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Herausgegeben von den Vereinigten Altstadtleisten Bern 34. Jahrgang | 4 / 2018 DER CHINDERBUECHLADE: EIN GEHEIMTIPP AUCH FÜR ERWACHSENE Buchhandlungen gibt es in der Unteren Altadt immer noch einige. Eine davon, der Chinder- buechlade in der Gerechtigkeitsgasse 26, idieses Jahr sogar zur Buchhandlung des Jahres in der Deutschschweiz gewählt worden. Die Inhaberin Ruth Baeriswyl freuts, und mit ihr auch das ganze Team und die kleinen und grossen Leseraen aus der Stadt Bern, dem Kanton und darüber hinaus. Editorial Bücher sind ein tolles Gesprächsthema. Man kann sich über die Bestseller unterhalten, die guten und schlechten Bücher, die man gelesen hat, über die Buchhandlungen, die man besucht und aus dem einen oder andern Grund bevorzugt. In den letzten Jahren sind aber viele BücherfreundInnen abge- sprungen: Sie bestellen ihren Lesestojetzt im In- ternet oder lassen sich vom Paketboten beliefern. Im Zug oder im Tram zücken sie den eBook-Reader. Persönlich habe ich mich der alten Schule verschrie- ben und bin dem gedruckten Buch treu geblieben. Darum kenne ich die Buchhandlungen in der Unte- ren Altstadt recht gut. Nur eine von ihnen habe ich bis vor kurzem nie betreten, den Chinderbuechlade weit unten in der Gerechtigkeitsgasse. Vor dem Schaufenster bin ich jedoch oft stehen geblieben und habe fasziniert die Auslage betrachtet. Unglaublich, was sich in diesem Bereich in den letzten 15 Jahren getan hat. So lange ist es jetzt her, dass meine Toch- ter ihre Bücher selbst aussucht und die farbenfrohen Ausgaben mit Illustrationen und Fotos links liegen lässt. Kurz, ich hatte keinen guten Grund mehr, neue Schätze in den Kinderbuchrayons zu entdecken. Etwas für alle Ein absolutes Fehlurteil, muss ich nach dem ersten Besuch im Chinderbuechlade eingestehen. Einerseits gibt es in den Reihen der Kinderbücher längst auch tolle Sachbücher, die selbst Erwachsenen in ver- schiedensten Bereichen auf die Sprünge helfen kön- nen. Andererseits finden sich gleich beim Eingang auch einige gut ausgewählte aktuelle Bücher für die Die «Buchhandlung des Jahres 2018» an der Gerechtigkeitsgasse 26 gibt sich von aussen bescheiden. Das Innenle- ben hat es in sich! 150 JAHRE LEIST - ENGAGEMENT Vor 150 Jahren, anno 1868, wurde der älteste Altstadtleist, die Kesslergass- gesellschaft Bern, gegründet. Zweck des Leists war und ist es immer noch, die Interessen der Geschäfte, Anwohner und Hausbesitzer gegen- über den Behörden zu vertreten. Wie das Stadtleben wohl damals war? Schauen wir einmal zurück: Die Volkszählung für das Jahr 1860 ergab: Einwohner- zahl in der ganzen Stadt Bern total 29’364 Personen, wovon Frauen 15’866, Männer 13’498. Es ist interessant, wer damals als potentielles Leist- mitglied in Frage kam. So waren 1868 z.B. folgende Berufsgattungen und Geschäfte in unseren Gassen ansässig und aktiv: Brillenhändler, Brodiererinnen, Brunnengräber, Buchbinder, Butterhändler, Bürstenmacher, Büchsen- schmieder, Cementsteinfabrikanten, Corsetmacherin- nen, Dekorationsmaler, Essigfabrikanten, Mass- & Ge- wichtbeamter, Gartenhandlung, Geschäfts-, Comis- sionen- & Placierungs-Büreau, Glätterinnen, Häubli- macherin, Hufschmiede, Kabishobler, Kerzenfabri- kanten, Klavierträger, Knochensammler, Kübler & Kelcher, Küfer, Kürschner, Kupferdrucker, Lohnkut- scher, Lebküchler, Leihbibliothekare, Limonadenfa- brikanten, Lumpensammler, Marmorarbeiter, Mehl- händler, Modisten, Morchelnhandlung en gros, Nähe- rinnen oder Weissnäherinnnen, Pferdehändler, Prä- paratoren, Privatlehrer, Puppenmacherin, Quin- cailleriehändler, Rechtsagenten, Sachwalter, Salzver- käufer, Sattler, Schirmfabrikanten, Schlosser, Schreibbücherfabrikant, Schriftgiesser, Seiler, Sessel- flechter, Steinhauer, Torfverkäufer, Trödler, Überset- zer usw. Ein bunter Strauss von Personen, die aber auch ge- meinsame Anliegen hatten und sich deshalb im Leist organisierten. Wir sind stolz, dass dieser Geist die 150 Jahre überdauert hat, anders als viele der aufgezähl- ten Berufe. Alexander Hadorn Präsident der Kesslergassgesellschaft Bern DER 1. ADVENT IN DER UNTEREN ALTSTADT: Der Überblick über die wichtigsten vorweihnächtlichen Anlässe und Aktivitäten. Seite 4-5. DAS INNERSTE DER BRÜCKE: Aussergewöhnliche Einblicke bei einer Führung während der Sanierung der Kirchenfeldbrücke. Seite 6-7. DIE SCHAURIG-SCHÖNEN WASSERSPEIER: Eine kleine Geschichte der Gargoyles im Allgemeinen und jener am Berner Münster im Speziellen. Seite 8-9. AUS DEM INHALT INFO

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Herausgegeben von den Vereinigten Altstadtleisten Bern 34. Jahrgang | 4 / 2018

DER CHINDERBUECHLADE: EIN GEHEIMTIPP AUCH FÜR ERWACHSENE Buchhandlungen gibt es in der Unteren Altstadt immer noch einige. Eine davon, der Chinder-buechlade in der Gerechtigkeitsgasse 26, ist dieses Jahr sogar zur Buchhandlung des Jahresin der Deutschschweiz gewählt worden. Die Inhaberin Ruth Baeriswyl freuts, und mit ihr auchdas ganze Team und die kleinen und grossen Leseratten aus der Stadt Bern, dem Kanton unddarüber hinaus.

Editorial

Bücher sind ein tolles Gesprächsthema. Man kannsich über die Bestseller unterhalten, die guten undschlechten Bücher, die man gelesen hat, über dieBuchhandlungen, die man besucht und aus demeinen oder andern Grund bevorzugt. In den letztenJahren sind aber viele BücherfreundInnen abge-sprungen: Sie bestellen ihren Lesestoff jetzt im In-ternet oder lassen sich vom Paketboten beliefern. ImZug oder im Tram zücken sie den eBook-Reader.

Persönlich habe ich mich der alten Schule verschrie-ben und bin dem gedruckten Buch treu geblieben.Darum kenne ich die Buchhandlungen in der Unte-ren Altstadt recht gut. Nur eine von ihnen habe ichbis vor kurzem nie betreten, den Chinderbuechladeweit unten in der Gerechtigkeitsgasse. Vor demSchaufenster bin ich jedoch oft stehen geblieben undhabe fasziniert die Auslage betrachtet. Unglaublich,was sich in diesem Bereich in den letzten 15 Jahrengetan hat. So lange ist es jetzt her, dass meine Toch-ter ihre Bücher selbst aussucht und die farbenfrohenAusgaben mit Illustrationen und Fotos links liegenlässt. Kurz, ich hatte keinen guten Grund mehr, neueSchätze in den Kinderbuchrayons zu entdecken.

Etwas für alleEin absolutes Fehlurteil, muss ich nach dem erstenBesuch im Chinderbuechlade eingestehen. Einerseitsgibt es in den Reihen der Kinderbücher längst auchtolle Sachbücher, die selbst Erwachsenen in ver-schiedensten Bereichen auf die Sprünge helfen kön-nen. Andererseits finden sich gleich beim Eingangauch einige gut ausgewählte aktuelle Bücher für die

! Die «Buchhandlung des Jahres 2018» an der Gerechtigkeitsgasse 26 gibt sich von aussen bescheiden. Das Innenle-ben hat es in sich!

150 JAHRE LEIST-ENGAGEMENT

Vor 150 Jahren, anno 1868, wurde derälteste Altstadtleist, die Kesslergass-gesellschaft Bern, gegründet. Zweckdes Leists war und ist es immer

noch, die Interessen der Geschäfte,Anwohner und Hausbesitzer gegen-

über den Behörden zu vertreten. Wie das Stadtlebenwohl damals war? Schauen wir einmal zurück: DieVolkszählung für das Jahr 1860 ergab: Einwohner-zahl in der ganzen Stadt Bern total 29’364 Personen,wovon Frauen 15’866, Männer 13’498.

Es ist interessant, wer damals als potentielles Leist-mitglied in Frage kam. So waren 1868 z.B. folgendeBerufsgattungen und Geschäfte in unseren Gassenansässig und aktiv: Brillenhändler, Brodiererinnen, Brunnengräber,Buchbinder, Butterhändler, Bürstenmacher, Büchsen-schmieder, Cementsteinfabrikanten, Corsetmacherin-nen, Dekorationsmaler, Essigfabrikanten, Mass- & Ge-wichtbeamter, Gartenhandlung, Geschäfts-, Comis-sionen- & Placierungs-Büreau, Glätterinnen, Häubli-macherin, Hufschmiede, Kabishobler, Kerzenfabri-kanten, Klavierträger, Knochensammler, Kübler & Kelcher, Küfer, Kürschner, Kupferdrucker, Lohnkut-scher, Lebküchler, Leihbibliothekare, Limonadenfa-brikanten, Lumpensammler, Marmorarbeiter, Mehl-händler, Modisten, Morchelnhandlung en gros, Nähe-rinnen oder Weissnäherinnnen, Pferdehändler, Prä-paratoren, Privatlehrer, Puppenmacherin, Quin-cailleriehändler, Rechtsagenten, Sachwalter, Salzver-käufer, Sattler, Schirmfabrikanten, Schlosser,Schreibbücherfabrikant, Schriftgiesser, Seiler, Sessel-flechter, Steinhauer, Torfverkäufer, Trödler, Überset-zer usw.

Ein bunter Strauss von Personen, die aber auch ge-meinsame Anliegen hatten und sich deshalb im Leistorganisierten. Wir sind stolz, dass dieser Geist die 150Jahre überdauert hat, anders als viele der aufgezähl-ten Berufe. Alexander Hadorn

Präsident der Kesslergassgesellschaft Bern

DER 1. ADVENT IN DER UNTEREN ALTSTADT: Der Überblick über die wichtigsten vorweihnächtlichenAnlässe und Aktivitäten. Seite 4-5.

DAS INNERSTE DER BRÜCKE: Aussergewöhnliche Einblicke bei einer Führung währendder Sanierung der Kirchenfeldbrücke. Seite 6-7.

DIE SCHAURIG-SCHÖNEN WASSERSPEIER: Eine kleine Geschichte der Gargoyles im Allgemeinen undjener am Berner Münster im Speziellen. Seite 8-9.

AUS DEM INHALTINFO

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2 BrunneZytig23. November 2018 Titelgeschichte

Begleitpersonen, die den Kindern das Aussuchengerne selber überlassen und dem Nachwuchs soneue Welten eröffnen.

Ruth Baeriswyl ist seit mehr als drei Jahrzehnten imBuchhandel tätig und sie hat den Chinderbuechladezusammen mit Doris Christen vor elf Jahren über-nommen. Seit bald vier Jahren führt sie ihn allein.Gegründet worden war er 1973 von Marie-Louisevon Gunten und Leslie Lehmann. Seither warenimmer Frauen Besitzerinnen dieser Buchhandlung.Der Anfang war nicht einfach, mangelte es den bei-den Geschäftsfrauen doch zunächst an Vertrauens-würdigkeit, auch bei Geschlechtsgenosseninnen. Dielegendäre Madame de Meuron etwa war in den An-fangszeiten nicht bereit, den zwei Gründerinneneines ihrer Ladenlokale zu vermieten.

Das heutige Ladenlokal mit seinen zwei Etagen, diebeide vom Tageslicht profitieren, erfüllt seinenZweck bestens. Beim Eingang im oberen Stock liegendie Bücher für die Erwachsenen auf. Dann kommeninsbesondere Jugendliche und Kinder auf ihre Rech-nung, die selber lesen können. Im Schaufenster stehtein farbiger Plüsch-Sessel, der einlädt, sich in einBuch zu vertiefen und ein paar Seiten zu verschlin-gen. Weiter hinten im Geschäft finden insbesondereMittelstufe-Lehrerinnen und -Lehrer ihr Glück,wenn Sie Zusatzmaterial für den Unterricht suchen.Für den Chinderbuechlade ist dieses ergänzende Ma-terial für die Schule ein wichtiges Standbein, dennrund ein Drittel des Umsatzes erzielt die speziali-sierte Buchhandlung in diesem Bereich.

Inhalte, nicht irgendeine WareIm unteren Stockwerk schliesslich kommen vorallem die vorschulpflichtigen Kinder auf ihre Rech-nung. Sie haben bei den Bilderbüchern ebenfalls dieQual der Wahl. Angeboten werden in der Buchhand-lung rund 5 000 Publikationen, wobei das Team umRuth Baeriswyl – drei Buchhändlerinnen, eine Ler-

nende sowie eine Person für den Online-Shop undden Internetauftritt – vor allem auf die Qualität gros-sen Wert legt: «Wir verkaufen Inhalte, nicht eineWare. Natürlich gibt es auch in diesem BereichSchrott, aber es gibt auch ganz tolle Bücher. JedeSaison machen wir zehn bis fünfzehn Bücher aus,die das Zeug zum Klassiker haben. Es liegt uns vieldaran, diese auch ausfindig zu machen und zu ver-kaufen», betont die Inhaberin der Buchhandlung.

Für ihre Zukunft macht sich Ruth Baeriswyl keineallzu grossen Sorgen. Sie ist überzeugt, dass es «dasBuch immer geben wird». Vor kurzem habe eine inDeutschland durchgeführte Umfrage bei 13- bis 18-jährigen gezeigt, dass diese am liebsten analog lesen.Das widerlege jede Theorie vom Aufschwung derSmartphones und Tablets, was die Geschäftsinhabe-

rin aber nicht daran hindert, auch auf Facebook undInstagram präsent zu sein. «Natürlich sehen wir nurdie Kinder, die zu uns kommen, und die sind buch-affin. Die andern sehen wir nicht.» Unterschiede imLeseverhalten seien aber sehr wohl auszumachen:Einerseits gebe es heute viel mehr fremdsprachigeKinder, so dass die Texte eher einfach geschriebensein müssten, um Erfolge zu verbuchen. Dann habesich auch die Sprache geändert. Die Kinder würdennicht mehr Erich Kästner oder Winnetou lesen, weildiese Sprache nicht mehr zeitgemäss sei. AstridLindgren hingegen werde noch gelesen, weil sie einesehr kindernahe Sprache benutzte.

Spielerische LeseförderungDer Standort des Chinderbuechladens in der unterenGerechtigkeitsgasse ist zwar nicht ganz zentral, aberfür Familien ideal: Im Zentrum zwischen Bärenpark,Puppentheater, Spielplatz auf der Münsterplattformund Kunst- und Kulturhaus visavis. «In diesem Um-feld ist es uns gelungen, mit originellen Projektenimmer wieder auf uns aufmerksam zu machen»,stellt Baeriswyl fest. Eines dieser Projekte ist «Lesenim Fenster», das während den Schulferien im Früh-jahr durchgeführt wird mit dem Ziel, den Kinderndas Lesen schmackhaft zu machen. Mit einem Buchseiner Wahl kann es sich der junge Gast während 30Minuten auf dem Lesesessel im Schaufenster be-quem machen und lesen. Das angefangene Buch darfnachher eingepackt werden. Gut läuft auch «Ein-schliessen». Nach Geschäftsschluss können sichkleine oder grössere Gruppen in der Buchhandlungeinschliessen lassen und dann ungestört in denBuchregalen stöbern. Selbstverständlich kommtwährend dieser Zeit auch das leibliche Wohl nicht zukurz.

Ruth Baeriswyl hat noch einige weitere Ideen, wiesie den Kindern die Freude am Lesen vermittelnkönnte. «Einerseits müssen wir uns anstrengen,damit wir im Gespräch bleiben. Andererseits habeich zusammen mit meinem Team auch immer wie-der Lust, neue Angebote zu entwickeln.» Tatsacheist, dass sie allein von den Eltern, die mit ihren Kin-dern vor oder nach der Musikstunde im Konserva-torium vorbeischauen oder am Samstagmorgennach dem Wochenendeinkauf einen Abstecher ma-chen, nicht leben könnte. Jammernde Worte be-kommt man von ihr aber nicht zu hören,allerhöchstens die Feststellung, dass es dem Buch-handel insgesamt nicht gut gehe.

Bei der jungen Kundschaft jedoch macht Baeriswyleher einen anderen Trend aus. Seit der Lancierungder Pisa-Studie anfangs Jahrhundert seien sowohldie Lehrer wie auch die Bibliotheken viel aktiver,was die Leseförderung in den Schulen und zuhausebetreffe. Das helfe den Kinderbuchläden im ganzenLand. Und dann kommt jetzt dieser Titel «Buchhand-lung des Jahres 2018» dazu, der auch mich veran-lasst hat, erstmals einen Fuss in denChinderbuechlade zu setzen. Ich werde es wiedertun, kein Zweifel!

koe

! Ruth Baeriswyl auf dem bei Kleinen und Grossen be-liebten Plüschsessel im Schaufenster.

