung in einem Pflege-heim notwendig, übernimmt die Pflegekasse des Pflegebedürftigen die Kosten für Leistungen bei voll-stationärer Pflege entsprechend dem Pflegegrad. Die Wahl unter den zu-gelassenen Einrichtungen und Diensten steht Ihnen frei.Entscheiden Sie sich für die häusli-che Pflege, kommen Pflegesachleis-tungen und Geldleistungen infrage, die Sie auch kombinieren können. Als Pflegesachleistungen bezeichnet man die Unterstützung durch profes-sionelle Pflegedienste, die bis zu ei-nem bestimmten Betrag direkt von der Pflegekasse bezahlt werden. Geldleistungen erfolgen in Form eines Pflegegelds an den Pflege-bedürftigen, wenn der Pflegebedürf-tige durch eine vertraute Person gepflegt wird.

Kurzzeitpflege

Kann ein Pflegebedürftiger zu Hausenicht ausreichend gepflegt werden,oder ist eine Ergänzung der häusli-chen Pflege zur Entlastung der Pflege-person sinnvoll, übernimmt die Pfle-geversicherung die Kosten für die Pflege in einem Heim (siehe Seite 12).Sie können die Kurzzeitpflege bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr nut-zen und die Leistungen liegen bei maximal 1.612,– € pro Jahr, unab-hängig vom Pflegegrad. In dieser Zeit wird das Pflegegeld hälftig wei-tergezahlt. Durch nicht in Anspruch genommene Verhinderungspflege kann die Leistung der Kurzzeitpflege auf bis zu maximal 3224,- € im Kalenderjahr ausgeweitet werden.

Verhinderungspflege

Fällt der pflegende Angehörige aus, kann die Verhinderungspflege hel-fen, die Zeit zu überbrücken. Die

Page 34: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Voraussetzung dafür: Der Pflege-bedürftige wurde zuvor mindestens sechs Monate daheim gepflegt. Verhinderungs pflege ist bis zu einer Gesamtdauer von sechs Wochen pro Kalenderjahr möglich. Die Leistung ist auf maximal 1.612,– € im Jahr be-schränkt. Die Pflegever tretung kann dabei selbst orga nisiert werden. Sie kann durch einen Pflegedienst oder andere Familien mitglieder erfolgen. Das Pflegegeld wird in dieser Zeit für max. 28 Tage weitergezahlt. Bitte sprechen Sie bei Pflege durch Ange-hörige zur Kosten übernahme mit Ihrem Pflegeberater. Verhinderungspflege lässt sich seit 2015 auch mit Kurzzeitpflege kombi-nieren und umgekehrt. Wer auf Kurz-zeitpflege verzichtet, kann also bei-spielsweise eine Leistung von maximal 2418,- € erhalten.

Wer eine Zeitlang nicht mehr arbei-tet, um einen Angehörigen zu pfle-gen, ist auch nicht mehr automa-tisch sozialversichert. Doch die Pflegeversicherung unterstützt Sie auch in diesem wichtigen Bereich. Sie zahlt die Rentenbeiträge für Pflegepersonen, die Pflegebedürfti-ge ab Pflegegrad 2 mindestens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage, pflegen. Der Rentenbeitrag steigt mit zunehmen-dem Pflegegrad und kann dabei

Selber pflegen – gut versichert

Wer für Pflegebedürftige zu Hause die Betreuung übernimmt, ist auch selbst abgesichert.

auch auf mehrere Pflegepersonen aufgeteilt werden.Zudem zahlt die Pflegeversicherung Beiträge zur Arbeitslosenversiche-rung für Pflegepersonen, die aus dem Beruf aussteigen. Pflegende Angehörige sind außer-dem auch unfallversichert. Die Bei-träge werden vom Unfallversiche-rungsträger der Gemeinde, in der der Pflegehaushalt liegt, getragen.

Soll ich mich zusätzlich versichern?

Da die gesetzliche Pflegeversiche-rung nicht alle Pflegekosten abdeckt, bieten Unternehmen der privaten Krankenversicherungen Pflegezu-satzversicherungen an. Der Vergleich der verschiedenen Leistungen ist nicht immer einfach. Da gibt es z. B. Tage- oder Monatsgeld durch die Zusatzversicherung, eine prozentua-le Erstattung des Versicherungssat-zes je nach Pflegegrad und Pflegeart sowie eine prozentuale Erstattung der Restkosten. In der Regel lohnt sich eine solchePflegezusatzversicherung bereitsin jüngeren Jahren. Ebenso kann infortgeschrittenem Alter eine privateVersicherung sinnvoll sein: Seit 2013fördert der Staat private Pflegeversi-cherungen mit 60,– € im Jahr.

Hilfsmittel und Technik

Soweit nicht von anderer Seite fi-nanziert, übernimmt die Pflegekasse auch die Versorgung mit bestimmten Pflegehilfsmitteln. Außerdem be-kommen Sie technische Hilfen im Haushalt und Unterstützung bei pfle-gebedingten Umbaumaßnahmen in der Wohnung (bis zu 4.000,– € je Maßnahme, siehe Seite 36 f).

Beihilfe bzw. Heilfürsorge

Personen, die bei Krankheit oder Pflege nach Beamtenrecht Anspruch auf Beihilfe oder Heilfür sorge haben, erhalten die jeweils zustehenden Leistungen zur Hälfte (gilt auch für den Wert von Sach leistungen). Zu weiteren Leistungen bei Pflegebe-dürftigkeit informieren wir Sie auf den folgenden Seiten.

Beratung

Der SBK-Pflegeberater hilft Ihnen, dass die Pflege auf Ihren Bedarf ausgerichtet wird. Ihr Kundenberater vermittelt den Kontakt zur SBK-Pflegebera-tung oder wenden Sie sich an das SBK-Kundentelefon unter 0800 0 725 725 725 0 (gebührenfrei innerhalb Deutschlands).

Tipp

Als SBK-Kunde profitieren Sie von Zusatzversicherungen, die wir gemeinsam mit unserem Koopera tionspartner ARAG zu besonderen Konditionen anbie-ten. Mehr Informationen finden Sie unter www.sbk.org/zusatzversicherungen

34 * Kräfte bündeln

Page 35: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Erna Wunfrieds* Rente ist beschei-den. Schon bevor sie pflegebedürftig wurde, musste die 81-jährige, kinderlose Witwe jeden Cent um-drehen. Für das Pflegeheim, in dem sie inzwischen wohnt, reicht ihre Rente und das, was die Pflege-versicherung zahlt, vorne und hinten nicht aus. Doch es gibt weitere Unterstützungsmöglichkeiten.

Grundsicherung

Die Grundsicherung richtet sich nach dem Bedarf und soll im Alter oder bei voller Erwerbsminderung die Exis-tenz sichern, wenn, wie bei Erna

Wunfried, andere Leistungen nicht ausreichen. Eigenes Einkommen und Vermögen werden angerechnet, da Grundsicherungsleistungen nur Bedürftige bekommen sollen, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht vollständig bestreiten können. Beantragt wird sie beim Sozialamt.

Hilfe zur Pflege

In bestimmten Fällen reicht auch das nicht aus. Für nicht erwerbsfähige

Sonstige LeistungenDie Pflegeversicherung ist als Teilkaskoversicherung ange-legt, deckt also nicht alle Kosten im Rahmen der Pflegebe-dürftigkeit ab. Wer über zu wenig Einkommen oder Vermö-gen verfügt, um die übrigen Kosten aufzufangen, kann auf Hilfe von anderer Seite hoffen.

möglich, wenn eigenes Vermögen bis auf einen bestimmten Freibetrag auf-gebraucht wurde.

Zum Versorgungsamt?

