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die Kontaktlinse 11/2016 Therapeutische Kontaktlinsen im Kontaktlinsen-Institut, besondere Anforderungen an den KL-Spezialisten Uwe Bischoff¹, Corinna Jonske¹ Zusammenfassung: In einem Kontaktlinsen Institut werden zusätzlich zu „normalen“ Kontaktlinsen wie einfachen weichen oder formstabilen Kontaktlinsen für gesunde fehlsichtige Augen auch zu einem großen Teil therapeutische Kontaktlinsen angepasst. Hier werden dann neben Kera- tokoni und Z.n. Keratoplastik häufig auch exotische Augen mit besonderen Schwierigkeiten vorgestellt. Im folgenden Text werden 4 ganz unterschiedliche Fälle mit komplizierten Hornhaut-Situationen gezeigt und die Lösungen, die in Zusammenarbeit mit Augenärzten und Kliniken vom Kontaktlinsen-Spezialisten im Kontaktlinsen- Institut Müller-Welt in Stuttgart gefunden wurden. In einem Kontaktlinsen-Institut beschäf- tigen sich die Anpasser naturgemäß mit allen Arten von Kontaktlinsen – von der einfachen Tageslinse als Ergänzung für Sport und Freizeit bis hin zur quadranten- spezifischen Spezialkontaktlinse oder zur überbrückend angepassten Sklerallinse. Der Schwerpunkt liegt häufig bei den Kontaktlinsen, die von vielen „normalen“ Augenoptikern selten oder eher ungern angefasst werden. So ist es auch im Kon- taktlinsen-Institut Müller-Welt in Stutt- gart. Hier fängt man da bei der Kontakt- linsen-Anpassung an, wo andere aufhö- ren. Natürlich werden auch hier Tages- und Monatslinsen angepasst, wo diese Sinn machen, aber die weitaus häufigeren Fälle sind Augen, die eine besondere Kon- taktlinse oder eine besondere Anpassung benötigen. Nicht selten handelt es sich bei diesen Anpassfällen um Augen, die eine therapeutische Kontaktlinse benötigen, eine Linse also, die definitionsgemäß für die Behandlung von Augenerkrankungen eingesetzt wird. Das kann eine formstabi- le Kontaktlinse zur Überbrückung einer irregulären Hornhaut sein, zum Beispiel bei einem Keratokonus oder nach einer Keratoplastik. Es kann aber auch eine weiche Verbandslinse oder eine Skleral- linse sein, die aufgrund verschiedener Hornhautproblematiken zur Überbrü- ckung der gesamten Hornhautoberfläche benötigt wird. Die Kontaktlinsen-Spezia- listen müssen aus diesem Grund immer am Puls der Zeit und der aktuellen For- schung sein, um die Anforderungen aller Kontaktlinsen-Kunden erfüllen zu kön- nen. Zudem ist ein enger Kontakt zu den behandelnden Augenärzten und Kliniken absolut erforderlich, so dass alle Diszipli- nen im Sinne des Patienten oder Kunden zusammenarbeiten. Im Müller-Welt Kon- taktlinsen-Institut in Stuttgart klappt das aufgrund eines sehr guten Netzwerks be- reits seit einigen Jahren sehr erfolgreich. Hier arbeitet man Hand in Hand mit vie- len Augenärzten aus der Umgebung und den nahen Augenkliniken in Stuttgart, Tübingen und Freiburg. Das Ergebnis sind dank dieser Zusammenarbeit sehr oft zufriedene Kunden, die endlich wieder mehr Lebensqualität durch besseres Se- hen erreichen konnten, und dies ist sicher alle Mühen wert. In den folgenden Fällen soll gezeigt werden, wie vielfältig und manchmal auch exotisch die unterschied- lichen Augen sein können, die in einem Kontaktlinsen-Institut zur Anpassung von Kontaktlinsen vorgestellt werden und wie sinnvoll eine wirksame Zusammenar- beit von Augenarzt, Klinik und Kontakt- linsen-Spezialist sein kann: Fall 1: B., A., männlich, geb. 1982, stellte sich 2013 im Kontaktlinsen-Institut Müller- Welt in Stuttgart vor. Zuvor war er in der Augenklinik in Tübingen gewesen, wo ein irregulärer Astigmatismus mit ausgepräg- ten diffusen Hornhautveränderungen festgestellt wurde. Der Augenhintergrund ergab keine Auffälligkeiten. Über die Möglichkeit eines Keratokonus wurde be- raten und ein Versuch mit der Anpassung formstabiler Kontaktlinsen empfohlen. Subjektiv stellte der Kunde bereits seit 2003 eine kontinuierliche Verschlechte- rung seiner Sehleistung fest und erreichte beim ersten Termin im Kontaktlinsen-In- stitut folgende Sehleistung V.s.c. RA: 0,1 ; LA: 0,16; bin.: 0,20 Eine Refraktion ergab folgende Werte: R: sph.: +2,00 cyl.: –4,00 A 163° V 0,16 L: sph.: plan cyl.: –4,00 A 178° V 0,16 Die Hornhautradien lagen bei R 8,40/7,43 und L 8,28/7,56 Die Topographie und die Pentacam-Mes- sung zeigten einen leicht irregulären Astigmatismus, aber keinen Keratokonus (Bilder 1, 2, 3, 4). Bei der Inspektion des vorderen Augenab- schnitts war die Hornhaut beidseits flä- chig gestippt (Bild 5 und 6). Es stellte sich ein Bild einer Hornhaut- Dystrophie dar, die in der Klinik als Kerati- tis punctata superficialis Grad 4 diagnosti- ziert werden konnte. Die Anpassung form- stabiler Kontaktlinsen wurde versucht: ¹Dipl. Ing. (FH) Augenoptik Abstract: In a Contact-Lens-Fitting-Institute, all types of contact lenses are fitted to the presented eyes. Often there are special patients with extraordinary problems of the shape of the cornea or the surface of the eye. In these cases special solutions are required and the contact-lens- specialist has to find the best therapeutical contact lens for the individual problems. In this article four different cases shall be presented with their special requirements and the solutions that could be found by the contact lens- specialist from Müller-Welt Contact-Lens-Institute in Stuttgart together with the ophthalmologists, who are medicating the patients. 20 Spezial Therapeutische Kontaktlinsen

