Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

8
Arthroskopie 2006 · 19:258–264 DOI 10.1007/s00142-006-0361-3 Online publiziert: 11. August 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 K. P. Benedetto Abteilung für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, Akademisches Lehrkrankenhaus, Feldkirch Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz Leitthema Das hintere Kreuzband als Teil des Zen- tralpfeilers stellt die wichtigste Struk- tur des Kniegelenks dar, um die dorsale Translation der Tibia zu verhindern. Der Anatomie und Biomechanik des hinteren Kreuzbandes wurden in den letzten Jahren in der Literatur zuneh- mende Aufmerksamkeit gewidmet. Ana- log dem vorderen Kreuzband besteht auch das hintere Kreuzband aus einer multiaxialen Faserstruktur, die im We- sentlichen in ein anterolaterales und pos- teromediales Bündel unterteilt wird [1, 8, 9]. In Streckstellung nimmt das hintere Kreuzband einen eher transversalen Ver- lauf ein, richtet sich mit zunehmender Flexion auf, entwickelt dabei mehr Zug- spannung und übernimmt vermehrt die Funktion des zentralen Drehpfeilers für die Rotation. Das posterolaterale Kapse- leck mit dem lateralen Meniskushinter- horn, den Ligg. meniscofemorale anteri- us und posterius, dem M. popliteus und dem Lig. popliteofibulare ist entschei- dend für die Rotationsstabilität in diesem Bereich [8, 9]. Der Verlauf der unbehandelten hin- teren Kreuzbandruptur wird in der Lite- ratur unterschiedlich beschrieben. Torg u. Barton [17] fanden in ihrer 10- bis 15- Jahres-Nachuntersuchung nach isolier- ter hinterer Kreuzbandruptur keine osteo- arthrotische Degeneration des Gelenk- knorpels, wiesen jedoch auf die schlech- teren Ergebnisse bei kombinierten Läsi- onen hin. Cross u. Powell [5] fanden da- gegen, dass bei Nichtbehandlung der Rup- tur des hinteren Kreuzbandes eine arthro- tische Degeneration unvermeidbar sei. Dies wird in anderen klinischen Studien [4, 11] als auch in experimentellen Arbei- ten [18] bestätigt. Zur Rekonstruktion der posterola- teralen Kniebandinstabilität werden in der Literatur zahlreiche unterschiedliche Operationsverfahren angegeben, wobei das Spektrum von der isolierten intraar- tikulären Rekonstruktion unter Verwen- dung der verschiedensten Materialien, der isolierten extraartikulären Stabili- sierung, der intra- und extraartikulären kombiniert bis zu einer additiven Osteo- tomie oder eine Osteotomie allein reicht. Bei den direkten Rekonstruktionsverfah- ren wird zwischen transtibialer und Inlay- technik als auch zwischen Single-bundle- und Double-bundle-Rekonstruktion un- terschieden [2, 7, 10, 11, 14, 15, 16]. Das Ziel der vorgelegten Studie war es, die Ergebnisse der Inlaytechnik kritisch zu evaluieren und mit den in der Litera- tur angegebenen anderen Operationsver- fahren zu vergleichen. Indikation Die Indikation zur Rekonstruktion des hinteren Kreuzbandes in der Single- bundle-Technik unter Verwendung des autologen zentralen Drittels des Lig. patel- lae als Knochenband-Knochentransplan- tat war gegeben, wenn eine dorsale Trans- lation der Tibia um 10 mm oder mehr vor- lag oder eine kombinierte Instabilität mit dorsaler Translation und vermehrter Au- ßenrotation des betroffenen Beins nach- gewiesen wurde (. Abb. 1, 2, 3). Operationsmethode Der Eingriff erfolgt in endotrachealer In- tubationsnarkose und Rückenlagerung mit hängendem Bein. Nach Anlegen der pneumatischen Blutsperre erfolgt die Ent- nahme des zentralen Drittels des Lig. pa- tellae als Knochenband-Knochentrans- plantat über einen leicht anterolateralen Abb. 1 8 Stressröntgen – Bartlett view im Seitenvergleich 258 | Arthroskopie 3 · 2006

Transcript of Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Page 1: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Arthroskopie 2006 · 19:258–264

DOI 10.1007/s00142-006-0361-3

Online publiziert: 11. August 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

K. P. Benedetto

Abteilung für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie,

Akademisches Lehrkrankenhaus, Feldkirch

Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Leitthema

Das hintere Kreuzband als Teil des Zen-

tralpfeilers stellt die wichtigste Struk-

tur des Kniegelenks dar, um die dorsale

Translation der Tibia zu verhindern.