Neben dem Sozialamt kann auch das Versorgungsamt Unterstützung bieten, z. B. in Fragen der Kriegs-opferentschädigung oder der Versor-gung von Soldaten und Zivildienst-leistenden. Zudem ist dieses Amt für alle Schwerbehindertenangelegen-heiten zuständig. Schwerbehinderte sind Personen, die aufgrund einer Behinderung in ihrer Erwerbsfähig-keit dauerhaft um wenigstens 50 Prozent gemindert sind. Der Grad der Behinderung wird auf Antrag durch die Versorgungsämter festge-stellt, die gegebenenfalls auch den Schwerbehindertenausweis ausstel-len. Mit dem Schwerbehindertenaus-weis können Nachteilsausgleiche in Anspruch genommen werden, z. B. je nach zusätzlichen Vermerken auch Freifahrten mit öffentlichen Verkehrs-mitteln, ggf. mit Begleitperson. * Name von der Redaktion geändert

Personen gibt es zusätzlich noch die „Hilfe zum Lebensunterhalt“. Dazu gehört auch die „Hilfe zur Pflege“ für stark behinderte und pflegebedürftige Personen, deren Bedarf über andere Leistungen nicht gedeckt ist. Die „Hilfe zur Pflege“ soll also die Lücken schlie-ßen, die z. B. zwischen den Kosten des Pflegeheims und den Einkünften aus Rente, Erwerbsminderungsrente oder Grundsicherung besteht. Am häufigs-ten unterstützt die „Hilfe zur Pflege“ Heimbewohner: Sieben von zehn Leistung sberechtigten lebten Ende 2013 in Wohn- oder Pflegeheimen. Die Hilfe setzt ein, sobald der Bedarf bekannt wird. Das kann schon durch einen Telefonanruf des Betroffenen oder seines Nachbarn beim Sozialamt geschehen.

Sozialgeld

Sozialgeld ist eine Leistung für hilfe-bedürftige Personen, die nicht er-werbsfähig sind, also keinen An-spruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) haben und mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der selbst Leistun-gen wie das ALG II erhält, zusammen-leben. Konkret sind das beispielswei-se Kinder bis zum 15. Geburtstag oder z. B. wegen einer Behinderung erwerbsunfähige Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die mit ihrer arbeitslosen Mutter zusam-men leben. Dazu gehören aber auch erwerbsunfähige Erwachsene, die keine Rente oder Erwerbsminde-rungsrente erhalten. Der Bezug von Sozialgeld ist wie der des ALG II erst

Tipp

Leistungen der Kommunen oder überörtlicher Träger bean-tragen Sie in der Regel beim Sozialamt. Ihr Pflegeberater vermittelt den Kontakt.

* Kräfte bündeln 35

Page 36: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

36 Kräftebündeln

©M

arcu

sLo

ren

z–

pan

ther

med

ia.n

et

Oftmerktmanerst,wieengesindereigenenWohnungist,wennmanaufHilfsmittelzur

Bewegungangewiesenist.Undwernichtmehrsomobilistwiefrüher,stelltfest,wieunpraktischbeispiels­weisederhoheBadewannenrandundderniedrigeToilettensitzsind.UmfreieDurchgängeinderWoh­nungzuschaffen,reichtdasUmstel­lenvonMöbelnmeistnicht.DieTü­renzumBadsindmeistzuschmal,

Das eigene Heim anpassen

Geschafft!NachdemSchlaganfallversagtenHorstKiesing*langedieBeine.

Jetztkannerwiederlaufen–allerdingsnurmitRollator.DawirddieWohnung

zumHindernisparcour.EinUmbaustehtan.

ummitRollatoroderRollstuhlbe­quemdurchzukommen.UndstattderBadewannewärejetzteinebodengleicheDuschevielgünstiger.WerinseinerWohnungbleibenwill,mussdeshalboftübereinenUmbaunachdenken.SindsolcheUmbautendieVoraus­setzungfürdiePflegedaheimodergarfüreinteilweiseselbstständigesLebendesPflegebedürftigenalleine,kanndiePflegeversicherungdie

Umbaumaßnahmenfinanziellunter­stützen.

Erst fragen, dann bauen

BevorSieMaßnahmenplanen,sprechenSiemitdemPflegeberaterIhrerPflegekasse.Wennnotwendig,kommterauchinIhreWohnung

©S

BK

*NamevonderRedaktiongeändert

Page 37: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

©x

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

x

rennachwohnumfeldverbesserndenMaßnahmenwerdendagegennichtnocheinmalunterstützt.

Vermieter nicht vergessen

WerzurMieteinHausoderWoh­nunglebt,solltebeiumfangreichenUmbaumaßnahmen,z.B.dieVerbrei­terungvonTüren,denEinbaueinerbodengleichenDuscheoderdenfes­tenEinbauvonRampenundTrep­penliften,unbedingtdenVermietermitindiePlanungeinbeziehen.NachheutigemMietrechtsinddieChancengut,seineZustimmungzubekommen.Maßnahmen,dienichtindieBausub­stanzeingreifen,dürfendagegenauchohneZustimmungdesVermie­tersdurchgeführtwerden.Dazuge­hörenbeispielsweisedasAnbringenvonHaltegriffenimBad,dieInstalla­tioneineserhöhtenToilettensitzes

oderdieBeseitigungvonStolperfal­lenimBodenbelag.ReineModerni­sierungsmaßnahmenwerdennichtbezuschusst.

Förderung nutzen

AuchvonandererSeitekönnenSieUnterstützungerhalten:DieBun­desländerstellenimRahmenvonverschiedenenProgrammenZu­schüssefürdiebehindertengerechteAnpassungderWohnungzurVerfü­gung,dieKreditanstaltfürWiederauf­bau(KfW)stelltEigentümernoderMieternfürdenaltersgerechtenUm­bauvonWohnungenzinsgünstigeDarlehenzurVerfügung.

HöhedesZuschusses:Biszu4.000,–€jeUmbaumaßnahme

Voraussetzungen

* DurchdenUmbauwirddiehäuslichePflegeermöglichtodererheblicherleichtertoderderPflegebedürftigekanndurchdenUmbauwiedereinmöglichstselbstständigesLebenführen,istalsowenigeraufPflegekräfteangewiesen.

* DieMaßnahmeistaufDauerangelegt.* SiebetrifftdenLebensmittelpunktdesPflegebedürftigen.* EsliegteineeingeschränkteAlltagskompetenz(z.B.Demenz)

odereinPflegegradvor.

Antrag

VorBeginnderMaßnahmemiteinemKostenvoranschlagbeiderPflegekasseeinenAntragstellen.

Zuschussfähigsindbeispielsweise

* EinbaueinesTreppenlifts* Einbaueinerbodengleichen(„barrierefreien“)Dusche* MontagevonEinstiegshilfenfürBadewannen* HöhenanpassungvonToilettensitzundWaschbecken

Leistungen zur Verbesserung des Wohnumfelds

undsprichtmitIhnenübersinnvolleUmbaumaßnahmen.ZurBewilli­gungeinessolchenZuschussesmussderMedizinischeDienstderKrankenkassendieNotwendigkeitderMaßnahmeempfehlen.WererstbautunddanndenZuschussbean­tragt,bekommtProbleme,dieNot­wendigkeitdesUmbausnachzuwei­senunderhältdahermeistkeineLeistungen.

Berechnung

DieHöhedesZuschussesderPflege­kasserichtetsichnachdenGesamt­kostendesUmbaus.Wasüberdiema­ximalbezuschussten4.000,–€hinausgeht,müssendiePflegebedürf­tigenallerdingsinjedemFallselbsttragen.BeiVeränderungderPflege­situationodernacheinemUmzugisteineerneuteFinanzierungeinerWohnanpassungmöglich.Reparatu­

* VerlegungvonSchalternundArmaturenfürRollstuhlfahrer

* Türverbreiterung

* VerlegungeinesrutschhemmendenBodenbelags

* AbsenkungdesBriefkastensaufGriffhöhe

* AbsenkungderFenstergriffe

* AbsenkungvonKüchenschränken,Arbeitsplatte,Herdusw.,EinbauherausfahrbarerUnterschränke

NichtzuschussfähigsindzumBeispiel

* Wärmedämmung,Schallschutz

* ReparaturschadhafterTreppenstufen

* Rollstuhlgarage

* Schönheitsreparaturen

* Modernisierungsmaßnahmen

* BeseitigungvonFeuchtigkeitsschäden©S

BK

* Kräfte bündeln 37

Page 38: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Patientenverfügung

In der Patientenverfügung legen Sie für den Fall eigener Entscheidungs-unfähigkeit bindend Behandlungs-wünsche fest. Die Verfügung muss schriftlich niedergelegt sein – egal ob handschriftlich oder mit Compu-ter – und mit Ort, Datum und eigen-händiger Unterschrift versehen. Damit Ihre Wünsche berücksichtigt werden, ist es wichtig, dass Sie kon-krete Krankheitszustände beschrei-ben, in denen Sie bestimmte Unter-suchungen und Behandlungen wünschen oder nicht wünschen. Ihr Hausarzt kann Ihnen bei der Formu-lierung helfen.Wichtig: Vermeiden Sie allgemeine Wünsche, wie „keine lebensverlän-gernden Maßnahmen“. Nennen Sie konkrete Krankheitszustände, in de-nen diese unterbleiben sollen. Be-

nennen Sie in der Patientenverfü-gung am besten zusätzlich eine Vertrauensperson, die im Falle der späteren Umsetzung bei der Ausle-gung der von Ihnen gewählten For-mulierungen helfen kann. Aktualisieren Sie die Verfügung regel-mäßig. Dazu genügt, sie einfach mit dem aktuellen Datum versehen er-neut zu unterschreiben, wenn Sie kei-ne Änderungen haben. Eine notarielle Beurkundung ist nicht notwendig.Eine Patientenverfügung sollten Sie jedoch so verwahren, dass insbeson-dere behandelnde Ärzte, Bevollmäch-tigte und Betreuungspersonen, aber gegebenenfalls auch das Betreuungs-gericht, von ihrer Existenz möglichst schnell und unkompliziert erfahren und sie auch lesen können. Weisen Sie, wenn möglich, bei der Aufnahme in ein Krankenhaus oder Pflegeheim auf Ihre Patientenverfügung hin.