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usammenfassung: n einem Kontaktlinsen Institut werden zusätzlich zu normalen“ Kontaktlinsen wie einfachen weichen oder ormstabilen Kontaktlinsen für gesunde fehlsichtige ugen auch zu einem großen Teil therapeutische ontaktlinsen angepasst. Hier werden dann neben Kera-okoni und Z.n. Keratoplastik häufig auch exotische ugen mit besonderen Schwierigkeiten vorgestellt.

m folgenden Text werden 4 ganz unterschiedliche Fälle it komplizierten Hornhaut-Situationen gezeigt und die

ösungen, die in Zusammenarbeit mit Augenärzten und liniken vom Kontaktlinsen-Spezialisten im Kontaktlinsen-

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Dipl. Ing. (FH) Augenoptik

n einem Kontaktlinsen-Institut beschäf-igen sich die Anpasser naturgemäß mit llen Arten von Kontaktlinsen – von der infachen Tageslinse als Ergänzung für port und Freizeit bis hin zur quadranten-pezifischen Spezialkontaktlinse oder zur berbrückend angepassten Sklerallinse. er Schwerpunkt liegt häufig bei den ontaktlinsen, die von vielen „normalen“ ugenoptikern selten oder eher ungern ngefasst werden. So ist es auch im Kon-aktlinsen-Institut Müller-Welt in Stutt-art. Hier fängt man da bei der Kontakt-insen-Anpassung an, wo andere aufhö-en. Natürlich werden auch hier Tages- nd Monatslinsen angepasst, wo diese inn machen, aber die weitaus häufigeren älle sind Augen, die eine besondere Kon-aktlinse oder eine besondere Anpassung enötigen. Nicht selten handelt es sich bei iesen Anpassfällen um Augen, die eine herapeutische Kontaktlinse benötigen, ine Linse also, die definitionsgemäß für ie Behandlung von Augenerkrankungen ingesetzt wird. Das kann eine formstabi-e Kontaktlinse zur Überbrückung einer rregulären Hornhaut sein, zum Beispiel ei einem Keratokonus oder nach einer

