Totally Integrated Power Technische Schriftenreihe Ausgabe 15...haltung, Wartung und Austausch...

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Technische Schriftenreihe Ausgabe 15 Gleich- und Wechselstromversorgungssysteme im Rechenzentrum Totally Integrated Power www.siemens.de/tip-cs

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Technische Schriftenreihe Ausgabe 15Gleich- und Wechselstromversorgungssysteme im Rechenzentrum

Totally Integrated Power

www.siemens.de/tip-cs

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Üblicherweise werden bei der Planung eines Rechen-zentrums (RZ) zunächst nur die Kosten für die Anschaffung von Hard- und Software sowie für die Baumaßnahmen betrachtet. Allerdings sind für eine Abschätzung der Gesamtkosten im Sinne der „Total costs of ownership“ (TCO) die Betriebskosten einzubeziehen. Abb. 1 zeigt die Kosten-aufteilung aus einem Modell des Bundesamts für Energie (BFE) in der Schweiz [1].

Aufgrund steigender Energiepreise und ökologischer Vor-teile rückt die Energieeinsparung im RZ-Betrieb immer stärker in den Fokus der Betreiber. In diesem Zusammen-hang hat das Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) Vorschläge zu einer Gleichspannungsversorgung der IKT-Be-reiche (Informations- und Kommunikationstechnik) im RZ vorgelegt, mit denen der Stromverbrauch um mehr als 28 % reduziert werden soll.

Die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass der aktuelle Stand der Technik diese optimistischen Einschätzungen nicht bestätigen kann. Dazu müssen die Voraussetzungen diskutiert werden, unter denen diese Ersparnisse erwartet werden können. Vielen Studien liegt das nordamerikanische AC-Versorgungssystem zugrunde, und oft werden unter-

1 Energieverbrauch im Rechenzentrum

schiedliche Technologiegenerationen miteinander vergli-chen. Darum werden zunächst die Unterschiede zwischen dem europäischen Stromversorgungssystem mit 230/400 V Wechselstrom (AC 230/400 V) und dem nordamerikanischen Stromversorgungssystem, in dem von 277/480 V auf 120/208 V Wechselstrom transformiert wird (im Folgenden als „AC 120/480 V“ abgekürzt), aufgezeigt.

Im Weiteren werden die wesentlichen Unterschiede beim Betrieb mit AC 230/400 V und AC 120/480 V einer Gleich-stromversorgung mit +/- 190 V Gleichspannung (DC 380 V) gegenübergestellt. Dabei wird auf die Entwicklungstrends bei den grundlegenden Komponenten der elektrischen Energieverteilung auf DC-Basis eingegangen.

Die Untersuchungen zur DC-Stromversorgung im Rechen-zentrum können aktuell nur Grundlagenarbeiten sein, da noch keine Standardisierung bei den Herstellern vorhanden ist, und die Normen in Arbeit sind. Allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die DC-Versorgung in speziellen Anwendungen bereits in naher Zukunft eine Alternative sein kann, wie dies z. B. heute schon für autarke, vom Stromverteilungsnetz unabhängige Stromversorgungs-systeme der Fall ist. Dies zeigen zahlreiche DC-Bordsysteme gängiger Verkehrsmittel.

Abb. 1: Kostenrelation für den RZ-Betrieb in Abhängigkeit von der installierten elektrischen Leistung je m2

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

800600400200 1.000

Kosten [%]

KapitalkostenBetriebskostenohne Strom Stromkosten

installierte elektrische Leistung [W/m2]

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Im Geltungsbereich der IEC ist heute eine Mittelspannungs-einspeisung in das Rechenzentrum und eine Transformation auf AC 230/400 V gebräuchlich. Wie im Applikationshand-buch für Rechenzentren [3] beschrieben und in der europäi-

2 Struktur der Stromversorgung im Rechenzentrum

Abb. 2: RZ-Stromversorgungsstruktur mit IEC-typischen Niederspannungsverhältnissen (IKT: Informations- und Telekommunikationstechnik; TGA: Technische Gebäudeausrüstung)

LDAIT-A

LDAIT-B

Rack 11 … 20 Rack 21 … 30 Rack 31 … 40

Raum 2Raum 3Raum 4

Rack

Raum 1

ControllerSteuerungenLeitwarteZutritts-kontrolleBrandschutz-kontrolle…

----

-

-

Kälte-maschinenPumpenLüfterSicherheits-beleuchtungBrandschutz-einrichtungen…

-

---

-

-

StatischerTransfer-Schalter

Um-schalter

BD2

BD2

Teil B:

LichtAllgemeineSteckdosenKüchengeräte...

--

--

Teil A:

LichtAllgemeineSteckdosenKüchen-geräte…

--

-

-

TGAVersorgung A

Trafos TGA-A(1+1)

NSHV AVTGA-A

Generatoren TGA-A(1+1)

Motor

NSHV SVTGA-A

USVen TGA-A(1+1)

UV AVTGA-A

UV SVTGA-A

von USVTGA-B

von SVTGA-B

UV USVTGA-A

IKTVersorgung A

Trafos IKT-A(2+1)

NSHV AVIKT-A

Generatoren IKT-A(2+1)

Motor

NSHV SVIKT-A

USVen IKT-A(n+1)

UV USVIKT-A

IKTVersorgung B

Trafos IKT-B(n+1)

NSHV AVIKT-B

Generatoren IKT-B(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-B

USVen IKT-B(n+1)

UV USVIKT-B

zu USVTGA-A

zu SVTGA-A

TGAVersorgung B

Trafos TGA-B(1+1)

NSHV AVTGA-B

Generatoren TGA-B(1+1)

Motor

NSHV SVTGA-B

USVen TGA-B(1+1)

UV AVTGA-B

UV SVTGA-B

UV USVTGA-B

PDU

Server

Server-netz-teil

AC 230/400 V

DC 380 V

DC 380 V

DC 12/5/ ... V

PDURack 2 10

PDU

Server-netz-teil

DC 12/5/ ... V

DC 380 V

DC 380 V

AC 230/400 V

PDU

AC 230/400 V

DC (USV)

DC (USV)

AC 230/400 V

AC 230/400 V

DC (USV)

DC (USV)

AC 230/400 V

schen Norm (EN 50600-2-2, VDE 0801-600-2-2) festgehal-ten, wird zwischen kritischen und nicht-kritischen Verbrauchern unterschieden. Entsprechend unterschiedlich wird die Stromverteilung (Abb. 2) in den einzelnen Zweigen aufgebaut.

