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  • 8/10/2019 Tips Rhetorik

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    Jrg HusermannUniversitt TbingenMedienwissenschaft

    Rhetorik fr Seminarund VorlesungUnterlagen zu einem Kurs frDozentinnen und Dozenten

    Inhalt:

    Ausgangspunkt:

    Nutzen Sie Zeit und Raum .......................................1Rhetorik auf die Fe gestellt ..................................2Rhetorik und Dialog .................................................3Nonverbal paraverbal verbal ..............................4Ihr Umgang mit der Zeit: erste Kriterien...................5Ihr Umgang mit dem Raum .....................................6

    Aufbau:

    Aufbau: Elemente einer Rede ..................................7Aufbauprinzipien .......................................................8

    Merkmale attraktiver Einstiege .................................9Handlungsformen ..................................................10

    Verbal:

    Portionieren ............................................................12Komprimierungen auflsen...................................13

    Paraverbal:

    Paraverbal: Sinneinheiten vermitteln .....................14Unterlagen fr das Sprechen .................................15

    Dialog:

    Dialog mit 300 Leuten............................................16Fragen, die weiter helfen........................................17Zwei Frageziele aus dem Unterricht ......................18Frageweisen und Fragetypen ................................19

    Medieneinsatz:

    Visualis ieren ..........................................................20Bilder interpretieren................................................22

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    Nutzen Sie Zeit und Raum

    Wir gehen von der Erfahrung aus, dass Reden vor einem Publikum eine vlligandere Aufgabe ist als Reden im vertrauten Kreis. Der Wechsel vom

    unstrukturierten Dialog in einem geschtzten Raum zum monologischen

    Auftritt vor einer greren Gruppe schafft vielen Stress. Pltzlich fhlt man sich

    fr das Gelingen der Kommunikation verantwortlich. Man orientiert sich an

    Normen, die einem im Zweiergesprch eher egal sind und stellt damit

    andere Ansprche an sich selbst.

    Das Reden wird "ffentlicher". Wir betrachten zunchst die Bedingungen, die

    fr die Rednerin, den Redner unmittelbar zu spren sind die

    Vernderungen in Raum und Zeit.

    Lassen Sie sich Zeit:

    Reden vor einem Publikum bedeutet fr Sie als Rednerin, dass Sie eine

    vereinbarte Zeitspanne selbst gestalten. Sie knnen Tempo, Pausen,

    Informationsdichte selbst gestalten. Interessanterweise empfindet man dies

    oft als Stress. Viele Menschen beginnen deshalb ihre Rede zu frh: Sie

    lassen sich nicht Zeit, um an ihrem Platz anzukommen und Kontakt mit dem

    Publikum aufzunehmen. Achten Sie bewusst darauf. Lassen Sie sich Zeit,

    an Ihrem Platz anzukommen. Und bleiben Sie nach dem Reden einen

    Moment lnger da und suchen Sie nochmals Blickkontakt mit Ihrem

    Publikum.

    Nutzen Sie den Raum:

    Als RednerIn vor einem Publikum mssen Sie den Raum fllen. Sie haben

    Sie zudem viel mehr Bewegungsspielraum als Ihre Zuhrer. Nutzen Sie das

    aus. Schaffen Sie mit einer guten Ausgangsposition (beide Fe auf dem

    Boden, elastischer Stand) die Voraussetzung fr eine Krpersprache, die fr

    Sie natrlich ist. Sie brauchen nicht den ganzen Raum zu nutzen; aber es

    kann helfen, wenn Sie sich dessen bewut sind.

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    Rhetorik und Dialog

    Die klassische Domne der Rhetorik ist die Situation, in der ein Redner das

    Wort ergreift, um sein Publikum zu berzeugen, zu bewegen, zu unterhalten.

    "Die Rhetoriktheorie interessiert sich nicht fr den Kommunikator in Hinblick

    auf seine Rolle als Mitspieler im Konzert der kommunikativen Welt, sondern

    in Hinblick auf seine Rolle als Solist oder Dirigent, falls er den Taktstock

    ergreifen sollte. [...] Ihre Perspektive ist ausschlielich die strategische

    Kommunikation des Menschen." (Joachim Knape)

    In dieser Tradition herrscht also die Vorstellung von einer stark

    asymmetrischen Rollenverteilung. Klassische Beispiele fr Redner sinddenn auch Anwlte, Politiker, Festredner. Oft ist mit dieser Rolle eine

    bersteigerte Erwartung an die "Macht des Wortes" verbunden. Und auch

    wenn der Dialog im klassischen rhetorischen System durchaus Platz hat, ist

    es doch der argumentative Dialog, die Debatte, in der es um Sieg und

    Niederlage geht, kaum das klrende, auf gemeinsame Lsungsfindung

    bedachte Gesprch.

