Tinnitus: eine Zusammenfassung - PhonakPro...erhöhtem Stress (Abbildung 2). Mit Tinnitus werden...

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Tinnitus: eine Zusammenfassung

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Tinnitus: eine Zusammenfassung

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Beschreibung von Tinnitus

Tinnitus-Betroffene nehmen ein Ohrgeräusch wahr, das keine

externe Schallquelle hat. Das Ohrgeräusch wird häufig als

Brummen, Rauschen oder Klingeln beschrieben, selten als

sprach- oder musikartig.1 Das Ohrgeräusch kann in einem

oder in beiden Ohren, oder auch im Kopf auftreten. Tinnitus

variiert in Lautstärke, Qualität und Tonhöhe (Tabelle 1). Der

Tinnitus muss von akustischen Halluzinationen abgegrenzt

werden, die bei einer Psychose auftreten.

Risikofaktoren für die Entwicklung eines Tinnitus1:

• Hörverlust

• Zunehmendes Alter

• Geschlecht (männlich)

• Lärmeinwirkung

Tinnitus kann den Betroffenen stark belasten und erheb-

liche psychische Probleme verursachen (siehe Seite 2).2, 3

Schätzungsweise 10–15% der Weltbevölkerung leiden an

Tinnitus1, also rund 280 Millionen Menschen. Die Tinnitusfälle

werden in den nächsten Jahren vor allem aus den folgenden

zwei Gründen zunehmen:

1. Es gibt immer mehr ältere Menschen, sodass auch die

Anzahl der Personen zunimmt, für die ein erhöhtes

Tinnitusrisiko besteht

2. Zunehmende Lärmbelastung am Arbeitsplatz und in

anderen Alltagsumgebungen

Tinnitus tritt unterschiedlich intensiv auf. Einige Betroffene

schaffen es, den Tinnitus zu verdrängen. Andere wiederum

sind durch ihren Tinnitus mehr oder minder eingeschränkt.

Bei 1–2% der Betroffenen ist der Tinnitus jedoch so gra-

vierend, dass sie kein normales Leben mehr führen können.

Tinnitus kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden

(Abbildung 1). Das Ohrgeräusch kann entweder als Folge einer

direkten Einwirkung auf das Ohr (z. B. Knalltrauma) oder als

indirekte Folge (ototoxische Medikamente) entstehen.

Neuesten Erkenntnissen zufolge führen bestimmte

Veränderungen, die im zentralen Nervensystem stattfinden,

dazu, dass das Gehirn Phantomgeräusche generiert, die

dann als Tinnitus wahrgenommen werden.1, 4 Zudem können

weitere Faktoren die Entwicklung und/oder Dauer eines

Tinnitus begünstigen. Tinnitus tritt häufig in Verbindung mit

Hörverlust auf.

Eine genauere Beschreibung finden Sie auf Seite 3.

Wie entsteht Tinnitus?

Abbildung 1: Verschiedene Veränderungen in der

Schallverarbeitung des Zentralen Nervensystems können

Tinnitus verursachen

Beginn von Tinnitus

Dauer des Tinnitus

Hörverlust

Knalltrauma

Ototoxische Medikamente

Anomalien des Hörnervs

Neuronale

Anomalien der

zentralen

Hörbahn

Geräuschkriterien Mögliche Merkmale

Beginn Plötzlich, langsam

Zeitliches Muster Pulsierend, intermittierend, konstant, fluktuierend

Lokalisation Rechtes oder linkes Ohr, beide Ohren, im Kopf

Lautheit gerade eben hörbar, leise, mittel, laut, sehr laut

Qualität Sinuston, Geräusch, polyphon

Tonhöhe sehr hoch, hoch, mittel, tief (Sinuston, Geräusch, polyphon)

Tabelle 1: Merkmale des Tinnitusgeräuschs

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Stressfaktor Tinnitus

„… die wahrgenommene Intensität des Tinnitus korreliert

eher mit psychologischen und allgemeinen gesundheitlichen

Faktoren, wie z. B. Schmerz oder Schlaflosigkeit, als mit

audiometrischen Parametern …“3

Viele Betroffene empfinden es als belastend, ein Geräusch

zu hören, welches keine äußere Ursache hat. Einige Tinnitus-

Patienten können das Vorhandensein des Symptoms

akzeptieren und verdrängen. Es gibt aber auch Fälle, in

denen die Betroffenen emotional negativ auf das

Ohrgeräusch reagieren. Eine solche Reaktion kann die

Intensität des Geräuschs sogar verstärken und dadurch zu

weiteren negativen Reaktionen führen. Am Ende entsteht

ein Teufelskreis aus zunehmender Tinnitusintensität und

erhöhtem Stress (Abbildung 2).