Entsprechend der Einteilung in kritische (IKT-Versorgung) und weniger kritische (TGA-Versorgung) Verbraucher kann eine Zuordnung der Energieverluste durchgeführt werden (Abb. 3). Für hochmoderne Rechenzentren kann von einer Verteilung des Energieverbrauchs zwischen kritischen und unkritischen Verbrauchern von 2 zu 1 ausgegangen werden. D. h. der allgemein genutzte PUE-Wert (en: Power usage efficiency; gibt das Verhältnis von IKT-Energieverbrauch zu Gesamtenergieverbrauch wieder) beträgt 1,5.

Vorschläge zur Energieeinsparung durch eine DC-Stromversorgung im sogenannten „White space“ des Rechenzentrums (IKT-Bereich) beschränken sich entsprechend Abb. 3 auf zwei Drittel des gesamten Stromverbrauchs im Rechenzentrum.

12 %

13 %

2 %

7 %

4 %3 %

1 %1 %2 %

15 %

16 %

9 %15 %

PC-NetzteilePC-LüfterCPUsSpeicherchipsFestplatten

USVenLüfter(Klimatisierung)PumpenKompressoren

Beleuchtung,SicherheitUnterverteilungenSchaltanlagenTransformatoren

Abb. 3: Prozentuale Verteilung des RZ-Stromverbrauchs bei einem PUE von 1,5

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Das in Nordamerika gebräuchliche AC Stromverteilungs- system ist aufgrund der zusätzlichen Transformation auf-wändiger als das zuvor vorgestellte, in der IEC-Welt übliche System (Abb. 4). Hierbei wird von 277/480 V AC auf 120/208 V AC transformiert (kurz AC 120/480 V), bevor sowohl die kritischen als auch die weniger kritischen Ver-

braucher versorgt werden. In Abb. 2 sind die unterschiedli-chen Spannungsniveaus farbig gekennzeichnet. Es verwun-dert nicht, dass bei AC 120/480 V durch eine zusätzliche Transformation auf eine niedrigere AC-Versorgungsspan-nung höhere Energieverluste entstehen als für das in Europa gebräuchliche AC 230/400 V-Stromversorgungssystem.

2.1 Für Nordamerika typische RZ-Stromversorgung

Abb. 4: RZ-Stromversorgungsstruktur für die in Nordamerika typischen Niederspannungsverhältnisse; die Unterschiede zur europäischen AC 230/400 V Versorgung sind rot gekennzeichnet

LDAIT-A

LDAIT-B

Rack 11 … 20 Rack 21 … 30 Rack 31 … 40

Raum 2Raum 3Raum 4

Rack

Raum 1

ControllerSteuerungenLeitwarteZutritts-kontrolleBrandschutz-kontrolle…

----

-

-

Kälte-maschinenPumpenLüfterSicherheits-beleuchtungBrandschutz-einrichtungen…

-

---

-

-

StatischerTransfer-Schalter

Um-schalter

BD2

BD2

Teil B:

LichtAllgemeineSteckdosenKüchengeräte...

--

--

Teil A:

LichtAllgemeineSteckdosenKüchen-geräte…

--

-

-

TGAVersorgung A

Trafos TGA-A(1+1)

NSHV AVTGA-A

Generatoren TGA-A(1+1)

Motor

NSHV SVTGA-A

USVen TGA-A(1+1)

UV AVTGA-A

UV SVTGA-A

von USVTGA-B

von SVTGA-B

UV USVTGA-A

IKTVersorgung A

Trafos IKT-A(n+1)

NSHV AVIKT-A

Generatoren IKT-A(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-A

USVen IKT-A(n+1)

UV USVIKT-A

IKTVersorgung B

Trafos IKT-B(n+1)

NSHV AVIKT-B

Generatoren IKT-B(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-B

USVen IKT-B(n+1)

UV USVIKT-B

zu USVTGA-A

zu SVTGA-A

TGAVersorgung B

Trafos TGA-B(1+1)

NSHV AVTGA-B

Generatoren TGA-B(1+1)

Motor

NSHV SVTGA-B

USVen TGA-B(1+1)

UV AVTGA-B

UV SVTGA-B

UV USVTGA-B

PDU

Server

Server-netz-teil

AC 208/120 V

DC 380 V

DC 380 V

DC 12/5/ ... V

PDURack 2 10

PDU

Server-netz-teil

DC 12/5/ ... V

DC 380 V

DC 380 V

AC 208/120 V

PDU

AC 480/277 V

DC (USV)

DC (USV)

AC 480/277 V

AC 480/277 V

DC (USV)

DC (USV)

AC 480/277 V

AC 480/277 V

AC 208/120 V

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Eine Vereinheitlichung für die große Anzahl von IKT-Kompo-nenten im RZ-Bereich (Server, Switches, Router, Storage arrays, …) bringt aufgrund der Vereinfachung von Ersatzteil-haltung, Wartung und Austausch Vorteile mit sich. Darum wird ein RZ-Betreiber eher bereit sein, die Komponenten im „White space“ (Räume mit IKT-Equipment) seines neu zu planenden RZ-Teils durch Gleichspannung versorgen zu lassen, wenn entsprechende Hardware günstig angeboten werden kann. Bei der TGA-Ausrüstung sind die Stückzahlen deutlich geringer und die DC-Versorgung einzelner Kompo-nenten entsprechend ungünstiger zu realisieren.