    In vielen Situationen scheint uns diese Rolle als "Solist oder Dirigent" nur

    beschrnkt hilfreich. Konfliktlsung, gleichberechtigtes Verhandeln, aber auchdas Lehren und Lernen gelingen besser, wenn im echten Dialog mit

    mglichst symmetrischer Rollenverteilung. Vielfach sind aber die

    Rahmenbedingungen vorgegeben und sie sehen (z.B. in den Medien oder in

    der Versammlungsrhetorik) nur ein Abfolge von Monologen vor. Da muss

    man die Spielregeln meistens akzeptieren, kann aber versuchen, den

    Monolog mglichst bald in den Dialog berzufhren.

    Auch im Hochschulunterricht sind monologische Formen institutionalisiert

    (Vorlesung, Inputs in Seminaren und bungen) und dies oft aus gutem

    Grund. Aber gerade in didaktischen Zusammenhngen ist der Effekt des

    Monologs beschrnkt. Und eine wichtige Aufgabe ist es, auch in die

    Vorlesungen dialogische Elemente einzubringen. Dadurch wird die Vorlesung

    nicht zum reinen Gesprch, aber sie bringt mehr, weil mehr Leute sie aktiv

    gestalten. Im brigen wird es von Rednern als Erleichterung empfunden,

    wenn vom Publikum etwas zurckkommt. Dialog ist auch eine Mglichkeit,

    den Druck zu mildern, den die Vorstellung mit sich bringt, man sei fr das

    Gelingen der Veranstaltung zu hundert Prozent verantwortlich.

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    Nonverbal paraverbal verbal:

    Wenn wir einer Rednerin oder einem Redner ein Feedback geben bemhen wir uns um eine neutrale Beschreibungssprache. Wir halten uns

    an ein Raster, das die fr die Kommunikation wesentlichen Mittel benennt

    und gruppiert. Wir knnen anhand dieser Aufstellung wie bei einer Checkliste

    berprfen, ob wir einen wichtigen Bereich vergessen haben

    Diese Beobachtungsbereiche sind:

    Nonverbal

    Mit "nonverbal" bezeichnen wir alle Ausdrucksmittel des Redners, die wir

    sehen. Die Beobachtungsbereiche im krpersprachlichen Ausdruck

    umfassen nicht nur Mimik und Gestik, sondern auch kleinere und grere

    Einheiten vom Blickkontakt bis zur Bewegung im Raum.

    Paraverbal

    Alles, was die Stimme und die Artikulation aus einem Text machen, also die

    sprecherischen Mittel, gehren in den paraverbalen Bereich. Wir beschreibendabei nur in Ausnahmefllen das Grundmaterial, also etwa die Stimmlage,

    weil hier nur durch lngeres, professionelles Training eine Vernderung zu

    erzielen ist. Den Schwerpunkt setzen wir auf der Textgestaltung durch

    Melodie, Rhythmus und Wortbetonung.

    Verbal

    Zum verbalen Ausdruck gehren die grundlegenden Gebiete Wortwahl,Satzbau und Textgestaltung. Am einfachsten lassen sich die vielen Kriterien

    der verbalen Gestaltung mit den Begriffen Verstndlichkeit und Attraktivitt

    zusammenfassen. Im Vergleich zum para- und nonverbalen Ausdruck knnen

    wir hier auf viel Vorwissen aus dem Schulunterricht zurckgreifen: Grammatik,

    Stilistik, Argumentationslehre usw.

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    Ihr Umgang mit der Zeit: Erste KriterienWir werden im Laufe dieses Kurses immer wieder danach fragen, wie Sie in

    Ihrem Vortrag mit der Zeit und mit dem Raum umgegangen sind. "Haben Sie

    sich Zeit gelassen, um an Ihrem Redepult anzukommen?" war die erste

    wichtige Frage.

    Grundlegend ist dabei die Erfahrung, dass Sie etwas Zeit brauchen, um sich

    auf sein Publikum einzulassen (und dass sich auch Publikum zuerst auf Sie

    einstimmen muss). Die dialogischen Elemente, die so viel zum GelingenIhres Vortrags beitragen, brauchen Zeit und Ruhe, um sich zu entwickeln. Und

    wenn Sie sich Zeit lassen, verschafft dies auch Ihnen mehr Sicherheit.