Der Anatomie und Biomechanik des

hinteren Kreuzbandes wurden in den

letzten Jahren in der Literatur zuneh-

mende Aufmerksamkeit gewidmet. Ana-

log dem vorderen Kreuzband besteht

auch das hintere Kreuzband aus einer

multiaxialen Faserstruktur, die im We-

sentlichen in ein anterolaterales und pos-

teromediales Bündel unterteilt wird [1, 8,

9]. In Streckstellung nimmt das hintere

Kreuzband einen eher transversalen Ver-

lauf ein, richtet sich mit zunehmender

Flexion auf, entwickelt dabei mehr Zug-

spannung und übernimmt vermehrt die

Funktion des zentralen Drehpfeilers für

die Rotation. Das posterolaterale Kapse-

leck mit dem lateralen Meniskushinter-

horn, den Ligg. meniscofemorale anteri-

us und posterius, dem M. popliteus und

dem Lig. popliteofibulare ist entschei-

dend für die Rotationsstabilität in diesem

Bereich [8, 9].

Der Verlauf der unbehandelten hin-

teren Kreuzbandruptur wird in der Lite-

ratur unterschiedlich beschrieben. Torg

u. Barton [17] fanden in ihrer 10- bis 15-

Jahres-Nachuntersuchung nach isolier-

ter hinterer Kreuzbandruptur keine osteo-

arthrotische Degeneration des Gelenk-

knorpels, wiesen jedoch auf die schlech-

teren Ergebnisse bei kombinierten Läsi-

onen hin. Cross u. Powell [5] fanden da-

gegen, dass bei Nichtbehandlung der Rup-

tur des hinteren Kreuzbandes eine arthro-

tische Degeneration unvermeidbar sei.

Dies wird in anderen klinischen Studien

[4, 11] als auch in experimentellen Arbei-

ten [18] bestätigt.

Zur Rekonstruktion der posterola-

teralen Kniebandinstabilität werden in

der Literatur zahlreiche unterschiedliche

Operationsverfahren angegeben, wobei

das Spektrum von der isolierten intraar-

tikulären Rekonstruktion unter Verwen-

dung der verschiedensten Materialien,

der isolierten extraartikulären Stabili-

sierung, der intra- und extraartikulären

kombiniert bis zu einer additiven Osteo-

tomie oder eine Osteotomie allein reicht.

Bei den direkten Rekonstruktionsverfah-

ren wird zwischen transtibialer und Inlay-

technik als auch zwischen Single-bundle-

und Double-bundle-Rekonstruktion un-

terschieden [2, 7, 10, 11, 14, 15, 16].

Das Ziel der vorgelegten Studie war es,

die Ergebnisse der Inlaytechnik kritisch

zu evaluieren und mit den in der Litera-

tur angegebenen anderen Operationsver-

fahren zu vergleichen.

Indikation

Die Indikation zur Rekonstruktion des

hinteren Kreuzbandes in der Single-

bundle-Technik unter Verwendung des

autologen zentralen Drittels des Lig. patel-

lae als Knochenband-Knochentransplan-

tat war gegeben, wenn eine dorsale Trans-

lation der Tibia um 10 mm oder mehr vor-

lag oder eine kombinierte Instabilität mit

dorsaler Translation und vermehrter Au-

ßenrotation des betroffenen Beins nach-

gewiesen wurde (. Abb. 1, 2, 3).

Operationsmethode

Der Eingriff erfolgt in endotrachealer In-

tubationsnarkose und Rückenlagerung

mit hängendem Bein. Nach Anlegen der

pneumatischen Blutsperre erfolgt die Ent-

nahme des zentralen Drittels des Lig. pa-

tellae als Knochenband-Knochentrans-

plantat über einen leicht anterolateralen

Abb. 1 8 Stressröntgen – Bartlett view im Seitenvergleich

258 | Arthroskopie 3 · 2006

Page 2: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Zugang. Der Patellablock misst 2×0,8 cm.

Die Größe des tibialen Blocks beträgt

2,5×1 cm. Die Knochenblöcke werden mit

resorbierbaren Fäden armiert, und an-

schließend wird durch den Hebedefekt

in die Fossa condylaris eingegangen [7].