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LIEBE LESERINNEN UND LESERDie Burgergemeinde Bern ist eng mit der UnterenAltstadt verbunden. Zwei ihrer wichtigsten Institu-tionen befinden sich in unserem Quartier, das Ca-sino, das derzeit mit grossem Aufwand zu einerhochmodernen Konzert- und Kulturstätte um- undausgebaut wird, und die an der Münstergasse gele-gene Burgerbibliothek, die unter anderem eine be-deutende und sehr umfangreiche Sammlung vonManuskripten, Archivalien (Dokumente aus Archiv-beständen) und Bilddokumenten zur Schweizer undBerner Geschichte hütet. Immer wieder unterstütztdie Burgergemeinde kulturelle oder soziale Projektein der Unteren Altstadt. So wurde 2015 die «Spysi»,die Speiseanstalt der Unteren Stadt Bern, mit demSozialpreis der Burgergemeinde ausgezeichnet; derdamit verbundene Förderbeitrag floss in eine neueHerdanlage.

Jetzt hat die Burgergemeinde – zu unserer grossenFreude – einen Unterstützungsbeitrag für die Brun-neZytig gesprochen. Dafür sind wir ausserordentlichdankbar! Ich habe an dieser Stelle schon mehrfachüber die schwierige finanzielle Lage der BrunneZytiggeschrieben. Vor allem das anhaltende und sich be-

schleunigende Wegbrechen der Inserateeinnahmen(das nicht nur, aber auch eine Folge der fortschrei-tenden Digitalisierung ist) hat dazu geführt, dass wirseit einiger Zeit Verluste schreiben. An dieser Ent-wicklung vermag auch die Gratisarbeit der gesamtenRedaktion nichts zu ändern. Die Unterstützung derBurgergemeinde verschafft uns jetzt ein wenig Luft.Vor allem aber ermöglicht sie es uns, dass wir mitder gebotenen Sorgfalt Strategien entwickeln kön-nen, um die BrunneZytig zukunftstauglich zu ma-chen und ihre Weiterexistenz nachhaltig zu sichern.Redaktionsintern hat diese Zukunfts-Diskussion be-reits begonnen. Ich bin sehr gespannt, wohin sie unsführen wird.

Dass es die BrunneZytig braucht, wenn Sie wissenmöchten, was sich vor Ihrer Haustür alles tut, daszeigt auch diese neue Ausgabe, die letzte des Jahres2018. So haben wird die «Klingende Sammlung»besucht, das Instrumentenmuseum an der Kram-gasse. Das Museum feiert im Januar sein zweijährigesBestehen – und die Besucherzahlen zeigen aufwärts.Wir waren im Kellerkino zu Gast und haben mit des-sen Leiter Simon Schwendimann darüber gespro-

chen, wie sich in den letzten 10 Jahren die Kino-landschaft verändert hat und was das für die Zukunftdes kleinen Programm-Kinos an der Kramgasse be-deutet. Wir lassen uns in der Boutique Nila Moti inder Matte erläutern, wie sich die gleichnamige Stif-tung seit vielen Jahren für Frauen im indischen Ra-jasthan einsetzt. Wir schauen nach dem Umbau imKlötzlikeller und bei Vini Cappelletti in der Gerech-tigkeitsgasse vorbei, sprechen mit Antiquar Schwar-zenbach in seinem Geschäft in der Münstergasse undstellen ein Buch mit Geschichten aus der Matte vor.Dies und noch einiges mehr haben wir für Sie aufden folgenden gut 20 Seiten zusammengestellt – undwünschen Ihnen eine unterhaltsame Lektüre.

Im Namen des BrunneZytig-Teams möchte ich michfür Ihr Interesse und die Wertschätzung bedanken,die Sie unserer Quartierzeitung entgegenbringen.Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien schon jetztschöne Festtage und einen guten Rutsch ins 2019!

Barbara Büttner, Chefredaktorin

3BrunneZytig23. November 2018Läbigi Altstadt

VIEL TIERISCHES ZUM FASNACHTS-AUFTAKTZuerst ein Motto, dann ein Sujet – und zuletzt noch ein Thema. Laut Daniel Graf, Präsident desVereins Berner Fasnacht, sind das drei unterschiedliche Dinge. Am Arbeitslunch und am Me-dienapéro im «Chäller zur Füfte Jahreszyt» an der Gerechtigkeitsgasse stellte er den involvier-ten Institutionen-Vertretern der Stadt und ein paar interessierten Journalisten die BärnerFasnacht 2019 vor.

Das Motto – Bärli hat FieberBisher begleitete die allseits erprobte FasnächtlerinElfie Fischer mit ihrem Team den Berner Bär pünkt-lich am 11.11. in den Käfigturm, wo er dann am

ersten Fasnachtstag von ihnen meist etwas unsanftmit träfen Sprüchen und grossem Traraa zur Freudealler auch wieder geweckt wurde. Frau Fischer hatdie Gestaltung dieses Events nach vielen närrischenJahren nun in andere Hände gegeben. HerzlichenDank für alles, Elfie! Auch der neue Organisator,Alain Carfora, bringt einiges an Fasnachtserfahrungmit, vor allem als Guggemusiker. Doch seine ersteKreation zum Berner Fasnachtsauftakt, der kleineBär auf dem Mottoplakat, fühlt sich irgendwie nochnicht so ganz… ja wie denn? Er wartet darauf, dassihn das FasnachtsfieBÄR packt! Ein gelungenes ers-tes Motto zur Bärebefreiig am 7. März 2019!

Das Sujet – ein Hochseilakt mit acht BärenMan muss dieses Jahr schon etwas genauer hin-schauen, das neue Fasnachtsplakat ist ein rechtesWimmelbild. Da versucht sich ein Bär mit seinemEinrad auf dem hohen Seil zu halten und balanciertdabei noch pyramidenförmig sieben Bären auf sei-nen Schultern. Alle halten sich mit angestrengt ge-runzelter Stirn aneinander fest – bis auf den kleinenganz zuoberst, der schwingt lachend das Fasnachts-banner. Der Berner Allround-Künstler Mario Capi-tanio hat das neue Fasnachts-Sujet entworfen underklärt es gleich selbst: Wer da dem obersten Bär –dem personifizierten Berner Fasnächtler – dasGleichgewicht garantiert, sind die sieben Vorstands-mitglieder des Fasnachtsvereins, die Jahr für Jahr

dafür sorgen, dass auch hinter den Kulissen alles pi-cobello funktioniert.

Das Thema – Täll geit zum ZirkusA propos Kulisse, was bietet uns das seit Jahren er-probte Narrentheater-Team um Organisator ThomasSchweizer und «Värslischmied» Hans Flury diesesJahr an der Stillen Fasnacht? Ja, Täll, es geit wiiter!Ob Zufall oder nicht, nicht nur die Vorstandsbärenauf dem Fasnachtsplakat, auch Täll und seine Eidge-nossen begeben sich in die Manege und bieten denZuschauern «eine SCHILLERnde ZirkusvorsTEL-Lung». Armbrustschiessen anstelle von Messerwer-fen? Gessler mit einer Pferdedressur- Nummer? Wirwerden sehen…

ZB! Fasnachtsauftakt – das Fieber kann steigen.

! Der Bären-Hochseil-Akt von Mario Capitanio.

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4 BrunneZytig23. November 2018 Läbigi Altstadt

ADVENT IST HOFFNUNG – UND FREUDE!Erinnern Sie sich noch, wie Sie als Kind mit jeder Faser Ihres Körpers etwas herbeigesehnthaben? Wie eine grosse rituelle Uhr unterteilten die meist religiösen Feste unsere frühen Jahrein immer gleiche Abschnitte. Man wusste, etwas Wunderbares wird kommen, und man konntedarauf zählen!

Wenn die Abende früh wieder dunkel sind, sind diealtehrwürdigen Fassaden unserer Altstadt wie ge-schaffen für eine kleine aber feine Weihnachtsbe-leuchtung. Wir hüten uns aber davor, die Nächte vorWeihnachten zum Tag werden zu lassen. Unsereschimmernden Sterne, Kerzen und Christbäumchensollen vielmehr kleine Wegweiser durch die Ad-ventszeit sein. Mit ihnen möchten die Leiste auchdieses Jahr weihnächtlichen Zauber verbreiten – wieimmer ermöglicht durch die Beiträge unserer Mit-glieder sowie durch grosszügige Zuwendungen sei-tens der Stadt und von Energie Wasser Bern. Aneinigen Ecken begegnen Ihnen auch geschmückteTannenbäume freigiebiger Spender. Das Immergründer Pflanzen ist schon seit urdenklicher Zeit einSymbol des Lebens. Die Tradition, draussen oder inden Häusern einen Tannenbaum zu schmücken, istaber gar nicht so alt, wie man denken könnte. DerBrauch verbreitete sich erst im 19. Jahrhundert vonDeutschland aus über die ganze Welt.

Santa – was? Hopp Chlaus! Dass immer wieder auch Neues im Advent Platz fin-det, beweist der heuer zum zweiten Mal von Ryffelrunning angekündigte «Santa run». Santa ist dieamerikanische Kurzform von Santa Claus, den heutejedes Kind an seinem typischen rotweissen Umhang,den roten Stiefeln und dem langen weissen Bart er-kennt. Er stammt ab vom guten alten europäischenund manchmal etwas Schrecken verbreitenden«Schmutzli», dem treuen Begleiter des Heiligen Ni-kolaus, der sommer über in den Wäldern haust unddort nebst all den Geschenken für die Kinder dieserWelt natürlich auch ein paar Ruten für die Unfolg-samen vorbereitet. Im 17. Jahrhundert brachten ihndie niederländischen Auswanderer nach Amerika.Sein heutiges Aussehen erhielt «Santa» aber erst1931 von Coca Cola. Und seit dem saust er jedes Jahr

in seinem Rentierschlitten über den amerikanischenHimmel. In Bern versucht seit zwei Jahren eineganze «Tschuppele» Chläuse ihm darin nachzueifern.

Das Rennen im Chlauskostüm – für die eigene Fit-ness oder einfach nur so zum Spass – geht am 30.November über eine Strecke von 4 km (die manauch nur halb oder aber gleich doppelt laufen kann)vom Bundesplatz durch die ganze Altstadt zum Bä-renpark und wieder zurück. Ho! Ho! Ho!

Der Erste Advent wird 25 Jahre alt –15 Samichläuse feiern mit Das Kirchenjahr feiert den Advent seit dem 7. Jahr-hundert, zu Beginn noch als strenge Fastenzeit. DasErste-Advent-Event in der Berner Altstadt hingegen,so wie wir es kennen – mit geöffneten Läden undGeschäftsinhabern, die ihre Besucher mit allerleiDingen verwöhnen – nahm erst vor 25 Jahren in derPostgasse seinen Anfang. Seine feierlich-vergnügli-che Stimmung verbreitete sich inzwischen über dieganze Berner Altstadt, denn auch BernCity und vieleseiner Geschäfte sind seit einigen Jahren mit dabei.

Die «BrunneZytig» wird von den Altstadt -leis ten gemeinsam gestaltet. Unter den Leist -

rubriken finden Sie auch leistinterne Informationen.

VERANTWORTLICH FÜR DIE HERAUSGABE: Vereinigte Altstadtleiste Bern; Chefredaktion: Barbara Bü[email protected]

REDAKTION LEIST DER UNTERN STADT: Iris Gerber (ig), Zahai Bürgi (ZB)

REDAKTION KESSLERGASS-GESELLSCHAFT: Beat Schwaller (sw), Claudia Engler (CE)

REDAKTION RATHAUSGASS-BRUNNGASS-LEIST: Edi Franz (ef)

REDAKTION KRAMGASSLEIST: Barbara Büttner (babü), Evelyn Kobelt (koe),

REDAKTION MATTE-LEIST: Sophie Muralt (sm)

KOORDINATION, INSERATEANNAHME, PRODUKTION: Druckerei Weiss GmbH, Claudia Weiss undPascale Thomann-Weiss, Kalchackerstrasse 7, 3047 Bremgarten/BE, Tel. 031 301 22 79, [email protected], www.altstadtleiste.ch

JAHRES-ABONNEMENTS-BESTELLUNGPreis: Fr. 20.–. Bestellung bei Druckerei Weiss GmbH,[email protected], Tel. 031 301 22 79

LEIST-ADRESSENVereinigte Altstadtleiste: Sekretariat VAL, Postfach, 3000 Bern 8, [email protected], www.altstadtleiste.ch

Kramgassleist: Postfach 852, 3000 Bern 8, Kontakt: [email protected], Web: www.kramgasse.ch

Matte-Leist: Postfach 29, 3000 Bern 13, www.matte-leist.ch, [email protected]

Rathausgass-Brunngass-Leist: Kontakt: Edi Franz, c/o intraform ag, Rathausgasse 76, 3011 Bern,[email protected]

Leist der Untern Stadt: Postfach 570, 3000 Bern 8, [email protected]

Kesslergass-Gesellschaft: Kontakt: Alexander Hadorn,Postfach 614, 3000 Bern 8

Die nächste Ausgabe der BrunneZytig erscheint am 22. März 2019

Redaktionsschluss: 1. März 2019

IMPRESSUMINFO

! Krippenfiguren an der letztjährigen Ausstellung inder Nydeggkirche (Foto J. Hügli)

Für Ihre Adventsdekorationen finden Sie am

Blumenstand Komminothin der Gurten- und Münstergasse

eine grosse Auswahl an Koniferen, Stechpalmen, Misteln, Blau- und Weisstannen sowie fertige Adventskränze.

Am Samstag, 1. Dezember 2018 stellen wir unseren Verkauf an den Marktständen Gurten- und Münstergasse

bis anfangs März 2019 ein.

Wir wünschen all unseren Kundinnen und Kunden schon jetzt schöne und erholsame Festtage und danken herzlich für das uns immer wieder

entgegengebrachte Vertrauen.

Barbara und Christian KOMMINOTH mit MitarbeiterinnenLenglod 5, 3182 Ueberstorf, Tel. 031 741 05 08

www.komminoth.com

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5BrunneZytig23. November 2018Läbigi Altstadt

Aber noch hat vor allem die Postgasse mit der eins-tigen Idee, das Geschäftliche mit dem gemeinschaft-lichen Feiern zu verbinden, das ursprüngliche Flairund die «Persönlichkeit» dieses Tages behalten. Sielocken ihre Besucher mit einem eigenen kleinenProgramm in ihre Seitengasse und legen viel Wertauf persönlichen Kontakt.

Währenddessen lässt auch der Samichlous nicht aufsich warten, obschon er ja traditionsgemäss erst am6. Dezember, an seinem Namenstag, ausrückensollte. Doch die beliebte Berner Samichlous-Zunftberichtete bereits Ende Oktober auf ihrer Homepage,für den 6. Dezember seien alle ihre Chläuse ausge-bucht. Wie schön, dass sie trotzdem vorher noch Zeitfindet mit sage und schreibe gleich fünfzehn Chläu-sen am zweiten Dezember die Kramgasse zu besu-chen. Auch die Pigiluna-Singers aus Biglen sindwieder dabei, sorgen für weihnächtliche Klänge undladen zum Mitsingen ein. Um 16.45 Uhr geht’s losbeim Zytglogge. Also, ihr Kinderlein – kommet! Nochhabt Ihr Zeit, Euer Värsli auswendig zu lernen. Alskleine Anerkennung dafür warten in den Säckender Chläuse 2 000 Lebkuchen auf Euch!

Läbigi Apfäntsfänschter – eine Eigenart derBerner AltstadtIrgendjemand hat die Adventsfenster einmal eine«Eigenart der Schweiz» genannt. Wenn dem so ist,dann sind die lebendigen Adventsfenster eine Eigen-art Berns. Erfunden wurden sie von Rosmarie Ber-nasconi und Jacqueline Viullemier in der Matte, seit2014 sind auch die Anwohner der Unteren Altstadtmiteinbezogen. Hier schmücken die Anwohnendenjedoch nicht – wie sonst üblich – mit szenischenDarstellungen der Weihnachtsgeschichte ihre Fens-ter, wobei jeden Abend ein neues aufleuchtendesFenster – wie ein Adventskalender eben – das na-hende Weihnachtsfest ankündigt. Die Mätteler hattenetwas ganz anderes im Sinn: Der Zweck ihrer neuenIdee war nicht ein stiller, beobachtender Rundgang,sondern Geselligkeit im Quartier, persönliche Begeg-nungen und ein gegenseitiges sich kennenlernen,

indem jeder Teilnehmer an einem vorgegebenenAbend zu sich vors Haus einlädt, und die «Herberg-suchenden» bewirtet, sei‘s mit Glühwein oder Tee,mit einem Raclette oder mit eigenen Knabber-Krea-tionen. Der Besuch jedes «Apfäntsfänschters» stehtallen offen, die Zeit und Lust haben. Mitzubringensind, ausser genügend warmer Kleidung, nur ein of-fenes Wesen und viel gute Laune.

Seniorenweihnacht in der Spysi Den Abschluss der Advents-Events in der BernerAltstadt machen die beiden Veranstalterinnen derSeniorenweihnacht am 17. Dezember. Wie dasZ’Vieri-z’Nacht mit Weihnachtsliedern und Überra-schungspaketen vor Jahren durch eine Idee der«Spysifrauen» entstanden ist und wie sie sich wei-terentwickelt hat, war in der BrunneZytig schonmehr als einmal nachzulesen. Und noch immer stelltdie Spysi Jahr für Jahr dem Leist der Untern Stadtdafür ihre Gaststube und ihre Küche zur Verfügung.Herzlichen Dank! Es wird auch dieses Jahr wiedereine «kulturelle» Überraschung geboten! Teilnahme-berechtigt sind AHV-Bezügerinnen und -bezügerder Unteren Altstadt und der Matte, Langmauer, Al-tenberg, Murifeld und Schosshalde.

