Toll, schön, wunderbar

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Publikation: tbhb Pagina: 18 Ist-Farben: cmyk0 Ressort: tb-zo Erscheinungstag: 16. 4. 2012 MPS-Planfarben: cmyk MONTAG, 16. APRIL 2012 zoom 18 HIN UND WEG spontan Markus Bischof lotet in sei- nem Piano Trio die klang- lichen Fähigkeiten seines Flügels aus. Wie das tönt, ist heute in Flawil zu hören. Mit Markus Bischof stehen Diet- mar Kirchner (Kontrabass) und Andreas Wettstein (Schlagzeug) vor dem Publi- kum. Pianist Bischof hat eine lange musikalische Reise hinter sich: Erst nach einer klassischen Ausbildung zum Pianisten hat er sich dem Jazz geöffnet, den er nun in berührenden Konzerten zum besten gibt. Mo, 20.00, Restaurant Park, Flawil merken Wer für einmal nicht nur Musik konsumieren, son- dern selber singen will, ist am Mittwoch in George’s Bar an der richtigen Adresse. Im Rahmen einer Karaoke- Show singen Gäste des Lo- kals für andere Besucher. Auch wer nicht ganz so talentiert ist wie mancher Teilnehmer einer Casting- show, darf ans Mikrophon. Mi, 20.00, George’s Bar, Herisau Mit Brian Blade gastiert ein Jazzschlagzeuger in St.Gal- len, der schon mit Herbie Hancock, Wayne Shorter, Bob Dylan und Norah Jones gespielt hat. Der 42-Jährige kann aber auch singen, wie er auf seinem 2009 erschie- nenen Singer-Songwriter- Album «Mama Rosa» bewie- sen hat. Diese Folk- und Countrysongs sind denn auch am Konzert von Mitt- woch zu hören. Mi, 21.00, Palace, St. Gallen Bild: Urs Jaudas NACHTSICHT Samstag, 23.05 Uhr, Carpe Diem, Jazz Meets Salsa, St.Gallen INTERNETTES Unkompliziert reisen Gestern London, heute Shanghai, morgen Santiago de Chile. Geschäftsreisende tingeln um die ganze Welt und sind meistens in Eile. Was tun, wenn das Meeting bereits in einer halben Stun- de beginnt – aber am ande- ren Ende der Grossstadt? Der Businessmann steht am Strassenrand, wartet auf ein Taxi. Die wenigen Gefährte, die vorbeiziehen, sind be- setzt. Und bei der Hotline ist kein Mitarbeiter frei. Nur noch zwanzig Minuten bis zur Sitzung… In solchen Momenten hilft das App My- Taxi weiter. Damit lässt sich das nächstgelegene, zur Ver- fügung stehende Taxi eruie- ren und bestellen. Ist das Problem mit dem Taxi behoben, naht schon die nächste Schwierigkeit. Das Flugzeug ist verspätet. Mit dem App FlightTrack be- merkt der Reisende solche Zwischenfälle frühzeitig und er kann einen Termin rechtzeitig absagen oder verschieben. Wer unterwegs immer wieder E-Mails von Berufskollegen und Kun- denanfragen beantworten muss, freut sich über den Wifi-Finder. Das App verzeichnet über 500 000 Wifi-Hotspots weltweit. So kommt man ums Suchen herum. Und auch um die Roaming-Gebühren. (dbu) EINSCHALTEN Erfindungen ohne Nutzen A nti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela ist über 90. Doch wie alt ist er ge- nau? Hat man früher nach einem Nachschlagewerke gegriffen, so setzt man sich heute an den Computer und surft im Internet. Nach ein paar Klicks weiss man: Nelson Mandela wird am 18. Juli 94 Jahre alt. Viele Menschen kommen heute nicht mehr ohne das World Wide Web aus. Handy, ABS, Airbag, Computertomographie, Herz- schrittmacher: Sie alle sind wei- tere Beispiele für den techni- schen Fortschritt. Doch nicht alle Neuerfindungen haben so gut abgeschnitten. Und eben diesen widmet sich eine Sendung auf 3sat. Moderator Gert Scobel prä- sentiert «Die 20 grössten Fort- schritt-Flops». Dabei handelt es sich um Erfindungen, die laut den Zuschauern unnütz sind. Auf der Liste stehen etwa Asbest, Atomkraft, Biosprit, Magnet- schwebebahnen und Wärme- dämmung. Prominente