Etwaige Meniskusschäden, die präope-

rativ MR-tomographisch nachgewiesen

wurden, werden arthroskopisch vor der

Transplantatentnahme saniert. Über ei-

ne kleine mediale superiore Inzision nach

Spaltung der Faszie des M. vastus medialis

wird ein Bohrdraht zum Zentrum des an-

terolateralen Bündels eingebracht. Nach

Kontrolle der richtigen Stiftlage erfolgt

das Überbohren in der Outside-in-Tech-

nk am medialen Femurkondyl mit dem 8-

mm-Bohrer (. Abb. 4). Nach Abrunden

der scharfen Kanten wird der Patellablock

eingezogen, sodass er bündig an der In-

nenkante des medialen Femurkondyls ab-

schließt. Anschließend erfolgt die Fixati-

on des femoralen Knochenblockes mit ei-

ner Titaninterferenzschraube 30×7 mm

(. Abb. 5).

Das freie Transplantatende wird in

den Recessus posterior verlagert, und

nach Einlegen einer Redondrainage er-

folgt der ventrale Wundverschluss. Bei

liegender Blutsperre erfolgt die Umlage-

rung in Bauchlage, wobei ein Polster su-

prakondylär am Oberschenkel unterlegt

wird. Der dorsale intermuskuläre Gas-

troknemiuszugang [2] erfolgt über einen

leicht gebogenen Hautschnitt am zentra-

len Rand des medialen Gastroknemius-

bauchs. Das neurovaskuläre Bündel zur

Versorgung des medialen Gastroknemi-

uskopfes wird dargestellt und mit einem

Vesselloop angeschlungen (. Abb. 6,

7, 8, 9). Anschließend erfolgt die Inzisi-

on der Faszie des M. popliteus am medi-

alen Rand und das Unterfahren subperi-

Abb. 2 8 Eine dorsale Translation >2 cm stellt eine Komplexinstabilität dar

Abb. 3 8 Im MRT nachgewiesene Ruptur des HKZB

Abb. 4 8 Lage des femoralen Bohrstifts bei HKZB-Plastik am Präparat

Abb. 5 8 Femorale Knochenblocklage des Transplantats

Abb. 6 8 Markierung des Hautschnitts zum in-termuskulären Gastroknemiuszugang

Tab. 1 Entwicklung der Osteoarthrose, Fairbank’s (in %)

Medial 26,1 52,2 13,0 8,7

Lateral 43,4 34,8 17,4 4,3

Patellofemoral 56,5 17,4 17,4 8,7

Fairbank’s 0 I II III

259Arthroskopie 3 · 2006 |

Page 3: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

ostal. Nun wird eine kurze schräge Inzisi-

on von 1,5 cm an der dorsalen Kapsel zen-

tral angelegt und das freie Transplanta-

tende hervorgehoben. Vom dorsalen Zu-

gang ist der Ansatz des hinteren Kreuz-

bandes gut sichtbar und es wird nun eine

Rinne in der Größe von 2,5×1 cm ausge-

meißelt. Der Tuberositasblock wird in die

Rinne eingepasst und bei 70° Flexion und

unter Auslösen einer ventralen Schublade

erfolgt die gelenknahe Fixation mit einem

Bohrdraht (. Abb. 6, 10, 11). Anschlie-

ßend wird der Knochenblock eingebolzt

und mit 2 AO-Kleinfragmentschrauben

fixiert. Nach Entfernen des Bohrdrahts

wird die Gelenkkapsel gedoppelt und die

Faszie des M. popliteus verschlossen. Der

weitere Wundverschluss erfolgt schicht-

weise nach Einlegen einer Redondraina-

ge.

Nachbehandlung

Postoperativ erfolgt die Lagerung in ei-

ner Streckschiene mit Unterpolsterung

des Unterschenkels für 2 Tage. Medika-

mentös erfolgt eine perioperative antibi-

otische Abschirmung sowie die Gabe von

nichtsteroidalem Antirheumatikum. Die

Thromboseprophylaxe mit Low-dose-He-

parin ist obligat bis zur Mobilisierung mit

Vollbelastung.

Nach Entfernen der Redondrainagen

und Verbandwechsel am 2. postopera-

tiven Tag erfolgt die Anlage einer PCL-

Schiene (Firma Albrecht; . Abb. 12). Das

Bewegungsausmaß wird auf 0-10-40° für

die ersten 4 Wochen limitiert. Während

dieses Zeitraums erfolgt die Mobilisierung

mit Teilbelastung. Zusätzlich wird in die-

ser Phase eine intensive Krankengymnas-

tik mit Elektrostimulation, Lymphdraina-

ge und Patellamobilisation durchgeführt.