Keratoplastik. Es kann aber auch eine weiche Verbandslinse oder eine Skleral-linse sein, die aufgrund verschiedener Hornhautproblematiken zur Überbrü-ckung der gesamten Hornhautoberfläche benötigt wird. Die Kontaktlinsen-Spezia-listen müssen aus diesem Grund immer am Puls der Zeit und der aktuellen For-schung sein, um die Anforderungen aller Kontaktlinsen-Kunden erfüllen zu kön-nen. Zudem ist ein enger Kontakt zu den behandelnden Augenärzten und Kliniken absolut erforderlich, so dass alle Diszipli-nen im Sinne des Patienten oder Kunden zusammenarbeiten. Im Müller-Welt Kon-taktlinsen-Institut in Stuttgart klappt das aufgrund eines sehr guten Netzwerks be-reits seit einigen Jahren sehr erfolgreich. Hier arbeitet man Hand in Hand mit vie-len Augenärzten aus der Umgebung und den nahen Augenkliniken in Stuttgart, Tübingen und Freiburg. Das Ergebnis sind dank dieser Zusammenarbeit sehr oft zufriedene Kunden, die endlich wieder mehr Lebensqualität durch besseres Se-hen erreichen konnten, und dies ist sicher alle Mühen wert. In den folgenden Fällen soll gezeigt werden, wie vielfältig und manchmal auch exotisch die unterschied-lichen Augen sein können, die in einem Kontaktlinsen-Institut zur Anpassung von Kontaktlinsen vorgestellt werden und wie sinnvoll eine wirksame Zusammenar-beit von Augenarzt, Klinik und Kontakt-linsen-Spezialist sein kann:

Fall 1:B., A., männlich, geb. 1982, stellte sich 2013 im Kontaktlinsen-Institut Müller-Welt in Stuttgart vor. Zuvor war er in der Augenklinik in Tübingen gewesen, wo ein irregulärer Astigmatismus mit ausgepräg-ten diffusen Hornhautveränderungen festgestellt wurde. Der Augenhintergrund ergab keine Auffälligkeiten. Über die Möglichkeit eines Keratokonus wurde be-raten und ein Versuch mit der Anpassung formstabiler Kontaktlinsen empfohlen. Subjektiv stellte der Kunde bereits seit 2003 eine kontinuierliche Verschlechte-rung seiner Sehleistung fest und erreichte beim ersten Termin im Kontaktlinsen-In-stitut folgende SehleistungV.s.c. RA: 0,1 ; LA: 0,16; bin.: 0,20Eine Refraktion ergab folgende Werte:R: sph.: +2,00 cyl.: –4,00 A 163° V 0,16L: sph.: plan cyl.: –4,00 A 178° V 0,16Die Hornhautradien lagen bei R 8,40/7,43 und L 8,28/7,56Die Topographie und die Pentacam-Mes-sung zeigten einen leicht irregulären Astigmatismus, aber keinen Keratokonus (Bilder 1, 2, 3, 4).Bei der Inspektion des vorderen Augenab-schnitts war die Hornhaut beidseits flä-chig gestippt (Bild 5 und 6).Es stellte sich ein Bild einer Hornhaut-Dystrophie dar, die in der Klinik als Kerati-tis punctata superficialis Grad 4 diagnosti-ziert werden konnte. Die Anpassung form-stabiler Kontaktlinsen wurde versucht:

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21Spezial Therapeutische Kontaktlinsen

