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Tourismus
360°Das Weltatlas Magazin • 02 / 2010 • www.diercke.de
4 Wohin geht die Reise? Die Zukunft des Tourismus
6 Touristische Ziele an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (Unterrichtseinheit Sek I)
10 „That´s Germany!“ – Über-legungen zum Deutschland-bild ausländischer Touristen(Unterrichtseinheit Sek I)
14 Boomende Tourismus- destination Ruhrgebiet?(Unterrichtseinheit Sek Il)
24Klausuren konstruieren mit www.diercke.de
20 St. Ulrich – wenn der Touris-mus zur Belastung wird(Unterrichtseinheit Sek Il)
29 Diercke Weltatlas jetzt mit Karten-Code
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°INTERVIEW
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Im Gespräch mit Ernst Burgbacher
Ernst Burgbacher, MdB
Parlamentarischer Staats-
sekretär (BMWi) und Beauftrag-
ter der Bundesregierung für
Mittelstand und Tourismus
Diercke 360°-Redaktion:Welchen Stellenwert nimmt der Tourismus in Deutschland ein?
Ernst Burgbacher:Der Tourismus ist in Deutschland ein bedeutender Wirtschaftsfak-tor mit rund 2,8 Mio. Beschäftigten und mehr als 105.000 Ausbil-dungsplätzen. Die überwiegende Zahl der Unternehmen sind kleine und mittelständische Betriebe. Die Tourismuspolitik der Bundesregierung verfolgt das Ziel, die Rahmenbedingungen der Tourismuswirtschaft noch weiter zu verbessern. Dazu gehören angemessene Regelungen, z.B. in den Bereichen Steuern, Verkehr, Umwelt und Verbraucherschutz; außerdem stützen wir wichtige Trends wie Kultur und Gesundheit. Auch kommuniziert die Bundesregierung in die Tourismusbranche verstärkt die enormen Herausforderungen und Chancen angesichts des demografischen Wandels und des Klimawandels, auf die sich die Tourismusanbieter einstellen müssen.
Diercke 360°-Redaktion:Früher hieß es: „Je weiter weg, desto besser“. Heute dagegen: „Warum in die Ferne schweifen?“ Was steckt hinter dieser Veränderung?
Ernst Burgbacher:Denn das Gute liegt so nah. Die Deutschen haben ihr eigenes Land wiederentdeckt. Zu Deutschlands Stärken gehören Städte- und Kulturreisen, aber auch Erholungstourismus. Deutschland ist überaus facettenreich und lädt zum Entdecken, Erleben und Genießen ein. Das ist nicht nur den faszinierenden Kultur- und Naturschätzen, wie den 32 Welterbestätten zu verdanken, sondern auch der landschaftlichen Vielfalt: vom Meer bis hin zu den Bergen ist alles im Angebot. Deutschland bietet die Vielseitigkeit Europas in konzentrierter Form. Dazu ein angenehmes Klima. Auch das gute Preis-Leistungs-Verhältnis ist ein starkes Argument für Deutschland – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Deutschland behauptet sich im weltweiten Tourismus-Wettbewerb immer besser.
Diercke 360°-Redaktion:Hat die globale Terrorismusgefahr und die wirtschaftliche Krise das Tourismus- und Reiseverhalten der Deutschen verändert.
Ernst Burgbacher:Natürlich wirken sich internationale Krisen und Gefahren auf das Reiseverhalten der Deutschen aus. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat den Tourismus weltweit getroffen. Die deutsche Tourismuswirt-schaft hat sich aber stets als äußerst robust und innovativ gezeigt, auch im internationalen Vergleich. So konnte Deutschland sich 2009 gut behaupten: Die Welttourismusorganisation verbuchte weltweit einen Rückgang von 4,3 %, europaweit sogar einen Verlust von 5,6 % bei den internationalen Gästeankünften. In Deutschland ging die Anzahl der Ankünfte aus dem In- und Ausland nur um 2,7 % zurück. Das Reiseland Deutschland hat sich als erfreulich wettbewerbsfähig erwiesen. Dabei haben insbeson-dere die Deutschen zur Stabilisierung ihrer Tourismuswirtschaft beigetragen. Angesichts der Wirtschaftskrise blieben sie vermehrt
in heimischen Gefilden und bescherten Deutschland einen Zuwachs bei den Urlaubsreisen von 2 %.
Diercke 360°-Redaktion:Welche Bedeutung messen Sie der Orientierung mithilfe von Atlanten bzw. Karten in der heutigen Zeit bei?
Ernst Burgbacher:Wir leben in einer multimedialen Welt. Navigationsgeräte, GPS-Systeme und Internet verbreiten sich mehr und mehr. Aber Hand aufs Herz, wer hat keine Karten im Auto, beim Fahrradfah-ren, Wandern oder wenn er ins Ausland reist? Ich verzichte jedenfalls nicht darauf und schmökere auch heute noch gerne in meinem Atlas.
Diercke 360°-Redaktion:Welche Rolle spielen Karten bei Ihrer politischen Arbeit?
Ernst Burgbacher:Im Rahmen meiner politischen Arbeit bin ich viel auf Reisen. Daher sind Karten für mich unverzichtbar. Zugegeben, hier helfen natürlich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber ich schaue grundsätzlich auch selber rein. Karten haben nun einmal eine gewisse Faszination. Ich möchte schon wissen, wo ich gerade bin und wo ich hinfahre. Und das vermittelt einem eine echte Karte einfach besser als die standardisierte Optik von Navigationsgerä-ten.
Diercke 360°-Redaktion:Mit welchem Atlas sind Sie aufgewachsen und besitzen Sie ihn noch?
Ernst Burgbacher:Diercke Weltatlas. Ich besitze und benutze ihn nach wie vor, sein Zustand ist entsprechend.
Diercke 360°-Redaktion:Können Sie sich an eine Lieblingskarte aus Ihrer Schulzeit erinnern?
Ernst Burgbacher:Die politische Weltkarte (heute nicht mehr aktuell, aber umso interessanter).
Diercke 360°-Redaktion:Was war Ihre schönste Klassenfahrt, bzw. Klassenreise?
Ernst Burgbacher:Die Fahrt 1968 nach Berlin. Mauer, Ostberlin, Nächte ohne Sperrstunde, Udo Jürgens (schon damals!) in der Philharmonie.
Diercke 360°-Redaktion:Wohin fahren Sie als nächstes in den Urlaub?
Ernst Burgbacher:Das ist mein privates Geheimnis.
InhaltInterview – Im Gespräch mit Ernst Burgbacher, MdB
Prof. Dr. Horst W. Opaschowski: Wohin geht die Reise? Die Zukunft des Tourismus
Prof. Dr. Jürgen Newig: Touristische Ziele an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (Unterrichtseinheit Sek I)
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Prof. Dr. Christiane Meyer: „That s Germany!“ – Überlegungen zum Deutschlandbild aus-ländischer Touristen (Unterrichtseinheit Sek I)
Prof. Dr. Wilfried Hoppe u. a.: Boomende Tourismusdestination Ruhrgebiet?(Unterrichtseinheit Sek ll)
14Diercke 360° GewinnspielEin Gewinnspiel
Klausuren konstruieren mit www.diercke.de
Diercke Klausuren Band 2
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Diercke 360°-Magazin thematisiert in dieser Ausgabe den Tourismus aus unterschiedlichsten Richtungen. So geht der Einführungsartikel beispiels-weise der Frage nach, worin die Zukunft des Tourismus begründet sein könnte.
Die Nord- und Ostsee sind beliebte Ziele für Klassen-fahrten. Am Beispiel der schleswig-holsteinischen Nordseeküste zeigt der Autor die Naturvielfalt auf, die auf spannende Art in Ihre Klassenreise integriert werden kann.
Deutschland = Schwarzwald + Oktoberfest? Die Unter-richtseinheit zu Klischeevorstellung über Deutschland bzw. die Deutschen, verdeutlicht, an was ausländische Touristen denken, wenn sie nach Deutschland reisen.
Essen ist „Kulturhauptstadt Europas“ – ein weiterer Beweis für den erfolgreichen Strukturwandel des Ruhr-gebiets. Steigende Besucher- und Übernachtungszahlen belegen, dass der „graue, rauchende Ruhrpott“ einen erfolgreichen Imagewandel hin zu einer boomenden Tourismusdestination vollzogen hat.
Die Probleme und Schwierigkeiten des alpinen Touris-mus werden am Beispiel von St. Ulrich (Italien) aufge-zeigt. Der Wandel vom beschaulichen Alpenurlaub um 1950 hin zum alpinen Massentourismus in 2010 wird den Schülern im Rahmen eines Mysterys verdeutlicht.
In der Sekundarstufe II stehen jedes Jahr neue Klausuren auf der Agenda. Wie Sie eigene Klausuren mithilfe der Hintergrundtexte und zahlreichen Materialien unter www.diercke.de erstellen können, zeigt ein Beitrag aus der Redaktion.
Auch in dieser Ausgabe werden wieder neue, span-nende und hilfreiche Neuerscheinungen präsentiert, die Sie zu attraktiven Konditionen bestellen können.
Wenn Sie eine Klassenfahrt nach NRW oder ins Ruhr-gebiet planen, könnte sich eine Teilnahme am Gewinn-spiel besonders lohnen, falls nicht, gewinnen Sie doch eine spektakuläre Fahrt mit dem Diercke Heißluftballon.
Es gibt also viel Neues zu berichten und auszuprobieren. Entdecken Sie die Welt mit Diercke Weltatlanten!
Ihre Diercke 360°-Redaktion
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Ina Bartels: St. Ulrich (Italien) – wenn der Tourismus zur Belastung wird (Unterrichtseinheit Sek lI)
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10Diercke Weltatlas jetzt mit Karten-Code29Diercke Arbeitsblätter zur Kartenarbeit30
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°TITElThEMa
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Wohin geht die Reise? Die Zukunft des Tourismus
Veränderung 1: Klimawandel
Der Klimawandel kann dramatische
Ausmaße für den Tourismus annehmen.
Wenn die Erde fiebert, Mallorca wegen
chronischen Wassermangels und
regelmäßigen Stromausfällen massen-
haft Urlaubsgäste verliert, das große
Schmelzen im Wintertourismus beginnt
und viele klassische Skigebiete sterben,
dann brauchen wir neue touristische
Konzepte, die auch alternative Entwick-
lungen und Nutzungen des Meer- und
Alpenraumes in Erwägung ziehen.
Veränderung 2: Strukturwandel
Terror und Krieg, Vogelgrippe und Vul-
kanausbruch geraten schnell in Verges-
senheit. In Wirklichkeit ist die touris-
tische Krise mehr struktureller Art. Das
Tourismusmanagement, nicht die
Urlaubsreise befindet sich in der Krise.
Die Tourismusbranche läuft Gefahr, ihre
eigene Philosophie zu zerstören und das
Geschäft künstlich herunterzureden.
Umsatzrückgänge werden nicht selten
mit sinkender Gästenachfrage verwech-
selt. Sicher: Die Urlauber verreisen kürzer
und auch billiger. Aber: Weniger bezahlt
heißt nicht weniger gereist. Eher gilt:
„Reiselust – aber preisbewusst“.
Veränderung 3:
Demographischer Wandel
Dem Tourismus steht eine Revolution auf
leisen Sohlen bevor: Die schrumpfende
und alternde Bevölkerung lässt auch die
„weiße Industrie“ grauer werden.
„Jungsein“ muss neu definiert werden,
weil in Zukunft manche Rentner auch
Trendsetter sind. Der Zukunftsmarkt der
„neuen“ Senioren ist nicht einfach nur
eine Spar-Version des Jugendmarktes,
sondern etwas völlig anderes, eine
eigene Erlebniswelt. Die „neuen“
Senioren wollen im Urlaub keine
Inline-Skates mit Stützrädern, sondern
Qualität und Serviceangebote rund um
die Uhr. Der Wachstumsmarkt Tourismus
stirbt auch in der älter werdenden
Gesellschaft nicht aus.
Veränderung 4: Anspruchswandel
Der Tourismus hat sich bisher als der
beständigste und dynamischste
Wirtschaftsbereich erwiesen, der sich in
Zukunft zum größten Wirtschaftszweig
entwickeln und den Handel mit Indus-
trie- und Energieprodukten übertreffen
kann. So gesehen bleibt der Reisemarkt
auch in Zukunft ein Wachstumsmarkt,
dem allerdings die Quadratur des Kreises
gelingen muss: Er muss Freiheit von der
Stange verkaufen, ohne dass der
Urlauber dies merkt – obwohl er um den
Seriencharakter des Urlaubsangebots
weiß.
Die entscheidende Motivation des
modernen Reisenden ist nicht mehr der
Bedarf, sondern der Wunsch nach
Sich-verwöhnen-Wollen. Der Tourismus
wird zum Motor einer Wohlfühlgesell-
schaft.