Die Hersteller von IKT-Komponenten haben vielfach DC-Er-fahrung aus dem Telekommunikationsbereich. Die TGA von Telekommunikationseinrichtungen wurde jedoch häufig mit AC versorgt, und im Laufe der Zeit haben die weite Verbrei-tung und der einfachere Umgang mit AC-versorgten Tele-kommunikations-Servern und anderen IKT-Komponenten zu einem drastischen Rückgang von DC-versorgten Telekom-munikationseinrichtungen geführt.

Die Wiedereinführung der DC-Stromversorgung für IKT-Ein-richtungen soll nun helfen, die RZ-Stromverbrauchskosten

zu drosseln. Studien zur DC-Stromversorgung im RZ und auch Testeinrichtungen sowie Musterräume verwenden in der Regel eine deutlich höhere DC-Spannung als die ge-bräuchliche Telekommunikationsspannungen von DC 48 oder 60 V. Für eine ganze Reihe von Serverbaureihen und etliche weitere Komponenten wird die Umrüstung auf andere Spannungen durch unterschiedliche Netzteilmodule möglich. Allerdings gibt es bei der DC-Eingangsspannung noch keine Vereinheitlichung, sodass die Gerätehersteller nicht in der Lage sind Geräte mit entsprechend vereinheitli-chen Rahmenparametern anzubieten. Demzufolge können Rechenzentrumsbetreiber keine einheitlichen Technologien einsetzen.

Um Unterschiede zwischen Spannungssystemen aufzeigen zu können, wird die übliche AC-Versorgung für den IKT-Teil eines Rechenzentrums durch ein DC-Versorgungssystem mit DC +/- 190 V (DC 380 V) ersetzt (Abb. 5). Links wird von der Stromversorgung mit AC 230/400 V (siehe Abb. 2) ausge-gangen, wie sie im europäischen Raum üblich ist und rechts von der Stromversorgung mit AC 120/480 V (siehe Abb. 4), wie sie in Nordamerika üblich ist.

2.2 DC-Stromversorgung für Serverräume im RZ

Abb. 5: RZ-Stromversorgungsstruktur für den „White space“ mit Kennzeichnung der Unterschiede zwischen AC und DC – für das europäische AC-Stromversorgungssystem links und für das nordamerikanische Stromversorgungssystem rechts (Der Bypasspfad wird bei der DC-Versorgung meist nicht betrachtet; beim Vergleich wird er daher mit einem Fragezeichen gekennzeichnet. Es ist jedoch zu beachten, dass er bei Verfügbarkeitsbetrachtungen eine Rolle spielt.)

?

?

?

?

?

?

?

?

LDAIKT-A

LDAIKT-B

Rack 11 … 20 Rack 21 … 30 Rack 31 … 40

Raum 2Raum 3Raum 4

Rack

Raum 1

BD2

BD2

Europa / IKTVersorgung A

Trafos IKT-A(n+1)

NSHV AVIKT-A

Generatoren IKT-A(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-A

USVen IKT-A(n+1)

UV USVIKT-A

Europa / IKTVersorgung B

Trafos IKT-B(n+1)

NSHV AVIKT-B

Generatoren IKT-B(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-B

USVen IKT-B(n+1)

UV USVIKT-B

PDU

Server

Server-netz-teilDC 380 V

DC 12/5/ ... V

PDURack 2 10

PDU

Server-netz-teil

DC 12/5/ ... V

DC 380 V

PDU

AC 230/400 V

DC +/- 190 V

AC 230/400 V

DC +/- 190 V

LDAIKT-A

LDAIKT-B

Rack 11 … 20 Rack 21 … 30 Rack 31 … 40

Raum 2Raum 3Raum 4

Rack

Raum 1

BD2

BD2

Nordamerika / IKTVersorgung A

Trafos IKT-A(n+1)

NSHV AVIKT-A

Generatoren IKT-A(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-A

USVen IKT-A(n+1)

UV USVIKT-A

Nordamerika / IKTVersorgung B

Trafos IKT-B(n+1)

NSHV AVIKT-B

Generatoren IKT-B(n+1)

Motor

NSHV SVIKT-B

USVen IKT-B(n+1)

UV USVIKT-B

PDU

Server

Server-netz-teilDC 380 V

DC 12/5/ ... V

PDURack 2 10

PDU

Server-netz-teil

DC 12/5/ ... V

DC 380 V

PDU

AC 480/277 V

DC +/- 190 V

AC 480/277 V

DC +/- 190 V

AC 480Y/277V

AC 208Y/120V

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3 Vergleich der Stromversorgungssysteme mit AC und DC im RZ

Das im Februar 2005 international in Kraft getretene Ab-kommen zum Kyoto-Protokoll [4] legt verbindliche Redukti-onsziele für den Ausstoß von Treibhausgasen fest. Als Folge davon wurde in vielen Industrieländern das Energiesparen als wichtigste Maßnahme zum Erreichen der Ziele identifi-ziert. Da Rechenzentren für einen Anteil von etwa einem Prozent am weltweiten Gesamtstromverbrauch verantwort-lich sein sollen [5], haben Hersteller und Betreiber einen Wettlauf um den höchsten Wirkungsgrad initiiert.

Leider wird bei der Vorstellung allzu häufig vergessen, welche Randbedingungen zu den Ergebnissen geführt haben und welche weiteren Vor- und Nachteile genutzt bzw. beachtet werden müssen. Aufgrund der Komplexität beim RZ-Betrieb soll im Folgenden keine detaillierte wissenschaft-liche Abhandlung erfolgen, sondern eine qualitative Einord-nung von Erkenntnissen rund um die DC-Spannungsversor-gung.