Mit Tinnitus werden schwere psychische Erkrankungen

assoziiert.2, 3, 5 Belli et al berichten z. B., dass 26,7% einer

Testgruppe von Tinnitus-Patienten psychische Probleme

aufwiesen.5 Diese Probleme ähneln den Gefühlen von

Traurigkeit, Depression und Angst, die bei Menschen mit

altersbedingtem hochgradigem Hörverlust auftreten.6

Tinnitus-Patienten berichten häufig von Angstzuständen,

Depression, eingeschränkten kognitiven Fertigkeiten und

Schlafstörungen (Abbildung 3). In den verschiedenen Studien

gibt es unterschiedliche Ergebnisse in Bezug auf Tinnitus

bedingte psychische Erkrankungsraten. Viele berichten jedoch

von Raten der Angst- und/oder Depressionserkrankungen

über 50%.2, 3, 5 Ziel einer jeden Tinnitus-Therapie sollte es sein,

den psychischen Leidensdruck zu schwächen, den das

Ohrgeräusch auslöst.

Tinnitus

Emotionaler Stress

Abbildung 2: Tinnitus und emotionaler Stress können einen Teufelskreis bilden

Abbildung 3: Tinnitus kann das normale Leben erheblich einschränken

Hypochondrie

Hyperakusis

Beeinträchtigung der

kognitiven Fähigkeiten

Angst

Depression

Schlafstörungen

Tinnitus

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Tinnitus und Hörverlust

„Hörverlust ist schon eine Behinderung. Wenn man noch

Tinnitus dazu hat, ist das eine Art doppeltes Pech.“ (Befragter

bei Southall et al).7

Der Zusammenhang zwischen Hörverlust und Tinnitus ist

wissenschaftlich belegt. 1

• Die meisten Tinnitus-Patienten haben auch einen

Hörverlust.

• 75–90% der Otosklerose-Patienten haben Tinnitus.

• Ca. 80% der Patienten mit idiopathischer Innenohr-

schwerhörigkeit haben Tinnitus.

Eine kürzlich durchgeführte Studie belegt, dass ein simulierter

Hörverlust (mithilfe von Ohrstöpseln) innerhalb von 7 Tagen

zu einer Wahrnehmung von Tinnitus führen kann.8

Interessanterweise verschwand der Tinnitus nach dem

Entfernen der Ohrstöpsel nach wenigen Stunden.

Hörverlust kann in vielen Fällen der Auslöser von Tinnitus

gewesen sein.4 In solchen Fällen kann der Tinnitus auf die

Unfähigkeit des Gehirns zurückzuführen sein, den Hörverlust

zu kompensieren. Dies ist ein wichtiger Grund für die

möglichst frühzeitige Erkennung und Korrektur des

Hörverlusts.

Evidenzbasierte Tinnitus-Therapien

z. B. Tinnitus Retraining Therapie

Beratung

Kognitive Verhaltenstherapie

Hörgeräte

Medikamente

Klangtherapie

Tinnitus

Abbildung 4: Physische und psychologische Therapieformen

Tinnitus ist nicht heilbar, er kann also nicht „abgeschaltet“

werden. Es gibt aber verschiedene Behandlungsmethoden, um

den Leidensdruck zu lindern (Abbildung 4). In der Tinnitus-

Therapie sollten sowohl die physischen (z.B. Hörverlust), als

auch die psychischen (z. B. Angst und Depression) Aspekte

behandelt werden, die mit dem Tinnitus zusammenhängen.1

Beratung und Psychotherapie, kognitive Verhaltenstherapie

und bestimmte Psychopharmaka können nachweislich den

durch das Symptom verursachten Leidensdruck, in einigen

Fällen sogar die wahrgenommene Intensität des Tinnitus,

mindern.1, 5

Hausärzte sollten Tinnitus-Patienten empfehlen, spezielle

Hörtests durch einen Hörgeräteakustiker durchführen zu

lassen. Eine langfristig angelegte Therapie sollte von einem

multidisziplinären Behandlungsteam durchgeführt werden,

in welchem der Hausarzt, ein HNO-Arzt, ein Psychologe/

Psychiater und ein Hörgeräteakustiker integrativ zusammen-

arbeiten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Patient mit einem

Hörgerät versorgen lässt, steigt um das Fünffache, wenn

er eine entsprechende ärztliche Empfehlung erhält.9

Tinnitus-Therapie: Die Wichtigkeit des multidisziplinären Ansatzes

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„Die meisten wissenschaftlichen Studien kommen zu dem

Ergebnis, dass Hörgeräte in der Tinnitusbehandlung wichtig

sind. Das sollte für Ärzte ein sicherer Beleg dafür sein, dass sich

Tinnitus besonders gut mit Hörgeräten behandeln lässt …”10

Wie bereits erwähnt, treten Hörverlust und Tinnitus häufig

gemeinsam auf. Könnte daher eine Hörgeräteversorgung auch

zur Linderung der Tinnitus-Beschwerden beitragen?