Der Strukturwandel im Tourismus
bewirkt, dass die Unterscheidungen
„pauschal“ oder „individuell“ immer
fragwürdiger werden. Der Gegensatz
von Pauschaltourismus und Individual-
tourismus ist überholt, ebenso die
Sprachakrobatik von Reiseveranstaltern,
die von „individualistischer Pauschal-
reise“ sprechen. Tatsächlich entscheiden
sich die Urlauber je nach zeitlichen oder
finanziellen, familiären oder ganz
persönlichen Möglichkeiten mal für
mehr Fremd- und mal für mehr
Selbstorganisation. Baukastenreisen
lösen die Reisen „von der Stange“
zunehmend ab.
Konsequenzen für den Qualitäts- urlaub im 21. Jahrhundert
Urlaub, die populärste Form von Glück,
muss im 21. Jahrhundert eine Dreifach-
Qualität aufweisen. Dazu zählen die
natürliche Qualität (z. B. schöne Land-
schaft, gesundes Klima), die materielle
Qualität (z. B. preiswerte Unterkunft) und
die immaterielle Qualität (z. B. freund-
liches Personal). Alle drei Qualitätsbe-
Der Tourismus wird in den nächsten dreißig Jahren mit einem vierfachen Wandel leben lernen müssen, wenn er weiterhin eine Art Leitökonomie für andere Branchen bleiben will: 1. Klimawandel, 2. Strukturwandel, 3. Demographischer Wandel und 4. Anspruchswandel. Bewegte Zeiten kommen auf die Tourismuswirtschaft zu und zwingen sie zu Langfristpla-nungen und -perspektiven, die weit über das Tages- und Saisongeschäft hinausreichen.
zum autor: Prof. Dr. horst W. Opaschowski Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen (ehemals BAT Freizeit-
Forschungsinstitut), führte von 1989 bis 2009 die Deutsche Tourismusanalyse durch, in der jährlich 4000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ nach ihrem Reiseverhalten befragt wurden
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reiche haben die Urlauber nach der
Deutschen Tourismusanalyse des Jahres
2009 auf ihrer letzten Reise geboten
bekommen – wenn auch in unterschied-
lichem Maße. Dabei wird für die Urlauber
das Atmosphärische, die immaterielle
Qualität des Urlaubs, immer wichtiger,
seitdem materielle Steigerungen kaum
mehr bezahlbar sind.
In der Urlaubswelt von morgen setzt der
Gast die Maßstäbe und nicht der
Anbieter oder Veranstalter. Eine reiseer-
fahrene Masse fordert Qualitätsstan-
dards, die nachweisbar, aber auch
bezahlbar sind. Ein Dilemma für die
Reisebranche: Sie soll Klasse verspre-
chen, aber gleichzeitig Massen zufrie-
denstellen. Das ist nur möglich durch
Qualifizierung des Personals.
Zwei Urlaubsformen bleiben auch in
Zukunft aktuell: der Badeurlaub und der
Ausruhurlaub. Relaxen wird groß- und
Aktivsein eher kleingeschrieben. Im
Urlaub liegen viele Bundesbürger lieber
auf der faulen Haut. Sonnen- und
Seelenbaden sind für sie attraktiver als
sportliches Aktivsein zwischen Wandern
und Skifahren.
Auf den zweiten Blick ist jedoch erkenn-
bar, dass es zu einer Vielfalt von Urlaubs-
und Reiseformen kommt, wie sie in
früheren Jahrzehnten kaum vorstellbar
war. Jeder kann heute „seinen“ Urlaub
buchen. Und fast für jeden Wunsch gibt
es ein eigenes Angebot: vom Cluburlaub
und der Studienreise über den Wellness-
urlaub bis zur Städtereise und dem
Musicalbesuch. Vorbei sind die Zeiten
des „Einheitsurlaubs“, der eigentlich
nach der Urlaubsgesetzgebung aus-
schließlich der Regeneration der
Arbeitskraft dienen sollte.
Auf der Suche nach Neuem
Die Angst geht um in der Touristikbran-
che: Auf dem Weg in die Zukunft
könnten den Urlaubsmachern die Ideen
ausgehen. Die Reisenden hätten fast
alles schon erlebt und im 21. Jahrhundert
gebe es keine touristischen Abenteuer
mehr. Es sei nicht mehr möglich, nach
neuen Ufern aufzubrechen, Reisen sei
alltäglich und der Tourismus eine
Banalität geworden. Doch was passiert,
wenn wir fast schon alles gesehen
haben, wenn es keine echten Erlebnisse,
keine natürlichen Lebensgefahren und
keinen Kampf um das physische
Überleben mehr gibt?
In Zukunft wird es immer schwieriger, im
Massentourismus neue Erlebnisse
anzubieten. Der Tourismus, der größte
Arbeitgeber der Welt, der mehr Beschäf-
tigte als die Automobilindustrie oder die
Medienbranche hat, kann im 21. Jahrhun-
dert fast alles ertragen – Kriege, Krisen
und Konflikte – nur eines nicht: Lange-
weile. Wenn die organisierte Reise durch
Rundum-Sorglos-Pakete zu professionell,
perfekt und sicher wird, kommt zwangs-
läufig Langeweile auf. Die Gefahr
besteht, dass die Urlaubsangebote der
Reiseveranstalter bald nicht mehr mit
den Erlebniserwartungen der Urlauber
übereinstimmen. Die „weiße Industrie“
muss sich daher erneuern – neue Ideen
sind gefragt.
Quelle: Stiftung für ZukunftsfragenZukunftstrends im Tourismus
Links:www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°UNTERRIchTsEINhEIT
sEkUNDaRsTUfE I
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Touristische Ziele an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste
Klassische Ziele
Die großen klassischen Fremdenver-
kehrsorte an der schleswig-holstei-
nischen Nordseeküste weisen heute
zusammen mehr als eine Million
Übernachtungen auf – das sind jeweils
mehr als 100 000 Gäste, die in jedem Ort
rund 10 000 Fremdenbetten belegen. Es
handelt sich um Westerland auf Sylt, Wyk
auf Föhr, St. Peter-Ording im Westen von
Eiderstedt und Büsum in Dithmarschen
(Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke
Drei ◆ S. 82). Spitzenreiter ist Westerland,
das im Jahre 2009 das Rekordergebnis
von 3,08 Millionen Übernachtungen
erzielte.
Anders als die Ostseeorte, die sich nicht
selten wie Zwillinge ähneln, unterschei-
den sich die Nordseebäder deutlich
voneinander. Das ist durch ihre Lage in
unterschiedlichen Naturlandschaften
bedingt. Westerland und St. Peter-Or-
ding liegen an der Außenküste und sind
nach Westen exponiert und damit
unmittelbar der Brandung der Nordsee
ausgesetzt. Die Schorre, der untermee-
rische Strand, ist hier relativ steil geneigt.
Deshalb verschiebt sich die Uferlinie
zwischen Ebbe und Flut nur um einige
Zehnermeter. Wyk und Büsum hingegen
gehören zur Innenküste, liegen also im
Bereich des Wattenmeeres, wo sich
aufgrund des sanft abfallenden Watts
die Gezeiten viel stärker bemerkbar
machen. Das Baden richtet sich hier nach
dem Tidekalender.
Neue Ziele
Zunehmend geraten aber auch zuvor
abgelegene Küstengebiete in den
Blickpunkt der Touristen, wie z. B. Orte
mit reizvollem Ortsbild wie Husum
(Kreisstadt von Nordfriesland) oder das
„Holländer“städtchen Friedrichstadt.
Hinzu kommen einzelne Punkte des
Hinterlandes, wie z. B. das Nolde-Muse-
um in Seebüll, der Windpark in Kron-
prinzenkoog oder das Eidersperrwerk,
die sich zu touristischen Anziehungs-
punkten entwickeln. Auch neue bedeu-
tende Küstenschutzbauwerke im Zuge
der Deichverkürzung und Küstensiche-
rung ziehen Touristen an. Zu nennen
sind die Eiderabdämmung (1973), die
Vordeichung des Speicherkoogs
Dithmarschen (1978) und die Schaffung
des Beltringharder Koogs (1986). Die
meisten dieser Stätten liegen am oder
„Das Meer erleben“ ist der wohl am meisten verwendete touristische Slogan an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste – und tatsächlich haben sich die großen Fremdenverkehrsorte direkt am Meer entwickelt – dort, wo die großen Strände zum Baden einladen. Daneben gibt es aber auch weitere Touristenziele.
zum Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig ehem. Direktor am Geographischen Institut der Universität Kiel, Arbeitsschwer- punkte: Küstenmorphologie, insbesondereder schleswig-holsteinischen Westküste, Tourismusgeogra-phie, Kartographie, Geographie der Kulturerdteile, Didaktik der Geographie
Das 1973 fertiggestellte Eidersperrwerk, ein beliebtes Touristenziel, dämmt die von links oben her fließende Eider im breiten Mündungstrichter ab. Es dient vor allem zwei Zwecken: der Entwässerung und dem Sturmflutschutz, denn bei Sturmflut können alle fünf Sieltore (je 40 m breit) geschlossen werden. Zum Aufnahmezeitpunkt herrschte ablaufendes Wasser, erkennbar an den glitzernden Wasserwirbeln unmittelbar seewärts des Sperrwerks. An der linken Seite ist neben einem Leitdamm das schmale Schleusenbauwerk für die Schiffe erkennbar. Oberhalb der Abschlusswand der rechten Sielkammer ist – als kleiner heller Fleck – der mit drei Touristenbussen und zahlreichen Pkws voll besetzte touristische Parkplatz zu erkennen.
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im Nationalpark Schleswig-Holstei-
nisches Wattenmeer, der seit 2009 zum
Welterbe der UNESCO gehört.
Auf ins Watt ... und in die Vergangenheit!
Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich
Wattwanderungen mit kulturhisto-
rischem Hintergrund. Es gibt zahlreiche
Überreste untergegangener Ortschaften
im Wattenmeer. Sie liegen oft weit von
der Küste entfernt und können nur
mithilfe eines erfahrenen Wattführers
aufgesucht werden. Zu gefährlich sind
plötzliche Schlicklöcher oder reißende
Priele, vor allem aber das Aufkommen
von Nebelbänken, die dem Unerfah-
renen jegliche Orientierung nehmen.
Zwei Sturmfluten, die Tausende von
Menschenleben forderten und daher
„Mandränken“ genannt wurden, tragen
die Hauptschuld am Untergang vieler
Kirchspiele. In der ersten Mandränke von
1362 ging u. a. das gesamte Gebiet
zwischen Südfall und der roten Linie
(= Küstenverlauf um 1634) nördlich der
Norderhever unter (Diercke ◆ S. 28.1,
Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke Drei ◆ S. 82).
Zuvor gab es eine riesige Insel mit
Namen „Strand“ zwischen dem Hever-
strom im Süden und dem Norderaue-
Tief im Norden. Im Süden dieser Insel lag
der rot eingetragene Ort Rungholt, der
1362 unterging. Er zog sich südlich der
Hallig Südfall bis zum Priel hin, den man
auch auf der Karte Diercke ◆ S. 28.2,
Diercke 2 ◆ S. 24.2 als Nebenarm der
Norderhever am unteren Bildrand
erkennen kann. Heute bildet er die
Fahrrinne für die Fähren zwischen
Nordfall und Pellworm und heißt „Fuhle
Slot“.
Literatur:Hagemeister, J.: Rungholt – Sage und Wirklichkeit.
St. Peter Ording 1979.
Hassenpflug, W., Kortum, G., Newig, J., Pollex, W.,
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
Erarbeitung
– Zuordnung von Beschreibungen zu
Fotos der vier wichtigsten Fremden-
verkehrsorte (Aufgabe 1)
– Die Schüler verfolgen die Haupt-
deichlinie auf der Karte Diercke ◆
S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke Drei ◆
S. 82 von Süden nach Norden unter
besonderer Berücksichtigung der
modernen Deichlinienverkürzung
(Signatur!). Dazu fährt jeder Schüler
die Linie mit seinem Finger auf der
Atlaskarte ab.
– Untersuchung des Deichschutzes
der vier Fremdenverkehrsorte
(Aufgabe 2, Arbeit mit der Atlaskarte
Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1,
Diercke Drei ◆ S. 82)
Vertiefung
Sonderfall: Rungholt (Aufgabe 3;
Arbeit mit den Atlaskarten Diercke ◆
S. 28.1 und 28.2, Diercke 2 ◆ S. 24.1 und 24.2,
Diercke Drei ◆ S. 82)
Einstieg
Die Schüler sammeln ihnen bekannte
Touristenziele an der schleswig-hol-
steinischen Nordseeküste. Bei Bedarf
kann unterstützend die Atlaskarte
Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1,
Diercke Drei ◆ S. 82 hinzugezogen
werden.