3.1 Effizienzbeurteilung für DC- und AC-Stromver-sorgung

Beim bereits erwähnten Vergleich des LBNL [2] wurde allerdings nicht nur der vielzitierte Wert von 28,2 % Energie-ersparnis zugunsten der DC-Spannungsversorgung im RZ angegeben, sondern auch Werte wie 5 und 7 %. Diese wesentlich niedrigeren Werte werfen natürlich die Frage nach Kosten und Nutzen für eine doppelte Versorgungstech-nik mit DC und AC auf.

Der hohe Wert von 28,2 % konnte nur zustande kommen, weil völlig unterschiedliche Ansätze für AC und DC gewählt wurden:

• Ältere USV-Technik bei AC mit Ausgangstransformator (Wirkungsgrad nur 85 %)

• AC-Stromversorgung entsprechend dem nordamerika-nischen System mit einer zusätzlichen Transformation von AC 277/480 V auf AC 120/208 V und einer entspre-chenden Spannungsanhebung bei der Gleichrichtung von AC 120/208 V auf DC 380 V

• Server mit AC-Netzteilen wurden entsprechend den in den Jahren 2007/2008 real eingesetzten Produkten (Wirkungsgrad 73 %) mit neu entwickelten Servern mit hocheffizienten DC-Netzteilen verglichen

Die für die AC-Technik angegebenen Werte sind typisch für einen Mix von Geräten, wie er im Jahr 2008 in Betrieb war.

Verglichen mit dem Stand der Technik von 2008 sind diese Angaben deutlich ungünstiger. Hinzu kommt, dass der LBNL Ansatz in [2] alle anderen Energieverluste in der Prozess-kette der Stromversorgung im Rechenzentrum vernachläs-sigt, sodass der prozentuale Unterschied zahlenmäßig groß wird. Es wird also zahlenmäßig nicht die gesamte RZ-Strom-versorgung betrachtet, sondern es werden nur die unter-schiedlichen Komponenten herausgezogen. Für einen Vergleich unter gleichen Voraussetzungen wird nachfolgend stets der aktuelle technische Stand der Technik für die betrachteten Systeme berücksichtigt.

Im Doppelwandlerbetrieb erreichen AC-USV-Anlagen heute einen Wirkungsgrad von 95 % und besser [6] und das bei einer Auslastung im Bereich zwischen etwa 40 % und 100 % der Nennleistung. Selbst bei kleinen Rack-USV-Geräten beträgt der Wirkungsgrad im Doppelwandlerbetrieb schon über 90 %.

Mit den neuen USV-Betriebsmodi, bei denen die Stromver-sorgung mehr überwacht als gewandelt wird, sind sogar noch geringere Verluste möglich. Für DC-USV-Anlagen sind ähnliche Wirkungsgrade von maximal 96 bis 99 % gängig, sodass der Unterschied zwischen AC- und DC-USV-Anlagen maximal bei 1 bis 4 Prozentpunkten liegen dürfte. Dies gilt auch bei DC-USV-Anlagen nur für die aktuelle Toptechnik.

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Tab. 1: Mindestwirkungsgrad bei gegebener Spannung und Last für AC-Netzteile nach 80-PLUS

Mindestwirkungsgrad bei gegebener Spannung und Last

Spannungnicht intern redundant intern redundant

Zertifikat10 % Last 20 % Last 50 % Last 100 % Last 10 % Last 20 % Last 50 % Last 100 % Last

230 V

- 82 % 85 %1 82 % nicht angegeben 80 PLUS

- 85 % 88 %1 85 % - 81 % 85 %1 81 % 80 PLUSBronze

- 87 % 90 %1 87 % - 85 % 89 %1 85 % 80 PLUSSilver

- 90 % 92 %1 89 % - 88 % 92 %1 88 % 80 PLUSGold

- 92 % 94 %1 90 % - 90 % 94 %2 91 % 80 PLUSPlatinum

90 % 94 %2 96 % 94% 90 % 94 %2 96 % 91 % 80 PLUSTitanum

Spannungnicht intern redundant Industrie

Zertifikat10 % Last 20 % Last 50 % Last 100 % Last 10 % Last 25 % Last 50 % Last 100 % Last

115 V

- 80 % 80 % 80 %1 nicht angegeben 80 PLUS

- 82 % 85 %1 82 % nicht angegeben 80 PLUSBronze

- 85 % 88 %1 85 % 80 % 85 %1 88 % 85 % 80 PLUSSilver

- 87 % 90 %1 87 % 82 % 87 %1 90 % 87 % 80 PLUSGold

- 90 % 92 %2 89 % 85 % 90 % 2 92 % 90 % 80 PLUSPlatinum

90 % 92 %2 94% 90 % nicht angegeben 80 PLUSTitanum

1 Powerfaktorkorrektur (en: Power factor correction) PFC auf 0,90 2 Powerfaktorkorrektur PFC auf 0,95

Bei den Netzteilen hat eine ähnliche Entwicklung hinsicht-lich der Wandlereffizienz stattgefunden. Dies wird durch eine Kennzeichnung nach den 80 PLUS-Vorgaben [7] (siehe Tab. 1) dokumentiert. Die Angaben von Hewlett-Packard zu den „HP Common Slot Power Supplies“ (Netzteilmodule, die in einen Server-Slot gesteckt werden können) zeigen, dass die Verluste zwischen DC 380 V-Netzteilen [8] und AC 230 V nach 80 PLUS Platinum praktisch identisch sind (etwa 94 % Wirkungsgrad bei 50 % Last). Im Vergleich zu 80 PLUS Gold hat das DC-Netzteil 2 Prozentpunkte weniger Verluste. Das bedeutet: bei der Verwendung höchsteffizienter Komponen-ten sind die Unterschiede zwischen AC- und DC-Netzteilen sehr gering.