An Verfügungen und Vollmacht denken!Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung regeln, was

passiert bzw. wer entscheidet, wenn Sie nicht mehr entscheiden können.

Sprechen Sie mit dem Pflege bedürftigen frühzeitig über seine Wünsche!

WebtippEine umfassend wirksame Patien-tenverfügung finden Sie beispiels-weise unter der Adresse www.dipat.de.

38 * Kräfte bündeln

Haben Sie eine Vertrauensperson bevollmächtigt, sollte auch diese in-formiert sein.

Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie für den Fall, dass Sie nicht mehr in der Lage sind, bestimmte Angele-genheiten selbst zu regeln, eine oder mehrere Personen bevollmächtigen, Entscheidungen mit bindender Wir-kung für Sie zu treffen. Das kann z. B.

Page 39: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

* Kräfte bündeln 39

in Gesundheitsfragen, aber auch in Behörden- oder finanziellen Angele-genheiten der Fall sein. Die von Ihnen bevollmächtigte Person trägt auch in Zweifelsfällen – also wenn eine be-stehende Situation nicht ausdrücklich von der Patientenverfügung abge-deckt ist – maßgeblich zur Ermittlung Ihres mutmaßlichen Willens bei.Zusammengefasst gilt: Haben Sie eine Vorsorgevollmacht, bestimmen Sie einen Bevollmächtigten, der Sie im Notfall vertritt. Andernfalls be-stimmt das Gericht Ihren gesetzlichen Betreuer.Sie haben zum einen die Möglichkei, eine Generalvollmacht zu erteilen. Das ist eine umfassende Vollmacht, die den Bevollmächtigten dazu be-rechtigt, alle Rechtsgeschäfte und ge-schäftsähnliche Handlungen vorzu-nehmen. Sie erkennen sie an der Standardformulierung „zur Vertre-tung in allen Angelegenheiten“. Eine Generalvollmacht berechtigt den Be-vollmächtigten jedoch nicht, Ihre ge-sundheitlichen Angelegenheiten zu

regeln. Bestimmte Entscheidungen können trotz einer Bevollmächtigung

nur durch das Betreuungsgericht ge-troffen werden. So z. B. die Unterbrin-gung in der geschlossenen Psychiat-rie, freiheitsentziehende Maßnahmen wie die Anwendung von Bauchgurten oder der Einsatz von Bettgittern und die Einwilligung in lebensbedrohliche Operationen. Für solche Fälle gibt es die Betreuungsverfügung.

Betreuungsverfügung

In der Betreuungsverfügung schla-gen Sie eine Person Ihres Vertrauens – und gegebenenfalls Ersatzperso-nen – vor, die vom Vormundschafts-richter als Ihr gesetzlicher berufsmä-ßiger Betreuer bestellt werden soll. So können Sie vermeiden, dass ein vom Gericht bestellter Betreuer über Ihr Wohl und Wehe entscheidet. Auch hier gilt: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung müssen nicht zwingend notariell beurkundet werden. Falls Sie hierzu Fragen ha-ben, berät Sie auch der SBK-Pflege-berater.

Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ergänzen sich gegenseitig und sollten daher immer zusammen bedacht werden:* Eine Patientenverfügung richtet sich direkt an Ärzte. Sie bezieht sich

nur auf die medizinische Versorgung. Mit einer Patientenverfügung bevollmächtigen Sie also keine Person zur Wahrnehmung Ihrer Inter-essen. Dazu bedarf es zusätzlich einer Vorsorgevollmacht oder Betreu-ungsverfügung.

* Eine Vorsorgevollmacht bietet umfassende Möglichkeiten, Ihre Ange-legenheiten von Dritten entscheiden zu lassen, falls Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Vorsorgevollmachten können Sie u. a. für die Be-reiche Vermögensverwaltung, Gesundheitsfürsorge, Pflegebedürftigkeit oder Wohnungsangelegenheiten ausstellen. Der Bevollmächtigte wird im Unterschied zur Betreuungsverfügung nicht gerichtlich überwacht.

* Eine Betreuungsverfügung macht immer dann Sinn, wenn Sie nie-mandem das nötige Vertrauen für eine Vorsorgevollmacht schenken. Hier können Sie Ihre Vorgaben und Wünsche für den Betreuungsfall festhalten. Der Betreuer wird erst durch das Vormundschaftsgericht bestellt. Anders als bei einer Vorsorgevollmacht wird er dann bei seiner Tätigkeit vom Gericht überwacht.

Was heißt „Selbstbestimmung“?

In Deutschland gilt das Selbst-bestimmungsrecht. Das be-deutet, dass niemand einfach für Sie entscheiden darf – auch nicht der Ehe- oder Lebens-partner. Können Sie selbst also keine Einwilligung mehr für Eingriffe geben, darf beispiel-weise der Arzt, außer in extre-men Notfällen, nicht operieren. Er müsste sich zuerst an das Betreuungsgericht wenden und einen staatlich bestellten Betreuer – oder einem vom Gericht als Betreuer bestellten Angehörigen – anfordern, mit dem er das weitere medizini-sche Vorgehen bespricht.Durch eine Vorsorgevollmacht entfällt hier die Notwendigkeit, einen Betreuer zu bestellen.

© D

an R

ace

/ fo

tolia

.co

m

Page 40: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

40 * Kräfte bündeln

Frühzeitig gegensteuern

Etwa zwei Drittel aller Pflegebe-dürftigen werden zu Hause versorgt, wie Zahlen des Sta-

tistischen Bundesamtes zeigen, da-von noch einmal zwei Drittel von An-gehörigen. Das zeigt, wie sehr pflegende Angehörige dabei helfen, das Prinzip „ambulant vor stationär“ zu verwirklichen und damit die Kos-ten der Pflege im Zaum zu halten.Diese resultiert oft daraus, dass man die Pflege eines geliebten Menschen nicht anderen überlassen möchte. Zudem wird auch versucht, die Er-krankung oder deren Ausmaß vor anderen zu verbergen oder kleinzu-reden. Außerdem geschieht es, dass der Pflegende die eigenen Bedürf-

Angehörige pflegen ist ein einsames Geschäft. Und oft reicht die Kraft nicht,

sich Unterstützung einzuholen. Daher gilt es, möglichst frühzeitig die Grenzen

der Belastbarkeit festzustellen.

nisse wegschiebt und unter der Last der Verantwortung den Zeitpunkt verpasst, sich Hilfe zu holen. Darüber hinaus fehlt es oftmals an ausreichenden Information, was staatliche Hilfen oder Kostenüber-nahmen durch die Pflegekassen an-geht: So stehen pflegenden Angehö-rigen bei spiels weise für Kurzzeit- oder Verhinde rungs pflege Mittel zur Ver-fügung, um für ein paar Stunden, Tage oder Wochen aussetzen zu kön-nen, wenn sie krank sind oder Ur-laub machen wollen. Seit dem 1.1.2015 ist es sogar mög-lich, Leistungen, die nicht für die Verhinderungspflege abgerufen wer-den, stattdessen für die Kurzzeit-

pflege zu verwenden und umgekehrt (Seite 33 ff.).