In einer kürzlich veröffentlichten Überblicksstudie11 wurden

interventionelle Studien verglichen, die den Einsatz von

Hörgeräten in der Tinnitus-Therapie untersucht hatten.10

In den Studien wurden die folgenden Evaluationsmittel

verwendet: THI: Tinnitus Handicap Inventory; THQ: Tinnitus

Handicap Questionnaire; TRQ: Tinnitus Reaction

Questionnaire; TSI: Tinnitus Severity Index; TQ: Tinnitus

Questionnaire; VAS: Visuelle Analogskala (verschiedene).

Auch wenn es Unterschiede zwischen den Studien gab: in 10

von ihnen konnte eine Verbesserung der Tinnitussymptome

durch den Einsatz von Hörgeräten nachgewiesen werden

(Abbildung 5). Die Hörgeräteversorgung führte zu einer

Reduzierung der wahrgenommenen Tinnitusintensität um bis

zu 50%; in 10 von 11 Studien wurde eine Verbesserung von

mind. 10% verzeichnet (Abbildung 5).10

Wirksamkeit von Hörgeräten in der Behandlung von Tinnitus

THI: Tinnitus Handicap Inventory

THQ: Tinnitus Handicap Questionnaire

TRQ: Tinnitus Reaction Questionnaire

TSI: Tinnitus Severity Index

TQ: Tinnitus Questionnaire

VAS: Visuelle Analogskala (verschiedene)

Abbildung 5: Mehrere interventionelle Studien zeigen, dass Hörgeräte die Intensität des Tinnitus mindern

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1. Langguth B, et al. (2013) Tinnitus: causes and clinical management.

Lancet Neurol.12:920-930.

2. Geocze L, et al. (2013) Systematic review on the evidence of an association

between tinnitus and depression. Braz J Otorhinolaryngol.79:106-111.

3. Zöger S et al. (2006) Relationship between tinnitus severity and psychiatric

disorders. Psychosomatics. 47:282-288.

4. Norena AJ, Farley BJ. (2013) Tinnitus-related neural activity: Theories of

generation, propagation, and centralization. Hearing Res 295:161-171.

5. Belli H, et al. (2012) Psychopathological dimensions of tinnitus and psychophar-

macologic approaches in its treatment. Gen Hosp Psychiatry. 34:282-9.

6. National Council on Aging. (1999) The consequences of untreated hearing loss

in older persons.

7. Southall K et al. (2011) Factors that infl uence disclosure of hearing loss in the

workplace. Int J Audiol 50: 699-707.

8. Schaette R et al. (2012) Reversible induction of phantom auditory sensations

through simulated unilateral hearing loss. PLoS One 10.1371/journal.

pone.0035238.

9. Kochkin S. (2004) BHI physician program found to increase use of hearing

healthcare. The Hearing Journal 57: 27-29.

10. Shekhawat GS, et al. (2013) Role of hearing aids in tinnitus intervention:

a scoping review .J Am Acad Audiol. 24:747-762.

Referenzen

Zusammenfassung

Tinnitus kann erheblichen Stress verursachen und das

Leben stark einschränken. Das Ohrgeräusch kann häufi g

auf eine klare physische Ursache zurückgeführt werden,

die z. B. bestimmte Reaktionen des Gehirns auf audito-

rische Deprivation nach sich ziehen.

Tinnitus-Betroff ene haben häufi g auch einen Hörverlust.

Eine Tinnitus-Therapie sollte daher sowohl die physischen

als auch die psychischen Aspekte des Symptoms

behandeln.

Die Anpassung eines Hörgeräts mit gematchter Tinnitus-

frequenz kann dazu beitragen, die Intensität des Tinnitus

zu mindern und dem Betroff enen eine bessere

Lebensqualität zu ermöglichen.

Helfen Sie Ihren Tinnitus-Patienten, indem Sie ihnen

empfehlen, einen Hörtest bei einem Hörgeräteakustiker

durchführen zu lassen.

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