    Nonverbal:

    Sprechen Sie erst, wenn Sie einen sicheren Stand gewonnen und

    Blickkontakt zu Ihrem Publikum haben. Atmen Sie aus und ein. Eine ruhige,

    angemessene Krpersprache entwickelt sich aus dieser Haltung am

    ehesten.

    Paraverbal:

    Wenn Sie Pausen setzen, kommt Ihr Publikum besser mit, als wenn Sie ale

    Aussagen aneinander hngen. Wir werden beim Thema "Sprechhandlungen"

    erkennen, dass Variation in der Sprechweise die Verstndlichkeit und die

    Attraktivitt dessen, was Sie sagen, untersttzt.

    Verbal:

    Fr die Hrsituation eignet sich eine Sprache mit geringerer

    Informationsdichte also mit weniger neuer Information pro Zeiteinheit.

    Wiederholungen, Reformulierungen, Zusammenfassungen helfen Ihnen und

    Ihrem Publikum.

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    Ihr Umgang mit dem Raum

    Wo Ihre Zuhrer sitzen, ist in der Regel vorgegeben. Und auch fr Sie gibt esmeist einen festen Redeplatz. Dennoch haben Sie in diesem Rahmen viele

    Gestaltungsmglichkeiten. Sie sind verantwortlich fr die Choreographie im

    Raum, Sie knnen darauf einwirken, wie sich Ihr Publikum gruppiert und

    bewegt vor allem aber haben Sie es in der Hand, von wo aus Sie selbst

    reden und zuhren.

    Nonverbal:

    Sie Ihr Publikum Ihre Visualisierung. Das sind die drei Variablen IhrerRaumnutzung. Finden Sie fr jede Aufgabe die optimale Position:

    - fr eine Erklrung ohne visuelle Untersttzung

    - fr Passagen, die von der visuellen Projektion untersttzt werden

    - fr Passagen, in denen Ihre Worte das Bild untersttzen

    Untersttzen Sie die Funktion Ihrer Botschaften durch die Raumnutzung.

    Kehren Sie fr wichtige Aussagen z.B. Zusammenfassungen immer an

    denselben Platz zurck.

    Paraverbal:

    Fllen Sie den Raum, indem Sie laut genug sprechen. Variieren Sie aber die

    Lautstrke im Rahmen der Mglichkeiten.

    Verbal:

    Sie knnen auch sprachlich auf den Raum reagieren, in dem Sie sich

    befinden durch die Lnge der Rede, die Wortwahl, aber auch den Satzbau:

    Wenn Sie in einem Raum mit viel Hall sprechen, machen kurze Portionen

    Ihren Text verstndlicher als lange.

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    Aufbau: Elemente einer Rede

    Hauptaussage

    - Forschungsresultat

    - Lehrsatz

    - Definition

    - These

    - Erklrung

    Sttzende Aussage

    - Begrndung

    - Illustration

    Organizer

    - Ankndigung

    - Zusammenfassung

    - Gliederungsbersicht

    - Benennung von Kommunikationszielen

    Aufhnger

    - persnliche uerung

    - hinfhrende Frage

    - Gag

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    Jrg Husermann Rhetorik - 8

    Aufbauprinzipien fr Reden und Rede-Abschnitte

    Deduktiv:

    - vom Allgemeinen zum Speziellen

    - vom Abstrakten zum Konkreten

    - von der Regel zur Anwendung

    Induktiv:

    - vom Beispiel zum Allgemeinen

    - vom Konkreten zum Abstrakten

    - von der Erfahrung zur Regel

    Nach vorgegebenem Muster:

    - nach themenspezifischer Struktur

    - chronologisch

    - dialektisch

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    Jrg Husermann Rhetorik - 9

    Merkmale attraktiver Einstiege

    Eindeutig:

    Ein Einstieg gengt!

    Ein zweiter Einstieg wirkt als Klarsplung.

    Motivierend:

    - eine Welt schildern, in die Sie die Zuhrer fhren

    - aus einem Beispiel das Thema entwickeln

    - ein Problem stellen, die Lsung versprechen

    - eine Erfahrung / ein aktuelles Ereignis ansprechen

    - ein Reizwort thematisieren

    Konsequent:

    Das einmal gewhlte Prinzip beibehalten (z.B.: eine Metapher nicht nur im

    ersten Satz antippen, sondern weiterfhren).