Belastung frühzeitig erkennen

Für eine drohende Überlastung gibt es einige Warnsignale (s. Kasten un-ten). Darüber hinaus können Sie auch anhand eines Pflege-Belastungstests im Internet (pflege-belastungstest.de) Ihren Belastungsgrad feststellen. Nehmen Sie sich ab und zu Zeit da-für, denn durch die ständige Bean-spruchung durch die Pflege und die Notwendigkeit des „Funktionierens“ tritt eine Überlastung oft schneller ein, als man sich selbst eingestehen möchte.

Warnsignale

„Und manchmal hätte ich ihn am liebsten erwürgt“ – Wor-te einer Frau, die ihren Mann liebevoll gepflegt hat. Sie beschreiben die Last, die auf pflegenden Angehörigen liegt. Folgende Anzeichen können Warnsignale sein und auf eine Überlastung hindeuten:* In mir kommen Aggressionen auf, ich erkenne mich

selbst nicht wieder.* Ich kann nicht mehr richtig schlafen und meine körperli-

chen Kräfte lassen nach.* Ich habe kaum mehr Kontakte zu Freunden und BekanntenErste und beste Hilfe: Über die Situation mit anderen sprechen – seien es Verwandte, Freunde, Kolleginnen oder Kollegen, Ärzte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Beratungsstelle, eines Pflegestützpunktes, eines Pflege-dienstes oder einer Krankenkasse.

Page 41: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© S

BK

Wie haben Sie als Arbeitgeber das Thema pflegende Arbeitnehmer gehandhabt?

Wir haben immer versucht, individuelle Lösungen zu finden. So haben wir uns zum Beispiel im Fall einer lei-tenden Pflegekraft darauf verständigt, dass sie ein paar Wochen zu Hause bleiben konnte, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Bei vollem Gehalt. Da haben wir überhaupt kein Theater darum gemacht. Geschadet hat es uns nicht, denn mit ihrem Engagement für das Unternehmen hat diese Mitarbeiterin den Ausfall dicke wieder wettge-macht. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist aller-dings, dass die Führungskräfte ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut kennen.

Nicht alle Arbeitgeber sind so aufgeschlossen, sondern fordern im Gegenteil volle Leistung.

Deshalb muss der Gesetzgeber auch einen Rahmen schaf-fen, damit die Arbeitgeber das Problem nicht nach Gut-dünken regeln können und die Arbeitnehmer nicht immer als Bittsteller auftreten müssen. Das Pflegezeit gesetz, mit dem Arbeitnehmer bis zu sechs Monate Pflegezeit neh-men können, und der Vorschlag von der Familienministe-rin, im Rahmen einer Familienpflegezeit zwei Jahre lang reduziert zu arbeiten, sind Schritte in die richtige Rich-tung. Aber ein solcher Rahmen sollte auch den Raum las-sen für eigene, kreative Lösungen im Unternehmen.

Wie könnten solche Lösungen aussehen?

Viele pflegende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten ja nicht unbedingt frei haben, sondern gerne weiterarbeiten. Von daher brauchen wir generell mehr Fle-xibilität in den Unternehmen. Wenn sich zwei Mitarbeiter

„Wir brauchen mehr Flexibilität in den Unternehmen“

Elimar Brandt hat über viele Jahre die Immanuel Diakonie Group geleitet, zu der unter anderem Akut- und Reha kliniken sowie stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen gehören. Er ist außerdem Vorsitzender des Lenkungsausschusses für das Berliner Heimarzt- Projekt, das sich für eine bessere medizinische Versorgung von Pflegeheim-Bewohnern einsetzt.

eine Stelle teilen, ist das zum Beispiel eine prima Lösung, die allerdings viel mehr Gespräche und Abstimmung erfordert. Da ist die Führungsebene gefragt, andere Arbeitszeitmodelle und Prozesse zu entwickeln, so dass die Arbeitnehmer es einfacher haben, zu Hause jemanden zu pflegen. Viele Arbeitgeber sind da unnötig störrisch. Man kann nur auf die eigene Betroffenheit der Chefs hof-fen: Wenn die Führungskräfte eine solche Situation einmal in der Familie selbst erlebt haben, werden sie dem Prob-lem viel offener gegenüberstehen.

Warum gehen pflegende Angehörige häufig über die Grenzen ihrer Belastbarkeit hinaus?

Viele pflegende Angehörige unterschätzen vor allem die emotionale Be lastung, die die Pflege eines Angehörigen mit sich bringt. Wie häufig werden Familiengeschichten, Gefühle aus der Kindheit an den alten Eltern ausgelas-sen? Oder wie schwer ist es auszuhalten, wenn die Part-nerin oder der Partner, der Vater oder die Mutter dement werden und einen nicht mehr erkennen? Von daher halte ich die Vorstellung, man könne die Pflege eines Men-schen zu Hause alleine schaffen, für eine Illusion: Letzt-lich führt das nur zu einer permanenten Überlastung.

Viele Menschen schrecken aber davor zurück, professionelle Pflege in Anspruch zu nehmen.

Pflegende Angehörige müssen sich von den eigenen Vorstellungen, wie die Pflege auszusehen hat, verab-schieden. Diesen Ansprüchen kann keine Pflegeeinrich-tung gerecht werden. Noch nicht einmal die Angehöri-gen selber können die eigenen hohen Erwartungen erfüllen, weshalb es ja so oft zu einem Burnout kommt. Da ist mehr Pragmatismus gefragt.

* Kräfte bündeln 41

Page 42: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© M

arcu

s Lo

ren

z –

pan

ther

med

ia.n

et

© M

arcu

s Lo

ren

z –

pan

ther

med

ia.n

et

Zehn Tage Freistellung sofort

⃞⃞ Bei plötzlich eintretender Pflegesituation haben Sie als pflegender Angehöriger das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben. ⃞⃞ Der Anspruch ist unabhängig von der Betriebsgröße.⃞⃞ Er gilt sofort nach Bekanntgabe beim Arbeitgeber und es gibt keine einzuhaltende Frist. ⃞⃞ Auf Nachfrage müssen Sie ein ärztliches Attest über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen vorlegen. ⃞⃞ Das Gehalt muss in dieser Zeit nicht gezahlt werden, wenn nicht im Arbeitsvertrag vereinbart. ⃞⃞ Der Anspruch gilt nur einmal pro Pflegebedürftigem.⃞⃞ Bei Pflegeunterstützungsgeld bekommen Sie einen Teil Ihres Brutto-Gehaltes von der SBK weitergezahlt und können sich in Ruhe um die Pflege Ihres Angehörigen kümmern.

Sechs Monate Pflegezeit

Ist Ihr Angehöriger länger pflegebedürftig, können Sie bis zu sechs Monate Pflegezeit beantragen. In dieser Zeit müssen Sie selbst pflegerische Aufgaben übernehmen. Dabei können Sie sich durch einen ambulanten Pflege-dienst unterstützen lassen.⃞⃞ Ein Anspruch besteht nur bei Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern.⃞⃞ Die Voraussetzung ist die Feststellung der Pflege- bedürftigkeit (mindestens Pflegegrad 2). Beantragen Sie daher möglichst früh einen Pflegegrad bei der Pflegekasse. ⃞⃞ Der Medizinische Dienst der Krankenkassen wird die Pflegebedürftigkeit überprüfen.⃞⃞ Der Antrag auf Pflegezeit muss schriftlich spätestens zehn Tage vor Beginn und mit Angabe des gewünsch-ten Zeitraums beim Arbeitgeber gestellt werden.

Checkliste Arbeit und PflegeUm Berufstätigkeit und Pflege eines Angehörigen zu bewältigen, hat die Bundes-regierung in den letzten Jahren einige rechtliche Grundlagen wie das Pflegezeit-gesetz und das Familienpflegezeitgesetz geschaffen. Mit dem „Gesetz zur besse-ren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“, das zum 01.01.2015 in Kraft trat, wird das Pflegeunterstützungsgeld eingeführt.