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MPG&E MW RT 8,40/7,55 / +3,00 10,80 MPG&E MW RT 8,30/7,65 / +3,25 / 0,80it diesen Kontaktlinsen konnte eine

ehleistung von R 0,5p, L 0,63, bin 0,8p rreicht werden. Allerdings konnte auf-rund des nicht vorhandenen Keratoko-us und der mit Kontaktlinsen erreichten ehleistung von >0,30 keine Kostenüber-ahme durch die Krankenkasse erfolgen. ine Versorgung fand somit ein ganzes

ahr nicht statt, bis der Patient sich diese ür ihn deutlich Lebensqualität-steigern-

den Kontaktlinsen leisten konnte. Erst im Oktober 2014 kam es zur Abgabe der an-gepassten Kontaktlinsen. Bereits nach kurzer Zeit konnten die Kontaktlinsen be-schwerdefrei ganztags getragen werden. Im weiteren Verlauf kam es leider immer wieder zu kleineren Epitheldefekten, die in Zusammenarbeit mit dem behandeln-den Augenarzt sehr schnell beherrscht werden konnten. Der Kunde trägt weiter-hin erfolgreich und weitestgehend stress-frei und wurde im September 2016 erfolg-reich mit einem neuen baugleichen Paar ausgestattet.

Fall 2:Z. J., männlich, geb. 1962, stellte sich erst-mals 2012 in der Kontaktlinsen-Sprech-stunde in der Augenklinik in Tübingen vor, die vom Kontaktlinsen-Institut Mül-ler-Welt, Stuttgart betreut wird. Herr Z. hatte bei einem Arbeitsunfall eine erhebli-che Verätzung an beiden Augen erlitten und wurde seither in der Augenklinik in Tübingen behandelt. Bei der ersten Vor-stellung präsentierte sich folgendes Bild: Die Hornhaut des rechten Auges war komplett trüb, hier wartete man auf die Möglichkeit einer Keratoplastik. Die Hornhaut des linken Auges hatte man nach dem Unfall komplett neu wachsen lassen. Sie erschien deutlich uneben und wies viele kleine Trübungen und Vernar-bungen auf (Bild 7).Die Versorgung des linken Auges mit ei-ner formstabilen Kontaktlinse wurde an-gestrebt, um wenigstens ein wenig Seh-leistung zurückzuerlangen. Mit Hilfe ei-ner torischen Spezial-Keratokonus- Kon-taktlinse konnte eine Sehleistung am lin-ken Auge von 0,80 erreicht werden. Diese Linse war allerdings auf dem Auge nur kurze Zeit erträglich. Aus diesem Grund

ild 1: HH-Topographie des rechten Auges

ild 2: HH-Topographie des linken Auges

ild 3: Pentacam-Messung des rechten Auges

ild 4: Pentacam-Messung des linken Auges

ild 5: Gestippte Hornhaut des echten Auges

Bild 6: gestippte Hornhaut des linken Auges

die Kontaktlinse 11/2016

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urde die Anpassung modifiziert und ei-e Korneosklerallinse von 12.00mm sollte ie Hornhaut nun weitestgehend über-rücken. Die Sehleistung betrug mit die-er Linse zwar nur 0,60, aber sie war zu-indest einige Stunden tragbar. Leider

am es nach einer gewissen Tragezeit im-er wieder zum Eintrüben der Flüssigkeit

nterhalb der Linse. Anfang 2013 musste iese Versorgung dann aufgrund eines laukomanfalls unterbrochen werden nd das Auge wurde erneut operiert. Im ai 2013 wurde dann mit Hilfe einer Mi-

isklerallinse und einem Durchmesser on 16,40mm ein Visus von 0,8 am linken uge erreicht, der allerdings je nach Zu-

tand der Hornhaut und des Tränenfilms chwankt. Diese Linse ist aber zumindest inige Stunden am Tag ohne größere chwierigkeiten tragbar (Bild 8).m Januar 2016 versuchte man dann die ituation am rechten Auge zu verbessern. ier wurde in der Augenklinik Tübingen