    Linear:

    Keine Gedankensprnge. Jeder neue Satz an den vorangegangenen

    anknpfen.

    Funktional:

    - das Lernziel deklarieren

    - Nutzen versprechen

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    Jrg Husermann Rhetorik - 10

    Handlungsformen

    Mit fast jedem neuen Satz ist ein Wechsel der Handlungsform verbunden. Im

    ersten Satz stellen Sie eine These auf, im zweiten begrnden Sie sie, im

    dritten illustrieren Sie das Gesagte usw. Wenn Ihnen dies bewusst ist,

    werden Sie automatisch fr jede Handlungsform auch die optimale

    sprecherische und krpersprachliche Gestaltung whlen.

    Einzelne bungen in diesem Seminar dienen dazu, diese Vielfalt an

    Handlungsformen zu erkennen und zu nutzen.

    Handlungsformen im Kleinen

    Hren Sie guten Rednerinnen und Rednern zu, die eine kurze Ansprache

    halten. Achten Sie darauf, wie sie ihren Text mit Melodie und Rhythmus

    (Pausen!) gliedern, so dass die unterschiedlichen Funktionen der einzelnen

    Stze und Satzteile deutlich werden.

    Funktionen grerer Einheiten

    Auch lngere Abschnitte Ihrer Rede erfllen unterschiedliche Aufgaben

    sowohl themenbezogen (Definition Herleitung Illustration usw.) als auch

    textbezogen (Einleitung Wiederholung Zusammenfassung usw.).

    Stellen Sie sicher, dass die Studierenden die Funktion jeder neuen Einheit.erkennen. Deklarieren Sie im Zweifelsfall die Funktion und die Wichtigkeit

    einer Passage!

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    Jrg Husermann Rhetorik - 11

    Untersttzen Sie wichtige, immer wiederkehrende Funktionen nichtverbal.

    Ein wichtiges Hilfsmittel kann dabei der Raum sein:

    Whlen Sie fr bestimmte Aufgaben (Theorievermittlung - Regeln -

    bungsanleitung Erfahrungsaustausch...) bestimmte Orte im Raum.

    Sie unterstreichen dadurch, von wo aus Sie reden, die Funktion Ihrer

    Mitteilung.

    Formulieren Sie klare Botschaften.

    Verwenden Sie klare, einfache Ausdrcke, wenn Sie die Funktion einer

    Mitteilung deklarieren.

    Bauen Sie in Ihre Verstndnisfragen auch Fragen nach der Funktion ein.

    Die Studierenden haben eine Sache verstanden, wenn sie nicht nur

    den Inhalt kennen, sondern auch begriffen haben, wie sich die Sache

    in den Unterrichtsablauf einfgte: War es eine Illustration fr das

    Vorangegangene? War es eine allgemeine Regel? War es wichtig?

    Versuchen Sie auch dafr Rckmeldungen zu bekommen.

    Verkaufen Sie Ihre Botschaften zu ihrem echten Wert.

    Schliessen Sie einen Abschnitt nicht mit einem "Gut!" ab, sondern mit

    einem Satz, der die wichtigste Botschaft nochmals zusammenfasst.

    Schliessen Sie Ihren Vortrag nicht mit einem "Das wre alles" ab,

    sondern mit Ihrer wichtigsten Botschaft.

    Unterscheiden Sie zwischen den Aussagen:

    "Das folgende finde ich wichtig..."

    und: "Das folgende ist wichtig, (weil...)"

    "Mehr mchte ich zu diesem Thema nicht sagen."

    und: "Das Wichtigste am Thema X ist also: ..."

    "Wir wollen uns das im nchsten Bild mal anschauen."

    und: "Ich zeige Ihnen das im nchsten Bild."

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    Jrg Husermann Rhetorik - 12

    Verbal: Portionieren

    Krze ist noch kein Qualittsmerkmal fr einen Satz; ein kurzer Satz kann

    sowohl unattraktiv als auch unverstndlich sein.

    Dennoch lohnt es sich, das Portionieren von Gedankengngen als spezielle

    Formulierungstechnik zu ben:

    frs Schreiben:

    - als Zwischenstufe vor der endgltigen Formulierung

    - fr die bersichtlichere Gestaltung besonders wichtiger Textstellen

    frs Reden:

    - um in Drucksituationen leichter frei zu formulieren,

    - um den Automatismen bei der Satzplanung entegegenzuwirken

    Dabei krzen Sie nicht einfach Ihre Stze, sondern Sie zerlegen lange

    Gedankengnge in einzelne Portionen.