⃞⃞ Wollen Sie während der Pflegezeit Ihre Arbeitszeit nur reduzieren, ist eine Vereinbarung über die Ver-ringerung und die Verteilung der Arbeitszeit zwi-schen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber erforderlich. Der Arbeitgeber hat Ihren Wünschen zu entspre-chen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Soweit Sie über 400 Euro verdienen, bleiben Sie dabei wie gewohnt kranken-versichert. ⃞⃞ Arbeiten Sie in der Pflegezeit nicht, erhalten Sie im Regelfall keine Lohnfortzahlung. ⃞⃞ Mit Ende der Zahlung des Arbeitsentgelts endet die Mitgliedschaft in Ihrer Krankenkasse. Ist Ihr Partner gesetzlich versichert, können Sie sich über ihn bei-tragsfrei mitversichern lassen. Alleinstehende können sich freiwillig versichern und erhalten auf Antrag einen Zuschuss von der Pflege-kasse oder privaten Pflegeversicherung des Pflege-bedürftigen.⃞⃞ Die Beiträge für die Rentenversicherung übernimmt die Pflegekasse oder andere Leistungsträger (private Pflegeversicherung, Beihilfestelle) des Pflegebedürf-tigen, wenn die Pflegetätigkeit mindestens 14 Wochen stunden umfasst und Sie nicht mehr als 30 Stunden erwerbstätig sind.⃞⃞ Die Arbeitslosenversicherung läuft über die sechs Monate Pflegezeit für den pflegenden Angehörigen beitragsfrei weiter.⃞⃞ In der Pflegezeit gilt ein Sonderkündigungsschutz: Der Arbeitgeber darf von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Freistellung oder Pfle-gezeit das Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich nicht kündigen. Nur in besonderen Fällen und nur mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständi-gen obersten Landesbehörde ist eine Kündigung ausnahmsweise möglich.

Page 43: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

© M

arcu

s Lo

ren

z –

pan

ther

med

ia.n

et

Zwei Jahre reduzierte Arbeitszeit (Familienpflegezeit)

⃞⃞ Durch die Familienpflegezeit soll Ihnen als pflegender Angehöriger ermöglicht werden, Ihre Arbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 15 Stunden bei gleich-zeitiger Aufstockung des Arbeitsentgelts zu reduzie-ren. Dies setzt jedoch das Einverständnis Ihres Arbeit-gebers voraus.⃞⃞ Wird zum Beispiel die Arbeitszeit in der Pflegephase auf 50 Prozent reduziert, erhalten die Beschäftigten weiterhin 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Zum Ausgleich müssen sie später wieder voll arbei-ten, bekommen in diesem Fall aber weiterhin nur 75 Prozent des Gehalts – so lange, bis das Zeitkonto wie-der ausgeglichen ist.

Weitere Erleichterungen bei Angehörigenpflege

⃞⃞ Wenn der Pflegeaufwand nach einem Krankenhaus-aufenthalt des Pflegebedürftigen so hoch ist, dass für

ein paar Wochen die Unterbringung in einer Pflege-einrichtung nötig wird, kann ein Angehöriger Kurz-zeitpflege in Anspruch nehmen (siehe auch Seite 12 und 33). ⃞⃞ Wird der pflegende Angehörige selbst krank oder braucht eine Auszeit, kann eine Pflegekraft vor-übergehend einspringen. Dies ist die sogenannte Verhinderungspflege (siehe auch Seite 34). Sie kann auch von anderen Familienmitgliedern übernom-men werden, die dann entsprechend den Pflege-sätzen bezahlt werden.⃞⃞ Gerade für Berufstätige eine Erleichterung ist die Tagespflege. Hier wird der Pflegebedürftige in einer Einrichtung tagsüber betreut (meist nur werktags) und erhält seine Mahlzeiten (siehe auch Seite 12). ⃞⃞ Um pflegenden Angehörigen die notwendige Ruhe-zeiten zu verschaffen – zum Beispiel bei verwirrten Patienten, die nachts viel herumlaufen –, gibt es auch die Nachtpflege. Meist wird sie in entspre-chenden Einrichtungen mit einer pflegerisch qualifi-zierten Nachtwache geleistet (siehe auch Seite 12).

Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Rechtsanspruch und Kündigungsschutz

Erweiterung des Begriffes der „nahen Angehörigen“: auch Stiefeltern, lebenspartnerliche Gemeinschaften, Schwägerinnen und Schwäger

* gilt nicht für Angestellte in Betrieben mit weniger als 15 Beschäftigten

Bis zu 10 Tage kurzzeitigeArbeitsverhinderung für

den Akutfall

mit Lohnersatzleistung aus der Pflegeversicherung

Bis zu 6 Monate Pflegezeit inklusive 3 Monate

Begleitung in der letzten Lebensphase*

mit zinslosem Darlehenvom Bundesamt für Familie

und zivilrechtliche Angelegenheiten

Bis zu 24 Monate Familienpflegezeit*

mit zinslosem Darlehenvom Bundesamt für Familie

und zivilrechtliche Angelegenheiten

* kräfte bündeln 43

Page 44: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

44 Kräftebündeln

©x

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

x

Esistbewundernswert,dassinDeutschlandsovieleMenschenbereitsind,

ihreAngehörigenzupflegen.DiePflegeentwickeltsichaberoftzurRund-um-

die-Uhr-Bereitschaft.DiezunehmendekörperlicheundseelischeErschöpfung

gefährdetdieGesundheit.DemsolltenSiefrühzeitigentgegenwirken.

Wer pflegt, muss sich pflegen©

SB

K

Page 45: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

©x

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

xxxx

x

⃞⃞InformierenSiesichüberdieEinstufungineinenPflege-grad,überdasPflegegeldundHilfsmittel.

⃞⃞ErkundigenSiesichnacheinermöglichenUnterstützungdurchprofessionellePflege-kräfte.

⃞⃞KlärenSiezusätzlicheEntlastungs-undHilfsdienste.

⃞⃞RichtenSiedieWohnungmög-lichstpflegegerechtein(sieheSeite36f)undnutzenSieHilfs-mittel.

⃞⃞LernenSieTechnikenderKranken-beobachtung,umdenZustanddesPflegebedürftigeneinschätzenzukönnen.

⃞⃞InformierenSiesichüberPflege-techniken,z.B.ineinemPflegekurs.

So beugen Sie dem Ausbrennen vor

KlärenSieHilfsangeboteunderleichternSiesichdiePflege,woesgeht:

⃞⃞BedenkenSieMöglichkeiten,denPflegebedürftigenvorzu-sätzlichenGefahrenundErkran-kungenzuschützen.

⃞⃞InformierenSiesichüberspeziellePflegesituationenbeischwerwiegendenErkrankun-genundwieSiespezielleKennt-nissehierzuerlernenkönnen.

⃞⃞PflegenSieauchsichselbst!

A uchwennPflegegernegeleis-tetwird:OftwachsendieAn-forderungenimmerweiter,die

Kräfteaberlassenmehrundmehrnach.OhnedieHilfederFamilieundHelfervonaußenkommtesfastim-merzuErschöpfungszuständen.JederdrittepflegendeAngehörigewirdschließlichselbstkrank.NebendenvielenmöglichenBe-undÜberlastun-genderPflegeeinesAngehörigenkön-nenzusätzlicheStressfaktorensein:*ständigesZurückstelleneigener

Bedürfnisse,*AufgabederBerufstätigkeit,*ProblemeinderBeziehungundin

derFamilie,*finanzielleProbleme,* fehlendeVollmachtenoderVerfü-

gungenbeiwichtigenEntschei-dungen,wennderWilledesAnge-hörigennichtklaristunderkeineEinsichtzeigt(sieheS.38f).

Vieleslässtsichnichtändern–z.B.diePflegebedürftigkeitunddiever-ursachendeErkrankung.

tenan,bissievölligausdemBlickverschwundensind.Irgendwannfunk-tioniertmannurnoch.GleichzeitiggehenmöglicheErholungsquellendurchdiezunehmendeIsolationver-loren.WenndieKraftimmermehrfehltunddieNervenbloßliegen,leidenPflegepersonundPflegebe-dürftigergleichermaßen.ZuUnge-duldundKonfliktenkommenoftSchuldgefühle,diedieSituationzu-sätzlichbelasten.WersichselbstnichtsgönntundseineBeziehungen

Wichtig

Siemüssennichtallesalleineschaffen.Esistextremwichtig,dassSievonBeginnanHilfesuchenundannehmen!SobleibenSiegesund,geduldigundkönnendiePflegelangfristigleisten.

©S

BK

Andereslässtsichaberbeeinflus-sen,sobeispielsweisediefinanzielleSituationdurchdieInanspruchnah-mevonLeistungenderPflegekasse(sieheSeite32ff),dieSchaffungvonFreiräumendurchAnnehmenvonHilfevonaußenoderdasErlernenvonTechniken,diediePflegeverein-fachenundhelfen,dieeigeneGe-sundheitzuerhalten.