Bei einer allgemeinen Betrachtung der Wirkungsgradunter-schiede muss bedacht werden, dass nur rund 30 % der Netzteilverluste auf die AC-DC-Wandlung im Netzteil ent-fallen. Nach Tab. 1 kann ein DC 380 V-Netzteil im Bereich zwischen 20 % und 100 % Belastung rechnerisch 4 Prozent-punkte günstiger sein als ein Netzteil mit 80 PLUS Gold (30 % von 12 % Verlusten für 80 PLUS Gold ergibt 92 % Wirkungsgrad für das DC-Netzteil).

Insgesamt ergeben sich bei 50 % Last für die DC-Stromver-sorgung (USV + Netzteil) Effizienzvorteile von 1 bis 6 Prozentpunkten (USV: 1 - 4 %; DC-Netzteil gegenüber

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Abb. 6: Vergleich der RZ-Stromversorgungssysteme mit dem „Power Configuration Efficiency Estimator“ von „The Green Grid“ im Internet (http://greengrid.froginteractive.com/pcc)

83 %

90 %

91 %

88 %

84 %

85 %

89 %

86 %

87 %

0 % 10 % 90 %80 % 100 %20 % 70 %60 %50 %40 %30 %

Wir

kun

gsgr

ad

Last

AC 480 V - AC 120 V (AC/AC-Doppelwandler-USV; AC-PDU mit Transformator 408Y/277V auf 208Y/120V; AC/DC-Netzteil)

AC 480 V - DC 380 V (AC/DC-Gleichrichter; DC/DC-Netzteil)

AC 400 V - AC 230 V (AC/AC-Doppelwandler-USV; AC/DC-Netzteil)

< 3 %

< 2 %

In Abb. 6 sind die Wirkungsgradkurven von „The Green Grid“ zu den drei vorher beschriebenen Stromversorgungsstruktu-ren mit aktueller Technik aufgetragen und die maximalen prozentualen Abweichungen dazwischen markiert. Es werden folgende Systeme miteinander verglichen:

• Europäisches System AC 230/400 V mit aktueller Doppel-wandler-USV-Technik und AC/DC-Netzteilen mit einem ver-gleichbaren Technikstand wie für DC/DC-Netzteile („The Green Grid Best Known 1Q10“)

• Nordamerikanisches System AC 120/480 V mit aktuel-ler Doppelwandler-USV-Technik, einer PDU, die von AC 277/480 V auf AC 120/208 V transformiert und AC/DC-Netzteilen mit einem vergleichbaren Technikstand wie für DC/DC-Netzteile („The Green Grid“ entsprechend [8])

• DC-System mit Gleichrichtung von AC 480 V nach DC 380 V und Wandlung von 380 V DC auf die DC-Versorgungsspannungen der Netzteile

Im Leistungsbereich von über 20 % unterscheiden sich die End-to-End-Wirkungsgrade gerade einmal um maximal 3 Prozentpunkte. Dabei wird deutlich, dass der Unterschied zwischen den beiden AC-Versorgungslösungen (AC 120/480 V und AC 230/400 V) im Wesentlichen durch den Transformator in der PDU bestimmt wird. Für die DC-Stromversorgung bleibt ein Effizienzvorteil von maximal 2 Prozentpunkten zur AC 230/400 V-Stromversorgung, wenn vergleichbare Technikstände einander gegenüberge-stellt werden. Wie bereits vorher angemerkt, verringert sich der Gesamtverbrauch bei einem PUE von etwa 1,5 nur um rund 1 Prozentpunkt.

80 PLUS Gold: 2 %).

Eine anschauliche Effizienzanalyse für unterschiedliche Stromversorgungssysteme im Rechenzentrum hat die Inititative „The Green Grid“ bereits 2008 veröffentlicht [9].

Ergänzend dazu können im Internet (http://greengrid.froginter-

active.com/pcc)) die verschiedenen Stromversorgungssysteme simuliert werden (Abb. 6). Die Ergebnisse bestätigen die zuvor getroffenen Einschätzungen. Oftmals kann die Qualität der eingesetzten Produkte mehr zur Energieeinspar-ung beitragen als die Art des Stromversorgungssystems.

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3.2 Stromversorgungsstrukturen und Verfügbarkeit

Generell kennzeichnet die Unterbrechungscharakteristik eines Systems die Verfügbarkeit [3]:

Verfügbarkeit A = MTBF / (MTBF + MTTR)

MTBF = mittlere Zeitdauer zwischen zwei Ausfällen (en: Mean time between failure)

MTTR = mittlere Zeitdauer bis zur Wiederinbetriebnahme (en: Mean time to repair)

Ein wesentlicher Vorteil der DC-Stromversorgung ist die geringere Anzahl von Umrichterkomponenten in USV sowie Netzteilen (Abb. 5), wodurch die MTBF verlängert wird. Allerdings werden AC- und DC-Stromversorgungslösungen im Rechenzentrum nicht Eins-zu-Eins vergleichbar sein [10]. Wie Abb. 7 zeigt, muss unter Umständen für die DC-Versorgung ein separater Versorgungspfad geplant werden. Grundsätzlich wird immer die Güte der Planung einen wesentlichen Einfluss auf Verfügbarkeit und Aufwand haben.

Ein weiterer Aspekt, den es zu beachten gilt, ist der Bauteileaufwand für DC-Schalter, wie er in Kap. 3.4 beschrieben wird. Es ist also nicht eindeutig zu erkennen, ob die DC-Stromversorgung im RZ zu einer Verbesserung oder Verschlechterung der Verfügbarkeit führt. Letztlich wird auch die Qualität der Komponenten eine wichtige Rolle spielen. Ergänzend hierzu sind detaillierte Redundanzbe-trachtungen und Ausfallstatistiken sowie Betriebserfahrun-gen für Reparatur und Austausch nötig.

Abb. 7: Blockdiagramme für MTBF-Betrachtungen bei der AC-USV und dem DC-Gleichrichter

?