    Das bringt Ihren ZuhrerInnnen zwei Vorteile:

    Es erleichtert ihnen den berblick ber einen Sachverhalt.

    Der Stil ist attraktiver, weil Sie automatisch mehr Stze

    mit mehr Verben machen.

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    Jrg Husermann Rhetorik - 13

    Eine Hilfe beim Portionieren:Komprimierungen auflsen

    Unpersnliche, passive Formulierungen machen die Sache abstrakter und

    vermitteln oft die Perspektive der Institution:

    Eine Abstimmung ergab eine Mehrheit fr die Vorlage.

    Verbale, aktive Formulierungen geben konkrete Handlungen wieder und

    vermitteln die Perspektive beteiligter Menschen:

    Die Teilnehmer stimmten ab. Sie nahmen die Vorlage an.

    Bei der Umwandlung dieses Satzes wurde ein Wortbildungstyp

    (Substantivierung) aufgelst:

    Im WortAbstimmung ist ein ganzer Satz komprimiert. Sie knnen Ihn

    reaktivieren. Damit machen Sie die Menschen, die an der Sache beteiligt

    sind, besser sichtbar. Zugleich machen Sie aus einem Satz zwei.

    Komprimierte Stze stecken auch in Partizipien:

    Der von A vorgeschlagene Plan wurde von B zu Fall gebracht

    ---> A schlug einen Plan vor. B brachte ihn zu Fall.

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    Jrg Husermann Rhetorik - 14

    Paraverbal: Sinneinheiten vermitteln

    Wenn Sie Ihre Botschaft mndlich und nicht schriftlich vermitteln, geben Sie

    ihr eine klangliche Gestalt. Sie whlen dazu zwischen verschiedenen

    melodischen und rhythmischen Varianten aus.

    Damit interpretierenSie, was Sie sagen. Sie geben den Zuhrenden eine

    Verstehenshilfe. Sie sagen z.B. Das Zimmer ist grn tapeziert(mit Betonung

    auf tapeziert) oder: Das Zimmer ist grn tapeziert (mit Betonung auf grn).

    Sie vermitteln damit nicht einzelne Wrter, sondern ganze Sinneinheiten.

    Eine Sinneinheit hat eine eigene Melodie, ein Wort, das die Hauptbetonung

    trgt, und einen Rhythmus(einzelne Teile werden gerafft, andere gedehnt).

    Beim Vorlesen und beim freien Formulieren ergibt sich eine gute sprecheri-

    sche Interpretation, wenn man nicht mitten im Reden mit anderen Dingen (z.

    B. mit der Planung der nchsten Stze) beschftigt ist. Das geht besser,

    wenn Sie in den Pausen Ihre Gedanken erfassen (z.B. anhand der Gedcht-

    nissttze) und sie dann konzentriert vermitteln. Diese Koordination vonDenken und Sprechen("Sprechdenken") bewirkt, dass Sie, ohne darauf zu

    achten, im voraus die Melodie hren, die Sie produzieren werden.

    Probleme beim freien Sprechen:

    Sinneinheiten werden nicht verknpft (kurze Einheiten mit gleichem,

    sinkendem Ton; besser:aus mehreren kurzen Einheiten eine lngere

    bilden).

    Sinneinheiten werden nicht getrennt (Aufzhlton: gleichfrmige Einheiten mit

    gehobenem Ton am Satzende; besser:Passagen bewusst abschliessen mit

    sinkendem Ton).

    Zuviele Wrter werden betont (besser:eine Hauptbetonung pro Satz).

    Alles wird gleich langsam / gleich schnell gesprochen (besser:den

    Rhythmus variieren, Ergnzungen, Einschiebsel "unter den Tisch fallen

    lassen").

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    Unterlagen fr das Sprechen

    Die beste Gedchtnissttze fr freies Sprechen ist eine Serie von Krtchen,

    auf denen wenige, gross geschriebene Stichwrter bersichtlich angeordnet

    sind. Ihre graphische Anordnung unterstreicht die Gliederung des betreffen-

    den Abschnitts.

    Wichtige Formulierungen (Definitionen, Zahlen, Zusammenfassungen) sind

    ausgeschrieben und knnen abgelesen werden.