und Experten kommentieren die Er- gebnisse der Zuschauerabstim- mung. Was ist der Preis für Fort- schritt? Auch dieser Frage geht die Sendung nach. (dbu) 3sat Die 20 grössten Fortschritt-Flops, heute Mo, 20.15 Trendige Mode. Musterwohnung. Shrimps-Salat, wie vom Chefkoch. Teppich wie aus dem Magazin. Das Unternehmen Im März 2010 hat ein Trio im kalifornischen Palo Alto Pin- terest (eine Kombination aus «pin» und «interest») aufge- schaltet. Heute zählt das hin- ter Pinterest stehende Unter- nehmen Cold Brew Labs 30 Mitarbeiter. Ein Grün- dungsmitglied hat die Firma soeben verlassen, doch das scheint der Beliebtheit der Plattform keinen Abbruch zu tun. Das Social-Media-Netz- werk gehört laut Experten zu den am schnellsten wachsen- den Web-Angeboten. Inves- toren haben 38 Millionen Dollar in die Firma gesteckt. Bisher wirft sie laut «Financial Times Deutschland» keinen Umsatz ab. (dbu) Bilder: pinterest.com Luxustasche. Toll, schön, wunderbar Aufstrebend Unter den Social-Media-Plattformen gibt es einen neuen Star: Pinterest.com – eine Internetseite für die schönen Dinge des Lebens. Diana Bula S chere, Leim und Mode- zeitschriften: Diese Uten- silien hat man als Teen- ager bereitgelegt, um sich eine Traumwelt zu schaffen. Man schnitt Silhouetten, Gegenstände und Buchstaben aus, versah sie mit ein paar Tropfen der weissen Flüssigkeit und klatschte sie auf ein Blatt Papier. Fertig war das Kle- bewerk, bestehend aus Visionen und Wünschen. Gleichgesinnte aus Manila Solche Collagen haben ausge- dient. Heute bastelt man sich seine Traumwelt im Internet. Auf Pinterest.com. An virtuellen Pinn- wänden lässt sich alles anbringen, was gefällt. Ein Haarschnitt, Wohndekor, Gerichte, Hotels, Tie- re, Outfits. In einem Selbstversuch bringe ich ein Foto von einer Bast- tasche an. Wenige Minuten später drückt jemand am anderen Ende der Welt den Like-Button. Eine junge Frau aus Manila hat Gefal- len an dem Bild gefunden. Die Philippinin geht noch weiter. Sie re-pinnt das Foto – und schon hängt «meine» Tasche auch an ihrem Steckbrett. Die schönen Dinge, die man im Internet entdeckt, mit anderen teilen: Das will Pinterest ermögli- chen, wie es auf der Internetseite heisst. «Und wenn man ähnliche Dinge mag, findet man sich viel- leicht auch grundsätzlich sympa- thisch», sagt Manuel P. Nappo, Leiter Fachstelle Social Media Ma- nagement an der Fachhochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ). Doch Freunde kann man auf Pin- terest – anders als auf Facebook – keine sammeln. Dafür Followers wie auf Twitter. Stimmt die Che- mie und will man den Kontakt vertiefen, rät Nappo, auf Mail oder Facebook auszuweichen. Lieber Bilder als Worte Nappo gehört zur Pinterest- Gemeinschaft. Am Anfang habe er sich schwer getan, Bilder für die Pinnwände zu finden. Pinterest sei ein «sehr schönes» Portal. Da wolle er nur «ästhetische, coole» Fotos online stellen, um nicht ab- zufallen, sagt er. Anderen Usern scheint es gleich zu gehen. Zwar findet man auf Pinterest viele Fotos von Alltagsdingen, aber nur von solchen in exklusiver Auf- machung. Designer-Bücherge- stelle, ein Tomaten-Shrimps-Sa- lat. Ein normaler Blattsalat schafft es wohl nicht auf Pinterest. Und plötzlich sticht das Berg- gasthaus Äscher beim Wildkirchli ins Auge. Eine Frau aus Kalifor- nien hat es an ihr Steckbrett gehef- tet. «Da will ich leben», «love it», «phantastisch» lauten die Kom- mentare. Wenig Worte, viele Bil- der: Die Online-Ästheten setzen lieber visuelle Akzente als verbale. Sabrina, Donna, Anne – und Jos´ e Das attraktive und einfach