Von der 4. bis 8. Woche wird das Be-

wegungsausmaß auf 0-0-50° erweitert mit

Vollbelastung. In dieser Phase erfolgt eine

intensivere Physiotherapie mit Koordina-

tionstraining. Die Orthese wird insgesamt

bis zur 10. Woche getragen und im Rah-

men der physiotherapeutischen Behand-

lung die Beweglichkeit ab der 8. Woche

freigegeben. Ein Sportverbot ist, abhän-

gig von der jeweils ausgeübten Sportart,

zwischen 9 und 12 Monaten gegeben.

Abb. 7 7 Spreizen des medialen vom lateralen Gastrokne-miuskopf

Abb. 8 8 Anschlingen des neurovaskulären Bündels für den medialen Gastroknemiuskopf

Abb. 9 8 Intraoperativer Situs der tibialen Transplantation

Abb. 10 8 Ausgemeißeltes Transplantatbett für den tibialen Knochenblock am anatomischen Ansatz des HKZB

Abb. 11 8 Lage des Lig.-patellae-Transplantats beim HKZB-Ersatz

260 | Arthroskopie 3 · 2006

Leitthema

Page 4: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Zusammenfassung · Abstract

Arthroskopie 2006 · 19:258–264 DOI 10.1007/s00142-006-0361-3

© Springer Medizin Verlag 2006

K. P. Benedetto

Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Zusammenfassung

Die hintere Kreuzbandrekonstruktion mit

dem zentralen Drittel des Lig.-patellae-Au-

tograft in der Inlaytechnik ist ein komplika-

tionsarmes Operationsverfahren mit gutem

funktionellem Ergebnis. Der intermuskuläre

Gastroknemiuszugang gewährt eine anato-

mische und stabile Transplantatverankerung

und ermöglicht bei frischen Komplexver-

letzungen auch eine direkte posterolaterale

oder posteromediale Kapselrekonstruktion.

Des Weiteren verhindert er die dorsale Trans-

plantatelongation sowohl beim „killer turn“

als auch am medialen Femurkondyl durch Fi-

xation des Knochenblockes bündig an der In-

nenseite des medialen Femurkondyls.

Bei chronischen Komplexinstabilitäten

ist jedoch auch eine plastische Rekonstrukti-

on der peripheren Stabilisatoren erforderlich.

Aus diesem Grund ist die exakte klinische

und apparative Diagnostik der Begleitläsi-

onen notwendig und die Differenzierung in

isolierte dorsale Knieinstabilität und posteri-

ore Komplexinstabilität. Miteinfließen in das

Behandlungskonzept muss auch die funktio-

nelle Beinachse.

Das Ergebnis wird durch einen vorbeste-

henden Knorpelschaden beeinflusst, der si-

gnifikant mit der Zeitdauer zwischen Unfall

und Rekonstruktion korreliert.

Schlüsselwörter

Inlaytechnik · Intermuskulärer Gastroknemi-

uszugang · Anatomische Transplantatfixati-

on · Instabilitätstyp · Knorpelschaden

Tibial inlay technique for posterior cruciate ligament reconstruction

Abstract

Posterior cruciate ligament reconstruction in-

lay technique using the central third of the

patellar tendon autograft has a low complica-

tion rate and leads to a good functional out-

come. The intermuscular gastrocnemius ap-

proach enables anatomic and stable graft

fixation, as well as anatomic posterolateral

and posteromedial capsular reattachment in

complex knee instability.

The inlay technique prevents graft elon-

gation at the killer turn and enables bone

block fixation flash at the inner edge of the

medial femoral condyle.

Isolated posterior knee instability has to

be differentiated from complex knee instabil-

ity and requires detailed clinical and appar-

ative examination. Malalignment also has to

be addressed in the surgical treatment con-

cept.

Results are influenced by preexisting car-

tilage damage. These strongly correlate with

the time elapsed between injury and surgery.

Keywords

Inlay technique · Intermuscular gastrocnemi-

us approach · Anatomic graft fixation · Perso-

nality of instability · Cartilage damage

Patienten

In den Jahren 1987–2005 wurden 172 hin-

tere Kreuzbandrekonstruktionen mit

ventralem dorsalem Zugang durchge-

führt, wobei 119-mal die isolierte hintere

Kreuzbandrekonstruktion in der vorge-

stellten Technik erfolgte.