    Fr lngere Vortrge erweist ein grosszgig gestaltetes Manuskript den

    Dienst einer Gedchtnissttze: berschriftenzeigen Ihnen an, bei welchem

    Argumentationsschritt Sie sich befinden. In die breiten Rnder schreiben Sie

    Stichwrter, von denen aus Sie bei Bedarf problemlos in den Text hpfen

    und so vom freien Formulieren zum Ablesen wechseln knnen.

    Zum Leseneignen sich Manuskripte mit grosser Schrift und breiten Rndern,

    so dass Sie mit 1 bis 2 Ruhepunkten den Inhalt einer Zeile erfassen. Die

    Zeilenenden sind Enden von Sinnschritten. Das Seitenende fllt zusammen

    mit einem Satzende.

    Untersttzen Sie Ihre sprecherische Interpretationsarbeit, indem Sie beim

    lauten Durchlesen die betonten Wrter unterstreichen. Sie knnen noch

    weitere Zeichen (Pfeile, Apostrophe etc.) einsetzen, wenn Sie hren, dass Sie

    sinnwidrig lesen. Es ist ntzlich, dass Sie sich auf diese Weise die

    sprecherische Gestaltung erleichtern, weil sich in der Live-Situation beim

    Lesen leicht Fehlbetonungen einschleichen knnen.

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    Jrg Husermann Rhetorik - 16

    Dialog mit 300 Leuten

    Wenn man Vorlesungen oder gar bungen in groen Hrslen halten muss,

    ist es schwierig, mit 100, 200 oder mehr ZuhrerInnen so zu reden, dass

    auch etwas zurckkommt. Wenn man eine Frage stellt oder eine Aufgabe

    lsen lsst, bleibt die Mehrzahl der Leute passiv.

    Oft herrscht am Anfang einer Veranstaltung noch hfliche Aufmerksamkeit.

    Dann verliert man langsam den Kontakt mit den Leuten in den hinteren

    Reihen. Am Schluss sind nur noch zwei drei Getreue in unmittelbarer Nhe,

    die zuhren oder auch mal aus Erbarmen eine Antwort geben.

    Dennoch gibt es immer wieder Beispiele von Dozentinnen, denen es gelingt,

    auch Groveranstaltungen dialogisch zu gestalten. Was tun sie?

    Vor der Veranstaltung: Sie kennen den Raum aus beiden Perspektiven -

    derjenigen des Dozenten wie derjenigen der Studierenden. Setzen Sie sich

    einmal in die hinterste Reihe, um die Distanz und die ablenkenden Elemente

    in der Umgebung kennen zu lernen.

    Whrend der Veranstaltung: Sie sorgen dafr, dass regelmig etwas

    zurckkommt. Sie stellen echte Fragen (die beantwortet werden sollen) oder

    rhetorische Fragen (die stumm beantwortet werden), sie machen humorvolle

    Bemerkungen (so dass ein Lachen zurckkommt), sie lassen in Gruppen

    diskutieren und einzelne Resultate vorstellen, sie fordern zur gemeinsamen

    Interpretation eines Filmausschnitts auf usw.

    Vor allem aber machen sie die Dialogabsicht in den ersten Minuten klar

    (z.B. durch eine Umfrage, die mit Handerheben beantwortet wird und dann zu

    Nachfragen Anlass gibt). Das ist das Entscheidende: Wenn Sie von Anfang

    an signalisieren, dass Sie mit den HrerInnen einen Dialog fhren werden,

    gelingt es Ihnen, den Charakter der Veranstaltung entsprechend zu prgen.

    Wenn Sie erst nach zehn Minuten oder noch spter damit beginnen, sind die

    Studierenden bereits in der Konsumhaltung und lassen sich nur schwer

    wieder aktivieren.

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    Fragen, die weiter helfen

    Fragen knnen den Unterricht beleben. Fragen knnen aber auch frustrieren.

    D ie Studierenden antworten motivierter, wenn sie wissen, was die Frage soll:

    Zusammenhang: Wo knpft die Frage an (oder: worauf weist sie hin)?

    Verwendung: Was werden Sie mit den Antworten tun?

    Inhalt: Welches ist der Gegenstand der Frage?

    Im Unterricht werden diese Funktionen oft klar, ohne dass Sie es

    ausdrcklich sagen. Aber Sie selbst mssen sie sich vorher berlegt haben.

    Die folgenden Beispiele sollen dies illustrieren:

    A

    1. Es geht um das neue Thema Suppenproduktion bei Maggi.

    2. Sie ist wissenschaftlicher konzipiert als die Suppenproduktion bei

    Ihnen zu Hause. Ich mchte Ihnen das deutlich machen.3. Schildern Sie deshalb zunchst die wichtigsten Aspekte der

    Suppenproduktion bei Ihnen zu Hause.