3.3 Wirkung des elektrischen Stroms auf Menschen

Die Gefahr des elektrischen Schlags für den Menschen wird durch die Größe und Dauer des Stromflusses durch den Körper bestimmt. Die Größe des Stromflusses durch den menschlichen Körper ergibt sich aus der Betriebsspannung und der Körperimpedanz sowie aus der Dauer der zulässigen Berührung, für die der Schutz ausgelegt wird. Einer der Einflussfaktoren für die zulässige Berührungsdauer und die Körperimpedanz ist die Betriebsfrequenz des Stromversor-gungssystems.

Die maximal zulässigen Abschaltzeiten betragen für TN-Netze nach IEC 60364-4-41 (VDE0100-410):

• 0,4 s für AC (120 V < U0 ≤ 230 V)• 5 s für DC (120 V < U0 ≤ 230 V)

Für die Gesamtkörperimpedanz sind in der Vornorm IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) Wertetabellen in Ab-hängigkeit von der Berührungsspannung und der Frequenz angegeben. Dabei werden für eine konservative Bestim-mung der Berührungsströme die Impedanzen aus der Norm übernommen, die für den überwiegenden Teil der Personen (Angaben, die von 95 % der Personen übertroffen werden) zutreffen. Beim indirektem Berühren sind für querschnitts-gleiche Außen- und Erdleiter im TN-S-Netz die halben Berüh-rungsspannungen für AC und DC anzusetzen [11].

Daraus ergeben sich die folgenden Berührungsströme:

DC-Berührungsstrom IDC,B = 86 mA (95 V / 1.100 W) DC-Abschaltzeit tDC,A = 5 s AC-Berührungsstrom IAC,B = 128 mA (115 V / 900 W) AC-Abschaltzeit tAC,A = 0,4 s

9

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Bei der Gleichstromversorgung gibt es im Gegensatz zur Wechselstromversorgung naturgemäß keinen Nulldurch-gang von Strom und Spannung (für AC bei einer Frequenz von 50 Hz alle 10 ms). Dies hat zur Folge, dass der Lichtbo-gen bei der Trennung einer leitenden Verbindung nicht im

3.4 Trennen und Schalten von Gleichstrom

Abb. 9: Lichtbogen beim Ziehen eines DC-durchflossenen Steckers [12]

Mit diesen Berührungsströmen und den zugehörigen Ab-schaltzeiten können entsprechend den Darstellungen aus der Norm IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) und den

Abb. 8: Auswirkungen von AC- und DC-Versorgungen auf den menschlichen Körper nach IEC/TS 60479-1 (VDE 0140-479-1) in Abhängigkeit von Stromfluss und Zeit; die typischen Berührungsströme bei indirektem Berühren für mindestens 95 % aller Personen und die maximal zulässigen Ausschaltzeiten sind rot gekennzeichnet

tA in ms

IB in mA

0,1 0,2 0,5 1 2 5 10 20 50 100200 500

1.000

2.000

5.000128 86

10.000

AC-1 AC-3AC-2 AC-4.3

Bereich AC-1:Wahrnehmung möglich, aber im Allgemeinen keine Schreckreaktion

Bereich AC-2:Wahrnehmung und unwillkürliche Muskelkontraktionen wahrscheinlich, aber im Allgemeinen keine schädlichen physiologischen Wirkungen

Bereich AC-3:Starke unwillkürliche Muskelkontraktionen. Schwierigkeiten beim Atmen. Reversible Störungen der Herzfunktion. Immobilisierung (Muskelverkrampfung) kann auftreten. Wirkungen zunehmend mit Stromstärke und Durch-strömungsdauer. Im Allgemeinen ist kein organischer Schaden zu erwarten.

Bereich AC-4.1 bis AC-4-3:Es können pathophysiologische Wirkungen auftreten wie Herzstillstand, Atemstillstand und Verbrennungen oder andere Zellschäden. Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern ansteigend mit Stromstärke und Durchströmungsdauer.AC-4.1 Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern ansteigend bis etwa 5 % AC-4.2 Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern ansteigend bis etwa 50 %AC-4.3 Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern über 50 %

IB: Berührungsstrom

tA: Abschaltzeit

AC-4.1

AC-4.2

10.000

2.000

1.000

500

200

100

50

20

tA in ms

10

tA in ms

IB in mA

0,1 0,2 0,5 1 2 5 10 20 50 100200 500

1.000

2.000

5.000

10.000

DC-1 DC-3DC-2 DC-4.3

Bereich DC-1:Leicht stechende Empfindung beim Ein- und Ausschalten oder bei schneller Änderung der Stromstärke, aber im Allgemeinen keine Schreckreaktion

Bereich DC-2:Unwillkürliche Muskelkontraktionen wahrscheinlich, besonders beim Ein- und Ausschalten oder bei schneller Änderung des Stromes, aber üblicherweise keine schädlichen physiologischen Wirkungen

Bereich DC-3:Starke unwillkürliche Muskelkontraktionen und reversible Störungen der Reizbildung und Reizleitung im Herzen können zunehmend mit Stromstärke und Durchströmungsdauer auftreten. Im Allgemeinen ist kein organischer Schaden zu erwarten.

Bereich DC-4.1 bis DC-4-3:Es können pathophysiologische Wirkungen auftreten wie Herzstillstand, Atemstillstand und Verbrennungen oder andere Zellschäden. Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern ansteigend mit Stromstärke und Durchströmungsdauer.DC-4.1 Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern ansteigend bis etwa 5 % DC-4.2 Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern ansteigend bis etwa 50 %DC-4.3 Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern über 50 %

IB: Berührungsstrom

tA: Abschaltzeit

DC-4.1

DC-4.2

10.000

2.000

1.000

500

200

100

50

20

tA in ms

10

0,4 s

5 s

zugehörigen Erläuterungen (Abb. 8), die Wirkungen auf Personen identifiziert werden. Diese unterscheiden sich in den beiden Systemen nicht wesentlich.