Das Thema im Unterricht
400204©D87
Friedrich- Wilhelm- Lübke- Koog 1956
Windtestfeld
Gelb- sand
Koog
Nissen-
Sönke-
Köge
F ö h r
Kniep- sand
C.-Sahlen-burg
C.-Duhnen
C.-Döse
Dithmarschen1978
Speicherkoog
Eider-damm
1973
1971
1967
1986
1959 Koog
Hauke-Haien-
Rickelsbüller Koog
Jordsand
Margarethen- koog 1982
Scharhörn
Neuwerk
Kaiser- Wilhelm-
Koog
Medemsand
Trischen
Tertius
Blauort
E i d e r s t e d t
Nordstrand
Südfall
Nordstrandisch- moor
H a l l i g e n
Süderoog- sand
Süderoog
Pellworm
Norderoog
Norderoogsand
Hamburger Hallig
Gröde-Appelland
Schlütt- siel
Oland
Habel
HoogeJapsand
Amrum
Sylt
GroßerVogelsand
GroßerKnechtsand
Nordmarsch-Langeneß
Reußen-
N o r d e r h
e v e r
Heverstrom
Sü d e r h
e v e r
E i d e r
Norderpiep
Süderpiep
Arlau
Vidå
Arnå
Grønå
Sønderå
Nord
eraue
Süderaue
Elbe
Soholmer A
u
Eider
10m
Hörnumtief
10m
N o r d s e e
B u c h t
M e l d o r f e r
B u c h t
H e l g o l ä n d e r
54°
8°30’ 9°
54°
54°30’ Nord
9°
55°
8°30’ Ost
Cuxhaven Brunsbüttel
Heide
Husum
Oldsum
Midlum
N o r d s t r a n d
Rungholt
MittelplateErdölfund 1980
Balje
Neufeld
Eddelak
Guden- dorf
Bargen- stedt
Hemming- stedt
Wöhrden
Neuenkirchen
Schülp
Tetenbüll
Witzwort
Rantrum
Simonsberg
Bohmstedt
Breklum
Ockholm
Fahretoft
Bordelum
Stedesand Hörup
Klixbüll
Karlum
LadelundBraderup
Humptrup
Burkal
BylderupHostrup
Øster HøjstSolsted
Klanxbüll
Møgeltønder
Højer
VisbyHjerpsted
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Hattstedt
Otterndorf
(zu Hamburg)
(zu Hamburg) Marne
St.Michaelis- donn
Friedrichskoog
Büsum
Pellworm
Wittdün
Nebel
Norddorf
Nieblum
Utersum
Hörnum
Meldorf
St. Peter-Ording
Wesselburen
Garding
Tating Tönning
Lunden
Weddingstedt
Oldenswort
Friedrich-stadt
Mildstedt
Nordstrand
Bredstedt
Drelsdorf
Wyk auf FöhrLangenhorn
Risum-Lindholm
Niebüll
Dagebüll
Emmelsbüll- Horsbüll
AchtrupLeck
Süderlügum
Tondern(Tønder)
Neukirchen
Rantum
Sylt-Ost
Westerland
Wenningstedt
Kampen
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– 0,6
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Rantzauhöhe
Hindenburgdamm
NationalparkHamburgisches Wattenmeer
NiedersächsischesNationalpark
Wattenmeer
W a t t e n m e e r
H o l s t e i n i s c h e s
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1
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4
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Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke
Drei ◆ S. 82
Schmidtke, K.-D.: An Nord- und Ostsee. Schleswig-
Holsteins Küsten. Husum 1985.
Henningsen, H.-H.: Rungholt. Der Weg in die
Katastrophe. Band 1: Husum 1998. Band 2: Husum
2000.
Lengsfeld, K.: Gab es das sagenhafte Rungholt
wirklich? In: Newig, J. und Theede, H. (Hrsg.):
Sturmflut. Husum 2000.
Links:www.boelling.de/rungholt/start.htm
www.vmb-webdesign.de/Rungholt/Register/
karte6.htm
C O P Y
bearbeitet von:
Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig Diercke 360° 2/2010
M 1
M 5 Westerland
Westerland liegt an der offenen Nordsee. Der Ortskern verfügt
aufgrund der zahlreichen Appartementhochhäuser über ein
großstädtisches Aussehen. Die vorherrschenden Westwinde
lassen die Wellen direkt auf die Küste prallen. Sylt wird seit
Jahrtausenden abgetragen, jährlich um rund einen Meter. Erst
die Sandvorspülungen, die seit 1972 regelmäßig durchgeführt
werden, haben dem Abbruch Einhalt geboten. Die Gäste
erfreuen sich an einer stets erfrischenden Brandung und der
gesunden salzhaltigen Luft, die bei Atemwegserkrankungen
Linderung bringt. Westerland liegt am südlich des Ortes
ausstreichenden Roten Kliffs, einer Moräne der vorletzten
Vereisung. Durch die Überbauung durch eine Strandmauer und
Uferbefestigungen ist das Kliff heute nicht mehr erkennbar. Die
Westerländer Gäste können auch die großen Dünenland-
schaften der nördlichen und südlichen Halbinsel besuchen
oder die alten Dörfer von Sylt-Ost am Rande eines ausge-
dehnten Marschgebietes.
M 6 Föhr
Der Sylter Dreiklang von Geest, Dünenland und Marsch
verengt sich auf Föhr zu einem Zweiklang von Geest und
Marsch, denn Dünen fehlen dort. Dass Wyk überhaupt einen
M 2
M 3 M 4
Sandstrand hat, den einzigen größeren im gesamten Watten-
meer, liegt am westlich davon befindlichen Goting-Kliff, dem
natürlichen Sandlieferanten nach Sturmfluten. Im Schutze des
Wattenmeers macht Wyk einen viel lieblicheren Eindruck als
Westerland. Der geringe Wellenschlag im Rhythmus von Ebbe
und Flut sowie das grandiose Panorama der Warften der Hallig
Langeneß, die wie Schiffe auf dem Meer zu schwimmen
scheinen, verstärken noch den übersichtlichen, anheimelnden
Eindruck des Ortes. Schon das dänische Königshaus liebte
dieses Seebad (1842–1847). Man lustwandelte gern auf dem
„Sandwall“, einer eigens angelegten Allee an der Küste.
M 7 St. Peter-Ording
Ganz anders als Westerland und Föhr präsentiert sich St.
Peter-Ording an der Westspitze der Marschenhalbinsel
Eiderstedt. Der Ort liegt inmitten der die Halbinsel nach
Westen abschließenden Dünenzone und den davor liegenden
ausgedehnten Stränden, die man teilweise mit dem Pkw
erreichen kann, denn das Meer liegt recht weit vom Ort
entfernt. Das im Gegensatz zu Sylt nur sanft abfallende
Küstenvorfeld (Schorre) verhindert eine stärkere Brandungsbil-
dung. St. Peter-Ording gilt daher als besonders familienfreund-
lich. Außerhalb der Saison werden auf den weiten Stränden
Strandsegel-Meisterschaften ausgetragen.
C O P Y
bearbeitet von:
Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig Diercke 360° 2/2010
Aufgaben
1. Ordne die Fotos (M1–M4) den großen Fremdenverkehrsorten zu, die in M5–M8 beschrieben werden. Schreibe die Namen der Orte auf die Linie über die Fotos. Versuche, möglichst viele der in der Beschreibung genannten Fakten im Foto wiederzuerkennen und weitere Einzelheiten herauszufin-den.
2. Sieh dir die Lage der vier großen Fremdenverkehrsorte genau an. Stelle fest, wie es mit dem Deichschutz bestellt ist und begründe, warum einzelne Orte keinen Deichschutz haben.
3. Worauf deuten die Grabensysteme von Rungholt hin?
M 8 Büsum
Büsum kann als reiner Wattenmeerort nicht mit einem natür-
lichen Sandstrand dienen. Die Außenböschung des Deiches,
der sogenannte „grüne Strand“, lädt daher mit seinen vielen
Strandkörben zum Aufenthalt ein. Immer wenn es Ebbe wird,
vergrößert sich die touristisch nutzbare Fläche enorm und man
kann sich dann doch in dem über 100 Meter breiten Watten-
meerstreifen vor der Küste aufhalten. So hat Büsum seine ganz
eigene Klientel: Zum einen sind es die alten Menschen, die sich
direkt vom Strandkorb zum Spaziergang auf die Deichkrone
begeben können. Zum anderen kommen auch gerne Familien
mit kleinen Kindern, die bei Ebbe gefahrlos im Wattenmeer
spielen können.
M 9 Ehemalige Entwässerungsgräben im Watt als Zeugen landwirtschaftlicher Nutzung
Blick bei tiefer Ebbe über die alte landwirtschaftliche Kulturlandschaft von Rungholt auf den Priel „Fuhle Slot“, einen Nebenarm der Norderhever, mit roter Boje. Die schwarzen Streifen sind Entwässe-rungsgräben unter dem inzwischen abgetragenen Ackerboden. Die schwarze Farbe beruht auf der Torffüllung.
M 10 Querschnitt durch einen der in M9 erkenn-baren Entwässerungsgräben
M 11 Rungholt
Wir schließen uns dem Wattführer Robert Brauer zu einer
mehrstündigen Wattwanderung vom Deich im Westen von
Nordstrand zur Stätte des sagenhaften Ortes Rungholt an. Auf
der Rungholtstätte finden wir ausgedehnte Grabensysteme
mit Torfverfüllung. Das waren die Dränagen der Kulturfläche
des alten Ortes Rungholt, angelegt vor rund 700 Jahren und in
ihrer schnurgeraden Linienführung heute noch beeindru-
ckend. Das Land liegt hier fast einen Meter unter dem mittleren
Meeresspiegel, unter Normalnull. Schon damals lag das
Kulturland so niedrig, dass man es durch sehr hohe Deiche vor
der Nordsee geschützt hat. Von den Deichen ist heute kaum
noch etwas zu sehen. Dafür tauchen in der Erosionszone am
Priel Strukturen alter Wege und Ackerflächen auf. Ab und zu
findet sich ein Ziegelstein oder ein Haustierknochen. Robert
Brauer erzählt von vielen Objekten, die den Weg in das
Archäologische Landesmuseum in Schleswig gefunden haben:
Schwerter, Bronzetöpfe, Pilgerabzeichen, Krüge mit wunder-
vollen farbigen Mustern. Die schönsten Stücke sind „maurische
Krüge“, die nur im spanischen Andalusien hergestellt wurden
und einen Hinweis auf einen internationalen Handel geben,
der im alten Rungholt betrieben wurde. Es gibt Urkunden, die
darauf hindeuten, dass dieser Ort eine Handelssiedlung war.
Eine große Stadt, wie der Dichter Liliencron sie in seinem
Gedicht „Heut’ sind wir über Rungholt gefahren“ beschrieb,
war der Ort jedoch nicht, denn es finden sich keinerlei archäo-
logische Hinweise auf eine solche „Weltgeltung“. Aber nun
bricht unser Führer ab und blickt auf die Uhr. Es wird höchste
Zeit, dass wir den Rückweg antreten. Bald kommt die Flut, und
dann ist das Land verschwunden, so wie damals, 1362, als die
große Mandränke [Sturmflut mit vielen Todesopfern] kam.
60 – 80 cm
Torf-Klei-Gemisch
aufgefüllte Kleierde,heute abgetragen
ehemals sichtbare Pflugspuren
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Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°UNTERRIchTsEINhEIT
sEkUNDaRsTUfE I
10
„That’s Germany!“ – Überlegungen zum Deutschlandbild ausländischer Touristen
Basis: eine wissenschaftliche Unter-suchung
M. Agreiter hat in ihrer Dissertation 2003
das Deutschlandbild in englisch-,
französisch- und italienischsprachigen
Reiseführern analysiert. Ihrer daraus
resultierenden Kartendarstellung lagen
22 Reiseführer zugrunde, die zum
1. Januar 2000 auf dem internationalen
Markt präsent waren. Es handelt sich um
einen australischen, sechs französische,
fünf britische, vier italienische und sechs
US-amerikanische Reiseführer. Die
Auswahl der Länder hat Agreiter damit
begründet, dass Gäste aus den USA
(9,7 %), Großbritannien (8,7 %), Italien
(5,8 %) und Frankreich (4,4 %) fast ein
Drittel aller Übernachtungen auslän-
discher Besucher ausmachen (Bezugs-
jahr 2004). Für 2009 gilt, dass von den
54,8 Mio. Übernachtungen ausländischer
Touristen 18 % auf Niederländer, 7,8 %
auf US-Amerikaner, 7,1 % auf Schweizer,
6,7 % auf Briten und 5,6 % auf Italiener
entfielen. Franzosen machten an achter
Stelle einen Anteil von 4,6 % aus (Berech-
nungen nach DZT 2010, S. 13). Top-Städte
an Übernachtungen ausländischer Gäste
waren Berlin (7,4 Mio.; 13,6 %), München
(8,1 %), Frankfurt (4,3 %), Hamburg (3 %)
und Köln (2,4 %) (vgl. ebd., S. 12). Generell
kann festgehalten werden, dass Süd-
deutschland regional überbetont wird
(fi weltweit bekanntes Oktoberfest,
Schloss Neuschwanstein). In den von
Agreiter ausgewählten Reiseführern wer-
den insgesamt 69 Natur- und Kulturräu-
me beschrieben, allen voran die
Bayerischen Alpen, der Schwarzwald
sowie der Harz. Mit Abstand folgen der
Bayerische Wald, das Ruhrgebiet, der
Thüringer Wald, der Spreewald und die
Lüneburger Heide. Bei den insgesamt 22
beschriebenen deutschen Flüssen und
dem Nord-Ostsee-Kanal dominiert der
Rhein, gefolgt von Neckar und Mosel.