Nur noch funktionieren

WennderHilfebedarfsteigt,möchtemancherPflegebedürftigedenAnge-hörigenamliebstenimmerumsichhaben.AufgrunddereigenenBe-dürfnisseerkenntderGepflegteselbstoftnicht,dassderPflegendeamEndeseinerKräfteist.AuchdiePflegepersonselbstmerktofterstspät,wiewenigZeitnurnochge-bliebenistfürsichselbst,dieFamilie,diePflegevonBeziehungenzuFreun-denundBekannten.ManstelltdiepersönlichenBedürfnissesolangehin-

* Kräfte bündeln 45

Page 46: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

©S

BK

zuanderenMenschenvernachlässigt,kommtleichtineinenKreislaufderständigenÜberforderung.TeilenSielieberfrühzeitigdiePflegeverantwor-tungundnutzenSieHilfsangebote.DaswirktsichauchpositivaufdenPflegebedürftigenaus.

Faktor Zeit

NiemandkanndenPflegealltagallei-nemeistern.SobaldeinePflegesitua-tioneintritt,solltenSieeineFamilien-konferenzeinberufen,umdiezeitlicheArbeitsteilungzuorganisieren:

Hauptpflegezeiten:ÜberlegenSiealsHauptpflegeperson,wievielHilfeSiegebenkönnen.WievielZeitkönnenSieinvestieren?WerkannwelcheAufgabenübernehmen?

Pflegefreie Stunden:KanneinFami-lienmitgliedeinmalinderWocheeinenAbendübernehmen,damit

hauswirtschaftlicheVersorgungdurchDritteoderBesuchsdienste.

Gewusst wie

AuchtechnischeHilfsmittelallerArtkönnendenAlltagvereinfachen.Vie-leAbläufewerdensofürdenPflege-bedürftigenwiefürdenPflegendenangenehmer.EsgibtunzähligeHilfs-mittelfürteilweiseganzspezielleProbleme.AuskunftgebenIhrPflege-berater,oderauchSanitätshäuseroderdasInternet.

Stärkung für Helfer

EinegesundeErnährungistauchfürpflegendeAngehörigewich-tig,umbeiKräftenzubleiben.EssenSiegesundundleicht.VergessenSienichtObst,SalatundGemüse:DieWeltgesund-heitsorganisationempfiehltfünfMalamTageinefaustgroßePortion.Bitteauchgenügendtrinken:MindestensanderthalbbiszweiLiterWasseramTag.

DaskompletteHilfsmittel-verzeichnisderGesetzlichenKrankenversicherungfindenSieimInternetunterwww.rehadat.de

Webtipp

Tun Sie etwas für Ihren Körper …

WennSiegelernthaben,HilfenundHelferanzunehmenundsiegegebe-nenfallseinzufordern,isteswichtig,diegewonnenenFreiräumenichtvonanderenPflichtenaufzehrenzulassen.PlanenSiebewusstZeitfürsichein!KörperlicheBewegungbautStressab,TageslichtfülltleereBatterienwieder.MachenSiedeshalbSpazier-gängeinderNatur–mindestens30MinutentäglichohneZeitdruck.UmdenkörperlichenAnforderungenderPflegestandzuhalten,empfiehltsicheineausgleichendeSportart,z.B.Schwimmen,Yogaodereinspeziel-lesRückentraining,dasdemRückenguttut.Entspannenlässtsicherler-nen.MeldenSiesichzueinemKurs

SiezuIhremSportabendkommen?KönnenNachbarn,FreundeoderEhrenamtlichezeitweiseHilfenwieEinkaufen,Kochen,Vorlesen,Gesell-schaftleistenübernehmen?BauenSieeinHilfesystemfürNotfälleauf.NutzenSieAngeboteausderNach-barschaft–alleinedasWissendar-umentlastetschon.

Pflegefreie Tage:NehmenSiesichabundzueinpaarTagefrei,z.B.umeinWochenendealleineodermitdemPartner,FreundenoderBe-kanntenwegzufahren.WerkanndanndiePflegeübernehmen–Fa-milienangehörige,einprofessionel-lerPflegedienst?

Urlaub: PlanenSieschonzuBeginnderPflegeIhrenUrlaub.KlärenSie,werdanndieBetreuungübernimmt.

Profis können helfen

FürdieBetreuungimUrlaubgibtesdieMöglichkeitderVerhinderungs-pflege–einandererAngehörigerodereinprofessionellerPflegedienstübernimmtdieBetreuungdesPfle-gebedürftigen.AlternativkannfüreinekurzeZeiteinPflegebedürftigerauchimRahmenderKurzzeitpflegeineinerEinrichtungbetreutwerden(sieheSeite12).ImAlltagbietetsichauchan,be-stimmteTeilederPflegevoneinemPflegedienstübernehmenzulas-sen,umselbstentlastetzuwerden.WiedieZusammenarbeitambes-tengestaltetwird,klärtdasPflege-beratungsgespräch(sieheSeite26ff).InformierenSiesichauchüberBe-treuungsangebotedurchehrenamt-licheHelfer.EhrenamtlichTätigesindteilweisespeziellqualifiziert,umPflegebedürftigeinGruppenoderauchzuhauseunterpflegefachlicherAnleitungzubetreuen.ZusätzlicheUnterstützungundEntlastungbietenDienstewie„EssenaufRädern“,die

46 * Kräfte bündeln

Page 47: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

an,z.B.fürYoga,autogenesTrainingoderProgressiveMuskelrelaxation.Singen,musizieren,sichbewegenodertanzensindwunderbareMög-lichkeiten,sichselbstauszudrücken–alleine,inGruppenodergarmitdemPflegebedürftigenzusammen.EinwarmesEntspannungsbadmitnatürlichenätherischenÖlentutgut,lockertdieMuskulatur,lässtüber-reizteSinnezurRuhekommenundhilft,vordemSchlafengehenwiederinsinnereGleichgewichtzufinden.

… und für Ihre Seele

Oftbelastenwenigerdieorganisa-torischenAufgabenoderdiekörper-licheBelastung,alsvielmehrdieKonfliktederPflegebeziehung,dieauchpersönlichalsverletzender-lebtwerdenkönnen.SprechenSiemitanderendarüber,dasistdiebesteStressverarbeitung!NutzenSieGruppenpflegenderAngehöri-ger,z.B.derAlzheimer-Gesellschaft,dasgibtIhnendasGefühl,nichtal-leinezusein.DieMitgliederkennenIhreProbleme,gebenUnterstüt-zungundverstehenIhreSituationgenau.DurchbrechenSiediedro-

hendeIsolationundsuchenSieKon-taktzuFreundenoderKollegen.Ma-chenSieDingemitdemPflegebedürftigen,dieIhnenselbstSpaßmachen.SohatauchderBe-treutedasGefühl,etwasfürSietunzukönnen.Und wenn Sie nicht mehr können, verschweigen Sie das nicht! Nicht vor Ihrer Familie, nicht vor Ihren Freunden und schon gar nicht vor Ihrem Arzt!

Problemfall Rückenschmerz

RückenschmerzensindheuteeinhäufigesProblem,geradeinderPflege.EineungünstigeHaltungbeimBeugenundHebenoderdiemitderPflegeverbundenenpsychi-schenBelastungentragenzumEnt-stehenbeiundsorgendafür,dassdieBeschwerdennichtbesserwer-den.Umesgarnichterstsoweitkommenzulassen,kanneinerückenschonendeArbeitsweisehel-fen:BeimBückennichtdenRücken

beugen,sondernindieKniegehen.BeimHebendaraufachten,dassnichtderRücken,sonderndieOber-schenkeldieHauptarbeitleisten.ErlernenSieinspeziellenKursenrückengerechtesVerhalten(sieheunten).StärkenSieIhrenRückenmitspeziellerGymnastik.AuchSchwimmen,GehenundFahrrad-fahrentundemRückengut.EinebandscheibengerechteMatratzeundeinNackenstützkissenhelfendemRückenimSchlaf.

Schonen und stärken Sie Ihren Rücken!

©S

BK

DieSBKbietetihrenVersicherteneinganzheitlichesRückenprogramman:SBK-RückenWind.EsbestehtauszweiBausteinen:

*EinOnlinetest(rueckentest.sbk.org)hilft,daspersönlicheRisikofürwiederkehrendeRü-ckenschmerzenzubestimmen.

*BeiderSBK-RückenWindBeratunganalysierteinerfahrenerPhysiotherapeutIhreHaltungundzeigtÜbungen,diespeziellaufSiezugeschnittensind.