zu bedienende Portal spricht mehr- heitlich das weibliche Geschlecht an. Die hohe Frauenquote zählt laut Nappo zu den Vorteilen von Pinterest: «Frauen sind für die Kommunikation zuständig. Sie liefern weiche Fakten und Emo- tionales. Männer tauschen sach- liche Informationen aus, was we- niger spannend ist und weniger neue User generiert.» Klickt man sich durch die be- liebtesten Pins, tauchen Namen wie Luana, Anne, Vanessa Chris- tine, Sabrina, Donna und Kara auf. Dazwischen gelegentlich ein Mann, etwa Jos´ e (er mag das Bild von Natalie Portman), oder Andy (er liebt Highheels an Frauen). In der Kategorie Männerbekleidung hingegen tummeln sich ganz viele männliche User. Und sie stehen den Frauen bezüglich modischem Gespür in nichts nach. Inserate sucht man auf Pinte- rest vergeblich. Werbung machen die User selber. Indem sie Fotos von Artikeln aus Webshops hoch- laden; dabei entsteht automatisch ein Link zu jener Seite. Und genau so verdient das kalifornische Un- ternehmen Cold Brew Labs, das hinter dem aufstrebenden sozia- len Netzwerk steht, Geld. Die Mit- arbeiter ändern die Links so ab, dass sie auf Pinterest verweisen. Die Folge: Kauft jemand ein ge- pinntes Produkt ein, erhält das soziale Netzwerk laut Fachzeit- schriften eine Kommission. Pinte- rest verneint das nicht, kommuni- ziert es aber auch nicht offensiv. Der Programmcode Und noch einen Haken hat all das Schöne. Da die meisten Nut- zer nicht selbstgemachte Fotos, sondern Bilder aus dem Internet verwenden, stellen sich urheber- rechtliche Fragen. Schliesslich hat man den Fotografen vor dem Pin- nen nicht um Erlaubnis gefragt. Pinterest muss deswegen Kritik einstecken und hat reagiert. Un- ternehmen, die ihre Bilder nicht für die Steckbretter hergeben wol- len, können einen Programmcode herunterladen. Gerät man auf die Homepage eines solchen Anbie- ters, erscheint die Meldung: «Sor- ry, hier gibt es keine pinnbaren Fotos.» Und so machen sich die Online-Ästheten auf die Suche nach anderen Trouvaillen, mit de- nen sie die Pinterest-Gemein- schaft beeindrucken können. Schöne Töne …Es gibt Lieder, die stimmen einfach, die sind perfekt für den Moment… Im Lift der Kantonsschule Am Burggraben teilte mir ein Musik- lehrer unlängst mit, meine «Schö- nen Töne»-Auswahl würde immer abgedrehter. Es sei frustrierend, dass er keinen der Titel mehr kenne… Nun, da hau ich doch gleich noch einen drauf: Auf dem posthum erschienenen Doppel- album «Anthology» aus dem Jahr 1972 sind diverse eindrückliche Aufnahmen mit dem Slide-Gitar- risten Duane Allman (*1946 in Nashville, Tennessee, †1971 in Macon, Georgia) zu hören. Etwa Wilson Picketts Version des Bea- tles-Klassikers «Hey Jude» und Aretha Franklins energische Inter- pretation des Songs «The Weight». Doch kein Song des Duane-All- man-Doppelalbums hat mich so berührt wie «Please, Be With Me». Scott Boyer hat das Lied geschrie- ben und 1971 mit Cowboy, mit Duane Allman in einem Alternate Take, für das Vinyl-Album «5’ll Getcha Ten» eingespielt. Wenig später entdeckte ich den Song auf dem besagten Doppelalbum. Boach, wann habe ich diese Schei- be nicht aufgelegt? Ich erinnere mich an unzählige Turntable-Si- tuations: An der Heinestrasse, der Rosenbergstrasse, der Warten- steinstrasse, der Blumenaustrasse, der Rorschacherstrasse und jetzt an der Krüsistrasse… Überall spie- le ich ein- bis zweimal im Jahr die- sen genialen Song: «Please, Be With Me». Dieser Song hat es mir ange- tan. Für mich ist er unsterblich. Cowboy: «Please, Be With Me» 5’ll Getcha Ten, 1971 Florian Vetsch Hippes Reiseziel: Indien.