Die britischen Reiseführer zeichnen ein
deutlich differenzierteres Bild – die Zahl
der behandelten Natur- und Kulturräu-
me ist fast doppelt so hoch.
Beispiele
Aufschlussreich sind auch von „Exper-
ten“ vor allem für Jugendliche bzw.
Schüler verfasste Darstellungen über
Deutschland. So wird in der britischen
Reihe „Nations of the World“ von G.
Nickles und N. Walker schon auf der
Rückseite des Buchcovers als erstes
gefragt „Did you know that Germany’s
Green Party was the first environmenta-
list party to hold seats in a European
government?“ (Nickles/Walker 2003) Des
Weiteren wird auf über 1200 Brauereien
und 5000 Biersorten hingewiesen. Das
Bild der Vorderseite stellt einen Mann
auf einer Parade des Oktoberfests dar.
Die auf der Rückseite des Umschlags
angekündigte „detailed country map“
eignet sich hervorragend, um eine
Kartenbewertung durchführen zu lassen
(s. Aufgabe 1). Abgesehen davon, dass
nicht die Grenzen der Bundesländer
eingetragen sind, erfolgt keine Auswei-
sung der Stadtstaaten. Rheinland-Pfalz
Wenn ausländische Touristen sich für eine Reise nach Deutschland entscheiden, so haben sie Stereo-type über Land und Leute im Kopf. Diese Fremdbilder sind pauschal und werden durch die Erfahrungen vor Ort sicher revidiert. Dennoch kann sich niemand von Klischee-vorstellungen oder sogar Vorurtei-len wirklich frei machen.
zur autorin: Prof. Dr. christiane MeyerLeibniz Universität Hannover; Arbeits-schwerpunkte: ethische Urteilskompetenz, bilingualer Geographieunterricht, interkulturelles Lernen
11
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
und Sachsen-Anhalt werden gar nicht
aufgeführt. Interessant ist ferner, welche
Gebirge bzw. Landschaften vermerkt
sind und welche nicht. So werden
beispielsweise in Westdeutschland die
„Haardt Mountains“ genannt, hingegen
nicht der Pfälzerwald, zu dem diese
gehören. Die Eifel, der Hunsrück usw.
werden nicht erwähnt, nur der Taunus.
Die Landeshauptstadt Stuttgart wird mit
lediglich über 100 000 Einwohnern
eingeordnet und ist damit vermeintlich
weniger bedeutend als die westlich
davon gelegene Stadt Karlsruhe. Die
Lage des Harzes sowie des Brockens ist
fragwürdig, der im Ausland berühmte
Schwarzwald wurde in die Schweiz
verlegt, ... – die Liste ließe sich beliebig
fortsetzen.
Zu den Klischeevorstellungen über
Deutschland bzw. die Deutschen
gehören ganz typisch die Wurst und das
Bier, die deshalb auf dem Buchcover des
„Xenophobe’s guide to the Germans“
(Zeidenitz/Barkow 2002) mit dem
Brandenburger Tor präsentiert werden
(s. Abb.). Das Buchcover der deutschen
Ausgabe (s. Abb.) stellt eine korpulente
Frau im Dirndl mit diversen Bierkrügen
mit den Alpen im Hintergrund dar, die
zudem einen Tirolerhut aufhat. Dieser
undeutsche Hinweis rührt vermutlich
vom deutschen Schlager „Ich kauf mir
lieber einen Tirolerhut“ (von Billy Mo
1962; auch in der englischen Fassung „I‘d
Rather Buy Myself a Tyrolian Hat“
berühmt geworden). Die deutsche
Übersetzung des Titels dieser Reihe, die
für zahlreiche Nationalitäten publiziert
wurde, gibt auch einen Hinweis auf
kulturelle Unterschiede: „Die Deutschen
pauschal“ klingt wesentlich harmloser
als „Anleitung zur Xenophobie gegen-
über den Deutschen“.
Fazit
Über die Thematisierung des (mög-
lichen) Blicks von außen wird somit
deutlich, wie eingeschränkt die Wahr-
nehmung von Deutschland sein kann
bzw. ist und über den Umkehrschluss
hoffentlich auch, dass selbst unsere
Wahrnehmungen von Deutschland
sowie von anderen Ländern ebenfalls
sehr restriktiv bzw. pauschal sind und
fehlerhaft sein können.
Literatur:Agreiter, M.: „Mad King Ludwig“, „Père Rhin“ und
„Foresta Nera“. Das Deutschlandbild in englisch-,
französisch- und italienischsprachigen Reisefüh-
rern. 2003. (Dissertation) (http://opus.ub.
uni-bayreuth.de/volltexte/2003/64/pdf/
Dissertation_Mechtild_Agreiter.pdf)
Agreiter, M.: Deutschland in Reiseführern – was
lenkt ausländische Besucher? In: Leibniz-Institut
für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesre-
publik Deutschland. Bd. 12: Leben in Deutschland.
Leipzig 2006, S. 118–119.
DZT: Deutsche Zentrale für Tourismus e. V. (Hrsg.):
Incoming Tourismus Deutschland. Zahlen, Daten,
Fakten 2009. 2010. (http://www.deutschland-extra-
net.de/pdf/DZT_Incoming_Brosch_10_itb_de_
web.pdf)
Nickles, G./Walker, N.: Germany. Oxford 2003.
Zeidenitz, S./Barkow, B.: Xenophobe’s guide to the
Germans. London 2002.
Das Vorgehen im Unterricht ergibt sich
aus den Aufgabenstellungen.
Über die Kartenbewertung in Aufga-
be 1 reflektieren die Schüler u. a. über
ihr topographisches Raster von
Deutschland. Aufgabe 2 fordert die
Schüler auf, Entscheidungen aus
touristischer Sicht zu treffen. Über das
Abwägen, ob eine Region oder Stadt
für Touristen empfehlenswert ist, wird
die Urteils- und Argumentationskom-
petenz gefördert. Zugleich wird das
topographische Raster über Deutsch-
land gefestigt und über eine Recher-
che und den Austausch werden die
Kenntnisse über Deutschland erwei-
tert. Durch das Erstellen einer „Emp-
fehlungskarte“ wird zur Kartenkompe-
tenz beigetragen. Der Vergleich mit
den bevorzugten Natur- und Kultur-
räumen in ausländischen Reiseführern
in Aufgabe 3 ermöglicht einen
Perspektivenwechsel zum Deutsch-
landbild „von außen“ und es findet
ggf. eine andere Akzentuierung der
Regionen statt oder es kommen neue
hinzu, die zuvor noch nicht wahrge-
nommen wurden. Dies soll in Aufga-
be 4 zu einer Erweiterung der Kennt-
nisse führen, sodass schließlich in
Aufgabe 5 auf Basis der neuen
Kenntnisse eine endgültige Empfeh-
lung begründet werden kann.
Es empfiehlt sich, zum Abschluss der
Unterrichteinheit über die ggf.
unterschiedlichen Ergebnisse der
jeweiligen Gruppen zu reflektieren:
Welche Faktoren wurden bei der
Entscheidung für die Empfehlung
herangezogen? Welche wurden höher,
welche geringer gewichtet?
Das Thema im Unterricht
Als Atlaskarten empfehlen sich,
abgesehen von physischen Karten
Deutschlands, folgende Karten zum
Tourismus in Deutschland:
Diercke ◆ S. 60.1, Diercke 2 ◆ S. 46.1,
Diercke Drei ◆ S. 80.1, eventuell auch
Diercke ◆ S. 60.2, Diercke 2 ◆ S. 47.2,
Diercke Drei ◆ S. 56.1.
C O P Y
bearbeitet von:
Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer Diercke 360° 2/2010
M 1 Deutschandkarte in „Nations of the World –
Germany” (Nickels/Walter 2003)
M 2 Natur- und Kulturräume Deutschlands in
US-amerikanischen Reiseführern
M 3 Natur- und Kulturräume Deutschlands in
britischen Reiseführern
Aufgaben
1. Wie nehmen Briten Deutschland wahr? a) Werte die Deutschlandkarte aus dem Buch „Nations of
the World – Germany“ von G. Nickles/ N. Walker (2003) (M1) aus.
b) Bewerte die Karte im Hinblick auf die sachliche Richtigkeit und die kartographische Darstellung.
2. Eine ausländische Reisegruppe mit Mitgliedern aus unter-schiedlichen europäischen und außereuropäischen Ländern (u. a. Italien, Frankreich, Großbritannien, USA, Japan und Sin-gapur) möchte Deutschland für zwei Wochen besuchen. Für ihre Planungen sollt ihr der Gruppe vorab Empfehlungen geben, welche Regionen bzw. Landschaften und Städte aus eurer Sicht sehenswert sind. Überlegt euch, was ihr warum für interessant erachtet. Recherchiert hierzu im Internet oder in Reiseführern und tragt eure Ergebnisse in die stumme Karte (M4) ein. Arbeitet dabei in Gruppen. Präsen-tiert euren Gruppenvorschlag in der Klasse und vergleicht anschließend eure Gruppenergebnisse.
3. Vergleicht eure Vorschläge mit den Ergebnissen von M. Agreiter (2003), die im Jahr 2000 sechs US-amerikanische und fünf britische Reiseführer ausgewertet hat (M2 und M3). Wie begründet ihr die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der räumlichen Auswahl?
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bearbeitet von:
Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer Diercke 360° 2/2010
M 4
Aufgaben
4. Sucht euch in Gruppen jeweils unterschiedliche Regionen heraus, die in den ausländischen Reiseführern stärker beachtet wurden und über die ihr noch nicht viel wisst. Informiert euch im Internet oder in anderen Medien über das dort Sehenswerte. Präsentiert die Ergebnisse in eurer Klasse.
5. Nachdem ihr nun sowohl euren Blick auf das Sehenswerte in Deutschland erarbeitet habt und einen Blick von außen über die ausländischen Reiseführer kennen gelernt habt, diskutiert in eurer Gruppe, welche Auswahl ihr abschließend als Empfehlung für die ausländische Reisegruppe treffen würdet.
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°
14
UnterrichtseinheitsekUnDarstUfe ii
Boomende Tourismusdestination Ruhrgebiet?
zu den autoren: Prof. Dr. Wilfried hoppe, Prof. Dr. andreas keil, Dr. katja Makowka, Wolfgang schneider, friedrich schulte-Derne und Burkhard Wetterau gehören zum Autorenteam von Diercke Spezial: Das Ruhrgebiet im Strukturwandel. Braunschweig 2010.
Die Präsentation des Ruhrgebiets 2010
als Kulturhauptstadt Europas unter der
Bezeichnung „Ruhr.2010“ ist mehr als nur
ein Hinweis, dass das Ruhrgebiet ein spe-
zifisches Potenzial besitzt, von der
boomenden Wirtschaftsbranche des
Städtetourismus zu profitieren und
Erwartungen und Bedürfnisse von
Städtereisenden in einer spezifischen
Komplementarität erfüllen kann. In
Internet-Auftritten zum Ruhrgebiet wird
diese unter den Schlagwörtern „Mythos,
Menschen, Metropole“ angesprochen
(M1).
Tatsächlich verzeichnete das Ruhrgebiet
– im Gegensatz zu den übrigen Landes-
teilen Nordrhein-Westfalens – einen
erheblichen Anstieg in den Gästeüber-
nachtungen in den letzten 20 Jahren
(M2). Einzelne Ruhrgebietsstädte
(Bochum, Bottrop, Gelsenkirchen)
konnten zwischen 1990 und 2009 ihre
Steinkohlenbergbau sowie Eisen- und Stahlproduktion machten das Ruhr-gebiet zwischen 1840 und 1960 zu dem industriellen Ballungsraum Euro-pas. Nach wie vor wird das Image des Ruhrgebiets stark von der ehemals dominierenden und später krisengeschüttelten Montanindustrie geprägt (s. Abbildung). Ist es vielleicht gerade dieses Image, das in Verbindung mit den spektakulären Hinterlassenschaften der industriellen Vergangenheit das Ruhrgebiet auch für die Touristen interessant werden lässt?Diercke ◆ S. 36.1 und 2, Diercke 2 ◆ S. 30.1 und 2, Diercke Drei ◆ S. 75.3-5, Diercke International ◆ S. 53.4-6
Übernachtungszahlen nahezu verdop-
peln (M3). Die größten Städte des
Ruhrgebiets (Dortmund, Essen) verzeich-
neten in diesem Zeitraum immerhin
Anstiege, die denen der offenbar
attraktivsten urbanen Tourismusdestina-
tionen Nordrhein-Westfalens (Düssel-
dorf und Köln) mindestens entsprachen.
Oberhausen mit dem 1996 eröffneten
Urban Entertainment Center CentrO
konnte die Übernachtungszahlen
zwischen 1990 und 2009 sogar mehr als
verdreifachen. Gleichwohl wurden im
Ruhrgebiet 2009 mit 5,78 Mio. Gäste-
übernachtungen die Übernachtungs-
zahlen Kölns und Düsseldorfs (7,35 Mio.)
nicht erreicht (M3).
Die unterschiedliche Entwicklung der
Übernachtungszahlen einzelner
Ruhrgebietsstädte spiegelt zunächst
spezifische wirtschaftsstrukturelle
Entwicklungen (Essen z. B. als Messe-
standort und Sitz von Global Playern des
Energiesektors, Dortmund etwa als
Hauptsitz von Versicherungsunterneh-
men) und einen damit einhergehenden
Geschäftsreise-Tourismus wider.