    4. D. notiert die Antworten und zeigt die Unterschiede auf.

    B

    1. Fr das folgende Gericht nehmen wir Sauce Bjamel.

    2. Es ist wichtig, dass Sie diese jederzeit zubereiten knnen.

    3. Erinnern Sie sich an das Rezept?

    4. Diese Sauce nehmen wir jetzt also als Grundlage. Wichtig ist dabei die

    Zwiebel, die Sie genannt haben, denn...

    C

    1. Die indoeuropischen Sprachen sind unterschiedl ich nah verwandt.

    2. Ich mchte Ihnen das an alltglichen Beispielen zeigen, die Sie

    kennen.

    3. Nennen Sie Wrter fr Vater in irgendwelchen ie. Sprachen.

    4. D. zeigt, worin die hnlichkeiten bestehen, und nennt die

    entsprechenden Lautgesetze.

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    Zwei Frageziele aus dem Unterricht

    Problematisch: Leerstellen fllen

    Sie, als Dozentin, als Dozent, stellen eine Wissensfrage.

    Sie fordern damit die Zuhrenden auf, in Ihrem Vortragsfluss eine Lcke zu

    fllen(z.B. einen fehlenden Terminus zu nennen, den Grund fr einen

    Sachverhalt anzugeben, eine Definition wiederzugeben.)

    Wenn vom Publikum nichts kommt, mssen Sie die Antwort selbst geben,

    damit Ihr Vortrag weitergeht. Das heisst aber auch: Sie kennen die Antwort

    von vornherein. Die Motivationfr die Zuhrenden, zu antworten, ist hnlich

    wie in einer Prfung.

    Diese Art des Dialogs arbeitet gewhnlich mit geschlossenen Fragen:Fragen nach Begriffen,Fragen mit den Fragewrtern wer, wo, wann,Entscheidungsfragen (ja/nein)

    Konstruktiv: Material zusammentragen

    Sie unterhalten sich mit den Zuhrenden ber Voraussetzungenfr den

    neuen Stoff: Sie fragen nach Vorstellungen, Erfahrungen, Assoziationen.

    Sie fordern damit Ihr Publikum auf, aus ihrem jetzigen Wissens- und

    Erfahrungsstand Elemente zusammenzutragen, die sich zum neuen Stoff

    umsetzenlassen. (Sie fragen z.B. nach Erfahrungen mit Marketing, bevor Sie

    selbst den Begriff definieren.)

    Sie selbst kennen nur mgliche Antworten, nicht dieAntwort. Es geht deshalb

    auch nicht um Richtig oder Falsch. Die Zuhrenden knnen antworten, ohne

    sich zu blamieren. Sie leisten im Gegenteil einen konstruktiven Beitragzu

    Ihrer Lektion.

    Diese Art des Dialogs arbeitet gewhnlich mit offenen Fragen:Fragen mit dem Fragewort wie,Fragen nach Erfahrungen, Meinungen,

    Aufforderungen zum Erzhlen.

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    Frageweisen und Fragetypen

    Die Frageweise: geschlossen und offen

    Sie knnen in jeder Situation geschlossen (eng) und offen (weit) fragen:

    geschlossen:Alternativfragen (ja / nein), przise Fragen (wann? wer? wo?).

    offen: Fragen mit Wie? oder Warum? - Aufforderungen zum Erzhlen,

    Erklren usw.

    Mit geschlossenen Fragen provozieren Sie in der Regel krzere, mit offenenFragen lngere Antworten.

    Fragetypen

    Echofrage:

    Eine Frage, die Sie nur stellen, um ein Echo zu erhalten (damit wieder mal

    etwas zurckkommt), kann kontraproduktiv sein. Zumindest sollten Sie

    transparent machen, dass hier die Kontaktfunktion wichtiger ist als die

    inhaltliche. Fragen Sie deshalb etwas persnlicher: nach einer Erfahrung,

    einer Meinung usw.

    Nutzen Sie auch andere Mittel: Provozieren Sie ein Lachen, ein Aha-Erlebnis

    usw.

    Wissensfrage:

    Machen Sie bei reinen Wissensfragen besonders deutlich, warum es wichtig

    ist, dass Sie sie stellen. Wissensfragen nur um ein Echo zu erzeugen,

    frustrieren.