Nulldurchgang selbsttätig verlöschen kann (Abb. 9). Es muss sogar dafür Sorge getragen werden, dass kein Licht-bogenüberschlag zwischen den DC-Leitern erfolgen kann. Daher sind übliche Schuko-Steckdosen nicht geeignet für die DC-Steckverbindungen.

10

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Abb. 10: Lichtbogenlänge und Lichtbogenenergie für verschiedene DC-Spannungen und AC 230 V [12]

0 2 164 14121086

100

0

90

70

10

20

80

30

60

0 2 164 14121086

50

40

Lich

tbo

ge

nlä

ng

e in

mm

Strom in A

DC 48 VAC 230 V

DC 120 V

DC 230 V

DC 326 V

Lich

tbo

ge

ne

ne

rgie

in J

Strom in A

DC 48 VAC 230 V

DC 120 V

DC 230 V

DC 326 V

16,0

0,0

14,0

10,0

2,0

4,0

12,0

6,0

8,0

Versuchsergebnisse zeigen, dass ein Lichtbogen bei DC 230 V länger ansteht und deutlich mehr Energie (im Fehlerfall) umgesetzt wird (Brandgefahr) als bei AC 230 V

(Abb. 10). Bei einem Strom von 16 A ist der Lichtbogen etwa 6-mal so lang und die Lichtbogenenergie etwa 12-mal so groß [12].

Zudem kann es bei hohen Spannungen und hohen Strömen vorkommen, dass der Lichtbogen beim Ziehen des Steckers von den Steckerkontakten abreißt und bogenförmig zwi-schen den Kontakten in der Steckdose weiterbrennt. Des-halb ist die übliche Schuko-Steckdose keine Lösung für die DC-Stromversorgung. Herstellerspezifische Lösungen für steckbare DC-Verbindungen bei hohen Spannungen sind vorhanden. Allerdings wird hier meist erst geschaltet, bevor eine Arretierung gelöst wird, damit der Stecker gezogen werden kann. Der Einfluss auf Kosten und Verfügbarkeit wird vernachlässigt.

Zum Schalten in Gleichstromverteilungen können prinzipiell die mechanischen Wechselstromschutzschalter mit Lösch-kammern (sowie Sicherungen zum Schutz) verwendet werden. Aufgrund der höheren Lichtbogenenergie und der größeren Lichtbogenlänge sind zusätzliche Maßnahmen für das sichere Verlöschen nötig. Alternativ lassen sich elektro-nische Schalter nutzen, die aber keine galvanische Trennung bieten und im Betrieb Verluste verursachen. Durch die Verbindung von mechanischen und elektronischen Schal-tern in sogenannten Hybridschaltern [13] sollen die Vorteile der jeweiligen Technik genutzt und die Nachteile minimiert werden (Abb. 11).

Abb. 11: Prinzipdarstellung eines Hybridschalters für DC 380 V

E

G

CUd

id

UAF

S1

S3

S2

+

-

11

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Abb. 12: Brandschutzschalter (5SM6094-1) für PV-Anwendungen

Während die mechanischen Schaltkomponenten im Betrieb den Stromfluss übernehmen, wird beim Öffnen der mecha-nischen Schalter der Stromfluss zunächst auf den elektroni-schen Schalter kommutiert. Die Schalter S1, S2 und S3 werden geöffnet, und ein Lichtbogen an den Kontakten von S1 entsteht. Wenn die Lichtbogenspannung an den Kontak-ten des Schalters S1 rund 16 V erreicht, schaltet der Leis-tungshalbleiterschalter durch und der Stromfluss kommu-tiert von S1 auf den elektronischen Schalter. Dadurch kann der Lichtbogen an den Kontakten von S1 verlöschen. Der elektronische Schalter geht in den Sperrzustand und schal-

tet den Strom definiert ab. Die Schalter S2 und S3 überneh-men die galvanische Trennung. Dies erhöht die Lebensdauer und Standfestigkeit der Schaltgeräte erheblich. Beim Schlie-ßen der Kontakte von S1, S2 und S3 spielt das elektronische Schaltelement keine Rolle. Allerdings wird auch deutlich, dass drei mechanische Schalter und ein elektronischer Baustein mit Transistoren und Dioden aufwändiger sind und die Verfügbarkeit beeinflussen. Die aufwändigere Schalt-technik hat zudem Einfluss auf die Kosten und den Platzbe-darf für DC-Schaltelemente.

Beim Entstehen eines Lichtbogens werden Fehlerströme unter Umständen stark gedämpft, sodass die Fehlerströme bei einem nicht selbstverlöschenden Lichtbogen kleiner als die Betriebsströme und somit kleiner als die Auslöseströme von Schutzgeräten sein können. Im Gegensatz zur Wechsel-stromversorgung reicht deshalb bei der Gleichstromversor-gung die Betrachtung der Stromschwelle als alleiniges Kriterium zur Fehlererkennung nicht aus.

In [13] werden verschiedene physikalische Erfassungsme-thoden vorgestellt und diskutiert. Diese sind:

• Erfassung des Temperaturanstiegs• Erfassung des Geräusches, das bei der Entstehung des

Lichtbogenplasmas entsteht• Erfassung der Lichtemission durch den Lichtbogen• Erfassung des Frequenzspektrums des

Lichtbogenrauschens, das dem Strom und der Spannung im Verteilungsnetz aufgeprägt wird

Während die ersten drei Methoden vom Verteilungsnetz unabhängige Erfassungssysteme (Sensoren und eigene Leitersysteme) erforderlich machen, kann bei der Erfassung des Lichtbogenrauschens auf Erfahrungen und Technik aus der Wechselstromversorgung zurückgegriffen werden.