Weiterhin sind punktuell errichtete
Freizeiteinrichtungen (Oberhausen:
CentrO [M6c]; Bottrop: Indoor-Skianlage
und Movie-Park; Gelsenkirchen: Groß-
veranstaltungs- bzw. Sportarena) bzw.
der Musical-Standort Bochum (M8) zu
Publikumsmagneten und Trägern des
Städtetourismus geworden. Im Besonde-
ren verfügt das Ruhrgebiet aber auch
über das Alleinstellungsmerkmal der
Industriekultur. Die ehemalige Indus-
triebrache des Landschaftsparks
Duisburg-Nord (M6a) gilt als die nach
dem Kölner Dom von Touristen meist
besuchte Einzellokalität in Deutschland.
Die Zeche und Kokerei Zollverein in
Essen wurde sogar als UNESCO-Welterbe
ausgewiesen (M6b).
Industriekultur – Kulturhauptstadt
In den 1980er-Jahren war die große
Anzahl industrieller Brachflächen noch
ein weithin sichtbares Dokument für die
Krise des Ruhrgebiets. Doch aus der Not
wurde eine Tugend gemacht: Man
nutzte die vielen altindustriellen
Flächen, Gebäude und Anlagen als
Ausgangspunkte für einen ökologischen,
ökonomischen und sozialen Umbau. Sie
bekamen eine neue Wertigkeit, indem
sie zu Orten der Industriedenkmalpflege
und Geschichtskultur wurden (vgl. M6a,
M6b), die heute sowohl als Erholungs-
und Freizeiträume für die Bewohner des
Ruhrgebiets dienen als auch Besucher
von außerhalb anziehen. Zu diesem
Zweck wurde im polyzentrischen
Ruhrgebiet mit der Route der Industrie-
kultur gleichermaßen ein organisato-
rischer Rahmen wie eine touristische
Infrastruktur konzipiert, welche die
bedeutendsten Standorte (sogenannte
Ankerpunkte) sowie charakteristische
Siedlungen und Panoramen der Indus-
trielandschaft miteinander verbinden
(M5).
Typische Assoziationen zum Ruhrgebiet
16697E
15
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
Attraktionen und Events im Ruhr- gebiet
Neben den Musical-Hochburgen
Hamburg und Stuttgart hat auch das
Ruhrgebiet einen Namen als Musical-
Standort. In Bochum ist sogar das
erfolgreichste Musical der Welt (Starlight
Express) beheimatet (M8). In unmittel-
barer Nähe zum Oberhauser CentrO
entstand 1999 zudem für das Musical „Ta-
baluga und Lilly” von Peter Maffay die
später in „Metronomtheater“ umbe-
nannte Musicalhalle in Oberhausen. Die
bislang hier aufgeführten Stücke (z. B.
„Die Schöne und das Biest“) liefen mit
großem Erfolg. Weniger Erfolg war dem
Essener Colosseum beschieden. Der 1995
aus einer Werkshalle der Firma Krupp
hervorgegangene Musical-Standort
stellte im Sommer 2010 die Auffüh-
rungen ein (M9). Nur von kurzer Dauer
war die Spielzeit am eigens erbauten
Musical-Theater in Duisburg. Dort wurde
zwischen 1996 und 1999 das Musical „Les
Miserables“ aufgeführt (M5). Dieser
Theaterkomplex steht gegenwärtig zum
Verkauf.
Zahlreiche Events locken nicht nur
Einheimische, sondern auch Gäste von
außerhalb ins Ruhrgebiet. Ein Beispiel ist
die alljährlich stattfindende Extraschicht,
die Nacht der Industriekultur. Für eine
Nacht werden insbesondere Industriean-
lagen von gestern und heute zu beein-
druckenden Kulissen für kulturelle
Aufführungen, Konzerte, Führungen etc.
Aus städtetouristischer Sicht ist auch der
Bau der großen Fußballstadien (vor
allem in Dortmund und Gelsenkirchen)
zu erwähnen, da diese Mehrzweckare-
nen auch für zahlreiche Großveranstal-
tungen zur Verfügung stehen (M5).
Tourismusregion Ruhrgebiet –
boomend auch in der Zukunft?
Über die Stellung des Ruhrgebiets im
Modell der Entwicklung von Tourismus-
regionen nach Butler (M11) als auch zu
den Perspektiven des Ruhrgebiets als
Tourismusstandort gehen die Mei-
nungen auseinander. Einerseits werden
gerade die im Zuge des Kulturhaupt-
stadtjahres geschaffenen Strukturen als
Impuls für einen auch zukünftig boo-
menden Städtetourismus gesehen.
Anderseits wird vor der Schnelllebigkeit
gerade von Freizeiteinrichtungen
gewarnt, die auf Konsum und Events
abgestellt sind. Zu hinterfragen ist auch,
ob sich das Ruhrgebiet als Tourismus-
destination auf Chancen einzustellen
vermag, die mit einer alternden Gesell-
schaft verbunden sind.
Literatur:Hoppe, W., Keil, A., Makowka, K., Schneider, W.,
Schulte-Derne, F., Wetterau, B.: Das Ruhrgebiet im
Strukturwandel. Diercke Spezial. Braunschweig
2010.
Juchelka, R.: Der Musical-Markt in Deutschland. In:
Geographische Rundschau, H. 2/2000, S. 34–40.
Krajewski, C., Reuber, P., Wolkersdorfer, G.: Das
Ruhrgebiet als postmoderner Freizeitraum. In:
Geographische Rundschau, H. 1/2006, S. 20–27.
Popp, M., Freytag, T.: Der Erfolg des europäischen
Städtetourismus. In: Geographische Rundschau,
H. 2/2009, S. 4–11.
Wehling, H.-W.: Entstehung und Wandel der
industriellen Kulturlandschaft. In: Prossek, A. u. a.
(Hrsg.): Atlas der Metropole Ruhr. Köln 2009,
S. 58–65.
Links:www.metropoleruhr.de
www.ruhr2010.de
www.ruhrgebiet-regionalkunde.de
www.ruhr-tourismus.de
Das Thema im Unterricht
Erarbeitung
– Analyse der Entwicklung der
Übernachtungszahlen (Aufgabe 1)
– Erörterung der Chancen des
Kulturhauptstadtjahres (Aufgabe 2)
– Gruppenarbeitsphase I: arbeitsteilige
Beschäftigung mit ausgewählten
Attraktionen (Aufgabe 3)
– Schwerpunkt: Das Ruhrgebiet als
Musical-Standort (Aufgabe 4)
– Gruppenarbeitsphase II: Entwicklung
eines Programms für eine Klassen-
fahrt ins Ruhrgebiet (Aufgabe 5)
Vertiefung
– Das Ruhrgebiet im Kontext des
Tourismusmodells von Butler
(Aufgabe 7)
Einstieg
Sammeln von Attraktionen, die das
Ruhrgebiet für Touristen allgemein/für
die Schüler speziell interessant
machen
Zusammenfassung/Hausaufgabe
– Beurteilung der Potenziale und
Defizite der Tourismuswirtschaft im
Ruhrgebiet (Aufgabe 6)
Was macht das Ruhrgebiet zur Tourismus-destination?
Ziel des Unterrichts ist es, dass die
Schüler das Ruhrgebiet als Tourimus-
destination mit ihren spezifischen
Potenzialen und Problemen kennen-
lernen. Auf der Basis der Kenntnis der
Hauptattraktionen sollen die Schüler
eine – vielleicht sogar realisierbare
– Klassenfahrt ins Ruhrgebiet planen.
(Siehe dazu auch Seite 31)
C O P Y
bearbeitet von:
Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Diercke 360° 2/2010 Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
M 1 Auszug aus einem Internet-Auftritt
zum Ruhrgebiet
Mit dem Motto „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“
konnte die Region auch auf europäischer Ebene überzeugen:
Stellvertretend für das Ruhrgebiet wurde Essen zur Kultur-
hauptstadt 2010 gewählt. Diese Auszeichnung trifft die
Metropole Ruhr nicht unvorbereitet: Mit 200 Museen, 100
Kulturzentren, 120 Theatern, 100 Konzertstätten, 3 Musicalbüh-
nen, 250 Festivals und Festen sowie 1000 Industriedenkmälern
verfügt sie über das dichteste Kulturnetzwerk Europas. Das
kulturelle Angebot in der Metropole Ruhr ist seit jeher gekenn-
zeichnet durch Vielfalt, Lebendigkeit und einen hohen
qualitativen Anspruch.
Quelle: www.metropoleruhr.de/metropole-ruhr/daten-fakten/tourismus-kultur.html
M 2 Entwicklung der Übernachtungen im Ruhrge-
biet im Vergleich zum übrigen NRW 1990–2009
MYTHOS. MENSCHEN. METROPOLE.
1990 2000 2009Anstieg
1990 – 2009
durchschnittliche Aufenthaltsdauer
2009 (Tage)
Anteil auslän-discher Gäste
2009
Anzahl 4-Sterne-
Hotels
Anzahl 5-Sterne-
Hotels
Bochum 264 700 428 800 512 500 93,6 % 1,6 16,1 % 4 0
Bottrop 337 900 66 000 73 300 93,4 % 1,7 29,4 % 1 0
Dortmund 445 800 597 00 749 300 77,9 % 1,5 20,2 % 9 0
Duisburg 261 400 322 300 361 600 38,3 % 2,0 16,5 % 3 0
Essen 674 100 910 600 1 067 800 58,4 % 2,1 16,9 % 12 1
Gelsenkirchen 136 700 140 400 256 400 87,6 % 2,3 12,5 % 2 0
Hamm 104 300 113 300 123 200 18,1 % 1,7 17,5 % 2 0
Mülheim 149 600 167 900 149 900 1,0 % 1,9 18,4 % 4 0
Oberhausen 63 900 186 600 260 100 307,0 % 1,5 19,1 % 3 0
Ruhrgebiet 3 598 300 4 677 700 5 777 500 60,6 % 1,9 16,1 %
zum Vergleich:
Düsseldorf 2 091 900 2 434 800 3 222 000 53,9 % 1,7 37,6 % 26 2
Köln 2 589 200 3 066 400 4 133 244 59,6 % 1,8 32,3 % 25 3
M 4 Bettenauslastung im Ruhrgebiet 2010 –
Einschätzung eines Dortmunder Hoteliers
Für die Hotels in der Großstadt Dortmund sind bis Mitte 2010
noch keine nennenswerten Umsatzsteigerungen zu verzeich-
nen. Die Wirtschaft schwächelt immer noch. Tagungen,
Seminare und Schulungen haben noch nicht angezogen, es
wird noch gespart. Der Messeumsatz ist auf niedrigem Niveau
geblieben. Neue Messen sind nicht dazugekommen.
Anders zeichnen sich in den kleineren Städten, die direkt am
Tourismus partizipieren, erfreuliche Steigerungen ab. Der
Radtourismus hat enorm zugenommen, insbesondere der
Ruhrtal-Radweg und der Industrie-Kultur-Radweg durch das
gesamte Ruhrgebiet. Die Buchungen kommen sehr kurzfristig
rein, ein Zeichen dafür, dass das Wetter entscheidet und
weniger dass die Reisetermine langfristig geplant werden. Die
Radwege werden von entsprechenden Veranstaltern sehr gut
vermarktet.
Bezüglich der „Kulturhauptstadt Ruhrgebiet“ haben die
Großstädte positivere Ansätze zu verzeichnen. Hier wird den
Interessierten die Industriekultur großzügiger und zusammen-
hängender dargestellt. Man kann auf engerem Gebiet mehr
erleben, wobei die Mitte des Ruhrgebietes mehr davon
profitiert als die Randgebiete.
Der Fußballtourismus in Dortmund – insbesondere durch die
Erfolge des BVB – ist steigend. Oft wird ein Stadionbesuch mit
anderen Kulturangeboten gekoppelt.
Hans-Georg Riepe (Hotelier im Viersterne-Hotel Drees,
Dortmund)
Quelle: RVR-Datenbank und www.hotelsterne.de
Quelle: RVR-Datenbank
M 3 Übernachtungszahlen ausgewählter Ruhrgebietsstädte 1990–2009
C O P Y
bearbeitet von:
Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Diercke 360° 2/2010 Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
M 5 Touristische Attraktionen im Ruhrgebiet
C O P Y
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Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Diercke 360° 2/2010 Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
M 7 Eine der spannendsten Kulturlandschaften der Welt
Das Ruhrgebiet hat sich immer wieder neu erfunden. Hier gibt
es viel Neues und Frisches zu entdecken. Eine unkonventionelle
Metropole mit einem ganz eigenen Menschenschlag, der
direkt, freundlich und mit einem besonderen Humor die Gäste
empfängt. Die Qualität der Opernhäuser und Konzerthäuser
kann sich an anderen Metropolen in Europa messen und auch
im Drumherum eines Stadtbesuchs – Parks, Einkaufen,
Restaurants und Szene –, kein Wunsch bleibt offen. Darüber
hinaus bietet die Metropole Ruhr Orte, die nirgendwo sonst auf
der Welt zu finden sind. Vor dem Museum Folkwang und dem
Ruhr Museum stehen am Wochenende lange Schlangen. Die
Zahl der auswärtigen Besucher, etwa aus Großbritannien und
den Beneluxländern, ist schon im zweiten Monat des Kultur-
hauptstadtjahres um 30 % gestiegen.
