THEOLOGIE DER FLUCHT – THEOLOGIE DES … · Bekannte und Unbekannte 2. ... (Koran 60:8-9)...

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THEOLOGIE DER FLUCHT – THEOLOGIE DES HELFENS Osnabrück, 16.02.2016 Prof. Dr. Tarek Badawia M.A. Professur für Islamische Religionslehre (i.V.) Department Islamisch-Religiöse Studien DIRS

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THEOLOGIE DER FLUCHT –THEOLOGIE DES HELFENS

Osnabrück, 16.02.2016

Prof. Dr. Tarek Badawia M.A.Professur für Islamische Religionslehre (i.V.)Department Islamisch-Religiöse Studien DIRS

Aktuelle Herausforderung & Aufgabenwandel in der Theologie! Soziale Verantwortung trotz struktureller

Asymmetrie Von der „Bewahrung der Religion“ zur „sozialen

und geistigen Integration der muslimischen Gemeinschaften“ in Deutschland

Gegen Reduktionen und Polarisierungen Vom „Predigen“ und „Gestalten“ Sozialer Zusammenhalt als theologischer Auftrag

Aufbau von Vertrauen Alltagsorientierte Hilfe zur Lebensbewältigung Theologische Aufklärung über neue Lebenslagen Förderung gegenseitiger Verständigung und

Kommunikation

Theologie als reflexive Disziplin

»tafakkur« = Die Herstellung neuer Korrelation von religiöser Norm und aktueller Lebenslage

Fokus auf gemeinsame Zukunft Besinnung auf historische gute Erfahrungen im

Dialog der Religionen = Wieder-Aneignungsprozesse

Drei Dimensionen erfassen den Iman: Gerechtes handeln (auf das Subjekt bezogen) Frieden stiften (in der) für die Welt Teilen/Spenden bei begrenzten Ressourcen(sahih Buchari, 2. Kapitel, Iman, nach ´Ammar ibn Yasir)

Sozialethik des Gemeinwohls

„Allah gebietet Gerechtigkeit, gütig zu sein und den Nächsten zu geben; Er verbietet das Schändliche (fahsha´), das Verwerfliche (munkar) und die Gewalttätigkeit (baghy). Er appelliert an euch, auf dass ihr bedenken möget“ (16: 90)

Al-Izz ibn Abdussalam (1181-1261) Handeln im Sinne des Bestmöglichen als kollektive Bestimmungsleistung Es gibt keinen „absolut guten“ oder „absolut schlechten“ Sachverhalt. Die Frage der Abwägung ist diskursiv, vernunftorientiert und kollektiv zum

Bestmöglichen verpflichtend“

(Al-Izz ibn Abdussalam, qawa´id al al ahkam, S. 19ff.; 40ff.)

Propheten als Flüchtling (hiğra)

1. Die ersten Worte: Verbreitet Frieden/Grüßt Bekannte und Unbekannte

2. Keine Ausnutzung der Ressourcen des Gastgebers

3. Einhaltung der Gesetze und Vereinbarungen im Gastgeberland

4. Respekt der Gebräuche und Sitten im Gastgeberland

5. Schutz für die neue Heimat und Einsatz für das Wohlwollen der Menschen

6. Dankbarkeit, Anerkennung für den gewährten Schutz und die geleistete Unterstützung

Soziale Dimension der Religiosität

Nicht darin besteht die Güte, dass ihr eure Gesichter gegen Osten oder Westen wendet. Güte ist vielmehr, dass man an Allah, den Jüngsten Tag, die Engel, die Bücher und die Propheten glaubt und vom Besitz – obwohl man ihn liebt – den Nächsten, den Waisen, den Armen, Durchreisenden, den Bettlern und für (den Loskauf von) Sklaven hergibt, das Gebet verrichtet und die Abgabe entrichtet; und diejenigen, die ihre Verpflichtung einhalten, wenn sie eine eingegangen sind, und diejenigen, die standhaft bleiben in Not, Leid und in Kriegszeiten, das sind diejenigen, die wahrhaftig sind, und das sind die Gottesfürchtigen. (Koran 2:177)

Ja, zum (sozialen) Frieden

Allah verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht euren Wohnstätten vertrieben haben, gütig zu sein und sie gerecht zu behandeln.Gewiss, Allah liebt die Gerechten.