    Doppelfrage:

    Stellen Sie jede Frage nur einmal und in einer einzigen Formulierung. Zwei

    Fragen gleichzeitig berfordern die Studierenden bzw. lassen sie im

    Unklaren, auf welche sie eingehen sollen.

  • 8/10/2019 Tips Rhetorik

    21/23

    Jrg Husermann Rhetorik - 20

    Visualisieren

    Unabhngig davon, ob Sie mit PowerPoint visualisieren oder mit einem

    altmodischen Wandtafelbild Sie mssen immer wissen, in welchem

    Verhltnis die Visualisierung zu Ihrem Vortrag steht. Unterscheiden Sie zwei

    Hauptfunktionen: Entweder untersttzt das Bild, was Sie sagen, oder

    umgekehrt: Das Bild trgt die Hauptinformation, und Sie ergnzen nur noch,

    was ntig ist. Zu vermeiden ist eine Konkurrenz zwischen dem

    gesprochenen Wort und dem Bild (das ja ebenfalls zum grten Teil aus

    geschriebenen Wrtern besteht).

    Wozu soll mir dieses Bild dienen?

    Es kann eine Aussage illustrieren, einen abstrakten Zusammenhang

    anschaulichermachen. Es kann Ihnen auch helfen, einen Schwerpunkt

    besser zu setzen: Weil Sie das Bild erklren mssen, bleiben Sie lnger bei

    einer wichtigen Sache.

    Das Bild kann fr Sie auch whrend einer bestimmten Passage als

    Gedchtnissttzedienen. Es spricht aber vieles dagegen, nurdie Bilder als

    Gedchtnissttze zu verwenden:

    Die Bilder mssen eine Doppelfunktion erfllen, sind damit entwederfrs eine oder andere schlechter geeignet.

    Der Vortrag wird zu einer Bilderschau; Sie haben als RednerIn zukeinem Zeitpunkt die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums.

    Die Gedchtnissttze befindet sich an einer ungeeigneten Stelle (z.B.an der Leinwand: Sie mssen sich umdrehen, um das nchsteStichwort zu suchen).

  • 8/10/2019 Tips Rhetorik

    22/23

    Jrg Husermann Rhetorik - 21

    Was soll mein Publikum mit diesem Bild anfangen?

    Es kann das Bild selbstndig interpretieren.

    Es kann das Bild als Verstndnishilfeverwenden (und wichtige Aussagen

    sowohl akustisch als auch optisch aufnehmen).

    Es soll durch das Bild nicht berfordertwerden:

    Es soll nicht Verschiedenes sehen und hren mssen:

    Koordinieren Sie akustische und optische Information!

    Fhren Sie Ihr Publikum immer ins Bild.

    (Wenn es sich um eine Tabelle handelt, erklren Sie, wie die Tabelleaufgebaut ist - auch wenn alles suberlich angeschrieben ist.)

    Verwenden Sie nur zwei Bilder nebeneinander, wenn Sie dasdidaktisch begrnden knnen.

    Es soll nicht alles abschreiben mssen:

    Geben Sie wichtige, detaillierte Darstellungen auf einem Blatt ab.

  • 8/10/2019 Tips Rhetorik

    23/23

    Jrg Husermann Rhetorik - 22

    Bilder interpretieren

    Jedes Bild oder Grafik ist Anla zur Interaktion:

    Sie ordnen das Bild ein:

    Sie sagen, was das Bild ohne Sie nicht sagt: Sie bringen das Bild in einen

    Zusammenhang, machen seine Funktion in Ihrem Vortrag deutlich.

    Sie schaffen eine Bildlegende:

    Sie benennen die Bildelemente und Beziehungen, die im Bild ber Symboleausgedrckt sind.

    Die Zuhrenden interpretieren das Bild:

    Die Lernenden teilen ihre Beobachtungen mit. Fordern Sie sie also auf, zu

    sagen, was sie aus ihrem jetzigen Wissens- und Erfahrungsstand erkennen.

    Sie machen sich das Bekanntebewusst, auf dem das Neue dann aufbaut.

    Vermeiden Sie Aufgabestellungen, mit denen Sie sie ansprechen, als ob sie

    das Neue schon kennten.

    Die Zuhrenden beschreiben analytisch:

    Bei diesem Vorgehen wird es als selbstverstndlich genommen, da das

    Beschreiben einer Sache vom Bekannten, scheinbar Banalen ausgehen

    kann.

    Im Idealfall ist diese Form des Unterrichtsgesprchs ein gemeinsames

    Interpretieren.