Tipp

* Kräfte bündeln 47

WennSienichtmehrweiterwissen,kanneinepsychologischeBeratunghelfen,wiesiedieSBKanbietet.FragenSiealsSBK-VersicherterdazuIhrenKunden-beraterunter080007257257250(gebührenfreiinnerhalbDeutsch-lands).

*WeitereInformationenuntersbk.org/rueckenwindundbeiIhrempersönlichenSBK-Kundenberaterunter080007257257250(gebührenfreiinnerhalbDeutschlands).

Page 48: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

©S

BK

Mitdemfortschreitendenkörperli-chenAbbauerlebenAngehörigeinderletztenLebensphasedesPflege-bedüftigeneinesichständigverän-derndeSituation.Fortwährendmüssensiesichz.B.aufneueAn-forderungeneinstellen.ImMittel-punktstehendieganzpersönlichenBedürfnissedesSterbenden.Ver-gessenSiedarüberabernichtganz,wasSieselbstbrauchen.

Sich informieren hilft

InPflegekursenzurSterbebeglei-tungkönnenSiesichaufdieAnforderungendieserbesonderenLebensphasevorbereiten.SokannesIhnengelingen,aucheigeneÄngsteundGefühlewahrzunehmenundihnenangemessenenRaumzugeben.DannspürenSieinderBe-

gleitungIhresAngehörigenauch,wasinderjeweiligenSituationdasRichtigeundAngemessenefürihnist.HabenSiedenMut,dazuseinundhinzuhören,sichFragenundBe-dürfnissenzustellen,eigeneUnsi-cherheitenundÄngstezuzulassenundauszusprechen.Daskannindie-serZeitunglaublichwohltuendundtröstendfüralleBeteiligtenseinundzueinemnochtieferenErlebendesMiteinandersführen.

Hilfe Tag und Nacht erreichbar

IndieserZeitistderRückhaltdurchHausarztundPflegedienste,eventuellauchdurchdieaufsolcheSituationenspezialisierte„PalliativeCareTeams“,(sieheunten)besonderswichtig.DieErreichbarkeitalldieserHelfersolltegewährleistetsein.MitdenPalliative

Hilfe für die letzte LebensphaseEinebesondereBelastung,aberaucheinebesondere

Chanceistes,denPflegebedürftigenzuhausebiszuletzt

begleitenzukönnen.

Palliative Care Teams

IneinigenBundesländernwurdebereitsbegonnen,dasgesetzlichgeregelteKonzeptderspezialisiertenambulantenPalliativversorgungumzusetzen.DabeiarbeitenÄrzte,PflegekräfteundTherapeutenverschie-denerDisziplinenzusammen,umzuermöglichen,dassSchwerkrankeinderletztenPhaseihresLebenszuhauseversorgtwerdenkönnen.EinArztoderPflegeristrundumdieUhrverfügbar.FragenSieIhrenSBK-Pflegeberater,obesinIhrerRegionbereitseinPalliativeCareTeamgibt.www.wegweiser-hospiz-und- palliativmedizin.de

Hospize helfen

HospizeermöglichennichtnurdaswürdevolleSterbenineinerentsprechendenEinrichtung.EsgibtauchimmermehrambulanteHospizdienste,diezuIhnennachHausekommen.HauptamtlicheundehrenamtlichtätigeHospiz-mitarbeiterunterstützendiePfle-geundermöglichenpflegendenAngehörigenFreiräume,umsicherholenzukönnen.AmbulanteHospizdienstewerdenaufAntragbeispielsweiseauchvonderSBKfinanziellgefördert.Hospizadres-senfindenSieimInternetunterwww.stiftung-patientenschutz.de

CareTeamsisteine24-Stunden-Ruf-bereitschaftfestvereinbart.

Abschied nehmen

NachdemEintrittdesTodeskönnenSiesichZeitnehmen,umvondemVerstorbenenAbschiedzunehmen.DanachrufenSieIhrenHausarztan.EinArztmussimmergerufenwer-den,dennrechtlichgilteinMenscherstalstot,wenneinArztdenTodfestgestellthat.LiegtdieTodesbe-scheinigungvor,musseinBestat-tungsinstitutinformiertwerden.EswirdSiebeiallenÜberlegungenzurBestattungunterstützen.InformierenSieauchweitereAnge-hörigeunddenSeelsorger.ZeitnahbenötigenaußerdemStandesamt,Krankenversicherung,ArbeitgeberoderRentenversicherungdieMittei-lungüberdenTodesfall.Bestattungs-instituteundBankenbieten(auchimInternet)hilfreicheChecklistenfürAngehörigean,welcheSchrittezuwelchenZeitpunktennotwendigsind.

48 * Kräfte bündeln

Page 49: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

GlossarAmbUlANTeR PFleGedIeNST: unterstütztPflegebe-dürftigeundihreAngehörigenbeiderPflegezuHause(Seite8ff).

FAllmANAGemeNT (auch„CaseManagement“):Pla-nungundUmsetzungeinerorganisierten,aufdenBe-darfdeseinzelnenFallszugeschnittenenHilfeleistung,querüberallemöglichenEinrichtungen,Dienstleistun-gen,ÄmterundZuständigkeitenhinweg(Seite26ff).

FAmIlIeNPFleGeZeIT:Beschäftigte,dieeinenpflegebe-dürftigenAngehörigeninhäuslicherUmgebungpflegen,können,dasEinverständnisIhresArbeitgebersvoraus-gesetzt,ihreWochenarbeitszeitmaximalzweiJahrelangaufbiszu15Stundenreduzieren.DasArbeitsentgeltwirddabeidurchdenArbeitgeberaufgestockt.DieserVorschussmussaberspäterwiederdurchNacharbeitzurückgezahltwerden(Seite43).

HAUSWIRTSCHAFTlICHe VeRSoRGUNGimSinnederPflegeversicherungsindEinkaufen,Kochen,ReinigenderWohnung,Spülen,WechselnundWaschenderWä-scheundKleidungoderdasBeheizenderWohnung.

KURZZeITPFleGe:fürMenschen,dienurfürkurzeZeitaufPflegeangewiesensind.DieLeistungenderKurzzeit-pflegekönnenSieaufSeite33nachlesen.

medIZINISCHeR dIeNST deR KRANKeNVeRSICHe-RUNG (mdK):dersozialmedizinischeBeratungs-undBe-gutachtungsdienstdergesetzlichenKranken-undPflege-versicherung.ImAuftragderPflegekassenüberprüftderMDK,obdieVoraussetzungenderPflegebedürftigkeiterfülltsindundwelcherPflegegradvorliegt(Seite32ff).DerMDKführtauchdieQualitätsprüfungeninambulan-tenundstationärenPflegeeinrichtungendurch.

PFleGeGRAde: PflegebedürftigimSinnedesGesetzessindPersonen,diewegeneinerkörperlichen,geistigenoderseelischenKrankheitoderBehinderungbeiderinverschiedenenLebensbereicheninerheblichemMaßeein-geschränktistunddaherderHilfeandererPersonenbe-dürfen.EntsprechenddernötigenUnterstützungwerdendiePflegebedürftigenseitdem1.1.2017einemvonfünfPflegegradenzugeordnet(Seite30).

PFleGeSTUFeN: Bis31.12.2016galteinBegriffderPflege-bedürftigkeit,dersichvorwiegendamZeitaufwandderPflegeorientierte.DabeiwurdendieBereicheGrundpfle-ge,Ernährung,KörperpflegeundMobilitätunddienötigehauswirtschaftlichenVersorgungbegutachtetundderZeit-aufwandderHilfefestgelegt.WardieHilfsbedürftigkeitvonDauer(mindestensfürsechsMonate)undinerhebli-chemMaßenötig,wurdendiePflegebedürftigeneinervondreiPflegestufenzugeordnet.

PFleGeSTüTZPUNKT: PflegestützpunktebietenallenHilfesuchendeninSachenPflegeBeratungundUnter-stützung.Pflegeberaterinnenund-beratersindindenPflegestützpunktenalsFallmanagertätig(Seite28).

PFleGeUNTeRSTüTZUNGSGeld: BeiakuterPflegebe-dürftigkeiteinesnahenAngehörigenkönnenBeschäftig-tebiszuzehnArbeitstagederArbeitfernbleiben,umdiePflegezuorganisieren(Seite42).