Quelle: FAZ vom 29.04.2010, Interview mit Prof. Dr. Oliver Scheytt, Geschäftsführer der Ruhr.2010 GmbH
M 6a Landschaftspark Duisburg-Nord
M 6c CentrO, Oberhausen
M 6b UNESCO-Welterbe Zollverein, Essen
M 6d Ruhrtal-Radweg
M 8 Wo die Dampflok Rusty ihre Runden dreht
Am 12. Juni 1988 schoss die alte Dampflok Rusty in Form eines
rollschuhfahrenden Künstlers zum ersten Mal in der dafür
eigens erbauten Starlight-Halle in Bochum über die Pisten an
den Zuschauern vorbei. Im Musical von Andrew Lloyd Webber,
1984 in London uraufgeführt und 1987 am Broadway in New
York gefeiert, konnte am 8. März 2010 der 13-millionste Besu-
cher begrüßt werden. Damit zählt der Starlight-Express zum
aktuell erfolgreichsten Musical der Welt an einem Standort.
Quelle: nach www.starlight-express-musical.de
M 9 Zur Schließung des Musicaltheaters Colosseum
Die Entscheidung, den Betrieb im Colosseum Essen einzustel-
len, wirkt sich negativ auf unsere Anstrengungen aus, die
Metropole Ruhr als Reiseziel im Kurzreisesegment zu etablie-
ren. Musicalreisen sind ein wichtiger Bestandteil im Städterei-
sesegment. Das Essener Opernhaus lockt eher die Kunstreisen-
den, aber eben nicht die Massen, für die ein Musicalbesuch
zum beliebtesten Programmpunkt bei der eigenen Urlaubsge-
staltung gehört.
Quelle: Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH; in: Der Westen, 10.02.2010
C O P Y
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Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Diercke 360° 2/2010 Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
M 10 Jugendherberge Landschaftspark DU-Nord
Erholung, Erlebnis, Kultur und viel Spaß dort, wo einst Schorn-
steine rauchten: 2001 hat die Jugendherberge Duisburg-Meide-
rich das ehemalige Verwaltungsgebäude der Thyssen Hütten-
werke mitten im neu gestalteten Landschaftspark Duisburg-
Nord bezogen, einem Gelände, auf dem früher „stahlharte“
Arbeit verrichtet wurde. Hier können Besucher die Geschichte
des Ruhrgebiets hautnah erleben.
Quelle: Internet-Werbetext des Jugendherbergswerks Rheinland (www.jugendher-
berge.de/jh/rheinland/duisburg-meiderich/?m)
M 11 Modell zur Entwicklung von Tourismus- regionen nach Butler
Quelle: Hopfinger 2007, S. 721; in: Gebhardt u. a.: Geographie: Physische Geographie und Humangeographie. München
Aufgaben
1. Analysieren Sie die Entwicklung der Tourismusdestination Ruhrgebiet auf der Basis der Übernachtungszahlen. (M2, M3)
2. „Das Kulturhauptstadtjahr 2010 stellt für den Tourismus im Ruhrgebiet eine große Chance dar.“ Erörtern Sie diese Aussa-ge. (M1, M4, M7).
3. Informieren Sie sich arbeitsteilig in Kleingruppen über folgende touristische Attraktionen und bewerten Sie jeweils ihre Attraktivität. Präsentieren Sie Ihre Arbeitsergebnisse.
a) Landschaftspark Duisburg-Nord (M6a)
b) UNESCO-Welterbe Zollverein (M6b)
c) Ruhrtal-Radweg (M6d)
d) Urban Entertainment Center CentrO (M6c)
4. Untersuchen Sie das Ruhrgebiet als Musicalstandort. (M5, M8, M9)
5. Entwickeln Sie in Kleingruppen ein Programm für eine vier-tägige Klassenfahrt ins Ruhrgebiet. Tragen Sie die Route und die einzelnen Stationen in M5 ein. Wählen Sie zudem einen geeigneten Ausgangsstandort. (Siehe dazu auch Seite 31)
6. Erörtern Sie spezifische Potenziale und Defizite der Touris-muswirtschaft im Ruhrgebiet. (M1, M3–M10)
7. Diskutieren Sie die Entwicklung des Ruhrgebiets zu einer Tourismusdestination im Kontext des Modells von Butler. (M11)
Wilfried Hoppe, Andreas Keil, Katja Makowka, Wolfgang
Schneider, Friedrich Schulte-Derne, Burkhard Wetterau:
Das Ruhrgebiet im Strukturwandel 128 Seiten
978-3-14-151054-6
13,50 €
Der Band stellt anhand anschaulicher Fallbeispiele den
Strukturwandel im Ruhrgebiet dar. Neben aktuellen
Dynamiken werden auch übergreifende gesellschaftliche
Problemfelder (wie der demographische Wandel) behan-
delt.
Weitere Informationen sowie eine interaktive Leseprobe
finden Sie unter:
www.westermann.de/diercke-spezial
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°
20
UnterrichtseinheitsekUnDarstUfe ii
St. Ulrich (Italien) – wenn der Tourismus zur Belastung wird
Das Grödnertal
Das Grödnertal bezeichnet ein ca. 25 km
langes Seitental des Eisacktales, das im
Nordwesten der Südtiroler Dolomiten
liegt (Diercke ◆ S. 103.4, Diercke 2 ◆ S. 79.4).
Es erstreckt sich von Waidbruck (471 m)
hinauf bis zum Sellastock bzw. den
Passübergängen Sella- und Grödnerjoch
(über 2200 m).
Gemessen an der Einwohnerzahl ist St.
Ulrich mit 5500 Einwohnern das größte
Dorf der Region. Es folgen Wolkenstein
mit 2500 und St. Christina mit 1760
Einwohnern.
Tourismus im Grödnertal
Zu Beginn der touristischen Erschlie-
ßung des Grödnertals dominierte der
Sommertourismus, in den 1950er-Jahren
kam der Wintertourismus hinzu. Der
Boom setzte ein mit der Austragung der
Alpinen Skiweltmeisterschaft im Jahr
1970. Aufgrund seiner Höhenlage hat das
schneesichere Wolkenstein heute das
höchste Übernachtungsaufkommen.
In der Saison 2008/2009 übernachteten
im Grödnertal 1,4 Millionen Gäste in der
Wintersaison und 0,9 Millionen Gäste in
der Sommersaison. Die durchschnitt-
liche Übernachtungsdauer liegt bei 5,1
Nächten. Pro Tag geben die Urlauber 150
Euro für Essen, Unterkunft etc. aus.
1-Stern-Betriebe und Privatzimmer
verzeichneten 2009 im Verhältnis zum
Vorjahr große Einbußen bei den Über-
nachtungen. Zuwächse sind deutlich bei
den 4- bis 5-Sterne-Betrieben und bei
„Urlaub auf dem Bauernhof“-Betrieben
zu erkennen. Einen neuen Aufschwung
erlebten 2009 auch die Campingplätze,
nachdem diese in den vergangenen
Jahren rückläufige Übernachtungs-
zahlen zu verzeichnen hatten.
Umweltbelastungen durch Tourismus
Mit dem Wandel von der traditionellen,
bäuerlichen Kulturlandschaft zur
„urbanen Erholungslandschaft“ inklusive
des Ausbaus im Tourismussektor
(Herbergen, Infrastruktur etc.) gehen
eine Vielzahl von Umweltbelastungen
einher.
In den Orten St. Ulrich, St. Christina und
Wolkenstein kommt es zu einer starken
peripheren Zersiedlung bei gleichzei-
tiger Verdichtung der Ortskerne. Das
traditionell gewachsene Ortsbild wird
dadurch stark verändert und überformt.
Eine Folge ist die zunehmende Oberflä-
chenversiegelung. Verstärkt werden
diese Tendenzen durch den Bau
flächenintensiver touristischer Anlagen
(z. B. Hallenbäder, Golfplätze). Häufig
werden die neuen touristischen Freizeit-
anlagen in ökologisch labile Höhen- und
Hangbereiche gebaut.
Untersuchungen der Verkehrsbelastung
im Grödnertal zeigten außerdem, dass
das Verkehrsaufkommen im Vergleich
zum benachbarten Villnößtal zehnmal
höher ist. Im Oberboden des inneren
Grödnertals wurden erhöhte Bleiakku-
mulationen festgestellt (ca. 275 mg/1000
ppm). Die Tallagen der Urlaubsorte im
Grödnertal begünstigen zudem eine
erhöhte, verkehrsbedingte Schallimmis-
sion. Aufgrund der im Winter häufig
vorkommenden Inversionswetterlagen
kommt es außerdem zu einer starken
Luftbelastung. Die ursprüngliche
Erholung der Gäste in den Kurorten ist
durch die steigenden Touristenzahlen
gefährdet.
Problematisch ist im Zusammenhang
mit den steigenden Touristenzahlen
Seit mehr als 100 Jahren besuchen Touristen das weltbekannte Grödnertal in Südtirol. Grundlegend für diese Entwicklung war zum einen die frühe Anbindung an das Fernstraßennetz, zum anderen die Grödner Schmal-spurbahn (1915/16).Zu Beginn der touristischen Erschließung gab es nur den einsaisonalen Sommerfremdenverkehr mit ca. 7000 Übernachtungen. Heute dominiert der Wintertourismus mit bis zu 1,4 Millionen Übernachtungen (2008/2009) pro Saison. Diese Entwicklung hat positive wie negative Auswirkungen auf die Region, ihre Natur, Struktur und die Bewohner.
zur autorin: ina Bartels Referendarin am Studienseminar Hameln
Wolkenstein um 1900 und 2003
21
zudem die Entsorgung von Müll und
Abwässern. Zur Erhaltung der Wasser-
qualität muss daher eine flächen-
deckende Klärung der Abwässer
durchgeführt werden.
Fallbeispiel: Seilbahnen
Vor allem in Südtirol lassen sich die
landschaftszerschneidenden Auswir-
kungen der Seilbahnen, deren Standorte
sich in Hochlagen befinden, feststellen.
Ursache ist dabei die Dominanz des
Wintertourismus. Die Folge ist eine
ganzjährige Nutzung der Liftanlagen
(Hauptliftanlagen): im Winter durch den
Skitourismus, im Sommer durch Wander-
und Klettertourismus.
Besonders verheerend sind die Auswir-
kungen der Liftanlagen-Expansion in
den labilen Hochwaldlagen und den
sensiblen Standorten oberhalb der
Baumgrenze. Zwar nimmt der Bestand
an Seilbahnen von 1970 (86 Liftanlagen)
bis heute ab (2008: 78 Liftanlagen), dies
liegt jedoch daran, dass die Investoren
verstärkt auf technologische Neue-
rungen zur Maximierung der Förde-
rungsleistung setzten – d. h. de facto
gibt es weniger Seilbahnen, die jedoch
mehr Passagiere pro Stunde transportie-
ren können. Mittlerweile ist die Region
Gröden/Seiser Alm dank ihrer Förderka-
pazitäten von maximal 105 072 Personen
pro Stunde das Skigebiet mit der
höchsten Förderleistung in Südtirol
(2008).
Tourismus versus Umweltschutz
Im Gegensatz zum weltweiten Touris-
musboom stagniert der Alpentourismus
seit einigen Jahren. Gleichzeitig steigt
aber der Investitionsbedarf (Schneeka-
nonen, leistungsfähige Liftanlagen,
Neuerschließungen).
Vor diesem Hintergrund planen die
Südtiroler Gemeinden eine neue
Liftverbindung von der Seiser Alm
(Saltria) nach Monte Pana (Gemeindege-
biet St. Christina). Der geplante Verbin-
dungslift soll 4 km lang sein und auf 32
Stützen gebaut werden.
Protest gegen diese Planung regt sich
durch die CIPRA*. Der Dachverband für
Natur- und Umweltschutz weist darauf
hin, dass das von der Erschließung
betroffene Gebiet als Puffer- und
Ruhezone zwischen den touristisch stark
erschlossenen Gebieten erhalten
bleiben muss.
* CIPRA (Commission Internationale pour
la Protection des Alpes): Eine nichtstaatli-
che Dachorganisation von über 100
Organisationen aus dem gesamten
Alpenraum. Sie setzt sich seit über
einem halben Jahrhundert für eine
nachhaltige Entwicklung in den Alpen
ein. Die CIPRA wurde 1952 gegründet.
Literatur:CIPRA: Geplante Skigebietserweiterung in Südtirol. In: CIPRA alpMedia.net. 5/2002, S. 2. (http://www.cipra.org/pdfs/30_de/)Meurer, M.: St. Ulrich (Italien) – Fremdenverkehr und Umweltbelastung. In: Diercke Weltatlas Handbuch. Braunschweig 2008, S. 203–204. (s. auch www.diercke.de –> Erläuterungen zur Atlaskarte Diercke S. 103.4)Prugger, B., Zuegg, A.: Südtirol in Zahlen. Zahlen und Fakten 2009. SMG Bozen.