Advent, Advent, ein Lichtlein – und nichts sonst – brennt.Wir wollen den (Feuer-)Teufel ja nicht an die Wandmalen, aber Hand aufs Herz, ist uns Altstadtbewoh-nern beim kürzlichen Brand des Morell-Hauses nichtwieder in Erinnerung gerufen worden, wie schnellein Unglück geschehen kann? In der BrunneZytig(Heft 17/2) haben wir deshalb schon vor eineinhalbJahren das neue, speziell für unsere Altstadthäusergeeignete Brandschutzmeldesystem CasaSegura imDetail vorgestellt. Auf der Homepage von CasaSegura(www.casasegura.ch) wird Ihnen genau erklärt, wieauch Sie ihr Haus sicherer machen können.

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Vom 1. Dezember bis ca. Mitte JanuarWEIHNACHTSGASSENBELEUCHTUNG UND WEIHNACHTS-BÄUME der Leiste in der Unteren Altstadt; www.altstadtleiste.ch (allen Spendern ein herzliches Dan-keschön!)

30. November, ab 19.30 Uhr RYFFELS «SANTA RUN»; Start ab BundesplatzAnmeldung und Infos: www.santarunbern.chBeschreibung: www.bern.com/de/aktuelles-events/veranstaltungen/detail/santarun-bern; Mithelfer bitte anmelden unter [email protected]

1. und 2. Dezember 11-17 Uhr KRIPPENAUSSTELLUNG IN DER NYDEGGKIRCHEJedermann darf seine Krippe/Krippennfiguren zur Verfügung stellen. Kontaktadresse: [email protected] (Eingabefrist war leider schon am 13. Nov.!)

2. Dezember, 11-17 UhrERSTER ADVENT mit Tag der offenen GeschäfteUntere und Obere Altstadt, www.erster-advent-bern.chDazu ein paar ausgewählte Programm-Punkte:

10 Uhr Auftakt: Ballonaufblasen am Lischetti- brunnen (Gesucht werden noch 3-6 Freiwilligen zum Aufblasen der Ballone)

11-17 Uhr Postgasse 66: Weihnachtsflohmarkt in den Lauben der bsd (Gesucht wird noch eine Verkäuferin/Kassiererin)

11.30 Uhr, Märchenstunde 13.30 Uhr, im Kirchgemeindehaus 15.30 Uhr Nydegg

12-14 Uhr Postgasse 46: «Bäschteli» signiert das Buch «Mein Name ist Eugen»

14.30 Uhr Modeschau «Belle époque Vintage» (Sponsor: BernCity)

11-17 Uhr Glühweinstand an der Kramgasse 54 (vor Wohnkunst Mäder). Der Erlös geht in die Kasse der Seniorenweihnacht.

2. Dezember, ab 16.45 UhrDR CHLOUS CHUNT I D‘CHRAMERE (ab Zytglogge)www.samichlouszunft-bern.ch (/aktuell)www.pigiluna-singers.ch

Ab 1. Dezember täglich (vgl. Liste)zw. 18 und 20 Uhr, an wechselnden Orten LEBENDIGE ADVENTSFENSTERAnmeldung und Organisation: [email protected]: Ab Dezember auf Plakaten in der Matte und unter:www.matte.ch und www.nydegg.ch

13. Dezember 16-23 UhrKEKSEN MIT DJ ZSUZSUzäme güetzele u Glüehwy trinkeGalerie da Mihi /Kunstkeller, Gerechtigkeitsgasse 40

17. Dezember, ab 16.00 UhrSENIORENWEIHNACHT IN DER SPYSIAnmeldung: [email protected]

ADVENTS-AGENDA DER UNTEREN ALTSTADT

INFO

! Im diesjährigen Überraschungspaket der Senioren:Von drei fleissigen Damen «glismete» Handschuh-Mittli (Foto A. Mäder).

Wollen Sie Meditieren lernen?Bei uns finden verschiedene Anlässe statt:Meditieren lernen, Vorträge mit Meditation, Meditation am Mittag und Studienklassen.Informationen unter www.buddhismus.beAlle sind herzlich willkommen!Gerechtigkeitsgasse 77, 076 474 40 32 Dromtönpa Zentrum für Kadampa Buddhismus

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Brunngasse 19 CH - 3011 Bern T +41 31 311 15 42Öffnungszeiten 11.00 – 14.30 / 17.00 – 23.30

Sonntag und Montag geschlossenZibelemärit am Mittag offen

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6 BrunneZytig23. November 2018 Läbigi Altstadt

ZWISCHEN NIETEN UND MUTTERN – EIN AUGENSCHEINÜBER UND UNTER DER KIRCHENFELDBRÜCKEDie «Grande Dame» der Hochbrücken an der Aare-Halbinsel, die Kirchenfeldbrücke, hat eineaufregende und anstrengende Zeit hinter sich: Eine Sanierung, die weit mehr war als eine blosseSchönheitsoperation. Während die Operateure der 135 Jahre alten Patientin noch modernsteTechnologien implantierten, konnte unser Redaktionsmitglied Beat Schwaller einen tiefen Blickins Innerste der Brücke werfen.

Schon rollt er wieder, der intensive Verkehr über dieso wundersam vorzeitig eröffnete Verbindungsaderins Kirchenfeld und die dahinter liegende Agglome-ration der Stadt Bern. Vergessen scheinen die lärm-intensiven Abbrucharbeiten, die Schienen heraus-trennenden Maschinen-Ungetüme und die durch dieBelagsarbeiten entstandenen Geruchsimmissionen.Dass bei Frauen und Kindern und bei den Velo-Schiebenden die engen und seitlich mit hochaufra-genden Absperrungen gesäumten Trottoirs oftmulmige Gefühle zu wecken vermochten, war nichtverwunderlich. Ganz zu schweigen von dem grossenKopfzerbrechen bei BernMobil, angesichts der auf-gezwungenen Trassee-Sperrungen, Linien-Umlei-tungen samt den im Stossverkehr oft heillossteckengebliebenen Ersatzbussen!

Dass Brückenbauten auf soliden Untergründen, aus-geklügelter Ingenieurskunst, verlässlichen Konstruk-tionsdetails und letztlich auch auf dem Vertrauen derBevölkerung basieren müssen und können, mag unsselbstverständlich erscheinen. Der plötzliche Ein-

sturz eines Brückenwerkes in unserem südlichenNachbarland lässt darum umso mehr aufhorchenund eine fast dreimonatige Brückensperrung in un-serer Stadt und das damit verbundene Ungemach alsKlacks erscheinen.

Der Weg ist das ZielAm untadelig vorbereiteten Informationsanlass überdas 17-millionenteure Brückenprojekt im vergan-genen Mai in der Aula des Gymnasiums Kirchenfeldtrafen wir bei den mit vielen Krokis und Plänen be-stückten Stellwänden im Foyer auf Michael Sutter,Projektleiter des Tiefbauamtes. Er zeigte uns die Ver-kehrsführung und die Erreichbarkeit von Gewerbeund Restaurants und anderen mehr im Perimeterder Unteren Altstadt kompetent auf. Unsere spon-tane Anfrage für eine Spezial-Bauführung währendder «heissen» Bauphase auf und unter der Brücke,fand vorerst bei ihm aber wenig Gehör. Solche Be-gehungen seien aus Sicherheitsgründen nicht vor-gesehen, erklärte Sutter uns.

Prickelndes Kraxeln im Brücken-SouterrainDeshalb gelang die Überraschung perfekt. Die Ein-ladung für den Nachmittag des 13. September zurBrückenführung liess uns zu Glückspilzen werden.Beim temporären Aussichtsturm gegenüber demCasino fassten wir zur vereinbarten Zeit Schutzwesteund Helm und fanden uns unvermittelt darauf in-mitten einer Baugruppe bei Belagsarbeiten auf derBrückenplatte wieder. Lärmpegel und allerlei Ge-ruchsvarianten blieben sich dabei punkto Intensitätgegenseitig nichts schuldig. Neuzeitliche Stahl-Ka-näle zur Aufnahme der Tramschienen waren zumTeil schon verlegt und sollten demnächst mit einerKunststoffmasse ausgegossen werden, die Lärm undErschütterung absorbiert. Ebenso schien das speziellgefertigte Abflusssystem für Oberflächen-Wasser

! Close up einer exponierten Lage unter der Brücke mitbeeindruckenden Ein- und Ausblicken. ! Lagebesprechung der Gruppe auf hoher Warte zwischen den Brückenbogen.

! Statisch verbürgtes Arrangement. Genietet und ver-schraubt.

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len und Schäden an Betonpfeilern, von deren Ober-flächenschutz (OS5), von «Nieten-Hygiene» an dengeschätzten 250’000 verbauten Exemplaren und/oder deren Ersatz durch moderne, hochwertige Ver-schraubungen.

Wieder über eine schmale, aussen liegende Stiege aufden darüber liegenden Hängeboden gelangt, richtetensich unsere Blicke hinauf unter die Fahrbahnplatte.Wir sahen Rohr an Rohr, Kanal an Kanal voller neuverlegter Kabel und Hardware von EWB, Tiefbauamt,Fernwärme, Swisscom, BernMobil und anderen mehr.Ein vorausschauend koordiniertes Projekt unter demAspekt des «just in time» eines Gesamtwerkes. Un-terdessen hatte sich über Altstadt und Brücke ein ge-höriges Gewitter entladen, der Nachmittag ging zurNeige, und unser schier allwissender Michael Sutterzeigte zum Abschluss auf die stählernen Laufstege mitseitlichen Geländern unter der Brücke. Über diesewerden nach Beendigung der Sanierungsarbeiten öf-fentliche Begehungen wiederum möglich und könnenüber das Tiefbauamt der Stadt Bern (Telefon 031

321 64 75) gebucht werden. Ende gut, alles gut? DieZukunft wird es weisen, ob die von bisher 8,3 auf neu10,6 Tonnen erhöhte Achslast (Belastbarkeit), all dieFugen, Dämmungen, Kleber und Schutzanstriche un-seren immer höher fliegenden Ansprüchen an dieBrücke längerfristig zu genügen vermögen.

sw

7BrunneZytig23. November 2018Läbigi Altstadt

zwischen Trottoir und Fahrbahn bald fertig versetztzu sein. Durch Baulöcher in der Fahrbahn blinkteuns die in 37 Meter Tiefe dahinziehende Aare ent-gegen und liess auf eindrückliche Art die wahrenDimensionen der Brückensanierung erahnen, an derpermanent 90 bis 100 Mitarbeitende beteiligtwaren, einschliesslich Verkehrs- und Aufsichtsper-sonal. Es werde auf höchste Arbeitssicherheit, opti-male Belüftung und häufige Flüssigkeits-Aufnahmegeachtet, ergänzte Sutter.

Nur für SchwindelfreieAb jetzt wurde die Eigenschaft «schwindelfrei» zumThema. Dass unsere Führung während jener Bau-phase aussergewöhnlich war, wurde uns schnell be-wusst. Denn ohne Helm sich zwischen und unterstählernen Querträgern durchwinden zu wollen –schlicht undenkbar. Gedankenblitze von Höhlen-abenteuern oder der Befindlichkeit eines Clochardsunter Brückenbogen vermischten sich mit der Rea-lität zwischen nietenbestückten Metallteilen undDurchblicken bis tief hinunter ins Schwellenmätteli.Dass unsere, mit stählernen Klammern an den Trä-gern befestigte Plattform ganze 200 Kilogramm proQuadratmeter zu tragen vermochte, beruhigte un-gemein und liess uns ungeachtet des exponiertenStandortes mit Michael Sutter die Köpfe zusammen-stecken. In Griffnähe des Geländers vernahmen wirvon festgestellten (und nun sanierten) Schwachstel-

! Verbindende Gerüstarchitektur zwischen Himmel undErde.

! Wo rohe Kräfte sinnvoll halten. Sicherheitsdetail anStahlträger unter der Brücke.

! Bauprofis unter sich. Links Alexander Hadorn, Präsi-dent Kesslergassgesellschaft, rechts Michael Sutter,Projektleiter Sanierung Kirchenfeldbrücke.

! Bild mit Raritätsanspruch. Geleisedetail auf Brückekurz vor Fertigstellung. ÖV BernMobil.

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Wie könnten wir das besser tun, als mit der Betrach-tung der Wasserspeier-Figuren, die in direkterNachbarschaft der Heiligen aussen auf dem Müns-terdach hocken? Ihre symbolische Bildsprache istuns zugleich fremd und vertraut, denn das kollektiveUnbewusste, das all diese Wesen hervorbringt, lässtuns instinktiv ihre Bedeutung erfassen. So entstehenGeschichten und Legenden. Ihren Spuren möchtenwir heute folgen. Doch schnell wird uns klar, dasswir bei diesem Thema zwischen Menschen- undGeisterwelt ziemlich im Trüben fischen.

Schon unsere erste Frage können wir nur mit «mög-licherweise» beantworten, denn die Herkunft derFach-Bezeichnung «Gargoyles» für die steinernenWasserspeier an unseren Kirchendächern ist nichtgeklärt. Die einen verbinden den Namen lautmale-risch mit dem bei Regen entstehenden gurgelndenWassergeräusch. Andere suchen danach in der My-thologie der Antike, z.B. bei den fratzenhaften Gor-gonen, bei deren blossen Anblick man sterben kann.Wieder andere vermuten dahinter eine alte franzö-sische Sage über den Drachen «Gargouille» ausRouen, der, wie in vielen anderen Sagen Europas, dieStadt bewacht, dem dafür jedoch jährlich ein Opfer,oft eine Jungfrau, dargebracht werden muss.

Gargoyles sind uralt Eines aber ist sicher: Gargoyles gibt es schon sehr,sehr lange. Die frühesten stammen von 2500 vorChristus. In der ägyptischen und griechischen An-tike fertigte man sie aus Terrakotta, erst von den Rö-

mern werden sie aus Stein gehauen. Dass sie wäh-rend der Romanik plötzlich nicht mehr anzutreffensind, rührt daher, dass die klare Bauform der Basi-liken aus rein technischen Gründen keine Wasser-speier mehr benötigte. Doch verschwand mit denGargoyles die Welt dieser dämonischen Mythen-Fi-guren keineswegs aus der sakralen Architektur. Wirfinden sie weiterhin unter unzähligen Konsolen undan Säulenkapitellen in vielfältiger Formensprache.

Erst die gotische Architektur griff ab 1250 nachChristus erneut nach der Hilfe der Wasserspeier, umihre filigranen Dächer vor der Unbill der Witterungzu schützen, zuerst in Frankreich und sofort auch ingrossem Ausmass in ganz Europa. Seit der Wendezum 14. Jahrhundert gesellten sich zu den ursprüng-lichen Tierdarstellungen und den Mischwesen auchallegorische Menschenfiguren, die dann im Spätmit-telalter des 15. Jahrhunderts ihr abschreckendesAussehen zugunsten einer zunehmend groteskenKomik verloren, und sich ihre einst so dämonischenSeiten oftmals in weltliche zeitkritische Karikaturenverwandelten.

Die Ausführungen in Stein machten ab dem 16.Jahrhundert metallenen Wasserspeiern Platz. Mit derErfindung des Regenfallrohres im Barock wurdensie auf den Dächern funktionell überflüssig und zier-ten meist nur noch die Brunnen. Dort fristeten sieein eher bescheidenes Dasein, bis sie im Historismusam Ende des 19. Jahrhunderts in neugotischem Stilwieder aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wur-

den. Neue Motive kamen hinzu, insbesondere auchsolche, die von der lokalen Sagenwelt und lokalenEreignissen kündeten.

Sie schützen und schrecken zugleichWas die Bedeutung und die Wirkung der Bildspracheder Gargoyles auf die Betrachter angeht, gilt hier das-selbe wie für die Herkunft ihres Namens: Man weissnichts Genaues, da keine klaren schriftlichen Aussa-gen überliefert sind. Viele der heutigen gängigen In-terpretationen entstanden erst im Lauf der Zeit. Undmit der Sichtweise auf die geistige Welt jeder Epocheändern sie sich ständig. So hält man die These heutefür eher unwahrscheinlich, die Wasserspeier hättenursprünglich als abschreckende Beispiele eine erzie-herische Aufgabe gehabt, so, wie auch die Bilder derHeiligen im Inneren der Kirchen als Vorbilder für dieleseunkundige Bevölkerung dienten. Viel zu hochoben und oft kaum einsehbar sassen die Wasserspeierzu diesem Zweck. Eher könnte man annehmen, dasssie sich selbst genügten, und in Zeiten des mittelalter-lichen magischen Denkens als Wächter der sakralenRäume, dieser göttlichen Sphären auf Erden, diedurchlässige Schwachstelle zwischen Mauer und Dachgegen alles Dämonische schützten. Bis hierher ihrTeufel, und Sünder, und nicht weiter! Gleichzeitig lei-teten sie ja auch das alles heilende Wasser ab und rei-nigten damit den Raum rund um die Kirche vondunklen Mächten.