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Publikation: tbhb Pagina: 18 Ist-Farben: cmyk0Ressort: tb-zo Erscheinungstag: 16. 4. 2012 MPS-Planfarben: cmyk

MONTAG, 16. APRIL 2012 zoom 18

HIN UND WEG

spontanMarkus Bischof lotet in sei-nem Piano Trio die klang-lichen Fähigkeiten seinesFlügels aus. Wie das tönt, istheute in Flawil zu hören. MitMarkus Bischof stehen Diet-mar Kirchner (Kontrabass)und Andreas Wettstein(Schlagzeug) vor dem Publi-kum. Pianist Bischof hat einelange musikalische Reisehinter sich: Erst nach einerklassischen Ausbildung zumPianisten hat er sich demJazz geöffnet, den er nun inberührenden Konzertenzum besten gibt.Mo, 20.00, RestaurantPark, Flawil

merkenWer für einmal nicht nurMusik konsumieren, son-dern selber singen will, istam Mittwoch in George’s Baran der richtigen Adresse. ImRahmen einer Karaoke-Show singen Gäste des Lo-kals für andere Besucher.Auch wer nicht ganz sotalentiert ist wie mancherTeilnehmer einer Casting-show, darf ans Mikrophon.Mi, 20.00, George’s Bar,Herisau

Mit Brian Blade gastiert einJazzschlagzeuger in St.Gal-len, der schon mit HerbieHancock, Wayne Shorter,Bob Dylan und Norah Jonesgespielt hat. Der 42-Jährigekann aber auch singen, wieer auf seinem 2009 erschie-nenen Singer-Songwriter-Album «Mama Rosa» bewie-sen hat. Diese Folk- undCountrysongs sind dennauch am Konzert von Mitt-woch zu hören.Mi, 21.00, Palace,St.Gallen

Bild: Urs Jaudas

NACHTSICHT Samstag, 23.05 Uhr, Carpe Diem, Jazz Meets Salsa, St. Gallen

INTERNETTES

Unkompliziert reisenGestern London, heuteShanghai, morgen Santiagode Chile. Geschäftsreisendetingeln um die ganze Weltund sind meistens in Eile.Was tun, wenn das Meetingbereits in einer halben Stun-de beginnt – aber am ande-ren Ende der Grossstadt?Der Businessmann steht amStrassenrand, wartet auf einTaxi. Die wenigen Gefährte,die vorbeiziehen, sind be-setzt. Und bei der Hotline istkein Mitarbeiter frei. Nurnoch zwanzig Minuten biszur Sitzung… In solchenMomenten hilft das App My-Taxi weiter. Damit lässt sichdas nächstgelegene, zur Ver-fügung stehende Taxi eruie-ren und bestellen.

Ist das Problem mit demTaxi behoben, naht schondie nächste Schwierigkeit.Das Flugzeug ist verspätet.Mit dem App FlightTrack be-

merkt der Reisende solcheZwischenfälle frühzeitig –und er kann einen Terminrechtzeitig absagen oderverschieben. Wer unterwegsimmer wieder E-Mails vonBerufskollegen und Kun-denanfragen beantwortenmuss, freut sich überden Wifi-Finder. Das Appverzeichnet über 500000Wifi-Hotspots weltweit. Sokommt man ums Suchenherum. Und auch um dieRoaming-Gebühren. (dbu)

EINSCHALTEN

Erfindungenohne Nutzen

A nti-Apartheid-KämpferNelson Mandela ist über90. Doch wie alt ist er ge-

nau? Hat man früher nach einemNachschlagewerke gegriffen, sosetzt man sich heute an denComputer und surft im Internet.Nach ein paar Klicks weiss man:Nelson Mandela wird am 18. Juli94 Jahre alt.Viele Menschen kommen heutenicht mehr ohne das World WideWeb aus. Handy, ABS, Airbag,Computertomographie, Herz-schrittmacher: Sie alle sind wei-tere Beispiele für den techni-schen Fortschritt. Doch nicht alleNeuerfindungen haben so gutabgeschnitten. Und eben diesenwidmet sich eine Sendung auf3sat. Moderator Gert Scobel prä-sentiert «Die 20 grössten Fort-schritt-Flops». Dabei handelt essich um Erfindungen, die lautden Zuschauern unnütz sind. Aufder Liste stehen etwa Asbest,Atomkraft, Biosprit, Magnet-schwebebahnen und Wärme-dämmung. Prominente undExperten kommentieren die Er-gebnisse der Zuschauerabstim-mung. Was ist der Preis für Fort-schritt? Auch dieser Frage gehtdie Sendung nach. (dbu)

3sat Die 20 grösstenFortschritt-Flops, heute Mo,20.15

Trendige Mode.