Vankan, L. (Hrsg.), Rohwer, G., Schuler, S.: Diercke Methoden – Denken lernen mit Geographie. Braunschweig 2007. Darin: Kapitel 8, Mystery, S. 106–120.Zegler, J.: Seilbahnen in Südtirol 2008. Hrsg.: Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Amt für Seilbahnen. Bozen 2009.
Links:www.valgardena.it/de/www.groednertal.com
Das Thema im Unterricht
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
Mysterys eignen sich besonders gut
zum Einstieg in ein Thema.
Mithilfe des Mysterys „Muss Maria
umziehen?“ (M1) können folgende
Themen erarbeitet werden:
•ChancenundRisikendesSkitouris-
mus/Massentourismus
•WelcheInteressengruppengibtes
und in welcher Beziehung stehen
diese zueinander?
•WelcheMaßnahmenmüssenfür
nachhaltigen Tourismus ergriffen
werden?
Kennen die Schüler noch keine
Mysterys, so sollten Sie mit ihnen
zuvor ausführlich die Anleitung (M2)
besprechen.
Im Anschluss an das Mystery bearbei-
ten die Schüler (evtl. als Hausaufgabe)
folgende Aufgabe mithilfe der
erarbeiteten Inhalte und der Atlaskarte
„St. Ulrich (Italien) – Tourismus und
Umweltbelastung“ (Diercke ◆ S. 103.4,
Diercke 2 ◆ S. 79.4):
Diskutieren Sie schriftlich unter
Berücksichtigung Ihrer Ergebnisse aus
Aufgabe 1 das Thema „St. Ulrich
(Italien) – wenn der Tourismus zur
Belastung wird“. Gibt es Lösungsan-
sätze für diese Problematik?
C O P Y
bearbeitet von:
Autorin: Ina Bartels Diercke 360° 2/2010
M 1 Mystery: Muss Maria umziehen?
Tims Vater hat für alle den „Dolomiti-Super-Skipass“ gekauft. Damit können sie
die Kabinenbahn nutzen und müssen nicht so lange am Sessellift warten.
Für den Liftbau müssen Schutzwälder gerodet werden, die Skipisten zerstören die schützende
Grasnarbe und der Hotelbau zersiedelt die traditionellen Dörfer.
Damit der Weg zur Skipiste morgens nicht zu weit ist, wohnen Tim und seine Eltern in einem Hotel direkt an der neu
eröffneten Kabinenbahn.
Herr Graser betreibt ein Skiliftunter-nehmen und das 4-Sterne-Hotel
„Dolomiti“.
Dieter und Peter beschließen, an der Demonstration der CIPRA teilzunehmen,
um für den Erhalt der alten Pension „Lichtblick“ zu kämpfen.
Heike und Stefan sind Mitglieder der CIPRA. Das ist der Dachverband „Natur-
und Umweltschutz Südtirol“.
Sollte die Pension „Lichtblick“ abgerissen werden, würden Dieter und
Peter ihren Urlaub nicht mehr in St. Ulrich verbringen.
Mithilfe einer Demonstration an der neuen Kabinenbahn will CIPRA die Touristen darauf aufmerksam machen,
dass der Tourismus die Natur im Grödner-tal stark belastet und zerstört.
Herr Graser will ein 4-Sterne-Hotel mit angeschlossener Kabinenbahn ins
neu geplante Skigebiet am Außer-raschötz bauen lassen. Das Hotel soll
„Lift&Loft“ heißen.
Das 4-Sterne-Hotel „Dolomiti“, in dem Tim und seine Eltern wohnen, hat auch einen Pool, einen Wellness-Bereich und
eine kleine Diskothek.
Maria will nicht, dass die Pension „Lichtblick“ abgerissen wird, denn das Haus ist ihr Zuhause. Außerdem haben
schon ihre Uroma und Oma hier gewohnt und die Pension geführt.
Jeder Tourist bleibt im Durchschnitt 5,1 Nächte und gibt pro Tag ca. 150 € für Essen, Unterkunft und Sportaus-
rüstung aus.
Herr Graser besitzt drei Schlepp- und vier Sessellifte am Pitzberg. Sein ganzer Stolz ist die neue Kabinenbahn, in der
zwölf Personen gleichzeitig sitzen können.
Tims Mutter war es besonders wichtig, dass viele Pisten in der Nähe vorhanden sind, damit es nicht so schnell langweilig
wird.
Marias Mutter kann kein Personal mehr bezahlen. Sie putzt, kocht und
bedient die wenigen Stammgäste selbst. Maria hilft ihr dabei.
Tim (10) und seine Eltern fahren dieses Jahr mit dem Auto nach St. Ulrich in den
Skiurlaub.
70 % der Gäste des Grödnertals schlafen in 3- bis 4-Sterne-Hotels. Die
Übernachtungszahlen in den einheimi-schen Pensionen sind stark zurück-
gegangen.
Auf dem Grundstück, auf dem Herr Graser sein Hotel „Lift&Loft“ bauen will, steht noch die alte Pension „Lichtblick“.
Wenn weiter so wenige Gäste kommen, muss Marias Mutter die Pension
verkaufen. Die beiden müssten dann in eine Wohnung umziehen.
Seit die großen Luxushotels gebaut werden, kommen immer weniger Gäste
in die einfache Pension „Lichtblick“.
Dieter und Peter fahren schon seit 15 Jahren mit der Bahn nach St. Ulrich und
machen in der Pension „Lichtblick“ Urlaub.
Dieter und Peter benutzen selten den Lift, sondern machen Skiwande-
rungen. Sie möchten die Natur genießen, abseits von den Menschenmassen.
Für das Projekt braucht Herr Graser ein großes Grundstück, das nah am Berghang
liegt.
Im Skigebiet Grödnertal gibt es insgesamt 79 Lifte (3 Seilbahnen, 7
Kabinenbahnen, 28 Schlepplifte und 41 Sessellifte).
Von dem eingenommenen Geld kann Marias Mutter nur das Nötigste (z. B.
Reparaturen) bezahlen. Geld für einen Urlaub oder ein neues Fahrrad, das Maria
braucht, ist nicht übrig.
Marias Mutter hat ein gutes Angebot von Herrn Graser bekommen. Der möchte
das 100 Jahre alte Haus abreißen und seinen neuen Kabinenlift samt Hotel für
die Touristen an diese Stelle bauen.
Maria (10) wohnt in St. Ulrich. Ihre Mutter betreibt dort die kleine Pension
„Lichtblick“. Die Pension ist ein Familien-betrieb und wird seit Generationen
vererbt.
Pro Fahrgast nimmt Herr Graser durchschnittlich 30 € pro Tag ein. An
manchen Tagen fahren fast 2000 Personen pro Stunde mit seiner Kabinen-
bahn.
Jede Wintersaison übernachten ca. 1,4 Millionen Gäste im Grödnertal.
1 2 3
4 5 6
7 8 9
10 11 12
13 14 15
16 17 18
19 20 21
22 23 24
25 26 27
28 29 Mit der Demonstration möchte die CIPRA für nachhaltigen und
sanften Tourismus werben und gegen das neue Skigebiet am 2282 m hohen
Außerraschötz protestieren.
30
C O P Y
bearbeitet von:
Autorin: Ina Bartels Diercke 360° 2/2010
M 2 Anleitung Mystery
Die Methode „Mystery“ gilt als Möglichkeit, Prozesse des
vernetzten Denkens, der Analyse von gegebenen Materialien
und der Wissenskonstruktion zu erlernen und zu üben. Das
Mystery folgt dabei der Tradition des problemorientierten
Unterrichts und besteht aus zwei Grundelementen: der
Leitfrage und den Informationskärtchen zum Fallbeispiel.
Aufgabe der Schüler ist es, die Kärtchen sinnvoll in Beziehung
zueinander zu setzten und so komplexe Themen diskursiv und
visuell in der Gruppe zu erarbeiten. Meist gibt es nicht nur eine
richtige Lösung, daher liegt der Schwerpunkt darauf, dass die
Schüler ihre individuelle Lösung schlüssig begründen.
Vorbereitung (für den Lehrer):• ZurBearbeitungdesMysteryswirddieKlassein3er-Gruppen
aufgeteilt.
• JedeGruppebekommtalleInformationskärtchen,dievorher
kopiert, ausgeschnitten und in Umschläge gesteckt werden.
Auf den Umschlag wird die Leitfrage „Muss Maria umzie-
hen?“ geschrieben.
• JedeGruppebenötigtzudemeinDIN-A3-Blatt,aufdassie
die Kärtchen aufkleben kann sowie einen Atlas zur Verortung
des Mysterys.
Durchführung (Schüler):1. Jede Gruppe bekommt einen Umschlag, auf dem die
Leitfrage steht und der 30 Kärtchen enthält.
2. Lest in den Gruppen zu Beginn die Leitfrage vor und
vermutet, wie die Antwort lauten könnte.
3. Öffnet anschließend den Umschlag und legt die Informati-
onskärtchen so aus, dass jeder sie lesen kann. Die Nummern
auf den Kärtchen geben keine Reihenfolge vor, sondern
helfen Euch bei der Benennung der Kärtchen.
4. Schaut euch die Kärtchen kurz an. Gibt es Wörter, die ihr
nicht kennt oder versteht? Klärt sie in der Gruppe oder ggf. in
der Klasse.
5. Schlagt die topographischen Namen auf den Kärtchen im
Atlas nach (Diercke ◆ S. 103.4, Diercke 2 ◆ S. 79.4).
6. Ordnet die Kärtchen auf einem DIN-A3-Blatt so an, dass ihr
die wichtigen Beziehungen darstellt. Ihr könnt die Kärtchen
z. B. nach Personen oder Themen ordnen und mit beschrif-
teten Pfeilen verbinden. (Achtung! Ihr müsst nicht alle
Kärtchen verwenden – unwichtige Informationen können
weggelassen werden!)
7. Beantwortet zum Schluss die Leitfrage „Muss Maria umzie-
hen?“.
Sehr geehrte 360°-Redaktion,
wir waren sehr überrascht, als Sie mich vom Gewinn der
Klassenfahrt informiert haben. Super, vielen Dank dafür, vor
allem auch im Namen der Schülerinnen und Schüler der 7a.
An dem Gewinnspiel haben wir teilgenommen, weil ich
ohnehin mit meiner Klasse im 8. Schuljahr ins Klimahaus und
möglichst auch ins Auswandererhaus fahren wollte. Da kam
das Gewinnspiel zur rechten Zeit. Allerdings haben wir nicht
wirklich damit gerechnet zu gewinnen.
In der 8. Klasse beginnen wir in Erdkunde mit der Unterrichts-
einheit "Klima- und Vegetationszonen und ihre landwirtschaft-
liche Nutzung". Ein Besuch des Klimahauses passt perfekt zu
dieser Einheit und ich hoffe, dass den Schülern dort Teile des
Lernstoffes interessant und anschaulich vermittelt werden.
Wir freuen uns sehr auf die Fahrt und die Klasse und ich
bedanken uns recht herzlich.
Mit freundlichen Grüßen
Birgitta Bergenthal Klassenlehrerin der 7a, Realschule Wilhelm-von-der-Heyde Delmenhorst
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360°
24
Klausuren mit www.diercke.de konstruieren
Gerade im Fach Geographie kann die
Konstruktion einer Klausur eine beson-
dere Herausforderung sein: Anforde-
rungsbereiche müssen abgedeckt,
aktuelle und vielseitige Materialien
schlüssig integriert und die Unterrichts-
thematik aufgenommen, aber nicht
wiederholt werden.
Doch wo findet man gute Materialien
ohne langes Suchen? Für den Geogra-
phieunterricht unerlässlich und damit
auch häufig Ausgangspunkt einer
Klausur ist die Atlaskarte. Auf der
Internetseite www.diercke.de kann –
ausgehend vom Unterrichtsthema (z. B.
Tourismus) – ein erster Überblick über
die infrage kommenden Atlaskarten
gewonnen werden (s. Abbildung unten).
Durch Auswahl einer Karte öffnet sich
eine Seite mit fachlichen Erläuterungen
sowie weiterführenden Materialien (z. B.
Diercke Grafiken), die zur Konstruktion
von Klausuren verwendet werden
können. Die Abbildung oben zeigt die
beispielhafte Konstruktion einer Klausur
zum Thema „Tourismus“, in deren
Mittelpunkt die Karte „Bali – Tourismus“
steht.
Atlaskarten stehen nicht selten im Mittelpunkt einer Klausur, da sich aus ihnen meist zahlreiche Aspekte des Themas erarbeiten lassen. Doch zur Konstruktion einer guten Klausur benötigt man mehr als die reine Karte. www.diercke.de hilft weiter!