In ihrer Hochblüte im 13. und 14. Jahrhundert hock-ten oft so viele dieser durchschnittlich zwei Metergrossen Figuren in den Traufrinnen, dass längst nichtalle zur Entwässerung nötig gewesen wären. Warumaber nicht die positive Energie von Engeln oder Hei-ligen die Aufgabe hatte, die Kirche vor allen bösenMächten zu schützen, erklärt sich möglicherweisedurch das analog-magische Denken, dass «Gleichesmit Gleichem» bekämpft werden muss (wir kennendas aus der Homöopathie). Dass es sich auch bei denGargoyles oft um bildhauerische Meisterwerke han-delte, die den Engel- und Heiligendarstellungen im In-nern der Kirchen in nichts nachstanden, zeigt, wiewichtig der Glaube an die himmlischen und höllischenWesen in und um uns herum war, und wie sehr Re-ligion den Alltag prägte. Heute sieht es etwas andersaus: In der Sachliteratur der Architekturgeschichtefindet man die Gargoyles kaum. Falls überhaupt, wer-den sie meist am Rande und etwas stiefmütterlich als«marginal art» behandelt.

DIE RÄTSEL UM DIE MONSTER AM MÜNSTER: WOHER KOMMEN SIE UND WOZU SIND SIE DA? In letzter Zeit haben wir vieles über den Münster-Chorhimmel gelesen, auch in der BrunneZytig.Jetzt, da die Tage wieder kürzer und die Abende dunkler sind, ist es vielleicht an der Zeit, auchauf die Stimmen aus der Unterwelt, der Welt der Dämonen, zu hören. Denn verhalten sich dieHimmlischen Heerscharen zum Teufel und seinen lasterhaften Kumpanen nicht wie das Yin zumYang?

8 BrunneZytig23. November 2018 Läbigi Altstadt

! Der Unsichtbare: Vom Boden aus ist nur seine Drachenschnauze zu sehen.

! Die prächtige Figur in ihrer ganzen Länge erschliesst sich nur beim Blick von oben!

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Für eine Beschreibung erschwerend kommt hinzu,dass man vielen der Figuren keine eindeutige Sym-bolik zuweisen kann. Die Bilderwelt des Unbewuss-ten kennt viele Ebenen, so ist auch ihre Mani -festation in der Volkskunst vielschichtig und wan-delbar. Es kann durchaus vorkommen, dass ein unddasselbe Motiv je nach Zusammenhang eine böseoder eine gute Bedeutung und Wirkung haben kann.Mit dieser Zweideutigkeit lebten die Leute Tag fürTag und benötigten keine Erklärung dafür. Sie über-lieferten ihr «Wissen über die geistige Welt» meistmündlich von Generation zu Generation in Brauch-tum, Mythen, Märchen, Sagen und Legenden.

Neugotische Monster auf dem Münster-Dach Nachdem, was wir bisher gehört haben, erstaunt esnicht sehr, dass sich bisher noch niemand mit einermonographischen Beschreibung an die BernerMünster-Monster gemacht hat. Prof. Dr. JürgSchweizer, ehemaliger kantonaler Denkmalpfleger,heute Vize-Präsident der Berner Münster Stiftungund Präsident des Münsterbaukollegiums, bestätigtdies: «Historisch betrachtet sind die wasserspeiendenMünsterfiguren nicht alt. Keine einzige stammt ausder Gotik. Auch auf Fassadenplänen von 1655, resp.1796 der Münsterwerkmeister Antoni Thiersteinund Niklaus Sprüngli suchen wir sie vergeblich.Noch 1895 sind auf einem frühen Foto am Kranz-gesims über dem Münsterportal lediglich steinerneMündungen zu sehen, an die metallene Wasserab-flussrohre angeschlossen sind.»

Die Münster-Gargoyles wurden demnach erst imGefolge der Neugotik frühestens um 1900 im Nach-gang des Turmbaus «aufs Dach gesetzt». Zweifellosschuf die Münsterbauhütte diese Figuren, welcheBildhauer sie aber hieben, ob sie sie selbst entworfenhaben und in wessen Auftrag dies geschah, wurdebisher nicht erforscht. Die Quellenlage erheischt vielArchivarbeit: Man müsste Baurapporte durchgehen,Bildvorlagen und Auftrags-Verträge finden und Fi-

nanzbücher durchforsten. Ein grosser Aufwand,dem zu stellen sich aber lohnen dürfte.

Auch wenn bisher noch nichts über die Münster-Wasserspeier publiziert wurde, sind wir von ihrerBildsprache fasziniert, und wir sind nicht die einzi-gen. Hört man sich bei den Alteingesessenen in Bernetwas um, stösst man auf viele Geschichten, die sichum die Münster-Gargoyles ranken. Auch die derzei-tige Turmwartin, Marie-Therese Lauper, bietet re-gelmässig Führungen zu ihren «Monstern» an. Umsie übersichtlich zu gestalten, verteilt sie vor jedemRundgang einen A4-grossen Begleitflyer mit Müns-teraufriss-Lageplänchen und einer Liste mit – zumTeil selbst gewählten – Namen aller Figuren. «Essteckt keine wissenschaftliche Interpretation dahin-ter», meint sie bedauernd, «dafür wäre ein enormerArbeitsaufwand nötig.»

Da zurzeit weder über die Auftraggeber noch überdie Entstehung der Figuren etwas bekannt ist, oderbesser gesagt, noch nicht systematisch danach ge-sucht und geforscht wurde, kann man über die Be-deutung der Gargoyles am Münster nur spekulierenund Allgemein-Wissen zur Interpretation heranzie-hen. Wer dies trotzdem versuchen will, auf eine mög-lichst seriöse Art und Weise zu tun, muss sich mit denFiguren vertraut machen, jede einzelne genau be-schreiben, ihre Bekleidung, die Frisuren, die mitge-tragenen Werkzeuge und Gegenstände und ihreKörpersprache. Im Vertrauen darauf, dass die Sym-

bolik, die in all den Details steckt, zum kulturellenund lokalen Allgemeingut gehört, kann man sichdann an Aussagen wie ihre zeitliche Eingrenzung,ihren Beruf oder den sozialen Status heranwagen,die der Wahrheit zumindest nahe kommen.

Gesucht: Geschichten über die Münster-Monster Es ist nicht einfach, die Gargoyles vom Boden ausund mit blossem Auge auf dem Münsterdach zu ent-decken. Das spricht für die heutige Annahme, dasssie keine erzieherische Aufgabe hatten, sondern dasssie unabhängig vom Betrachter zur Abwehr undzum Schutz vor Dämonen, Schicksal und Unglückendort oben hocken. Doch da an der Wende zum 20.Jahrhundert bereits die säkularisierende Wirkungder Aufklärung stattgefunden hat, wäre es durchausauch denkbar, dass die Münsterfiguren damals ausreiner Freude an künstlerischer Vielfalt in Auftraggegeben wurden. Allzugern würde man wissen, werdas Sagen, die Macht und das Geld hatte, zu bestim-men, wen man da oben aufs Dach gesetzt hat undwarum. Und wie frei waren die Steinhauer damals,offen oder heimlich eigene Motive zu verwenden,um sich zu verewigen oder den «hohen Herren»eventuell sogar eins auszuwischen? Es wäre also in-teressant zu wissen, wieviel Lokalkolorit in den Was-serspeiern am Münster steckt.

Auch uns von der BrunneZytig interessiert das. Wirmöchten erfahren, welche Geschichten rund um dieBerner Gargoyles im Umlauf sind. Also bitten wirSie, liebe Leserinnen und Leser, unsere Augen undOhren zu sein. Berichten sie an [email protected], was Sie über unsere Münster-Monster zu wis-sen glauben und in Erfahrung bringen können, undauch woher Sie es wissen. In ungezwungener Spra-che oder in Stichworten, gemeinsam werden wir denDämon «Unwissen» etwas in seine Schranken wei-sen! Wir freuen uns schon jetzt monstermässig aufIhre Geschichten!

Text: ZBFotos: Marie-Therese Lauper

Textquellen-Nachweis:Ruppitsch, Claudia: Wasserspeier und Neidköpfe. In: SAGEN.at Version 1.8 vom 04.07.2007.http://www.sagen.at/doku/wasserspeier/wasserspeierneidkoepfe.html Schymiczek, Regina E. G. (Essen): Höllenbrut und Him-melswächter. Mittelalterliche Wasserspeier an Kirchen undKathedralen. Regensburg 2006 Grenzgänger zwischenHimmel und Hölle in: www.archimaera.de/2012/grenz-wertig/grenzgaengerhimmelundhoelle

9BrunneZytig23. November 2018Läbigi Altstadt

! Der Unverschämte: Im Volksmund gemeinhin als«Schiisser» bekannt, gibt er am meisten zu reden.

! Der Einheimische: Sollte der «Winkebär» wie heuteseine Katzenkumpane aus Asien den Bernern viel-leicht einst Glück bringen?

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ZWEI JAHRE KLINGENDE SAMMLUNG: WAS MUSIKINSTRUMENTE ERZÄHLENErst einmal ist man ein bisschen überrumpelt ob der Menge der wandlang hängenden Instru-mente hier im Ausstellungsraum. Orientierung suchend bleibt der Blick hängen am formschö-nen, aber befremdlich seltsamen Objekt an der hinteren Rückwand. Schon ist die Neugierdegeweckt. Wie würde sie tönen, diese schön geschwungene Schlange im Lederüberzug, wie wäresie überhaupt in den Händen zu halten, wollte man versuchen, ihr einen Ton zu entlocken? EinBesuch in der Klingenden Sammlung an der Kramgasse 66 weckt Wissensdurst und zieht einenin ein Gebiet, dessen Weite und Vielschichtigkeit vereinnahmt.

Glaubte man bis anhin, eine Trompete sei eineTrompete und man wisse wie die ausschaut, so stehtman da vor den Exponaten und begreift, dass demnicht so ist. Eine Trompete braucht nicht Ventile zuhaben, muss nicht zweimal gebogen sein und ihrebestimmte Länge haben. Sie kann auch aussehenwie ein Horn, kann ein gestreckt konisches Rohrsein mit auskragendem Ende oder ein eng gewickel-tes gedrungenes Kurzinstrument sein, und doch sindalle Trompeten. Also was ist eine Trompete?

Oder was hat es mit dem Fahrrad und der daraufmontierten Trommel auf sich? Wie sollte jemandFahrrad fahren und zugleich Trommel spielen? Einlang verschollenes Bild schiebt sich in meine Gedan-ken, assoziiert eine Darstellung aus einem Kinderbil-derbuch, wo ein kleiner Affe auf einem ebensolchenFahrrad, das heisst auf dessen Lenker sitzt und trom-melt, währenddessen der Fahrer seine Runden drehtim Zirkuszelt. Aber das gehört nicht hier hin. Den-noch bleibt die Frage, was es mit dem Trommelveloauf sich hat.Fragen, Fragen. Antworten liegen parat.

Jenes merkwürdige Schlangeninstrument ist einSerpent, 1825 in Paris gebaut, aus Holz gefertigtund mit Leder umwickelt. Sechs Grifflöcher sind zusehen. Ihrem Körper nach zu schliessen muss sieeinen tiefen Ton, wahrscheinlich einen schmiegsamweichen, dazu voluminösen haben, so dass der Ser-pent wohl begleitend wie solistisch hätte gebrauchtwerden können. Ob die Einschätzung stimmt? Gernewüsste man mehr, der Sog der Instrumente und derMusikgeschichte hat einen schon gepackt.

»C’est le vent qui fait la musique»Die Klingende Sammlung heisst nicht einfach so, sieist auch klingend. Der Besucher, die Besucherin er-hält für den Rundgang ein Tablet ausgehändigt, womittels kurzer Filme und Musikbeispiele über Kopf-hörer zu hören und zu sehen ist, wie die heute un-bekannt gewordenen Instrumente tönten, so dassman dann weiss und nicht bloss mehr mutmassen

muss. Was nicht mit Tonbeispielen belegt ist, kannnachgelesen werden auf den schön gestalteten undkurz gehaltenen Texttafeln.

Meine Einschätzung zum Serpentton war nichtfalsch. Tief natürlich, erstaunlich aber ist seineWeichheit und wie der Luftstrom hörbar fliesst. Niedas Satte, fast Scharfe der späteren Instrumente inBlech. Das Bedürfnis nach mehr Lautstärke undGlanz hat halt seinen Tribut gefordert.

Klingend erfahrbar, unmittelbar und analog sind dieInstrumente, die auf den Spielinseln stehen. Sie ste-hen dort in ihrer Schönheit stumm und warten aufdie Spielversuche von Besuchern, wo der eine viel-leicht zum allerersten Mal hineinzupusten versucht,die andere ihr kleines Solo mal auf dem Vorgängerdes eigenen Instruments hören will. So erst werdendie schönen Objekte zu klingenden Instrumenten,denn «C’est le vent qui fait la musique», wie es quasials Motto am Eingang zur Klangwelt hier geschrie-ben steht.

Aber nicht jedes Instrument kann zum Klingen ge-bracht werden. Der Zustand, respektive das Alter vongewissen Instrumenten, einerseits und die schiere

10 BrunneZytig23. November 2018 Läbigi Altstadt

! Unterwegs in der Welt des Klangs.

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11BrunneZytig23. November 2018Läbigi Altstadt

mentation und Forschung. Über die weiten Themen-felder der diesbezüglichen Forschung geben dieHomepage und das die Ausstellung begleitende Tab-let der Klingenden Sammlung sowie die InternetseiteForschungsschwerpunkt Interpretation der HKB fastunerschöpflich Auskunft und Anschauungsmaterial.

Ein neues Angebot: Die InstrumentenexpertiseIm kommenden Januar wird die Klingende Samm-lung zwei Jahre an der Kramgasse sein. Im erstenJahr fanden 126 Führungen statt und konnten umdie 3’500 Besucher empfangen werden. In diesemJahr werden beide Zahlen etwas höher ausfallen.Neben der ständigen Sammlung ist momentan dieSonderausstellung Alphorn zu sehen, selbstver-ständlich stehen Instrumente zum Ausprobierenparat und ein Videoguide gibt Auskunft über dievielfältige Verwendung des historischen und heuti-gen Alphorns.

Demnächst kommen Instrumentenexpertisen insAngebot der Klingenden Sammlung. Sollte eine alteTrompete, ein längst unbespieltes, unspielbares In-strument ein Köfferchendasein fristen, so wird manes vorbeibringen können und endlich Klarheit be-kommen über seine Art, seinen Zustand, sein Alterund seine Herkunft. Die Homepage und die Ausstel-lung an der Kramgasse sind spannend und sehrschön präsentiert, zudem bieten sie einen unterhal-tend staunen machenden Rundgang wie auch dengelehrten und wissenschaftlichen Tiefgang.

ig [email protected] 66, 3011 Bern, 031 311 01 37Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 11 – 17 Uhr

Menge andererseits machen das unmöglich. 1’500Instrumente beherbergt die Sammlung, fünfzigdavon wurden aufwändig restauriert und stehenjetzt spielbar zur Verfügung. Andere können vonprofessionellen Musikern für spezielle Projekte aus-geliehen und eingesetzt werden – unter genauenAuflagen für ihre Behandlung.

Die Instrumente als Forschungsobjekte Für Forschungszwecke, namentlich für Studierendean der Hochschule der Künste Bern, sind die Instru-mente selbstverständlich zugänglich. Die Forschungist naturgemäss ein wichtiger Teil des Aufgabenbe-reichs der Institution Klingende Sammlung – Zen-trum für historische Musikinstrumente, wie der volleName lautet. Adrian von Steiger als deren Leiter istMusikwissenschafter und dissertierte über die In-strumentensammlung Burri, dem Grundstock derKlingenden Sammlung. Zugleich ist er an der HKBtätig im Forschungsschwerpunkt Instrumente undInterpretation, namentlich im Bereich der Blasin-strumente und steht damit für Archivierung, Doku-

! Links die Klanginseln – ist nicht jedes Spiel ein Ausprobieren? (Foto: André Roulier)

! Im Sammlungslager häufen sich die Schätze.

Gesundheit durch Vertrauen!Herr A. Chariatte, Frau E. Engel und das

gesamte Team freuen sich auf Ihren Besuch!

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12 BrunneZytig23. November 2018 Läbigi Altstadt

KINDHEITS- UND JUGENDJAHRE IN DER MATTEWenn ältere Menschen aus ihrem Leben erzählen, erfahren die Nachgeborenen oft eine Füllehöchst spannender Geschichten, die so sonst nirgendwo zu lesen sind. Der pensionierte Pri-marlehrer und ehemalige Sportjournalist Hans Markus Tschirren hat solche Erinnerungen ausdem wohl speziellsten aller Berner Stadtquartiere zusammengetragen. «Geschichten aus derMatte – Alte Mätteler erzählen» heisst sein eben erschienenes Buch.

Die Matte war schon immer die Heimat kleiner Ge-werbetreibender, von Handwerkern, Fischern oderSchiffern – und später der Arbeiter. Die Mättelerblieben unter sich – zu rauh war ihr Ton für dieLeute aus der «Oberstadt» und zu unverständlichihre Sprache, das «Matteänglisch». Die Armut warbis weit über die Mitte des letzten Jahrhunderts invielen Haushalten ein steter Gast, und die Wohnver-hältnisse oft prekär. Im Buch berichtet davon BeatGauch, ein ehemaliger Mätteler mit Jahrgang 1946.Er wuchs mit seinen neun Geschwistern in einer 3-Zimmerwohnung in der Gerberngasse auf. «Wir hat-ten eine Stube mit einem grossen Tisch und vierBetten. Dort schliefen die Mädchen. Dann gab es einlängliches Zimmer. Dort standen drei Betten für unssechs Buben.» Eine Toilette gab es in der Wohnungnicht, nur ein Plumpsklo auf der Laube. «WC-Papierkonnten wir uns nicht leisten – aber wir hatten alteTelefonbücher. Weil das Papier glatt war, musstenwir es zuerst geschmeidig machen, aber es gingschon», erzählt er trocken.