93 von 119 Patienten konnten klinisch

und radiologisch nachkontrolliert wer-

den mit einem Untersuchungszeitraum

von 2–13 Jahren (. Abb. 13). 26 Pati-

enten konnten nicht erreicht werden oder

erschienen nicht persönlich zur Nachun-

tersuchungskontrolle. Die Altersvertei-

lung lag zwischen 16 und 57 mit einem

Durchschnitt von 23,9 Jahren; 69 Pati-

enten waren männlich und 24 weiblichen

Geschlechts. Anamnestisch lag bei 39 Pa-

tienten ein Mono- und bei 54 Patienten

ein Polytrauma vor. In 43 Fällen handel-

te es sich um einen Sportunfall.

Ergebnisse

Die klinische Evaluierung erfolgte unter

Verwendung des IKDC-Scores.

Symptome

Von den nachkontrollierten 93 Patienten

waren 62 symptomfrei (. Abb. 13).

27 Patienten wurden in der Gruppe B und

4 in der Gruppe C klassifiziert.

Subjektive Beurteilung

17 Patienten beurteilten den Zustand ih-

res Kniegelenks als normal, 68 als fast

normal, 6 als mäßig und 2 als schlecht

(. Abb. 14).

Stabilität

Bei der klinischen Untersuchung der Sta-

bilität unter Berücksichtigung der dor-

salen Translation im Seitenvergleich ga-

ben von den 93 Patienten 9 das Ergebnis

als normal und 71 als fast normal an. Elf

Patienten wiesen ein mäßiges und 2 ein

schlechtes Ergebnis auf (. Abb. 15).

Beweglichkeit

Siebzehn Patienten wiesen eine normale

seitengleiche Beweglichkeit auf, während

261Arthroskopie 3 · 2006 |

Page 5: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

bei 52 Patienten ein leichtes Bewegungs-

defizit vorlag, entsprechend der Klassifi-

zierung fast normal. Zwölf Patienten wie-

sen ein mäßiges und 2 ein schlechtes Er-

gebnis auf (. Abb. 16).

Vergleich IKDC gesamt präoperativ/postoperativ

Während von den 93 Patienten präopera-

tiv 21 ein mäßiges und 72 ein schlechtes

Ergebnis aufwiesen, konnten postope-

rativ zum Zeitpunkt der Nachuntersu-

chung 9 in der Gruppe als normal und 70

in der Gruppe als fast normal klassifiziert

werden. Zwölf Patienten wiesen ein mä-

ßiges und 2 ein schlechtes Ergebnis auf

(. Abb. 17a, b).

Wie aus . Tabelle 1 hervorgeht, fan-

den sich häufig chondromalazische Ver-

änderungen entweder im medialen oder

femuropatellaren Kompartiment.

Komplikationen

Unter Verwendung des ventralen dorsalen

Zugangs bei der Rekonstruktion des hin-

teren Kreuzbandes war es in keinem Fall

zu einer neurovaskulären intraoperativen

Komplikation gekommen. Auch bei den

34 separat untersuchten Revisionsrekons-

truktionen lag in keinem Fall eine neuro-

vaskuläre Komplikation vor. Postopera-

tiv wiesen 2 Patienten eine oberflächliche

Wundrandnekrose in der Kniekehle auf,

die komplikationslos ohne weiteren Ein-

griff abheilte; in keinem der 93 nachkont-

rollierten Fälle war es zu einer Gelenkin-

fektion gekommen.

Bei 2 Patienten lag ein postoperatives

Hämatom vor, wobei bei einem Patienten

wegen des ausgedehnten Hämatoms ei-

ne Revision und Hämatomentleerung

erforderlich war. Ein Patient wies post-

operativ eine leichte Sensibilitätsminde-

rung an der Fußsohle auf, die sich inner-

halb von 4 Wochen komplett rückbildete.

Dies wurde als transiente Kompressions-

läsion des Nervus tibialis klassifiziert. Bei

einem Patienten kam es im Rahmen eines

neuerlichen Unfalls – dashboard injury –

4 Wochen postoperativ zu einem Ausriss

des femoralen Knochenblocks.