ine Keratoprothese vorgenommen. Da ie Oberfläche dieser Prothese nicht mit ilfe normaler Blinzelbewegungen be-etzt werden kann, war das anschließen-e dauerhafte Tragen von Verbandslinsen uf diesem Auge absolut notwendig. Hier onnte mit einfachen Monatslinsen gear-

ie Kontaktlinse 11/2016

beitet werden, die aber noch zu keinem annehmbaren Visus führten. Im weiteren Verlauf erfolgte im Kontaktlinsen-Institut zuerst die Anpassung einer Miniskleral-

linse, um die komplette Prothese zu über-brücken. Diese Lösung stellte sich aber als für den Kunden nicht tragbar heraus. Die aktuelle Lösung auf dem rechten Auge ist eine Huckepack Variante: Auf der wei-chen Trägerlinse wurde noch eine form-stabile asphärische Korneosklerallinse schwimmend angepasst:MPG&E MW EZ 8,60 /-16,00 / 12,50 e 0,50Mit diesen beiden Linsen ist eine Sehleis-tung auf dem rechten Auge von 0,80 mög-lich. Die Tragezeiten am rechten Auge sind auf 9 Stunden täglich mit 2 Stunden Pause begrenzt und die formstabile Linse bleibt für den Kunden spürbar, trotzdem konnte mit dieser Lösung die Lebensqua-lität von Herrn Z. nach eigenen Angaben deutlich verbessert werden (Bild 9).Ein häufiges Nachbenetzen von ca. 10x täglich am rechten Auge ist erforderlich, um die Sehleistung und den Komfort am rechten Auge aufrechtzuerhalten und die Linsen und die Augen werden regelmäßig im Anpass-Institut und in der Augenkli-nik überprüft. Da die Trägerlinse ganztags getragen werden muss wird die starke Neovaskularisation als notwendiges Übel toleriert.

Fall 3:B., U., männlich, geb. 1962, wurde bereits im Jugendalter von 15 Jahren im Müller-Welt Kontaktlinsen-Institut in Stuttgart

ild 7: Pentacam-essung des

inken Auges

ild 8: Minisklerallinse auf dem inken Auge

Bild 9: Keratoprothese am rechten Auge mit Huckepack-System aus weicher Träger-linse und formstabiler Kontaktlinse

ild 10: Hornhaut-opographie des echten Auges

ild 11: HH-Topo-raphie des linken uges nach KPL

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23Spezial Therapeutische Kontaktlinsen

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it formstabilen Kontaktlinsen bei hoher nisometropie und Astigmatismus ver-

orgtnfangs-Refraktion von 1977: sph.: –7,00 cyl.: –4,00 A 15° sph.: –1,00 cyl.: –2,00 A 175° ies führte damals zu einer Sehleistung

on R 0,40; L 0,80. Die Amblyopie am echten Auge war aufgrund des Sehfehlers ereits im Kleinkindalter entstanden und atte sich zu diesem Zeitpunkt bereits anifestiert. Bis 2013 wurde beschwerde-

rei und erfolgreich getragen. (Bild 10)eit Beginn 2013 kam es dann zu wieder-ehrenden Infektionen des besseren lin-en Auges, von Bindehaut-Entzündungen ber Herpes-Infektionen wurden ver-chiedene Diagnosen gestellt, bis im Feb-uar 2014 in der Augenklinik in Freiburg ann eine massive Acanthamöben-Infek-ion festgestellt wurde, die auf ständige allenbadbesuche zurückgeführt wurde. eide Kontaktlinsen wurden sofort ent-

orgt und es sollte zunächst am rechten uge eine neue Anpassung erfolgen (Bild 0). Durch die notwendige Therapie der assiven Entzündungen am linken Auge

atte sich dort eine Cataract gebildet. Zu-ächst wurde R neu angepasst: PG&E MW RT ES ice 8,10 / 7,70