Schmerzhafte Ballspiele«Aber es ging schon» – das ist ein Satz, der als Mottoüber den Kindheits- und Jugenderinnerungen derim Buch versammelten Mätteler stehen könnte. MitLakonie und auch Witz berichten sie über ihr Leben,das ein ständiges, pragmatisches sich Arrangierenmit zum Teil widrigsten Umständen erforderte. DieGeschichten ihrer schul- und ausserschulischenStreiche belegen, wie sich diese Kinder neugierigund selbstbewusst Freiräume eroberten. Der Geld-mangel liess ihren Erfindungsreichtum wachsen. So

bastelten sie sich Gummibälle. Sie formten durch-nässte Zeitungen zu einem etwa apfelgrossen Ballund umwickelten ihn ganz fest mit kaputten Velo-Schläuchen. «Je mehr Schichten den Ball umgaben,desto besser hüpfte er. Weitere Gummeli ‘ver-schlaufte’ man zu einer Kette, die man am Ball be-festigte. So kam der Ball, wenn man ihn warf,wieder zurück. Das war praktisch, denn wenn einSpielkamerad getroffen wurde, war man schon einwenig auf Distanz und konnte die Flucht ergreifen.Denn der auftreffende Ball schmerzte», erinnert sichder heute 88-jährige Erwin Sommer. Bei der Lek-türe dieser reich bebilderten Mattegeschichten wirdspürbar, dass sich die Erzählenden trotz aller Wid-rigkeiten ihre Kindheit und Jugendzeit als eineglückliche bewahrt haben.

Kaum einer der Mätteler, die in Hans Markus Tschir-rens Buch zu Wort kommen, lebt heute noch in derMatte. Der Autor selbst hat nie in der Matte gewohnt,doch früh schon hat ihn das Quartier interessiert. Ineinem Volkshochschulkurs über die «Varietäten des

Berndeutschen» lernte er Peter Hafen kennen, denlangjährigen Präsidenten des Matteänglisch-Clubs.Das hatte Folgen: Eine zehnjährige Mitgliedschaft imVorstand des Matteänglisch-Clubs – und ein gemein-sames Buch mit Hafen über die Sprachen, die in derMatte gesprochen werden. «Ittu’me inglisch’e» heisstes, «Matteänglisch», und ist eine unterhaltsame Ein-führung in die Geschichte des Quartiers wie in denMattedialekt und das Matteänglisch. Denn das sindbekanntlich ja zwei paar Stiefel.

Geschichte durch Geschichten bewahrenDieses Buch über die Matte sollte umgehend wie-derum Folgen haben. Kurz nach seinem Erscheinenmeldeten sich nämlich ehemalige Mattebewohnerbei Tschirren, aus Spiez und anderswo. In seinemWohnort Hinterkappelen outeten sich nach einer Le-sung gleich zwei Bekannte aus dem Ort als gebürtigeMätteler. «Wir haben uns dann getroffen und die Ideegeboren, ein Buch mit ihren Mattegeschichten her-auszubringen.» Zwei Jahre hat es von der Idee biszum Erscheinen des Buches gedauert. Es sei zwar«sein Buch», schmunzelt Tschirren, aber er selbsthabe am wenigsten geschrieben, sondern vor allemredaktionell gearbeitet.

Der Lehrer im (Un-)Ruhestand, der im Rahmen einesProjekts der Kirchgemeinde Kinder und Jugendlichemit Migrationshintergrund betreut, hat ein Faible fürGeschichten. Und ist selbst ein begeisterter Geschich-tenerzähler, weil er weiss, dass Geschichte immerdann lebendig bleibt, wenn sie gut weitererzählt wird.Mit den Geschichten der Zeitzeugen aus der Matte hältTschirren die Erinnerung an eine längst vergangeneZeit im Schwarzen Quartier wach.

babü

Hans Markus Tschirren, Geschichten aus der Matte – AlteMätteler erzählen.Hans Markus Tschirren, Peter Hafen, Ittu’me inglisch’e Mat-teänglisch. Beide Bücher sind 2018 respektive 2016 im Weber Verlag,Thun erschienen.

! Das war einmal. Heute ist das Stadtviertel an der Aare kein Armenquartier mehr, sondern ein beliebtes Wohngebietmit modernisierten Wohnungen und sanierten Häusern. Geblieben ist nur die Hochwassergefahr.

(Foto: Burgerbibliothek Bern, FN.K.A.947 (9))

! Geschichte in Geschichten übersetzen: Der AutorHans Markus Tschirren.

Rathausgasse 24 • 3011 BernTelefon 031 311 29 92 • Fax 031 312 23 89

Montag geschlossen

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13BrunneZytig23. November 2018Vereinigte Altstadtleiste

FRISCHER WIND AM VAL-STAND Gut besucht war der jüngste Anlass, den die Stadt, Quartierorganisationen und Leiste für die Neuhinzugezogenen veranstaltet haben.

Diesen Herbst hat Zahai Bürgi die Organisation der-jenigen Aufgaben übernommen, die – in Zusam-menarbeit mit der Stadt Bern – bei den zweimaljährlich durchgeführten Anlässen für die Neuzuzü-ger im Stadtteil I von den Vereinigten Altstadtleisten(VAL) zu erledigen sind. Unterstützt wird sie künftigim Turnus von ein oder zwei freiwilligen Mitarbei-tenden aus den fünf Altstadtleisten. Den Auftakt am20. Oktober machten die beiden VorstandsmitgliederBeat Schwaller und Tobias Eastus von der Kessler-gassgesellschaft. Als gelernter Innenarchitekt wer-tete Beat Schwaller den Informationsstand in derRathaushalle mit einer neuen Ausstattung gehörigauf.

Hier gab es viele gute Gelegenheiten, mit den neuenMitbürgerinnen und -bürgern persönlich ins Ge-spräch zu kommen, und viel Werbe- und Informa-tionsmaterial unter die Leute zu bringen. Vor allemfanden die Blumen- und Lebkuchen-«give aways»(von Blumen Ellenberger und Fuhrimann in derHerrengasse und der Bäckerei Bread-à-porter ausder Münstergasse) begeisterte Abnehmer. An derFührung durch die Untere Altstadt mit BeatriceGyger von Bern Welcome nahmen rund zwei Dut-zend Personen teil. Knapp ein Drittel von ihnen wer-den auch hier wohnen. Der nächste Anlass findet am2. März 2019 statt.

ZB

TEMPO 30 – ENDLICH!Seit kurzem ist es soweit: Tempo 30 ist an derSchüttestrasse (Postgass- und Brunngasshalde) ein-geführt. Eine alte Forderung der Vereinigten Alt-stadtleiste (VAL) ist damit beinahe erfüllt. Die VALwollten auch Kontrollen, Radarfallen oder mindes-tens Informationstafeln, die Autofahrende daran er-innern, Tempo 30 einzuhalten.

Bauliche Massnahmen waren immer wieder auchein Thema. Denkbar sind Schwellen, die zu verlang-samtem Tempo zwingen. Das ist gar nicht so einfach,weil die Durchfahrt für Feuerwehr und die Rettungs-sanität sichergestellt sein muss. Kein Problem wärendreidimensionale Fussgängerstreifen, wie sie aus Is-land bekannt sind. Die VAL haben auch vorgeschla-gen, einen Velostreifen anzubringen. Das schafftmehr Sicherheit auf dem Zweirad und erleichtertAutofahrenden die Einhaltung von Tempo 30. Fürdie vielen Anwohnenden an der Schüttestrasse mitall den lauschigen Terrassen ist das wichtig. Aber

auch, wer an der Schüttestrasse arbeitet, sollte diesbei offenem Fenster tun können.

Zufahrten, u.a. zu den unterirdischen Parkgaragen,und die Anlieferung sollen selbstverständlich mög-lich sein. Viele Fahrten haben aber mit Leben undArbeiten in der Altstadt wahrscheinlich kaum etwaszu tun. Das Verkehrsaufkommen ist vor allem amfrühen Morgen und am späten Nachmittag enorm.Aktuell ist das erwünschte Ziel der Verkehrsreduk-tion nicht erreicht. Weitere Schritte zur dringendnotwendigen Lärmreduktion stehen an. Wir sind ge-spannt auf konkrete Erfahrungen mit Tempo 30 ander Schüttestrasse und freuen uns über jede Rück-meldung.

Barbara Geiser, Präsidentin Leist der Untern Stadt Bern

26. NOVEMBERZibelemärit

30. NOVEMBER17.30-21 Uhr im Keller der «Palette» an der Münstergasse18: Der Verein Zerowaste Switzerland bietet einen Work-shop mit Tipps und Tricks zum Thema «Unverpackt schen-ken» und Deko aus Recycling-Material. Anmeldung:www.zerowasteswitzerland.ch/event/unverpackt-schen-ken-bern (Kosten pro Person, inkl. Material: 20.—)

2. DEZEMBERErster Advent in der Unteren Altstadt (Infos dazu und zu allen weiteren Advent-Events Seite 4 und 5)www.erster-advent-bern.ch

1. FEBRUAR 19 Die Mailadresse [email protected] für die Anmeldungen zum Vide Grenier ist wieder bedient

6. MÄRZ 19Bärebefreiig und Fasnachtsauftakt vor dem Käfigturm um 20 Uhr

7. - 9. MÄRZ 19Bärner Fasnacht, alle Infos unter www.fasnacht.be

22./23. MÄRZ 19Museumsnacht; www.museumsnacht-bern.ch

27. APRILVide Grenier in der Kram- und Gerechtigkeitsgasse.

ZB

AGENDA VAL

! Der neu ausgestattete Stand des Stadtteil I am Neuzuzüger-Anlass in der Rathaushalle.

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14 BrunneZytig23. November 2018 Kesslergass-Gesellschaft

FÜRIO! BRANDHILFE IN DER KESSLERGASSEBei Bränden in der Stadt war ein rasches und gezieltes Eingreifen entscheidend. Die 1868 ge-gründete Kesslergass-Gesellschaft bemühte sich, vor der Einrichtung der Feuerwehr der StadtBern 1881 das bestehende Brand- und Rettungscorps durch Nachbarschaftshilfe zu unterstüt-zen.

Hausbrände waren (und sind) eine grosse Gefahr inDörfern und Städten. Sie konnten ganze Siedlungenund Stadtteile zerstören. Ausgelöst durch Blitze,durch Brandstiftung, vor allem aber durch Nachläs-sigkeit im Umgang mit Feuer, forderten die Brände– neben dem immensen materiellen Schaden – oftauch zahlreiche Todesopfer, Menschen wie auchVieh. Im Mittelalter suchten mehrere Grossbrändedie eng bebaute Stadt Bern heim. Der grösste Stadt-brand, jener von 1405, vernichtete fast zwei Dritteldes überbauten Stadtgebietes und kostete mehr als100 Menschen das Leben. Noch im 19. Jahrhundertzerstörten Grossbrände Dörfer wie Frutigen (1827),Huttwil (1834), Ins (1848), Meiringen (1879),Grindelwald (1892) oder Landstädte wie Burgdorf(1865). Der Wiederaufbau ist heute zum Teil nocherkennbar an den schachbrettartigen Siedlungs-mustern. Auch Bern blieb nicht verschont: Gross-brände legten etwa 1872 die eben neu erbauteSpinnerei Felsenau, 1895 die Parquettfabrik Bern-Sulgenbach und 1898 die halbe Lorraine in Schuttund Asche.

Feuer- und BrandordnungenZur Vermeidung von Bränden verlangten schon frühFeuer- und Brandordnungen die Errichtung von

Brandmauern zwischen den Häusern, Holz- undSchindeln wurden durch Stein und Ziegel ersetzt, dieGassen verbreitert und Werkstätten mit Feuerstellenin Randzonen verlegt. Beeidigte Feuerschauer inspi-zierten regelmässig alle Öfen, Herde und Kamineund Nachtwächter patrouillierten durch die Städteund lösten im Brandfall mit der Sturmglocke oderFeuerhörnern Alarm aus. Daraufhin hatte jeder Bür-ger mit seiner obligatorischen Ausrüstung, dem Le-dereimer, zu erscheinen, zur Löschpflicht ver-pflichtet waren ebenfalls die Zünfte. Überhaupt wardie Brandhilfe weitgehend nachbarschaftlich orga-nisiert: Man beherbergte die Obdachlosen, ersetzteverbrannte Habe und organisierte Geldsammlungenfür die Opfer. Die Möglichkeit von Brandversiche-rungen gab es erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Professionalisierung im 19. JahrhundertIn der Stadt Bern verbesserte und professionalisiertesich sowohl die Organisation wie auch die Ausrüs-tung für die Brandbekämpfung im Laufe des 19.Jahrhunderts. Bevor 1881 die Feuerwehr der StadtBern gegründet wurde, verteilte sich die Brandbe-kämpfung auf drei Organisationseinheiten: Ein aus-gebildetes und gut ausgerüstetes Brandcorps war fürdie eigentliche Feuerbekämpfung verantwortlich.

Dafür unterhielt es in den Quartieren Materialma-gazine, wobei zunehmend Spritzen und Löschfahr-zeuge die Wassereimerketten ablösten. Ab 1868erleichterten Hydranten die Wasserbeschaffung, diesich zuvor auf Aare, Stadtbach und Brunnen be-schränkt hatte. Das Brandcorps unterstützte ein frei-williges Rettungscorps, das für das Retten derEffekten in den brennenden und bedrohten Gebäu-den zuständig und mit entsprechendem Rettungsma-terial ausgerüstet war. Dazu kam ab 1855 noch dasSicherheitscorps, das zur Unterstützung der Polizeidie Brandstätten vor Schaulustigen zur sichern hatteund die Bewachung der geretteten Effekten über-nahm.

Die Kesslergass-Gesellschaft will sich nützlichmachenNachdem auch immer wieder Brände die innereStadt heimgesucht hatten (u.a. 1831 Kesslergasse,1847 Schauplatzgasse, 1852 Brunngasse, 1857Zeughausgasse; 1858 Münzgebäude), machte sichauch die Kesslergass-Gesellschaft nach ihrer Grün-dung Gedanken, wie die Leistmitglieder in alter Tra-dition die bestehenden Corps im Falle eines Brandesunterstützen könnten. Am 5. Februar 1869 disku-tierte der Vorstand die Angelegenheit ausführlich.Der Sekretär: Sollte an der Gasse Feuer ausbrechen,so sei es selbstverständlich, dass ein jedes MitgliedHülfe zu leisten versuchen soviel es in seinen Kräftenstehe. Die erste Hülfe sei besonders in einem solchenUnglücksfall die beste, nur komme es darauf an, dassdieselbe eine geregelte, einheitliche sei. Gewöhnlichwerde in der ersten Zeit des Feuerausbruches garVieles übereilt, Manches gehe in der ersten Verwir-rung zu Grunde, Anderes bleibe ganz vergessen, sodass dabei die beste Zeit zur Hülfeleistung unbenutztentfliehe. Es handle sich in dieser Sache nur um den

! Hauptmusterung von Brand- und Rettungscorps auf dem Kornhausplatz 1859 (zvg).

! Brand an der Kesslergasse (heute Schlüssel Probst)1831: Brandcorps im Einsatz mit Löschwagen undSpritzen, in der Laube wohl zwei Mitglieder des Ret-tungscorps beim Räumen.

(Burgerbibliothek Bern, AK 1097)

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Malerei Gipserei

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15BrunneZytig23. November 2018Kesslergass-Gesellschaft

Zeitraum zwischen dem Ausbruch des Feuers bis zumEingreifen der ersten geregelten Hülfeleistung vonSeiten des Brand- und Rettungscorps.[…] Der Sekre-tär betont nun folgende Punkte im Fall von einemBrandunglück: Vor allem sei kaltes Blut und keineÜbereilung notwendig. Dann sei es nöthig, dass einJeder sogleich wisse, was er zu thun habe, so z.B. dieeinen die Leiter holen und an das brennende Haus inalle Etagen anstellen, um dasselbe soviel als möglichzugängig zu machen, andere sollen die Spritzen her-schaffen und zweckmässig aufstellen, um sie soschnell als möglich wirken zu lassen; wieder anderemöchten sich mit dem Retten befassen, die einenWertsachen, die anderen Möbel etc., was alles mitSorgfalt geschehen müsse. Daher möge man sich inbestimmte Abtheilungen eintheilen, damit ein jederwisse, was er zu thun habe. Auch würde es gut sein,wenn man bekannter würde mit dem besonderenMaterial wie Hydranten, Spritzen und Leitern. Auchwäre es passend, bestimmte Orte zu bezeichnen, wowohin so schnell als möglich die geretteten Sachenkönnten hingebracht werden.

Selbstorganisation zur Selbsthilfe?Einig waren sich die Leistmitglieder, dass ein Enga-gement des Leistes sicher richtig sei und auchschnelle Hilfe im Brandfall geleistet werden müsse,schliesslich lag ein schnelles, nachbarschaftlichesEingreifen im Interesse aller, konnte doch das eigeneHaus betroffen sein. Doch wurden auch Vorbehaltegeäussert, dass es doch für das Gerathenste sei, dass

man sich in dem Kreis des hiesigen Sicherheitscorpsorganisieren solle, wenn nicht gar in dasselbe eintre-ten, da man sonst Gefahr laufe, weggejagt zu werden,wenn man nicht im Besitz eines Abzeichens sei. ZuBedenken gab es auch, dass man weder im Umgangmit Spritzen und Wagen geübt sei noch dass manüber die Schlüssel zu den Hydranten, damals eineabsolute Neuheit, die der Herr Gasdirektor Rothansstreng hüte, noch über die Schlüssel zum Magazinan der Postgasse verfüge, um dort die Schläuche undLeiterwagen zu fassen. Schliesslich einigte man sichdarauf, das Anliegen zunächst politisch anzugehen:Herr Münger räth, man möge sich mit dem Gemein-depräsidenten, Herrn v. Büren, und Herrn Regie-rungsstatthalter besprechen, die ein solchesZuvorkommen von Seiten einer Gasse gewiss nichtwerde unberücksichtigt lassen. Von solcher Seite auserhalte man die zweckmässigsten Räthe und Mass-nahmen. Auch sollte dahin angestrebt werden, dassman die Erlaubnis für vorzunehmende Übungen mitden Spritzen etc. erhalte, was auch bewilligt werde,wenn man die Sachlage klar vorführe.