Suchergebnis von Atlaskarten zum Thema „Tourismus“
stimmennicht überein
Die fertige Klausur
nein ja
Ziele der Klausur erfüllt
Konstruktion der Lösungen
Konstruktion der Klausur*
Material aus demAngebot auswählen
stimmenüberein
Ziele der Klausurmit der ausgewählten
Karte abgleichen
Voraussetzungen zur Konstruktion der Klausur
Abgleich der Materialien mitden unterrichtlichen Inhalten
Erstellen der Klausur
Überprüfung derAnforderungsbereiche/
Operatoren
*siehe Literaturhinweise
Zugeordnete Kartenmaterialien mit denKlausurzielen abgleichen
Auswahl einer Karte
Kartensuche:TOURISMUS
www.diercke.de
Ziel der Klausur:Die Schüler sollen die Auswirkungen
des Tourismus auf einen Raum/Naturraum und seine Wirtschaft/Bevölkerung erkennen,
benennen und erörtern.
Klausurthema:TOURISMUS
25
Ziel
Die Schüler sollen mithilfe der Materialien die Auswirkungen
des Tourismus auf die Insel Bali, den Naturraum, die Wirtschaft
und die Bevölkerung erkennen, benennen und erörtern.
Unterrichtliche Voraussetzungen
a) Inhaltlich Die Klausur kann in den unterrichtlichen Zusammenhang der
Thematik „Individualtourismus/Massentourismus“ und
„Ferntourismus“ eingeordnet und in den Klassenstufen 10–13
eingesetzt werden.
Zur Bearbeitung der Klausur sollten die folgenden Themen im
Unterricht behandelt worden sein: Tourismus in Europa,
Vor- und Nachteile von Massentourismus und sanftem
Tourismus, Auswirkungen der Tourismusformen auf den
Naturraum (Nutzungsdruck/Degradation), Nutzungskonflikte
zwischen Tourismus und traditioneller Wirtschaft, wirtschaft-
liche Entwicklung durch Tourismus und Ansätze von nachhal-
tigem Tourismus.
Bali selbst sollten die Schüler noch nicht behandelt haben. Die
naturräumlichen Grundlagen der Insel (Lage im Gradnetz,
natürliche Vegetation, Klima, Relief etc.) können überwiegend
anhand der Karte im Diercke Weltatlas (Diercke ◆ S. 177.3,
Diercke 2 ◆ S. 141.3) erarbeitet werden.
b) Fachbegriffe - Ferntourismus, Massentourismus, Individualtourismus
Nutzungskonflikte
- Umweltdegradation
- Nutzungsdruck durch Tourismus (M1)
- Bewässerungsfeldbau (M1)
- Nassreisanbau (M4)
- Regenfeldbau (M1, M4)
- Korallenriff (M1, M2)
- Mangrovenwälder (M2)
- Agro- und Öko-Tourismus (M1, M2)
- Nachhaltigkeit (M2)
Materialien
M1: Atlaskarte „Bali – Tourismus“
(Diercke Weltatlas 2008, S. 177.3)
M2: Infotext „Tourismus auf Bali“
M3: Diagramm „Unterhalb der Armutsgrenze lebende
Bevölkerung in den Regionen Indonesiens“
M4: Karten „Wandel einer ländlichen Siedlung durch
Tourismus“
M5: Foto „Muslimische Souvenirverkäuferin“
M6: Foto „Strandrestaurant in Jimbaran“
Bewertungsvorschlag
Literatur: Brameier, U.: Erstellung von Klausuren – was zu beachten ist. In: Praxis Geographie, H. 1/2009, S. 4–5.Bräuer, K. u. a.: Diercke Klausuren. Braunschweig 2008.Vorlaufer, K.: Bali – Tourismus und Terror im „Inselparadies“. In: Geographische Rundschau, H. 3/2003, S. 50–55.Vorlaufer, K.: Bali – Massentourismus und nachhaltige Entwicklung. In: Erdkunde, H. 4/1999, S. 261–278.
Anforderungs-bereich
Prozentuale Gewichtung
Aufgabe 1 I 20 %
Aufgabe 2a) II/III 30 %
Aufgabe 2b) II 20 %
Aufgabe 3 II/III 30 %
Die Klausur und den Erwartungshorizont finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
Übersicht zur Klausur „Bali – Tourismus”
Ausflugsschiff
Exp
ressboot nach Lombok
nach Lombok
Autofähre
Besakih
Tanah Lot
Ulu Watu
2005
2002
(letzte Eruption1963)
Botanischer Garten
Wasser-palast
Elefanten-höhle
Affen-wald
Jimbaran
Lovina
BangliCandiDasa
Amed
Amlapura
Padang- bai
Klung-kung
SampalanLembongan
Denpasar
Tabanan
Ubud
KutaSanur
Nusa Dua
Kubu- tambahan
Singaraja
Seririt
Negara
Gilimanuk
Gianyar
Westbali Nationalpark
Kap Bantenan NusaPenida
Java
1717Batur
3142Agung
2152Abang
Batukau2276
1344
Ayung
Bratan-see
I n d i s c h e r O z e a n
B a l i s e e
Batur- see
Bal istraße
115° Ost
8° 30’Süd
115° Ost400616©
D320
Diercke ◆ S. 177.3, Diercke 2 ◆ S. 141.3
C O P Y
bearbeitet von:
Autorin: Ina Bartels Diercke 360° 2/2010
Aufgabe 1
Beschreiben Sie die naturräumlichen, siedlungs- und verkehrs-
geographischen Bedingungen der Urlaubsinsel Bali. (M1, M2)
Aufgabe 2
a) Stellen Sie die negativen Auswirkungen des Tourismus auf
die Umwelt Balis zusammen und überlegen Sie sich realisier-
bare Lösungsansätze. (M1, M2)
b) Erklären Sie beispielhaft mithilfe Ihrer Ergebnisse aus
Aufgabe 2a) das Legendensymbol „Umweltdegradation
durch hohen Nutzungsdruck“ in der Atlaskarte „Bali – Touris-
mus“ (Diercke ◆ S. 177.3, Diercke 2 ◆ S. 141.3).
Aufgabe 3
Erörtern Sie, welche Veränderungen der Massentourismus für
die einheimische Bevölkerung mit sich gebracht hat. (M3–M6,
zusätzlich: M1, M2)
M 1 Atlaskarte „Bali – Tourismus“ (Diercke ◆ S. 177.3, Diercke 2 ◆ S. 141.3)
M 2 Tourismus auf Bali
[…] Auch wenn der Tourismus im nördlichen Küstensaum um
das „Seebad“ Lovina seit einigen Jahren von wachsender
Bedeutung ist, konzentrieren sich die Beherbergungskapazi-
täten und Gästeübernachtungen bis heute zu über 90 Prozent
auf die Südküste der Insel. Eine jüngere touristische Wachs-
tumszone gibt es an der Ostküste um das Zentrum Amed. Hier
sind die überwiegend noch intakten Korallenriffe die wich-
tigste Attraktion. An der Südküste wurden die vormals ausge-
dehnten Mangrovenwälder zu großen Teilen vernichtet. Da
auch die Korallenriffe im Süden stark degradiert sind, zum Teil
sogar völlig vernichtet wurden, ging auch ihre Schutzfunktion
für die Küste verloren. Künstliche Wellenbrecher wie vor Sanur
sollen die Abrasion (= Abtragung der Küsten durch die
Brandung) mindern und die noch verbliebenen Sandstrände
für den Tourismus sichern. Viele Sandstrände wurden hier
bereits stark zerstört oder vernichtet – auch infolge des
vormaligen Sandabbaus durch die für die Hotellerie arbeitende
Bauwirtschaft. […]
Seit etwa 1970 wurde die Küstenzone vom Massentourismus
Name: Datum:
Klausur: Bali – TourismusDer Grundstein für den Tourismus auf Bali wurde durch die Eröffnung des internationalen Flughafens von Den-passar 1969 gelegt. Die Erschließung durch den Luftverkehr veränderte den Tourismus auf Bali grundlegend: Gab es früher einen privilegierten Individualtourismus, dominiert heute der Massentourismus. Verstärkt wurde dieser Trend zunehmend durch Pauschal- und All-inclusive-Reiseangebote der Touristikunternehmen.
radikal überformt. Hier entstanden unter anderem die weitge-
hend ungeplanten Tourismuszentren Kuta und Sanur, die
Retortensiedlung Nusa Dua und der internationale Großflugha-
fen. Heute ist diese Zone zusammen mit der stürmisch gewach-
senen Hauptstadt Denpasar mit ihren derzeit rund 500 000
Einwohnern der am dichtesten besiedelte und am stärksten
verstädterte Raum Balis. […]
Der Massentourismus an der Südküste sichert zwar vielen
Tausend Menschen Arbeit und Einkommen, zeitigt aber auch
enorme Umweltprobleme, etwa im Hinblick auf die Abfall- und
Abwasserbeseitigung, die Trinkwasserversorgung, die Ver-
kehrsbelastung und die Zersiedlung. Die meisten Touristen
besuchen die Kernräume der balinesischen Kultur im Küsten-
hinterland nur auf Tagesreisen. […]
Vor allem an der Südküste, aber auch um Ubud, wurden viele
touristische Einrichtungen auf früheren Reisfeldern errichtet,
die dadurch um Kuta fast vollständig beseitigt wurden. Auch
deshalb ist die abgeerntete Nassreisanbaufläche besonders
seit 1980 deutlich zurückgegangen. Die raumplanerische
Definition der südlichen Küstenzone als Destination für den
Agro- und Ökotourismus widerspricht der Realität; allenfalls
um Ubud mag bei sorgfältiger, am Leitbild der Nachhaltigkeit
ausgerichteter Landnutzung die Sicherung einer Koexistenz
zwischen der einzigartigen Reisbaulandschaft Balis und dem
Tourismus noch erreichbar sein. […]Quelle: K. Vorlaufer (www.diercke.de; Erläuterungen zur Atlaskarte S. 177.3; gekürzt)
M 3 Unterhalb der Armutsgrenze lebende Bevölke-rung in den Regionen Indonesiens
C O P Y
bearbeitet von:
Autorin: Ina Bartels Diercke 360° 2/2010
M 5 Muslimische Souvenirverkäuferin
M 4 Wandel einer ländlichen Siedlung durch Tourismus
Im Zuge der stürmischen touristischen Entwicklung auf Bali sind viele muslimische Javaner in das hinduistische Bali zugewandert. Oft sind damit Spannungen mit den Einheimischen verbunden.
M 6 Strandrestaurant in Jimbaran
Oft unter Verdrängung der traditionellen Fischerei werden viele Strän-de touristisch genutzt.
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nisches Braunkohlenrevier/Lignite mining in Germany – Rhe-
nish lignite mining area• Maquiladora – Industrie in Mexiko• Veränderungen einer region: das Saarland 1957–2007• Die Landwirtschaft nigerias auf der Basis der physisch-
geographischen Bedingungen• Bevölkerungsentwicklung in Deutschland• GaP – ein Entwicklungsprojekt in Südostanatolien• agrarische Veredelungswirtschaft – Beispiel Landkreis
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Bildquellen:alpenfoto.com, Innsbruck: 20 u., 21 u.; Bartels, Ina, Hannover: 20 o.; Bergenthal, Brigitta, Delmenhorst: 23 u.; BMWi, Pressestelle: 2 o.; Brown Reference Group, London: 12 M1 (Nickles/Walker, Nations of the world – Germany, S. 15); CentrO Management GmbH, Oberhausen: 18 M6c; Fischer Verlag, Frankfurt/M.: 10 Cover re. (Zeidenitz/Barkow, Die Deutschen pauschal, Frankfurt/M. 1999); Fotolia.com, New York: Titel (DeVIce), 31 u. (photlook); Landschaftspark Duisburg Nord, Duisburg: 18 M6a (Zielske); Leibniz-Institut für Länderkunde e. V., Leipzig: 12 M2 und 12 M3 (Mechthild Agreiter); Meyer, Christiane, Hannover: 10 o.; Newig, Jürgen, Kiel: 6 o., 6 u., 8 M1, 8 M2, 8 M3, 8 M4, 9 M9; Opaschowski, Horst W., Börnsen: 4 o.; Oval Books, London: 10 Cover li. (Zeidenitz/Barkow, Xenophobe‘s® guide to The Germans, London 2009); pixelio media GmbH, München: 18 M6b (pet-
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Impressum:Herausgeber und Verlag:Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbHGeorg-Westermann-Allee 6638104 [email protected]: Christine Wenzel, Catharina Vater, Sebastian SchlüterLayout: GUD, Braunschweig, Anna K. Lindner, geschwisterfront Herstellung: Anna K. Lindner, geschwisterfront Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Einwilligung des Verlages.
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blöcke (z. B. Sich auf der Erde orientieren, Städte im Wandel,
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breite und Vielschichtigkeit mit Kontrasten
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tiefgreifenden Wandel erfahrbar und erlebbar.
Speziell für Schüler- und Studentengruppen gibt es Studien
Touren mit den thematischen Schwerpunkten Strukturwandel,
Restrukturierung, Industriegeschichte, Ökologie und Wohn-
strukturen. Die Inhalte können auch gemischt werden. Die
Touren werden mit dem Bus durchgeführt (der selbst organi-
siert werden muss). An den genannten Zielen geben geführte
Rundgänge konkrete Anschauung vor Ort und vertiefen das
jeweilige Thema.
Die Inhalte der Touren finden Sie auf der Homepage des
Regionalverbandes Ruhr unter dem Stichwort „RuhrTour“
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