-12,50 / 9,40it dieser Linse konnte eine Sehleistung

on 0,4p auf dem rechten Auge erhalten erden. Es wurden engmaschigere Kon-

trollen als in der Vergangenheit verein-bart, sodass Auge und Linse mindestens alle 6 Monate vorgestellt werden sollten. Am linken Auge wurde dann im April 2014 nach einer Hornhaut-Transplantati-on noch eine Cataract- OP durchgeführt. Das Auge konnte nach Heilungsstörun-gen erst im Juni 2015 erstmalig wieder mit einer Kontaktlinse versorgt werden (Bild 11 und Bild 12):Herz C1 7,00 /+2,50 /11,00Diese Linse ermöglichte hier eine Sehleis-tung von 0,5p und konnte einige Zeit ver-wendet werden. Allerdings kam es immer wieder zu Hornhaut-Schwierigkeiten, so dass sich der Kunde im Januar 2016 nach einer zweiten Transplantation und ausge-stattet mit einer Verbandslinse erneut im Kontaktlinsen-Institut vorstellte. Der Vi-sus s.c. war dann ohne Verbandslinse 0,03 und mit einer Refraktion von ca. +6,00 dpt wurde eine Versorgung mit ei-ner Minisklerallinse angestrebt. Ein Ver-such einer solchen Anpassung wurde vom behandelnden Professor in der Au-genklinik in Freiburg befürwortet und nach diversen Messungen konnte eine er-folgreiche Versorgung mit folgender Lin-se stattfinden:Falco MW Mini V 6,40 / –3,00 / 14,80Der Visus konnte bei 0,40 stabilisiert wer-den und eine tägliche Tragezeit von 10–14h war problemlos möglich (Bild 13 und 14).

Leider kam es im Juli erneut zur Notwen-digkeit einer nun dritten Transplantation nach Transplantateinschmelzung auf dem linken Auge. Momentan wird hier ledig-lich eine Verbandslinse mit +9,00 getra-gen (Bild 15). Eine erneute Versorgung des rechten Au-ges in naher Zukunft wird angestrebt, wenn die Heilung entsprechend fortge-schritten ist und der Patient das wünscht.

Fall 4:B. W., männlich, geb. 1951, stellte sich An-fang 2015 im Kontaktlinsen-Institut mit folgenden Befunden vor: Das linke Auge erreichte nach 20jähriger Glaukom-Ge-schichte und Netzhautablösung keine messbare Sehleistung mehr. Am rechten Auge bestand eine Aphakie, nachdem 2013 eine Intraokularlinse absackte und daraufhin entfernt werden musste. Der Patient hatte Leukämie und litt seit einem Jahr unter häufig wiederkehrenden Horn-hautrissen am rechten Auge. Der Visus s.c. RA betrug 0,13, der Tränenfilm am rechten Auge war praktisch nicht vorhan-den (Bilder 16, 17, 18). Hornhaut und Bindehaut waren komplett diffus gestippt, die Hornhaut komplett unbenetzt und leicht trüb. Die einzig sinnvolle Lösung stellte hier eine Versor-gung mit einer komplett überbrückenden Sklerallinse dar, die dann eine erneute Be-netzung der Hornhaut ermöglichen sollte (Bild 19 und 20). Nach verschiedenen Messungen und Tra-geversuchen, die immer wieder zu Blanching auf der Bindehaut führten konnte dann erfolgreich folgende Linse angepasst werden:Falco mini T 7,20 / –5,37 /14,80Diese Linse ermöglichte hier eine Sehleis-tung von 0,25, eine Tragezeit von 4–5 Stunden nach 2 Wochen wurde ange-strebt. Unter diesen Eintragebedingungen kam es erneut zu einem Riss in der Horn-haut, der in der Augenklinik Tübingen di-agnostiziert, behandelt und mit einer Ver-bandslinse versorgt wurde. Nach einigen Wochen war die Hornhaut wieder verheilt und der Patient konnte erneut mit dem Eintragen beginnen (Bild 21 und Bild 22). Motiviert von der erhöhten Lebensquali-tät durch eine messbare Sehleistung stei-gerte der Patient selbständig die Tragezeit auf 10 Stunden täglich. Der Kontaktlin-sen-Spezialist im Kontaktlinsen-Institut musste diese Euphorie mit Rücksicht auf den Zustand der Hornhaut jedoch deut-lich bremsen. Trotzdem kam es 8 Wochen