Die Sache zog sich hin. Doch nach hartnäckigemNachfragen, verschiedenen Vorschlägen an die zu-ständigen Behörden und einer Einladung an denamtierenden Kommandanten des Sicherheitscorpszur Aussprache, einigte man sich Ende 1869 wiefolgt: Der Kesslergass-Gesellschaft wurde erlaubt,ein eigenes Privatcorps einzurichten unter der Be-dingung, dass es am Schadensplatz strikte unter derLeitung des Kommandanten des offiziellen Sicher-heitscorps stand. Das Privatcorps erhielt ein eigenesAbzeichen, damit es als solches sogleich zu erkennenwar. Nach der Einrichtung der Feuerwehr der StadtBern 1881 löste sich das Privatcorps bereits wiederstillschweigend auf. Ob und wie oft es überhauptzum Einsatz kam, ist leider nicht dokumentiert. (alleZitate aus: Burgerbibliothek Bern, GA KGB 1, S.61ff).

CE

! Die Mitglieder des Brandcorps waren auch für die nächtliche Brandwache verantwortlich. Das Wachlokal, zugleichauch Materialmagazin, befand sich bis 1902 im alten Polizeigebäude (heute Casinoplatz) neben der Bibliothek.

(Burgerbibliothek Bern, FN.G.C. 1004)

RESTAURIERUNG MATTERKAPELLEDie Süd- und Ostwand der Matterkapelle ge-hören zu den ältesten Bauteilen (1430) amMünster, wie wir an einer kürzlich anberaum-ten Führung auf dem Gerüst der Baustelle vonder stv. Münsterarchitektin Annette Löffel er-fahren konnten.

100 Jahre sind es her seit der letzten Reinigung(1918). Die Oberflächen waren stark verschmutztund an einigen Stellen hatte sich durch das Einwir-ken von Feuchtigkeit auch die Farbe gelöst. Nacheinem ersten behutsamen Entfernen des aufliegen-den Staubes mit dem Pinsel wird in einem zweitenArbeitsgang mit Latexschwämmchen weiter gerei-nigt. Das Sichern und Verkleben der aufstehendenund losen Farbschichten sei zudem eine sehr auf-wändige und anspruchsvolle Prozedur, vernahmenwir sur place aus erster Hand von Régine Saucy,Konservatorin-Restauratorin.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde an der Ost-wand das Zähringerdenkmal vom damaligen Müns-terbaumeister Hans Thüring geschaffen. Dies zurErinnerung an den Stadtgründer Berchthold V. vonZähringen. Um 1670 erhielten die Gewölbekappendurch Hans Conrad Heinrich Friedrich ihre Bemalungmit Rankenmotiven beziehungsweise die Umfassungdes Denkmals mit Stoff-Draperie und Kolonnade(Säulenreihung). Das Totentanzfenster nach NiklausManuel, das sich ebenfalls innerhalb der Baustelle be-findet, stammt aus dem Jahr 1918. Die hier in Kurz-form zusammengefassten Teilschritte der Kapellenre-novation sind in der permanent laufenden Bildschauwährend den Münster-Öffnungszeiten in ganzerLänge als Video zu sehen. sw

! Führung Kesslergass-Gesellschaft «auf höchsterEbene» in der Matterkapelle. Rechts: RestauratorinRégine Saucy.

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FUNDUS FÜR BÜCHERWURM UND LESERATTEEin veritabler Wurm könnte sich schwerlich ausmalen, bei Hegnauer & Schwarzenbach sich anwertvollen Werken gütlich zu tun. Bibliophile, Sammelnde und an kleinen Auflagen Interessiertedagegen schon. Wir berichten über das neue Konzept des Geschäftes, vom Stöbern und Schmö-kern auf drei Stockwerken und nehmen Sie mit auf einen Besuch im Laden am Münsterplatz.

Viele unter Ihnen mögen sich noch an das Buchan-tiquariat an der Kramgasse 16 (heute Sitz einerBank) erinnern, welches im Oktober 2010 nach 55Jahren an selbiger Adresse seine Tätigkeit einstellteund definitiv in die Filiale an der Münstergasse 26umzog. Der Inhaber und Geschäftsführer ChristophSchwarzenbach ortete bereits damals die Auswir-kungen des boomenden Internets, beziehungsweiseInternethandels. Mit dem Internet sind BrockhausEnzyklopädie, Fischer-Welt-Almanach und auch dasLangenscheidt-Wörterbuch heute nicht mehr sorg-sam gehüteter Teil des Haushalts. Und falls noch vor-handen, könnten diese dereinst weder zurAkquisition für ein Buchantiquariat noch zum Mit-bringsel ins Brockenhaus taugen. Es verbleibt (so

hart es für einige unter Ihnen tönen mag) schlichtnur noch das gebündelte Entsorgen durch die Pa-pierabfuhr.

Ein Lesehindernis: Alte Schriftarten«Zeige mir was du liest, und ich sage dir wer du bist»,besagt ein Sprichwort. Belesen zu sein und zum Bei-spiel zu wissen, wer Shakespeare, Goethe und Dür-renmatt waren, konnte uns bis dato einzig und alleindie Lektüre eines Buches bieten. Wissen, Bildungund besagtes Lesen sind heute zusehends in digita-lisierter Form verfüg- und mit mobilen Geräten all-gegenwärtig abrufbar. Für jüngere Menschen magdas Lesen in Buch-Ausgaben mit Schriften aus den50er Jahren mit Erschwernissen verbunden sein(Brockenhäuser verweigern aus diesem Grundderen Annahme). Die damals verwendete GotischeFraktur-Schrift ist die Erklärung dazu. Sie wird vonTageszeitungen wie DER BUND oder TAGES ANZEI-GER im Namenszug (als gebrochene Schriftart)immer noch verwendet. Allgemein und schweizweitgebräuchlich gilt heute jedoch die ANTIQUA als ge-bräuchliche Buch- und Schreibschrift. Als letzterSchrei wurde kürzlich eine von australischen For-schern entwickelte «Neue Schriftart, die das Lerneneinfacher machen soll» präsentiert. SANS FORGE-TICA soll helfen, sich leichter an Inhalte erinnern zukönnen.

Circulus vitae im BuchantiquariatDas heute auf Spezialgebiete, Bibliophilie und Archi-tektur ausgerichtete Angebot an der Münstergassesei sein Lebensinhalt und gleichzusetzen mit Faszi-nation, Liebhaberei und Leidenschaft zum Beruf,vertraute uns Christoph Schwarzenbach beim Inter-view ein wenig versonnen an. Mit besonderem En-gagement gebe er sich seit Jahren auch der Kunstund der Photographie in Japan (1860 bis 1900) hinund verstehe sich als Sachverständiger auf diesemGebiet, vernahmen wir.

Und wie schafft man es, die auf rund 200 Quadrat-metern angebotene, schier unglaubliche Anzahl vonWerken vom Kunstbuch bis hin zur Inkunabel(Druck-Erzeugnis aus der Frühzeit des Buchdrucks)zu überschauen, zu ordnen und bei Bedarf mit ge-zieltem Griff aus dem Regal zu zaubern? wollten wirzu guter Letzt wissen. Die Antwort folgte auf demFuss und wir waren perplex: Anstelle der von unsvermuteten digital angelegten Datenbank zwecksVerwaltung der zahllosen Buchtitel gäbe es nichtsderartiges bei ihm zu finden, entgegnete Schwarzen-bach. Er besitze ein grosses Lager ausserhalb derStadt. «Die Bestände sind zu 90 % nicht im PC, son-dern sind in meinem Kopf registriert» bemerkte erwie selbstverständlich dazu. Sein profundes Wissenund die tägliche Nähe und Verbundenheit zu seinemFundus ermöglichten ihm das, und, wie er ergänzte,«keine Werbung, keine Inserate. Das 1945 gegrün-dete Antiquariat Hegnauer ist in einschlägigen Krei-sen und weit über die Grenzen genug bekannt». Diealle fünf bis sechs Wochen mit viel Gespür und Liebezum Detail zu aktuellen Themenkreisen neu gestal-teten Schaufenster sind offensichtlich stets ein Blick-fang für Passanten – und besonders an Samstagenwährend des Münstergass-Märits, ein Grund zumInnehalten und Verweilen beim illustren Angebotbibliophiler Raritäten.

sw

! Ladengeschäft und Fundus Buchantiquariat Hegnauer & Schwarzenbach.

16 BrunneZytig23. November 2018 Kesslergass-Gesellschaft

! Muster Schriftbild Gotische Fraktur-Schrift. Aus-schnitt aus «Briefe über die Schweiz» (Christoph Mei-ners).

! Exponat aus der Kunstsammlung JAPAN (Oberge-schoss): Farbholzschnitt um 1930 (Kikugawa Eisho)

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17BrunneZytig23. November 2018Matte-Leist

SINNVOLLES SCHENKEN – DIE STIFTUNG NILA MOTINila Moti ist einerseits eine Stiftung, die sich seit 25 Jahren für Frauen in Rajasthan in Indieneinsetzt, andererseits eine Boutique in der Matte, die hochwertige Textilien anbietet. Seien eshandgefertigte Kleider, Schmuckstücke oder sinnvolle Adventskalender – bei Nila Moti findensich Geschenke für Gross und Klein, mit deren Erlös Arbeitsplätze für Frauen im Textilhand-werkszentrum in Khimsar (Rajasthan, Indien) finanziert werden.

Das Geschäft Nila Moti an der Gerberngasse 36 imBerner Mattequartier sieht von aussen aus wie einenormale Boutique. Strahlende Farben, spannendeMuster und toll verarbeitete Stoffe hängen an denKleiderstangen. Im grosszügigen Raum findet sichvon Blusen über Tuniken oder Jacketts bis hin zusorgfältig gefertigten Schals oder Pulswärmern einbreites Sortiment an Artikeln aus Seide, Baumwolleoder Wolle. Synthetische Materialien finden sich beiNila Moti keine. Doch die Boutique ist viel mehr alsder erste Blick auf die freudige Farbenpracht preis-gibt. Hinter der Boutique steht die Nila Moti Stiftung,ein Projekt, das seit 25 Jahren und mit unzähligenStunden Freiwilligenarbeit Frauen in einem ländli-chen, armen Gebiet Nordindiens unterstützt.

Von Rajasthan nach PenthalazDas Abenteuer Nila Moti begann im Jahr 1992 mitMonica und Michel Matter in Penthalaz im Waadt-land. Dort eröffnet das Gründerpaar bei sich zu-hause die erste Verkaufsstelle mit in Indiengefertigten Textilien – von Kleidern über Acessoiresbis hin zu Bettüberwürfen oder Tischdecken. Mitdem Erlös können die beiden den Bau eines Textil-handwerkszentrums in Khimsar, einer Stadt in derländlichen indischen Region Rajasthan, finanzieren.Doch der Weg ist nicht nur einfach. Gerade die Ideeder beiden, bedürftige Frauen zu unterstützen, stösstbei der indischen Regierung anfänglich auf wenigAnklang. Junge, alleinerziehende Mütter oder Wit-wen sind in dieser von Armut und Arbeitslosigkeitgeprägten Region gesellschaftlich beinahe chancen-los. Eine Schulbildung haben die Wenigsten. Die we-

nigen Stellen in der Textilverarbeitung werden mitMännern besetzt. Eine Freundschaft zwischen denGründern und einem lokalen Maharaj, einem hin-duistischen indischen Fürsten, ermöglichte schliess-lich die Realisation des Projekts. Unter anderemaufgrund seiner Unterstützung des Projekts autori-siert die indische Zentralregierung 1997 den NilaMoti Trust. Der Bau kann beginnen und 2001 er-öffnet das Handwerkszentrum mit anfänglich 15Stellen für junge bedürftige Mütter.

Heute erhalten bei Nila Moti zwischen 50 und 60Frauen regelmässige Arbeit im Monatslohn mitgutem Einkommen und besten Sozialleistungen.Damit unterstützt Nila Moti nicht nur die bedürftigenFrauen selbst, sondern die ganze Region. Regeln gibtes indes an den Arbeitsplätzen nur drei: Die Frauenmüssen pünktlich erscheinen und ehrlich sein, und

Politik hat am Arbeitsplatz nichts zu suchen. Dennobwohl das Kastenwesen offiziell nicht mehr exis-tiert, ist diese hierarchische Einordnung gesellschaft-licher Gruppen noch tief in den Köpfen verankertund verbietet den Umgang von Frauen aus gewissenKasten untereinander. Bei Nila Moti in der Textil-werkstatt wird aber diese Trennung nicht mehr ge-lebt, was die Zusammenarbeit von Frauen aus allensozialen Schichten ermöglicht. In der Werkstatt wirdgenäht, gestickt, gewoben oder geknüpft. Das verar-beitete Material ist alles original indisch und wird so-weit als möglich aus fairer Produktion und vonlangjährigen Partnern bezogen.

Sinnvolles Schenken im AdventSeit acht Jahren ist Nila Moti mit einem zweitenStandort in der Berner Matte zu finden und bietetzeitlose Mode an. Unter den vielfältigen Schnittenfindet jede Frau etwas Passendes – ob klein odergross, dick oder dünn. Daneben hat die Boutiqueviele kleine Artikel, die sich wunderbar zum Ver-schenken eignen – allem voran die liebevoll gefer-tigten Adventskalender. Die Adventskalender en-thalten 24 Zitate, gewickelt um Schokolade. Verpacktsind die Kalender in Seiden- oder Baumwollsäcklein,die im Handwerkszentrum gefertigt werden. Ent-standen ist die Idee im letzten Jahr aus einer Not-situation heraus. Damals verbrannte dem Lieferan-ten, der die Produkte aus der Werkstatt in dieSchweiz transportiert, eine gesamte neue Kollektion.Das heisst, ein halbes Jahr Arbeit von über 50Frauen und der dringend nötige Erlös daraus warenverloren. Doch die Betreiberin der Berner Nila MotiBoutique, Elisabeth Meier, wollte nicht aufgeben,sondern helfen, wo sie konnte. So entstand die Ideezu den Adventskalendern, die auch dieses Jahr wie-der mit tollen neuen Zitaten angeboten werden.

Nila Moti in Bern hat jeweils mittwochs, donnerstagsund freitags von 13.30 bis 18 Uhr geöffnet, sams-tags von 10 bis 15 Uhr und weil es für einen gutenZweck ist, veröffenlichen wir gerne diesen Hinweis:

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10% Rabatt auf alle regulären Artikel.

Gültig bis Weihnachten 2018.Einlösbar gegen Abgabe dieses Bons.

! Das Schild an der Gerberngasse 36 im Berner Matte-quartier weist darauf hin, dass es sich bei Nila Motium eine Stiftung handelt.

! Nila Moti bietet zeitlose Mode, Schmuckstücke und Geschenke für Gross und Klein.

! Die Frauen im Textilhandwerkszentrum in Khimsarfertigen hochwertige Textilien. zvg

!

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EIN UHRENGESCHÄFT MIT EVENT-CHARAKTERNoch ein Uhrengeschäft in der Gasse, mag der eine oder die andere geseufzt haben, als sichdie Nachfolge von Nelly und Peter Ineichens «Chramere» im Frühjahr in der Kramgasse herum-sprach. Doch spätestens als die «watchlounge» von Barbara Garo und Frank Ansorg nach län-gerem Umbau Ende Juni ihre Türen öffnete, wurde schnell klar: Dieses Uhrengeschäft ist andersals viele andere. Es schlägt aus der Reihe. Mit seinem Angebot wie auch mit seinen Aktivitäten.

Wer es klein, aber fein und individuell mag, kommtin der Watchlounge auf seine Kosten. Microbrandheisst das Zauberwort: Kleine, unabhängige Uhren-marken, die Armbanduhren mit eigenem Design inüberschaubarer Stückzahl meist direkt via Internetvertreiben. Die Margen sind gering – was der Kund-schaft attraktive Preise beschert. Doch die Watch-lounge-Besitzer Garo und Ansorg begnügen sichnicht mit dem Verkauf solcher Microbrand-Uhren.In ihrem Atelier in Lyss bauen sie Uhren für ihrein- und ausländischen Kunden zusammen und fer-tigen dort auch die eigene Uhren-Marke: Palladium.«Dass wir Uhren herstellen können, hilft uns natür-lich bei der Beratung der Kundschaft», sagt Ansorg.

Späte Berufung zur Uhrmacherei Dass die beiden einmal in der Uhrenbranche landenwürden, war ihnen nicht vorbestimmt. Ansorg stu-dierte Informatik und spezialisierte sich später auf«Prozess-Design», eine Methode zur Analyse von Ge-schäftsprozessen. Garo absolvierte das KV in einemNotariats- und Anwaltsbüro, bevor sie nach einemAusflug als VIP-Betreuerin für Swissmem bei derExpo 02 in Biel eine Weiterbildung als Marketing-und Kommunikationsberaterin abschloss und an-schliessend in der Lebensmittel- und Sportbranchearbeitete. Bis sie auf Frank Ansorg traf und die bei-den ihre gemeinsame Passion für Uhren entdeckten.Ihr erstes Atelier richteten sie in ihrer Wohnung inNidau ein – und liessen sich von einem erfahrenenUhrmacher im Handwerk unterweisen. Der hält denbeiden bis heute die Treue. «Mit fast 80 Jahren ar-beitet er noch mehr oder weniger regelmässig bei

uns im Atelier in Lyss mit», lacht Barbara Garo be-wundernd. «Ein Bilderbuch-Uhrmacher», schwärmtAnsorg.