Dabei sind einige Schwierigkeiten zu meistern. Elektrisches Rauschen kann z. B. von Umrichtern und anderen elektro-nischen Komponenten (elektronische Vorschaltgeräte,

Dimmer, Schaltnetzteile, etc.) erzeugt werden, und die Überlagerung der einzelnen Frequenzspektren ist stets abhängig vom Abstand der Rauschquellen und des zu detektierenden Lichtbogens vom Detektor. Zusätzlich entsteht bei Schaltvorgängen ein Lichtbogen, der vom Störlichtbogen unterschieden werden muss. Auch externe Einflüsse durch Blitzeinschläge müssen als solches erkannt werden und dürfen nicht zu einem ungewollten Auslösen des Schalt- und Schutzgerätes führen.

Für Wechselstrom existiert eine internationale Norm (IEC 62606, VDE 0665-10), die die Anforderungen an Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDD; en: arc fault detection device) und die zugehörigen Prüfungen beschreibt. Der dieser Norm entsprechende Brandschutz-schalter 5SM6 von Siemens [14] kann in Verbindung mit Leistungsschaltern oder Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD; en: residual current device) sowohl serielle als auch parallele Fehler im Wechselstromnetz detektieren und abschalten.

Vorreiter bei den DC-Anwendungen ist aktuell der Photovol-taikmarkt. Deshalb sind dort bereits fortschrittliche Lösun-gen zu finden, von denen der RZ-Markt profitieren kann. Zum Beispiel hat Siemens für die DC-Versorgung durch Photovoltaikanlagen eine neue AFDD-Variante (5SM6094-1) entwickelt (Abb. 12) und so die Markteinführung von Feh-lerlichtbogen-Schutzeinrichtungen in Gleichstromnetzen vorangetrieben.

3.5 Erfassen von Fehlerströmen

12

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Solange der produkttechnische Aufwand für die einzelnen Komponenten in AC- beziehungsweise DC-Netzsystemen unberücksichtigt bleibt und die Effizienz von Geräten und Einrichtungen aktuellster Entwicklung mit dem Durchschnitt der im Einsatz befindlichen Geräte und Einrichtungen verglichen werden, lassen sich Kosten- und Verfügbarkeits-vorteile für die Gleichspannungsversorgung errechnen.

Der „White space“ im eigengenutzten Rechenzentrum bietet sich als ideale Testplattform an, da nur begrenzt Zugang für Fachpersonal gewährt werden muss und abgestimmte, einheitliche Produktreihen eingesetzt werden können. Müssen der zusätzliche Aufwand bei der sicheren Stromver-teilung und eine doppelte Systemführung für DC neben AC außerhalb des „White space“ berücksichtigt werden, ist heute eine breite Umstellung auf die Gleichstromversorgung noch nicht abzusehen.

4 Fazit

Der Entwicklungsweg zu einer DC-Stromversorgungsstruktur ist beschritten und neue Produkte, wie z. B. AFDDs, drängen auf den Markt. Jedoch sind längerfristige Betriebserfahrun-gen aus Umsetzungsbeispielen dringend nötig. Vielfach werden nach Projektstart kaum konkrete Resultate über nachweisbare Vorteile und aufgetretene Probleme bekannt gemacht. Es bleibt bei rechnerischen Ergebnissen aus Studien und Abschätzungen.

Hersteller von DC-Schalttechnik und DC-fähigem IKT-Equip-ment wollen bei der Vermarktung die neue Technik über Effizienzvorteile vorteilhaft platzieren und versuchen mögli-che Probleme im Betrieb auszublenden. Dabei ist es un-gleich wichtiger, durchdachte und gesamtheitliche Anwen-dungslösungen - sei es AC oder DC - anzubieten: von der Planung, über die Installation bis zu Betrieb und Wartung. Mit Ihrem TIP-Ansprechpartner können Sie über spezifische Lösungen zu Ihren Anwendungsfällen sprechen.

Literatur:

[1] Stromeffiziente Rechenzentren durch Sensibilisierung über eine transparente Kostenrechnung; Bundesamt für Energie BFE, 2008

[2] DC Power for Improved Data Center Efficiency; Lawrence Berkeley National Laboratory, 2008

[3] Applikationen für die elektrische Energieverteilung – Rechenzentren; Siemens AG, 2013

[4] Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen; Sekretariat der Klimarahmenkonvention, 1999

[5] Zukunftsmarkt energieeffiziente Rechenzentren; Umweltbundesamt UBA, 2007

[6] Chloride Trinergy Uniterruptible Power Supply Installa-tion Manual - 10H52194IM10 rev. 2; Emerson Network Power, 2013

[7] Offizielle Website des 80 PLUS Programms: www.plugloadsolutions.com

[8] HP Common Slot power supply technology; Hewlett-Packard Development Company, 2014

[9] Quantitative efficiency analysis of power distribution configurations for data centers; The Green Grid, 2008

[10] Is the DC powered data centre really more energy efficient? A European perspective; Ian F Bitterlin, 2008

[11] VDE 0100 und die Praxis; Kiefer, Schmolke, 2014

[12] DC-Installation. Different Hazards Regarding Thermal Effects and. Electrical Shock; A. Welsch, 2011 auf LVDC Workshop des IEC/DKE

[13] Report on State of the Art Grid Technology (e. g. arc detection); DCC+G consortium, 2013

[14] Brandschutzschalter 5SM6 – Technikfibel; Siemens AG, 2012

Weitere Informationen: Siemens AG

Ingo Englert

[email protected]

www.siemens.de/tip-cs

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Die Informationen in dieser Broschüre enthalten lediglich allgemeine Beschreibungen bzw. Leistungsmerkmale, wel-che im konkreten Anwendungsfall nicht immer in der beschriebenen Form zutreffen bzw. welche sich durch Wei-terentwicklung der Produkte ändern können. Die gewünsch-ten Leistungsmerkmale sind nur dann verbindlich, wenn sie bei Vertragsschluss ausdrücklich vereinbart werden.

Alle Erzeugnisbezeichnungen können Marken oder Erzeug-nisnamen der Siemens AG oder anderer, zuliefernder Unter-nehmen sein, deren Benutzung durch Dritte für deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann.

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