ild 12: linkes Auge nach 1. Transplantation

Bild 13: linkes Auge nach 2. Transplantation

ild 14: Fluobild Minisklerallinse linkes Auge

Bild 15: linkes Auge nach 3. Transplantation

die Kontaktlinse 11/2016

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die Kontaktlinse 11/2016

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später im Juni 2015 erneut zu Hornhaut-Rissen unklarer Genese. Der Sitz der Sklerallinse war im Kontaktlinsen-Insti-tut, beim betreuenden Augenarzt und in der Klinik immer wieder kontrolliert und für gut befunden worden (Bild 23 und Bild 24). Der Verdacht lag nahe, dass das Handling eventuell ursächlich sein könnte. In Zu-sammenarbeit mit den behandelnden Au-genärzten wurde erneut eine Tragepause mit Verbandslinse vereinbart und erst nach vollständiger Heilung erneut mit dem Tragen begonnen, wobei auch das Handling durch den Patienten sorgfältig überprüft wurde. Hier gab es aber keine Schwierigkeiten. Trotz aller Hornhaut-Problematik wird momentan am Tragen der Kontaktlinse festgehalten, da der Vi-susanstieg eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität des Kunden nach sich zieht. Die Hornhaut wird streng und eng-maschig kontrolliert und eine Tragezeit von 2x2Stunden täglich erlaubt. Gleich-zeitig wird regelmäßig mit Vitamox, De-xa-Cortison und Hylocomod getropft und unter dieser Behandlung ist aktuell ein zumindest stundenweises Tragen möglich (Bild 25).Auf die komplette Nennung aller Para-meter der genannten Spezial-und Skleral-Kontaktlinsen wurde in diesem Artikel der Einfachheit halber bewusst verzich-tet, die Randgestaltung dieser Linsen ist zwar für die Anpassung in solchen Fällen existenziell, aber so individuell, dass sie auf ähnliche Patienten nicht übertragbar wäre.All diese Fälle zeigen deutlich wie heraus-fordernd, spannend aber auch befriedi-gend die Arbeit als Kontaktlinsen-Spezia-list in einem Kontaktlinsen-Institut sein kann, und welche Grenzen und Möglich-keiten wir heute mit den modernen Kon-taktlinsen-Geometrien haben. Nicht alle Fälle irregulärer Hornhäute lassen sich so lösen, dass eine perfekte Sehleistung mit gleichzeitig hohem Komfort bei langen Tragezeiten erreicht werden kann. Manchmal ist es notwendig, mit einem Kompromiss für den Patienten und für den Kontaktlinsen-Spezialisten zu leben. Der Wunsch die Anpassung immer weiter zu perfektionieren, würde in den meisten Fällen nicht nur zu einer großen Unsi-cherheit des Patienten bei gleichzeitig ho-hen Kosten führen, sondern zudem auch zu sehr viel zusätzlichen Stress auf den be-

ild 16: Pentacam-essung des rech-

en Auges

ild 17: flächige Stippung der Hornhaut es rechten Auges

Bild 18: Stippung auch im oberen HH-Bereich unter dem Oberlid

ild 19: HH-Problematik am echten Auge

Bild 20: Minisklerallinse auf dem rechten Auge

ild 21: Benetzung der Hornhaut des rech-en Auges unter der Sklerallinse

Bild 22: Fluobild Sklerallinse rechts

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25Spezial Therapeutische Kontaktlinsen