Am 12. Februar 2008, Garo nennt das Datum ohneüberlegen zu müssen, machen sich die beidenselbstständig mit ihrer Firma Palladium AG. Die bei-den landeten sogleich einen Coup. Denn in diesemJahr lief die Spendensammlung für den BärenParkan, was Ansorg als «Heimweh-Berner» und ehema-liger Bewohner der Unteren Altstadt nicht kalt liess.Die beiden entwarfen und produzierten eine Uhr mitBerner Farben und Bär auf dem Zifferblatt und ver-kauften sie für 99 Franken. 50 Franken pro Uhrgingen als Spende an den BärenPark. «Wir hattendamals kein Geld mehr fürs Essen», grinst Ansorg,«aber wir haben ungefähr 16 000 Franken anSpendengeldern zusammengekriegt.» Die Uhren-Branche wurde ein erstes Mal auf die beiden Newco-mer aufmerksam.

Einbezug der KundschaftWenn man die helle Watchlounge betritt, steht rech-ter Hand ein hölzerner Schreibtisch mit vielenschmalen Schubladen und mit Werkzeugen darauf.Ansorgs Arbeitsplatz für kleinere Reparaturen, dieer unter dem Blick der Kundschaft durchführt – undsie damit einbezieht. Ihre Leidenschaft für Uhrenden Kundinnen und Kunden zu vermitteln, indemsie ihr Handwerk sichtbar machen, ist ein wesentli-cher Bestandteil der Geschäftsphilosophie derWatchlounge. Kürzlich, so erzählt Ansorg, habe ermit einem guten halben Dutzend Uhrenbegeisterter

aus verschiedensten Berufen das Design für Zeigerund Zifferblatt einer wasserdichten Uhr kreiert. «Lu-naare» soll sie heissen, denn in jener Nacht, in derdas Design entstand, stand der Blutmond über Bern.Ansorg veranstaltet aber auch Gespräche mit Besit-zern von Uhrenmarken aus seinem Sortiment. «Hin-ter jeder Marke steht ein Gesicht», sagt er. Und diesePerson solle den Kundinnen und Kunden im direk-ten Gespräch die Idee vermitteln, die hinter ihrerMarke steckt.

Ansorgs heimliche Liebe gehört allerdings den Vin-tage-Uhren, weil er ihre Mechanik unerhört span-nend findet – und weil sie Geschichten erzählen.Etwa jene Alpina Gruen aus den 1930er Jahren, aufderen Innenboden der Besitzer den Namen jenervier Orte eingravieren liess, in denen er die Uhreinst revidieren liess: Basel 1934, Rom 1936, Gren-chen 1939, Bandung (Indonesien)1941. Doch inder Wertschätzung von Vintage-Uhren dürfte sichein Stück weit auch seine Abneigung gegen die heu-tige Wegwerfmentalität manifestieren. «Wir produ-zieren unsere Uhren mit viel Herzblut für Menschen,die ähnlich wie wir denken, die das Schöne zuschätzen wissen und denen Wertigkeit mehr bedeu-tet als Schnelllebigkeit», sind sich Frank Ansorg undseine Geschäftspartnerin Barbara Garo einig.

Schöne Dinge zueinanderbringen Diesem Grundsatz will der 45-jährige, der inzwi-schen wieder in der Unteren Altstadt wohnt und sichim Kramgassleist engagiert, auch im Quartier nach-leben. Er gehört zu jenen, die in der Unteren Altstadteine engere Vernetzung der Geschäfte untereinanderanstreben möchten. Ein solches «Crossover» prakti-ziert er bereits mit Vini Cappelletti, der Traditions-Wein- und Spirituosenhandlung in der Gerechtig-keitsgasse. «Gute Weine und schöne Uhren – daspasst», findet er. Es sei sein Ziel, sagt Frank Ansorg,dass «Dinge, die gut zueinander passen, den Weg zu-einander finden».

Das klingt nach einem vielversprechenden Pro-gramm!

babü

! Respektiert in der Branche: Barbara Garo, die das Uhren-Atelier in Lyss managt, und Frank Ansorg, der den Ladenan der Kramgasse 48 führt. (Foto:zVg)

18 BrunneZytig23. November 2018 Kramgassleist

! Die «Hausmarke» der Watchlounge, die Palladium-Uhr. Die Leuchtfarbe der Zeiger wird per Hand mitfeinsten Spritzen aufgetragen. (Foto zVg)

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19BrunneZytig23. November 2018Kramgassleist

DAS KELLERKINO BLEIBT SEINEM BEWÄHRTEN KONZEPT TREUSeit zehn Jahre schon leitet Simon Schwendimann das Kellerkino in der Kramgasse. Im Neben-amt, denn davon leben könnte er nicht. Das Publikum für die gezeigten Programm-, Dokumen-tar- und Arthouse-Filme ist zwar beschränkt, aber auch recht treu. Hauptsache, die Kostenwerden gedeckt.

Vor einem Jahr hat sich das Kellerkino verkleinert.Nur noch 36 anstatt 56 Personen finden einen Sitz-platz. Dafür sind die Sessel jetzt gut gepolstert. Undauch lange Beine finden zwischen den SitzreihenRaum. Diese Kapazitätsverringerung konnte der Lei-ter des Kinos, Simon Schwendimann, problemlosverantworten: Nur selten in den letzten Jahrenmusste er Besucher wegen Platzmangels abweisen.Seine Programmierung richtet sich klar an ein klei-neres, selektives Publikum, das den Kinobesuchnicht als Zeitvertreib sieht, sondern interessiert undmit gewissen Erwartungen in den Keller steigt.

Aber eröffnen die Schliessung des Capitols in derGasse und überhaupt der laufende Auszug der Kitag-Kinos aus der Stadt für das Kellerkino nicht neuePerspektiven? In der Tat verspricht sich Schwendi-mann einen eher positiven Effekt für «sein» Kino. Imfür ihn besten Fall würden die Quinnie-Kinos künf-tig mehr Mainstream-Filme, also Kassenfüller, insProgramm aufnehmen, so dass dem Rex und demKellerkino eine grössere Auswahl von Arthouse-Fil-men blieben. Aber spekulieren mag er nicht: Ein su-

perschöner und langer Sommer, wie wir ihn in die-sem Jahr erlebt haben, beinhaltet für jedes Kino –ungeachtet der Programmierung – ein Verlustge-schäft.

Kino Rex als verlässlicher PartnerIm Januar werden es zehn Jahre her sein, dassSimon Schwendimann die Leitung des Kellerkinosübernommen hat. In dieser Zeit veränderten sich diePublikumsgewohnheiten deutlich. Und die Kinoland-schaft damit. Die Besucherzahlen sind schon langeJahre rückläufig. Im Alleingang hätte der kleine Saalim Altstadtkeller zweifellos nicht überleben können.Während einigen Jahren arbeitete das Kellerkinodeshalb mit dem Kino Kunstmuseum zusammen. DieAbsprache beinhaltete auch eine gegenseitige finan-zielle Beteiligung.

Als das Kunstmuseum die Kino-Räumlichkeitenwieder beanspruchte und sich für den TrägervereinCinéville die Möglichkeit des Umzugs ins Rex bot,ergaben sich gezwungenermassen Änderungen. ImRex können heute acht Vorstellungen pro Tag statt-

finden, so dass das Angebot nicht mehr mit jenemim Kellerkino vergleichbar ist. Entsprechend entfielauch das zuvor gültige gegenseitig Finanzierungs-konzept. Gemeinsam macht man aber nach wie vordie Programmierung, also auch die Absprachen,welcher Film wann wo gezeigt wird, und die im Kel-lerkino gezeigten Filme werden im Programmheftdes Rex beworben.

Kostendeckung muss seinDiese Zusammenarbeit bewährt sich für SimonSchwendimann umso mehr, als für beide Kinos dasZiel darin besteht, eine kostendeckende Jahresab-rechnung vorlegen zu können. Er selbst wohnt zwarin der Berner Altstadt, arbeitet aber hauptberuflichals Operateur im Kino Uto in Zürich und betreibt dasKellerkino nebenamtlich. Auch wenn es heute tech-nisch möglich ist, Kinofilme so zu programmieren,dass keine menschliche Präsenz mehr nötig ist,braucht es jemanden, der Tickets verkauft und sonstfür Ordnung sorgt: Die Personalkosten ändern sichmit der Grösse eines Kinos nur noch unwesentlich.

Zu schaffen macht den «kleinen» Kinos in der Stadt– wen wundert’s – nicht zuletzt die Veränderungenin der Berner Medienlandschaft. Filmbesprechungensind seltener geworden. Und sie betreffen nur aus-nahmsweise Studio- und Programmfilme. Das warbis vor einigen Jahren noch anders, stellt Schwendi-mann mit Bedauern fest. Fast etwas trotzig meint eraber: «Die beste Werbung ist noch immer die Mund-zu-Mund-Propaganda.» Denken Sie daran, wenn Siesich das nächste Mal in die weichen roten Plüsch-sessel im Kellerkino gefläzt haben!

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! Simon Schwendimann hält das Kellerkino seit einem Jahrzehnt auf Kurs.

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21BrunneZytig23. November 2018Rathausgass-Brunngass-Leist

DAUERBAUSTELLE RATHAUSGASSEDie Leitungssanierung rückt voran – Die Verwaltung denkt nun auch an die Gewerbebetreiben-den und stellt Info-Tafeln auf.

Nachdem der erst Teil der Leitungssanierungen inder oberen Rathausgasse (Etappe 1 – 4) erledigtwaren, wurde die Arbeiten (Etappe 5.1.) im mittle-ren Sektor der Rathausgasse fortgesetzt und solltenbis zum 1. Advent beendet sein. Die Werksleitungensind in diesen Bereichen nun ersetzt. Gemäss kom-muniziertem Programm von EWB folgt nun dieEtappe 6 im Bereich der unteren Rathausgasse, dieseArbeiten dauern voraussichtlich bis Dezember2019. Zu hoffen ist, dass diese ebenfalls bis zum 1.Advent beendet werden können.

Die letzte Etappe wird die mittlere Rathausgasse(Etappe 5.2) betreffen, die Arbeiten werden ab De-zember 2019 in Angriff genommen und sollen bisOktober 2020 dauern. Noch nicht genau definiertist, wie die Sanierungsarbeiten in der Gasse und dieBaustelle Capitol aneinander vorbeikommen werden.Dazu werden Informationen seitens der Behördenund der Capitol-Bauherrschaft erwartet.

Im Weiteren ist davon auszugehen, dass anschlies-send die Arbeiten weitergehen werden. Da der Ab-wasserkanal (Stadtbachkanal in der Mitte der Gasse)ebenfalls sanierungsbedürftig ist und in diesem Zu-sammenhang eine Pflästerung der ganzen Gasse insAuge gefasst wird, muss davon ausgegangen werden,dass die Strassenbauarbeiten in der Rathausgasse ab2020 noch mindestens ein weiteres Jahr dauernwerden. Dieses Szenario hängt aber noch von derKreditsprechung im Stadtrat ab.

Asphaltierung oder Pflästerung?Vertreter des Leists haben in vielen Gesprächen mitAnwohnenden und Gewerbebetreibenden ihre Hal-tung zu diesem Vorhaben gebildet: Die Rathausgasseist die einzige Gasse der Unteren Altstadt, welchenicht gepflästert ist (die BrunneZytig berichtete).Deshalb wird es allgemein als wünschenswert be-trachtet, wenn nun zum Abschluss der Leitungssa-nierungen auch «unsere» Gasse gepflästert würde,auch wenn dadurch die Bauarbeiten noch längerdauern werden. Zur Zeit werden die Sanierungsar-beiten so oder so nur mit einem provisorischenBelag abgedeckt. Erst ganz am Schluss wird dieses«Flickwerk» durch einen durchgehenden Belag er-setzt – entweder Asphaltierung wie bisher oder ebendurch eine Pflästerung. Da diese Schlussarbeiten(Sanierung Abwasserkanal und Belagserneuerung)nicht in die Zuständigkeit von EWB sondern in diedes Tiefbauamtes fallen, werden diese Arbeitennicht von EWB kommuniziert.

Plakat-Aktion: Geschäfte geöffnet und zugänglich – yes, we are open!Die Beeinträchtigungen für die Gewerbetreibendensind gross – die Verwaltung hat nun veranlasst, dassPlakatständer aufgestellt werden, die darauf hinwei-sen, dass die Geschäfte geöffnet und jederzeit zu-gänglich sind. Danke den verantwortlichen Stellen,dass dieser seit langem geäusserte Wunsch seitens

des Leists erhört wurde! Zu hoffen ist, dass auch diePolizei der schwierigen Situation Rechnung trägt undden eh schon arg gestressten Anwohnenden und Ge-werbetreibenden mit etwas mehr Toleranz begegnet.Mit dem fehlenden Platz für Warenumschlag ist es ja

kaum möglich, diesen in irgendeiner legalen Formabzuwickeln. In diesem Zusammenhang empfehlenwir, die Brunngasse nicht durch die Rathausgasse,sondern durch die Kramgasse anzufahren.

Der Leist dankt allen, die durch verständnisvollesVerhalten gegenüber den Bauarbeitern nicht nochzusätzlich Öl ins Feuer giessen. Arrogantes Auftretenund lautes Gehupe zeugen nicht unbedingt von in-telligentem Umgang mit erschwerten Situationen!

ef

FESTGELÄNDE ZUR ADVENTSZEITZur Adventszeit werden Ringgepärkli und Kornhausplatz zur Fest- und Feierzone.

Nachdem letztes Jahr die vorweihnächtliche Bele-bung bei Anwohnenden an der Grabenpromenadenicht nur auf Gegenliebe stiess, konnte nun zusam-men mit den Veranstaltern, dem Gemeinderat undder Bewilligungsbehörde eine optimierte Lösung ge-funden werden. Fehler vom Vorjahr wurden berück-sichtigt und einer genussvollen Belebung desRinggepärklis während der Adventszeit steht nichtsmehr im Wege.

«Oscar Elch» im RinggepärkliDer Veranstalter «Oscar Elch» nimmt einigen Auf-wand auf sich, damit die Holzhütten für die direktAnwohnenden nicht nur von hinten zu sehen seinwerden und die Toilettenanlage sich nicht mehr di-rekt vor den Fenstern befinden wird. Ebenso wirdauf offenes Feuer verzichtet. Betrieben wird die Barin der Adventszeit. Der Leist setzte sich dafür ein,dass die wohlgemeinte Aktivität nicht einfach ver-boten, sondern so durchgeführt wird, dass die An-wohnenden nicht übermässig belästigt werden. Imweiteren ist der Leist der Meinung, dass es sich umeine Adventsveranstaltung handeln sollte undwehrte sich gegen eine zeitliche Ausdehnung in denOktober. Gegen eine Freinacht an Silvester hätte derLeist nichts gehabt, aber die Veranstalter verzichtenaus logistischen Gründen auf eine Bewilligung überdie Adventszeit hinaus. Der Leist wünscht den Ver-anstaltern eine fröhliche und erfolgreiche Zeit im

Ringgepärkli und bedankt sich für das Entgegen-kommen und die Rücksichtsnahme auf die Anwoh-nenden, diesen dankt er jetzt schon für ihre Toleranzund hofft somit, dass die Belebung dieses schmuckenPlatzes ohne Nebengeräusche Erfolg haben wird.Ebenso dankt der Leist den Betreibern für dieschriftliche Information der Betroffenen.

Festchalet «Alpenland» auf dem KornhausplatzZeitgleich zu obigem Anlass wird auf dem nördlichenKornhausplatz eine währschafte Chilbihütte aufge-baut. Käsespezialitäten und alles, was dazu gehört,werden angeboten werden – alles von regionalenAnbietern. Sogar Käsefondue von der Chäshüttewird es zu geniessen geben. Da die Infrastruktur aufdem Platz die Veloabstellplätze verdrängt, wurde dieVerkehrsplanung selbständig aktiv und hat im Rah-men der Bewilligungserteilung dafür gesorgt, dassfür einen Teil der Velos Ersatzplätze bereitgestelltwerden: Vor dem Stadttheater werden dafür zweiTaxiplätze umgenutzt, die Publikbikes finden einExil vor dem Ringgepärkli. Deshalb rufen wir alleVelobesitzenden dazu auf, sich auf die Evakuierungvorzubereiten und dieser Verständnis entgegenzu-bringen. Laut Bewilligung wird auf dem mittlerenKornhausplatz am Eröffnungstag (26. November)ein Karussell die Kinder erfreuen.

ef

! Wir haben geöffnet! – Auf diese Hinweistafel haben die Geschäftsleute in der Bauzone lange gewartet.

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POT-UP – ZWISCHEN HANDWERK, DESIGN UND KUNSTSeit dem 18. Oktober und noch bis Ende Dezember ist die Schule für Gestaltung Bern und Biel(sfgbb) zu Gast in der Gerechtigkeitsgasse 73. Lehrlinge, Ehemalige und Dozenten stellen ineiner sehenswerten Werkschau ihre Erzeugnisse aus. Keramik lässt sich formen – von Hand, mitder Drehscheibe, im Holzofen und seit neustem auch mit Hilfe von 3D-Druckern.