Diskussion

Der ventrale dorsale Zugang für die Re-

konstruktion des hinteren Kreuzbandes

unter Verwendung des zentralen Drittels

des Lig. patellae führte in unserem Haus

zu einem befriedigenden funktionellen

Ergebnis. Insbesondere stellt das intraope-

rative Umlagern mit neuem Waschen und

Abdecken, welches – gemessen bei 20 Pa-

tienten – zwischen 4 und 6 min betrug –

kein erhöhtes Infektrisiko dar.

Die Indikation zur hinteren Kreuz-

bandrekonstruktion per se ist bei einer

vermehrten dorsalen Tibiatranslation im

Seitenvergleich von mehr als 8 mm gege-

ben [12]. Bei der gewählten Operations-

technik ist jedoch zwischen der isolierten

hinteren Kreuzbandstabilisierung und

dem komplexen Rekonstruktionsverfah-

ren zu differenzieren.

Je ausgeprägter die dorsale Translation

der Tibia ist, desto höher die Wahrschein-

lichkeit einer additiven Begleitverletzung,

die ein ebensolches Rekonstruktionsver-

fahren der posterolateralen bzw. poste-

romedialen Strukturen erfordert, um ei-

ne Auslockerung des hinteren Kreuz-

bandtransplantates zu minimieren. Ent-

sprechend den Ergebnissen in der Lite-

ratur zeigen bei ausgeprägter Instabilität

mit Verletzung der Sekundärstabilisatoren

die kombinierten Rekonstruktionsverfah-

ren ein besseres Ergebnis im Vergleich zur

Abb. 12 9 PCL-Schie-ne mit ventralem Tibia-vorschub

Abb. 13 9 Symptome der nachkontrollierten Patienten

262 | Arthroskopie 3 · 2006

Leitthema

Page 6: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

isolierten Rekonstruktion des hinteren

Kreuzbandes [6]. Die Früh- führt unter

Verwendung des IKDC generell zu einem

besseren funktionellen Ergebnis als die

Spätrekonstruktion, da das Vorhanden-

sein degenerativer femoraler Knorpelver-

änderungen streng mit der Zeitdauer zwi-

schen Unfall und operativem Eingriff kor-

reliert (. Abb. 5; [6, 11, 18]).

Der Vorteil des ventralen direkten Zu-

gangs liegt in der direkten Einsicht auf die

Insertion des hinteren Kreuzbandes tibi-

alseitig, da bei Verwendung der transti-

bialen Technik – sagittal BV-kontrolliert

– die Höhe der Insertion bestimmt wer-

den kann, jedoch häufig in der a.p. Ebe-

ne der Austrittspunkt des Führungsdrahts

schwer getroffen werden kann, da eine

leichte Außen- oder Innenrotation intra-

operativ zu einem falsch-positiven Ergeb-

nis führt (. Abb. 18, 19, 20). Des Wei-

teren reduziert die transtibiale Technik

den Effekt des killer turns (. Abb. 21a,

b).

Biomechanisch konnte von Bergfeld et

al. [3] nachgewiesen werden, dass die In-

lay- im Vergleich zur transtibialen Tech-

nik zumindest experimentell zu einer ge-

ringeren a.p. Translation in der Winkel-

stellung von 30–90° führt. Des Weiteren

konnte in fotometrischen experimentel-

len Evaluierungen nachgewiesen werden,

dass es bei der Inlaytechnik zu einer gerin-

gen mechanischen Dehnung des Kreuz-

bandtransplantats im Vergleich zur tran-

stibialen Tunneltechnik bei Verwendung

desselben Transplantats kommt.

Abb. 15 7 Klassifizie-rung der Stabilität

Abb. 16 7 Beurtei-lung der Beweglichkeit

Abb. 14 7 Subjektive Beurteilung des Ope-

rationsergebnisses

Abb. 17a,b 7 Ergebnisse des Gesamt-IKDC-Score post- (a) und präopera-

tiv (b)

263Arthroskopie 3 · 2006 |

Page 7: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

Korrespondierender AutorProf. Dr. K. P. BenedettoAbteilung für Unfallchirurgie und SporttraumatologieAkademisches LehrkrankenhausCarinagasse 476800 [email protected]

Interessenkonflikt. Keine Angaben

Literatur

1. Amis AA (1944) Anatomy and function of PCL. ESS-

KA Conference, Berlin

2. Benedetto KP, Künzel KH, Inderster A (2001) Der

dorsale intermuläre Gastrocnemiuszugang für die

hintere Kreuzbandrekonstruktion. Unfallchir [Sup-

pl 1]: 36–42

3. Bergfeld JA et al. (2001) A biomechanical compari-

son of PCL reconstruction. Am J Sports Med 29(2):

129–136

4. Clancy WG, Shelbourne KD, Zoellner GB et al.

(1983) Treatment of knee joint instability se-

condary to rupture of the posterior cruciate liga-

ment. J Bone Joint Surg [Am] 65: 310–322

5. Cross MJ, Powell JF (1984) Long-term of posteri-

or cruciate ligament rupture. A study of 116 cases.