Er verbietet euch nur, diejenigen, die gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch aus euren Wohnstätten vertrieben und zu eurer Vertreibung Beistand geleistet haben, zu Schutzherren zu nehmen. Diejenigen, die sie zu Schutzherren nehmen, das sind die Ungerechten. (Koran 60:8-9)

Wertebündnis gegen „Extremismus“!

Nein zur Islamisierung des Islam

Prozeduren, Mechanismen, welche die Ambiguitäten und Pluralitäten in der islamisch geprägten Welt unsichtbar machen und eine monolithische islamisch-religiöse Kultur konstruieren!

1. Durch die Bezeichnung „islamisch“ wird auch für religionsferne Bereiche eine religiöse Identität suggeriert.

2. Nichtreligiöse Diskurse werden als für die islamische Kultur untypisch oder unwichtig deklariert, sogar ignoriert.

3. Bei mehreren Diskursen, wird derjenige, der am ehesten westlichen Vorstellungen von Religion entspricht, als maßgeblich betrachtet.

4. Bei einem Nebeneinander eines religiösen und eines nichtreligiösen Diskurses wird der religiöse Diskurs als Norm betrachtet, während der andere als Abweichung gilt.

5. Bei einem Nebeneinander verschiedener religiöser Diskurse wird derjenige, der nach westlichen Maßstäben der „konservativste“ ist, als „orthodoxe“ Norm betrachtet, die dem „Wesen“ des Islam am ehesten entspricht.

Bauer, Thomas: Die Kultur der Ambiguität. Eine andere Geschichte des Islam. 2011, Kap. 6.

Nein zur rassistischen Entfremdung

„rassistische Entfremdung wird nicht durch den Spiegel der Anderen, sondern durch den weißen (oder […] den kultivierten, reinen, erwählten, vollwertigen) Blick vermittelt. Die damit verbundene Problematik liegt nicht darin, dass er Normen setzt, sondern von deren Erfüllung ausschließt.“(Hund 2007: 87)

Gegen „religiöse Entfremdung“ (auch gegen Takfir-Praxis)

Hund, Wulf D. (2007): Rassismus. Bielefeld, Transcript, Kap. IV.

Fairness und Anerkennung …fünf Tugenden der christlichen Römer:1. Sie sind sehr besonnen und vernünftig im Umgang mit Krisen;2. Sie finden am schnellsten zur Wachsamkeit nach einem

Schock;3. Sie sind nach einer Niederlage sehr schnell darum bemüht,

Oberhand und Position zu gewinnen;4. Sie sind gütiger und hilfsbereiter als andere im Umgang mit

Bedürftigen, Weisen und Schwachen;5. Sie sind viel immuner gegen Ungerechtigkeit der Könige als

andere;

(Überliefert nach Muslim, Nr. 2898)

تقوم الساعة والروم أكثر الناس فقال له عمرو أبصر ما تقول، قال أقول ما : وسلمهللا صلى هللا عليه رسول / العاصبن عمروإنھم ألحلم الناس عند فتنة، وأسرعھم : سمعت من رسول هللا صلى هللا عليه وسلم، قال لئن قلت ذلك إن فيھم لخصاال أربعا

.إفاقة بعد مصيبة، وأوشكھم كرة بعد فرة، وخيرھم لمسكين ويتيم وضعيف، وخامسة حسنة جميلة وأمنعھم من ظلم الملوك

• Förderung der Pluralitätsfähigkeit durch mehr Gerechtigkeit &

• Theologische Kompetenz• Förderung „sozialer Dimension des Religiösen“• Keine „Wahrheitsdiskurse“• Die Förderung einer Geisteshaltung zur

Gestaltung der religiösen und kulturellen Vielfalt• Aufklärung über Fallsticken der „religiösen

Radikalisierungsmechanismen“ • Muslime als Partner = Ressourcen

Fazit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!