Musterwohnung.

Shrimps-Salat, wie vom Chefkoch.

Teppich wie aus dem Magazin.

Das UnternehmenIm März 2010 hat ein Trio imkalifornischen Palo Alto Pin-terest (eine Kombination aus«pin» und «interest») aufge-schaltet. Heute zählt das hin-ter Pinterest stehende Unter-nehmen Cold Brew Labs30 Mitarbeiter. Ein Grün-dungsmitglied hat die Firmasoeben verlassen, doch dasscheint der Beliebtheit derPlattform keinen Abbruch zutun. Das Social-Media-Netz-werk gehört laut Experten zuden am schnellsten wachsen-den Web-Angeboten. Inves-toren haben 38 MillionenDollar in die Firma gesteckt.Bisher wirft sie laut «FinancialTimes Deutschland» keinenUmsatz ab. (dbu)

Bilder: pinterest.com

Luxustasche.

Toll, schön, wunderbarAufstrebend Unter den Social-Media-Plattformen gibt es einen neuen Star:

Pinterest.com – eine Internetseite für die schönen Dinge des Lebens. Diana Bula

Schere, Leim und Mode-zeitschriften: Diese Uten-silien hat man als Teen-ager bereitgelegt, um sich

eine Traumwelt zu schaffen. Manschnitt Silhouetten, Gegenständeund Buchstaben aus, versah siemit ein paar Tropfen der weissenFlüssigkeit und klatschte sie aufein Blatt Papier. Fertig war das Kle-bewerk, bestehend aus Visionenund Wünschen.

Gleichgesinnte aus Manila

Solche Collagen haben ausge-dient. Heute bastelt man sichseine Traumwelt im Internet. AufPinterest.com. An virtuellen Pinn-wänden lässt sich alles anbringen,was gefällt. Ein Haarschnitt,Wohndekor, Gerichte, Hotels, Tie-re, Outfits. In einem Selbstversuchbringe ich ein Foto von einer Bast-tasche an. Wenige Minuten späterdrückt jemand am anderen Endeder Welt den Like-Button. Einejunge Frau aus Manila hat Gefal-len an dem Bild gefunden. DiePhilippinin geht noch weiter. Siere-pinnt das Foto – und schonhängt «meine» Tasche auch anihrem Steckbrett.

Die schönen Dinge, die man imInternet entdeckt, mit anderenteilen: Das will Pinterest ermögli-chen, wie es auf der Internetseiteheisst. «Und wenn man ähnlicheDinge mag, findet man sich viel-leicht auch grundsätzlich sympa-thisch», sagt Manuel P. Nappo,Leiter Fachstelle Social Media Ma-nagement an der Fachhochschulefür Wirtschaft Zürich (HWZ).Doch Freunde kann man auf Pin-terest – anders als auf Facebook –keine sammeln. Dafür Followerswie auf Twitter. Stimmt die Che-mie und will man den Kontaktvertiefen, rät Nappo, auf Mail oderFacebook auszuweichen.

Lieber Bilder als Worte

Nappo gehört zur Pinterest-Gemeinschaft. Am Anfang habe ersich schwer getan, Bilder für diePinnwände zu finden. Pinterestsei ein «sehr schönes» Portal. Dawolle er nur «ästhetische, coole»Fotos online stellen, um nicht ab-zufallen, sagt er. Anderen Usernscheint es gleich zu gehen. Zwarfindet man auf Pinterest viele

Fotos von Alltagsdingen, aber nurvon solchen in exklusiver Auf-machung. Designer-Bücherge-stelle, ein Tomaten-Shrimps-Sa-lat. Ein normaler Blattsalat schafftes wohl nicht auf Pinterest.

Und plötzlich sticht das Berg-gasthaus Äscher beim Wildkirchliins Auge. Eine Frau aus Kalifor-nien hat es an ihr Steckbrett gehef-tet. «Da will ich leben», «love it»,«phantastisch» lauten die Kom-mentare. Wenig Worte, viele Bil-der: Die Online-Ästheten setzenlieber visuelle Akzente als verbale.