«Was ist das – ein Gefäss?» Zwei Monate lang habensich Lernende des ersten Lehrjahrs mit dieser Fragebeschäftigt und diese im Laden als erstes auffallen-den fast mannshohen Töpfe aus alten Schalbretternzusammengestellt. Es galt dabei, sich im Team mitder Materie und der Formgebung grundlegend aus-einanderzusetzen. In den Grenzbereich zwischenHandwerk und Kunst – und ins Wagnis eigenerKreationen – begeben sich die Lernenden erst imdritten und vierten Lehrjahr.

Auf den Regalen im Geschäft kann man repräsenta-tive keramische Erzeugnisse von angehenden und

erprobten Keramikgestalterinnen und -gestalternder Schule bewundern. Nicht wenige von ihnenhaben die Lehre auch als Zweitberuf begonnen. Alt-hergebrachtes wird man da kaum erwarten, trotz-dem finden wir viel Funktionelles. Vor allem weckenauch unübliche experimentelle Formen unser Inte-resse. Und Schüler, die im Geschäft selber mitarbei-ten, lernen zusätzlich einiges über Produkteprä-sentation und Vermarktung.

Im Zweiwochenrhythmus wird Neues geboten, undim Dezember werden der pot-up-store und sein«annex» (das Geschäft gleich daneben wird bis Ende

22 BrunneZytig23. November 2018 Leist der Untern Stadt

! Der grosse gelbe mithilfe von Schalbrettern aufgebaute Gemeinschaftstopf.

28. NOVEMBER19 Uhr: Kronengespräch des LUS in der «Singstudenten»-Bar der Krone. Vorgestellt wird Annas Bücherherbst, vonAnna Christen aus der Klamaukbuchhandlung an der Post-gasse. Sie präsentiert ihre Neuheiten und beantwortetgerne alle Fragen zum Buchhändler-Alltag (www.kla-mauk.be). Anmeldung (Doodle-Umfrage): https://cally.com/pvxt7gufnsipjtvv oder per Mail: [email protected]

12. DEZEMBER12 Uhr: Mittagstisch für Senioren in der Nydegg

27. FEBRUAR Mitgliederversammlung (Ort noch unbekannt, wird bei Gelegenheit in den Leist-News mitgeteilt).

27. MÄRZ 19Kronengespräch des LUS (das Thema wird zu gegebenerZeit publiziert)

AGENDA 2018LUS

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23BrunneZytig23. November 2018Leist der Untern Stadt

Jahr von den Lehrern und Dozenten bespielt) mitspeziellen Anlässen an den verkaufsoffenen Sonn-tagen zum «salon-pot-up», einer Austauschplattformrund um die Keramik. Hingehen!

ZB    Öffnungszeiten: Mi-Fr 11-18.30; Do 11-20; Sa 11-17; So-Di geschlossen. www.sfgb-b.ch

DIE VORRATSKAMMER DER UNTEREN ALTSTADTIn Zeiten, in denen in der Unteren Altstadt Geschäfte schliessen oder wegziehen, erfindet sichBerns älteste Weinhandlung neu. Nach einem Umbau feierte Vini Cappelletti an der Gerechtig-keitsgasse 62 Ende Oktober die Neueröffnung von «Unser Altstadt Lädeli & Das Wein-Fachge-schäft».

Drei Wochen lang herrschte bei Cappelletti ein un-gewöhnlich emsiges Treiben, es wurde gehämmert,Parkett abgeschliffen, Elektroleitungen wurden neuverlegt, Wände gestrichen, Regale aufgebaut, Kistenund Flaschen geschleppt und neu einsortiert – undgleichzeitig die Kundschaft in gewohnt freundlicherManier aufs Beste bedient. «Wir haben bewusst wäh-rend des Umbaus nicht geschlossen, denn wir woll-ten der Kundschaft zeigen, dass sich bei uns etwasbewegt», begründet der Leiter des Altstadtgeschäfts,Juan González, dieses eher ungewöhnliche Vorgehen.Natürlich sei die Umbauphase für das Team stressiggewesen, doch «wir waren hochmotiviert, weil allehinter dem Umbau-Konzept stehen.»

Das Konzept, auf das sich Inhaberin AlessandraCappelletti mit dem Team verständigte, war beste-chend: Den Lagerraum, der jahrzehntelang hinterden Vorhängen der linken Schaufensterfront einSchattendasein fristete, ans Licht zu holen und zueinem eigenen Verkaufslokal für das bestehende Le-bensmittel- und Haushaltwaren-Sortiment umzu-bauen. Durch diese Auslagerung wurde im Herz-stück des Ladens, der Wein- und Spirituosen-Fach-handlung, der dringend benötigte Platz frei. «Jetzt

können wir nicht nur unsere Weine und Spirituosenansprechend und übersichtlich präsentieren. Wirkönnen auch Degustationen mit unseren Produzen-ten im Laden veranstalten», freut sich Juan González.Das Programm fürs nächste Jahr sei bereits in Ar-beit.

Der Augenschein zeigt: Der Umbau ist vollumfäng-lich gelungen. Das Wein-Fachgeschäft wirkt luftigerund grosszügiger als bisher und lädt zu Entdeckun-gen ein. «Unser Altstadt-Lädeli» auf der gegenüber-liegenden Seite des Hausganges weckt mit seinerunprätentiösen Einrichtung und den in neuer Über-sichtlichkeit angeordneten Lebensmitteln Erinne-rungen an die unentbehrlichen Tante-Emma-Quartierläden der Vergangenheit. «Wir haben dasSortiment deutlich aufgestockt», betont Juan Gonzá-lez. «Wir arbeiten mit viel Herzblut und Energiedaran, die kleine Vorratskammer der unteren Alt-stadt zu sein», ergänzt er strahlend.

babü

! Blickfang für Passanten: Das Schaufenster des neuen «Altstadtlädeli».

! Die vielen positiven Reaktionen der Kundschaft aufden Umbau freuen Juan González und Natalie Lerf.

! Die Keramikerin und Fachlehrerin Rita De Nigris mitzwei extraordinären Gefässen von Maria Roth.

! Da schält sich eine Italienische Espressomaschine ausder Keramik. Gefäss von Nathalie Brunner.

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Page 24: Titelgeschichte - altstadtleiste.chaltstadtleiste.ch/wp-content/uploads/2018/11/BrunneZytig_2018_4.pdf · 2 BrunneZytig 23. November 2018 Titelgeschichte Begleitpersonen, die den

24 BrunneZytig23. November 2018 Leist der Untern Stadt

NACHRUF LUCIANO BERTI – EINE LIEBE ZWISCHENFLORENZ UND BERNDieser Nachruf auf einen ehemaligen beliebten Geschäftsmann aus der Unteren Altstadt istauch eine Liebesgeschichte: Luciano Berti war mit Herz und Seele Florentiner. Doch für seinegrosse Liebe verliess er Italien und zog nach Bern.

Seine Eltern stammten aus zwei alten, vornehmenFlorentiner Geschlechtern. In dieser Tradition entwi-ckelte Luciano Berti, geboren am 12. Mai 1929 inden malerischen Colline von Florenz, eine tiefe Liebezur Renaissancekultur seiner Heimat. Als Heran-wachsender erlebte er die Besetzung Italiens. Die ein-prägsamsten Erinnerungen daran waren der schrilleBombenalarm und die «Chewing Gums», welche dieGIs den Kindern verteilten. Seine beiden Brüder lebennoch heute in Florenz. Er, der feingeistige Mittlere,war Mutters Liebling. Der damaligen Zeit entspre-chend kleidete er sich modisch und fuhr am liebstenmit seiner Vespa durch die Gegend. Luciano wuchszu einem kulturell engagierten und vielseitig interes-sierten, musischen Menschen heran, der vieleFreundschaften pflegte. Allzu gerne wäre er Künstlergeworden, arbeitete sich dann aber im bekanntenBuchverlag Sansoni bis fast zum Vizechef hoch undsollte in London eine geplante Filiale leiten. Dazu kames jedoch nicht mehr.

Eines Tages, im Jahr 1957, bog er mit seiner Vespaetwas stürmisch auf die Piazza San Marco ein undkollidierte beinahe mit einer hübschen «ragazza», dienach ihrem Einkauf in einer Pasticceria auf demNachhauseweg war. Es stellte sich bald heraus, dasjunge Fräulein stammte aus Bern. So sah sich Elisa-beth Nizon abrupt gestoppt und etwas verwirrt einemwunderschönen, charmanten Italiener gegenüber.Der hatte bereits im Sturm sein Herz verloren undwar gerade dabei, das ihre zu erobern. Noch am glei-chen Tag gingen sie miteinander aus. Dass er sie nichtins Kino oder in ein Restaurant ausführte, sondernihr als erstes gleich seinen schönsten Ort in Florenz,das Kloster San Miniato al Monte, zeigte, beeindrucktesie sehr und verstärkte ihre spontane Sympathie zudiesem jungen Mann.

Elisabeth ihrerseits bot ihm alles, wonach sein kul-turbeflissenes Wesen verlangte. Die Klavierstudentinvom Konservatorium in Bern hatte ein Stipendiumfür einen Meisterkurs bei Pietro Scarpini erhaltenund verbrachte damals in einer Privatpension fürKünstler einige der schönsten Wochen ihres Lebens.Doch trotz aller Freiheiten, die sich das junge Paargönnte, lebte es in den sittenstrengen 50er-Jahren,die schon bald Lucianos Welt total auf den Kopf stellensollten, denn Elisabeths Familie gestattete ihr dieFreundschaft mit Luciano nur unter der Bedingungweiterzuführen, dass beide nach Bern zögen. So grossder Schock dieser Forderung für Luciano war, dieLiebe zu seiner Freundin war grösser.

In Bern schloss Elisabeth ihr Musikstudium ab undwurde Klavierlehrerin. Doch für Luciano wurde es

eng, vor allem beruflich. Es fiel ihm schwer, Fuss zufassen, und er litt so sehr am Verlust seines geliebtenFlorenz, dass sich sein Körper mit einem Magenge-schwür gegen die neuen Lebensumstände wehrte. Erlernte jedoch sehr bald, ohne einen Kurs besucht zuhaben, sich in Deutsch zu verständigen. Arbeit fander schliesslich bei einem Designer, der die Mosaikefür die in den 60er-Jahren berühmt gewordenen Bei-stelltische anfertigte. Auch fand er in Angelo einenlieben italienischen Freund, der später der Götti einerseiner beiden Töchter werden sollte. Aus der Kram-gasse, wo sie zuerst lebte, zog die kleine Familie insdamalige «in»-Quartier Tscharnergut, um den Kin-dern nach der engen Altstadt etwas Freiraum zu bie-ten. Sie fühlten sich dort aber nicht sehr wohl, denKindern erschien alles riesig und anonym. Als danneine Konsi-Kollegin von Elisabeth der Familie anbot,in ihr Haus an der Münstergasse zu ziehen, landetediese erneut in der Berner Altstadt – wo Elisabethnoch immer wohnt. Sein offener Charakter hatte Lu-ciano inzwischen viele Kontakte mit der kulturellenBerner Society ermöglicht, obschon damals dieSchweiz tief in James Schwarzenbachs Überfrem-dungswahn steckte. In den 70er Jahren wurde erfreier Antiquitätenhändler, der im Auftrag einiger Ga-lerien unterwegs war. Als ihm ein Kollege anbot, seinAntiquitätengeschäft an der Gerechtigkeitsgasse 64 zuübernehmen, zögerte er nicht und eröffnete dort seine«Boutique Luciano Berti – kulturelle Kuriositäten».

Seine Familie erinnert sich noch daran, dass Lucianovor dem Geschäft in den Lauben mit Kunden, Passan-ten und Freunden rege Gespräche führte, und wiegross sein Herz besonders für die damals vielenRandständigen war. Er hatte immer eine offene Handfür alle. Gerne sass er abends unter seinesgleichen imRestaurant du Commerce, wo sich damals die Welt derKünstler und der Intellektuellen einfand. Man habesich aber auch in der Rathausapotheke getroffen,ganz im Stil einer alten südländischen Tradition, wosich die Leute in der Farmacia mit einem vielleichtauch nur vorgeschobenen Wehwehchen oft und gerneine Plauderstunde gönnen. Obschon Bern für Lu-ciano Berti inzwischen längst Heimat geworden war,blieb Florenz die Stadt seiner Sehnsucht.

Er liebte seinen Beruf und betrieb sein Geschäft ander Gerechtigkeitsgasse bis zu seinem 80. Lebensjahr,als ihn jäh ein Hirnschlag traf. Mehrmals rappelte derUnermüdliche sich wieder auf und öffnete seinenLaden, bis es vor drei Jahren nach einem erneutenRückfall einfach nicht mehr möglich war, und er vomSpital aus direkt ins Pflegeheim Oranienburg an derSchänzlistrasse kam, wo er am 13. August dieses Jah-res verstorben ist.

Ein wenig «unsterblich» geworden ist Luciano Bertidurch den Film Altstadtlüt (2013) von Alberto Ve-ronese, der damals über 50 Wochen lang im Keller-kino lief. Elisabeth Berti-Nizon ist eine derSeniorinnen und Senioren, die darin über ihr Lebenin und um die Berner Altstadt erzählen, das eben oftauch darüber hinaus reichte – zum Beispiel bis nachFlorenz. Dank ihr bleiben die Erinnerungen an Lu-ciano Berti wach, den Florentiner, der Bern liebenlernte – und der hier wiedergeliebt wurde.

ZB ! Luciano Berti mit seinem Schwager, dem Schriftsteller Paul Nizon. Das Foto zierte viele Jahre das Schaufenster des

schmalen Ladens. (zVg)

! Luciano Berti, fotografiert von seinem damaligen Geschäftsnachbarn und Freund, dem inzwischen auchverstorbenen Fotografen Godi Zurbuchen.

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25BrunneZytig23. November 2018Leist der Untern Stadt

EINE GELUNGENE MODERNISIERUNG VON KELLERUND KÜCHE Der Klötzlikeller, der älteste Weinkeller Berns, ist seit 1. November wieder geöffnet. Auch überMittag. Nach einer mehrmonatigen sanften Renovation wirkt das Kellergewölbe an der Gerech-tigkeitsgasse 62 heller und grösser als bisher. Auch kulinarisch weht ein frischer Wind. Der neueKüchenchef Paul Jurt drückt den Schweizer Traditionsgerichten, die nach wie vor die Speisekartedominieren, seinen Stempel auf.

Paul Jurt ist neben Martin Hebeisen der andere Ge-schäftsführer der aarestadt gastro GmbH, die mangetrost als Senkrechtstarter bezeichnen kann, über-nahm sie doch kurz nach ihrer Gründung in diesemJahr gleich drei Lokale: das Golfrestaurant Blumis-berg bei Flamatt, den «kramer» an der Kramgasse12 und den traditionsreichen Klötzlikeller. Doch PaulJurt ist vor allem eines: ein Koch aus Leidenschaft.Seine für einen 38jährigen ziemlich beeindruckendeKarriere führte ihn unter anderem ins Hotel Adlonin Berlin, nach Mallorca, auf die Bermudas und wie-der in die Schweiz zurück, zu Sterneköchen in Grau-bünden und im solothurnischen und schliesslichzum Berner Spitzenkoch Urs Messerli, mit dem erheute noch in freundschaftlichem Kontakt steht und

über den er auch die Weine für den Klötzlikeller be-zieht.

«Meine Lehr- und Wanderjahre» nennt Jurt dieseZeit, in der er Wissen über die Kochkunst aufsog wieein Schwamm. Eine Zeit, die er um nichts in der Weltmissen möchte. Seit einigen Jahren ist er in der Re-gion Bern sesshaft geworden, war Küchenchef zumBeispiel im «Löwen» in Worb oder im Restaurant«The Flow» in der Welle 7 am Bahnhof in Bern. Jetztalso der Klötzlikeller mit seiner Schweizer Traditi-onsküche. Er liebe währschaftes Essen, lacht Jurt.Aber er wolle die Gerichte durch die Zutaten be-kömmlicher und leichter machen. Dem Suure Mockefüge er zum Beispiel ein wenig Gewürzapfelsaft-Jus

bei. «Da wirkt das Gericht gleich viel frischer». Undselbstverständlich verwende er nur Frischprodukte.Früchte und Gemüse sind direkt von Bauern aus derRegion, das Fleisch vom «Metzger in Gümligen».

Die neue Speisekarte ist reichhaltig, aber nicht zu um-fangreich, wird doch alles frisch zubereitet. Vegetari-sche Gerichte fehlen ebenso wenig wie die süssenDessert-Versuchungen und eine Käseauswahl aus derChäshütte an der Rathausgasse. Die Gäste könnenüberdies bei der Bestellung fast überall zwischeneiner grossen und einer kleinen Portion wählen, die,weil das Auge bekanntlich mitisst, appetitlich auf sehransprechenden modernen Teller angerichtet werden.Am Mittag bietet Jurt, neben à la carte, zwei Tages-menüs an, eines davon vegetarisch. In der Weinstube,die auch nach der Renovierung noch den Geist von1900 atmet, als Rosa Klötzli dort «toute Bern» emp-fing, kann ebenfalls à la carte gespiesen werden. DerStart des neuen Klötzlikellers sei überaus gelungen,schmunzelt Jurt. Nur das Mittagsgeschäft müsse nochpublik gemacht werden. Was die BrunneZytig nacheinem «Testessen» sehr gerne übernimmt.

babü

! Dank dem schlichten Mobiliar und der neuen Lichttechnik wirkt der Gewölbekeller grösser.! Hier kocht der Chef: Paul Jurt – ein Koch aus Leiden-

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