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eits belasteten Augen. Eine Lösung, die ragbar ist, die Sehqualität deutlich ver-essert und auch gesundheitlich verant-ortbar ist sowie gleichzeitig zu einer eutlichen Verbesserung der Lebensqua-

ität führt, ist das erklärte Ziel bei diesen npassungen, nicht die endgültige Per-

ektion. Das muss bei solch komplizierten ällen dem Patienten aber auch den betei-

igten Spezialisten klar sein.ie Abwechslung zwischen „einfach zu

ersorgenden Augen“, anspruchsvollen unden, Keratokoni und Keratoplastiken nd eben auch ganz besonderen Patienten it sehr individuellen Seh- oder Kom-

ortproblemen ist es, die diese Arbeit so pannend macht. Hier die richtigen Lö-ungen zu finden, und den Patienten icht nur zufriedenzustellen, sondern

hm auch zu einem „Mehr“ an Lebens-ualität zu verhelfen, gehört zu den be-onderen Momenten im Alltag eines Kon-aktlinsen-Spezialisten. Erreichbar ist das llerdings nur durch stetige Weiterent-icklung, Fortbildung und Engagement

m Sinne des Kunden und eine enge Zu-ammenarbeit aller Beteiligten. Um aber uch bei den vermeintlich „einfachen „ ugen, die nicht regelmäßig beim Augen-rzt vorstellig werden, nichts zu versäu-en wird, im Müller-Welt Kontaktlinsen-

nstitut bei jedem neuen Kunden ein aus-ührliches Eingangs-Screening durchge-ührt, bei dem nicht nur eine Hornhaut-opographie und eine Inspektion des vor-eren Augenabschnitts durchgeführt ird, sondern eben auch eine Pentacam-essung, die Erfassung des Intraokular-

rucks und eine Aufnahme des Augen-intergrundes. So konnten schon bei vie-

en Kunden rechtzeitig Auffälligkeiten estgestellt werden, die dann sofort beim

Augenarzt behandelt wurden, sodass ver-hindert werden kann, dass auch hier komplizierte Operationen und therapeu-tische Kontaktlinsen als letzte Möglichkeit für gutes Sehen notwendig sind. Auf diese Weise, Menschen vor schwerwiegenden Augenerkrankungen zu bewahren, oder

Menschen mit bestehenden Augener-krankungen zu mehr Sehen und damit mehr Lebensqualität zu verhelfen, ist die besondere Aufgabe der Kontaktlinsen-Spezialisten in einem Kontaktlinsen-In-stitut, und das ist für jedes einzelne Auge jede Mühe wert.

Korrespondierender Autor: Uwe Bischoff E-Mail: [email protected]

ild 23: Gute Unterspülung der echten Linse

Bild 25: stressfreier Sitz der aktuellen Kontaktlinse

Bild 24: Die Scheiteltiefe der Sklerallinse rechts ermöglicht eine gute Benetzung der Hornhaut ohne Auflageflächen.

Die Autoren

Corinna Jonske,Dipl. Ing. (FH) Augenoptik Geb. 1978 in Oelde/West-falenAusbildung zur Augen- optikerin 1997 - 2000Studium der Augenoptik

an der HTW Aalen 2000 - 2003, Dipl. -Ing. (FH) AugenoptikSeit 2004 Kontaktlinsen-Spezialistin bei Müller-Welt Contact-Linsen GmbH, Stuttgart

Uwe Bischoff,Dipl. Ing. (FH) Augenoptik Geb. 1965, Ausbildung zum Augenoptiker,Studium der Augenoptik an der HTW Aalen, Dipl.-Ing. (FH) Augenoptik

Seit 1991 Kontaktlinsen-Spezialist bei Müller-Welt Contact-Linsen GmbH, StuttgartSeit 2003 Geschäftsführer Müller-Welt Contact-Linsen GmbH, StuttgartBezirksgruppenleiter VDCO, Raum StuttgartVorsitzender der INTERLENS Werte-Kommission, diverse Lehraufträge an der HTW Aalen

die Kontaktlinse 11/2016