PFleGeZeIT:BeschäftigtevonBetriebenmitmehrals15MitarbeiternhabenAnspruchaufvollständigeoderteilweiseFreistellungvonderArbeitfürlängstenssechsMonate,wennsieeinenpflegebedürftigennahenAnge-hörigeninhäuslicherUmgebungpflegen(Seite42).

PFlICHTPFleGeeINSATZ: FürPflegegeldbezieheristab-hängigvomPflegegradinregelmäßigenAbständen(beiPflegegrad2und3halbjährlich,beiPflegegrad4und5vierteljährlich)dieseQualitätsprüfungdurchei-nenambulantenPflegedienstvorgeschrieben.DieKos-tenträgtdafürIhreSBK-Pflegekasse.PflegebedürftigemitPflegegrad1sowiepflegebedürftigeBeziehervonSachleistungenkönnenhalbjährlicheinenBeratungs-einsatzinAnspruchnehmen

TAGeSPFleGe:findetinPflegeheimenoderineinerTagesstättestatt.PflegebedürftigeerhaltendortMahlzei-ten,befindensichinGesellschaftundwerdenkörperlichundgeistigaktiviert(Seite12).

VeRHINdeRUNGSPFleGe:DiePflegekassezahlteinenotwendigeErsatzpflege,wennpflegendeAngehörigewegenUrlaubsoderwegeneinerErkrankungihreAnge-hörigennichtpflegenkönnen.DieserAnspruchbestehtfürmaximalsechsWochenimJahr(Seite33).

* Glossar 49

Page 50: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Rat

gebe

r zu

r Pfl

ege

www.pflegestärkungsgesetz.de

Ratgeber zur Pflege Alles, was Sie zur Pflege und zu den neuen Pflegestärkungsgesetzen wissen müssen

Die Pflegestärkungsgesetze

Informationen für die häusliche Pflege

www.wir-stärken-die-pflege.de

Bundesministerium für Gesundheit

Ratgeber zur Pflege

Alles, was Sie zur Pflege und zu den neuen Pflege stärkungs­gesetzen wissen müssen. Überblick über Leistungen der Pflegeversicherung und wichtige gesetzliche Regelungen.Kostenfrei herunterzuladen unter www.bmg.bund.de

Bundesministerium für Gesundheit

Die Pflegestärkungsgesetze

Informationen für die häusliche Pflege Die häufigsten Fragen im Zusammenhang mit der Pflege von Angehörigen im häuslichen Umfeld – mit allen Neuerungen.Kostenfrei herunterzuladen unter www.bmg.bund.de

Sabine Keller

Pflege zu Hause

So organisieren Sie die Hilfe Ein fundierter Überblick über Finanzierungs- und Betreuungsmöglichkeiten. [Broschiert]

Stiftung Warentest, 3. Auflage 2012 ISBN 978-3868511260; 16,90 € (D)

Martina Döbele

Angehörige pflegen

Ein Ratgeber für die HauskrankenpflegeEin praxisnaher, verständ-licher Pflegeratgeber mit vielen Checklisten.

Springer 2008ISBN: 9783540722656; 4,99 € (D)

J. Haberstroh, K. Neumeyer, J. Pantel

Kommunikation bei Demenz

Ein Ratgeber für Angehörige und Pflegende Kommunikation stellt bei Demenzkranken eine beson-dere Herausforderung dar. Der Ratgeber beschreibt, wie ein guter und würdevol-ler Kontakt gelingen kann. Springer, 2. Auflage 2016. ISBN 9783642168420; 14,99 € (D)

Buchtipps

G. Gatterer, A. Croy

Leben mit Demenz

Praxisbezogener Ratgeber für Pflege und BetreuungEin praxisnaher, verständ-licher Pflegeratgeber mit vielen Checklisten und praxisrelevanten Lösungen für die im Verlauf der Erkrankung auftretenden Probleme. Springer Wien 2005, XIII, 325 S. 14 Abb.ISBN 978-3-211-00804-1; 54,99 € (D)

50 * Buchtipps

Page 51: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

MDK Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Kranken kassen e. V. Lützowstraße 53 45141 Essen Tel.: (02 01) 83 27 -0www.mdk.de

BAG Selbsthilfe Dachorganisation der Selbsthilfe für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen.

BundesarbeitsgemeinschaftSELBSTHILFE e.V.Kirchfeldstr. 149 40215 DüsseldorfTel.: (02 11) 3 10 06 - 0www.bag-selbsthilfe.de

Deutsche Alzheimer Gesellschaft Informationen, Tipps und Adressen rund um das Thema Demenz Deutsche Alzheimer Gesellschaft Friedrichstr. 236 10969 Berlin Tel.: (0 30) 259 37 95 - 0www.deutsche-alzheimer.de

Deutsche Hospiz­Stiftung Patientenschutzorganisation für die Belange Schwerstkranker und Sterbender. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz StiftungEuropaplatz 744269 DortmundTel.: (02 31) 73 80 73 - 0www.hospize.de

BKK­Pflegefinder: www.bkk-pflegefinder.de

Pflege­Selbsthilfeverband Rat und Unterstützung zum Thema Angehörigenpflege von Betroffenen für Betroffene.Adelheid von Stösser Am Ginsterhahn 16, 53562 St. Katharinen Tel: (0 26 44) 36 86 www.pflege-shv.de

SBKAus Leistung mehr machen – durch persönliche Beratung. Die SBK bietet nicht nur ein starkes und vielfältiges Leistungsangebot, sondern auch eine engagierte Betreuung durch den persönlichen Kundenberater. SBK-Kundentelefon: 0800 0 725 725 725 0 (gebührenfrei innerhalb Deutschlands)sbk.org

Spitzenverbände der Freien WohlfahrtspflegeDie Wohlfahrtsverbände mit ihren regionalen Organisationen bieten Beratung und Unterstützung auch in der Pflege.

Arbeiterwohlfahrt (AWO)AWO Bundesverband e.V. Heinrich-Albertz-Haus Blücherstr. 62/63 10961 Berlin Tel.: (030) 26 30 9 - 0www.awo.org

Deutscher Caritasverband – katholische WohlfahrtspflegeDeutscher CaritasverbandKarlstr. 40 79104 Freiburg Tel.: (07 61) 200 - 0www.caritas.de

Deutscher Paritätischer Wohlfahrts verband Der Paritätische Gesamtverband Oranienburger Str. 13-14 10178 Berlin Tel.: (030) 2 46 36 - 0www.der-paritaetische.de

Deutsches Rotes Kreuz DRK-GeneralsekretariatCarstennstr. 58 12205 Berlin Telefon: (0 30) 85 40 40www.drk.de

Diakonisches Werk – evangelische Wohlfahrtspflege Diakonisches Werk der EKD e.V.Reichensteiner Weg 24 14195 Berlin Tel.: (0 30) 83 00 10www.diakonie.de

Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland ZWSTHebelstr. 6 60318 Frankfurt a.M. Tel.: (0 69) 94 43 71 - 0www.zwst.org

VerbraucherzentralenDie Verbraucherzentralen haben verschiedene Ratgeber zum Beispiel zu den Themen Pflege, Pflegedienste, Demenz oder Patien-tenverfügungen herausgegebenwww.verbraucherzentrale.de

Adressen und Links

© M

arc

Die

tric

h –

pan

ther

med

ia.n

et

* Adressen 51

Page 52: ThemenhefT Pflege der SiemenS  · PDF fileVerantwortlich: Mareike Borchers, Tobias Schindler, SBK Realisierung: Springer Medizin Verlag GmbH, Aschauer Str. 30, 81549 München,

Starke Leistung. Ganz persönlich.

sbk.org/pflege

„Rufen Sie uns an, bevor Sie komplizierte Anträge ausfüllen.“

SB

K40

77

Für pflegebedürftige Menschen da zu sein, ihnen zu helfen und für sie zu sorgen – das ist eine wichtige Aufgabe, die viel Zeit und Energie fordert. Damit Sie sich als Angehöriger auf die Pflege konzentrieren können, bietet Ihr persönlicher Pflege-berater Ihnen wertvolle Unterstützung: er zeigt individuelle Möglichkeiten der Pflege auf, hilft bei komplizierten Anträgen, beantwortet Ihre Detailfragen und nimmt einige Anträge sogar telefonisch entgegen. Jede Pflegesituation ist einzigartig – lassen Sie sich von uns beraten.

Informieren Sie sich auf unserer Website: sbk.org/pflege

Thorsten Schumacher, Teamleiter Pflege in München