Sabrina, Donna, Anne – und Jose

Das attraktive und einfach zubedienende Portal spricht mehr-heitlich das weibliche Geschlechtan. Die hohe Frauenquote zähltlaut Nappo zu den Vorteilen vonPinterest: «Frauen sind für die

Kommunikation zuständig. Sieliefern weiche Fakten und Emo-tionales. Männer tauschen sach-liche Informationen aus, was we-niger spannend ist und wenigerneue User generiert.»

Klickt man sich durch die be-liebtesten Pins, tauchen Namenwie Luana, Anne, Vanessa Chris-tine, Sabrina, Donna und Karaauf. Dazwischen gelegentlich einMann, etwa Jose (er mag das Bildvon Natalie Portman), oder Andy(er liebt Highheels an Frauen). Inder Kategorie Männerbekleidunghingegen tummeln sich ganz vielemännliche User. Und sie stehenden Frauen bezüglich modischemGespür in nichts nach.

Inserate sucht man auf Pinte-rest vergeblich. Werbung machendie User selber. Indem sie Fotosvon Artikeln aus Webshops hoch-

laden; dabei entsteht automatischein Link zu jener Seite. Und genauso verdient das kalifornische Un-ternehmen Cold Brew Labs, dashinter dem aufstrebenden sozia-len Netzwerk steht, Geld. Die Mit-arbeiter ändern die Links so ab,dass sie auf Pinterest verweisen.Die Folge: Kauft jemand ein ge-pinntes Produkt ein, erhält dassoziale Netzwerk laut Fachzeit-schriften eine Kommission. Pinte-rest verneint das nicht, kommuni-ziert es aber auch nicht offensiv.

Der Programmcode

Und noch einen Haken hat alldas Schöne. Da die meisten Nut-zer nicht selbstgemachte Fotos,sondern Bilder aus dem Internetverwenden, stellen sich urheber-rechtliche Fragen. Schliesslich hatman den Fotografen vor dem Pin-nen nicht um Erlaubnis gefragt.Pinterest muss deswegen Kritikeinstecken und hat reagiert. Un-ternehmen, die ihre Bilder nichtfür die Steckbretter hergeben wol-len, können einen Programmcodeherunterladen. Gerät man auf dieHomepage eines solchen Anbie-ters, erscheint die Meldung: «Sor-ry, hier gibt es keine pinnbarenFotos.» Und so machen sich dieOnline-Ästheten auf die Suchenach anderen Trouvaillen, mit de-nen sie die Pinterest-Gemein-schaft beeindrucken können.

Schöne Töne

…Es gibt Lieder, die stimmeneinfach, die sind perfekt fürden Moment…

Im Lift der Kantonsschule AmBurggraben teilte mir ein Musik-lehrer unlängst mit, meine «Schö-nen Töne»-Auswahl würde immerabgedrehter. Es sei frustrierend,dass er keinen der Titel mehrkenne… Nun, da hau ich dochgleich noch einen drauf: Auf demposthum erschienenen Doppel-album «Anthology» aus dem Jahr1972 sind diverse eindrücklicheAufnahmen mit dem Slide-Gitar-risten Duane Allman (*1946 inNashville, Tennessee, †1971 inMacon, Georgia) zu hören. EtwaWilson Picketts Version des Bea-tles-Klassikers «Hey Jude» undAretha Franklins energische Inter-pretation des Songs «The Weight».Doch kein Song des Duane-All-man-Doppelalbums hat mich soberührt wie «Please, Be With Me».Scott Boyer hat das Lied geschrie-ben und 1971 mit Cowboy, mitDuane Allman in einem AlternateTake, für das Vinyl-Album «5’llGetcha Ten» eingespielt. Wenigspäter entdeckte ich den Songauf dem besagten Doppelalbum.Boach, wann habe ich diese Schei-be nicht aufgelegt? Ich erinneremich an unzählige Turntable-Si-tuations: An der Heinestrasse, derRosenbergstrasse, der Warten-steinstrasse, der Blumenaustrasse,der Rorschacherstrasse und jetztan der Krüsistrasse… Überall spie-le ich ein- bis zweimal im Jahr die-sen genialen Song: «Please, BeWithMe». Dieser Song hat es mir ange-tan. Für mich ist er unsterblich.Cowboy: «Please, Be With Me»5’ll Getcha Ten, 1971

Florian Vetsch

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