Am J Sports Med 12: 292–297

6. Cooper DE, Steward D (2004) Results of PCL re-

construction. Am J Sports Med 32(2): 346–362

7. Gächter A (1990) Plastik aus einem transligamen-

tären Zugang. In: Jakob RP, Stäubli H-U (Hrsg)

Kniegelenk und Kreuzbänder. Springer, Berlin Hei-

delberg New York, S 393–398

8. Harner CD, Livesay GA, Choi NY (1992) Evaluation

of the sizes and shapes of the human anterior and

posterior cruciate ligament: a comparative study.

Trans Orthop Res Soc 123: 7–8

9. Inderster A, Benedetto KP, Künzel KH, Gaber O

(1995) Fiber orientation of posterior cruciate liga-

ment. Clin Anat 8(5): 315–322

10. Jakob RP (1990) Laterale und posterolateral-ro-

tatorische Instabilität des Kniegelenkes. In: Jakob

RP, Stäubli H-U (Hrsg) Kniegelenk und Kreuzbän-

der, Anatomie, Biomechanik, Klinik, Rekonstrukti-

on, Komplikationen, Rehabilitation. Springer, Ber-

lin Heidelberg New York

11. Jenner JM, van der Hart CP, Willems WJ (2006) Mid-

term results of arthroscopic reconstruction in ch-

ronic posterior cruciate ligament instability. Knee

Surg Sports Traumatol Arthrosc Epub 2006, Apr 8

12. Lobenhoffer P, Gögüs A, Koch H (1993) Hinterer

Kreuzbandersatz und Bizepstenodese nach Clancy.

Orthopäde 22: 414–420

13. Margheritini F, Rihn JA, Mauro CS et al. (2005) Bi-

omechnics of initial tibial fixation in posterior cru-

ciate ligament reconstruction. Arthroscopy 21(10):

1164–1171

14. Müller W (1982) Das Knie, Form, Funktion und li-

gamentäre Wiederherstellungschirurgie. Springer,

Berlin Heidelberg New York

15. Sekiya JK, West RV, Ong BC et al. (2005) Clini-

cal outcomes after isolated arthroscopic single-

bundle posterior cruciate ligament reconstruction.

Arthroscopy 21(9): 1042–1050

16. Seon JK, Song FK (2006) Reconstruction of isola-

ted posterior cruciate ligament injuries: a clinical

comparison of the transtibial and tibial inlay tech-

niques. Arthroscopy 22(1): 27–32

17. Torg JS, Barton TM (1989) Natural history of the

posterior cruciate deficient knee. Clin Orthop 246:

208–216

18. Wang J, Ao YF (2005) The effect of rupture and re-

construction of posterior cruciate ligament on the

degeneration of articular cartilage in rabbit knee.

Zhonghua Wai Ke Za Zhi 43(24): 1598–1601

Abb. 18 8 Postoperative Röntgenkontrolle nach Inlaytechnik

Abb. 19 8 CT-Kontrolle nach Transplantatfixati-on in Inlaytechnik

Abb. 20 8 Arthroskopische HKZB-Transplantat-kontrolle 12 Monate postoperativ

Abb. 21a,b 8 Austrittspunkt des tibialen Bohrkanals nach transtibialer Rekonstruktion a.p.

264 | Arthroskopie 3 · 2006

Leitthema

Page 8: Tibial-inlay-Technik beim hinteren Kreuzbandersatz

本文献由“学霸图书馆-文献云下载”收集自网络,仅供学习交流使用。

学霸图书馆(www.xuebalib.com)是一个“整合众多图书馆数据库资源,

提供一站式文献检索和下载服务”的24 小时在线不限IP

图书馆。

图书馆致力于便利、促进学习与科研,提供最强文献下载服务。

图书馆导航:

图书馆首页 文献云下载 图书馆入口 外文数据库大全 疑难文献辅助工具